Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 21. Okt. 2014 - S 4 KA 1446/13

bei uns veröffentlicht am21.10.2014

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

3. Der Streitwert wird endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist eine Ermächtigung für die Behandlung der chronischen Migräne mit Botulinum-Toxin im Streit.
Mit Beschluss des Zulassungsausschusses (ZA) der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) erhielt der Kläger eine Ermächtigung gemäß §§ 95 Abs. 1 und 116 SGB V i.V.m. § 31 a Abs. 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (ÄrzteZV) zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, welche die Behandlung extrapyramidaler Bewegungsstörungen mit Botulinum-Toxin (Botox) einschließlich der dazugehörenden Diagnostik sowie für eine einmalige Nachbehandlung auf Überweisung durch niedergelassene Nervenärzte, Fachärzte für Neurologie, Fachärzte für Psychiatrie sowie Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie umfasste. Die Ermächtigung war bis zum 31.12.2012 befristet.
Am 02.05.2012 beantragte der Kläger sowohl die Verlängerung dieser Ermächtigung als auch die Erweiterung auf die Behandlung der chronischen Migräne mit Botox. Hierzu legte er am 05.06.2012 die schriftliche Zustimmungserklärung des … -trägers vor.
Mit Schreiben vom 24.08.2012 wurde dem Kläger das Ergebnis der Bedarfsprüfung vorab übermittelt und darauf hingewiesen, dass der Zulassungsausschuss den Antrag in der Sitzung am 12.09.2012 behandeln werde.
Mit Beschluss vom 12.09.2012 wurde die bisherige Ermächtigung des Klägers befristet bis zum 31.12.2014 verlängert. Der darüber hinausgehende Antrag auf Ermächtigung zur Behandlung von chronischer Migräne mit Botox wurde jedoch abgelehnt. Es handele sich derzeit nicht um eine generelle Kassenleistung. Zwar sei das Medikament Botox in Deutschland seit September 2011 zur Linderung der Symptome bei einer chronischen Migräne von erwachsenen Patienten zugelassen, jedoch stehe eine Bewertung des Nutzens durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), welcher über die Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenkasse entscheide, noch aus. Der GBA als oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Krankenhassen in Deutschland bestimme in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der GBA lege fest. welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV übernommen würden, und zwar auf Grundlage des SGB V. Hierbei werde der aktuelle Stand der medizinischen Erkenntnisse berücksichtigt und untersucht, welcher diagnostische oder therapeutische Nutzen bestehe und ob die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Leistung aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen gewährleistet seien. Gemäß § 35 b SGB V sei der Nutzen eines Arzneimittels i.S. dieser Verordnung der patientenrelevante und therapeutische Effekt, insbesondere hinsichtlich der Verbesserung des Gesundheitszustandes, der Verkürzung der Krankheitsdauer, der Verlängerung des Überlebens, der Verringerung von Nebenwirkung oder der Verbesserung der Lebensqualität. Vor diesem Hintergrund sei für den Bereich der Botox-Behandlung von Patienten mit chronischer Migräne keine Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 116 SGB V möglich; im Einzelfall könne bei entsprechender Indikation eine Kostenübernahme der jeweiligen Krankenkasse erfolgen. Der Kläger sei zu dieser Einschätzung vorab angehört worden und habe von seinem Anhörungsrecht keinen Gebrauch gemacht. Der ZA habe sich dem Ergebnis der Bedarfsprüfung vollinhaltlich angeschlossen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 21.11.2012 zugestellt.
Am 10.12.2012 hat der Kläger wegen der Ablehnung der Erweiterung der Ermächtigung betreffend die Behandlung von Migräne Widerspruch gelegt, den er damit begründete, dass die Behandlung der chronischen Migräne seit der Zulassung der Behandlung mit Botox eine generelle Kassenleistung sei.
Der Berufungsausschuss für Ärzte (BerA) für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) wies den Widerspruch mit Beschluss vom 20.02.2013 als unbegründet zurück. Der Kläger unterscheide nicht zwischen der Zulassung eines Medikaments im Rahmen des staatlichen Zulassungsverfahrens und der Verordnungsfähigkeit eines solchen Medikaments aufgrund eines Beschlusses des GBA. Selbst wenn ein Medikament zur Verschreibung in Deutschland zugelassen sei, bedeute dies noch nicht, dass es auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden dürfe. Die Frage der Verordnungsfähigkeit werde durch Beschluss des GBA entschieden. Erst wenn der GBA festgestellt habe, dass das Medikament zur Versorgung der Versicherten zugelassen sei, könne es zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen auch verschrieben werden. Solange dies nicht der Fall sei, könne ein solches Medikament im Rahmen der Versorgung der gesetzlich Versicherten nicht eingesetzt werden. Ausnahmen, die aufgrund einer Vorabentscheidung einer zuständigen Krankenkasse möglich seien, änderten an der generellen Möglichkeit der Verschreibung nichts. Vorliegend habe der GBA noch keine Entscheidung getroffen, ob Botox bei chronischer Migräne eine Kassenleistung sei. Solange eine solche Entscheidung nicht getroffen sei, könne diese Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen nicht abgerechnet werden. Eine Ermächtigung zur Abrechnung dieser Leistungen sei deshalb nicht möglich, da der BerA an die Entscheidung des GBA gebunden sei. Da das Medikament Botox zur Behandlung chronischer Migräne nicht zugelassen sei, könne der Widerspruchsführer auch nicht ermächtigt werden, solche Rezepte auszustellen und Therapien dieser Art zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen durchzuführen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 27.03.2013 zugestellt.
Am 19.04.2013 haben die Bevollmächtigten des Klägers deswegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei unzutreffend. Es sei im streitgegenständlichen Bescheid bereits keine Rechtsgrundlage angegeben worden. Aus der Rechtsprechung zum sog. Off-Label-Use des BSG sei bekannt, dass Arzneimittel, welche im Rahmen ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung erteilt wurden, grundsätzlich zu Lasten der GKV im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebotes verordnungsfähig seien. Es handele sich hierbei im Übrigen nicht um Rezepturarzneimittel, so dass die Entscheidung des BSG vom 30.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - nicht einschlägig sei. Auch der möglicherweise herangezogene § 35 a SGB V könne nicht zu einem anderen Ergebnis führen, weil es hierin nur um die Frage der Kosten-Nutzen-Bewertung gehe und nicht um die Frage der Verordnungsfähigkeit des Arzneimittels. Die Kosten-Nutzen-Bewertung innerhalb des § 35 a SGB V betreffe ausschließlich die Frage der Preisfindung des Arzneimittels, nicht die Frage der Verordnungsfähigkeit. Der Beklagte sei mithin von einem vollkommen falschen Sachverhalt ausgegangen.
Der Kläger beantragt,
10 
den Beschluss des Beklagten aus der Sitzung vom 20.02.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Unstreitig habe der GBA den Wirkstoff Botox zur Behandlung extrapyramidaler Bewegungsstörungen zugelassen, nicht jedoch für die Behandlung von Migräne, § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Ziff. 1 und 2 SGB V. Damit sei eine Ermächtigung zur Behandlung von Migränepatienten mit diesem Medikament nicht möglich. Die Ausnahmeregelungen des § 35 c SGB V träfen nicht zu, weil die Voraussetzungen gemäß § 30 AM-RL hierfür nicht vorlägen. Danach seien Arzneimittel über ihren Zulassungsbereich hinaus anwendbar und verordnungsfähig, wenn eine Expertengruppe nach § 35 b Abs. 3 Satz 1 SGB V mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmens eine positive Wertung abgegeben habe und der Gemeinsame Bundesausschuss die Empfehlung in diese Richtlinien übernommen habe. In diesem Zusammenhang sei auf die Anlage 6 Teil A der Arzneimittel-Richtlinie verwiesen. Hierin sei dieses Medikament zur Behandlung von Migräne nicht aufgeführt. In der amtlichen Anmerkung zur Überschrift vor § 30 der Arzneimittel-Richtlinie werde darauf hingewiesen, dass die Off-Label-Use-Rechtsprechung des BSG im Einzelfall unberührt bleibe. Dies besage jedoch, dass hierbei auf den Einzelfall abzustellen sei und eine generelle Ermächtigung ausscheide. Bereits aus den Voraussetzungen für einen Off-Label-Use ergebe sich, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handeln müsse.
14 
Mit Beschluss vom 22.04.2013 wurden zum Verfahren … beigeladen.
15 
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Akten des SG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
17 
Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist.
18 
Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen, § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V beschließt der GBA daher die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, insbesondere über die ärztliche Behandlung (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Dabei kann er die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung sind nach § 135 SGB V Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen danach in der (ambulanten) vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat. Durch derartige Richtlinien wird unmittelbar der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt. Gegenüber der fehlenden Entscheidung des GBA über den Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist auch der Einwand unerheblich, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall notwendig gewesen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der GBA die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt nämlich nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des GBA, sondern vielmehr auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse aus (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Mai 2012 – L 11 KR 5817/10 –, juris-Rdnr. 39 f.).
19 
Die Kosten-Nutzen-Bewertung ist für die gesetzliche Krankenversicherung in § 35b SGB V geregelt, wonach der GBA an das dort im Einzelnen geregelte Verfahren gebunden ist. Auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ergehen die sog. Arzneimittel-Richtlinien (AM-RL; hierzu BSG, Urteil vom 14. Mai 2014 – B 6 KA 29/13 R –, SozR 4). Unstreitig liegt eine Entscheidung des GBA zu der von dem Kläger beantragten weiteren Behandlungsindikation bei chronischer Migräne jedoch noch nicht vor.
20 
Ein besonderes Verfahren ist nach § 35c SGB V für die zulassungsüberschreitende Verwendung von Arzneimitteln vorgesehen. Mit zulassungsüberschreitender Verwendung ist in diesem Zusammenhang nicht die arzneimittelrechtliche Zulassung gemeint, welche vorliegend besteht: Diese erfolgte am 23.09.2011 zur Linderung der Symptome von chronischer Migräne bei Erwachsenen, die unzureichend auf prophylaktische Migränebehandlungen angesprochen haben oder diese nicht vertrugen, durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), obwohl der Nutzen der Behandlung weiterhin wissenschaftlich umstritten ist (vgl. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/49983 vom 25.04.2012, wonach in den beiden zugrundeliegenden randomisierten klinischen Studien nur ein geringer Effekt erzielt worden sei, nach Ansicht des National Institute for Health and Clinical Excellence [NICE] die vierteljährlichen Injektionen in die Muskulatur von Kopf und Hals nicht kosteneffektiv seien, und die Studienteilnehmer aufgrund der Muskellähmungen leicht hätten erkennen können, ob sie Placebo oder Botulinumtoxin erhalten hätten, was die begrenzte Wirkung durchaus erklären könne).
21 
Für die zulassungsüberschreitende Verwendung von Arzneimitteln im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung besteht nach § 35c SGB V in Verbindung mit § 30 AM-RL unter anderem die Voraussetzung, dass die Empfehlung der Expertengruppen nach § 35b Abs. 3 Satz 1 SGB V vorliegt und der GBA diese Empfehlung in diese Richtlinie übernommen hat. Auch das ist vorliegend nicht der Fall.
22 
Daher konnte vorliegend nach der Rechtslage eine allgemeine Ermächtigung wie von dem Kläger beantragt nicht erteilt werden.
23 
Die insofern erstmalig in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagten angeregte Beiladung des GBA zum vorliegenden Verfahren nach § 75 SGB V hatte insoweit nicht zwingend zu erfolgen, weil die streitgegenständliche Ermächtigung nicht vom GBA erteilt werden kann und es sich nach den voranstehenden Ausführungen bei den Entscheidungen des GBA um eine rechtliche Vorfrage handelt; im Übrigen wird insoweit auf den Klageausschluss in § 35a Abs. 8 SGB V hingewiesen.
24 
Auf die Rechtsprechung des BSG und des Bundesverfassungsgerichts zum sog. Off-Label-Use, der ausweislich der Fußnote 2 zu § 30 AM-RL von der Richtlinie unberührt bleibt, ist vorliegend nicht näher einzugehen, weil sich hieraus ergibt, dass es sich zwingend um Einzelfallentscheidungen handelt, die einer allgemeinen Ermächtigung nicht zugänglich sind. Eine besondere Härte liegt insoweit weder für den Kläger noch für seine Patienten vor, weil stattgebende Einzelfallentscheidungen demnach weiterhin möglich sind und nach dem Vortrag des Klägers offenbar auch erteilt werden. Die Entscheidung einzelner Krankenkassen wie die der IKK classic, generell eine Erstattungsfähigkeit zu bejahen, kann eine generelle Ermächtigung von Ärzten entgegen der AM-RL nicht präjudizieren.
25 
Aufgrund der in Einzelfällen bereits nach dem Vortrag des Klägers erteilten Genehmigungen der Behandlungen durch mehrere Krankenkassen kann auch nicht von einem Systemversagen ausgegangen werden (hierzu BSG, Urteil vom 07. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R –, BSGE 113, 241-250, SozR 4-2500 § 13 Nr. 29, SozR 4-2500 § 135 Nr. 19, SozR 4-2500 § 137c Nr. 5), so dass auch hierauf nicht näher einzugehen ist.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 29/09 R –, SozR 4-1300 § 63 Nr. 13).
27 
Der Streitwert wird endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG), da dies mangels besonderer Anhaltspunkte der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für den Kläger entspricht.

Gründe

16 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
17 
Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist.
18 
Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen, § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V beschließt der GBA daher die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, insbesondere über die ärztliche Behandlung (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Dabei kann er die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung sind nach § 135 SGB V Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen danach in der (ambulanten) vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat. Durch derartige Richtlinien wird unmittelbar der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt. Gegenüber der fehlenden Entscheidung des GBA über den Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist auch der Einwand unerheblich, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall notwendig gewesen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der GBA die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt nämlich nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des GBA, sondern vielmehr auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse aus (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Mai 2012 – L 11 KR 5817/10 –, juris-Rdnr. 39 f.).
19 
Die Kosten-Nutzen-Bewertung ist für die gesetzliche Krankenversicherung in § 35b SGB V geregelt, wonach der GBA an das dort im Einzelnen geregelte Verfahren gebunden ist. Auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ergehen die sog. Arzneimittel-Richtlinien (AM-RL; hierzu BSG, Urteil vom 14. Mai 2014 – B 6 KA 29/13 R –, SozR 4). Unstreitig liegt eine Entscheidung des GBA zu der von dem Kläger beantragten weiteren Behandlungsindikation bei chronischer Migräne jedoch noch nicht vor.
20 
Ein besonderes Verfahren ist nach § 35c SGB V für die zulassungsüberschreitende Verwendung von Arzneimitteln vorgesehen. Mit zulassungsüberschreitender Verwendung ist in diesem Zusammenhang nicht die arzneimittelrechtliche Zulassung gemeint, welche vorliegend besteht: Diese erfolgte am 23.09.2011 zur Linderung der Symptome von chronischer Migräne bei Erwachsenen, die unzureichend auf prophylaktische Migränebehandlungen angesprochen haben oder diese nicht vertrugen, durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), obwohl der Nutzen der Behandlung weiterhin wissenschaftlich umstritten ist (vgl. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/49983 vom 25.04.2012, wonach in den beiden zugrundeliegenden randomisierten klinischen Studien nur ein geringer Effekt erzielt worden sei, nach Ansicht des National Institute for Health and Clinical Excellence [NICE] die vierteljährlichen Injektionen in die Muskulatur von Kopf und Hals nicht kosteneffektiv seien, und die Studienteilnehmer aufgrund der Muskellähmungen leicht hätten erkennen können, ob sie Placebo oder Botulinumtoxin erhalten hätten, was die begrenzte Wirkung durchaus erklären könne).
21 
Für die zulassungsüberschreitende Verwendung von Arzneimitteln im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung besteht nach § 35c SGB V in Verbindung mit § 30 AM-RL unter anderem die Voraussetzung, dass die Empfehlung der Expertengruppen nach § 35b Abs. 3 Satz 1 SGB V vorliegt und der GBA diese Empfehlung in diese Richtlinie übernommen hat. Auch das ist vorliegend nicht der Fall.
22 
Daher konnte vorliegend nach der Rechtslage eine allgemeine Ermächtigung wie von dem Kläger beantragt nicht erteilt werden.
23 
Die insofern erstmalig in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagten angeregte Beiladung des GBA zum vorliegenden Verfahren nach § 75 SGB V hatte insoweit nicht zwingend zu erfolgen, weil die streitgegenständliche Ermächtigung nicht vom GBA erteilt werden kann und es sich nach den voranstehenden Ausführungen bei den Entscheidungen des GBA um eine rechtliche Vorfrage handelt; im Übrigen wird insoweit auf den Klageausschluss in § 35a Abs. 8 SGB V hingewiesen.
24 
Auf die Rechtsprechung des BSG und des Bundesverfassungsgerichts zum sog. Off-Label-Use, der ausweislich der Fußnote 2 zu § 30 AM-RL von der Richtlinie unberührt bleibt, ist vorliegend nicht näher einzugehen, weil sich hieraus ergibt, dass es sich zwingend um Einzelfallentscheidungen handelt, die einer allgemeinen Ermächtigung nicht zugänglich sind. Eine besondere Härte liegt insoweit weder für den Kläger noch für seine Patienten vor, weil stattgebende Einzelfallentscheidungen demnach weiterhin möglich sind und nach dem Vortrag des Klägers offenbar auch erteilt werden. Die Entscheidung einzelner Krankenkassen wie die der IKK classic, generell eine Erstattungsfähigkeit zu bejahen, kann eine generelle Ermächtigung von Ärzten entgegen der AM-RL nicht präjudizieren.
25 
Aufgrund der in Einzelfällen bereits nach dem Vortrag des Klägers erteilten Genehmigungen der Behandlungen durch mehrere Krankenkassen kann auch nicht von einem Systemversagen ausgegangen werden (hierzu BSG, Urteil vom 07. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R –, BSGE 113, 241-250, SozR 4-2500 § 13 Nr. 29, SozR 4-2500 § 135 Nr. 19, SozR 4-2500 § 137c Nr. 5), so dass auch hierauf nicht näher einzugehen ist.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 29/09 R –, SozR 4-1300 § 63 Nr. 13).
27 
Der Streitwert wird endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG), da dies mangels besonderer Anhaltspunkte der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für den Kläger entspricht.

Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 21. Okt. 2014 - S 4 KA 1446/13

Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 21. Okt. 2014 - S 4 KA 1446/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten
Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 21. Okt. 2014 - S 4 KA 1446/13 zitiert 17 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erforder

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 95 Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung


(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in de

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden


(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

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Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezir

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 75 Inhalt und Umfang der Sicherstellung


(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür

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(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss bewertet den Nutzen aller erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen. Hierzu gehört insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie, des Ausmaßes des Zusatznutze

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 116 Ambulante Behandlung durch Krankenhausärzte


Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit si

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 154


(1) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 haben aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a Aufschub bewirkt. (2) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 eines Versicherungsträgers oder in der Kriegsopferversorgung ei

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(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt auf Grund eines Antrags nach § 130b Absatz 8 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Kosten-Nutzen-Bewertung. In dem Auftrag ist insbesondere festzulegen, für welche

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Bundessozialgericht Urteil, 07. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R

bei uns veröffentlicht am 07.05.2013

Tenor Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Aachen vom 29. September 2009 sowie der Bescheid der B

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Mai 2012 - L 11 KR 5817/10

bei uns veröffentlicht am 15.05.2012

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.11.2010 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Zwischen den Beteiligten ist streit

Bundessozialgericht Urteil, 13. Okt. 2010 - B 6 KA 29/09 R

bei uns veröffentlicht am 13.10.2010

Tenor Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit sie über eine abgeschlossene Weiterbildung verfügen, mit Zustimmung des jeweiligen Trägers der Einrichtung, in der der Arzt tätig ist, vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten der in Satz 1 genannten Einrichtungen nicht sichergestellt wird.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch darauf hat, von den Kosten einer Behandlung des rechten Auges mittels einer Photodynamischen Therapie (PDT) unter Verwendung des Medikaments Verteporfion iHv 2.051,39 EUR freigestellt zu werden.
Die 1965 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten und dort gesetzlich krankenversichert. Sie leidet am rechten Auge an einer Gefäßgeschwulst der Aderhaut mit Flüssigkeitsaustritt aus den Blutgefäßen unter die Netzhaut (singuläres symptomatisches Aderhauthämangiom). Die Geschwulst liegt bei der Klägerin im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens und verursacht daher eine erhebliche Sehschärfenminderung. Bei der Erstuntersuchung in der Universitäts-Augenklinik T. war die Sehschärfe auf 0,4 reduziert, bei der Verlaufskontrolle am 15.05.2007 war sie auf 0,16 abgesunken. Dr. V. vom Universitätsklinikum T. führte in einem Attest vom 08.09.2006 aus, am rechten Auge zeige sich eine deutliche Progression, weshalb eine erneute Photodynamische Therapie (PDT) dringend indiziert sei. Es bestehe die Gefahr, dass sich der exsudative Anteil auch in Richtung Fovea (Sehgrube) fortsetze und dann zu einer weiteren Sehschärfenminderung führe. Da die Therapie bisher nur für die altersabhängige Makuladegeneration zugelassen sei, müsse vor einer Behandlung eines Aderhauthämangioms (Erfolge von 73 bis 100 % der Fälle) im Rahmen eines sog „Off-label-use“ eine positive schriftliche Einzelfallentscheidung durch den Kostenträger vorliegen. Die Behandlung wurde am 15.07.2007 durchgeführt, wofür das Universitätsklinikum T. mit Rechnung vom 03.03.2010 einen Betrag von 2.051,39 EUR forderte; der Betrag wurde bis zum Ende des Rechtsstreits gestundet. Grundlage dieser Behandlung war ein zwischen der Klägerin und dem Universitätsklinikum T. geschlossener Behandlungsvertrag vom 15.05.2007. Darin wird ua darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin eine Indikation vorliegt, die eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung ausschließt. Die Vergütung für eine Behandlung betrug nach dem Vertrag 2.051,39 EUR, darin sind die Kosten für das Medikament Verteporfin iHv 1.628,73 EUR enthalten.
Im Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage des Attestes von Dr. V. die Gewährung einer PDT mit Verteporfin. Dabei handelt es sich um ein Arzneimittel, das für die PDT der altersabhängigen Makuladegeneration zugelassen ist. Der Wirkstoff wird durch Infusion verabreicht und wird über die Blutgefäße im Körper verteilt. Mittels einer kalten Laserbehandlung des Auges wird der Wirkstoff dort aktiviert. Der Wirkstoff Verteporfin wird unter dem Namen Visudyne als Pulver (15 mg) zur Herstellung einer Infusionslösung vertrieben. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) beschloss in seiner Sitzung am 16.08.2007, die Anlage I der Richtlinie „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ in der Fassung vom 17.01.2006 (BAnz S 1523), zuletzt geändert am 18. Januar 2007 (BAnz S 4362), wie folgt zu ändern:
I. In der Anlage I „Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden“ wird die Nummer 11 wie folgt neu gefasst:
„11. Photodynamische Therapie (PDT) mit Verteporfin bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (CNV) aufgrund von pathologischer Myopie mit bestkorrigiertem Visus von mindestens 0,2 bei der ersten Indikationsstellung und einer Läsionsgröße von max. 5400 μm.“
II. Die Änderung der Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.“
Dieser Beschluss wurde im Bundesanzeiger Nr 207 (S 7938) vom 07.11.2007 veröffentlicht.
In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme führte der Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) unter dem Datum des 23.10.2006 aus, im vorliegenden Fall sei die PDT weder vom GBA noch das hierfür erforderliche Medikament Verteporfin von der European Medicines Agency zugelassen. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.10.2006 die beantragte Leistungsgewährung ab.
Mit ihrem Widerspruch vom 07.11.2006 machte die Klägerin geltend, sie könne kaum noch ihre Arbeit ausführen und das Autofahren werde immer schlimmer. Werde die Behandlung nicht durchgeführt, werde sie in kürzester Zeit erblinden. An der Universität E. seien mehrere Patienten mit Aderhauthämangiom erfolgreich mit PDT behandelt worden und die Kosten seien von der AOK Nordrhein-Westfalen erstattet worden.
10 
In einem Attest vom 10.11.2006 führte Dr. V. aus, wie von der Beklagten bereits angemerkt, handele es sich um ein bei diesem Krankheitsbild nicht zugelassenes Verfahren. Voraussetzung für die Zulassung des Verfahrens sei eine randomisierte und prospektive Studie, die bei einem derartig seltenen Krankheitsbild, an dem bundesweit nur etwa 200 bis 250 Menschen leiden würden, nicht durchführbar sei. Nach einem beifügten Übersichtsartikel sei in 73-100 % der Fälle über einen erfolgreichen Verlauf berichtet worden. Damit sei die Behandlung mit PDT bei dieser Erkrankung noch erfolgreicher als bei der feuchten altersbedingten Makuladegeneration, für die das Verfahren aber zugelassen sei.
11 
In einer Stellungnahme vom 06.12.2006 führte der MDK aus, das vorliegende Krankheitsbild sei zwar nicht häufig, es sei jedoch durchaus möglich, hierzu wissenschaftliche Studien zur Erprobung neuartiger Therapien durchzuführen. Die in den vorliegenden Veröffentlichungen genannten Patientenzahlen würden statistisch relevante Studiengrößen erlauben. Für die Entscheidung des GBA, die PDT mit Verteporfin nur für die Indikationen „altersbedingte Makuladegeneration“ und „CNV bei pathologischer Myopie“ zuzulassen, habe eine wesentliche Rolle gespielt, dass bei diesen Erkrankungen oft beide Augen betroffen seien und die Sehfähigkeit insgesamt deutlich mehr gefährdet sei als bei einer isolierten Erkrankung nur eines Auges. Als Therapiealternativen kämen eine Laserbehandlung und eine niedrigdosierte Bestrahlung in Betracht. Allerdings erfordere die Bestrahlung einen höheren organisatorischen und zeitlichen Aufwand. Bei der Klägerin habe keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen. Auch eine einzigartige Erkrankung, die weltweit nur extrem selten auftrete und deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden könne, liege nicht vor. Zum symptomatischen Aderhauthämangiom würden eine ganze Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen vorliegen. Die Wirksamkeit der PDT erscheine zwar möglich, jedoch sei deren Überlegenheit nicht iS eines wissenschaftlichen Vollbeweises gesichert.
12 
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2007, der Klägerin am 14.02.2007 zugestellt, den Widerspruch zurück. Die PDT sei eine neue Behandlungsmethode iSd § 135 SGB V, die nicht vom GBA zugelassen sei. Auch nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts komme kein Leistungsanspruch in Betracht, da zur Behandlung eines Aderhauthämangioms eine dem allgemeinen medizinischen Stand entsprechende Therapie zur Verfügung stehe.
13 
Am 28.02.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Die von der Beklagten angegebenen alternativen Therapien seien weniger erfolgversprechend als eine PDT. Bei einer Laserbehandlung komme es zu umfassenden Umbauprozessen und zu einer Narbenbildung. Dabei werde nicht nur das Tumorgewebe selbst, sondern auch das darüber liegende Netzhautgewebe nachhaltig geschädigt, was zu einem umfassenden Sehverlust führe. Gerade dies sei zu verhindern gewesen. Durch die PDT werde demgegenüber die Netzhautschädigung auf ein Minimum begrenzt und dadurch möglicherweise eine Verbesserung der Sehschärfe erreicht. Alle medizinischen Gründe sprächen daher gegen die von der Beklagten vorgeschlagene thermische Laserbehandlung und für eine PDT. Aufgrund des seltenen Krankheitsbildes mit bundesweit lediglich 200 bis 250 erkrankten Menschen, sei die Durchführung von randomisierten und prospektiven Studien nicht möglich.
14 
Das SG hat aus dem Verfahren S 12 KR 6673/05 eine Auskunft des GBA vom 23.01.2007 beigezogen. Wegen des Inhalts der Auskunft wird auf Blatt 44 bis 53 der SG-Akten Bezug genommen. Dort hatte der GBA ua mitgeteilt, das Beratungsthema „Photodynamische Therapie mit Verteporfin bei weiteren Indikationen“ aufgrund eines erneuten Antrages vom 18.09.2003 sei im zuständigen Unterausschuss überprüft worden. Die Überprüfung dieser Methode sei durchgeführt worden für PDT bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisationsmembran bei Myopie, PDT bei rein okkulter CNV bei AMD, PDT bei juxtafoveolärer CNV, PDT bei sekundärer CNV nach Chorioretinitis unklarer Genese aufgrund der veränderten Zulassungen von Verteporfin vom 18.09.2003. Die Beratungen zur PDT bei hoher Myopie und weiteren Indikationen seien im Gemeinsamen Bundesausschuss mit Beschluss vom 21.02.2006 abgeschlossen und nach der Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) am 24.05.2006 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Bei der Diagnose „Aderhauthämangiom“ handele es sich um eine Erkrankung, die durch den Beratungsantrag nicht erfasst sei. Über die Häufigkeit des Auftretens des genannten Krankheitsbildes könnten keine näheren Angaben gemacht werden.
15 
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung von Dr. V. als sachverständigen Zeugen. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf Blatt 25 bis 30 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. V. hat dem SG mit Schreiben vom 27.05.2007 mitgeteilt, die bei der Klägerin vorhandene Geschwulst liege im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) und verursache daher eine erhebliche zentrale Sehschärfenminderung. Die Verlaufskontrolle vom 15.05.07 habe gezeigt, dass die Sehschärfe seit der Erstuntersuchung von 0,4 auf 0,16 abgesunken sei. In unbehandeltem Zustand führe die Krankheit zu einer Erblindung. Die Geschwulst könne nicht vollständig zurückgebildet werden, Ziel aller Behandlungen sei es, die Tumorgröße zu vermindern. Dies könne prinzipiell auch mit anderen Verfahren wie einer thermischen Laserbehandlung oder einer Bestrahlung erreicht werden. Bei diesen Therapieverfahren würde jedoch auch die über dem Tumor gelegene Netzhaut in Mitleidenschaft gezogen, was sich in einem deutlichen Verlust der zentralen Sehschärfe und des zentralen Gesichtsfeldes bemerkbar mache. Bei der Bestrahlung sei zusätzlich noch mit Strahlenschäden an der Augenlinse (grauer Star) und mit Schäden am Sehnerven zu rechnen.
16 
In einer von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme vom 23.08.2007 hat Dr. V. ausgeführt, um bei einer Bestrahlung mit dem Linearbeschleuniger eine maximale Schonung des umgebenden Gewebes zu erreichen, müssten aufwändige computergestützte Berechnungen und Bestrahlungssimulationen durchgeführt werden, was einen erheblichen zusätzlichen Kostenaufwand bedeute. In der aktuellen Literatur werde die PDT als Therapie der ersten Wahl bezeichnet.
17 
Das SG hat des weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines nach Aktenlage erstellten augenärztlichen Gutachtens beim Direktor der Universitäts-Augenklinik H. Prof. Dr. A.. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 141 bis 198 der SG-Akten Bezug genommen. In seinem Gutachten vom 14.08.2010 hat Prof. Dr. A. ua ausgeführt, bei dem Aderhauthämangiom handele es sich um ein seltenes Krankheitsbild, das bundesweit 200 bis 250 Mal vorkomme. Es liege bislang keine multizentrische randomisierte Studie vor und damit auch keine zugelassene Therapie, auf die man sich berufen könne. Ein typisches Merkmal von solitären symptomatischen chorioidalen Hämangiomen sei die anatomische und funktionelle Variabilität, so dass es keine einheitliche Therapieempfehlung gebe. Eine Literaturrecherche habe ergeben, dass sich die meisten Beiträge mit der PDT befassten. Es sei daher davon auszugehen, dass mit dieser Therapie die größten Erfahrungen bestünden. In allen Fällen sei es zu einer Tumorgrößenreduktion gekommen, ohne dass Nebenwirkungen beobachtet worden seien. Daneben werde in der Literatur von zahlreichen weiteren Therapiemöglichkeiten berichtet, wobei diese unterschiedliche Erfolge aufwiesen. Gute Ergebnisse seien bei der Anwendung einer „low dose external beam irradiation“ (Radiotherapie) beschrieben worden. Es sei in allen neun der in einer Veröffentlichung beschriebenen Fällen zu einem Visusanstieg, einer Tumorregression und zur kompletten Wiederanlage der Netzhaut gekommen. Mit einer Strahlenretinopathie sei bei einer Dosis von <30-40 Gy nicht zu rechnen gewesen. Ein Langzeitverlauf sei aber nicht dokumentiert worden. In einer weiteren Veröffentlichung mit 36 Fällen sei der Erfolg vom Ausmaß an subretinaler Flüssigkeit abhängig gewesen. Zusammenfassend müsse sich die Therapie nach dem individuellen Verlauf und Befund sowie der Lage des Hämangioms richten. Die „low dose external beam-Radiotherapie“ könne eine Alternative zur PDT darstellen. Sie sei jedoch mit einem erheblich größeren zeitlichen und planungsmäßigen Aufwand verbunden und stehe nicht in jedem Zentrum zur Verfügung. Zur PDT würden die meisten Erfahrungsberichte vorliegen und der voraussichtliche Nutzen würde gegenüber den möglichen Risiken deutlich überwiegen.
18 
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme des MDK vom 22.09.2010 vorgelegt. Dort wird ausgeführt, die Häufigkeitsangabe von bundesweit 200 bis 250 Neuerkrankungen sei plausibel, bedeute aber nicht, dass es sich um eine einzigartige und nicht einer systematischen Erforschung zugänglichen Erkrankung handle. Dies ergebe sich schon aus der Zahl der Veröffentlichungen hierzu. Die von Prof. Dr. A. erwähnte niedrigdosierte externe Bestrahlung („external beam irradiation“) gehöre zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
19 
Mit Urteil vom 22.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten, die ihr für die PDT entstanden seien. Der Kostenerstattungs- bzw Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Eine Kostenerstattung sei vorliegend ausgeschlossen, weil Qualität und Wirksamkeit der Behandlung im Zeitpunkt des Eingriffs nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entsprochen hätten. Gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen abgegeben habe. Das Gesetz schließe eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des GBA, sondern auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung, aus. Im vorliegenden Fall handele es sich bei der PDT zum Behandlungszeitpunkt um eine neue Behandlungsmethode, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten gewesen sei. Mangels positiver Empfehlung des GBA sei die PDT nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen. Im Grundsatz scheide daher ein Sachleistungsanspruch der Klägerin auf eine PDT und damit auch ein Kostenerstattungsanspruch aus. Eine Ausnahme gelte nur, bei weltweit extrem selten auftretenden Erkrankungen, die einer systematischen Erforschung von darauf bezogenen Therapiemöglichkeiten nicht zugänglich seien und für die andere Therapiemöglichkeiten nicht zur Verfügung stünden. Ein solcher Seltenheitsfall liege nicht vor, da die Erkrankung der Klägerin mit bundesweit etwa 200 bis 250 Krankheitsfällen einer systematischen Erforschung nicht entzogen sei. Dies folge nicht nur aus den zahlreichen von Prof. Dr. A. zitierten veröffentlichten Erfahrungsberichten, sondern vor allem aus der Tatsache, dass mit der „low dose external beam irradiation“ (Radiotherapie) eine anerkannte Therapie zur Behandlung eines Aderhaut-Hämangioms im EBM enthalten sei. Ohne einen fundierten wissenschaftlichen Nachweis wäre es zu der Aufnahme dieser Therapie in den Leistungskatalog der GKV nicht gekommen. Daher könne vorliegend nicht von einem Seltenheitsfall ausgegangen werden. Diese „low dose external beam irradiation“ (Radiotherapie) stelle auch eine echte und verfügbare Behandlungsalternative dar. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass diese Therapie aufgrund der erforderlichen aufwändigen Bestrahlungsplanung für die Beklagte höhere Kosten verursacht hätte. Schließlich ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen. Denn die Klägerin habe nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gelitten. Die drohende Erblindung eines Auges sei hiermit wertungsmäßig nicht vergleichbar. Im Übrigen stehe eine allgemein anerkannte und dem medizinischen Stand entsprechende Therapie zur Verfügung. Ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagte sich Kosten für die nicht durchgeführte Bestrahlungstherapie erspart habe. Denn weder fiktive Kosten noch die Ersparnis der Krankenkasse gehören zu den erstattungsfähigen Kosten.
20 
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 01.12.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.12.2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Das Gut-achten vom 14.08.2010 habe den Nachweis erbracht, dass es sich um einen Seltenheitsfall handele. Auch wenn bundesweit geschätzt 200 bis 250 Betroffene existierten, sei es typisches Merkmal des solitären symptomatischen Aderhauthämangioms, dass die Erkrankung eine anatomische und funktionelle Variabilität aufweise, so dass es keine einheitliche Therapieempfehlung gebe. Es komme immer auf den Einzelfall an. Um beurteilen zu können, wie viele Personen bundesweit überhaupt an einer Form des solitären symptomatischen Aderhauthämangioms, die mit der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung vergleichbar sei, litten, sei eine gesonderte Dokumentation der beschriebenen 200 bis 250 Fälle erforderlich. In jedem Fall führe diese dazu, dass sich die Zahl der mit der Klägerin vergleichbaren Erkrankungen bundesweit weiter deutlich reduzierten. Es sei von einer seltenen Erkrankung auszugehen. Sie teile auch die Ansicht des SG nicht, dass mit der Radiotherapie eine anerkannte Therapie zur Behandlung eines Aderhauthämangioms im EBM enthalten sei. Es könne keine generelle Aussage dahingehend getroffen werden, dass die Radiotherapie per se als Behandlungsmethode beim Vorliegen eines Aderhauthämangioms geeignet sei. Insofern sei ihr von einer Behandlung durch die Radiotherapie aufgrund der unzweifelhaft vorhandenen Risiken abgeraten worden. Es müsse zudem bestritten werden, dass die im EBM enthaltene Radiotherapie überhaupt auf die konkret bei ihr vorhandene Erkrankung zugeschnitten und zugelassen sei.
21 
Die Klägerin beantragt,
22 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.11.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den ihr entstandenen Kosten in Höhe von 2.051,39 EUR gegenüber dem Universitätsklinikum T. freizustellen.
23 
Die Beklagte beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
26 
Die Sach- und Rechtslage wurde in einem Termin zur Erörterung am 25.11.2011 mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Inhalts wird auf Blatt 33 bis 37 der Senatsakte Bezug genommen.
27 
Mit Schriftsatz vom 11.01.2012 hat die Klägerin ua mitgeteilt, Dr. V. habe sie darauf hingewiesen, dass alternative Behandlungsmethoden dem Grunde nach existierten, diese allerdings unter Umständen nicht den beabsichtigten Erfolg hätten, da die Aderhautgeschwulst extrem nah am Sehnerv gelegen habe und Alternativbehandlungen nicht eine punktuelle, sondern vielmehr eine flächenmäßige Behandlung darstellten. Hinzu seien die unzweifelhaft negativen Nebenwirkungen der alternativen Behandlungsmethoden gekommen, hier insbesondere die Schädigung des gesunden Gewebes durch die von der Beklagten vorgeschlagenen Strahlenbehandlung. Es sei ihr nicht zumutbar gewesen, auf Kosten ihres Sehvermögens zeitaufwendige Alternativmethoden in Betracht zu ziehen, deren therapeutischer Nutzen im vorliegenden Fall fragwürdig erschienen seien und die im Übrigen weniger erforscht seien, als die Therapie mit PDT. Die PDT werde in der Literatur als „First Line“-Therapie in der Behandlung von Aderhautgeschwulsten angesehen.
28 
Das bei ihr bestehende Krankheitsbild sei von außerordentlicher Seltenheit, weshalb sich jegliche pauschale Behandlungseinstufung verbiete. Nur weil anders gelegene Aderhautgeschwulste evtl mit der Strahlentherapie behandelt werden könnten, bedeute dies nicht, dass das bei der Klägerin vorhandene Krankheitsbild ebenfalls sinnvoll und erfolgsversprechend mit dieser Behandlungsmethode behandelt werden könne.
29 
In einer von der Beklagten übersandten Stellungnahme vom 08.02.2012 hat der MDK ausgeführt (zum Ganzen vgl Blatt 50 bis 52 der Senatsakte), eine aktuelle Recherche in pubmed, der größten Datenbank zu medizinischer Fachliteratur, gepflegt vom Amerikanischen Gesundheitsministerium NIH mit den Begriffen „choroidal hemangioma“ habe ergeben, dass 391 Publikationen gefunden wurden. Mit Therapie hätten sich 227, in Deutscher und englischer Sprache 184 und in den letzten 10 Jahren 92 Veröffentlichungen befasst. Als klinische Studie seien nur 10 verschlagwortet. Zur im Leistungskatalog verfügbaren Strahlentherapie des Hämangioms mit Photonen fänden sich drei Publikationen. Bei der Strahlentherapie des Hämangioms stehe die „Low dose“-Bestrahlung zur Verfügung, aber auch eine Jod-125-Brachytherapie. Hierzu seien aus der Universitätsklinik Essen Langzeiterfahrungen berichtet. Prinzipiell zeige die Anzahl der Publikationen und die große Zahl publizierter Therapien, dass Studien durchführbar und dass auch vergleichende multizentrische Studien möglich seien. Wenn auch der Trend bei den Publikationen in den letzten Jahren eher in die Richtung medikamentöser Therapien wie PDT und Angiogenesehemmerbehandlung (Bevacizumab) gehe, so seien dennoch bisher keine vergleichenden Untersuchungen bekannt, die einen Therapievorteil gegenüber der Strahlentherapie mit Photonen oder Brachytherapie belegten.
30 
In der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2012 hat die Klägerin ua ausgeführt, seit der PDT-Behandlung seien keine Flüssigkeitseinlagerungen mehr aufgetreten. Die Sehschärfe liege zurzeit bei 60 %. Sie sei damals über beide Methoden aufgeklärt worden. Weil die Geschwulst aber so nahe am Sehkanal gelegen habe, sei aus ihrer Sicht nur die PDT-Behandlung in Frage gekommen. Die Behandlung sei dann durchgeführt worden, weil sie nicht gewusst habe, wie sich die Erkrankung entwickeln würde und schnell behandelt werden sollte.
31 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
32 
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2007 ist nicht rechtswidrig, die Klägerin wird nicht in ihren Rechten verletzt.
33 
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Krankenbehandlung des rechten Auges in Folge eines symptomatischen exsudativen chorioidalen Hämangioms mittels einer PDT mit Verteporfin als Sachleistung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2007. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dadurch, dass die Klägerin nach Ablehnung des Sachleistungserbringung sich die Krankenbehandlung selbst beschafft hat, ändert sich hieran nichts; lediglich ihr Begehren wandelt sich von einer auf Sachleistungsverschaffung gerichteten Leistungs- in eine auf Kostenerstattung bzw Kostenfreistellung gerichtete Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw Kostenfreistellung.
34 
Der Senat geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass diese einer wirksamen Kostenforderung des Universitätsklinikums T. über 2.051,37 EUR ausgesetzt ist. Einen entsprechenden privatrechtlichen Behandlungsvertrag hat sie mit dem Universitätsklinikum T. geschlossen. Dieses hat die geschuldete Leistung erbracht. Im Vertrag war die Klägerin auch ausdrücklich, laienverständlich und deutlich darauf hingewiesen worden, dass die vereinbarte Behandlung nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört und privatärztlich erbracht wird. Zweifel an einer wirksamen Kostenforderung bestehen deshalb, weil die Klinik der Klägerin die am 15.05.2007 erbrachten Leistungen erst am 03.03.2010 in Rechnung gestellt hat (Bl 131 der SG-Akte) und der Klägerin, nach deren Vortrag (schriftlich vom 15.07.2009, Bl 106 der SG-Akte) bis zur Entscheidung des Rechtsstreits mündlich Zahlungsaufschub bewilligt hat. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Klägerin tatsächlich keiner Zahlungspflicht ausgesetzt ist und der Rechtsstreit nur dazu dient, die Leistungspflicht abstrakt allein im Interesse der Klinik klären zu lassen (vgl hierzu BSG 18.07.2006, B 1 KR 24/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 9 = BSGE 97, 6).
35 
Die Voraussetzungen des Kostenanspruchs sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin bisher noch keine Zahlungen geleistet hat. Deshalb kommt vorliegend nur ein Freistellungsanspruch in Betracht, der sich ebenfalls nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 und 2 SGB V beurteilt (BSG 18.07.2006, aaO). Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.
36 
Eine unaufschiebbare Leistung iSd § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGB V lag nicht vor. Denn eine Leistung ist in diesem Sinn unaufschiebbar, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand (BSG 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R, SozR 3-2500 § 13 Nr 22 = juris). Wie auch der tatsächliche Geschehensablauf zeigt (Untersuchung im September 2006, Antragstellung im Oktober 2006, Behandlung am 15.05.2007), liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
37 
Jedoch liegen auch die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V („Kosten verursacht durch eine rechtswidrige Ablehnung der Leistungsgewährung“) nicht vor. Denn ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse voraus und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch. Insoweit begehrt die Klägerin aber Leistungen, die im vorliegenden Fall nicht der materiellen Leistungspflicht der Beklagten nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegen.
38 
Die vorliegend streitige Behandlung wurde ambulant in einem iSd § 108 Satz 1 Nr 1 SGB V zugelassenen Krankenhaus erbracht. Ob der Anspruch der Klägerin bereits deshalb nicht gegeben ist, weil die Universitätsklinik zur ambulanten Erbringung der Leistung gar nicht berechtigt war, lässt der Senat offen. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch scheitert daran, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankenbehandlung nicht erfüllt sind.
39 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V die (ambulante) ärztliche Behandlung. Gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst die (ambulante) ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Insoweit entspricht die Vorgabe des § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 Satz 1 SGB V, wonach die Leistungen der Krankenkassen der GKV ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 Satz 2 SGB V ). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V).
40 
Nach § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V beschließt der GBA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, insbesondere über die ärztliche Behandlung (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) und über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Dabei kann er die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind (§ 92 Abs 1 Satz 1 SGB V). Zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung sind nach § 135 SGB V Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen danach in der (ambulanten) vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat. Durch derartige Richtlinien wird unmittelbar der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt. Gegenüber der fehlenden Entscheidung des GBA über den Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - auch der Einwand unerheblich, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall notwendig gewesen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der GBA die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt nämlich nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des GBA, sondern vielmehr auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse aus.
41 
Bei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V handelt es sich um untergesetzliche Normen, die iVm § 135 SGB V gegenüber dem Arzt, der Krankenkasse und dem Versicherten verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums sind. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - deshalb solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der GBA sie als zweckmäßig anerkannt hat. Dieser Leistungsausschluss gilt auch im Verhältnis zum Versicherten, denn durch § 135 SGB V iVm den vom GBA erlassenen Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V wird der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen festgelegt (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris). Darf der Arzt eine Behandlungsmethode nicht als Vertragsleistung abrechnen, weil sie nach den Richtlinien ausgeschlossen oder nicht empfohlen ist, gehört sie auch nicht zur geschuldeten Krankenbehandlung iSd § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V. Die Bindung der Krankenkassen an diese Modalitäten und Grenzen der Krankenbehandlung greift aber nicht nur im Falle einer Sachleistungserbringung, sondern auch im Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 SGB V (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris). Die Anforderungen nach § 135 SGB V gelten auch im Fall der ambulanten Krankenhausbehandlung und bei Behandlungen in einer Hochschulambulanz (BSG 08.11.2011, B 1 KR 19/10 R juris). Eine Behandlung auf der Grundlage von § 116b in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, bei der die rechtlichen Grenzen des § 135 SGB V nur in eingeschränktem Umfang gelten (BSG 27.03.2007, B 1 KE 25/06 R, SozR 4-2500 § 116b Nr. 1), hat nicht stattgefunden.
42 
Der Anwendung des § 135 SGB V steht nicht entgegen, dass die vorliegend streitige Behandlung auch durch den Einsatz des Medikaments Verteporfin geprägt ist. Die streitige Behandlung erfolgt dadurch, dass das Medikament Verteporfin in die Blutbahn injiziert und anschließend durch einen fachkundigen Arzt an der betreffenden Stelle im Auge in einem besonderen Verfahren mittels sog kalter Laserbehandlung aktiviert wird. Diese aufwändige, zwingend durch einen Arzt vorzunehmende Anwendung des Medikaments erfordert mithin die Beherrschung und punktgenaue sichere Anwendung der Lasertechnik an einem hochsensiblen Körperorgan. Dieses Vorgehen ist mit der normalen Verabreichung - selbst im Wege der Injektion - eines Medikaments in der Erwartung, dass es im Körper die erwünschte Wirkung entfaltet, qualitativ nicht vergleichbar (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 23). Der Handhabung durch den Arzt kommt für den Therapieerfolg ein mindestens ebenso großes Gewicht zu wie dem Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes und kennzeichnet die PDT als eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausreichende neue Behandlungsmethode, die infolgedessen eine über das Arzneimittelrecht hinausreichende Prüfung verlangt (BSG aaO). Damit kann die PDT nicht bloß unter arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Insoweit unterliegen ambulant durchgeführte Pharmakotherapien dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V dann, wenn die eingesetzten Präparate keine Zulassung nach dem AMG benötigen, wie das beispielsweise bei Rezepturarzneien oder anderen Arzneimitteln der Fall ist, die für den einzelnen Patienten auf besondere Anforderung hergestellt werden (BSG 23.07.1998, B 1 KR 19/96 R, BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 = juris; BSG 28.03.2000, B 1 KR 11/98 R, BSGE 86, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 = juris). Zwar lässt sich damit eine Ausnahme vom Zulassungserfordernis für Verteporfin und die alleinige Zuständigkeit des Bundesausschusses nicht begründen (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris Rdnr 21). Doch ist die PDT von Besonderheiten geprägt, die einer Beschränkung der Prüfung auf arzneimittelrechtliche Maßstäbe entgegenstehen (BSG aaO juris Rdnr 22). Bei der Anwendung von Verteporfin in der vertragsärztlichen Versorgung sind sowohl arzneimittelrechtliche Gesichtspunkte von Bedeutung, als auch die Art und Weise der Verabreichung der Arznei durch den Arzt, die den dafür geltenden Qualitätskriterien genügen muss (BSG aaO). In einem solchen Fall kommt eine Leistungspflicht für die mit einem Fertigarzneimittel zusammenhängende Therapie erst dann in Betracht, wenn die leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen für ein neues Arzneimittel und diejenigen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind - wenn also weder das arzneimittelrechtliche Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt das verwendete Mittel erfasst (BSG aaO juris Rdnr 24). Insoweit gilt, dass ähnlich wie eine Behandlungsmethode als dann „neu“ zu beurteilen ist und deshalb der besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein kann, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (BSG 14.02.2001, B 1 KR 29/00, R SozR 3-2500 § 18 Nr 6 = juris; BSG 16.09.1997, 1 RK 28/95, BSGE 81, 54-73 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 = juris). Insoweit ist die PDT als einem Zusammenspiel von Medikamentengabe und ärztlichem Handwerk zu beurteilen, sodass sie vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht ausgenommen ist (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 22).
43 
„Neu“ ist eine Behandlungsmethode, wenn sie - wie die PDT bei der vorliegend angewandten Indikation - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für vertragsärztliche Leistungen enthalten ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 22 mwN). So liegt es hier. Der GBA hat bislang über die Anwendung der PDT mit Verteporfin in der vorliegend streitigen Indikation nicht entschieden; ein entsprechender Antrag, der Voraussetzung für ein Verfahren vor dem GBA wäre, ist bislang nicht gestellt worden. Der in der Anlage I Richtlinien „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ Nr 8 anerkannte Anwendungsbereich der PDT betrifft die altersabhängige feuchte Makuladegeneration mit subfovealer klassischer chorioidaler Neovaskularisation (Neubildung von Blutgefäßen) und der in Nr 11 anerkannte Anwendungsbereich betrifft die PDT mit Verteporfin bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (CNV) aufgrund von pathologischer Myopie und bestkorrigiertem Visum von mindestens 0,2 bei der entsprechenden Indikationsstellung und einer Läsionsgröße von max 5400 μm. Mangels positiver Empfehlung des GBA war die PDT - und ist es immer noch - bei der vorliegenden Indikation daher nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV und durfte zu Lasten der Beklagten von der Klägerin nicht beansprucht noch vom Universitätsklinikum T. geleistet werden.
44 
Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor. Für ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode (vgl dazu BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris) bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte, ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, zumal bereits kein entsprechender Antrag beim GBA eingereicht wurde.
45 
Auch liegt ein Seltenheitsfall, bei dem des Weiteren eine Ausnahme vom Erfordernis der vorherigen positiven Empfehlung des GBA erwogen werden könnte (vgl BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris), nicht vor.
46 
Nach der Rechtsprechung des BSG (aaO, juris Rdnr 29) kann die Vorgehensweise in einem singulären Krankheitsfall von vornherein nicht als Behandlungsmethode iS des krankenversicherungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalts aufgefasst werden und unterliegt damit nicht den Einschränkungen des § 135 SGB V. Maßgeblich ist insoweit, dass generelle wissenschaftliche Aussagen zur Therapie der Krankheit infolge der geringen Zahl an Patienten wirklich so gut wie ausgeschlossen sind (BSG aaO juris Rdnr 31). Damit sind Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit, die so selten auftritt, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheidet, vom Leistungsumfang der GKV nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil der GBA dafür keine Empfehlung abgegeben hat (BSG aaO juris Leitsatz). Diese Rechtsprechung hat das BSG fortgeführt (Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 16/07 R, BSGE 100, 103-118 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 = juris Rdnr 30) und präzisiert, dass es sich bei einem Seltenheitsfall einer Krankheit um eine Krankheit handeln muss, die weltweit nur extrem selten auftritt und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann und bei der deshalb eine erweiterte Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht zu ziehen wäre. Damit steht bei der Beurteilung eines Seltenheitsfalles nicht die Anzahl der Erkrankungsfälle im Mittelpunkt, sondern die Frage der Erforschbarkeit und Behandelbarkeit.
47 
Der Senat ist nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen zu der Überzeugung gelangt, dass in Deutschland 200 bis 250 (Neu-)Erkrankungen pro Jahr mit Aderhauthämangiomen festgestellt werden (vgl Gutachten Prof. Dr. A. und MDK ). Aderhauthämangiome werden derzeit auf verschiedene Art und Weise behandelt. Aus der vom MDK vorgelegten Übersicht über Veröffentlichungen und Studien (vgl Blatt 51 der Senatsakte) ergibt sich für den Senat, dass in verschiedenen Therapie- bzw Fallserien bis zu 88 Personen (Studie von Jurklies 2005), 71 (Studie von Levy-Gabriel 2009) bzw 51 (Studie von Schilling 1997) behandelt und begutachtet wurden. Dabei wurde bei den vom MDK ausgewerteten 33 Veröffentlichungen bzw Studien der Übersicht auf Blatt 51 der Senatsakte 11 bzw 12 mal mittels PDT behandelt, im Übrigen mittels Cobalt-60, Low dose-Bestrahlung, externe Bestrahlung, Argon-Laser-Photokoagulation, Stereotaktischer Radiotherapie, Palladium 103 Plaques-Bestrahlung, Laser-Thermotherapie, Gammaknife Radiochirurgie, Photonen, Protonenbestrahlung, Anti VEGF, Gammaknife, Bevacizumab, Jod-125 Brachytherapie bzw Bevacizumab (Avastin). Auch der Gutachter Prof. Dr. A. konnte entsprechende Veröffentlichungen darlegen.
48 
Derzeit gibt es nach einer Recherche des MDK in der medizinischen Datenbank „pubmed“ insgesamt 391 Veröffentlichungen zu der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung einer „choroidal hemangioma“, 227 Veröffentlichungen befassen sich mit Therapieformen. Davon handelt es sich bei 10 Veröffentlichungen um klinische Studien (vgl Blatt 50 der Senatsakte).
49 
Auch unter Berücksichtigung der besonderen Lage des Hämangioms bei der Klägerin im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) nahe am Sehnerv ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Seltenheitsfall nicht vorliegt. Die bei der Klägerin bestehende Erkrankung wird so oder in ähnlicher Form in Deutschland jährlich bei 200 bis 250 Personen festgestellt. Die erhebliche Zahl von nationalen und internationalen Veröffentlichungen einschließlich der 10 klinischen Studien zeigt, dass die Erkrankung einer systematischen Erforschung zugänglich ist. Sie ist auch behandelbar mit zugelassenen (EBM-gelisteten) Behandlungsmethoden. Dies wird nach Überzeugung des Senats auch dadurch belegt, dass die auch in Studien bzw Veröffentlichungen dargestellte „low dose external beam-Radiotherapie“ aber auch eine Laserbehandlung auch bei Behandlungen am Auge bei Aderhauthämangiomen zur Versorgung der Versicherten zu Lasten der GKV zugelassen ist. Damit kann die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung systematisch erforscht und systematisch behandelt werden. Ein Seltenheitsfall liegt damit nicht vor, auf die positive Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V kann nicht verzichtet werden.
50 
Auch mittels einer grundrechtsorientierten Auslegung der Regelungen des SGB V kann vorliegend nicht auf das Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V verzichtet werden. Denn eine derartige verfassungskonforme Auslegung (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25-51 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 = juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170-182 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 = juris) setzt ua voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (BSG, aaO) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153-161= SozR 4-2500 § 27 Nr 7 = juris) vorliegt. Daran fehlt es vorliegend.
51 
Um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handelt es sich vorliegend nicht; dies wird auch von der Klägerin nicht vorgebracht. Jedoch ist ihre Sehfähigkeit beeinträchtigt. Eine hochgradige Sehstörung kann indes nicht in der Bewertung mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris Rdnr 13). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für die Eröffnung des sog Off-Label-Use formuliert ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 14; BSG, 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 = juris; BSG 26.09.2006, B 1 KR 3/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 10 = juris). Das BSG hat das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit solchen notstandsähnlichen Situationen ua verneint bei drohender Erblindung in 20 bis 30 Jahren wegen Stoffwechselstörung (BSG 26.9.2006, B 1 KR 16/06 B, nv). Auch wenn es sich bei den vom BSG abschlägig beschiedenen Fällen (dazu vgl die Übersicht in BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 15) durchgehend um durchaus gravierende Erkrankungen bzw deren Folgen gehandelt hat, hat es aber herausgestellt, dass es sich nicht um eine notstandsähnliche Extremsituation, in denen das Leistungsrecht der GKV aus verfassungsrechtlichen Gründen gegenüber den allgemein geltenden Regeln zu modifizieren wäre, gehandelt hätte. Dagegen hat das BSG überlegt - ohne, dass es insoweit zu entscheiden gewesen wäre - den Fall drohender (wohl vollständigen) Erblindung als mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar angesehen (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris Rdnr 16; BSG, 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R BSGE 96, 153-161 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 = juris). Doch liegt auch ein solcher Fall hier nicht vor. Denn eine einseitige Erblindung der Klägerin war zwar bei einem unbehandelten Verlauf der Krankheit nicht auszuschließen und drohte, doch war die Sehfähigkeit der Klägerin noch nicht unmittelbar iS einer unmittelbar bevorstehenden oder absehbar bevorstehenden Erblindung iSd Gesetzes (Sehschärfe 0,02) bedroht. Ob und wann eine solche Minderung der Sehschärfe eintreten würde und ob es mithin in absehbarer Zeit (vgl BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 = juris) zum Verlust des Augenlichts auf dem rechten Auge kommen würde, konnte auch Dr. V. nicht darlegen. Aus seinen Aussagen ergibt sich nur, dass in völlig unbehandeltem Zustand langfristig mit einer Erblindung des rechten Auges zu rechnen gewesen; eine beidseitige Erblindung war unter keinen Umständen zu befürchten. Damit erreichte die bei der Klägerin bestehende Erkrankung zum Zeitpunkt der Behandlung einen Schweregrad, der die Gleichstellung mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung rechtfertigt, (noch) nicht.
52 
Aber selbst wenn man diese Voraussetzung einer verfassungskonforme Auslegung wegen einer in absehbarer Zeit drohenden einäugigen Erblindung als erfüllt ansehen wollte, wäre weitere Voraussetzung der grundrechtsbezogenen Einschränkung des geltenden Rechts (§§ 135, 92 SGB V), dass bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25-51 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 = juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170-182 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 = juris).
53 
Hiervon konnte sich der Senat aber nicht überzeugen. Denn mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ aber auch wohl mit der Laserbehandlung oder der Bestrahlung mittels einer Brachytherapie stehen zur Erbringung zu Lasten der GKV zugelassene und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Behandlungsmethoden zur Verfügung. Dass diese Behandlungsoptionen im vorliegenden Fall möglich und medizinisch sinnvoll sind, hat sowohl der Gutachter Prof. Dr. A. als auch der behandelnde Arzt Dr. V. bestätigt. Dass - unstreitig - für den Einsatz einer „low dose external beam-Radiotherapie“ ein höherer sachlicher und zeitlicher Aufwand der Klägerin als auch der behandelnden Ärzte bei der Vorbereitung und der Durchführung der Behandlung erforderlich gewesen wäre, steht der Anwendbarkeit der zugelassenen Therapie im vorliegenden Fall nicht entgegen. Denn der vom SGB V begründete Leistungsanspruch ist nicht auf die zeitlich und sachlich einfachste Behandlungsmethode gerichtet, sondern auf die zugelassene Behandlungsmethode. Diese entspricht - wie die vom MDK ausgewerteten Veröffentlichungen zeigen - auch dem derzeit anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft. Dies konnte auch Prof. Dr. A. bestätigen. Dem steht nicht entgegen, dass es zur vorliegend streitigen PDT-Behandlung zahlenmäßig mehr Veröffentlichungen gibt. Maßgeblich ist nämlich, dass die „low dose external beam-Radiotherapie“ auch dem medizinischen Standard entspricht und vorliegend eingesetzt werden kann.
54 
Die „low dose external beam-Radiotherapie“ ist auch gegenüber der vorliegend streitigen PDT-Behandlung nicht weniger erfolgreich. Wie der Gutachter bestätigen konnte, stehen beide Behandlungsmethoden gleichwertig zur Verfügung. Mit beiden Methoden gelingt es nicht, die Geschwulst vollständig zu beseitigen; beiden Behandlungsmethoden gelingt es aber gleichermaßen, das Ausmaß des Aderhauthämangioms einzudämmen. Insoweit sind beide Methoden gleichwertig und dienen iSd § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V demselben Ziel, eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (dazu vgl BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris RdNr 31).
55 
Soweit bei der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine Schädigung der Netzhaut mit der Folge möglicher bleibender Seh- bzw Sehschärfenminderung auftritt, führt dies nicht dazu, dass die „low dose external beam-Radiotherapie“ als geeignete und zumutbare Therapieoption auszuschließen wäre. Denn insoweit ist - wie die von Prof. Dr. A. ausgewerteten Veröffentlichungen zur „low dose external beam-Radiotherapie“ zeigen - nicht zwingend mit einer dauerhaften Sehstörung zu rechnen. In vielen Fällen - so der Gutachter Prof. Dr. A. - habe sich die Netzhaut wieder neu gebildet. Damit stand der Klägerin in der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine zumutbare und zugelassene Behandlungsoption zur Verfügung. Auch soweit die Klägerin bei der „low dose external beam-Radiotherapie“ Strahlenschädigungen bis hin zum Grauen Star befürchtet, führen diese Nebenwirkungen nicht dazu, dass die zumutbare Therapieoption der „low dose external beam-Radiotherapie“ auszuschließen wäre.
56 
Auch die besondere Lage des Aderhauthämangioms im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) nahe am Sehnerv bedeutet nicht, dass die zugelassene und zumutbare „low dose external beam-Radiotherapie“ nicht zumutbar gewesen wäre. Zwar ist es richtig und wurde auch von Prof. Dr. A. bestätigt, dass es wegen der Variabilität der Position von Aderhauthämangiomen keine Standardtherapie gibt, sondern der Einzelfall zu betrachten ist. Maßgeblich ist insoweit aber als Voraussetzung der verfassungskonformen Erweiterung des Leistungskatalogs der GKV gerade nicht, ob es eine Behandlungsmöglichkeit iS einer allgemeinen Standardbehandlung gibt, sondern, ob die in Frage kommenden Behandlungsmöglichkeiten dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechen (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris RdNr 30). Eine solche dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Therapie, die dasselbe Behandlungsziel verfolgt wie die streitige PDT-Behandlung (dazu siehe weiter oben), besteht auch gerade für den vorliegenden Einzelfall in der Therapieoption einer „low dose external beam-Radiotherapie“. Dies wurde von Prof. Dr. A., aber auch von Dr. V. sinngemäß, bestätigt, der jedoch auf den Mehraufwand hingewiesen hat. Auch hat er die Klägerin über alternative Behandlungsmethoden aufgeklärt; die Klägerin hat diese jedoch zugunsten der PDT-Behandlung gegen die alternative Behandlung mittels einer „low dose external beam-Radiotherapie“ entschieden.
57 
Auch wenn es keine allgemeine Standardtherapie für die Behandlung von Aderhauthämangiomen an der bei der Klägerin konkret aufgetretenen Stelle gibt, so gibt es nach Überzeugung des Senats mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine geeignete und zugelassene Behandlungsmöglichkeiten für diese konkrete Erkrankung, die dem allgemeinen medizinischen Standard entspricht und dasselbe Ziel wie die streitige PDT-Behandlung verfolgt. Denn mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ kann auch unter Berücksichtigung seiner besonderen Lage das bei der Klägerin bestehende Hämangiom ausreichend behandelt werde. Dass die behandelnden Ärzte dafür mehrere Versuchsabfolgen und Testläufe durchführen müssten, bevor die Klägerin konkret behandelt werden könnte, steht dem nicht entgegen.
58 
Damit konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass es für das konkret bei der Klägerin vorhandene Aderhauthämangiom keine zumutbare und zugelassene Behandlungsmöglichkeit iS einer schulmedizinischen Behandlungsmethode geben würde. Der Senat hält die Behandlung mittels der auch für den konkreten Einsatz bei der Klägerin zugelassenen „low dose external beam-Radiotherapie“ für zumutbar und erfolgversprechend. Damit konnte der Senat auch unter Berücksichtigung der besonderen Lage der Erkrankung sowie der zu erwartenden Nebenwirkungen der „low dose external beam-Radiotherapie“ nicht feststellen, dass es iSd Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der grundrechtskonformen Auslegung des Leistungskatalogs keine zugelassene Behandlungsmöglichkeit gegeben hätte. Auf das Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA konnte damit nicht verzichtet werden.
59 
Nachdem hinsichtlich der streitigen PDT-Behandlung keine positive Empfehlung des GBA vorliegt, diese Empfehlung aber erforderlich war, gehört diese Behandlung auch im Einzelfall nicht zu dem von den Krankenkassen der GKV geschuldeten Leistungskatalog. Damit ist aber auch eine Kostenerstattung bzw eine Kostenfreistellung ausgeschlossen. Darauf hat auch Dr. V. im Behandlungsvertrag mit der Klägerin ausdrücklich hingewiesen.
60 
Etwas anderes folgt auch nicht aus den durch Art 1 Nr 1 GKV-Versicherungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl I S 2983) mit Wirkung ab 01.01.2012 neu eingefügten § 2 Abs 1a Satz 1 SGB V. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Nach der Gesetzesbegründung kann eine wertungsmäßig einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbare Erkrankung auch vorliegen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalles der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorgans innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraumes droht (BT-Drucks 17/6906, S 53). Unabhängig von der Frage, ob nun diese Regelung in § 2 Abs 12 SGB V die bisherige, durch Auslegung ermittelte Rechtslage konkretisiert oder ob jetzt ab 01.01.2012 der Anspruch auf Krankenbehandlung erweitert wird, setzt § 2 Abs 1a SGB V voraus, dass eine allgemein anerkannte Behandlungsmethode nicht zur Verfügung steht (dazu siehe aber oben).
61 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
63 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

Gründe

 
32 
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2007 ist nicht rechtswidrig, die Klägerin wird nicht in ihren Rechten verletzt.
33 
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Krankenbehandlung des rechten Auges in Folge eines symptomatischen exsudativen chorioidalen Hämangioms mittels einer PDT mit Verteporfin als Sachleistung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2007. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dadurch, dass die Klägerin nach Ablehnung des Sachleistungserbringung sich die Krankenbehandlung selbst beschafft hat, ändert sich hieran nichts; lediglich ihr Begehren wandelt sich von einer auf Sachleistungsverschaffung gerichteten Leistungs- in eine auf Kostenerstattung bzw Kostenfreistellung gerichtete Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw Kostenfreistellung.
34 
Der Senat geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass diese einer wirksamen Kostenforderung des Universitätsklinikums T. über 2.051,37 EUR ausgesetzt ist. Einen entsprechenden privatrechtlichen Behandlungsvertrag hat sie mit dem Universitätsklinikum T. geschlossen. Dieses hat die geschuldete Leistung erbracht. Im Vertrag war die Klägerin auch ausdrücklich, laienverständlich und deutlich darauf hingewiesen worden, dass die vereinbarte Behandlung nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört und privatärztlich erbracht wird. Zweifel an einer wirksamen Kostenforderung bestehen deshalb, weil die Klinik der Klägerin die am 15.05.2007 erbrachten Leistungen erst am 03.03.2010 in Rechnung gestellt hat (Bl 131 der SG-Akte) und der Klägerin, nach deren Vortrag (schriftlich vom 15.07.2009, Bl 106 der SG-Akte) bis zur Entscheidung des Rechtsstreits mündlich Zahlungsaufschub bewilligt hat. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Klägerin tatsächlich keiner Zahlungspflicht ausgesetzt ist und der Rechtsstreit nur dazu dient, die Leistungspflicht abstrakt allein im Interesse der Klinik klären zu lassen (vgl hierzu BSG 18.07.2006, B 1 KR 24/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 9 = BSGE 97, 6).
35 
Die Voraussetzungen des Kostenanspruchs sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin bisher noch keine Zahlungen geleistet hat. Deshalb kommt vorliegend nur ein Freistellungsanspruch in Betracht, der sich ebenfalls nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 und 2 SGB V beurteilt (BSG 18.07.2006, aaO). Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.
36 
Eine unaufschiebbare Leistung iSd § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGB V lag nicht vor. Denn eine Leistung ist in diesem Sinn unaufschiebbar, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand (BSG 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R, SozR 3-2500 § 13 Nr 22 = juris). Wie auch der tatsächliche Geschehensablauf zeigt (Untersuchung im September 2006, Antragstellung im Oktober 2006, Behandlung am 15.05.2007), liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
37 
Jedoch liegen auch die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V („Kosten verursacht durch eine rechtswidrige Ablehnung der Leistungsgewährung“) nicht vor. Denn ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse voraus und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch. Insoweit begehrt die Klägerin aber Leistungen, die im vorliegenden Fall nicht der materiellen Leistungspflicht der Beklagten nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegen.
38 
Die vorliegend streitige Behandlung wurde ambulant in einem iSd § 108 Satz 1 Nr 1 SGB V zugelassenen Krankenhaus erbracht. Ob der Anspruch der Klägerin bereits deshalb nicht gegeben ist, weil die Universitätsklinik zur ambulanten Erbringung der Leistung gar nicht berechtigt war, lässt der Senat offen. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch scheitert daran, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankenbehandlung nicht erfüllt sind.
39 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V die (ambulante) ärztliche Behandlung. Gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst die (ambulante) ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Insoweit entspricht die Vorgabe des § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 Satz 1 SGB V, wonach die Leistungen der Krankenkassen der GKV ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 Satz 2 SGB V ). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V).
40 
Nach § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V beschließt der GBA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, insbesondere über die ärztliche Behandlung (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) und über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Dabei kann er die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind (§ 92 Abs 1 Satz 1 SGB V). Zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung sind nach § 135 SGB V Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen danach in der (ambulanten) vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat. Durch derartige Richtlinien wird unmittelbar der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt. Gegenüber der fehlenden Entscheidung des GBA über den Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - auch der Einwand unerheblich, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall notwendig gewesen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der GBA die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt nämlich nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des GBA, sondern vielmehr auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse aus.
41 
Bei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V handelt es sich um untergesetzliche Normen, die iVm § 135 SGB V gegenüber dem Arzt, der Krankenkasse und dem Versicherten verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums sind. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - deshalb solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der GBA sie als zweckmäßig anerkannt hat. Dieser Leistungsausschluss gilt auch im Verhältnis zum Versicherten, denn durch § 135 SGB V iVm den vom GBA erlassenen Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V wird der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen festgelegt (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris). Darf der Arzt eine Behandlungsmethode nicht als Vertragsleistung abrechnen, weil sie nach den Richtlinien ausgeschlossen oder nicht empfohlen ist, gehört sie auch nicht zur geschuldeten Krankenbehandlung iSd § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V. Die Bindung der Krankenkassen an diese Modalitäten und Grenzen der Krankenbehandlung greift aber nicht nur im Falle einer Sachleistungserbringung, sondern auch im Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 SGB V (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris). Die Anforderungen nach § 135 SGB V gelten auch im Fall der ambulanten Krankenhausbehandlung und bei Behandlungen in einer Hochschulambulanz (BSG 08.11.2011, B 1 KR 19/10 R juris). Eine Behandlung auf der Grundlage von § 116b in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, bei der die rechtlichen Grenzen des § 135 SGB V nur in eingeschränktem Umfang gelten (BSG 27.03.2007, B 1 KE 25/06 R, SozR 4-2500 § 116b Nr. 1), hat nicht stattgefunden.
42 
Der Anwendung des § 135 SGB V steht nicht entgegen, dass die vorliegend streitige Behandlung auch durch den Einsatz des Medikaments Verteporfin geprägt ist. Die streitige Behandlung erfolgt dadurch, dass das Medikament Verteporfin in die Blutbahn injiziert und anschließend durch einen fachkundigen Arzt an der betreffenden Stelle im Auge in einem besonderen Verfahren mittels sog kalter Laserbehandlung aktiviert wird. Diese aufwändige, zwingend durch einen Arzt vorzunehmende Anwendung des Medikaments erfordert mithin die Beherrschung und punktgenaue sichere Anwendung der Lasertechnik an einem hochsensiblen Körperorgan. Dieses Vorgehen ist mit der normalen Verabreichung - selbst im Wege der Injektion - eines Medikaments in der Erwartung, dass es im Körper die erwünschte Wirkung entfaltet, qualitativ nicht vergleichbar (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 23). Der Handhabung durch den Arzt kommt für den Therapieerfolg ein mindestens ebenso großes Gewicht zu wie dem Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes und kennzeichnet die PDT als eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausreichende neue Behandlungsmethode, die infolgedessen eine über das Arzneimittelrecht hinausreichende Prüfung verlangt (BSG aaO). Damit kann die PDT nicht bloß unter arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Insoweit unterliegen ambulant durchgeführte Pharmakotherapien dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V dann, wenn die eingesetzten Präparate keine Zulassung nach dem AMG benötigen, wie das beispielsweise bei Rezepturarzneien oder anderen Arzneimitteln der Fall ist, die für den einzelnen Patienten auf besondere Anforderung hergestellt werden (BSG 23.07.1998, B 1 KR 19/96 R, BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 = juris; BSG 28.03.2000, B 1 KR 11/98 R, BSGE 86, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 = juris). Zwar lässt sich damit eine Ausnahme vom Zulassungserfordernis für Verteporfin und die alleinige Zuständigkeit des Bundesausschusses nicht begründen (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris Rdnr 21). Doch ist die PDT von Besonderheiten geprägt, die einer Beschränkung der Prüfung auf arzneimittelrechtliche Maßstäbe entgegenstehen (BSG aaO juris Rdnr 22). Bei der Anwendung von Verteporfin in der vertragsärztlichen Versorgung sind sowohl arzneimittelrechtliche Gesichtspunkte von Bedeutung, als auch die Art und Weise der Verabreichung der Arznei durch den Arzt, die den dafür geltenden Qualitätskriterien genügen muss (BSG aaO). In einem solchen Fall kommt eine Leistungspflicht für die mit einem Fertigarzneimittel zusammenhängende Therapie erst dann in Betracht, wenn die leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen für ein neues Arzneimittel und diejenigen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind - wenn also weder das arzneimittelrechtliche Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt das verwendete Mittel erfasst (BSG aaO juris Rdnr 24). Insoweit gilt, dass ähnlich wie eine Behandlungsmethode als dann „neu“ zu beurteilen ist und deshalb der besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein kann, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (BSG 14.02.2001, B 1 KR 29/00, R SozR 3-2500 § 18 Nr 6 = juris; BSG 16.09.1997, 1 RK 28/95, BSGE 81, 54-73 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 = juris). Insoweit ist die PDT als einem Zusammenspiel von Medikamentengabe und ärztlichem Handwerk zu beurteilen, sodass sie vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht ausgenommen ist (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 22).
43 
„Neu“ ist eine Behandlungsmethode, wenn sie - wie die PDT bei der vorliegend angewandten Indikation - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für vertragsärztliche Leistungen enthalten ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 22 mwN). So liegt es hier. Der GBA hat bislang über die Anwendung der PDT mit Verteporfin in der vorliegend streitigen Indikation nicht entschieden; ein entsprechender Antrag, der Voraussetzung für ein Verfahren vor dem GBA wäre, ist bislang nicht gestellt worden. Der in der Anlage I Richtlinien „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ Nr 8 anerkannte Anwendungsbereich der PDT betrifft die altersabhängige feuchte Makuladegeneration mit subfovealer klassischer chorioidaler Neovaskularisation (Neubildung von Blutgefäßen) und der in Nr 11 anerkannte Anwendungsbereich betrifft die PDT mit Verteporfin bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (CNV) aufgrund von pathologischer Myopie und bestkorrigiertem Visum von mindestens 0,2 bei der entsprechenden Indikationsstellung und einer Läsionsgröße von max 5400 μm. Mangels positiver Empfehlung des GBA war die PDT - und ist es immer noch - bei der vorliegenden Indikation daher nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV und durfte zu Lasten der Beklagten von der Klägerin nicht beansprucht noch vom Universitätsklinikum T. geleistet werden.
44 
Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor. Für ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode (vgl dazu BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris) bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte, ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, zumal bereits kein entsprechender Antrag beim GBA eingereicht wurde.
45 
Auch liegt ein Seltenheitsfall, bei dem des Weiteren eine Ausnahme vom Erfordernis der vorherigen positiven Empfehlung des GBA erwogen werden könnte (vgl BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris), nicht vor.
46 
Nach der Rechtsprechung des BSG (aaO, juris Rdnr 29) kann die Vorgehensweise in einem singulären Krankheitsfall von vornherein nicht als Behandlungsmethode iS des krankenversicherungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalts aufgefasst werden und unterliegt damit nicht den Einschränkungen des § 135 SGB V. Maßgeblich ist insoweit, dass generelle wissenschaftliche Aussagen zur Therapie der Krankheit infolge der geringen Zahl an Patienten wirklich so gut wie ausgeschlossen sind (BSG aaO juris Rdnr 31). Damit sind Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit, die so selten auftritt, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheidet, vom Leistungsumfang der GKV nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil der GBA dafür keine Empfehlung abgegeben hat (BSG aaO juris Leitsatz). Diese Rechtsprechung hat das BSG fortgeführt (Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 16/07 R, BSGE 100, 103-118 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 = juris Rdnr 30) und präzisiert, dass es sich bei einem Seltenheitsfall einer Krankheit um eine Krankheit handeln muss, die weltweit nur extrem selten auftritt und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann und bei der deshalb eine erweiterte Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht zu ziehen wäre. Damit steht bei der Beurteilung eines Seltenheitsfalles nicht die Anzahl der Erkrankungsfälle im Mittelpunkt, sondern die Frage der Erforschbarkeit und Behandelbarkeit.
47 
Der Senat ist nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen zu der Überzeugung gelangt, dass in Deutschland 200 bis 250 (Neu-)Erkrankungen pro Jahr mit Aderhauthämangiomen festgestellt werden (vgl Gutachten Prof. Dr. A. und MDK ). Aderhauthämangiome werden derzeit auf verschiedene Art und Weise behandelt. Aus der vom MDK vorgelegten Übersicht über Veröffentlichungen und Studien (vgl Blatt 51 der Senatsakte) ergibt sich für den Senat, dass in verschiedenen Therapie- bzw Fallserien bis zu 88 Personen (Studie von Jurklies 2005), 71 (Studie von Levy-Gabriel 2009) bzw 51 (Studie von Schilling 1997) behandelt und begutachtet wurden. Dabei wurde bei den vom MDK ausgewerteten 33 Veröffentlichungen bzw Studien der Übersicht auf Blatt 51 der Senatsakte 11 bzw 12 mal mittels PDT behandelt, im Übrigen mittels Cobalt-60, Low dose-Bestrahlung, externe Bestrahlung, Argon-Laser-Photokoagulation, Stereotaktischer Radiotherapie, Palladium 103 Plaques-Bestrahlung, Laser-Thermotherapie, Gammaknife Radiochirurgie, Photonen, Protonenbestrahlung, Anti VEGF, Gammaknife, Bevacizumab, Jod-125 Brachytherapie bzw Bevacizumab (Avastin). Auch der Gutachter Prof. Dr. A. konnte entsprechende Veröffentlichungen darlegen.
48 
Derzeit gibt es nach einer Recherche des MDK in der medizinischen Datenbank „pubmed“ insgesamt 391 Veröffentlichungen zu der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung einer „choroidal hemangioma“, 227 Veröffentlichungen befassen sich mit Therapieformen. Davon handelt es sich bei 10 Veröffentlichungen um klinische Studien (vgl Blatt 50 der Senatsakte).
49 
Auch unter Berücksichtigung der besonderen Lage des Hämangioms bei der Klägerin im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) nahe am Sehnerv ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Seltenheitsfall nicht vorliegt. Die bei der Klägerin bestehende Erkrankung wird so oder in ähnlicher Form in Deutschland jährlich bei 200 bis 250 Personen festgestellt. Die erhebliche Zahl von nationalen und internationalen Veröffentlichungen einschließlich der 10 klinischen Studien zeigt, dass die Erkrankung einer systematischen Erforschung zugänglich ist. Sie ist auch behandelbar mit zugelassenen (EBM-gelisteten) Behandlungsmethoden. Dies wird nach Überzeugung des Senats auch dadurch belegt, dass die auch in Studien bzw Veröffentlichungen dargestellte „low dose external beam-Radiotherapie“ aber auch eine Laserbehandlung auch bei Behandlungen am Auge bei Aderhauthämangiomen zur Versorgung der Versicherten zu Lasten der GKV zugelassen ist. Damit kann die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung systematisch erforscht und systematisch behandelt werden. Ein Seltenheitsfall liegt damit nicht vor, auf die positive Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V kann nicht verzichtet werden.
50 
Auch mittels einer grundrechtsorientierten Auslegung der Regelungen des SGB V kann vorliegend nicht auf das Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V verzichtet werden. Denn eine derartige verfassungskonforme Auslegung (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25-51 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 = juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170-182 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 = juris) setzt ua voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (BSG, aaO) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153-161= SozR 4-2500 § 27 Nr 7 = juris) vorliegt. Daran fehlt es vorliegend.
51 
Um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handelt es sich vorliegend nicht; dies wird auch von der Klägerin nicht vorgebracht. Jedoch ist ihre Sehfähigkeit beeinträchtigt. Eine hochgradige Sehstörung kann indes nicht in der Bewertung mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris Rdnr 13). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für die Eröffnung des sog Off-Label-Use formuliert ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 14; BSG, 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 = juris; BSG 26.09.2006, B 1 KR 3/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 10 = juris). Das BSG hat das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit solchen notstandsähnlichen Situationen ua verneint bei drohender Erblindung in 20 bis 30 Jahren wegen Stoffwechselstörung (BSG 26.9.2006, B 1 KR 16/06 B, nv). Auch wenn es sich bei den vom BSG abschlägig beschiedenen Fällen (dazu vgl die Übersicht in BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 15) durchgehend um durchaus gravierende Erkrankungen bzw deren Folgen gehandelt hat, hat es aber herausgestellt, dass es sich nicht um eine notstandsähnliche Extremsituation, in denen das Leistungsrecht der GKV aus verfassungsrechtlichen Gründen gegenüber den allgemein geltenden Regeln zu modifizieren wäre, gehandelt hätte. Dagegen hat das BSG überlegt - ohne, dass es insoweit zu entscheiden gewesen wäre - den Fall drohender (wohl vollständigen) Erblindung als mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar angesehen (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris Rdnr 16; BSG, 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R BSGE 96, 153-161 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 = juris). Doch liegt auch ein solcher Fall hier nicht vor. Denn eine einseitige Erblindung der Klägerin war zwar bei einem unbehandelten Verlauf der Krankheit nicht auszuschließen und drohte, doch war die Sehfähigkeit der Klägerin noch nicht unmittelbar iS einer unmittelbar bevorstehenden oder absehbar bevorstehenden Erblindung iSd Gesetzes (Sehschärfe 0,02) bedroht. Ob und wann eine solche Minderung der Sehschärfe eintreten würde und ob es mithin in absehbarer Zeit (vgl BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 = juris) zum Verlust des Augenlichts auf dem rechten Auge kommen würde, konnte auch Dr. V. nicht darlegen. Aus seinen Aussagen ergibt sich nur, dass in völlig unbehandeltem Zustand langfristig mit einer Erblindung des rechten Auges zu rechnen gewesen; eine beidseitige Erblindung war unter keinen Umständen zu befürchten. Damit erreichte die bei der Klägerin bestehende Erkrankung zum Zeitpunkt der Behandlung einen Schweregrad, der die Gleichstellung mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung rechtfertigt, (noch) nicht.
52 
Aber selbst wenn man diese Voraussetzung einer verfassungskonforme Auslegung wegen einer in absehbarer Zeit drohenden einäugigen Erblindung als erfüllt ansehen wollte, wäre weitere Voraussetzung der grundrechtsbezogenen Einschränkung des geltenden Rechts (§§ 135, 92 SGB V), dass bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25-51 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 = juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170-182 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 = juris).
53 
Hiervon konnte sich der Senat aber nicht überzeugen. Denn mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ aber auch wohl mit der Laserbehandlung oder der Bestrahlung mittels einer Brachytherapie stehen zur Erbringung zu Lasten der GKV zugelassene und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Behandlungsmethoden zur Verfügung. Dass diese Behandlungsoptionen im vorliegenden Fall möglich und medizinisch sinnvoll sind, hat sowohl der Gutachter Prof. Dr. A. als auch der behandelnde Arzt Dr. V. bestätigt. Dass - unstreitig - für den Einsatz einer „low dose external beam-Radiotherapie“ ein höherer sachlicher und zeitlicher Aufwand der Klägerin als auch der behandelnden Ärzte bei der Vorbereitung und der Durchführung der Behandlung erforderlich gewesen wäre, steht der Anwendbarkeit der zugelassenen Therapie im vorliegenden Fall nicht entgegen. Denn der vom SGB V begründete Leistungsanspruch ist nicht auf die zeitlich und sachlich einfachste Behandlungsmethode gerichtet, sondern auf die zugelassene Behandlungsmethode. Diese entspricht - wie die vom MDK ausgewerteten Veröffentlichungen zeigen - auch dem derzeit anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft. Dies konnte auch Prof. Dr. A. bestätigen. Dem steht nicht entgegen, dass es zur vorliegend streitigen PDT-Behandlung zahlenmäßig mehr Veröffentlichungen gibt. Maßgeblich ist nämlich, dass die „low dose external beam-Radiotherapie“ auch dem medizinischen Standard entspricht und vorliegend eingesetzt werden kann.
54 
Die „low dose external beam-Radiotherapie“ ist auch gegenüber der vorliegend streitigen PDT-Behandlung nicht weniger erfolgreich. Wie der Gutachter bestätigen konnte, stehen beide Behandlungsmethoden gleichwertig zur Verfügung. Mit beiden Methoden gelingt es nicht, die Geschwulst vollständig zu beseitigen; beiden Behandlungsmethoden gelingt es aber gleichermaßen, das Ausmaß des Aderhauthämangioms einzudämmen. Insoweit sind beide Methoden gleichwertig und dienen iSd § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V demselben Ziel, eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (dazu vgl BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris RdNr 31).
55 
Soweit bei der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine Schädigung der Netzhaut mit der Folge möglicher bleibender Seh- bzw Sehschärfenminderung auftritt, führt dies nicht dazu, dass die „low dose external beam-Radiotherapie“ als geeignete und zumutbare Therapieoption auszuschließen wäre. Denn insoweit ist - wie die von Prof. Dr. A. ausgewerteten Veröffentlichungen zur „low dose external beam-Radiotherapie“ zeigen - nicht zwingend mit einer dauerhaften Sehstörung zu rechnen. In vielen Fällen - so der Gutachter Prof. Dr. A. - habe sich die Netzhaut wieder neu gebildet. Damit stand der Klägerin in der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine zumutbare und zugelassene Behandlungsoption zur Verfügung. Auch soweit die Klägerin bei der „low dose external beam-Radiotherapie“ Strahlenschädigungen bis hin zum Grauen Star befürchtet, führen diese Nebenwirkungen nicht dazu, dass die zumutbare Therapieoption der „low dose external beam-Radiotherapie“ auszuschließen wäre.
56 
Auch die besondere Lage des Aderhauthämangioms im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) nahe am Sehnerv bedeutet nicht, dass die zugelassene und zumutbare „low dose external beam-Radiotherapie“ nicht zumutbar gewesen wäre. Zwar ist es richtig und wurde auch von Prof. Dr. A. bestätigt, dass es wegen der Variabilität der Position von Aderhauthämangiomen keine Standardtherapie gibt, sondern der Einzelfall zu betrachten ist. Maßgeblich ist insoweit aber als Voraussetzung der verfassungskonformen Erweiterung des Leistungskatalogs der GKV gerade nicht, ob es eine Behandlungsmöglichkeit iS einer allgemeinen Standardbehandlung gibt, sondern, ob die in Frage kommenden Behandlungsmöglichkeiten dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechen (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris RdNr 30). Eine solche dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Therapie, die dasselbe Behandlungsziel verfolgt wie die streitige PDT-Behandlung (dazu siehe weiter oben), besteht auch gerade für den vorliegenden Einzelfall in der Therapieoption einer „low dose external beam-Radiotherapie“. Dies wurde von Prof. Dr. A., aber auch von Dr. V. sinngemäß, bestätigt, der jedoch auf den Mehraufwand hingewiesen hat. Auch hat er die Klägerin über alternative Behandlungsmethoden aufgeklärt; die Klägerin hat diese jedoch zugunsten der PDT-Behandlung gegen die alternative Behandlung mittels einer „low dose external beam-Radiotherapie“ entschieden.
57 
Auch wenn es keine allgemeine Standardtherapie für die Behandlung von Aderhauthämangiomen an der bei der Klägerin konkret aufgetretenen Stelle gibt, so gibt es nach Überzeugung des Senats mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine geeignete und zugelassene Behandlungsmöglichkeiten für diese konkrete Erkrankung, die dem allgemeinen medizinischen Standard entspricht und dasselbe Ziel wie die streitige PDT-Behandlung verfolgt. Denn mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ kann auch unter Berücksichtigung seiner besonderen Lage das bei der Klägerin bestehende Hämangiom ausreichend behandelt werde. Dass die behandelnden Ärzte dafür mehrere Versuchsabfolgen und Testläufe durchführen müssten, bevor die Klägerin konkret behandelt werden könnte, steht dem nicht entgegen.
58 
Damit konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass es für das konkret bei der Klägerin vorhandene Aderhauthämangiom keine zumutbare und zugelassene Behandlungsmöglichkeit iS einer schulmedizinischen Behandlungsmethode geben würde. Der Senat hält die Behandlung mittels der auch für den konkreten Einsatz bei der Klägerin zugelassenen „low dose external beam-Radiotherapie“ für zumutbar und erfolgversprechend. Damit konnte der Senat auch unter Berücksichtigung der besonderen Lage der Erkrankung sowie der zu erwartenden Nebenwirkungen der „low dose external beam-Radiotherapie“ nicht feststellen, dass es iSd Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der grundrechtskonformen Auslegung des Leistungskatalogs keine zugelassene Behandlungsmöglichkeit gegeben hätte. Auf das Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA konnte damit nicht verzichtet werden.
59 
Nachdem hinsichtlich der streitigen PDT-Behandlung keine positive Empfehlung des GBA vorliegt, diese Empfehlung aber erforderlich war, gehört diese Behandlung auch im Einzelfall nicht zu dem von den Krankenkassen der GKV geschuldeten Leistungskatalog. Damit ist aber auch eine Kostenerstattung bzw eine Kostenfreistellung ausgeschlossen. Darauf hat auch Dr. V. im Behandlungsvertrag mit der Klägerin ausdrücklich hingewiesen.
60 
Etwas anderes folgt auch nicht aus den durch Art 1 Nr 1 GKV-Versicherungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl I S 2983) mit Wirkung ab 01.01.2012 neu eingefügten § 2 Abs 1a Satz 1 SGB V. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Nach der Gesetzesbegründung kann eine wertungsmäßig einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbare Erkrankung auch vorliegen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalles der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorgans innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraumes droht (BT-Drucks 17/6906, S 53). Unabhängig von der Frage, ob nun diese Regelung in § 2 Abs 12 SGB V die bisherige, durch Auslegung ermittelte Rechtslage konkretisiert oder ob jetzt ab 01.01.2012 der Anspruch auf Krankenbehandlung erweitert wird, setzt § 2 Abs 1a SGB V voraus, dass eine allgemein anerkannte Behandlungsmethode nicht zur Verfügung steht (dazu siehe aber oben).
61 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
63 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt auf Grund eines Antrags nach § 130b Absatz 8 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Kosten-Nutzen-Bewertung. In dem Auftrag ist insbesondere festzulegen, für welche zweckmäßige Vergleichstherapie und Patientengruppen die Bewertung erfolgen soll sowie welcher Zeitraum, welche Art von Nutzen und Kosten und welches Maß für den Gesamtnutzen bei der Bewertung zu berücksichtigen sind; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung; für die Auftragserteilung gilt § 92 Absatz 3a entsprechend mit der Maßgabe, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch eine mündliche Anhörung durchführt. Die Bewertung erfolgt durch Vergleich mit anderen Arzneimitteln und Behandlungsformen unter Berücksichtigung des therapeutischen Zusatznutzens für die Patienten im Verhältnis zu den Kosten; Basis für die Bewertung sind die Ergebnisse klinischer Studien sowie derjenigen Versorgungsstudien, die mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach Absatz 2 vereinbart wurden oder die der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmens anerkennt; § 35a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Beim Patienten-Nutzen sollen insbesondere die Verbesserung des Gesundheitszustandes, eine Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verlängerung der Lebensdauer, eine Verringerung der Nebenwirkungen sowie eine Verbesserung der Lebensqualität, bei der wirtschaftlichen Bewertung auch die Angemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenübernahme durch die Versichertengemeinschaft, angemessen berücksichtigt werden. Das Institut bestimmt auftragsbezogen über die Methoden und Kriterien für die Erarbeitung von Bewertungen nach Satz 1 auf der Grundlage der in den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie. Das Institut gewährleistet vor Abschluss von Bewertungen hohe Verfahrenstransparenz und eine angemessene Beteiligung der in § 35 Abs. 2 und § 139a Abs. 5 Genannten. Das Institut veröffentlicht die jeweiligen Methoden und Kriterien im Internet.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann mit dem pharmazeutischen Unternehmer Versorgungsstudien und die darin zu behandelnden Schwerpunkte vereinbaren. Die Frist zur Vorlage dieser Studien bemisst sich nach der Indikation und dem nötigen Zeitraum zur Bereitstellung valider Daten; sie soll drei Jahre nicht überschreiten. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Die Studien sind auf Kosten des pharmazeutischen Unternehmers bevorzugt in Deutschland durchzuführen.

(3) Auf Grundlage der Kosten-Nutzen-Bewertung nach Absatz 1 beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss über die Kosten-Nutzen-Bewertung und veröffentlicht den Beschluss im Internet. § 92 Absatz 3a gilt entsprechend. Mit dem Beschluss werden insbesondere der Zusatznutzen sowie die Therapiekosten bei Anwendung des jeweiligen Arzneimittels festgestellt. Der Beschluss ist Teil der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; der Beschluss kann auch Therapiehinweise nach § 92 Absatz 2 enthalten. § 94 Absatz 1 gilt nicht.

(4) Gesonderte Klagen gegen den Auftrag nach Absatz 1 Satz 1 oder die Bewertung nach Absatz 1 Satz 3 sind unzulässig. Klagen gegen eine Feststellung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses nach Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der Kläger macht die Nichtigkeit von Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Änderung der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie) geltend.

2

Der Kläger ist Vorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes e.V. Er wurde von den für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen als sachkundige Person iS des § 140f Abs 2 SGB V benannt und nahm an den Beratungen des beklagten GBA zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie zu den Themen "Lang wirkende Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2", "Glitazone zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2" und "Harn- und Blutzuckerteststreifen bei Diabetes mellitus Typ 2" teil. Jeweils mit dem Hinweis, dass er als "themenbezogener Vertreter Rechtsanwalt D M persönlich" handele, beantragte er, das Verfahren zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie einzustellen. Die Anträge des Klägers wurden nicht zur Abstimmung gestellt. Die Einschränkung der Verordnungsfähigkeit von lang wirkenden Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 wurde in der Sitzung des Plenums nach Beratung am 18.3.2010 (BAnz 2010, 2422), die Einschränkung der Verordnungsfähigkeit von Glitazonen zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 am 17.6.2010 (BAnz 2010, 3855) und die Einschränkung der Verordnung von Harn- und Blutzuckerteststreifen am 17.3.2011 beschlossen (BAnz 2011, 2144).

3

Die Klage, mit der der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit der genannten drei Beschlüsse des Beklagten geltend gemacht hat, hat das LSG mit Urteil vom 27.2.2013 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei zulässig; sie sei als Feststellungsklage statthaft. Der Kläger sei auch klagebefugt, weil nicht schlechthin ausgeschlossen sei, dass ihm als sachkundiger Person iS des § 140f Abs 2 SGB V ein Antragsrecht nach § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V zustehe, das von dem Beklagten nicht berücksichtigt worden sei. Die Verletzung dieses Rechts könne die Entscheidung des Beklagten rechtswidrig und damit uU nichtig machen. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil der Kläger als sachkundige Person kein Antragsrecht, sondern ausschließlich ein Mitberatungsrecht habe. Das Recht, Anträge zu stellen, sei nach dem Wortlaut des § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V den Patientenorganisationen vorbehalten.

4

Zur Begründung der dagegen eingelegten Revision macht der Kläger geltend, das gesetzlich geregelte Beratungsrecht der sachkundigen Person umfasse auch das Antragsrecht. Der Gesetzgeber habe Patienten bzw Patientenvertreter möglichst weitgehend an den Entscheidungsprozessen beteiligen wollen, auch um das bestehende Legitimationsdefizit der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen zu mildern. Ferner konkretisiere die weitreichende Beteiligung das in Art 3 Abs 3 Satz 2 GG enthaltene Diskriminierungsverbot. Deshalb sei die Einschränkung wesentlicher Rechte der Patientenvertreter verfassungswidrig. Auch verstoße eine restriktive Auslegung des § 140f SGB V gegen das Demokratieprinzip des GG. Dem Willen des Gesetzgebers, die Patientensouveränität zu stärken, werde nur Rechnung getragen, wenn nicht nur den Patientenorganisationen, sondern auch dem sachnäheren themenbezogenen Patientenvertreter das Recht zur Antragstellung eingeräumt werde. Er sei als Patientenvertreter nicht gehalten gewesen, Anträge im Namen einer maßgeblichen Organisation zu stellen, sondern er habe im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Patientenbeteiligung als sachkundiger Patientenvertreter selbst Anträge stellen können. Sein Mandat dürfe er völlig unabhängig ausüben. Die weite Auslegung der Vorschriften zur Patientenbeteiligung trage auch dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Rechnung.

5

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 aufzuheben und festzustellen,

        

1.    

dass der Beschluss des Beklagten über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie Anlage III - Übersicht der Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse, lang wirkende Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 vom 18. März 2010, BAnz 2010, 2422, nichtig ist,

        

2.    

dass der Beschluss des Beklagten über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie Anlage III - Übersicht der Verordnungseinschränkungen und -auschlüsse, Glitazonen zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 vom 17. Juni 2010, BAnz 2010, 3855, nichtig ist,

        

3.    

dass der Beschluss des Beklagten über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie Anlage III - Übersicht der Verordnungseinschränkungen und -auschlüsse, Harn- und Blutzuckerteststreifen bei Diabetes mellitus Typ 2 vom 17. März 2011, BAnz 2011, 2144, nichtig ist.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Bereits die Klagebefugnis des Klägers sei zweifelhaft, weil diese ein subjektives Recht voraussetzen würde, dessen Einhaltung er gegenüber Entscheidungen des Beklagten gerichtlich durchsetzen könne. Der Kläger habe lediglich ein verfahrensbezogenes Mitwirkungsrecht, aus dem keine generelle Befugnis abgeleitet werden könne, Maßnahmen und Entscheidungen des Beklagten auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht überprüfen zu lassen. Das Recht, Anträge zu stellen, komme nach § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V den anerkannten Patientenorganisationen und nicht den sachkundigen Personen (Patientenvertretern) zu. Patientenvertreter würden die Betroffenenperspektiven in den Beratungsprozess einbringen. Sie dürften lediglich verfahrensmäßige Anträge im Hinblick auf den Sitzungsablauf, nicht jedoch Sachanträge stellen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Beschlüsse des GBA sind nicht unter Verletzung von Verfahrensrechten des Klägers zustande gekommen.

9

1. Zur Entscheidung des Rechtsstreits ist der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG berufen, weil die Regelungen der Arzneimittel-Richtlinie, gegen deren Änderung sich die Klage richtet, die vertragsärztliche Versorgung betreffen (vgl BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 11 ff; vgl auch Abschnitt B II 1 a. 2. des "Zusammenfassenden Standpunktes des 1., 3. und 6. Senats des Bundessozialgerichts zu § 10 Abs 2 SGG", SGb 2012, 495).

10

2. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass es im ersten Rechtszug über die Klage zu entscheiden hatte. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA.

11

3. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs 1 Nr 1 SGG statthaft. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass juristische und natürliche Personen, die durch untergesetzliche Normen in ihren rechtlich geschützten Belangen betroffen sind, Klage direkt gegen diese richten können, wenn sie ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können (BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3, Juris RdNr 14; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, Juris RdNr 20 ff; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, Juris RdNr 22; vgl BVerfGE 115, 81, 91 ff = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 36 ff). Danach ist im sozialgerichtlichen Verfahren ungeachtet des Fehlens einer § 47 VwGO entsprechenden Norm Rechtsschutz gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA im Wege der Feststellungsklage zu gewähren(BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 14).

12

a) Der Kläger ist klagebefugt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er durch die Verneinung des Antragsrechts im GBA in eigenen Rechten verletzt ist. Zur Vermeidung einer Popularklage ist auch bei der Feststellungsklage der Rechtsgedanke des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG heranzuziehen(BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 14; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 16 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 55 RdNr 15d; s hierzu auch BVerwGE 111, 276, 279; BVerwGE 130, 52 RdNr 14). Daher müssen bei einer zulässigen Rechtsverfolgung "eigene" Rechte (vgl BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 31; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 14) bzw "eigenrechtlich geschützte Belange" (vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 16; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27) betroffen sein. Geschützt sind danach auch die verfahrensbezogenen Mitwirkungsrechte (zu den verfahrensbezogenen Mitwirkungsrechten der Trägerorganisationen des GBA vgl die Urteile des Senats vom 3.2.2010 BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2 und B 6 KA 30/09 R). Dabei genügt es, wenn die Möglichkeit der behaupteten Rechtsverletzung besteht (vgl BSGE 110, 245 = BSG SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 32; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 14; vgl auch die Rechtsprechung des Senats zur Anfechtungsbefugnis bei der sog defensiven Konkurrentenklage: BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 17). Dies ist hier der Fall, weil dem Kläger nicht entgegengehalten werden kann, dass ihm das geltend gemachte Antragsrecht im GBA unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen würde. Insofern genügt, dass § 140f Abs 2 SGB V dem Kläger in seiner Funktion als sachkundige Person Mitwirkungsrechte bei Entscheidungen und damit Einfluss auf die Willensbildung im GBA einräumt. Ob diese Mitwirkungsrechte auch das geltend gemachte Recht zur Antragstellung umfassen, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.

13

b) Der Kläger ist auch nicht auf die vorrangige Möglichkeit zur unmittelbaren Durchsetzung des Antragsrechts im Wege der Leistungsklage bzw im gerichtlichen Eilverfahren zu verweisen. Vielmehr kann er die Nichtigkeit von Beschlüssen des GBA geltend machen, die unter Verletzung der ihm eingeräumten verfahrensbezogenen Mitwirkungsrechte zustande gekommen sind (so auch das LSG Berlin-Brandenburg in dem die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens betreffenden Beschluss vom 17.3.2010 - L 7 KA 5/10 KL ER). Dies hat der Senat bereits bezogen auf die Mitwirkungsrechte der Trägerorganisationen des GBA, also die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZÄBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (vgl § 91 Abs 1 Satz 1 SGB V) in zwei Urteilen vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/09 R = BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2 und B 6 KA 30/09 R)entschieden. Bezogen auf die Beteiligungsrechte der Patientenvertretung kann nichts anderes gelten. § 140f SGB V begründet nicht lediglich objektive Pflichten des GBA, sondern selbstständig durchsetzbare subjektiv-öffentliche Rechte der Interessenvertretung der Patienten am Verfahren. Bei der Arzneimittel-Richtlinie, die mit den streitgegenständlichen Beschlüssen des GBA geändert worden ist, handelt es sich - ebenso wie bei den übrigen Richtlinien, die der GBA nach § 92 SGB V zu beschließen hat - um Rechtsnormen(BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 28 mwN). Ein wesentlicher Mangel des Normsetzungsverfahrens hat grundsätzlich Folgen für die Rechtsgültigkeit der Norm (zu Anhörungsrechten im Verfahren zum Erlass von Rechtsverordnungen vgl BVerfGE 127, 293, 331 ff; BVerfGE 10, 221, 227). Wesentlich ist ein Mangel jedenfalls dann, wenn ein Verfahrenserfordernis, das der Gesetzgeber im Interesse sachrichtiger Normierung statuiert hat, in funktionserheblicher Weise verletzt ist (BVerfGE 127, 293, 331 f). Entsprechendes muss grundsätzlich auch für Richtlinien des GBA gelten. Indem der Kläger geltend macht, ihm sei die Möglichkeit, durch die Stellung von Sachanträgen auf die Beschlussfassung im GBA Einfluss zu nehmen, generell verwehrt worden, obwohl ihm ein solches Antragsrecht zustehe, macht er einen wesentlichen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend. Die Frage, ob bei bestimmten Verfahrensverstößen etwa in entsprechender Anwendung von Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts Ausnahmen von dem Grundsatz zu machen sind, dass die Rechtswidrigkeit zugleich die Nichtigkeit der Norm zur Folge hat (vgl Nierhaus in Bonner Komm zum GG, Stand November 1998, Art 80 RdNr 433 f; Ossenbühl, NJW 1986, 2805, 2812; speziell bezogen auf Richtlinien des GBA vgl Axer, SGb 2013, 669, 676) oder ob die Evidenz des Verfahrensverstoßes Voraussetzung einer Rechtsfolgenerheblichkeit sein kann (vgl BVerfGE 127, 293, 332 mwN; Nierhaus, aaO, RdNr 435), braucht hier nicht entschieden zu werden, weil ein auf Normsetzung gerichteter Beschluss des GBA jedenfalls an einem nicht unbeachtlichen Verfahrensfehler leiden würde, wenn er auf der geltend gemachten umfassenden Versagung eines gesetzlich gewährleisteten Antragsrechts beruhen würde. Wenn der sachkundigen Person, deren Verfahrensrechte erheblich verletzt wurden, gleichwohl die Geltendmachung der Nichtigkeit einer (Änderung der) Richtlinie des GBA versagt würde, würden deren subjektiven Rechte nicht effektiv gewährleistet. Aus denselben Gründen räumt das BVerwG Naturschutzverbänden in Genehmigungsverfahren das Recht ein, unter Berufung auf die Verletzung ihnen eingeräumter Beteiligungsrechte die Aufhebung der verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen behördlichen Entscheidung durchzusetzen (BVerwGE 87, 62, 71 f; BVerwG Beschluss vom 14.8.1995 - 4 NB 43/94 - NVwZ-RR 1996, 141).

14

4. Die Klage ist nicht begründet. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, liegt der geltend gemachte Verfahrensfehler bei den Beschlussfassungen zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie nicht vor. Dem Kläger steht das Recht, bei Beschlüssen des GBA Anträge zu stellen, nicht zu.

15

a) Gemäß § 140f Abs 2 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erhalten die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen (im Folgenden: Patientenorganisationen) ein Mitberatungsrecht im GBA. Dazu benennen die Patientenorganisationen sachkundige Personen (sog Patientenvertreter). Das Mitberatungsrecht beinhaltet nach Satz 2 der Vorschrift auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Nach § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V haben die Patientenorganisationen darüber hinaus bei Beschlüssen des GBA nach § 56 Abs 1, § 92 Abs 1 Satz 2, § 116b Abs 4, § 136 Abs 2 Satz 2, §§ 137, 137a, 137b, 137c und 137f SGB V das Recht, Anträge zu stellen.

16

Die Arzneimittel-Richtlinien ergehen auf der Grundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Daher steht den Patientenorganisationen bei Beschlüssen, die - wie hier - die Änderung der Arzneimittel-Richtlinie zum Gegenstand haben, ein Antragsrecht zu.

17

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung werden die Beteiligungsrechte im GBA den Patientenorganisationen und nicht den sachkundigen Personen ("Patientenvertretern") eingeräumt. Die sachkundigen Personen werden nach § 140f Abs 2 Satz 1 SGB V allein zur Wahrnehmung des den Patientenorganisationen zustehenden Mitberatungsrechts benannt. Eine Wahrnehmung des den Patientenorganisationen nach § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V zustehenden Antragsrechts durch die sachkundige Person ist dagegen nicht vorgesehen. Auf die Frage, ob sachkundige Personen die Möglichkeit haben, in Vertretung der Patientenorganisationen Anträge im GBA zu stellen, ist hier nicht näher einzugehen. Der Kläger macht im vorliegenden Verfahren nicht geltend, im Namen der Patientenorganisationen Anträge stellen zu können. Ihm geht es allein um die Frage, ob er das Recht hatte, diese Anträge in seiner Funktion als sachkundige Person selbst zu stellen.

18

b) Dass das Mitberatungsrecht nicht das Recht zur Antragstellung umfasst, wird durch die Entstehungsgeschichte der Regelung bestätigt: Bei der Einführung des § 140f SGB V durch das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) enthielt die Vorschrift keine Regelung zum Inhalt und Umfang des Mitberatungsrechts. Dies hat in der Praxis zu der Frage geführt, ob das Mitberatungsrecht auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung umfasst (vgl BT-Drucks 16/2474 S 26). Diese Frage ist mit dem Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (vom 22.12.2006, BGBl I 3439) durch die Einfügung des § 140f Abs 2 Satz 2 SGB V geklärt worden. Danach beinhaltet das Mitberatungsrecht auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Dagegen blieb es bezogen auf die Antragstellung durch die Patientenorganisationen bei der gesonderten Regelung in Abs 2 Satz 5. Die in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/2474 S 26) als "Klarstellung" bezeichnete Regelung bestätigt, dass das durch die sachkundigen Personen auszuübende Mitberatungsrecht zwar das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung, nicht jedoch das Antragsrecht umfasst.

19

Allerdings finden sich in der Begründung zu den Änderungsvorschlägen des Gesundheitsausschusses zum Entwurf eines GKV-WSG (BT-Drucks 16/4247 S 49) auch Formulierungen, die darauf hindeuten, dass der Gesundheitsausschuss von einem Antragsrecht der "Patientenvertreter" ausgeht. So soll die beim GBA eingerichtete "Stabsstelle Patientenbeteiligung" Dienstleistungen wie "spezielle Fortbildungen, insbesondere zu den formalen Voraussetzungen der Antragstellung, für die Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter" organisatorisch unterstützen. Die Erforderlichkeit einer Unterstützung bei der Antragstellung wird ua damit begründet, dass "Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter bisher keine Anträge gestellt" hätten.

20

Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass das Antragsrecht auch den sachkundigen Personen unmittelbar zustehen müsse. Wie dargelegt, steht dem der insoweit eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in Teilen der Gesetzesbegründung (und auch der Literatur, vgl zB Roters in Kasseler Komm, Stand der Ergänzungslieferung Juni 2013, § 91 SGB V RdNr 7; Wenner, GuP 2013, 41, 45) nicht immer danach unterschieden wird, welche Rechte der sachkundigen Personen unmittelbar zustehen und inwiefern sie Rechte der Patientenorganisationen für diese ausüben. Damit übereinstimmend wird aus der Praxis berichtet, dass die in einem Gremium des GBA gestellten Anträge der sachkundigen Personen im Regelfall den sie entsendenden Organisationen zugerechnet würden (vgl Hess, Kasseler Komm, Stand der Ergänzungslieferung März 2007, § 140f SGB V RdNr 9). Vorliegend ist eine solche Zurechnung jedoch ausgeschlossen, weil der Kläger ausdrücklich erklärt hat, den Antrag selbst in seiner Funktion als sachkundige Person zu stellen. Zudem haben die Patientenorganisationen auf Nachfrage ausdrücklich mitgeteilt, dass sie den vom Kläger formulierten Antrag nicht stellen wollten.

21

c) Die Unterscheidung zwischen dem Mitberatungsrecht, das durch die von den Patientenorganisationen benannten sachkundigen Personen wahrgenommen wird und dem Antragsrecht, dass den Patientenorganisationen zusteht, entspricht auch dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung des § 140f Abs 2 SGB V und der auf der Grundlage des § 140g SGB V erlassenen Verordnung zur Beteiligung von Patientinnen und Patienten in der Gesetzlichen Krankenversicherung (PatientenbeteiligungsV): Nach § 4 Abs 1 Satz 1 PatientenbeteiligungsV haben die anerkannten Patientenorganisationen zu spezifischen Themen sachkundige Personen zu benennen, von denen mindestens die Hälfte selbst Betroffene sein müssen. Mit der "themenbezogenen" Benennung soll der Sachverstand, über den die Person zB aufgrund eigener Betroffenheit verfügt, in die Beratungen der Gremien des GBA eingebracht werden (vgl BT-Drucks 15/1525 S 132 f). Die vorgesehene Berücksichtigung der Betroffenenperspektive hat allerdings zur Folge, dass in den Gremien des GBA entsprechend der jeweiligen Beratungsgegenstände eine Vielzahl sachkundiger Personen aus verschiedenen Bereichen an den Beratungen mitwirken. Ein von dem Willen der Patientenorganisationen unabhängiges Antragsrecht jeder einzelnen sachkundigen Person könnte unter diesen Umständen die Arbeitsfähigkeit des GBA beeinträchtigen. Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber das Recht zur Antragstellung den Patientenorganisationen vorbehält, die in der Lage sind, unterschiedliche Patienteninteressen zu bündeln. Das gilt erst Recht seitdem der Gesetzgeber mit der Änderung des § 140f Abs 2 SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (Anfügung von Abs 2 Satz 6 und 7 mWv 26.2.2013, BGBl I 277) Mindestanforderungen an die Behandlung von Anträgen der Patientenorganisationen formuliert hat. Danach hat der GBA über Anträge von Patientenorganisationen in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/11710 S 31) soll dabei eine rein formale Befassung nicht ausreichen. Vielmehr ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Anliegen erforderlich. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll - nach dem neuen Satz 7 - in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Diese Anforderungen sind ohne eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Gremien nur bezogen auf eine begrenzte Zahl von Anträgen erfüllbar.

22

d) Ein Recht des Klägers zur Antragstellung folgt auch nicht aus § 140g SGB V iVm PatientenbeteiligungsV. § 140g SGB V ermächtigt das BMG, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres zu den Voraussetzungen der Anerkennung der Patientenorganisationen auf Bundesebene, insbesondere zu den Erfordernissen an die Organisationsform und die Offenlegung der Finanzierung, sowie zum Verfahren der Patientenbeteiligung zu regeln. Das BMG ist nach dieser Vorschrift nicht berechtigt, den sachkundigen Personen abweichend von gesetzlichen Vorgaben des § 140f Abs 2 SGB V das Recht zur Antragstellung zu übertragen. Damit übereinstimmend enthält § 4 Abs 1 PatientenbeteiligungsV Regelungen zum Mitberatungsrecht der sachkundigen Personen, während § 4 Abs 2 PatientenbeteiligungsV Näheres zum Antragsrecht der anerkannten Patientenorganisationen regelt. Auch die PatientenbeteiligungsV unterscheidet also zwischen dem Mitberatungsrecht, dass durch die sachkundigen Personen wahrgenommen wird, und dem Antragsrecht, das nicht den sachkundigen Personen, sondern allein den Patientenorganisationen zusteht.

23

e) In der vom GBA gemäß § 91 Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB V zu beschließenden Verfahrensordnung und der gemäß § 91 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB V zu beschließenden Geschäftsordnung können ebenfalls keine von den gesetzlichen Vorgaben des § 140f Abs 2 SGB V abweichenden Regelungen getroffen werden. Dem entsprechend beziehen sich die in der Geschäftsordnung (in der hier maßgebenden Fassung vom 17.7.2008, BAnz 2008, 3256, zuletzt geändert am 17.12.2009, BAnz 2010, 1149) enthaltenen Regelungen (vgl zB § 3 Abs 4 Satz 2 Geschäftsordnung) auf die Antragstellung durch die anerkannten Patientenorganisationen. Die Geschäftsordnung räumt den sachkundigen Personen ("Patientenvertretern") zwar das Recht ein, Anträge zu Verfahrensfragen (vgl zB den Antrag auf Unterbrechung der Beratung nach § 15 Abs 4 Geschäftsordnung) zu stellen. Darin liegt jedoch kein Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben in § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V, die sich ausschließlich auf Sachanträge nach § 56 Abs 1, § 92 Abs 1 Satz 2, § 116b Abs 4, § 136 Abs 2 Satz 2, §§ 137, 137a, 137b, 137c und 137f SGB V beziehen. Allein das Recht zur Stellung solcher Sachanträge macht der Kläger im vorliegenden Verfahren geltend.

24

Auch die Verfahrensordnung (idF vom 18.12.2008, BAnz 2009, 2050 , geändert am 17.12.2009, BAnz 2010, 968) bezieht das Recht zur Stellung von Sachanträgen ausschließlich auf die nach der PatientenbeteiligungsV anerkannten Organisationen und nicht auf die einzelne sachkundige Person. So sind die Patientenorganisationen ebenso wie die Trägerorganisationen des GBA nach Kap 1 § 5 Abs 4 Satz 3 Verfahrensordnung berechtigt, im Plenum einen Beschlussentwurf zum Erlass oder zur Änderung einer Rechtsnorm zur Abstimmung zu stellen, der von dem Beschlussentwurf des zuständigen Unterausschusses abweicht. Die Abweichungen sind vom Antragsteller schriftlich zu begründen. Nach Kap 2 § 4 Abs 2 Buchst d Verfahrensordnung sind die Patientenorganisationen auch zB berechtigt, einen Antrag zu stellen, der das Verfahren zur Bewertung von Methoden und Leistungen der vertragsärztlichen und der vertragszahnärztlichen Versorgung nach § 135 Abs 1 SGB V sowie für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus nach § 137c Abs 1 SGB V einleitet. Entsprechende Antragsrechte der sachkundigen Person sieht die Verfahrensordnung in Übereinstimmung mit § 140f Abs 2 SGB V nicht vor. Auch aus dem Umstand, dass die sachkundigen Personen in der Verfahrensordnung des GBA, in der Geschäftsordnung des GBA sowie (bezogen auf die Mitwirkung in den Zulassungsgremien nach § 140f Abs 3 SGB V) in § 36 Abs 2, § 41 Abs 1, Abs 5, § 42 Satz 4 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - abweichend von der Formulierung im SGB V - als "Patientenvertreterinnen oder Patientenvertreter" bezeichnet werden, kann nicht geschlossen werden, dass diese berechtigt wären, für die Patientenorganisationen zu handeln.

25

f) Entgegen der Auffassung des Klägers kann ihm weder seine Mitgliedschaft im Deutschen Diabetiker Bund e.V. noch seine Benennung als sachkundige Person durch die anerkannten Patientenorganisationen das Recht vermitteln, Anträge im GBA zu stellen. Bei dem Deutschen Diabetiker Bund e.V. handelt es sich bereits nicht um eine der nach § 2 oder nach § 3 PatientenbeteiligungsV anerkannten Patientenorganisationen, die gemäß § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V zur Antragstellung berechtigt sind. Nach § 2 Abs 1 PatientenbeteiligungsV gelten der Deutsche Behindertenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. und der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. als maßgebliche Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene. Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. gehört nicht dazu und ist auch nicht nach § 3 PatientenbeteiligungsV als weitere Organisation anerkannt. Vielmehr ist der Deutsche Diabetiker Bund e.V. am Deutschen Behindertenrat beteiligt, bei dem es sich wiederum um eine der nach der PatientenbeteiligungsV anerkannten Patientenorganisationen handelt, die nach § 4 Abs 1 PatientenbeteiligungsV sachkundige Personen zu spezifischen Themen einvernehmlich zu benennen haben. Für die vom Kläger vertretene Auffassung, dass er bereits aufgrund der Benennung als sachkundige Person berechtigt sei, im eigenen Namen unabhängig von Vorgaben einer Patientenorganisation im Sinne eines "freien Mandats" Rechte der Patientenorganisationen - sogar gegen deren Willen - wahrzunehmen, gibt es keine gesetzliche Grundlage.

26

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 91 Abs 2 Satz 13 SGB V. Nach dieser Vorschrift sind die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder im Beschlussgremium des GBA bei den Entscheidungen im Beschlussgremium nicht an Weisungen gebunden. Die Regelung bezieht sich nach ihrem Inhalt und ihrer systematischen Stellung allein auf die in Abs 2 Satz 1 der Vorschrift genannten von der KZÄBV, der KÄBV, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitglieder und nicht auf die von den Patientenorganisationen benannten sachkundigen Personen (aA, jedoch ohne Begründung: Münkler, RsDE Heft 74 S 42, 57). Dass die sachkundigen Personen das Recht zur Antragstellung im GBA, das § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V den Patientenorganisationen vorbehält, unabhängig von Weisungen selbst ausüben dürften, kann § 91 Abs 2 Satz 13 SGB V nicht entnommen werden.

27

Ein Recht, Anträge im GBA zu stellen, folgt auch nicht aus einer Beleihung des Klägers. Beliehene natürliche oder juristische Personen des Privatrechts sind mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im eigenen Namen betraut (vgl zB Wolff, ua, Verwaltungsrecht II, 7. Aufl 2010, § 90 RdNr 1; Dreier in ders, GG, 3. Aufl 2013, Art 1 Abs 3 RdNr 39). Entgegen einer in Teilen der Kommentarliteratur (Fischinger in Spickhoff, Medizinrecht, 2011, § 140f SGB V RdNr 6; Adolf, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 140f RdNr 38) vertretenen Auffassung sind die sachkundigen Personen nicht Beliehene in diesem Sinne. Dem steht - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - entgegen, dass diese von den Patientenorganisationen nicht mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben betraut worden sind. Bei der Benennung durch die Patientenorganisationen kann es sich schon deshalb um keinen Beleihungsakt handeln, weil die Patientenorganisationen keine Hoheitsträger sind.

28

g) Entgegen der Auffassung des Klägers kann auch aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen wie dem Demokratieprinzip kein Antragsrecht der sachkundigen Person abgeleitet werden. Soweit der Kläger geltend macht, dass mit der Patientenbeteiligung dem Demokratieprinzip Rechnung getragen würde, so ist dem insofern zuzustimmen, als die funktionale Selbstverwaltung nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 107, 59, 92) als Ausprägung des demokratischen Prinzips verstanden werden kann. Zur Erleichterung eines sachgerechten Interessenausgleichs darf der Gesetzgeber zur Wahrnehmung öffentliche Aufgaben Formen der Selbstverwaltung schaffen. Im Zusammenhang damit kann den Betroffenen ein wirksames Mitspracherecht eingeräumt und externer Sachverstand einbezogen werden (BVerfGE 37, 1, 26 f; vgl Hauck, NZS 2010, 600, 601 mwN). Darin liegt kein Verstoß gegen das in Art 20 Abs 2 und Art 28 Abs 1 GG verankerte demokratische Prinzip. Die Beteiligung Betroffener kann dazu beitragen, unsachliche interessengeleitete Einflussnahmen auf Entscheidungsprozesse zu begrenzen (vgl Ebsen, MedR 2006, 528, 530). Voraussetzung ist jedoch, dass alle betroffenen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Das Verbot der Berücksichtigung von Partikularinteressen ist mittels angemessener institutioneller Vorkehrungen abzusichern (vgl BVerfG Beschluss vom 6.5.2014 - 2 BvR 1139/12 ua - Juris RdNr 169 mwN). Gemessen an diesen Grundsätzen wird die demokratische Legitimation der Patientenvertretung wegen des Fehlens einer umfassend organisierten Patientenschaft in der Literatur teilweise kritisch beurteilt, jedenfalls soweit eine Erweiterung der Beteiligungsrechte zu einem Mitentscheidungsrecht in Rede steht (Dierks/Höhna, A&R 2011, 99, 101 f; Ebsen, MedR 2006, 528, 531; Schlacke in Schmehl/Wallrabenstein, Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, Band 3, 2007, 41, 58 f; Pitschas, MedR 2006, 451, 455 ff; eine insgesamt positive Bilanz der Patientenbeteiligung im GBA ziehen Hess, Die Krankenversicherung 2005, 64 und Etgeton, Bundesgesundheitsblatt 2009, 104; Meinhardt/Plamper/Brunner, Bundesgesundheitsblatt 2009, 96, 102). Die Lösung dieser Legitimationsprobleme begegnet allerdings erheblichen Schwierigkeiten, insbesondere weil die Rolle des "Patienten" - jedenfalls außerhalb des Feldes der chronischen Erkrankungen - kaum geeignet ist, eine darauf aufbauende Repräsentationsstruktur zu entwickeln (vgl Ebsen, MedR 2006, 528, 531). Für die vorliegende Entscheidung kommt es darauf jedoch nicht an. Jedenfalls wird das Problem allein durch eine Stärkung der Rechte einzelner sachkundiger Personen, die die Interessen und Sichtweisen einer speziellen Gruppe von Patienten vertreten, einer Lösung nicht nähergebracht. Im Gegenteil könnte sich das Risiko einer Privilegierung von Einzelinteressen erhöhen. Damit bewegt sich der Gesetzgeber jedenfalls innerhalb seines Gestaltungsspielraums, wenn er das Recht zur Antragstellung den anerkannten Patientenorganisationen vorbehält und den sachkundigen Personen lediglich die Wahrnehmung des Mitberatungsrechts überträgt.

29

h) Vor diesem Hintergrund sind auch keine rechtlichen Anknüpfungspunkte für die vom Kläger vertretene Auffassung ersichtlich, dass das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl II 2008, 1419 ff) der sachkundigen Person im GBA ein Recht zur Antragstellung im eigenen Namen vermitteln könnte. Es erscheint zumindest fraglich, ob das vom Kläger geforderte "freie Mandat" der sachkundigen Person im GBA überhaupt zur Erreichung des mit der UN-Behindertenrechtskonvention angestrebten Ziels, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten sowie die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern (Art 1 UN-Behindertenrechtskonvention), beitragen könnte. Jedenfalls bestünde - neben einer Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des GBA - die Gefahr einer einseitigen Berücksichtigung der Interessen bestimmter Gruppen von Behinderten und damit einer gleichheitswidrigen Berücksichtigung von Einzelinteressen. Unter diesen Umständen kann der nationale Gesetzgeber nicht verpflichtet sein, jeder themenbezogen benannten sachkundigen Person im GBA ein Recht zur Antragstellung einzuräumen.

30

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Für die Abgabe von Bewertungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassen sind, beruft das Bundesministerium für Gesundheit Expertengruppen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, davon mindestens eine ständige Expertengruppe, die fachgebietsbezogen ergänzt werden kann. Das Nähere zur Organisation und Arbeitsweise der Expertengruppen regelt eine Geschäftsordnung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf. Zur Sicherstellung der fachlichen Unabhängigkeit der Experten gilt § 139b Absatz 3 Satz 2 entsprechend. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Expertengruppen mit Bewertungen nach Satz 1 beauftragen; das Nähere regelt er in seiner Verfahrensordnung. Bewertungen nach Satz 1 kann auch das Bundesministerium für Gesundheit beauftragen. Die Bewertungen werden dem Gemeinsamen Bundesausschuss als Empfehlung zur Beschlussfassung nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zugeleitet. Bewertungen sollen nur mit Zustimmung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmer erstellt werden. Gesonderte Klagen gegen diese Bewertungen sind unzulässig.

(2) Außerhalb des Anwendungsbereichs des Absatzes 1 haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 teilnimmt, und der Gemeinsame Bundesausschuss der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse ist ausgeschlossen, sofern das Arzneimittel auf Grund arzneimittelrechtlicher Vorschriften vom pharmazeutischen Unternehmer kostenlos bereitzustellen ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist mindestens zehn Wochen vor dem Beginn der Arzneimittelverordnung zu informieren; er kann innerhalb von acht Wochen nach Eingang der Mitteilung widersprechen, sofern die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht erfüllt sind. Das Nähere, auch zu den Nachweisen und Informationspflichten, regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6. Leisten Studien nach Satz 1 für die Erweiterung einer Zulassung einen entscheidenden Beitrag, hat der pharmazeutische Unternehmer den Krankenkassen die Verordnungskosten zu erstatten. Dies gilt auch für eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach europäischem Recht.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt auf Grund eines Antrags nach § 130b Absatz 8 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Kosten-Nutzen-Bewertung. In dem Auftrag ist insbesondere festzulegen, für welche zweckmäßige Vergleichstherapie und Patientengruppen die Bewertung erfolgen soll sowie welcher Zeitraum, welche Art von Nutzen und Kosten und welches Maß für den Gesamtnutzen bei der Bewertung zu berücksichtigen sind; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung; für die Auftragserteilung gilt § 92 Absatz 3a entsprechend mit der Maßgabe, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch eine mündliche Anhörung durchführt. Die Bewertung erfolgt durch Vergleich mit anderen Arzneimitteln und Behandlungsformen unter Berücksichtigung des therapeutischen Zusatznutzens für die Patienten im Verhältnis zu den Kosten; Basis für die Bewertung sind die Ergebnisse klinischer Studien sowie derjenigen Versorgungsstudien, die mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach Absatz 2 vereinbart wurden oder die der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmens anerkennt; § 35a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Beim Patienten-Nutzen sollen insbesondere die Verbesserung des Gesundheitszustandes, eine Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verlängerung der Lebensdauer, eine Verringerung der Nebenwirkungen sowie eine Verbesserung der Lebensqualität, bei der wirtschaftlichen Bewertung auch die Angemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenübernahme durch die Versichertengemeinschaft, angemessen berücksichtigt werden. Das Institut bestimmt auftragsbezogen über die Methoden und Kriterien für die Erarbeitung von Bewertungen nach Satz 1 auf der Grundlage der in den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie. Das Institut gewährleistet vor Abschluss von Bewertungen hohe Verfahrenstransparenz und eine angemessene Beteiligung der in § 35 Abs. 2 und § 139a Abs. 5 Genannten. Das Institut veröffentlicht die jeweiligen Methoden und Kriterien im Internet.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann mit dem pharmazeutischen Unternehmer Versorgungsstudien und die darin zu behandelnden Schwerpunkte vereinbaren. Die Frist zur Vorlage dieser Studien bemisst sich nach der Indikation und dem nötigen Zeitraum zur Bereitstellung valider Daten; sie soll drei Jahre nicht überschreiten. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Die Studien sind auf Kosten des pharmazeutischen Unternehmers bevorzugt in Deutschland durchzuführen.

(3) Auf Grundlage der Kosten-Nutzen-Bewertung nach Absatz 1 beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss über die Kosten-Nutzen-Bewertung und veröffentlicht den Beschluss im Internet. § 92 Absatz 3a gilt entsprechend. Mit dem Beschluss werden insbesondere der Zusatznutzen sowie die Therapiekosten bei Anwendung des jeweiligen Arzneimittels festgestellt. Der Beschluss ist Teil der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; der Beschluss kann auch Therapiehinweise nach § 92 Absatz 2 enthalten. § 94 Absatz 1 gilt nicht.

(4) Gesonderte Klagen gegen den Auftrag nach Absatz 1 Satz 1 oder die Bewertung nach Absatz 1 Satz 3 sind unzulässig. Klagen gegen eine Feststellung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses nach Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.

(1a) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu informieren die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte und über die Zugangsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Versorgung (Barrierefreiheit) und richten Terminservicestellen ein, die spätestens zum 1. Januar 2020 für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein müssen; die Terminservicestellen können in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen betrieben werden und mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren. Die Terminservicestelle hat

1.
Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 zu vermitteln,
2.
Versicherte bei der Suche nach einem Hausarzt zu unterstützen, den sie nach § 76 Absatz 3 Satz 2 wählen möchten,
3.
Versicherte bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen zu unterstützen und
4.
Versicherten in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene, in geeigneten Fällen auch in Form einer telefonischen ärztlichen Konsultation, zu vermitteln.
Für die Vermittlung von Behandlungsterminen bei einem Facharzt muss mit Ausnahme
1.
von Behandlungsterminen bei einem Augenarzt oder einem Frauenarzt,
2.
der Fälle, in denen bei einer zuvor erfolgten Inanspruchnahme eines Krankenhauses zur ambulanten Notfallbehandlung die Ersteinschätzung auf der Grundlage der nach § 120 Absatz 3b zu beschließenden Vorgaben einen ärztlichen Behandlungsbedarf, nicht jedoch eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergeben hat, und
3.
der Vermittlung in Akutfällen nach Satz 3 Nummer 4
eine Überweisung vorliegen; eine Überweisung muss auch in den Fällen des Satzes 11 Nummer 2 vorliegen. Die Wartezeit auf einen Behandlungstermin darf vier Wochen nicht überschreiten. Die Entfernung zwischen Wohnort des Versicherten und dem vermittelten Arzt muss zumutbar sein. Kann die Terminservicestelle keinen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 innerhalb der Frist nach Satz 5 vermitteln, hat sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus anzubieten; Satz 3 Nummer 1 und die Sätze 4, 5 und 6 gelten entsprechend. Satz 7 gilt nicht bei verschiebbaren Routineuntersuchungen, sofern es sich nicht um termingebundene Gesundheitsuntersuchungen für Kinder handelt, und in Fällen von Bagatellerkrankungen sowie bei weiteren vergleichbaren Fällen. Für die ambulante Behandlung im Krankenhaus gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung. In den Fällen von Satz 8 hat die Terminservicestelle einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 in einer angemessenen Frist zu vermitteln. Im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 sind insbesondere Regelungen zu treffen
1.
zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung,
2.
zu den Fällen, in denen es für die Vermittlung von einem Behandlungstermin bei einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt einer Überweisung bedarf,
3.
zur zumutbaren Entfernung nach Satz 6, differenziert nach Arztgruppen,
4.
über das Nähere zu den Fällen nach Satz 8,
5.
zur Notwendigkeit weiterer Behandlungen nach § 76 Absatz 1a Satz 2.
Im Bundesmantelvertrag können zudem ergänzende Regelungen insbesondere zu weiteren Ausnahmen von der Notwendigkeit des Vorliegens einer Überweisung getroffen werden. Die Sätze 2 bis 12 gelten nicht für Behandlungen nach § 28 Absatz 2 und § 29. Für Behandlungen nach § 28 Absatz 3 gelten die Sätze 2 und 3 Nummer 1 sowie die Sätze 5 bis 12 hinsichtlich der Vermittlung eines Termins für ein Erstgespräch im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunden und hinsichtlich der sich aus der Abklärung ergebenden zeitnah erforderlichen Behandlungstermine sowie hinsichtlich der Vermittlung eines Termins im Rahmen der Versorgung nach § 92 Absatz 6b; einer Überweisung bedarf es nicht. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Akutbehandlung darf zwei Wochen nicht überschreiten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung unterstützt die Kassenärztlichen Vereinigungen durch das Angebot einer Struktur für ein elektronisch gestütztes Wartezeitenmanagement und für ein elektronisch gestütztes Dispositionsmanagement bei der Terminvermittlung; sie hat ein elektronisches Programm zur Verfügung zu stellen, mit dem die Versicherten auf die Internetseite der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geleitet werden, um sich über die Sprechstundenzeiten der Ärzte informieren zu können. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können darüber hinaus zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Satz 3 auch eigene digitale Angebote bereitstellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung evaluiert die Auswirkungen der Tätigkeit der Terminservicestellen insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der fristgemäßen Vermittlung von Arztterminen, auf die Häufigkeit der Inanspruchnahme und auf die Vermittlungsquote. Über die Ergebnisse hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich, erstmals zum 30. Juni 2017, zu berichten. Die Vertragsärzte sind verpflichtet, der Terminservicestelle freie Termine zu melden. Soweit Vertragsärzte Leistungen in Form von Videosprechstunden anbieten, können die Vertragsärzte den Terminservicestellen freie Termine, zu denen Leistungen in Form der Videosprechstunde angeboten werden, freiwillig melden.

(1b) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Im Rahmen des Notdienstes sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen spätestens ab dem 31. März 2022 ergänzend auch telemedizinische Leistungen zur Verfügung stellen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Im Rahmen einer Kooperation nach Satz 3 zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern kann auch die Nutzung der technischen Ausstattung der Krankenhäuser zur Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Notdienstpraxen oder die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser vereinbart werden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 5 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 3 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.

(2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie Untersuchungen zur Vorbereitung von Personalentscheidungen und betriebs- und fürsorgeärztliche Untersuchungen, die von öffentlich-rechtlichen Kostenträgern veranlaßt werden.

(3a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 403 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 404 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Solange und soweit nach Absatz 3b nichts Abweichendes vereinbart oder festgesetzt wird, sind die in Satz 1 genannten Leistungen einschließlich der belegärztlichen Leistungen nach § 121 nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte mit der Maßgabe zu vergüten, dass Gebühren für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und Gebühren für die Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte nur bis zum 2fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Zahnärzte berechnet werden dürfen. Für die Vergütung von in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen gilt Satz 2 entsprechend, wenn diese für die in Satz 1 genannten Versicherten im Rahmen der dort genannten Tarife erbracht werden.

(3b) Die Vergütung für die in Absatz 3a Satz 2 genannten Leistungen kann in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 geregelt werden. Für den Verband der privaten Krankenversicherung gilt § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes entsprechend. Wird zwischen den Beteiligten nach Satz 1 keine Einigung über eine von Absatz 3a Satz 2 abweichende Vergütungsregelung erzielt, kann der Beteiligte, der die Abweichung verlangt, die Schiedsstelle nach Absatz 3c anrufen. Diese hat innerhalb von drei Monaten über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, zu entscheiden und den Vertragsinhalt festzusetzen. Die Schiedsstelle hat ihre Entscheidung so zu treffen, dass der Vertragsinhalt

1.
den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte ärztliche Versorgung der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten entspricht,
2.
die Vergütungsstrukturen vergleichbarer Leistungen aus dem vertragsärztlichen und privatärztlichen Bereich berücksichtigt und
3.
die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte sowie die finanziellen Auswirkungen der Vergütungsregelungen auf die Entwicklung der Prämien für die Tarife der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten angemessen berücksichtigt.
Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbarten oder von der Schiedsstelle festgesetzten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag bis zu der Entscheidung der Schiedsstelle weiter. Für die in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten und Tarife kann die Vergütung für die in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den entsprechenden Leistungserbringern oder den sie vertretenden Verbänden ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 und 3 geregelt werden; Satz 2 gilt entsprechend. Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 7 vereinbarten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag weiter.

(3c) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden mit dem Verband der privaten Krankenversicherung je eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einerseits und Vertretern des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften andererseits in gleicher Zahl, einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 134a Absatz 4 Satz 5 und 6 entsprechend. Im Übrigen gilt § 129 Abs. 9 entsprechend. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium der Finanzen; § 129 Abs. 10 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Behandlung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten der Anstaltsärzte und Anstaltszahnärzte sicherzustellen, soweit die Behandlung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Soweit die ärztliche Versorgung in der knappschaftlichen Krankenversicherung nicht durch Knappschaftsärzte sichergestellt wird, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(6) Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen.

(7) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben

1.
die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen,
2.
in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind,
3.
Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
3a.
bis zum 31. Dezember 2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Absatz 1a Satz 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
4.
Richtlinien für die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Absatz 1a Satz 2 aufzustellen,
5.
Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements aufzustellen und
6.
Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren aufzustellen, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 erfolgt.
Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 muss sicherstellen, dass die für die erbrachte Leistung zur Verfügung stehende Vergütung die Kassenärztliche Vereinigung erreicht, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde; eine Vergütung auf der Basis bundesdurchschnittlicher Verrechnungspunktwerte ist zulässig. Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 kann auch Regelungen über die Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung sowie über Verfahren bei Disziplinarangelegenheiten bei überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften, die Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen haben, treffen, soweit hierzu nicht in den Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind. Bei der Erarbeitung der Richtlinien nach Satz 1 Nummer 3a sind die Bundesfachstelle Barrierefreiheit sowie die maßgeblichen Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten nach § 140f zu beteiligen. Die Richtlinien nach Satz 1 Nummer 4 und 5 müssen auch sicherstellen, dass die von Vertragsärzten in Umsetzung der Richtlinienvorgaben genutzten elektronischen Programme von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zugelassen sind.

(7a) Abweichend von Absatz 7 Satz 2 muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 sicherstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.

(8) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die zur Ableistung der Vorbereitungszeiten von Ärzten sowie die zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung in den Praxen niedergelassener Vertragsärzte benötigten Plätze zur Verfügung stehen.

(9) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf deren Verlangen Verträge über die ambulante Erbringung der in § 24b aufgeführten ärztlichen Leistungen zu schließen und die Leistungen außerhalb des Verteilungsmaßstabes nach den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes oder deren Verbänden vereinbarten Sätzen zu vergüten.

(10) (weggefallen)

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss bewertet den Nutzen aller erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen. Hierzu gehört insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie, des Ausmaßes des Zusatznutzens und seiner therapeutischen Bedeutung. Die Nutzenbewertung erfolgt auf Grund von Nachweisen des pharmazeutischen Unternehmers, die er einschließlich aller von ihm durchgeführten oder in Auftrag gegebenen klinischen Prüfungen spätestens zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens sowie vier Wochen nach Zulassung neuer Anwendungsgebiete des Arzneimittels an den Gemeinsamen Bundesausschuss elektronisch zu übermitteln hat, und die insbesondere folgende Angaben enthalten müssen:

1.
zugelassene Anwendungsgebiete,
2.
medizinischer Nutzen,
3.
medizinischer Zusatznutzen im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie,
4.
Anzahl der Patienten und Patientengruppen, für die ein therapeutisch bedeutsamer Zusatznutzen besteht,
5.
Kosten der Therapie für die gesetzliche Krankenversicherung,
6.
Anforderung an eine qualitätsgesicherte Anwendung.
Bei Arzneimitteln, die pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar mit Festbetragsarzneimitteln sind, ist der medizinische Zusatznutzen nach Satz 3 Nummer 3 als therapeutische Verbesserung entsprechend § 35 Absatz 1b Satz 1 bis 5 nachzuweisen. Legt der pharmazeutische Unternehmer die erforderlichen Nachweise trotz Aufforderung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht rechtzeitig oder nicht vollständig vor, gilt ein Zusatznutzen als nicht belegt. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Verfahrensordnung, wann die Voraussetzungen nach Satz 5 vorliegen. Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats das Nähere zur Nutzenbewertung. Darin sind insbesondere festzulegen:
1.
Anforderungen an die Übermittlung der Nachweise nach Satz 3,
2.
Grundsätze für die Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie und des Zusatznutzens, und dabei auch die Fälle, in denen der Gemeinsame Bundesausschuss als zweckmäßige Vergleichstherapie eine zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln bestimmen kann oder in denen zusätzliche Nachweise erforderlich sind, und die Voraussetzungen, unter denen Studien bestimmter Evidenzstufen zu verlangen sind; Grundlage sind die internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie,
3.
Verfahrensgrundsätze,
4.
Grundsätze der Beratung nach Absatz 7,
5.
die Veröffentlichung der Nachweise, die der Nutzenbewertung zu Grunde liegen, sowie
6.
Übergangsregelungen für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die bis zum 31. Juli 2011 erstmals in den Verkehr gebracht werden.
Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt weitere Einzelheiten in seiner Verfahrensordnung. Zur Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie kann er verlangen, dass der pharmazeutische Unternehmer Informationen zu den Anwendungsgebieten des Arzneimittels übermittelt, für die eine Zulassung beantragt wird. Für Arzneimittel, die zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. L 18 vom 22.1.2000, S. 1) zugelassen sind, gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt; Nachweise nach Satz 3 Nummer 2 und 3 müssen vorbehaltlich eines Beschlusses nach Absatz 3b nicht vorgelegt werden. Übersteigt der Umsatz des Arzneimittels nach Satz 11 mit der gesetzlichen Krankenversicherung zu Apothekenverkaufspreisen sowie außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung einschließlich Umsatzsteuer in den letzten zwölf Kalendermonaten einen Betrag von 30 Millionen Euro, so hat der pharmazeutische Unternehmer innerhalb von drei Monaten nach Aufforderung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss Nachweise nach Satz 3 Nummer 2 und 3 zu übermitteln und darin den Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie abweichend von Satz 11 nachzuweisen. Für Arzneimittel nach Satz 11, die am 1. Dezember 2022 die Umsatzschwelle nach Satz 12 überschritten haben und noch nicht unter Vorlage der Nachweise nach Satz 3 Nummer 2 und 3 bewertet wurden, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Verfahren zeitlich befristet aussetzen; die Aussetzung lässt die an die Überschreitung der Umsatzschwelle anknüpfenden Rechtswirkungen unberührt. Der Umsatz nach Satz 12 ist auf Grund der Angaben nach § 84 Absatz 5 Satz 4 sowie durch geeignete Erhebungen zu ermitteln. Zu diesem Zweck teilt der pharmazeutische Unternehmer dem Gemeinsamen Bundesausschuss auf Verlangen die erzielten Umsätze des Arzneimittels mit der gesetzlichen Krankenversicherung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung mit. Abweichend von Satz 11 kann der pharmazeutische Unternehmer für Arzneimittel, die zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 zugelassen sind, dem Gemeinsamen Bundesausschuss unwiderruflich anzeigen, dass eine Nutzenbewertung nach Satz 2 unter Vorlage der Nachweise nach Satz 3 Nummer 2 und 3 durchgeführt werden soll.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den pharmazeutischen Unternehmer von der Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise nach Absatz 1 und das Arzneimittel von der Nutzenbewertung nach Absatz 3 auf Antrag freizustellen, wenn zu erwarten ist, dass den gesetzlichen Krankenkassen nur geringfügige Ausgaben für das Arzneimittel entstehen werden. Der pharmazeutische Unternehmer hat seinen Antrag entsprechend zu begründen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Freistellung befristen. Ein Antrag auf Freistellung nach Satz 1 ist nur vor der erstmaligen Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 zulässig. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für zugelassene Arzneimittel für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes besteht die Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen nach Absatz 1 Satz 3; die ärztliche Behandlung mit einem solchen Arzneimittel unterliegt nicht der Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach den §§ 135, 137c oder 137h. Satz 1 gilt nicht für biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte. Für folgende Arzneimittel besteht keine Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen nach Absatz 1 Satz 3:

1.
für Arzneimittel, die nach § 34 Absatz 1 Satz 5 für versicherte Kinder und Jugendliche nicht von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen sind,
2.
für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nach § 34 Absatz 1 Satz 6 von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen sind.

(1c) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den pharmazeutischen Unternehmer von der Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 auf Antrag freizustellen, wenn es sich um ein Antibiotikum handelt, das gegen durch multiresistente bakterielle Krankheitserreger verursachte Infektionen, für die nur eingeschränkte alternative Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, wirksam ist und der Einsatz dieses Antibiotikums einer strengen Indikationsstellung unterliegt (Reserveantibiotikum). Der pharmazeutische Unternehmer hat seinen Antrag nach Satz 1 entsprechend zu begründen. Ein Antrag auf Freistellung nach Satz 1 ist nur vor der erstmaligen Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 zulässig. Das Nähere zur Ausgestaltung des Antragsverfahrens regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung bis zum 31. Dezember 2020. Das Robert Koch-Institut bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Kriterien zur Einordnung eines Antibiotikums als Reserveantibiotikum bis zum 31. Dezember 2020 und veröffentlicht diese Kriterien auf seiner Internetseite. Das Robert Koch-Institut hat zu diesen Kriterien im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine nicht abschließende Liste von multiresistenten bakteriellen Krankheitserregern nach Satz 1 zu veröffentlichen. Hat der Gemeinsame Bundesauschuss eine Freistellung für ein Reserveantibiotikum nach Satz 1 beschlossen, gilt der Zusatznutzen als belegt; das Ausmaß des Zusatznutzens und seine therapeutische Bedeutung sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht zu bewerten. Bei dem Beschluss nach Absatz 3 Satz 1 hat der Gemeinsame Bundesausschuss Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung des Reserveantibiotikums unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Resistenzsituation festzulegen. Dazu holt er eine Stellungnahme beim Robert Koch-Institut ein, die im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu erstellen ist.

(1d) Auf Antrag eines betroffenen pharmazeutischen Unternehmers oder mehrerer betroffener pharmazeutischer Unternehmer stellt der Gemeinsame Bundesausschuss fest, ob eine Kombination von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen, die aufgrund der arzneimittelrechtlichen Zulassung in einer Kombinationstherapie in demselben Anwendungsgebiet eingesetzt werden können, einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen erwarten lässt. Die Feststellung erfolgt aufgrund von vergleichenden Studien in dem Anwendungsgebiet, die von dem pharmazeutischen Unternehmer oder von den pharmazeutischen Unternehmern mit dem Antrag elektronisch an den Gemeinsamen Bundesausschuss zu übermitteln sind. Der Antrag ist unzulässig, wenn bereits

1.
in einem Beschluss nach Absatz 3 Satz 1 ein mindestens beträchtlicher Zusatznutzen der Kombination festgestellt wurde oder
2.
ein Verfahren der Nutzenbewertung nach Absatz 1 anhängig ist, im Zuge dessen der Gemeinsame Bundesausschuss erstmalig über die Benennung der Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die auf Grund der arzneimittelrechtlichen Zulassung in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel für das zu bewertende Anwendungsgebiet eingesetzt werden können, nach Absatz 3 Satz 4 beschließt.
Die Rechtsverordnung nach Absatz 1 Satz 7 findet entsprechende Anwendung. Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Stellungnahme dazu, ob die vorgelegten Studien einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen der Kombination für die Patienten in dem Anwendungsgebiet erwarten lassen. Die Stellungnahme ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Stellung des Antrags durch den Gemeinsamen Bundesausschuss im Internet zu veröffentlichen. § 92 Absatz 3a ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass lediglich Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt über die Feststellung innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung der Stellungnahme. Absatz 3 Satz 5 bis 7 gilt entsprechend. Die Feststellung wird Bestandteil der Beschlüsse über die Nutzenbewertung aller Arzneimittel der Kombination, in denen bei Bedarf jeweils die Benennung nach Absatz 3 Satz 4 zu ändern ist. Eine erneute Feststellung kann entsprechend Absatz 5 Satz 1 bis 4 beantragt werden.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss prüft die Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 und entscheidet, ob er die Nutzenbewertung selbst durchführt oder hiermit das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen oder Dritte beauftragt. Der Gemeinsame Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen erhalten auf Verlangen Einsicht in die Zulassungsunterlagen bei der zuständigen Bundesoberbehörde. Die Nutzenbewertung ist spätestens innerhalb von drei Monaten nach dem nach Absatz 1 Satz 3 maßgeblichen Zeitpunkt für die Einreichung der Nachweise abzuschließen und im Internet zu veröffentlichen.

(3) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt über die Nutzenbewertung innerhalb von drei Monaten nach ihrer Veröffentlichung. § 92 Absatz 3a gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass Gelegenheit auch zur mündlichen Stellungnahme zu geben ist. Mit dem Beschluss wird insbesondere der Zusatznutzen des Arzneimittels festgestellt. In dem Beschluss benennt der Gemeinsame Bundesausschuss alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die aufgrund der arzneimittelrechtlichen Zulassung in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel für das zu bewertende Anwendungsgebiet eingesetzt werden können, es sei denn, der Gemeinsame Bundesausschuss hat nach Satz 1 einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen der Kombination festgestellt oder nach Absatz 1d Satz 1 festgestellt, dass die Kombination einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen erwarten lässt; bis zum 12. November 2022 bereits gefasste Beschlüsse sind bis zum 1. Mai 2023 entsprechend zu ergänzen. Die Geltung des Beschlusses über die Nutzenbewertung kann befristet werden. Der Beschluss ist im Internet zu veröffentlichen. Der Beschluss ist Teil der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; § 94 Absatz 1 gilt nicht. Innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung veröffentlicht die Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Information der Öffentlichkeit zudem den Beschluss und die tragenden Gründe in englischer Sprache auf der Internetseite des Gemeinsamen Bundesausschusses.

(3a) Der Gemeinsame Bundesausschuss veröffentlicht innerhalb eines Monats nach dem Beschluss nach Absatz 3 eine maschinenlesbare Fassung zu dem Beschluss, die zur Abbildung in elektronischen Programmen nach § 73 Absatz 9 geeignet ist. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates weitere Vorgaben zur Veröffentlichung der Beschlüsse nach Satz 1 zu regeln. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss erstmals innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach Satz 2 in seiner Verfahrensordnung. Vor der erstmaligen Beschlussfassung nach Satz 3 findet § 92 Absatz 3a mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass auch den für die Wahrnehmung der Interessen der Industrie maßgeblichen Bundesverbänden aus dem Bereich der Informationstechnologie im Gesundheitswesen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Zu den vor der erstmaligen Änderung der Verfahrensordnung nach Satz 3 gefassten Beschlüssen nach Absatz 3 veröffentlicht der Gemeinsame Bundesausschuss die maschinenlesbare Fassung nach Satz 1 innerhalb von sechs Monaten nach der erstmaligen Änderung der Verfahrensordnung nach Satz 3.

(3b) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann frühestens mit Wirkung zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens bei den folgenden Arzneimitteln vom pharmazeutischen Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist die Vorlage anwendungsbegleitender Datenerhebungen und Auswertungen zum Zweck der Nutzenbewertung fordern:

1.
bei Arzneimitteln, deren Inverkehrbringen nach dem Verfahren des Artikels 14 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung der Verfahren der Union für die Genehmigung und Überwachung von Humanarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, genehmigt wurde oder für die nach Artikel 14-a der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 eine Zulassung erteilt wurde, sowie
2.
bei Arzneimitteln, die zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 zugelassen sind.
Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Befugnis zur Versorgung der Versicherten mit einem solchen Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Leistungserbringer beschränken, die an der geforderten anwendungsbegleitenden Datenerhebung mitwirken. Die näheren Vorgaben an die Dauer, die Art und den Umfang der Datenerhebung und Auswertung, einschließlich der zu verwendenden Formate, werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss bestimmt. Er hat dabei insbesondere Vorgaben zur Methodik sowie zu patientenrelevanten Endpunkten und deren Erfassung zu bestimmen. Dabei soll er laufende und geplante Datenerhebungen zu dem Arzneimittel berücksichtigen, insbesondere solche, die sich aus Auflagen oder sonstigen Nebenbestimmungen der Zulassungs- oder Genehmigungsbehörden ergeben. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei auch indikationsbezogene Datenerhebungen ohne Randomisierung fordern. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Paul-Ehrlich-Institut sind vor Erlass einer Maßnahme nach Satz 1 zu beteiligen. Unter Beachtung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sollen auch die wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und der betroffene pharmazeutische Unternehmer vor Erlass einer Maßnahme nach Satz 1 schriftlich beteiligt werden. Das Nähere zum Verfahren der Anforderung von anwendungsbegleitenden Datenerhebungen und Auswertungen, einschließlich der Beteiligung nach Satz 4, regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Die gewonnenen Daten und die Verpflichtung zur Datenerhebung sind in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch alle achtzehn Monate, vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu überprüfen. Für Beschlüsse nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 3 Satz 4 bis 6 entsprechend. Klagen gegen eine Maßnahme nach Satz 1 haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt.

(4) Wurde für ein Arzneimittel nach Absatz 1 Satz 4 keine therapeutische Verbesserung festgestellt, ist es in dem Beschluss nach Absatz 3 in die Festbetragsgruppe nach § 35 Absatz 1 mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimitteln einzuordnen. § 35 Absatz 1b Satz 6 gilt entsprechend. § 35 Absatz 1b Satz 7 und 8 sowie Absatz 2 gilt nicht.

(5) Für ein Arzneimittel, für das ein Beschluss nach Absatz 3 vorliegt, kann der pharmazeutische Unternehmer eine erneute Nutzenbewertung beantragen, wenn er die Erforderlichkeit wegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nachweist. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet über diesen Antrag innerhalb von acht Wochen. Der pharmazeutische Unternehmer übermittelt dem Gemeinsamen Bundesausschuss auf Anforderung die Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 innerhalb von drei Monaten. Die erneute Nutzenbewertung beginnt frühestens ein Jahr nach Veröffentlichung des Beschlusses nach Absatz 3. Die Absätze 1 bis 4 und 5a bis 8 gelten entsprechend.

(5a) Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3 keinen Zusatznutzen oder nach Absatz 4 keine therapeutische Verbesserung fest, hat er auf Verlangen des pharmazeutischen Unternehmers eine Bewertung nach § 35b oder nach § 139a Absatz 3 Nummer 6 in Auftrag zu geben, wenn der pharmazeutische Unternehmer die Kosten hierfür trägt. Die Verpflichtung zur Festsetzung eines Festbetrags oder eines Erstattungsbetrags bleibt unberührt.

(5b) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann den für die Vorlage der erforderlichen Nachweise maßgeblichen Zeitpunkt auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmers abweichend von Absatz 1 Satz 3 bestimmen, wenn innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem nach Absatz 1 Satz 3 maßgeblichen Zeitpunkt die Zulassung von mindestens einem neuen Anwendungsgebiet zu erwarten ist. Der vom Gemeinsamen Bundesausschuss bestimmte maßgebliche Zeitpunkt darf nicht mehr als sechs Monate nach dem maßgeblichen Zeitpunkt nach Absatz 1 Satz 3 liegen. Der pharmazeutische Unternehmer hat den Antrag spätestens drei Monate vor dem maßgeblichen Zeitpunkt nach Absatz 1 Satz 3 zu stellen. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet über den Antrag innerhalb von acht Wochen. Er regelt das Nähere in seiner Verfahrensordnung. § 130b Absatz 3a Satz 2 und 3 und Absatz 4 Satz 3 bleiben unberührt.

(6) Für ein Arzneimittel mit einem Wirkstoff, der kein neuer Wirkstoff im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist, kann der Gemeinsame Bundesausschuss eine Nutzenbewertung nach Absatz 1 veranlassen, wenn für das Arzneimittel eine neue Zulassung mit neuem Unterlagenschutz erteilt wird. Satz 1 gilt auch für Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn für das Arzneimittel eine neue Zulassung mit neuem Unterlagenschutz erteilt wird. Endet das Verfahren nach § 130a Absatz 3c ohne Einigung, veranlasst der Gemeinsame Bundesausschuss eine Nutzenbewertung nach Absatz 1. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss berät den pharmazeutischen Unternehmer insbesondere zu vorzulegenden Unterlagen und Studien sowie zur Vergleichstherapie; er kann hierzu auf seiner Internetseite generalisierte Informationen zur Verfügung stellen. Er kann hierüber Vereinbarungen mit dem pharmazeutischen Unternehmer treffen. Eine Beratung vor Beginn von Zulassungsstudien der Phase drei, zur Planung klinischer Prüfungen oder zu anwendungsbegleitenden Datenerhebungen soll unter Beteiligung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte oder des Paul-Ehrlich-Instituts stattfinden. Zu Fragen der Vergleichstherapie sollen unter Beachtung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des pharmazeutischen Unternehmers die wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft schriftlich beteiligt werden. Der pharmazeutische Unternehmer erhält eine Niederschrift über das Beratungsgespräch. Für die pharmazeutischen Unternehmer ist die Beratung gebührenpflichtig. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und dem Paul-Ehrlich-Institut die Kosten zu erstatten, die diesen im Rahmen der Beratung von pharmazeutischen Unternehmern nach den Sätzen 1 und 3 entstehen, soweit diese Kosten vom pharmazeutischen Unternehmer getragen werden. Das Nähere einschließlich der Erstattung der für diese Beratung entstandenen Kosten ist in der Verfahrensordnung zu regeln.

(8) Eine gesonderte Klage gegen die Aufforderung zur Übermittlung der Nachweise nach Absatz 1, die Nutzenbewertung nach Absatz 2, den Beschluss nach Absatz 3 und die Einbeziehung eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach Absatz 4 ist unzulässig. § 35 Absatz 7 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Aachen vom 29. September 2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2009 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten der ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie in Höhe von 6994,44 Euro freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Freistellung von Kosten einer ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO-Therapie).

2

Die am 1.5.1960 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet unter Diabetes mellitus Typ I mit Verschluss aller originären Unterschenkelgefäße im Bereich des oberen Sprunggelenks. Deshalb bildeten sich bei ihr im Februar 2009 trockene Nekrosen an Zehen des linken Fußes (pAVK im Stadium IV links, ischämisches diabetisches Fußsyndrom). Die Klinik für Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Aachen diagnostizierte massive arteriosklerotische Veränderungen. Eine geplante Bypassimplantation fand daraufhin nicht statt. Eine Wunde im OP-Bereich tendierte auch nach Antibiotikagabe nicht zur Heilung. Die Klägerin beantragte über das nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene HBO-Zentrum E (HBO-Zentrum), die Kosten für eine HBO-Therapie im Rahmen ambulanter Behandlung zu übernehmen (ärztliches Schreiben vom 2.5.2009). Die HBO-Therapie (Einatmung von 100 % medizinisch reinem Sauerstoff unter erhöhtem Umgebungsdruck für definierte Zeiträume und Intervalle) erfolgt in der Regel in HBO-Zentren mit erforderlichen Druckkammern und ärztlich geleitetem Behandlungsteam. Die Klägerin führte aus, die HBO-Therapie stelle für sie - nach Ausschöpfung aller gefäßchirurgischen Möglichkeiten - die letzte Chance dar, eine Abheilung der OP-Wunde zu erreichen und eine Amputation im Unterschenkelbereich zu vermeiden. Das diabetische Fußsyndrom befinde sich im Übergang zum Stadium Wagner III, wobei lediglich die begleitende Knochenbeteiligung für das Stadium III noch nicht radiologisch nachgewiesen sei, sich aber innerhalb der nächsten Tage einstellen werde. Sie bedürfe keiner stationären Behandlung, da sie sich in einem guten Allgemeinzustand befinde und noch relativ jung sei. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 8.5.2009; Widerspruchsbescheid vom 3.7.2009). Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe entschieden, dass die HBO-Therapie nicht als ambulante vertragsärztliche Leistung erbracht werden dürfe. Die Klägerin unterzog sich 20 ambulanten HBO-Behandlungen im HBO-Zentrum (25.5.2009 bis 22.6.2009, Rechnung vom 10.7.2009 über 3885,80 Euro). Die Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie des Universitätsklinikums Aachen behandelte die Klägerin wegen zweier nekrotisierender Zehenglieder stationär (23.6.2009 bis 6.7.2009). Sie führte die HBO-Therapie in 9 Sitzungen im HBO-Zentrum als Teil der stationären Behandlung fort. Die Klägerin ließ anschließend im HBO-Zentrum 16 weitere Behandlungen ambulant durchführen (7.7.2009 bis 31.7.2009, Rechnung vom 15.8.2009 über 3108,64 Euro). Das HBO-Zentrum stundet ihr seitdem die Rechnungsbeträge bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Freistellungsanspruch.

3

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.9.2009). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die ambulante HBO-Therapie gehöre nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der GBA habe sie nicht für die vertragsärztliche Versorgung empfohlen. Er habe die HBO-Therapie im Krankenhaus nur unter einschränkenden Kriterien als zu Lasten der GKV erbringbare Leistung qualifiziert (Beschluss vom 13.3.2008). Die erneute Einleitung eines Prüfverfahrens sei nicht rechtswidrig unterblieben (Urteil vom 6.10.2011).

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip und des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung aus Art 20 Abs 3 GG. Eine stationäre Behandlung sei in ihrem Falle nicht medizinisch notwendig. Ihr sei auch ein Abwarten nicht zuzumuten, bis eine Verschlimmerung eingetreten sei, die eine stationäre Behandlung erfordere. § 226 Abs 1 StGB belege, dass der drohende Verlust eines Fußes - als wichtiges Körperglied - wertungsmäßig mit einer drohenden Erblindung gleichzustellen sei, die zu einer grundrechtsorientierten Auslegung führe.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Aachen vom 29. September 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie in Höhe von 6994,44 Euro freizustellen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

8

Der Senat hat Beweis erhoben durch eine Auskunft des GBA. Der GBA hat ausgeführt, die in Rede stehende Ausnahme von einem Verbot nach § 137c SGB V für die adjuvante Anwendung der HBO-Therapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom im Stadium größer/gleich Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie führe nach § 137c SGB V zur Erlaubnis im stationären Bereich, nicht aber nach § 135 SGB V für die vertragsärztliche Versorgung. Dies sei Folge des gesetzlichen Regelungsansatzes.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sowie die Bescheide der beklagten KK sind aufzuheben. Die Vorinstanzen haben die - zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)verfolgte - Klage auf Freistellung zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Freistellung von 6994,44 Euro Kosten der in der Zeit vom 25.5. bis 22.6.2009 und vom 7. bis 31.7.2009 ambulant im HBO-Zentrum durchgeführten adjuvanten HBO-Therapie.

10

Rechtsgrundlage des Kostenfreistellungsanspruchs ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Die Rechtsnorm bestimmt: "Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist demnach nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff): Bestehen eines Primärleistungs-(Naturalleistungs-)anspruchs der Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch die KK (dazu insgesamt 1.), Selbstbeschaffung einer entsprechenden Leistung durch die Versicherte (dazu 2.), Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung (dazu insgesamt 3.) und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung (dazu 4.).

11

1. Der Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15; vgl zum Ganzen: E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, 78. Lfg, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Die Klägerin hatte 2009 Anspruch gegen die Beklagte auf eine ambulante Behandlung ihres diabetischen Fußsyndroms im Stadium Wagner III mit HBO (zum Individualanspruch Versicherter vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - RdNr 54, GesR 2007, 276; E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 53 f).

12

a) Die Beklagte war nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V der Klägerin zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, die vom Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst ist. Versicherte wie die Klägerin haben gemäß § 27 Abs 1 S 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit - hier das diabetische Fußsyndrom im Stadium Wagner III - zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

13

Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch einer Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die KKn sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei - wie hier - neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V grundsätzlich nur dann der Fall, wenn zunächst der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) gemacht hat(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17 RdNr 14; BSGE 88, 126, 128 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29; Hauck, NZS 2007, 461, 464 mwN). Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der KKn erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den KKn geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 12 - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 16, stRspr).

14

Die Richtlinien des GBA sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Art 1 Nr 70 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378). Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel. Es behält sich aber vor, die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu aufgrund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (stRspr; vgl grundlegend BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 ff mwN - LITT; siehe auch zB BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 26 mwN).

15

Die Behandlung mit hyperbarem Sauerstoff beim diabetischen Fußsyndrom ist eine ärztliche "Behandlungsmethode" im Sinne der GKV. Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind nämlich medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl zB BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl auch BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSG SozR 3-5533 Nr 2449 Nr 2 S 9 f; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Die Methode ist auch "neu", weil sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM enthalten war (vgl zum Merkmal "neu" BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Als nicht vom GBA empfohlene neue - sogar durch Beschluss vom 10.4.2000 (BAnz Nr 128 vom 12.7.2000, S 13396, und BAnz Nr 22 vom 1.2.2001, S 1505) explizit von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossene - Methode ist die ambulante HBO-Therapie grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der GKV (vgl Anlage II Nr 16 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung in der seinerzeit geltenden Fassung vom 17.1.2006, BAnz Nr 48 vom 9.3.2006, S 1523, geändert am 19.6.2008/1.12.2008, BAnz Nr 124 vom 19.8.2008, S 3018 und Nr 197 vom 30.12.2008, S 4749).

16

b) Die ambulante adjuvante Behandlung des diabetischen Fußsyndroms im Stadium ab Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie mit HBO im Jahre 2009 ist aber als Ausnahmefall wegen Systemversagens in den GKV-Leistungskatalog einbezogen, ohne dass es einer positiven Empfehlung des GBA und einer Aufnahme der Methode in den EBM bedarf. Der GBA verstieß gegen höherrangiges Recht (vgl zu dieser Voraussetzung zB BSGE 88, 62, 67 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3), weil er objektiv willkürlich das sektorenübergreifende Prüfverfahren 2008 nicht auf eine Empfehlung dieser Methode bei der genannten Indikation für die vertragsärztliche Versorgung erstreckte. In solchen Fällen gibt § 13 Abs 3 S 1 SGB V Versicherten ua das Recht, von ihrer KK zu verlangen, von den Kosten der betreffenden Leistung freigestellt zu werden, wenn sie notwendig ist(vgl dazu BSGE 88, 62, 74 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3; Hauck, NZS 2007, 461, 464). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung für ein Systemversagen entwickelt hat, greifen ergänzend zur gesetzlichen Regelung bei verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode ein (vgl § 135 Abs 1 S 4 und 5 SGB V idF des Art 1 Nr 105 Buchst b GKV-WSG, BGBl I 378; Hauck, NZS 2007, 461, 464). Der erkennende Senat weicht mit dieser Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG zur HBO ab (vgl hierzu BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, unzulässige Klage betreffend die Aufnahme der HBO-Therapie in die Anlage I der RL Methoden vertragsärztliche Behandlung des GBA für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus").

17

aa) Eine Leistungspflicht der KK wegen Systemversagens kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausnahmsweise ungeachtet des in § 135 Abs 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden(vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 21; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70: "rechtswidrige Untätigkeit des Bundesausschusses"; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 - Neuropsychologische Therapie; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 f mwN - LITT).

18

Zu einem Systemversagen kann es kommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wird und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit oder Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 - Immunbiologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 - Neuropsychologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 12 - ICL, jeweils mwN). In einem derartigen Fall widersprechen die einschlägigen RL einer den Anforderungen des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügenden Krankenbehandlung. Es fordert, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen haben, welche sich wiederum in zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben, und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen müssen (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 f mwN - LITT).

19

bb) Ein solcher Fall des Systemversagens liegt hier vor. Der GBA führte das Prüfverfahren 2008 mit Wirkung vom 13.11.2008 objektiv willkürlich nicht zu einer Empfehlung der ambulanten adjuvanten HBO-Therapie als neue Methode für die vertragsärztliche Versorgung bei diabetischem Fußsyndrom im Stadium ab Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie.

20

Der Bundesausschuss überprüfte rechtmäßig auf Antrag der Spitzenverbände der KK (5.11.2001) zunächst im Ausschuss Krankenhaus gemäß § 137c SGB V und ab 2004 als GBA die HBO-Therapie. Rechtmäßig ließ der GBA den Nutzen und die medizinische Notwendigkeit der HBO-Therapie sektorenübergreifend von der Themengruppe "HBO" bewerten (vgl zur Entwicklung § 7 Verfahrensordnung GBA idF vom 20.9.2005, BAnz Nr 244 vom 24.12.2005, S 16998, geändert mit Beschluss vom 18.4.2006, BAnz Nr 124 vom 6.7.2006, S 4876; Kap 1 § 7 und Kap 2 § 7 Abs 1 Buchst a VerfO GBA idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009, zuletzt geändert am 18.10.2012, BAnz AT 5.12.2012 B3). Im Ergebnis beschloss er rechtmäßig, § 4 der RL zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus(RL Methoden Krankenhausbehandlung) zu ergänzen. Die Regelung bestimmt Methoden, die von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen von Krankenhausbehandlung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Der GBA fügte folgende Nummer 2.6 an (Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 172 vom 12.11.2008 S 4072, mit Wirkung vom 13.11.2008): "Hyperbare Sauerstofftherapie beim diabetischen Fußsyndrom als alleinige Therapie oder in Kombination. Unberührt von diesem Ausschluss bleibt die adjuvante Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom in Stadium Wagner ≥ III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie."

21

Der Beschluss erfolgte auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Verfahrens und einer umfassenden Recherche und Auswertung der wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Er stützte sich vertretbar auf die Beurteilung, dass eine HBO bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom bis zum Stadium Wagner kleiner oder gleich II nicht erforderlich ist, aber nach Ausschöpfung der Standardtherapie ab einem höheren, über Wagner II hinausgehenden Stadium ohne angemessene Heilungstendenz in der adjuvanten Anwendung zu Lasten der GKV angemessen ist. Vergleichbar entschied für die USA das Center for Medicare & Medicaid Services (vgl zum Ganzen die zusammenfassende Dokumentation des GBA vom 13.11.2008, S A-4). Der Beschluss besagt nach seinem objektiven Gehalt, dass die adjuvante HBO-Anwendung nach generellen Kriterien im genannten Indikationsbereich dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügt. Der Aussagegehalt des Beschlusses ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenspiel des Qualitätsgebots mit § 137c Abs 1 SGB V und der Dokumentation des GBA.

22

Nach der Regelung in § 137c Abs 1 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 106 GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv vom 1.1.2004 und idF durch Art 1 Nr 112 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.7.2008; seit 1.1.2012 idF durch Art 1 Nr 54 Buchst a DBuchst aa Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983) überprüft der GBA nach § 91 SGB V auf Antrag Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der KKn im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der KKn erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (vgl § 137c Abs 2 S 2 SGB V).

23

Diese Regelung des § 137c SGB V darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt (stRspr, vgl unter Berücksichtigung aller Auslegungsmethoden grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23; BSG Urteil vom 18.12.2012 - B 1 KR 34/12 R - RdNr 34 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 2 vorgesehen; Clemens, MedR 2012, 769; aA Felix, SGb 2009, 367 und öfter, zB NZS 2012, 1, 7 mwN in Fn 91; dieselbe/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Sie setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl § 1 S 1 SGB V)die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. Eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, muss nicht von den KKn bezahlt werden (vgl näher Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff; rechtspolitisch kritisch zum Regelungskonzept der §§ 135, 137c SGB V: GBA, Stellungnahme zum GKV-WSG, 14. BT-Ausschuss, Ausschuss-Drucks 0129(9), S 9; Hess, KrV 2005, 64, 66 f).

24

§ 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann retrospektiv im Wege der Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die KK und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten. Das GKV-VStG hat an dieser Grundkonzeption, die der Senat in ständiger Rechtsprechung anwendet, nichts geändert. Es schafft lediglich Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach § 137c Abs 1 S 1 SGB V entspricht(vgl § 137c Abs 1 S 4 SGB V). Abgesehen von der speziell geregelten, vorübergehenden Modifizierung durch die Erprobung (§ 137e SGB V)verbleibt es auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V; aA Felix/Deister, NZS 2013, 81, 87 f).

25

Die Erkenntnisse aus Verfahren nach § 135 und § 137c SGB V können geeignet sein, sektorenübergreifend zu wirken. So hat der erkennende Senat bereits betont, dass es keinen durchgreifenden Bedenken begegnet, Beurteilungen des GBA aus dem Bereich der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V auch für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Bereich der stationären Behandlung heranzuziehen, wenn diese Beurteilungen gebietsübergreifende Aussagen beinhalten. Sie sind mithin zu berücksichtigen, wenn sie sachliche Geltung nicht nur für die Behandlung in ambulanter, sondern auch in stationärer Form beanspruchen, etwa weil das aufbereitete wissenschaftliche Material generelle Bewertungen enthält (vgl BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 50). Das muss naturgemäß auch in umgekehrter Richtung gelten: Einschlägige Erkenntnisse aus einem Verfahren nach § 137c SGB V sind auch im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V zu nutzen.

26

Die Erkenntnisse aus dem Verfahren des GBA nach § 137c SGB V zur HBO - mündend in dessen Beschluss vom 13.3.2008 - haben in diesem Sinne zunächst zur Folge, dass gegenüber dem Vergütungsanspruch der Krankenhäuser, die die HBO-Therapie adjuvant bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom in Stadium Wagner größer oder gleich III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie bei Versicherten anwenden, jedenfalls bei unveränderter Erkenntnislage der medizinischen Wissenschaft nicht mehr der Einwand durchgreift, sie hätten das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)verletzt. Zweifel an der Erfüllung der Voraussetzungen des Qualitätsgebots hätten im Zeitpunkt der Entscheidung des GBA im Jahr 2008 nach § 137c SGB V zum vollständigen Ausschluss der Methode aus dem stationären Sektor führen müssen. Stattdessen hat der GBA die Ausnahmebestimmung in § 4 Nr 2.6 S 2 RL Methoden Krankenhausbehandlung aufgenommen und damit eine Übereinstimmung mit den Anforderungen des Qualitätsgebots insoweit generell bejaht. Entsprechendes gilt für das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V).

27

Diese Erkenntnisse aus dem Verfahren nach § 137c SGB V sind zusätzlich auch im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V zu nutzen. Der GBA hätte insoweit folgerichtig eine Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V aussprechen müssen. Er hätte berücksichtigen müssen, dass es nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft keine durchgreifenden Gründe dafür gibt, die HBO bei dem genannten Indikationsspektrum lediglich stationär anzuwenden (vgl Auskunft des GBA im Revisionsverfahren). Zugleich hätte er in den Blick nehmen müssen, dass er ohne die Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V eine mit dem Qualitätsgebot unvereinbare Therapielücke schafft. Denn Krankenhausbehandlung ist nicht bereits deshalb erforderlich iS von § 39 SGB V, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zwar ambulant erbracht werden kann, vertragsärztlich aber mangels positiver Empfehlung des GBA nicht zu Lasten der GKV geleistet werden darf(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19).

28

Das Unterlassen der Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V mit Inkrafttreten der Änderung der RL Methoden Krankenhausbehandlung am 13.11.2008 widerspricht höherrangigem Recht, nämlich dem Willkürverbot (Art 3 Abs 1 GG). Der GBA handelt willkürlich, wenn er grundlos untätig bleibt und jede andere Entscheidung als die des Tätigwerdens unvertretbar wäre (vgl BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 29). Weder der medizinische Forschungsstand noch das gesetzliche Regelungssystem rechtfertigen die Beschränkung des HBO-Einsatzes bei der betroffenen Indikation auf den Krankenhaussektor. Vielmehr ist es im Rahmen des Freistellungsanspruchs nach den aufgezeigten Grundsätzen geboten, die Klägerin so zu stellen, als sei die adjuvante HBO-Therapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom im Stadium Wagner größer oder gleich III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie in den EBM aufgenommen worden. Die Beklagte lehnte mit den angegriffenen Bescheiden den hieraus erwachsenden Primärleistungsanspruch der Klägerin rechtswidrig ab und leistete das danach Gebotene nicht.

29

2. Die Klägerin beschaffte sich eine der geschuldeten entsprechende Leistung selbst. Sie litt nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG)an einem diabetischen Fußsyndrom im Stadium Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz und ließ sich nach Ausschöpfung der Standardtherapie im betroffenen Zeitraum 2009 adjuvant ambulant privatärztlich mit der HBO versorgen.

30

3. Die Klägerin beschaffte sich die HBO-Therapie auch wesentlich deshalb privatärztlich selbst, weil die Beklagte zuvor die Leistung abgelehnt hatte. Es handelte sich nach den dargelegten generellen Kriterien und den individuellen ärztlichen Zeugnissen um eine indikationsgerechte, notwendige Leistung. Das HBO-Zentrum war das für die Klägerin praktikabel erreichbare. Es behandelte sie dementsprechend auch während ihrer stationären Aufnahme. Es stellte den Leistungsantrag nach den Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) namens und in Vollmacht der Klägerin (vgl § 13 Abs 1 S 1 SGB X; vgl auch BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 12 f). Darüber hinaus bedurfte es auch keines weiteren Leistungsantrags vor dem zweiten Behandlungsintervall. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, beantragte die Klägerin Kostenübernahme "initial" (dh anfänglich) für 25 Behandlungen. Sie beschränkte ihren Antrag nicht auf 25 Behandlungen (zur Auslegung von Willenserklärungen und zur revisionsrechtlichen Überprüfung vgl zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 12 ff; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 36). Nach dem Gesamtablauf war es für die Klägerin auch mit Blick auf die GBA-Beschlüsse sinnvoll und zweckmäßig, ihren Antrag ärztlich fachkundig vom HBO-Zentrum untermauern zu lassen. Das LSG hat im Übrigen keine Tatsachen im Sinne einer Vorfestlegung der Klägerin festgestellt, die den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung in Zweifel ziehen.

31

4. Die Klägerin ist aufgrund der Selbstbeschaffung der ambulanten HBO-Leistungen auch einer rechtsgültigen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt (vgl zur Notwendigkeit zB BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 24 mwN; Hauck, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 1, 24 f, 26). Beide ihr für die betroffene Behandlung gestellten Rechnungen entsprechen den Anforderungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ neugefasst durch Bekanntmachung vom 9.2.1996, BGBl I 210; zuletzt geändert durch Art 17 des Gesetzes über den Beruf der Podologin und des Podologen und zur Änderung anderer Gesetze vom 4.12.2001, BGBl I 3320 mWv 2.1.2002) als für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 20 mwN).

32

Angesichts der dem Informationsbedürfnis der Klägerin Rechnung tragenden detaillierten Auflistung der einzelnen Positionen nach der GOÄ liegt kein unzulässiges Pauschalhonorar vor (vgl hierzu BVerfG Beschluss vom 19.4.1991 - 1 BvR 1301/89 - NJW 1992, 737 = Juris RdNr 4 f; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 22; BGH Urteil vom 23.3.2006 - III ZR 223/05 - NJW 2006, 1879, 1880 f = Juris RdNr 15).

33

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 haben aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a Aufschub bewirkt.

(2) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 eines Versicherungsträgers oder in der Kriegsopferversorgung eines Landes bewirken Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlaß des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 1. trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens.

2

Der Kläger ist Facharzt für innere Medizin mit Teilgebietsbezeichnung Nephrologie. Im Oktober 2000 stellte er einen Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Wege des Sonderbedarfs. Gleichzeitig beantragten der Kläger und sein späterer Praxispartner, Dr. M., die gemeinschaftliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit als Fachärzte für Innere Medizin - Nephrologie - in W. Gegen die ablehnenden Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 9.11.2000 legte der Kläger Widerspruch ein (AZ des Widerspruchs betreffend Sonderbedarfszulassung: BA 10/2001, AZ des Widerspruchs betreffend die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis: BA 11/2001).

3

Am 26.4.2001 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung. Auch diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss ab, weil die Voraussetzungen einer Zulassung im Wege des Sonderbedarfs nach der Nr 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht vorlägen (Beschluss vom 17.5.2001). Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein (AZ: BA 92/2001) und trug vor, dass gerade die Notwendigkeit, nach der Qualitätsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren einen zweiten Arzt in einer Dialysepraxis zu beschäftigen, einen dauerhaften Sonderbedarf indiziere.

4

Mit Wirkung zum 1.7.2002 wurde § 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie um den Buchstaben e ergänzt, wonach die Voraussetzungen für eine Ausnahme gegeben sind, wenn durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyseversorgung einem Vertragsarzt (Nr 1) oder aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren gemäß § 135 Abs 2 SGB V einem weiteren Arzt in der Dialysepraxis (Nr 2) die Genehmigung zur Durchführung eines Versorgungsauftrags für die nephrologische Versorgung der von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffenen Patienten mit Dialyseleistungen gemäß § 2 Abs 7 der Bundesmantelverträge erteilt werden soll, der Zulassung jedoch Zulassungsbeschränkungen für die Zulassung von Fachärzten für Innere Medizin zur Teilnahme an der fachärztlich-internistischen Versorgung entgegenstehen.

5

Der Beklagte hob daraufhin den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 17.5.2001 auf und ließ den Kläger mit Wirkung zum 1.10.2002 wegen Sonderbedarfs nach Nr 24 Buchstabe e der Bedarfsplanungs-Richtlinie als Facharzt für Innere Medizin - Nephrologie - zur vertragsärztlichen Versorgung zu (Beschluss vom 7.8.2002). Zur Begründung wurde auf den Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie verwiesen. Mit Beschluss vom selben Tag hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9.11.2000 auf und genehmigte die aus dem Kläger und Dr. M. bestehende internistisch-nephrologische Gemeinschaftspraxis.

6

Der Kläger beantragte daraufhin, in den Widerspruchsverfahren betreffend die Sonderbedarfszulassung sowie die Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis die Beiziehung eines Rechtsanwalts für notwendig zu erklären und ihm die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in beiden Widerspruchsverfahren zu erstatten. Die Beklagte lehnte dies ab, weil die vom Kläger eingelegten Widersprüche für die Entscheidung nicht kausal geworden seien (Beschluss vom 3.9.2003). Der Widerspruch im Verfahren BA 92/2001 sei nur aufgrund der zum 1.7.2002 in Kraft getreten Ergänzung der Bedarfsplanungs-Richtlinie um Nr 24 Buchstabe e erfolgreich gewesen. Wegen der dadurch erst möglichen Zulassung des Klägers im Wege des Sonderbedarfs habe auch das auf Genehmigung einer nephrologischen Gemeinschaftspraxis gerichtete Widerspruchsverfahren Erfolg gehabt.

7

Das SG hat die Klage abgewiesen, weil die Widersprüche des Klägers nicht erfolgreich gewesen seien (Gerichtsbescheid vom 13.3.2006). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat den Gerichtsbescheid und den Beschluss des Beklagten aufgehoben und ihn verurteilt, dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in den Verfahren BA 11/2001 und BA 92/2001 zu erstatten und die Zuziehung eines Rechtsanwalts als notwendig zu bestimmen (Urteil vom 27.5.2009). Ein Widerspruch sei erfolgreich, wenn der angegriffene Verwaltungsakt ganz oder teilweise aufgehoben werde. Eine Kausalität zwischen der Widerspruchseinlegung und dem Erfolg des Widerspruchs müsse nicht bestehen. Das gelte auch dann, wenn der Erfolg durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage herbeigeführt worden sei. Für den Anwendungsbereich des § 80 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz(VwVfG), dem die Vorschrift des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nachgebildet worden sei, komme es nach herrschender Meinung auf eine Kausalität des Widerspruchs nicht an. Das BSG sei dem zunächst gefolgt. In späteren Entscheidungen seien dann der 4. und der 12. Senat des BSG davon teilweise abgewichen und hätten angenommen, dass der Widerspruch nur erfolgreich sei, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehe. Das Abstellen der Rechtsprechung auf eine ursächliche Verknüpfung überzeuge vor dem Hintergrund des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht. Das gelte umso mehr, als sie im Ergebnis zu einer umfangreichen Kasuistik führe, mit der das Kostenverfahren nach dem Regierungsentwurf des § 80 VwVfG gerade nicht belastet werden sollte. Soweit die Entscheidungen von den Gedanken getragen worden seien, Mängel bei der Mitwirkung des Widerspruchsführers durch eine Kostentragung zu sanktionieren, bedürfe es des Konstrukts einer kausalen Verknüpfung nicht, weil nach § 63 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB X die Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, von diesem selbst zu tragen seien.

8

Hiergegen richtet sich die Revision der zu 1. beigeladenen KÄV. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sei ein Widerspruch nur dann erfolgreich, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehe. Eine solche sei hier gerade nicht gegeben, weil allein die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie zum Erfolg des Klägers im Vorverfahren geführt habe. Das BSG habe in einem Urteil vom 25.3.2004 - B 12 KR 1/03 R - die Frage, ob ein Erfolg des Widerspruchs vorliege, wenn eine während des Widerspruchsverfahrens in Kraft getretene Gesetzesänderung zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führe, ausdrücklich offengelassen. Dieser Entscheidung habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem das Widerspruchsverfahren einvernehmlich geruht habe, um zu der mit dem Widerspruch aufgeworfenen Rechtsfrage höchstrichterliche Entscheidungen in Parallelverfahren abzuwarten. Das BSG habe die Auffassung vertreten, dass die Ursächlichkeit des Widerspruchs für den Erfolg in der Sache durch das einverständliche Abwarten und den günstigen Ausgang der Parallelverfahren ersetzt werde. Eine solche besondere Fallkonstellation sei bei einer bloßen Rechtsänderung aber nicht gegeben.

9

Die Beigeladene zu 1. beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.5.2009 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

10

Der Beklagte schließt sich dem Antrag der Beigeladenen zu 1. an.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er ist der Auffassung, § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X fordere keinen Kausalzusammenhang für die Erstattungspflicht der Behörde. Im Übrigen wäre der Widerspruch auch ohne die eingetretene Rechtsänderung erfolgreich gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen zu 1. ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht den Gerichtsbescheid des SG Hannover sowie den angefochtenen Bescheid des Beklagten aufgehoben. Der Beklagte ist verpflichtet, eine Kostengrundentscheidung zugunsten des Klägers für die Verfahren zu den AZ: BA 92/2001 und BA 11/2001 zu treffen und dabei auch die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

14

1. Die Klage unmittelbar gegen den Beschluss des Beklagten über die Kosten der Widerspruchsverfahren war zulässig. Eines vorausgehenden Vorverfahrens nach § 78 Abs 1 SGG bedurfte es nicht. Der Beklagte war als Behörde, die über den Widerspruch entschieden hat, auch für die Kostenentscheidung zuständig. Das hat zur Folge, dass ein Vorverfahren gegen die vom Berufungsausschuss zu treffende Kostenentscheidung nicht stattfindet (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 zur Kostenfestsetzungsentscheidung des Berufungsausschusses).

15

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, der auch im vertragsärztlichen Zulassungsrecht zur Anwendung kommt(vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 RdNr 16; BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 12; BSG SozR 4-1935 § 17 Nr 1 RdNr 13). Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Diese Voraussetzung war hier gegeben. Die Widersprüche des Klägers waren erfolgreich iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte die beantragte Sonderbedarfszulassung sowie die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis erteilt hat.

16

3. Dem Erfolg des Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X steht hier eine mangelnde Ursächlichkeit zwischen dem Widerspruch und den begünstigenden Entscheidungen nicht entgegen. Der Senat hält allerdings grundsätzlich daran fest, dass ein Widerspruch nicht immer schon dann erfolgreich ist, wenn zeitlich nach der Einlegung des Rechtsbehelfs eine den Widerspruchsführer begünstigende Entscheidung ergeht, sondern auch erforderlich ist, dass zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 5 RdNr 15; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 11; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34; BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 3 S 13). Eine solche Verknüpfung hat der 4. Senat des BSG in einer Entscheidung vom 21.7.1992 (SozR 3-1300 § 63 Nr 3) für einen Fall verneint, in dem durch eine nachträgliche Vorlage des Antragsvordrucks und einer Bescheinigung über die Staatsangehörigkeit im Widerspruchsverfahren die Voraussetzungen für die Berechtigung zur Nachentrichtung von Beiträgen nachgewiesen wurden. Dem hat sich der 12. Senat in einem zurückverweisenden Urteil vom 29.1.1998 angeschlossen (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34). In seiner abschließenden Entscheidung in dieser Sache hat der 12. Senat des BSG (Urteil vom 18.12.2001 - USK 2001-61 S 377) einen ursächlichen Zusammenhang abgelehnt, weil dem Widerspruch im Hinblick darauf stattgegeben worden war, dass der Widerspruchsführer ausstehende Beitragszahlungen geleistet hatte, nachdem die Krankenkasse wegen eines Beitragsrückstandes das Ende der Mitgliedschaft festgestellt hatte. In den entschiedenen Fällen beruhte die Stattgabe mithin allein darauf, dass der Widerspruchsführer während des Widerspruchsverfahrens eine Handlung nachgeholt hatte, die er zuvor pflichtwidrig unterlassen hatte. Das Verhalten der Widerspruchsführer, die erst im Widerspruchsverfahren die gebotene Handlung nachholten und dann die Erstattung der Vorverfahrenskosten verlangten, wurde als widersprüchlich angesehen (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 10). Der 5. Senat hat in einem Urteil vom 17.10.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 5) die Kausalität für den Fall verneint, dass bei einem unzulässigen Widerspruch gegen die fehlende Kostenentscheidung im Abhilfebescheid aufgrund einer Kostennote die geltend gemachten Beträge überwiesen wurden. Entgegen der Auffassung des LSG ist das Erfordernis der Kausalität nicht im Hinblick auf § 63 Abs 1 Satz 3 SGB X obsolet, weil diese Vorschrift nur die Höhe, nicht den Grund der Kostenentscheidung betrifft(vgl Becker in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: Juli 2010, K § 63 RdNr 28; Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 25; Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 80 RdNr 32). Eine mit den genannten Fallkonstellationen vergleichbare Situation ist hier indes nicht gegeben.

17

Es bedarf daher keiner abschließenden Bewertung, ob die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum zu § 80 VwVfG, wie das LSG meint, eine Frage nach der Kausalität des Widerspruchs ausschließen(hierfür sprechen zB BVerwG Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 12 und 25; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl 2010, § 80 RdNr 25 unter Hinweis auf zT widersprüchliche Entscheidungen; dagegen etwa Hamburgisches OVG, NVwZ-RR 1999, 706; Kallerhoff aaO § 80 RdNr 31) oder ob sie nur die Unmaßgeblichkeit der Widerspruchsbegründung betonen. Das BVerwG verfolgt jedenfalls auch einen kausalitätsbezogenen Ansatz, wenn es in einer neueren Entscheidung bei der Prüfung, ob die Behörde treuwidrig statt einer Abhilfeentscheidung nach § 72 VwGO eine Rücknahmeentscheidung nach § 48 VwVfG getroffen hat, darauf abstellt, ob das die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auslösende Ereignis im Verantwortungsbereich des Widerspruchsführers lag(BVerwGE 118, 84: Kriegsdienstverweigerungsantrag, der zwischen der Absendung des Einberufungsbescheides und der Zugangsfiktion gestellt worden ist).

18

4. Hier liegt die für den Anspruch nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X grundsätzlich erforderliche Kausalität zwischen Widerspruch und Erfolg im Widerspruchsverfahren vor. Wenn nämlich eine während des Widerspruchsverfahrens eingetretene Rechtsänderung zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führt, entfällt die erforderliche Ursächlichkeit im Rechtssinne grundsätzlich nicht (vgl hierzu bereits BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 11, wo die Frage aber nicht zu entscheiden war; Becker aaO K § 63 RdNr 27; Diering in: LPK-SGB X, 2. Aufl 2007, § 63 RdNr 5 f). Ob dies auch für den Fall eines ursprünglich offensichtlich unbegründeten Widerspruchs gilt, muss der Senat nicht entscheiden; eine solche Konstellation liegt nicht vor (zum offensichtlich unzulässigen Widerspruch vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 5). Deshalb kann hier offen bleiben, ob der Widerspruch des Klägers nicht auch ohne die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie zum 1.7.2002 Erfolg gehabt hätte.

19

Wenn und soweit der Widerspruchsführer im Verfahren von einer Rechtsänderung zu seinen Gunsten profitiert, ist neben dieser Änderung auch der Widerspruch ursächlich für den Erfolg iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Durch seinen Widerspruch hat der Widerspruchsführer die Bestandskraft der ablehnenden Verwaltungsentscheidung verhindert, die allein durch die Rechtsänderung nicht entfallen wäre. Eine ähnliche Wertung liegt dem Urteil des 12. Senats des BSG vom 25.3.2004 zu Grunde. In dem entschiedenen Fall hatte das Widerspruchsverfahren einvernehmlich geruht, um zu der mit dem Widerspruch aufgeworfenen Frage höchstrichterliche Entscheidungen in Parallelverfahren mit Blick darauf abzuwarten, ob diese Verfahren zugunsten des Widerspruchsführers ausgingen (SozR 4-1300 § 63 Nr 1 = SGb 2004, 776 mit zustimmender Anmerkung von Ruppelt). In beiden Fällen setzte sich der Widerspruchsführer mit seinem Begehren im Ergebnis aus Rechtsgründen durch. Dabei ist grundsätzlich nicht von Belang, welche rechtlichen Erwägungen zur stattgebenden Entscheidung im Widerspruchsverfahren geführt haben (vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34). Der Erfolg eines Widerspruchs bemisst sich nicht daran, ob der Argumentation des Widerspruchsführers gefolgt wurde. Einer Kausalität zwischen Widerspruchsbegründung und der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes bedarf es nicht. Auch wenn dem Widerspruch aus vom Widerspruchsführer nicht vorgetragenen Gründen stattgegeben wird, ist er erfolgreich gewesen, wenn der Abhilfe eine vom Ausgangsbescheid abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde liegt (vgl Krasney in Kasseler Kommentar, Stand: Januar 2009, § 63 SGB X RdNr 5).

20

Dem LSG ist insofern zuzustimmen, als dem Wortlaut des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X keine Einschränkung hinsichtlich der Gründe für die stattgebende Entscheidung zu entnehmen ist. Im Gesetzgebungsverfahren zu § 80 VwVfG, dem § 63 SGB X nachgebildet ist(vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 8/2034 S 36 zu § 61 des Entwurfs), wurde erörtert, ob eine Kostenerstattungspflicht dann entfallen soll, wenn dem Widerspruch nicht wegen Rechtswidrigkeit, sondern wegen Unzweckmäßigkeit des angefochtenen Bescheides stattgegeben wird (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 7/910 S 92). Eine unterschiedliche Beurteilung dieser Fälle wurde abgelehnt, um das Kostenverfahren nicht mit schwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen zu belasten. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides soll mithin nicht nach Abschluss des Verfahrens im anschließenden Kostenverfahren überprüft werden müssen. Das erscheint auch deshalb sinnvoll, weil im Rahmen des § 63 SGB X eine gebundene Entscheidung und nicht wie bei § 193 SGG eine Ermessensentscheidung getroffen wird.

21

Für die Auffassung, dass eine Rechtsänderung zu Gunsten des Widerspruchsführers die Kausalität des Widerspruchs für dessen Erfolg nicht entfallen lässt, spricht schließlich, dass die ua von der Beigeladenen zu 1. vertretene Gegenauffassung (zumindest) in zwei Konstellationen wohl kaum zur Anwendung kommen könnte. Das betrifft zum einen Fälle, in denen alles dafür spricht, dass der Widerspruch auch ohne die Rechtsänderung Erfolg gehabt hätte, etwa weil die Auffassung der Ausgangsbehörde der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprochen hat, der dann im Laufe des Widerspruchsverfahrens durch eine gesetzliche Klarstellung Rechnung getragen worden ist. Wollte man auch insoweit die Kausalität des Widerspruchs für den Erfolg allein mit Hinweis auf die Rechtsänderung verneinen, hätte der Widerspruchsführer als Folge dieser Änderung einen ursprünglich begründeten Erstattungsanspruch nach § 63 Abs 1 SGB X verloren. Er müsste dann Anwaltskosten in unter Umständen erheblicher Höhe selbst tragen, obwohl er bei Beauftragung des Anwalts sicher davon ausgehen konnte, mit diesen Kosten nicht belastet zu werden.

22

Vergleichbare Wertungsprobleme ergäben sich in Konstellationen, in denen sich der Widerspruchsführer unter Umständen parallel zum eigenen Widerspruchsverfahren im politischen Raum um eine Änderung oder auch nur Klarstellung der Rechtslage (auch) zu seinen Gunsten bemüht. Wenn er damit Erfolg hat, wäre schwer begründbar, dass dieser Erfolg mit dem Ausschluss des Erstattungsanspruchs nach § 63 Abs 1 SGB X selbst dann erkauft werden müsste, wenn im Widerspruchsverfahren und im politischen Raum übereinstimmende Gesichtspunkte angeführt wurden.

23

Der Verwaltungsträger wird dadurch auch nicht in unbilliger Weise trotz rechtmäßigen Verhaltens mit Kosten belastet. Zum einen soll aus Gründen der Verfahrensökonomie die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung im Kostenverfahren nicht mehr überprüft werden. Für die Leistungs- und Verpflichtungsklage wäre ohnehin der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblich (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 34 mwN). Zum anderen hat der Widerspruchsführer seinerseits von einem ihm zustehenden Rechtsbehelf zur Wahrung seiner Rechte Gebrauch gemacht. Er kann nicht darauf verwiesen werden, dass er auch dadurch seinem Begehren zum Erfolg hätte verhelfen können, dass er nach Eintritt der Rechtsänderung einen neuen Antrag gestellt hätte. Im Fall der Rechtsänderung während des Vorverfahrens zugunsten des Widerspruchsführers liegt der Grund für den Erfolg des Widerspruchs außerhalb der Rechtskreise der Beteiligten allein in der Sphäre des Normgebers. Dessen Tun steht aber, insbesondere im Fall der Bedarfsplanungs-Richtlinie, der Sphäre des Verwaltungsträgers näher als der des Widerspruchsführers. Das Risiko einer Änderung der Rechtslage ist mithin ebenso wie eine Änderung der Rechtsprechung regelmäßig dem Verwaltungsträger zuzurechnen.

24

5. Das LSG hat auch zutreffend entschieden, dass der Kläger beanspruchen kann, dass der Beklagte die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts für das Rechtsbehelfsverfahren feststellt, § 63 Abs 2 iVm Abs 3 Satz 2 SGB X. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ist danach zu beurteilen, ob der Widerspruchsführer es für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19). Das ist in Verfahren, in denen es um die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung geht, in der Regel der Fall.

25

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und § 162 Abs 3 iVm § 154 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3 RdNr 16).

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch darauf hat, von den Kosten einer Behandlung des rechten Auges mittels einer Photodynamischen Therapie (PDT) unter Verwendung des Medikaments Verteporfion iHv 2.051,39 EUR freigestellt zu werden.
Die 1965 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten und dort gesetzlich krankenversichert. Sie leidet am rechten Auge an einer Gefäßgeschwulst der Aderhaut mit Flüssigkeitsaustritt aus den Blutgefäßen unter die Netzhaut (singuläres symptomatisches Aderhauthämangiom). Die Geschwulst liegt bei der Klägerin im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens und verursacht daher eine erhebliche Sehschärfenminderung. Bei der Erstuntersuchung in der Universitäts-Augenklinik T. war die Sehschärfe auf 0,4 reduziert, bei der Verlaufskontrolle am 15.05.2007 war sie auf 0,16 abgesunken. Dr. V. vom Universitätsklinikum T. führte in einem Attest vom 08.09.2006 aus, am rechten Auge zeige sich eine deutliche Progression, weshalb eine erneute Photodynamische Therapie (PDT) dringend indiziert sei. Es bestehe die Gefahr, dass sich der exsudative Anteil auch in Richtung Fovea (Sehgrube) fortsetze und dann zu einer weiteren Sehschärfenminderung führe. Da die Therapie bisher nur für die altersabhängige Makuladegeneration zugelassen sei, müsse vor einer Behandlung eines Aderhauthämangioms (Erfolge von 73 bis 100 % der Fälle) im Rahmen eines sog „Off-label-use“ eine positive schriftliche Einzelfallentscheidung durch den Kostenträger vorliegen. Die Behandlung wurde am 15.07.2007 durchgeführt, wofür das Universitätsklinikum T. mit Rechnung vom 03.03.2010 einen Betrag von 2.051,39 EUR forderte; der Betrag wurde bis zum Ende des Rechtsstreits gestundet. Grundlage dieser Behandlung war ein zwischen der Klägerin und dem Universitätsklinikum T. geschlossener Behandlungsvertrag vom 15.05.2007. Darin wird ua darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin eine Indikation vorliegt, die eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung ausschließt. Die Vergütung für eine Behandlung betrug nach dem Vertrag 2.051,39 EUR, darin sind die Kosten für das Medikament Verteporfin iHv 1.628,73 EUR enthalten.
Im Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage des Attestes von Dr. V. die Gewährung einer PDT mit Verteporfin. Dabei handelt es sich um ein Arzneimittel, das für die PDT der altersabhängigen Makuladegeneration zugelassen ist. Der Wirkstoff wird durch Infusion verabreicht und wird über die Blutgefäße im Körper verteilt. Mittels einer kalten Laserbehandlung des Auges wird der Wirkstoff dort aktiviert. Der Wirkstoff Verteporfin wird unter dem Namen Visudyne als Pulver (15 mg) zur Herstellung einer Infusionslösung vertrieben. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) beschloss in seiner Sitzung am 16.08.2007, die Anlage I der Richtlinie „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ in der Fassung vom 17.01.2006 (BAnz S 1523), zuletzt geändert am 18. Januar 2007 (BAnz S 4362), wie folgt zu ändern:
I. In der Anlage I „Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden“ wird die Nummer 11 wie folgt neu gefasst:
„11. Photodynamische Therapie (PDT) mit Verteporfin bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (CNV) aufgrund von pathologischer Myopie mit bestkorrigiertem Visus von mindestens 0,2 bei der ersten Indikationsstellung und einer Läsionsgröße von max. 5400 μm.“
II. Die Änderung der Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.“
Dieser Beschluss wurde im Bundesanzeiger Nr 207 (S 7938) vom 07.11.2007 veröffentlicht.
In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme führte der Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) unter dem Datum des 23.10.2006 aus, im vorliegenden Fall sei die PDT weder vom GBA noch das hierfür erforderliche Medikament Verteporfin von der European Medicines Agency zugelassen. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.10.2006 die beantragte Leistungsgewährung ab.
Mit ihrem Widerspruch vom 07.11.2006 machte die Klägerin geltend, sie könne kaum noch ihre Arbeit ausführen und das Autofahren werde immer schlimmer. Werde die Behandlung nicht durchgeführt, werde sie in kürzester Zeit erblinden. An der Universität E. seien mehrere Patienten mit Aderhauthämangiom erfolgreich mit PDT behandelt worden und die Kosten seien von der AOK Nordrhein-Westfalen erstattet worden.
10 
In einem Attest vom 10.11.2006 führte Dr. V. aus, wie von der Beklagten bereits angemerkt, handele es sich um ein bei diesem Krankheitsbild nicht zugelassenes Verfahren. Voraussetzung für die Zulassung des Verfahrens sei eine randomisierte und prospektive Studie, die bei einem derartig seltenen Krankheitsbild, an dem bundesweit nur etwa 200 bis 250 Menschen leiden würden, nicht durchführbar sei. Nach einem beifügten Übersichtsartikel sei in 73-100 % der Fälle über einen erfolgreichen Verlauf berichtet worden. Damit sei die Behandlung mit PDT bei dieser Erkrankung noch erfolgreicher als bei der feuchten altersbedingten Makuladegeneration, für die das Verfahren aber zugelassen sei.
11 
In einer Stellungnahme vom 06.12.2006 führte der MDK aus, das vorliegende Krankheitsbild sei zwar nicht häufig, es sei jedoch durchaus möglich, hierzu wissenschaftliche Studien zur Erprobung neuartiger Therapien durchzuführen. Die in den vorliegenden Veröffentlichungen genannten Patientenzahlen würden statistisch relevante Studiengrößen erlauben. Für die Entscheidung des GBA, die PDT mit Verteporfin nur für die Indikationen „altersbedingte Makuladegeneration“ und „CNV bei pathologischer Myopie“ zuzulassen, habe eine wesentliche Rolle gespielt, dass bei diesen Erkrankungen oft beide Augen betroffen seien und die Sehfähigkeit insgesamt deutlich mehr gefährdet sei als bei einer isolierten Erkrankung nur eines Auges. Als Therapiealternativen kämen eine Laserbehandlung und eine niedrigdosierte Bestrahlung in Betracht. Allerdings erfordere die Bestrahlung einen höheren organisatorischen und zeitlichen Aufwand. Bei der Klägerin habe keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen. Auch eine einzigartige Erkrankung, die weltweit nur extrem selten auftrete und deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden könne, liege nicht vor. Zum symptomatischen Aderhauthämangiom würden eine ganze Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen vorliegen. Die Wirksamkeit der PDT erscheine zwar möglich, jedoch sei deren Überlegenheit nicht iS eines wissenschaftlichen Vollbeweises gesichert.
12 
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2007, der Klägerin am 14.02.2007 zugestellt, den Widerspruch zurück. Die PDT sei eine neue Behandlungsmethode iSd § 135 SGB V, die nicht vom GBA zugelassen sei. Auch nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts komme kein Leistungsanspruch in Betracht, da zur Behandlung eines Aderhauthämangioms eine dem allgemeinen medizinischen Stand entsprechende Therapie zur Verfügung stehe.
13 
Am 28.02.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Die von der Beklagten angegebenen alternativen Therapien seien weniger erfolgversprechend als eine PDT. Bei einer Laserbehandlung komme es zu umfassenden Umbauprozessen und zu einer Narbenbildung. Dabei werde nicht nur das Tumorgewebe selbst, sondern auch das darüber liegende Netzhautgewebe nachhaltig geschädigt, was zu einem umfassenden Sehverlust führe. Gerade dies sei zu verhindern gewesen. Durch die PDT werde demgegenüber die Netzhautschädigung auf ein Minimum begrenzt und dadurch möglicherweise eine Verbesserung der Sehschärfe erreicht. Alle medizinischen Gründe sprächen daher gegen die von der Beklagten vorgeschlagene thermische Laserbehandlung und für eine PDT. Aufgrund des seltenen Krankheitsbildes mit bundesweit lediglich 200 bis 250 erkrankten Menschen, sei die Durchführung von randomisierten und prospektiven Studien nicht möglich.
14 
Das SG hat aus dem Verfahren S 12 KR 6673/05 eine Auskunft des GBA vom 23.01.2007 beigezogen. Wegen des Inhalts der Auskunft wird auf Blatt 44 bis 53 der SG-Akten Bezug genommen. Dort hatte der GBA ua mitgeteilt, das Beratungsthema „Photodynamische Therapie mit Verteporfin bei weiteren Indikationen“ aufgrund eines erneuten Antrages vom 18.09.2003 sei im zuständigen Unterausschuss überprüft worden. Die Überprüfung dieser Methode sei durchgeführt worden für PDT bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisationsmembran bei Myopie, PDT bei rein okkulter CNV bei AMD, PDT bei juxtafoveolärer CNV, PDT bei sekundärer CNV nach Chorioretinitis unklarer Genese aufgrund der veränderten Zulassungen von Verteporfin vom 18.09.2003. Die Beratungen zur PDT bei hoher Myopie und weiteren Indikationen seien im Gemeinsamen Bundesausschuss mit Beschluss vom 21.02.2006 abgeschlossen und nach der Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) am 24.05.2006 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Bei der Diagnose „Aderhauthämangiom“ handele es sich um eine Erkrankung, die durch den Beratungsantrag nicht erfasst sei. Über die Häufigkeit des Auftretens des genannten Krankheitsbildes könnten keine näheren Angaben gemacht werden.
15 
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung von Dr. V. als sachverständigen Zeugen. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf Blatt 25 bis 30 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. V. hat dem SG mit Schreiben vom 27.05.2007 mitgeteilt, die bei der Klägerin vorhandene Geschwulst liege im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) und verursache daher eine erhebliche zentrale Sehschärfenminderung. Die Verlaufskontrolle vom 15.05.07 habe gezeigt, dass die Sehschärfe seit der Erstuntersuchung von 0,4 auf 0,16 abgesunken sei. In unbehandeltem Zustand führe die Krankheit zu einer Erblindung. Die Geschwulst könne nicht vollständig zurückgebildet werden, Ziel aller Behandlungen sei es, die Tumorgröße zu vermindern. Dies könne prinzipiell auch mit anderen Verfahren wie einer thermischen Laserbehandlung oder einer Bestrahlung erreicht werden. Bei diesen Therapieverfahren würde jedoch auch die über dem Tumor gelegene Netzhaut in Mitleidenschaft gezogen, was sich in einem deutlichen Verlust der zentralen Sehschärfe und des zentralen Gesichtsfeldes bemerkbar mache. Bei der Bestrahlung sei zusätzlich noch mit Strahlenschäden an der Augenlinse (grauer Star) und mit Schäden am Sehnerven zu rechnen.
16 
In einer von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme vom 23.08.2007 hat Dr. V. ausgeführt, um bei einer Bestrahlung mit dem Linearbeschleuniger eine maximale Schonung des umgebenden Gewebes zu erreichen, müssten aufwändige computergestützte Berechnungen und Bestrahlungssimulationen durchgeführt werden, was einen erheblichen zusätzlichen Kostenaufwand bedeute. In der aktuellen Literatur werde die PDT als Therapie der ersten Wahl bezeichnet.
17 
Das SG hat des weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines nach Aktenlage erstellten augenärztlichen Gutachtens beim Direktor der Universitäts-Augenklinik H. Prof. Dr. A.. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 141 bis 198 der SG-Akten Bezug genommen. In seinem Gutachten vom 14.08.2010 hat Prof. Dr. A. ua ausgeführt, bei dem Aderhauthämangiom handele es sich um ein seltenes Krankheitsbild, das bundesweit 200 bis 250 Mal vorkomme. Es liege bislang keine multizentrische randomisierte Studie vor und damit auch keine zugelassene Therapie, auf die man sich berufen könne. Ein typisches Merkmal von solitären symptomatischen chorioidalen Hämangiomen sei die anatomische und funktionelle Variabilität, so dass es keine einheitliche Therapieempfehlung gebe. Eine Literaturrecherche habe ergeben, dass sich die meisten Beiträge mit der PDT befassten. Es sei daher davon auszugehen, dass mit dieser Therapie die größten Erfahrungen bestünden. In allen Fällen sei es zu einer Tumorgrößenreduktion gekommen, ohne dass Nebenwirkungen beobachtet worden seien. Daneben werde in der Literatur von zahlreichen weiteren Therapiemöglichkeiten berichtet, wobei diese unterschiedliche Erfolge aufwiesen. Gute Ergebnisse seien bei der Anwendung einer „low dose external beam irradiation“ (Radiotherapie) beschrieben worden. Es sei in allen neun der in einer Veröffentlichung beschriebenen Fällen zu einem Visusanstieg, einer Tumorregression und zur kompletten Wiederanlage der Netzhaut gekommen. Mit einer Strahlenretinopathie sei bei einer Dosis von <30-40 Gy nicht zu rechnen gewesen. Ein Langzeitverlauf sei aber nicht dokumentiert worden. In einer weiteren Veröffentlichung mit 36 Fällen sei der Erfolg vom Ausmaß an subretinaler Flüssigkeit abhängig gewesen. Zusammenfassend müsse sich die Therapie nach dem individuellen Verlauf und Befund sowie der Lage des Hämangioms richten. Die „low dose external beam-Radiotherapie“ könne eine Alternative zur PDT darstellen. Sie sei jedoch mit einem erheblich größeren zeitlichen und planungsmäßigen Aufwand verbunden und stehe nicht in jedem Zentrum zur Verfügung. Zur PDT würden die meisten Erfahrungsberichte vorliegen und der voraussichtliche Nutzen würde gegenüber den möglichen Risiken deutlich überwiegen.
18 
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme des MDK vom 22.09.2010 vorgelegt. Dort wird ausgeführt, die Häufigkeitsangabe von bundesweit 200 bis 250 Neuerkrankungen sei plausibel, bedeute aber nicht, dass es sich um eine einzigartige und nicht einer systematischen Erforschung zugänglichen Erkrankung handle. Dies ergebe sich schon aus der Zahl der Veröffentlichungen hierzu. Die von Prof. Dr. A. erwähnte niedrigdosierte externe Bestrahlung („external beam irradiation“) gehöre zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
19 
Mit Urteil vom 22.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten, die ihr für die PDT entstanden seien. Der Kostenerstattungs- bzw Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Eine Kostenerstattung sei vorliegend ausgeschlossen, weil Qualität und Wirksamkeit der Behandlung im Zeitpunkt des Eingriffs nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entsprochen hätten. Gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen abgegeben habe. Das Gesetz schließe eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des GBA, sondern auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung, aus. Im vorliegenden Fall handele es sich bei der PDT zum Behandlungszeitpunkt um eine neue Behandlungsmethode, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten gewesen sei. Mangels positiver Empfehlung des GBA sei die PDT nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen. Im Grundsatz scheide daher ein Sachleistungsanspruch der Klägerin auf eine PDT und damit auch ein Kostenerstattungsanspruch aus. Eine Ausnahme gelte nur, bei weltweit extrem selten auftretenden Erkrankungen, die einer systematischen Erforschung von darauf bezogenen Therapiemöglichkeiten nicht zugänglich seien und für die andere Therapiemöglichkeiten nicht zur Verfügung stünden. Ein solcher Seltenheitsfall liege nicht vor, da die Erkrankung der Klägerin mit bundesweit etwa 200 bis 250 Krankheitsfällen einer systematischen Erforschung nicht entzogen sei. Dies folge nicht nur aus den zahlreichen von Prof. Dr. A. zitierten veröffentlichten Erfahrungsberichten, sondern vor allem aus der Tatsache, dass mit der „low dose external beam irradiation“ (Radiotherapie) eine anerkannte Therapie zur Behandlung eines Aderhaut-Hämangioms im EBM enthalten sei. Ohne einen fundierten wissenschaftlichen Nachweis wäre es zu der Aufnahme dieser Therapie in den Leistungskatalog der GKV nicht gekommen. Daher könne vorliegend nicht von einem Seltenheitsfall ausgegangen werden. Diese „low dose external beam irradiation“ (Radiotherapie) stelle auch eine echte und verfügbare Behandlungsalternative dar. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass diese Therapie aufgrund der erforderlichen aufwändigen Bestrahlungsplanung für die Beklagte höhere Kosten verursacht hätte. Schließlich ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen. Denn die Klägerin habe nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gelitten. Die drohende Erblindung eines Auges sei hiermit wertungsmäßig nicht vergleichbar. Im Übrigen stehe eine allgemein anerkannte und dem medizinischen Stand entsprechende Therapie zur Verfügung. Ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagte sich Kosten für die nicht durchgeführte Bestrahlungstherapie erspart habe. Denn weder fiktive Kosten noch die Ersparnis der Krankenkasse gehören zu den erstattungsfähigen Kosten.
20 
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 01.12.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.12.2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Das Gut-achten vom 14.08.2010 habe den Nachweis erbracht, dass es sich um einen Seltenheitsfall handele. Auch wenn bundesweit geschätzt 200 bis 250 Betroffene existierten, sei es typisches Merkmal des solitären symptomatischen Aderhauthämangioms, dass die Erkrankung eine anatomische und funktionelle Variabilität aufweise, so dass es keine einheitliche Therapieempfehlung gebe. Es komme immer auf den Einzelfall an. Um beurteilen zu können, wie viele Personen bundesweit überhaupt an einer Form des solitären symptomatischen Aderhauthämangioms, die mit der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung vergleichbar sei, litten, sei eine gesonderte Dokumentation der beschriebenen 200 bis 250 Fälle erforderlich. In jedem Fall führe diese dazu, dass sich die Zahl der mit der Klägerin vergleichbaren Erkrankungen bundesweit weiter deutlich reduzierten. Es sei von einer seltenen Erkrankung auszugehen. Sie teile auch die Ansicht des SG nicht, dass mit der Radiotherapie eine anerkannte Therapie zur Behandlung eines Aderhauthämangioms im EBM enthalten sei. Es könne keine generelle Aussage dahingehend getroffen werden, dass die Radiotherapie per se als Behandlungsmethode beim Vorliegen eines Aderhauthämangioms geeignet sei. Insofern sei ihr von einer Behandlung durch die Radiotherapie aufgrund der unzweifelhaft vorhandenen Risiken abgeraten worden. Es müsse zudem bestritten werden, dass die im EBM enthaltene Radiotherapie überhaupt auf die konkret bei ihr vorhandene Erkrankung zugeschnitten und zugelassen sei.
21 
Die Klägerin beantragt,
22 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.11.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den ihr entstandenen Kosten in Höhe von 2.051,39 EUR gegenüber dem Universitätsklinikum T. freizustellen.
23 
Die Beklagte beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
26 
Die Sach- und Rechtslage wurde in einem Termin zur Erörterung am 25.11.2011 mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Inhalts wird auf Blatt 33 bis 37 der Senatsakte Bezug genommen.
27 
Mit Schriftsatz vom 11.01.2012 hat die Klägerin ua mitgeteilt, Dr. V. habe sie darauf hingewiesen, dass alternative Behandlungsmethoden dem Grunde nach existierten, diese allerdings unter Umständen nicht den beabsichtigten Erfolg hätten, da die Aderhautgeschwulst extrem nah am Sehnerv gelegen habe und Alternativbehandlungen nicht eine punktuelle, sondern vielmehr eine flächenmäßige Behandlung darstellten. Hinzu seien die unzweifelhaft negativen Nebenwirkungen der alternativen Behandlungsmethoden gekommen, hier insbesondere die Schädigung des gesunden Gewebes durch die von der Beklagten vorgeschlagenen Strahlenbehandlung. Es sei ihr nicht zumutbar gewesen, auf Kosten ihres Sehvermögens zeitaufwendige Alternativmethoden in Betracht zu ziehen, deren therapeutischer Nutzen im vorliegenden Fall fragwürdig erschienen seien und die im Übrigen weniger erforscht seien, als die Therapie mit PDT. Die PDT werde in der Literatur als „First Line“-Therapie in der Behandlung von Aderhautgeschwulsten angesehen.
28 
Das bei ihr bestehende Krankheitsbild sei von außerordentlicher Seltenheit, weshalb sich jegliche pauschale Behandlungseinstufung verbiete. Nur weil anders gelegene Aderhautgeschwulste evtl mit der Strahlentherapie behandelt werden könnten, bedeute dies nicht, dass das bei der Klägerin vorhandene Krankheitsbild ebenfalls sinnvoll und erfolgsversprechend mit dieser Behandlungsmethode behandelt werden könne.
29 
In einer von der Beklagten übersandten Stellungnahme vom 08.02.2012 hat der MDK ausgeführt (zum Ganzen vgl Blatt 50 bis 52 der Senatsakte), eine aktuelle Recherche in pubmed, der größten Datenbank zu medizinischer Fachliteratur, gepflegt vom Amerikanischen Gesundheitsministerium NIH mit den Begriffen „choroidal hemangioma“ habe ergeben, dass 391 Publikationen gefunden wurden. Mit Therapie hätten sich 227, in Deutscher und englischer Sprache 184 und in den letzten 10 Jahren 92 Veröffentlichungen befasst. Als klinische Studie seien nur 10 verschlagwortet. Zur im Leistungskatalog verfügbaren Strahlentherapie des Hämangioms mit Photonen fänden sich drei Publikationen. Bei der Strahlentherapie des Hämangioms stehe die „Low dose“-Bestrahlung zur Verfügung, aber auch eine Jod-125-Brachytherapie. Hierzu seien aus der Universitätsklinik Essen Langzeiterfahrungen berichtet. Prinzipiell zeige die Anzahl der Publikationen und die große Zahl publizierter Therapien, dass Studien durchführbar und dass auch vergleichende multizentrische Studien möglich seien. Wenn auch der Trend bei den Publikationen in den letzten Jahren eher in die Richtung medikamentöser Therapien wie PDT und Angiogenesehemmerbehandlung (Bevacizumab) gehe, so seien dennoch bisher keine vergleichenden Untersuchungen bekannt, die einen Therapievorteil gegenüber der Strahlentherapie mit Photonen oder Brachytherapie belegten.
30 
In der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2012 hat die Klägerin ua ausgeführt, seit der PDT-Behandlung seien keine Flüssigkeitseinlagerungen mehr aufgetreten. Die Sehschärfe liege zurzeit bei 60 %. Sie sei damals über beide Methoden aufgeklärt worden. Weil die Geschwulst aber so nahe am Sehkanal gelegen habe, sei aus ihrer Sicht nur die PDT-Behandlung in Frage gekommen. Die Behandlung sei dann durchgeführt worden, weil sie nicht gewusst habe, wie sich die Erkrankung entwickeln würde und schnell behandelt werden sollte.
31 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
32 
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2007 ist nicht rechtswidrig, die Klägerin wird nicht in ihren Rechten verletzt.
33 
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Krankenbehandlung des rechten Auges in Folge eines symptomatischen exsudativen chorioidalen Hämangioms mittels einer PDT mit Verteporfin als Sachleistung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2007. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dadurch, dass die Klägerin nach Ablehnung des Sachleistungserbringung sich die Krankenbehandlung selbst beschafft hat, ändert sich hieran nichts; lediglich ihr Begehren wandelt sich von einer auf Sachleistungsverschaffung gerichteten Leistungs- in eine auf Kostenerstattung bzw Kostenfreistellung gerichtete Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw Kostenfreistellung.
34 
Der Senat geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass diese einer wirksamen Kostenforderung des Universitätsklinikums T. über 2.051,37 EUR ausgesetzt ist. Einen entsprechenden privatrechtlichen Behandlungsvertrag hat sie mit dem Universitätsklinikum T. geschlossen. Dieses hat die geschuldete Leistung erbracht. Im Vertrag war die Klägerin auch ausdrücklich, laienverständlich und deutlich darauf hingewiesen worden, dass die vereinbarte Behandlung nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört und privatärztlich erbracht wird. Zweifel an einer wirksamen Kostenforderung bestehen deshalb, weil die Klinik der Klägerin die am 15.05.2007 erbrachten Leistungen erst am 03.03.2010 in Rechnung gestellt hat (Bl 131 der SG-Akte) und der Klägerin, nach deren Vortrag (schriftlich vom 15.07.2009, Bl 106 der SG-Akte) bis zur Entscheidung des Rechtsstreits mündlich Zahlungsaufschub bewilligt hat. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Klägerin tatsächlich keiner Zahlungspflicht ausgesetzt ist und der Rechtsstreit nur dazu dient, die Leistungspflicht abstrakt allein im Interesse der Klinik klären zu lassen (vgl hierzu BSG 18.07.2006, B 1 KR 24/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 9 = BSGE 97, 6).
35 
Die Voraussetzungen des Kostenanspruchs sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin bisher noch keine Zahlungen geleistet hat. Deshalb kommt vorliegend nur ein Freistellungsanspruch in Betracht, der sich ebenfalls nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 und 2 SGB V beurteilt (BSG 18.07.2006, aaO). Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.
36 
Eine unaufschiebbare Leistung iSd § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGB V lag nicht vor. Denn eine Leistung ist in diesem Sinn unaufschiebbar, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand (BSG 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R, SozR 3-2500 § 13 Nr 22 = juris). Wie auch der tatsächliche Geschehensablauf zeigt (Untersuchung im September 2006, Antragstellung im Oktober 2006, Behandlung am 15.05.2007), liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
37 
Jedoch liegen auch die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V („Kosten verursacht durch eine rechtswidrige Ablehnung der Leistungsgewährung“) nicht vor. Denn ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse voraus und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch. Insoweit begehrt die Klägerin aber Leistungen, die im vorliegenden Fall nicht der materiellen Leistungspflicht der Beklagten nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegen.
38 
Die vorliegend streitige Behandlung wurde ambulant in einem iSd § 108 Satz 1 Nr 1 SGB V zugelassenen Krankenhaus erbracht. Ob der Anspruch der Klägerin bereits deshalb nicht gegeben ist, weil die Universitätsklinik zur ambulanten Erbringung der Leistung gar nicht berechtigt war, lässt der Senat offen. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch scheitert daran, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankenbehandlung nicht erfüllt sind.
39 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V die (ambulante) ärztliche Behandlung. Gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst die (ambulante) ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Insoweit entspricht die Vorgabe des § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 Satz 1 SGB V, wonach die Leistungen der Krankenkassen der GKV ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 Satz 2 SGB V ). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V).
40 
Nach § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V beschließt der GBA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, insbesondere über die ärztliche Behandlung (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) und über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Dabei kann er die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind (§ 92 Abs 1 Satz 1 SGB V). Zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung sind nach § 135 SGB V Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen danach in der (ambulanten) vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat. Durch derartige Richtlinien wird unmittelbar der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt. Gegenüber der fehlenden Entscheidung des GBA über den Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - auch der Einwand unerheblich, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall notwendig gewesen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der GBA die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt nämlich nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des GBA, sondern vielmehr auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse aus.
41 
Bei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V handelt es sich um untergesetzliche Normen, die iVm § 135 SGB V gegenüber dem Arzt, der Krankenkasse und dem Versicherten verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums sind. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - deshalb solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der GBA sie als zweckmäßig anerkannt hat. Dieser Leistungsausschluss gilt auch im Verhältnis zum Versicherten, denn durch § 135 SGB V iVm den vom GBA erlassenen Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V wird der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen festgelegt (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris). Darf der Arzt eine Behandlungsmethode nicht als Vertragsleistung abrechnen, weil sie nach den Richtlinien ausgeschlossen oder nicht empfohlen ist, gehört sie auch nicht zur geschuldeten Krankenbehandlung iSd § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V. Die Bindung der Krankenkassen an diese Modalitäten und Grenzen der Krankenbehandlung greift aber nicht nur im Falle einer Sachleistungserbringung, sondern auch im Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 SGB V (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris). Die Anforderungen nach § 135 SGB V gelten auch im Fall der ambulanten Krankenhausbehandlung und bei Behandlungen in einer Hochschulambulanz (BSG 08.11.2011, B 1 KR 19/10 R juris). Eine Behandlung auf der Grundlage von § 116b in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, bei der die rechtlichen Grenzen des § 135 SGB V nur in eingeschränktem Umfang gelten (BSG 27.03.2007, B 1 KE 25/06 R, SozR 4-2500 § 116b Nr. 1), hat nicht stattgefunden.
42 
Der Anwendung des § 135 SGB V steht nicht entgegen, dass die vorliegend streitige Behandlung auch durch den Einsatz des Medikaments Verteporfin geprägt ist. Die streitige Behandlung erfolgt dadurch, dass das Medikament Verteporfin in die Blutbahn injiziert und anschließend durch einen fachkundigen Arzt an der betreffenden Stelle im Auge in einem besonderen Verfahren mittels sog kalter Laserbehandlung aktiviert wird. Diese aufwändige, zwingend durch einen Arzt vorzunehmende Anwendung des Medikaments erfordert mithin die Beherrschung und punktgenaue sichere Anwendung der Lasertechnik an einem hochsensiblen Körperorgan. Dieses Vorgehen ist mit der normalen Verabreichung - selbst im Wege der Injektion - eines Medikaments in der Erwartung, dass es im Körper die erwünschte Wirkung entfaltet, qualitativ nicht vergleichbar (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 23). Der Handhabung durch den Arzt kommt für den Therapieerfolg ein mindestens ebenso großes Gewicht zu wie dem Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes und kennzeichnet die PDT als eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausreichende neue Behandlungsmethode, die infolgedessen eine über das Arzneimittelrecht hinausreichende Prüfung verlangt (BSG aaO). Damit kann die PDT nicht bloß unter arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Insoweit unterliegen ambulant durchgeführte Pharmakotherapien dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V dann, wenn die eingesetzten Präparate keine Zulassung nach dem AMG benötigen, wie das beispielsweise bei Rezepturarzneien oder anderen Arzneimitteln der Fall ist, die für den einzelnen Patienten auf besondere Anforderung hergestellt werden (BSG 23.07.1998, B 1 KR 19/96 R, BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 = juris; BSG 28.03.2000, B 1 KR 11/98 R, BSGE 86, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 = juris). Zwar lässt sich damit eine Ausnahme vom Zulassungserfordernis für Verteporfin und die alleinige Zuständigkeit des Bundesausschusses nicht begründen (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris Rdnr 21). Doch ist die PDT von Besonderheiten geprägt, die einer Beschränkung der Prüfung auf arzneimittelrechtliche Maßstäbe entgegenstehen (BSG aaO juris Rdnr 22). Bei der Anwendung von Verteporfin in der vertragsärztlichen Versorgung sind sowohl arzneimittelrechtliche Gesichtspunkte von Bedeutung, als auch die Art und Weise der Verabreichung der Arznei durch den Arzt, die den dafür geltenden Qualitätskriterien genügen muss (BSG aaO). In einem solchen Fall kommt eine Leistungspflicht für die mit einem Fertigarzneimittel zusammenhängende Therapie erst dann in Betracht, wenn die leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen für ein neues Arzneimittel und diejenigen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind - wenn also weder das arzneimittelrechtliche Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt das verwendete Mittel erfasst (BSG aaO juris Rdnr 24). Insoweit gilt, dass ähnlich wie eine Behandlungsmethode als dann „neu“ zu beurteilen ist und deshalb der besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein kann, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (BSG 14.02.2001, B 1 KR 29/00, R SozR 3-2500 § 18 Nr 6 = juris; BSG 16.09.1997, 1 RK 28/95, BSGE 81, 54-73 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 = juris). Insoweit ist die PDT als einem Zusammenspiel von Medikamentengabe und ärztlichem Handwerk zu beurteilen, sodass sie vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht ausgenommen ist (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 22).
43 
„Neu“ ist eine Behandlungsmethode, wenn sie - wie die PDT bei der vorliegend angewandten Indikation - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für vertragsärztliche Leistungen enthalten ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 22 mwN). So liegt es hier. Der GBA hat bislang über die Anwendung der PDT mit Verteporfin in der vorliegend streitigen Indikation nicht entschieden; ein entsprechender Antrag, der Voraussetzung für ein Verfahren vor dem GBA wäre, ist bislang nicht gestellt worden. Der in der Anlage I Richtlinien „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ Nr 8 anerkannte Anwendungsbereich der PDT betrifft die altersabhängige feuchte Makuladegeneration mit subfovealer klassischer chorioidaler Neovaskularisation (Neubildung von Blutgefäßen) und der in Nr 11 anerkannte Anwendungsbereich betrifft die PDT mit Verteporfin bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (CNV) aufgrund von pathologischer Myopie und bestkorrigiertem Visum von mindestens 0,2 bei der entsprechenden Indikationsstellung und einer Läsionsgröße von max 5400 μm. Mangels positiver Empfehlung des GBA war die PDT - und ist es immer noch - bei der vorliegenden Indikation daher nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV und durfte zu Lasten der Beklagten von der Klägerin nicht beansprucht noch vom Universitätsklinikum T. geleistet werden.
44 
Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor. Für ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode (vgl dazu BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris) bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte, ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, zumal bereits kein entsprechender Antrag beim GBA eingereicht wurde.
45 
Auch liegt ein Seltenheitsfall, bei dem des Weiteren eine Ausnahme vom Erfordernis der vorherigen positiven Empfehlung des GBA erwogen werden könnte (vgl BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris), nicht vor.
46 
Nach der Rechtsprechung des BSG (aaO, juris Rdnr 29) kann die Vorgehensweise in einem singulären Krankheitsfall von vornherein nicht als Behandlungsmethode iS des krankenversicherungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalts aufgefasst werden und unterliegt damit nicht den Einschränkungen des § 135 SGB V. Maßgeblich ist insoweit, dass generelle wissenschaftliche Aussagen zur Therapie der Krankheit infolge der geringen Zahl an Patienten wirklich so gut wie ausgeschlossen sind (BSG aaO juris Rdnr 31). Damit sind Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit, die so selten auftritt, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheidet, vom Leistungsumfang der GKV nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil der GBA dafür keine Empfehlung abgegeben hat (BSG aaO juris Leitsatz). Diese Rechtsprechung hat das BSG fortgeführt (Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 16/07 R, BSGE 100, 103-118 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 = juris Rdnr 30) und präzisiert, dass es sich bei einem Seltenheitsfall einer Krankheit um eine Krankheit handeln muss, die weltweit nur extrem selten auftritt und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann und bei der deshalb eine erweiterte Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht zu ziehen wäre. Damit steht bei der Beurteilung eines Seltenheitsfalles nicht die Anzahl der Erkrankungsfälle im Mittelpunkt, sondern die Frage der Erforschbarkeit und Behandelbarkeit.
47 
Der Senat ist nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen zu der Überzeugung gelangt, dass in Deutschland 200 bis 250 (Neu-)Erkrankungen pro Jahr mit Aderhauthämangiomen festgestellt werden (vgl Gutachten Prof. Dr. A. und MDK ). Aderhauthämangiome werden derzeit auf verschiedene Art und Weise behandelt. Aus der vom MDK vorgelegten Übersicht über Veröffentlichungen und Studien (vgl Blatt 51 der Senatsakte) ergibt sich für den Senat, dass in verschiedenen Therapie- bzw Fallserien bis zu 88 Personen (Studie von Jurklies 2005), 71 (Studie von Levy-Gabriel 2009) bzw 51 (Studie von Schilling 1997) behandelt und begutachtet wurden. Dabei wurde bei den vom MDK ausgewerteten 33 Veröffentlichungen bzw Studien der Übersicht auf Blatt 51 der Senatsakte 11 bzw 12 mal mittels PDT behandelt, im Übrigen mittels Cobalt-60, Low dose-Bestrahlung, externe Bestrahlung, Argon-Laser-Photokoagulation, Stereotaktischer Radiotherapie, Palladium 103 Plaques-Bestrahlung, Laser-Thermotherapie, Gammaknife Radiochirurgie, Photonen, Protonenbestrahlung, Anti VEGF, Gammaknife, Bevacizumab, Jod-125 Brachytherapie bzw Bevacizumab (Avastin). Auch der Gutachter Prof. Dr. A. konnte entsprechende Veröffentlichungen darlegen.
48 
Derzeit gibt es nach einer Recherche des MDK in der medizinischen Datenbank „pubmed“ insgesamt 391 Veröffentlichungen zu der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung einer „choroidal hemangioma“, 227 Veröffentlichungen befassen sich mit Therapieformen. Davon handelt es sich bei 10 Veröffentlichungen um klinische Studien (vgl Blatt 50 der Senatsakte).
49 
Auch unter Berücksichtigung der besonderen Lage des Hämangioms bei der Klägerin im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) nahe am Sehnerv ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Seltenheitsfall nicht vorliegt. Die bei der Klägerin bestehende Erkrankung wird so oder in ähnlicher Form in Deutschland jährlich bei 200 bis 250 Personen festgestellt. Die erhebliche Zahl von nationalen und internationalen Veröffentlichungen einschließlich der 10 klinischen Studien zeigt, dass die Erkrankung einer systematischen Erforschung zugänglich ist. Sie ist auch behandelbar mit zugelassenen (EBM-gelisteten) Behandlungsmethoden. Dies wird nach Überzeugung des Senats auch dadurch belegt, dass die auch in Studien bzw Veröffentlichungen dargestellte „low dose external beam-Radiotherapie“ aber auch eine Laserbehandlung auch bei Behandlungen am Auge bei Aderhauthämangiomen zur Versorgung der Versicherten zu Lasten der GKV zugelassen ist. Damit kann die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung systematisch erforscht und systematisch behandelt werden. Ein Seltenheitsfall liegt damit nicht vor, auf die positive Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V kann nicht verzichtet werden.
50 
Auch mittels einer grundrechtsorientierten Auslegung der Regelungen des SGB V kann vorliegend nicht auf das Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V verzichtet werden. Denn eine derartige verfassungskonforme Auslegung (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25-51 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 = juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170-182 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 = juris) setzt ua voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (BSG, aaO) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153-161= SozR 4-2500 § 27 Nr 7 = juris) vorliegt. Daran fehlt es vorliegend.
51 
Um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handelt es sich vorliegend nicht; dies wird auch von der Klägerin nicht vorgebracht. Jedoch ist ihre Sehfähigkeit beeinträchtigt. Eine hochgradige Sehstörung kann indes nicht in der Bewertung mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris Rdnr 13). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für die Eröffnung des sog Off-Label-Use formuliert ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 14; BSG, 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 = juris; BSG 26.09.2006, B 1 KR 3/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 10 = juris). Das BSG hat das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit solchen notstandsähnlichen Situationen ua verneint bei drohender Erblindung in 20 bis 30 Jahren wegen Stoffwechselstörung (BSG 26.9.2006, B 1 KR 16/06 B, nv). Auch wenn es sich bei den vom BSG abschlägig beschiedenen Fällen (dazu vgl die Übersicht in BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 15) durchgehend um durchaus gravierende Erkrankungen bzw deren Folgen gehandelt hat, hat es aber herausgestellt, dass es sich nicht um eine notstandsähnliche Extremsituation, in denen das Leistungsrecht der GKV aus verfassungsrechtlichen Gründen gegenüber den allgemein geltenden Regeln zu modifizieren wäre, gehandelt hätte. Dagegen hat das BSG überlegt - ohne, dass es insoweit zu entscheiden gewesen wäre - den Fall drohender (wohl vollständigen) Erblindung als mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar angesehen (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris Rdnr 16; BSG, 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R BSGE 96, 153-161 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 = juris). Doch liegt auch ein solcher Fall hier nicht vor. Denn eine einseitige Erblindung der Klägerin war zwar bei einem unbehandelten Verlauf der Krankheit nicht auszuschließen und drohte, doch war die Sehfähigkeit der Klägerin noch nicht unmittelbar iS einer unmittelbar bevorstehenden oder absehbar bevorstehenden Erblindung iSd Gesetzes (Sehschärfe 0,02) bedroht. Ob und wann eine solche Minderung der Sehschärfe eintreten würde und ob es mithin in absehbarer Zeit (vgl BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 = juris) zum Verlust des Augenlichts auf dem rechten Auge kommen würde, konnte auch Dr. V. nicht darlegen. Aus seinen Aussagen ergibt sich nur, dass in völlig unbehandeltem Zustand langfristig mit einer Erblindung des rechten Auges zu rechnen gewesen; eine beidseitige Erblindung war unter keinen Umständen zu befürchten. Damit erreichte die bei der Klägerin bestehende Erkrankung zum Zeitpunkt der Behandlung einen Schweregrad, der die Gleichstellung mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung rechtfertigt, (noch) nicht.
52 
Aber selbst wenn man diese Voraussetzung einer verfassungskonforme Auslegung wegen einer in absehbarer Zeit drohenden einäugigen Erblindung als erfüllt ansehen wollte, wäre weitere Voraussetzung der grundrechtsbezogenen Einschränkung des geltenden Rechts (§§ 135, 92 SGB V), dass bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25-51 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 = juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170-182 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 = juris).
53 
Hiervon konnte sich der Senat aber nicht überzeugen. Denn mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ aber auch wohl mit der Laserbehandlung oder der Bestrahlung mittels einer Brachytherapie stehen zur Erbringung zu Lasten der GKV zugelassene und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Behandlungsmethoden zur Verfügung. Dass diese Behandlungsoptionen im vorliegenden Fall möglich und medizinisch sinnvoll sind, hat sowohl der Gutachter Prof. Dr. A. als auch der behandelnde Arzt Dr. V. bestätigt. Dass - unstreitig - für den Einsatz einer „low dose external beam-Radiotherapie“ ein höherer sachlicher und zeitlicher Aufwand der Klägerin als auch der behandelnden Ärzte bei der Vorbereitung und der Durchführung der Behandlung erforderlich gewesen wäre, steht der Anwendbarkeit der zugelassenen Therapie im vorliegenden Fall nicht entgegen. Denn der vom SGB V begründete Leistungsanspruch ist nicht auf die zeitlich und sachlich einfachste Behandlungsmethode gerichtet, sondern auf die zugelassene Behandlungsmethode. Diese entspricht - wie die vom MDK ausgewerteten Veröffentlichungen zeigen - auch dem derzeit anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft. Dies konnte auch Prof. Dr. A. bestätigen. Dem steht nicht entgegen, dass es zur vorliegend streitigen PDT-Behandlung zahlenmäßig mehr Veröffentlichungen gibt. Maßgeblich ist nämlich, dass die „low dose external beam-Radiotherapie“ auch dem medizinischen Standard entspricht und vorliegend eingesetzt werden kann.
54 
Die „low dose external beam-Radiotherapie“ ist auch gegenüber der vorliegend streitigen PDT-Behandlung nicht weniger erfolgreich. Wie der Gutachter bestätigen konnte, stehen beide Behandlungsmethoden gleichwertig zur Verfügung. Mit beiden Methoden gelingt es nicht, die Geschwulst vollständig zu beseitigen; beiden Behandlungsmethoden gelingt es aber gleichermaßen, das Ausmaß des Aderhauthämangioms einzudämmen. Insoweit sind beide Methoden gleichwertig und dienen iSd § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V demselben Ziel, eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (dazu vgl BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris RdNr 31).
55 
Soweit bei der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine Schädigung der Netzhaut mit der Folge möglicher bleibender Seh- bzw Sehschärfenminderung auftritt, führt dies nicht dazu, dass die „low dose external beam-Radiotherapie“ als geeignete und zumutbare Therapieoption auszuschließen wäre. Denn insoweit ist - wie die von Prof. Dr. A. ausgewerteten Veröffentlichungen zur „low dose external beam-Radiotherapie“ zeigen - nicht zwingend mit einer dauerhaften Sehstörung zu rechnen. In vielen Fällen - so der Gutachter Prof. Dr. A. - habe sich die Netzhaut wieder neu gebildet. Damit stand der Klägerin in der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine zumutbare und zugelassene Behandlungsoption zur Verfügung. Auch soweit die Klägerin bei der „low dose external beam-Radiotherapie“ Strahlenschädigungen bis hin zum Grauen Star befürchtet, führen diese Nebenwirkungen nicht dazu, dass die zumutbare Therapieoption der „low dose external beam-Radiotherapie“ auszuschließen wäre.
56 
Auch die besondere Lage des Aderhauthämangioms im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) nahe am Sehnerv bedeutet nicht, dass die zugelassene und zumutbare „low dose external beam-Radiotherapie“ nicht zumutbar gewesen wäre. Zwar ist es richtig und wurde auch von Prof. Dr. A. bestätigt, dass es wegen der Variabilität der Position von Aderhauthämangiomen keine Standardtherapie gibt, sondern der Einzelfall zu betrachten ist. Maßgeblich ist insoweit aber als Voraussetzung der verfassungskonformen Erweiterung des Leistungskatalogs der GKV gerade nicht, ob es eine Behandlungsmöglichkeit iS einer allgemeinen Standardbehandlung gibt, sondern, ob die in Frage kommenden Behandlungsmöglichkeiten dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechen (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris RdNr 30). Eine solche dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Therapie, die dasselbe Behandlungsziel verfolgt wie die streitige PDT-Behandlung (dazu siehe weiter oben), besteht auch gerade für den vorliegenden Einzelfall in der Therapieoption einer „low dose external beam-Radiotherapie“. Dies wurde von Prof. Dr. A., aber auch von Dr. V. sinngemäß, bestätigt, der jedoch auf den Mehraufwand hingewiesen hat. Auch hat er die Klägerin über alternative Behandlungsmethoden aufgeklärt; die Klägerin hat diese jedoch zugunsten der PDT-Behandlung gegen die alternative Behandlung mittels einer „low dose external beam-Radiotherapie“ entschieden.
57 
Auch wenn es keine allgemeine Standardtherapie für die Behandlung von Aderhauthämangiomen an der bei der Klägerin konkret aufgetretenen Stelle gibt, so gibt es nach Überzeugung des Senats mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine geeignete und zugelassene Behandlungsmöglichkeiten für diese konkrete Erkrankung, die dem allgemeinen medizinischen Standard entspricht und dasselbe Ziel wie die streitige PDT-Behandlung verfolgt. Denn mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ kann auch unter Berücksichtigung seiner besonderen Lage das bei der Klägerin bestehende Hämangiom ausreichend behandelt werde. Dass die behandelnden Ärzte dafür mehrere Versuchsabfolgen und Testläufe durchführen müssten, bevor die Klägerin konkret behandelt werden könnte, steht dem nicht entgegen.
58 
Damit konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass es für das konkret bei der Klägerin vorhandene Aderhauthämangiom keine zumutbare und zugelassene Behandlungsmöglichkeit iS einer schulmedizinischen Behandlungsmethode geben würde. Der Senat hält die Behandlung mittels der auch für den konkreten Einsatz bei der Klägerin zugelassenen „low dose external beam-Radiotherapie“ für zumutbar und erfolgversprechend. Damit konnte der Senat auch unter Berücksichtigung der besonderen Lage der Erkrankung sowie der zu erwartenden Nebenwirkungen der „low dose external beam-Radiotherapie“ nicht feststellen, dass es iSd Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der grundrechtskonformen Auslegung des Leistungskatalogs keine zugelassene Behandlungsmöglichkeit gegeben hätte. Auf das Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA konnte damit nicht verzichtet werden.
59 
Nachdem hinsichtlich der streitigen PDT-Behandlung keine positive Empfehlung des GBA vorliegt, diese Empfehlung aber erforderlich war, gehört diese Behandlung auch im Einzelfall nicht zu dem von den Krankenkassen der GKV geschuldeten Leistungskatalog. Damit ist aber auch eine Kostenerstattung bzw eine Kostenfreistellung ausgeschlossen. Darauf hat auch Dr. V. im Behandlungsvertrag mit der Klägerin ausdrücklich hingewiesen.
60 
Etwas anderes folgt auch nicht aus den durch Art 1 Nr 1 GKV-Versicherungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl I S 2983) mit Wirkung ab 01.01.2012 neu eingefügten § 2 Abs 1a Satz 1 SGB V. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Nach der Gesetzesbegründung kann eine wertungsmäßig einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbare Erkrankung auch vorliegen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalles der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorgans innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraumes droht (BT-Drucks 17/6906, S 53). Unabhängig von der Frage, ob nun diese Regelung in § 2 Abs 12 SGB V die bisherige, durch Auslegung ermittelte Rechtslage konkretisiert oder ob jetzt ab 01.01.2012 der Anspruch auf Krankenbehandlung erweitert wird, setzt § 2 Abs 1a SGB V voraus, dass eine allgemein anerkannte Behandlungsmethode nicht zur Verfügung steht (dazu siehe aber oben).
61 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
63 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

Gründe

 
32 
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2007 ist nicht rechtswidrig, die Klägerin wird nicht in ihren Rechten verletzt.
33 
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Krankenbehandlung des rechten Auges in Folge eines symptomatischen exsudativen chorioidalen Hämangioms mittels einer PDT mit Verteporfin als Sachleistung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2007. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dadurch, dass die Klägerin nach Ablehnung des Sachleistungserbringung sich die Krankenbehandlung selbst beschafft hat, ändert sich hieran nichts; lediglich ihr Begehren wandelt sich von einer auf Sachleistungsverschaffung gerichteten Leistungs- in eine auf Kostenerstattung bzw Kostenfreistellung gerichtete Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw Kostenfreistellung.
34 
Der Senat geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass diese einer wirksamen Kostenforderung des Universitätsklinikums T. über 2.051,37 EUR ausgesetzt ist. Einen entsprechenden privatrechtlichen Behandlungsvertrag hat sie mit dem Universitätsklinikum T. geschlossen. Dieses hat die geschuldete Leistung erbracht. Im Vertrag war die Klägerin auch ausdrücklich, laienverständlich und deutlich darauf hingewiesen worden, dass die vereinbarte Behandlung nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört und privatärztlich erbracht wird. Zweifel an einer wirksamen Kostenforderung bestehen deshalb, weil die Klinik der Klägerin die am 15.05.2007 erbrachten Leistungen erst am 03.03.2010 in Rechnung gestellt hat (Bl 131 der SG-Akte) und der Klägerin, nach deren Vortrag (schriftlich vom 15.07.2009, Bl 106 der SG-Akte) bis zur Entscheidung des Rechtsstreits mündlich Zahlungsaufschub bewilligt hat. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Klägerin tatsächlich keiner Zahlungspflicht ausgesetzt ist und der Rechtsstreit nur dazu dient, die Leistungspflicht abstrakt allein im Interesse der Klinik klären zu lassen (vgl hierzu BSG 18.07.2006, B 1 KR 24/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 9 = BSGE 97, 6).
35 
Die Voraussetzungen des Kostenanspruchs sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin bisher noch keine Zahlungen geleistet hat. Deshalb kommt vorliegend nur ein Freistellungsanspruch in Betracht, der sich ebenfalls nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 und 2 SGB V beurteilt (BSG 18.07.2006, aaO). Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.
36 
Eine unaufschiebbare Leistung iSd § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGB V lag nicht vor. Denn eine Leistung ist in diesem Sinn unaufschiebbar, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand (BSG 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R, SozR 3-2500 § 13 Nr 22 = juris). Wie auch der tatsächliche Geschehensablauf zeigt (Untersuchung im September 2006, Antragstellung im Oktober 2006, Behandlung am 15.05.2007), liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
37 
Jedoch liegen auch die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V („Kosten verursacht durch eine rechtswidrige Ablehnung der Leistungsgewährung“) nicht vor. Denn ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse voraus und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch. Insoweit begehrt die Klägerin aber Leistungen, die im vorliegenden Fall nicht der materiellen Leistungspflicht der Beklagten nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegen.
38 
Die vorliegend streitige Behandlung wurde ambulant in einem iSd § 108 Satz 1 Nr 1 SGB V zugelassenen Krankenhaus erbracht. Ob der Anspruch der Klägerin bereits deshalb nicht gegeben ist, weil die Universitätsklinik zur ambulanten Erbringung der Leistung gar nicht berechtigt war, lässt der Senat offen. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch scheitert daran, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankenbehandlung nicht erfüllt sind.
39 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V die (ambulante) ärztliche Behandlung. Gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst die (ambulante) ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Insoweit entspricht die Vorgabe des § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 Satz 1 SGB V, wonach die Leistungen der Krankenkassen der GKV ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 Satz 2 SGB V ). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V).
40 
Nach § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V beschließt der GBA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, insbesondere über die ärztliche Behandlung (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) und über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Dabei kann er die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind (§ 92 Abs 1 Satz 1 SGB V). Zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung sind nach § 135 SGB V Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen danach in der (ambulanten) vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat. Durch derartige Richtlinien wird unmittelbar der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt. Gegenüber der fehlenden Entscheidung des GBA über den Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - auch der Einwand unerheblich, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall notwendig gewesen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der GBA die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt nämlich nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des GBA, sondern vielmehr auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse aus.
41 
Bei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V handelt es sich um untergesetzliche Normen, die iVm § 135 SGB V gegenüber dem Arzt, der Krankenkasse und dem Versicherten verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums sind. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - deshalb solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der GBA sie als zweckmäßig anerkannt hat. Dieser Leistungsausschluss gilt auch im Verhältnis zum Versicherten, denn durch § 135 SGB V iVm den vom GBA erlassenen Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V wird der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen festgelegt (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris). Darf der Arzt eine Behandlungsmethode nicht als Vertragsleistung abrechnen, weil sie nach den Richtlinien ausgeschlossen oder nicht empfohlen ist, gehört sie auch nicht zur geschuldeten Krankenbehandlung iSd § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V. Die Bindung der Krankenkassen an diese Modalitäten und Grenzen der Krankenbehandlung greift aber nicht nur im Falle einer Sachleistungserbringung, sondern auch im Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 SGB V (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris). Die Anforderungen nach § 135 SGB V gelten auch im Fall der ambulanten Krankenhausbehandlung und bei Behandlungen in einer Hochschulambulanz (BSG 08.11.2011, B 1 KR 19/10 R juris). Eine Behandlung auf der Grundlage von § 116b in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, bei der die rechtlichen Grenzen des § 135 SGB V nur in eingeschränktem Umfang gelten (BSG 27.03.2007, B 1 KE 25/06 R, SozR 4-2500 § 116b Nr. 1), hat nicht stattgefunden.
42 
Der Anwendung des § 135 SGB V steht nicht entgegen, dass die vorliegend streitige Behandlung auch durch den Einsatz des Medikaments Verteporfin geprägt ist. Die streitige Behandlung erfolgt dadurch, dass das Medikament Verteporfin in die Blutbahn injiziert und anschließend durch einen fachkundigen Arzt an der betreffenden Stelle im Auge in einem besonderen Verfahren mittels sog kalter Laserbehandlung aktiviert wird. Diese aufwändige, zwingend durch einen Arzt vorzunehmende Anwendung des Medikaments erfordert mithin die Beherrschung und punktgenaue sichere Anwendung der Lasertechnik an einem hochsensiblen Körperorgan. Dieses Vorgehen ist mit der normalen Verabreichung - selbst im Wege der Injektion - eines Medikaments in der Erwartung, dass es im Körper die erwünschte Wirkung entfaltet, qualitativ nicht vergleichbar (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 23). Der Handhabung durch den Arzt kommt für den Therapieerfolg ein mindestens ebenso großes Gewicht zu wie dem Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes und kennzeichnet die PDT als eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausreichende neue Behandlungsmethode, die infolgedessen eine über das Arzneimittelrecht hinausreichende Prüfung verlangt (BSG aaO). Damit kann die PDT nicht bloß unter arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Insoweit unterliegen ambulant durchgeführte Pharmakotherapien dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V dann, wenn die eingesetzten Präparate keine Zulassung nach dem AMG benötigen, wie das beispielsweise bei Rezepturarzneien oder anderen Arzneimitteln der Fall ist, die für den einzelnen Patienten auf besondere Anforderung hergestellt werden (BSG 23.07.1998, B 1 KR 19/96 R, BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 = juris; BSG 28.03.2000, B 1 KR 11/98 R, BSGE 86, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 = juris). Zwar lässt sich damit eine Ausnahme vom Zulassungserfordernis für Verteporfin und die alleinige Zuständigkeit des Bundesausschusses nicht begründen (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris Rdnr 21). Doch ist die PDT von Besonderheiten geprägt, die einer Beschränkung der Prüfung auf arzneimittelrechtliche Maßstäbe entgegenstehen (BSG aaO juris Rdnr 22). Bei der Anwendung von Verteporfin in der vertragsärztlichen Versorgung sind sowohl arzneimittelrechtliche Gesichtspunkte von Bedeutung, als auch die Art und Weise der Verabreichung der Arznei durch den Arzt, die den dafür geltenden Qualitätskriterien genügen muss (BSG aaO). In einem solchen Fall kommt eine Leistungspflicht für die mit einem Fertigarzneimittel zusammenhängende Therapie erst dann in Betracht, wenn die leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen für ein neues Arzneimittel und diejenigen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind - wenn also weder das arzneimittelrechtliche Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt das verwendete Mittel erfasst (BSG aaO juris Rdnr 24). Insoweit gilt, dass ähnlich wie eine Behandlungsmethode als dann „neu“ zu beurteilen ist und deshalb der besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein kann, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (BSG 14.02.2001, B 1 KR 29/00, R SozR 3-2500 § 18 Nr 6 = juris; BSG 16.09.1997, 1 RK 28/95, BSGE 81, 54-73 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 = juris). Insoweit ist die PDT als einem Zusammenspiel von Medikamentengabe und ärztlichem Handwerk zu beurteilen, sodass sie vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht ausgenommen ist (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 22).
43 
„Neu“ ist eine Behandlungsmethode, wenn sie - wie die PDT bei der vorliegend angewandten Indikation - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für vertragsärztliche Leistungen enthalten ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 22 mwN). So liegt es hier. Der GBA hat bislang über die Anwendung der PDT mit Verteporfin in der vorliegend streitigen Indikation nicht entschieden; ein entsprechender Antrag, der Voraussetzung für ein Verfahren vor dem GBA wäre, ist bislang nicht gestellt worden. Der in der Anlage I Richtlinien „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ Nr 8 anerkannte Anwendungsbereich der PDT betrifft die altersabhängige feuchte Makuladegeneration mit subfovealer klassischer chorioidaler Neovaskularisation (Neubildung von Blutgefäßen) und der in Nr 11 anerkannte Anwendungsbereich betrifft die PDT mit Verteporfin bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (CNV) aufgrund von pathologischer Myopie und bestkorrigiertem Visum von mindestens 0,2 bei der entsprechenden Indikationsstellung und einer Läsionsgröße von max 5400 μm. Mangels positiver Empfehlung des GBA war die PDT - und ist es immer noch - bei der vorliegenden Indikation daher nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV und durfte zu Lasten der Beklagten von der Klägerin nicht beansprucht noch vom Universitätsklinikum T. geleistet werden.
44 
Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor. Für ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode (vgl dazu BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris) bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte, ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, zumal bereits kein entsprechender Antrag beim GBA eingereicht wurde.
45 
Auch liegt ein Seltenheitsfall, bei dem des Weiteren eine Ausnahme vom Erfordernis der vorherigen positiven Empfehlung des GBA erwogen werden könnte (vgl BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris), nicht vor.
46 
Nach der Rechtsprechung des BSG (aaO, juris Rdnr 29) kann die Vorgehensweise in einem singulären Krankheitsfall von vornherein nicht als Behandlungsmethode iS des krankenversicherungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalts aufgefasst werden und unterliegt damit nicht den Einschränkungen des § 135 SGB V. Maßgeblich ist insoweit, dass generelle wissenschaftliche Aussagen zur Therapie der Krankheit infolge der geringen Zahl an Patienten wirklich so gut wie ausgeschlossen sind (BSG aaO juris Rdnr 31). Damit sind Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit, die so selten auftritt, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheidet, vom Leistungsumfang der GKV nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil der GBA dafür keine Empfehlung abgegeben hat (BSG aaO juris Leitsatz). Diese Rechtsprechung hat das BSG fortgeführt (Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 16/07 R, BSGE 100, 103-118 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 = juris Rdnr 30) und präzisiert, dass es sich bei einem Seltenheitsfall einer Krankheit um eine Krankheit handeln muss, die weltweit nur extrem selten auftritt und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann und bei der deshalb eine erweiterte Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht zu ziehen wäre. Damit steht bei der Beurteilung eines Seltenheitsfalles nicht die Anzahl der Erkrankungsfälle im Mittelpunkt, sondern die Frage der Erforschbarkeit und Behandelbarkeit.
47 
Der Senat ist nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen zu der Überzeugung gelangt, dass in Deutschland 200 bis 250 (Neu-)Erkrankungen pro Jahr mit Aderhauthämangiomen festgestellt werden (vgl Gutachten Prof. Dr. A. und MDK ). Aderhauthämangiome werden derzeit auf verschiedene Art und Weise behandelt. Aus der vom MDK vorgelegten Übersicht über Veröffentlichungen und Studien (vgl Blatt 51 der Senatsakte) ergibt sich für den Senat, dass in verschiedenen Therapie- bzw Fallserien bis zu 88 Personen (Studie von Jurklies 2005), 71 (Studie von Levy-Gabriel 2009) bzw 51 (Studie von Schilling 1997) behandelt und begutachtet wurden. Dabei wurde bei den vom MDK ausgewerteten 33 Veröffentlichungen bzw Studien der Übersicht auf Blatt 51 der Senatsakte 11 bzw 12 mal mittels PDT behandelt, im Übrigen mittels Cobalt-60, Low dose-Bestrahlung, externe Bestrahlung, Argon-Laser-Photokoagulation, Stereotaktischer Radiotherapie, Palladium 103 Plaques-Bestrahlung, Laser-Thermotherapie, Gammaknife Radiochirurgie, Photonen, Protonenbestrahlung, Anti VEGF, Gammaknife, Bevacizumab, Jod-125 Brachytherapie bzw Bevacizumab (Avastin). Auch der Gutachter Prof. Dr. A. konnte entsprechende Veröffentlichungen darlegen.
48 
Derzeit gibt es nach einer Recherche des MDK in der medizinischen Datenbank „pubmed“ insgesamt 391 Veröffentlichungen zu der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung einer „choroidal hemangioma“, 227 Veröffentlichungen befassen sich mit Therapieformen. Davon handelt es sich bei 10 Veröffentlichungen um klinische Studien (vgl Blatt 50 der Senatsakte).
49 
Auch unter Berücksichtigung der besonderen Lage des Hämangioms bei der Klägerin im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) nahe am Sehnerv ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Seltenheitsfall nicht vorliegt. Die bei der Klägerin bestehende Erkrankung wird so oder in ähnlicher Form in Deutschland jährlich bei 200 bis 250 Personen festgestellt. Die erhebliche Zahl von nationalen und internationalen Veröffentlichungen einschließlich der 10 klinischen Studien zeigt, dass die Erkrankung einer systematischen Erforschung zugänglich ist. Sie ist auch behandelbar mit zugelassenen (EBM-gelisteten) Behandlungsmethoden. Dies wird nach Überzeugung des Senats auch dadurch belegt, dass die auch in Studien bzw Veröffentlichungen dargestellte „low dose external beam-Radiotherapie“ aber auch eine Laserbehandlung auch bei Behandlungen am Auge bei Aderhauthämangiomen zur Versorgung der Versicherten zu Lasten der GKV zugelassen ist. Damit kann die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung systematisch erforscht und systematisch behandelt werden. Ein Seltenheitsfall liegt damit nicht vor, auf die positive Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V kann nicht verzichtet werden.
50 
Auch mittels einer grundrechtsorientierten Auslegung der Regelungen des SGB V kann vorliegend nicht auf das Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V verzichtet werden. Denn eine derartige verfassungskonforme Auslegung (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25-51 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 = juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170-182 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 = juris) setzt ua voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (BSG, aaO) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153-161= SozR 4-2500 § 27 Nr 7 = juris) vorliegt. Daran fehlt es vorliegend.
51 
Um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handelt es sich vorliegend nicht; dies wird auch von der Klägerin nicht vorgebracht. Jedoch ist ihre Sehfähigkeit beeinträchtigt. Eine hochgradige Sehstörung kann indes nicht in der Bewertung mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris Rdnr 13). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für die Eröffnung des sog Off-Label-Use formuliert ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 14; BSG, 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 = juris; BSG 26.09.2006, B 1 KR 3/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 10 = juris). Das BSG hat das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit solchen notstandsähnlichen Situationen ua verneint bei drohender Erblindung in 20 bis 30 Jahren wegen Stoffwechselstörung (BSG 26.9.2006, B 1 KR 16/06 B, nv). Auch wenn es sich bei den vom BSG abschlägig beschiedenen Fällen (dazu vgl die Übersicht in BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris RdNr 15) durchgehend um durchaus gravierende Erkrankungen bzw deren Folgen gehandelt hat, hat es aber herausgestellt, dass es sich nicht um eine notstandsähnliche Extremsituation, in denen das Leistungsrecht der GKV aus verfassungsrechtlichen Gründen gegenüber den allgemein geltenden Regeln zu modifizieren wäre, gehandelt hätte. Dagegen hat das BSG überlegt - ohne, dass es insoweit zu entscheiden gewesen wäre - den Fall drohender (wohl vollständigen) Erblindung als mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar angesehen (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 16 = juris Rdnr 16; BSG, 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R BSGE 96, 153-161 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 = juris). Doch liegt auch ein solcher Fall hier nicht vor. Denn eine einseitige Erblindung der Klägerin war zwar bei einem unbehandelten Verlauf der Krankheit nicht auszuschließen und drohte, doch war die Sehfähigkeit der Klägerin noch nicht unmittelbar iS einer unmittelbar bevorstehenden oder absehbar bevorstehenden Erblindung iSd Gesetzes (Sehschärfe 0,02) bedroht. Ob und wann eine solche Minderung der Sehschärfe eintreten würde und ob es mithin in absehbarer Zeit (vgl BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 = juris) zum Verlust des Augenlichts auf dem rechten Auge kommen würde, konnte auch Dr. V. nicht darlegen. Aus seinen Aussagen ergibt sich nur, dass in völlig unbehandeltem Zustand langfristig mit einer Erblindung des rechten Auges zu rechnen gewesen; eine beidseitige Erblindung war unter keinen Umständen zu befürchten. Damit erreichte die bei der Klägerin bestehende Erkrankung zum Zeitpunkt der Behandlung einen Schweregrad, der die Gleichstellung mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung rechtfertigt, (noch) nicht.
52 
Aber selbst wenn man diese Voraussetzung einer verfassungskonforme Auslegung wegen einer in absehbarer Zeit drohenden einäugigen Erblindung als erfüllt ansehen wollte, wäre weitere Voraussetzung der grundrechtsbezogenen Einschränkung des geltenden Rechts (§§ 135, 92 SGB V), dass bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25-51 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 = juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170-182 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 = juris).
53 
Hiervon konnte sich der Senat aber nicht überzeugen. Denn mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ aber auch wohl mit der Laserbehandlung oder der Bestrahlung mittels einer Brachytherapie stehen zur Erbringung zu Lasten der GKV zugelassene und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Behandlungsmethoden zur Verfügung. Dass diese Behandlungsoptionen im vorliegenden Fall möglich und medizinisch sinnvoll sind, hat sowohl der Gutachter Prof. Dr. A. als auch der behandelnde Arzt Dr. V. bestätigt. Dass - unstreitig - für den Einsatz einer „low dose external beam-Radiotherapie“ ein höherer sachlicher und zeitlicher Aufwand der Klägerin als auch der behandelnden Ärzte bei der Vorbereitung und der Durchführung der Behandlung erforderlich gewesen wäre, steht der Anwendbarkeit der zugelassenen Therapie im vorliegenden Fall nicht entgegen. Denn der vom SGB V begründete Leistungsanspruch ist nicht auf die zeitlich und sachlich einfachste Behandlungsmethode gerichtet, sondern auf die zugelassene Behandlungsmethode. Diese entspricht - wie die vom MDK ausgewerteten Veröffentlichungen zeigen - auch dem derzeit anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft. Dies konnte auch Prof. Dr. A. bestätigen. Dem steht nicht entgegen, dass es zur vorliegend streitigen PDT-Behandlung zahlenmäßig mehr Veröffentlichungen gibt. Maßgeblich ist nämlich, dass die „low dose external beam-Radiotherapie“ auch dem medizinischen Standard entspricht und vorliegend eingesetzt werden kann.
54 
Die „low dose external beam-Radiotherapie“ ist auch gegenüber der vorliegend streitigen PDT-Behandlung nicht weniger erfolgreich. Wie der Gutachter bestätigen konnte, stehen beide Behandlungsmethoden gleichwertig zur Verfügung. Mit beiden Methoden gelingt es nicht, die Geschwulst vollständig zu beseitigen; beiden Behandlungsmethoden gelingt es aber gleichermaßen, das Ausmaß des Aderhauthämangioms einzudämmen. Insoweit sind beide Methoden gleichwertig und dienen iSd § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V demselben Ziel, eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (dazu vgl BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris RdNr 31).
55 
Soweit bei der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine Schädigung der Netzhaut mit der Folge möglicher bleibender Seh- bzw Sehschärfenminderung auftritt, führt dies nicht dazu, dass die „low dose external beam-Radiotherapie“ als geeignete und zumutbare Therapieoption auszuschließen wäre. Denn insoweit ist - wie die von Prof. Dr. A. ausgewerteten Veröffentlichungen zur „low dose external beam-Radiotherapie“ zeigen - nicht zwingend mit einer dauerhaften Sehstörung zu rechnen. In vielen Fällen - so der Gutachter Prof. Dr. A. - habe sich die Netzhaut wieder neu gebildet. Damit stand der Klägerin in der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine zumutbare und zugelassene Behandlungsoption zur Verfügung. Auch soweit die Klägerin bei der „low dose external beam-Radiotherapie“ Strahlenschädigungen bis hin zum Grauen Star befürchtet, führen diese Nebenwirkungen nicht dazu, dass die zumutbare Therapieoption der „low dose external beam-Radiotherapie“ auszuschließen wäre.
56 
Auch die besondere Lage des Aderhauthämangioms im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens (Makula) nahe am Sehnerv bedeutet nicht, dass die zugelassene und zumutbare „low dose external beam-Radiotherapie“ nicht zumutbar gewesen wäre. Zwar ist es richtig und wurde auch von Prof. Dr. A. bestätigt, dass es wegen der Variabilität der Position von Aderhauthämangiomen keine Standardtherapie gibt, sondern der Einzelfall zu betrachten ist. Maßgeblich ist insoweit aber als Voraussetzung der verfassungskonformen Erweiterung des Leistungskatalogs der GKV gerade nicht, ob es eine Behandlungsmöglichkeit iS einer allgemeinen Standardbehandlung gibt, sondern, ob die in Frage kommenden Behandlungsmöglichkeiten dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechen (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190-203 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 = juris RdNr 30). Eine solche dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Therapie, die dasselbe Behandlungsziel verfolgt wie die streitige PDT-Behandlung (dazu siehe weiter oben), besteht auch gerade für den vorliegenden Einzelfall in der Therapieoption einer „low dose external beam-Radiotherapie“. Dies wurde von Prof. Dr. A., aber auch von Dr. V. sinngemäß, bestätigt, der jedoch auf den Mehraufwand hingewiesen hat. Auch hat er die Klägerin über alternative Behandlungsmethoden aufgeklärt; die Klägerin hat diese jedoch zugunsten der PDT-Behandlung gegen die alternative Behandlung mittels einer „low dose external beam-Radiotherapie“ entschieden.
57 
Auch wenn es keine allgemeine Standardtherapie für die Behandlung von Aderhauthämangiomen an der bei der Klägerin konkret aufgetretenen Stelle gibt, so gibt es nach Überzeugung des Senats mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ eine geeignete und zugelassene Behandlungsmöglichkeiten für diese konkrete Erkrankung, die dem allgemeinen medizinischen Standard entspricht und dasselbe Ziel wie die streitige PDT-Behandlung verfolgt. Denn mit der „low dose external beam-Radiotherapie“ kann auch unter Berücksichtigung seiner besonderen Lage das bei der Klägerin bestehende Hämangiom ausreichend behandelt werde. Dass die behandelnden Ärzte dafür mehrere Versuchsabfolgen und Testläufe durchführen müssten, bevor die Klägerin konkret behandelt werden könnte, steht dem nicht entgegen.
58 
Damit konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass es für das konkret bei der Klägerin vorhandene Aderhauthämangiom keine zumutbare und zugelassene Behandlungsmöglichkeit iS einer schulmedizinischen Behandlungsmethode geben würde. Der Senat hält die Behandlung mittels der auch für den konkreten Einsatz bei der Klägerin zugelassenen „low dose external beam-Radiotherapie“ für zumutbar und erfolgversprechend. Damit konnte der Senat auch unter Berücksichtigung der besonderen Lage der Erkrankung sowie der zu erwartenden Nebenwirkungen der „low dose external beam-Radiotherapie“ nicht feststellen, dass es iSd Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der grundrechtskonformen Auslegung des Leistungskatalogs keine zugelassene Behandlungsmöglichkeit gegeben hätte. Auf das Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA konnte damit nicht verzichtet werden.
59 
Nachdem hinsichtlich der streitigen PDT-Behandlung keine positive Empfehlung des GBA vorliegt, diese Empfehlung aber erforderlich war, gehört diese Behandlung auch im Einzelfall nicht zu dem von den Krankenkassen der GKV geschuldeten Leistungskatalog. Damit ist aber auch eine Kostenerstattung bzw eine Kostenfreistellung ausgeschlossen. Darauf hat auch Dr. V. im Behandlungsvertrag mit der Klägerin ausdrücklich hingewiesen.
60 
Etwas anderes folgt auch nicht aus den durch Art 1 Nr 1 GKV-Versicherungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl I S 2983) mit Wirkung ab 01.01.2012 neu eingefügten § 2 Abs 1a Satz 1 SGB V. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Nach der Gesetzesbegründung kann eine wertungsmäßig einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbare Erkrankung auch vorliegen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalles der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorgans innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraumes droht (BT-Drucks 17/6906, S 53). Unabhängig von der Frage, ob nun diese Regelung in § 2 Abs 12 SGB V die bisherige, durch Auslegung ermittelte Rechtslage konkretisiert oder ob jetzt ab 01.01.2012 der Anspruch auf Krankenbehandlung erweitert wird, setzt § 2 Abs 1a SGB V voraus, dass eine allgemein anerkannte Behandlungsmethode nicht zur Verfügung steht (dazu siehe aber oben).
61 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
63 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt auf Grund eines Antrags nach § 130b Absatz 8 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Kosten-Nutzen-Bewertung. In dem Auftrag ist insbesondere festzulegen, für welche zweckmäßige Vergleichstherapie und Patientengruppen die Bewertung erfolgen soll sowie welcher Zeitraum, welche Art von Nutzen und Kosten und welches Maß für den Gesamtnutzen bei der Bewertung zu berücksichtigen sind; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung; für die Auftragserteilung gilt § 92 Absatz 3a entsprechend mit der Maßgabe, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch eine mündliche Anhörung durchführt. Die Bewertung erfolgt durch Vergleich mit anderen Arzneimitteln und Behandlungsformen unter Berücksichtigung des therapeutischen Zusatznutzens für die Patienten im Verhältnis zu den Kosten; Basis für die Bewertung sind die Ergebnisse klinischer Studien sowie derjenigen Versorgungsstudien, die mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach Absatz 2 vereinbart wurden oder die der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmens anerkennt; § 35a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Beim Patienten-Nutzen sollen insbesondere die Verbesserung des Gesundheitszustandes, eine Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verlängerung der Lebensdauer, eine Verringerung der Nebenwirkungen sowie eine Verbesserung der Lebensqualität, bei der wirtschaftlichen Bewertung auch die Angemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenübernahme durch die Versichertengemeinschaft, angemessen berücksichtigt werden. Das Institut bestimmt auftragsbezogen über die Methoden und Kriterien für die Erarbeitung von Bewertungen nach Satz 1 auf der Grundlage der in den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie. Das Institut gewährleistet vor Abschluss von Bewertungen hohe Verfahrenstransparenz und eine angemessene Beteiligung der in § 35 Abs. 2 und § 139a Abs. 5 Genannten. Das Institut veröffentlicht die jeweiligen Methoden und Kriterien im Internet.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann mit dem pharmazeutischen Unternehmer Versorgungsstudien und die darin zu behandelnden Schwerpunkte vereinbaren. Die Frist zur Vorlage dieser Studien bemisst sich nach der Indikation und dem nötigen Zeitraum zur Bereitstellung valider Daten; sie soll drei Jahre nicht überschreiten. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Die Studien sind auf Kosten des pharmazeutischen Unternehmers bevorzugt in Deutschland durchzuführen.

(3) Auf Grundlage der Kosten-Nutzen-Bewertung nach Absatz 1 beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss über die Kosten-Nutzen-Bewertung und veröffentlicht den Beschluss im Internet. § 92 Absatz 3a gilt entsprechend. Mit dem Beschluss werden insbesondere der Zusatznutzen sowie die Therapiekosten bei Anwendung des jeweiligen Arzneimittels festgestellt. Der Beschluss ist Teil der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; der Beschluss kann auch Therapiehinweise nach § 92 Absatz 2 enthalten. § 94 Absatz 1 gilt nicht.

(4) Gesonderte Klagen gegen den Auftrag nach Absatz 1 Satz 1 oder die Bewertung nach Absatz 1 Satz 3 sind unzulässig. Klagen gegen eine Feststellung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses nach Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der Kläger macht die Nichtigkeit von Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Änderung der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie) geltend.

2

Der Kläger ist Vorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes e.V. Er wurde von den für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen als sachkundige Person iS des § 140f Abs 2 SGB V benannt und nahm an den Beratungen des beklagten GBA zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie zu den Themen "Lang wirkende Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2", "Glitazone zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2" und "Harn- und Blutzuckerteststreifen bei Diabetes mellitus Typ 2" teil. Jeweils mit dem Hinweis, dass er als "themenbezogener Vertreter Rechtsanwalt D M persönlich" handele, beantragte er, das Verfahren zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie einzustellen. Die Anträge des Klägers wurden nicht zur Abstimmung gestellt. Die Einschränkung der Verordnungsfähigkeit von lang wirkenden Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 wurde in der Sitzung des Plenums nach Beratung am 18.3.2010 (BAnz 2010, 2422), die Einschränkung der Verordnungsfähigkeit von Glitazonen zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 am 17.6.2010 (BAnz 2010, 3855) und die Einschränkung der Verordnung von Harn- und Blutzuckerteststreifen am 17.3.2011 beschlossen (BAnz 2011, 2144).

3

Die Klage, mit der der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit der genannten drei Beschlüsse des Beklagten geltend gemacht hat, hat das LSG mit Urteil vom 27.2.2013 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei zulässig; sie sei als Feststellungsklage statthaft. Der Kläger sei auch klagebefugt, weil nicht schlechthin ausgeschlossen sei, dass ihm als sachkundiger Person iS des § 140f Abs 2 SGB V ein Antragsrecht nach § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V zustehe, das von dem Beklagten nicht berücksichtigt worden sei. Die Verletzung dieses Rechts könne die Entscheidung des Beklagten rechtswidrig und damit uU nichtig machen. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil der Kläger als sachkundige Person kein Antragsrecht, sondern ausschließlich ein Mitberatungsrecht habe. Das Recht, Anträge zu stellen, sei nach dem Wortlaut des § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V den Patientenorganisationen vorbehalten.

4

Zur Begründung der dagegen eingelegten Revision macht der Kläger geltend, das gesetzlich geregelte Beratungsrecht der sachkundigen Person umfasse auch das Antragsrecht. Der Gesetzgeber habe Patienten bzw Patientenvertreter möglichst weitgehend an den Entscheidungsprozessen beteiligen wollen, auch um das bestehende Legitimationsdefizit der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen zu mildern. Ferner konkretisiere die weitreichende Beteiligung das in Art 3 Abs 3 Satz 2 GG enthaltene Diskriminierungsverbot. Deshalb sei die Einschränkung wesentlicher Rechte der Patientenvertreter verfassungswidrig. Auch verstoße eine restriktive Auslegung des § 140f SGB V gegen das Demokratieprinzip des GG. Dem Willen des Gesetzgebers, die Patientensouveränität zu stärken, werde nur Rechnung getragen, wenn nicht nur den Patientenorganisationen, sondern auch dem sachnäheren themenbezogenen Patientenvertreter das Recht zur Antragstellung eingeräumt werde. Er sei als Patientenvertreter nicht gehalten gewesen, Anträge im Namen einer maßgeblichen Organisation zu stellen, sondern er habe im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Patientenbeteiligung als sachkundiger Patientenvertreter selbst Anträge stellen können. Sein Mandat dürfe er völlig unabhängig ausüben. Die weite Auslegung der Vorschriften zur Patientenbeteiligung trage auch dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Rechnung.

5

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 aufzuheben und festzustellen,

        

1.    

dass der Beschluss des Beklagten über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie Anlage III - Übersicht der Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse, lang wirkende Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 vom 18. März 2010, BAnz 2010, 2422, nichtig ist,

        

2.    

dass der Beschluss des Beklagten über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie Anlage III - Übersicht der Verordnungseinschränkungen und -auschlüsse, Glitazonen zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 vom 17. Juni 2010, BAnz 2010, 3855, nichtig ist,

        

3.    

dass der Beschluss des Beklagten über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie Anlage III - Übersicht der Verordnungseinschränkungen und -auschlüsse, Harn- und Blutzuckerteststreifen bei Diabetes mellitus Typ 2 vom 17. März 2011, BAnz 2011, 2144, nichtig ist.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Bereits die Klagebefugnis des Klägers sei zweifelhaft, weil diese ein subjektives Recht voraussetzen würde, dessen Einhaltung er gegenüber Entscheidungen des Beklagten gerichtlich durchsetzen könne. Der Kläger habe lediglich ein verfahrensbezogenes Mitwirkungsrecht, aus dem keine generelle Befugnis abgeleitet werden könne, Maßnahmen und Entscheidungen des Beklagten auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht überprüfen zu lassen. Das Recht, Anträge zu stellen, komme nach § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V den anerkannten Patientenorganisationen und nicht den sachkundigen Personen (Patientenvertretern) zu. Patientenvertreter würden die Betroffenenperspektiven in den Beratungsprozess einbringen. Sie dürften lediglich verfahrensmäßige Anträge im Hinblick auf den Sitzungsablauf, nicht jedoch Sachanträge stellen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Beschlüsse des GBA sind nicht unter Verletzung von Verfahrensrechten des Klägers zustande gekommen.

9

1. Zur Entscheidung des Rechtsstreits ist der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG berufen, weil die Regelungen der Arzneimittel-Richtlinie, gegen deren Änderung sich die Klage richtet, die vertragsärztliche Versorgung betreffen (vgl BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 11 ff; vgl auch Abschnitt B II 1 a. 2. des "Zusammenfassenden Standpunktes des 1., 3. und 6. Senats des Bundessozialgerichts zu § 10 Abs 2 SGG", SGb 2012, 495).

10

2. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass es im ersten Rechtszug über die Klage zu entscheiden hatte. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA.

11

3. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs 1 Nr 1 SGG statthaft. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass juristische und natürliche Personen, die durch untergesetzliche Normen in ihren rechtlich geschützten Belangen betroffen sind, Klage direkt gegen diese richten können, wenn sie ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können (BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3, Juris RdNr 14; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, Juris RdNr 20 ff; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, Juris RdNr 22; vgl BVerfGE 115, 81, 91 ff = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 36 ff). Danach ist im sozialgerichtlichen Verfahren ungeachtet des Fehlens einer § 47 VwGO entsprechenden Norm Rechtsschutz gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA im Wege der Feststellungsklage zu gewähren(BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 14).

12

a) Der Kläger ist klagebefugt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er durch die Verneinung des Antragsrechts im GBA in eigenen Rechten verletzt ist. Zur Vermeidung einer Popularklage ist auch bei der Feststellungsklage der Rechtsgedanke des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG heranzuziehen(BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 14; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 16 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 55 RdNr 15d; s hierzu auch BVerwGE 111, 276, 279; BVerwGE 130, 52 RdNr 14). Daher müssen bei einer zulässigen Rechtsverfolgung "eigene" Rechte (vgl BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 31; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 14) bzw "eigenrechtlich geschützte Belange" (vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 16; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27) betroffen sein. Geschützt sind danach auch die verfahrensbezogenen Mitwirkungsrechte (zu den verfahrensbezogenen Mitwirkungsrechten der Trägerorganisationen des GBA vgl die Urteile des Senats vom 3.2.2010 BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2 und B 6 KA 30/09 R). Dabei genügt es, wenn die Möglichkeit der behaupteten Rechtsverletzung besteht (vgl BSGE 110, 245 = BSG SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 32; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 14; vgl auch die Rechtsprechung des Senats zur Anfechtungsbefugnis bei der sog defensiven Konkurrentenklage: BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 17). Dies ist hier der Fall, weil dem Kläger nicht entgegengehalten werden kann, dass ihm das geltend gemachte Antragsrecht im GBA unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen würde. Insofern genügt, dass § 140f Abs 2 SGB V dem Kläger in seiner Funktion als sachkundige Person Mitwirkungsrechte bei Entscheidungen und damit Einfluss auf die Willensbildung im GBA einräumt. Ob diese Mitwirkungsrechte auch das geltend gemachte Recht zur Antragstellung umfassen, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.

13

b) Der Kläger ist auch nicht auf die vorrangige Möglichkeit zur unmittelbaren Durchsetzung des Antragsrechts im Wege der Leistungsklage bzw im gerichtlichen Eilverfahren zu verweisen. Vielmehr kann er die Nichtigkeit von Beschlüssen des GBA geltend machen, die unter Verletzung der ihm eingeräumten verfahrensbezogenen Mitwirkungsrechte zustande gekommen sind (so auch das LSG Berlin-Brandenburg in dem die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens betreffenden Beschluss vom 17.3.2010 - L 7 KA 5/10 KL ER). Dies hat der Senat bereits bezogen auf die Mitwirkungsrechte der Trägerorganisationen des GBA, also die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZÄBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (vgl § 91 Abs 1 Satz 1 SGB V) in zwei Urteilen vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/09 R = BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2 und B 6 KA 30/09 R)entschieden. Bezogen auf die Beteiligungsrechte der Patientenvertretung kann nichts anderes gelten. § 140f SGB V begründet nicht lediglich objektive Pflichten des GBA, sondern selbstständig durchsetzbare subjektiv-öffentliche Rechte der Interessenvertretung der Patienten am Verfahren. Bei der Arzneimittel-Richtlinie, die mit den streitgegenständlichen Beschlüssen des GBA geändert worden ist, handelt es sich - ebenso wie bei den übrigen Richtlinien, die der GBA nach § 92 SGB V zu beschließen hat - um Rechtsnormen(BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 28 mwN). Ein wesentlicher Mangel des Normsetzungsverfahrens hat grundsätzlich Folgen für die Rechtsgültigkeit der Norm (zu Anhörungsrechten im Verfahren zum Erlass von Rechtsverordnungen vgl BVerfGE 127, 293, 331 ff; BVerfGE 10, 221, 227). Wesentlich ist ein Mangel jedenfalls dann, wenn ein Verfahrenserfordernis, das der Gesetzgeber im Interesse sachrichtiger Normierung statuiert hat, in funktionserheblicher Weise verletzt ist (BVerfGE 127, 293, 331 f). Entsprechendes muss grundsätzlich auch für Richtlinien des GBA gelten. Indem der Kläger geltend macht, ihm sei die Möglichkeit, durch die Stellung von Sachanträgen auf die Beschlussfassung im GBA Einfluss zu nehmen, generell verwehrt worden, obwohl ihm ein solches Antragsrecht zustehe, macht er einen wesentlichen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend. Die Frage, ob bei bestimmten Verfahrensverstößen etwa in entsprechender Anwendung von Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts Ausnahmen von dem Grundsatz zu machen sind, dass die Rechtswidrigkeit zugleich die Nichtigkeit der Norm zur Folge hat (vgl Nierhaus in Bonner Komm zum GG, Stand November 1998, Art 80 RdNr 433 f; Ossenbühl, NJW 1986, 2805, 2812; speziell bezogen auf Richtlinien des GBA vgl Axer, SGb 2013, 669, 676) oder ob die Evidenz des Verfahrensverstoßes Voraussetzung einer Rechtsfolgenerheblichkeit sein kann (vgl BVerfGE 127, 293, 332 mwN; Nierhaus, aaO, RdNr 435), braucht hier nicht entschieden zu werden, weil ein auf Normsetzung gerichteter Beschluss des GBA jedenfalls an einem nicht unbeachtlichen Verfahrensfehler leiden würde, wenn er auf der geltend gemachten umfassenden Versagung eines gesetzlich gewährleisteten Antragsrechts beruhen würde. Wenn der sachkundigen Person, deren Verfahrensrechte erheblich verletzt wurden, gleichwohl die Geltendmachung der Nichtigkeit einer (Änderung der) Richtlinie des GBA versagt würde, würden deren subjektiven Rechte nicht effektiv gewährleistet. Aus denselben Gründen räumt das BVerwG Naturschutzverbänden in Genehmigungsverfahren das Recht ein, unter Berufung auf die Verletzung ihnen eingeräumter Beteiligungsrechte die Aufhebung der verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen behördlichen Entscheidung durchzusetzen (BVerwGE 87, 62, 71 f; BVerwG Beschluss vom 14.8.1995 - 4 NB 43/94 - NVwZ-RR 1996, 141).

14

4. Die Klage ist nicht begründet. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, liegt der geltend gemachte Verfahrensfehler bei den Beschlussfassungen zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie nicht vor. Dem Kläger steht das Recht, bei Beschlüssen des GBA Anträge zu stellen, nicht zu.

15

a) Gemäß § 140f Abs 2 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erhalten die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen (im Folgenden: Patientenorganisationen) ein Mitberatungsrecht im GBA. Dazu benennen die Patientenorganisationen sachkundige Personen (sog Patientenvertreter). Das Mitberatungsrecht beinhaltet nach Satz 2 der Vorschrift auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Nach § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V haben die Patientenorganisationen darüber hinaus bei Beschlüssen des GBA nach § 56 Abs 1, § 92 Abs 1 Satz 2, § 116b Abs 4, § 136 Abs 2 Satz 2, §§ 137, 137a, 137b, 137c und 137f SGB V das Recht, Anträge zu stellen.

16

Die Arzneimittel-Richtlinien ergehen auf der Grundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Daher steht den Patientenorganisationen bei Beschlüssen, die - wie hier - die Änderung der Arzneimittel-Richtlinie zum Gegenstand haben, ein Antragsrecht zu.

17

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung werden die Beteiligungsrechte im GBA den Patientenorganisationen und nicht den sachkundigen Personen ("Patientenvertretern") eingeräumt. Die sachkundigen Personen werden nach § 140f Abs 2 Satz 1 SGB V allein zur Wahrnehmung des den Patientenorganisationen zustehenden Mitberatungsrechts benannt. Eine Wahrnehmung des den Patientenorganisationen nach § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V zustehenden Antragsrechts durch die sachkundige Person ist dagegen nicht vorgesehen. Auf die Frage, ob sachkundige Personen die Möglichkeit haben, in Vertretung der Patientenorganisationen Anträge im GBA zu stellen, ist hier nicht näher einzugehen. Der Kläger macht im vorliegenden Verfahren nicht geltend, im Namen der Patientenorganisationen Anträge stellen zu können. Ihm geht es allein um die Frage, ob er das Recht hatte, diese Anträge in seiner Funktion als sachkundige Person selbst zu stellen.

18

b) Dass das Mitberatungsrecht nicht das Recht zur Antragstellung umfasst, wird durch die Entstehungsgeschichte der Regelung bestätigt: Bei der Einführung des § 140f SGB V durch das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) enthielt die Vorschrift keine Regelung zum Inhalt und Umfang des Mitberatungsrechts. Dies hat in der Praxis zu der Frage geführt, ob das Mitberatungsrecht auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung umfasst (vgl BT-Drucks 16/2474 S 26). Diese Frage ist mit dem Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (vom 22.12.2006, BGBl I 3439) durch die Einfügung des § 140f Abs 2 Satz 2 SGB V geklärt worden. Danach beinhaltet das Mitberatungsrecht auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Dagegen blieb es bezogen auf die Antragstellung durch die Patientenorganisationen bei der gesonderten Regelung in Abs 2 Satz 5. Die in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/2474 S 26) als "Klarstellung" bezeichnete Regelung bestätigt, dass das durch die sachkundigen Personen auszuübende Mitberatungsrecht zwar das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung, nicht jedoch das Antragsrecht umfasst.

19

Allerdings finden sich in der Begründung zu den Änderungsvorschlägen des Gesundheitsausschusses zum Entwurf eines GKV-WSG (BT-Drucks 16/4247 S 49) auch Formulierungen, die darauf hindeuten, dass der Gesundheitsausschuss von einem Antragsrecht der "Patientenvertreter" ausgeht. So soll die beim GBA eingerichtete "Stabsstelle Patientenbeteiligung" Dienstleistungen wie "spezielle Fortbildungen, insbesondere zu den formalen Voraussetzungen der Antragstellung, für die Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter" organisatorisch unterstützen. Die Erforderlichkeit einer Unterstützung bei der Antragstellung wird ua damit begründet, dass "Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter bisher keine Anträge gestellt" hätten.

20

Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass das Antragsrecht auch den sachkundigen Personen unmittelbar zustehen müsse. Wie dargelegt, steht dem der insoweit eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in Teilen der Gesetzesbegründung (und auch der Literatur, vgl zB Roters in Kasseler Komm, Stand der Ergänzungslieferung Juni 2013, § 91 SGB V RdNr 7; Wenner, GuP 2013, 41, 45) nicht immer danach unterschieden wird, welche Rechte der sachkundigen Personen unmittelbar zustehen und inwiefern sie Rechte der Patientenorganisationen für diese ausüben. Damit übereinstimmend wird aus der Praxis berichtet, dass die in einem Gremium des GBA gestellten Anträge der sachkundigen Personen im Regelfall den sie entsendenden Organisationen zugerechnet würden (vgl Hess, Kasseler Komm, Stand der Ergänzungslieferung März 2007, § 140f SGB V RdNr 9). Vorliegend ist eine solche Zurechnung jedoch ausgeschlossen, weil der Kläger ausdrücklich erklärt hat, den Antrag selbst in seiner Funktion als sachkundige Person zu stellen. Zudem haben die Patientenorganisationen auf Nachfrage ausdrücklich mitgeteilt, dass sie den vom Kläger formulierten Antrag nicht stellen wollten.

21

c) Die Unterscheidung zwischen dem Mitberatungsrecht, das durch die von den Patientenorganisationen benannten sachkundigen Personen wahrgenommen wird und dem Antragsrecht, dass den Patientenorganisationen zusteht, entspricht auch dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung des § 140f Abs 2 SGB V und der auf der Grundlage des § 140g SGB V erlassenen Verordnung zur Beteiligung von Patientinnen und Patienten in der Gesetzlichen Krankenversicherung (PatientenbeteiligungsV): Nach § 4 Abs 1 Satz 1 PatientenbeteiligungsV haben die anerkannten Patientenorganisationen zu spezifischen Themen sachkundige Personen zu benennen, von denen mindestens die Hälfte selbst Betroffene sein müssen. Mit der "themenbezogenen" Benennung soll der Sachverstand, über den die Person zB aufgrund eigener Betroffenheit verfügt, in die Beratungen der Gremien des GBA eingebracht werden (vgl BT-Drucks 15/1525 S 132 f). Die vorgesehene Berücksichtigung der Betroffenenperspektive hat allerdings zur Folge, dass in den Gremien des GBA entsprechend der jeweiligen Beratungsgegenstände eine Vielzahl sachkundiger Personen aus verschiedenen Bereichen an den Beratungen mitwirken. Ein von dem Willen der Patientenorganisationen unabhängiges Antragsrecht jeder einzelnen sachkundigen Person könnte unter diesen Umständen die Arbeitsfähigkeit des GBA beeinträchtigen. Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber das Recht zur Antragstellung den Patientenorganisationen vorbehält, die in der Lage sind, unterschiedliche Patienteninteressen zu bündeln. Das gilt erst Recht seitdem der Gesetzgeber mit der Änderung des § 140f Abs 2 SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (Anfügung von Abs 2 Satz 6 und 7 mWv 26.2.2013, BGBl I 277) Mindestanforderungen an die Behandlung von Anträgen der Patientenorganisationen formuliert hat. Danach hat der GBA über Anträge von Patientenorganisationen in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/11710 S 31) soll dabei eine rein formale Befassung nicht ausreichen. Vielmehr ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Anliegen erforderlich. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll - nach dem neuen Satz 7 - in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Diese Anforderungen sind ohne eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Gremien nur bezogen auf eine begrenzte Zahl von Anträgen erfüllbar.

22

d) Ein Recht des Klägers zur Antragstellung folgt auch nicht aus § 140g SGB V iVm PatientenbeteiligungsV. § 140g SGB V ermächtigt das BMG, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres zu den Voraussetzungen der Anerkennung der Patientenorganisationen auf Bundesebene, insbesondere zu den Erfordernissen an die Organisationsform und die Offenlegung der Finanzierung, sowie zum Verfahren der Patientenbeteiligung zu regeln. Das BMG ist nach dieser Vorschrift nicht berechtigt, den sachkundigen Personen abweichend von gesetzlichen Vorgaben des § 140f Abs 2 SGB V das Recht zur Antragstellung zu übertragen. Damit übereinstimmend enthält § 4 Abs 1 PatientenbeteiligungsV Regelungen zum Mitberatungsrecht der sachkundigen Personen, während § 4 Abs 2 PatientenbeteiligungsV Näheres zum Antragsrecht der anerkannten Patientenorganisationen regelt. Auch die PatientenbeteiligungsV unterscheidet also zwischen dem Mitberatungsrecht, dass durch die sachkundigen Personen wahrgenommen wird, und dem Antragsrecht, das nicht den sachkundigen Personen, sondern allein den Patientenorganisationen zusteht.

23

e) In der vom GBA gemäß § 91 Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB V zu beschließenden Verfahrensordnung und der gemäß § 91 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB V zu beschließenden Geschäftsordnung können ebenfalls keine von den gesetzlichen Vorgaben des § 140f Abs 2 SGB V abweichenden Regelungen getroffen werden. Dem entsprechend beziehen sich die in der Geschäftsordnung (in der hier maßgebenden Fassung vom 17.7.2008, BAnz 2008, 3256, zuletzt geändert am 17.12.2009, BAnz 2010, 1149) enthaltenen Regelungen (vgl zB § 3 Abs 4 Satz 2 Geschäftsordnung) auf die Antragstellung durch die anerkannten Patientenorganisationen. Die Geschäftsordnung räumt den sachkundigen Personen ("Patientenvertretern") zwar das Recht ein, Anträge zu Verfahrensfragen (vgl zB den Antrag auf Unterbrechung der Beratung nach § 15 Abs 4 Geschäftsordnung) zu stellen. Darin liegt jedoch kein Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben in § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V, die sich ausschließlich auf Sachanträge nach § 56 Abs 1, § 92 Abs 1 Satz 2, § 116b Abs 4, § 136 Abs 2 Satz 2, §§ 137, 137a, 137b, 137c und 137f SGB V beziehen. Allein das Recht zur Stellung solcher Sachanträge macht der Kläger im vorliegenden Verfahren geltend.

24

Auch die Verfahrensordnung (idF vom 18.12.2008, BAnz 2009, 2050 , geändert am 17.12.2009, BAnz 2010, 968) bezieht das Recht zur Stellung von Sachanträgen ausschließlich auf die nach der PatientenbeteiligungsV anerkannten Organisationen und nicht auf die einzelne sachkundige Person. So sind die Patientenorganisationen ebenso wie die Trägerorganisationen des GBA nach Kap 1 § 5 Abs 4 Satz 3 Verfahrensordnung berechtigt, im Plenum einen Beschlussentwurf zum Erlass oder zur Änderung einer Rechtsnorm zur Abstimmung zu stellen, der von dem Beschlussentwurf des zuständigen Unterausschusses abweicht. Die Abweichungen sind vom Antragsteller schriftlich zu begründen. Nach Kap 2 § 4 Abs 2 Buchst d Verfahrensordnung sind die Patientenorganisationen auch zB berechtigt, einen Antrag zu stellen, der das Verfahren zur Bewertung von Methoden und Leistungen der vertragsärztlichen und der vertragszahnärztlichen Versorgung nach § 135 Abs 1 SGB V sowie für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus nach § 137c Abs 1 SGB V einleitet. Entsprechende Antragsrechte der sachkundigen Person sieht die Verfahrensordnung in Übereinstimmung mit § 140f Abs 2 SGB V nicht vor. Auch aus dem Umstand, dass die sachkundigen Personen in der Verfahrensordnung des GBA, in der Geschäftsordnung des GBA sowie (bezogen auf die Mitwirkung in den Zulassungsgremien nach § 140f Abs 3 SGB V) in § 36 Abs 2, § 41 Abs 1, Abs 5, § 42 Satz 4 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - abweichend von der Formulierung im SGB V - als "Patientenvertreterinnen oder Patientenvertreter" bezeichnet werden, kann nicht geschlossen werden, dass diese berechtigt wären, für die Patientenorganisationen zu handeln.

25

f) Entgegen der Auffassung des Klägers kann ihm weder seine Mitgliedschaft im Deutschen Diabetiker Bund e.V. noch seine Benennung als sachkundige Person durch die anerkannten Patientenorganisationen das Recht vermitteln, Anträge im GBA zu stellen. Bei dem Deutschen Diabetiker Bund e.V. handelt es sich bereits nicht um eine der nach § 2 oder nach § 3 PatientenbeteiligungsV anerkannten Patientenorganisationen, die gemäß § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V zur Antragstellung berechtigt sind. Nach § 2 Abs 1 PatientenbeteiligungsV gelten der Deutsche Behindertenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. und der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. als maßgebliche Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene. Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. gehört nicht dazu und ist auch nicht nach § 3 PatientenbeteiligungsV als weitere Organisation anerkannt. Vielmehr ist der Deutsche Diabetiker Bund e.V. am Deutschen Behindertenrat beteiligt, bei dem es sich wiederum um eine der nach der PatientenbeteiligungsV anerkannten Patientenorganisationen handelt, die nach § 4 Abs 1 PatientenbeteiligungsV sachkundige Personen zu spezifischen Themen einvernehmlich zu benennen haben. Für die vom Kläger vertretene Auffassung, dass er bereits aufgrund der Benennung als sachkundige Person berechtigt sei, im eigenen Namen unabhängig von Vorgaben einer Patientenorganisation im Sinne eines "freien Mandats" Rechte der Patientenorganisationen - sogar gegen deren Willen - wahrzunehmen, gibt es keine gesetzliche Grundlage.

26

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 91 Abs 2 Satz 13 SGB V. Nach dieser Vorschrift sind die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder im Beschlussgremium des GBA bei den Entscheidungen im Beschlussgremium nicht an Weisungen gebunden. Die Regelung bezieht sich nach ihrem Inhalt und ihrer systematischen Stellung allein auf die in Abs 2 Satz 1 der Vorschrift genannten von der KZÄBV, der KÄBV, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitglieder und nicht auf die von den Patientenorganisationen benannten sachkundigen Personen (aA, jedoch ohne Begründung: Münkler, RsDE Heft 74 S 42, 57). Dass die sachkundigen Personen das Recht zur Antragstellung im GBA, das § 140f Abs 2 Satz 5 SGB V den Patientenorganisationen vorbehält, unabhängig von Weisungen selbst ausüben dürften, kann § 91 Abs 2 Satz 13 SGB V nicht entnommen werden.

27

Ein Recht, Anträge im GBA zu stellen, folgt auch nicht aus einer Beleihung des Klägers. Beliehene natürliche oder juristische Personen des Privatrechts sind mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im eigenen Namen betraut (vgl zB Wolff, ua, Verwaltungsrecht II, 7. Aufl 2010, § 90 RdNr 1; Dreier in ders, GG, 3. Aufl 2013, Art 1 Abs 3 RdNr 39). Entgegen einer in Teilen der Kommentarliteratur (Fischinger in Spickhoff, Medizinrecht, 2011, § 140f SGB V RdNr 6; Adolf, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 140f RdNr 38) vertretenen Auffassung sind die sachkundigen Personen nicht Beliehene in diesem Sinne. Dem steht - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - entgegen, dass diese von den Patientenorganisationen nicht mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben betraut worden sind. Bei der Benennung durch die Patientenorganisationen kann es sich schon deshalb um keinen Beleihungsakt handeln, weil die Patientenorganisationen keine Hoheitsträger sind.

28

g) Entgegen der Auffassung des Klägers kann auch aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen wie dem Demokratieprinzip kein Antragsrecht der sachkundigen Person abgeleitet werden. Soweit der Kläger geltend macht, dass mit der Patientenbeteiligung dem Demokratieprinzip Rechnung getragen würde, so ist dem insofern zuzustimmen, als die funktionale Selbstverwaltung nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 107, 59, 92) als Ausprägung des demokratischen Prinzips verstanden werden kann. Zur Erleichterung eines sachgerechten Interessenausgleichs darf der Gesetzgeber zur Wahrnehmung öffentliche Aufgaben Formen der Selbstverwaltung schaffen. Im Zusammenhang damit kann den Betroffenen ein wirksames Mitspracherecht eingeräumt und externer Sachverstand einbezogen werden (BVerfGE 37, 1, 26 f; vgl Hauck, NZS 2010, 600, 601 mwN). Darin liegt kein Verstoß gegen das in Art 20 Abs 2 und Art 28 Abs 1 GG verankerte demokratische Prinzip. Die Beteiligung Betroffener kann dazu beitragen, unsachliche interessengeleitete Einflussnahmen auf Entscheidungsprozesse zu begrenzen (vgl Ebsen, MedR 2006, 528, 530). Voraussetzung ist jedoch, dass alle betroffenen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Das Verbot der Berücksichtigung von Partikularinteressen ist mittels angemessener institutioneller Vorkehrungen abzusichern (vgl BVerfG Beschluss vom 6.5.2014 - 2 BvR 1139/12 ua - Juris RdNr 169 mwN). Gemessen an diesen Grundsätzen wird die demokratische Legitimation der Patientenvertretung wegen des Fehlens einer umfassend organisierten Patientenschaft in der Literatur teilweise kritisch beurteilt, jedenfalls soweit eine Erweiterung der Beteiligungsrechte zu einem Mitentscheidungsrecht in Rede steht (Dierks/Höhna, A&R 2011, 99, 101 f; Ebsen, MedR 2006, 528, 531; Schlacke in Schmehl/Wallrabenstein, Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, Band 3, 2007, 41, 58 f; Pitschas, MedR 2006, 451, 455 ff; eine insgesamt positive Bilanz der Patientenbeteiligung im GBA ziehen Hess, Die Krankenversicherung 2005, 64 und Etgeton, Bundesgesundheitsblatt 2009, 104; Meinhardt/Plamper/Brunner, Bundesgesundheitsblatt 2009, 96, 102). Die Lösung dieser Legitimationsprobleme begegnet allerdings erheblichen Schwierigkeiten, insbesondere weil die Rolle des "Patienten" - jedenfalls außerhalb des Feldes der chronischen Erkrankungen - kaum geeignet ist, eine darauf aufbauende Repräsentationsstruktur zu entwickeln (vgl Ebsen, MedR 2006, 528, 531). Für die vorliegende Entscheidung kommt es darauf jedoch nicht an. Jedenfalls wird das Problem allein durch eine Stärkung der Rechte einzelner sachkundiger Personen, die die Interessen und Sichtweisen einer speziellen Gruppe von Patienten vertreten, einer Lösung nicht nähergebracht. Im Gegenteil könnte sich das Risiko einer Privilegierung von Einzelinteressen erhöhen. Damit bewegt sich der Gesetzgeber jedenfalls innerhalb seines Gestaltungsspielraums, wenn er das Recht zur Antragstellung den anerkannten Patientenorganisationen vorbehält und den sachkundigen Personen lediglich die Wahrnehmung des Mitberatungsrechts überträgt.

29

h) Vor diesem Hintergrund sind auch keine rechtlichen Anknüpfungspunkte für die vom Kläger vertretene Auffassung ersichtlich, dass das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl II 2008, 1419 ff) der sachkundigen Person im GBA ein Recht zur Antragstellung im eigenen Namen vermitteln könnte. Es erscheint zumindest fraglich, ob das vom Kläger geforderte "freie Mandat" der sachkundigen Person im GBA überhaupt zur Erreichung des mit der UN-Behindertenrechtskonvention angestrebten Ziels, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten sowie die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern (Art 1 UN-Behindertenrechtskonvention), beitragen könnte. Jedenfalls bestünde - neben einer Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des GBA - die Gefahr einer einseitigen Berücksichtigung der Interessen bestimmter Gruppen von Behinderten und damit einer gleichheitswidrigen Berücksichtigung von Einzelinteressen. Unter diesen Umständen kann der nationale Gesetzgeber nicht verpflichtet sein, jeder themenbezogen benannten sachkundigen Person im GBA ein Recht zur Antragstellung einzuräumen.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Für die Abgabe von Bewertungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassen sind, beruft das Bundesministerium für Gesundheit Expertengruppen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, davon mindestens eine ständige Expertengruppe, die fachgebietsbezogen ergänzt werden kann. Das Nähere zur Organisation und Arbeitsweise der Expertengruppen regelt eine Geschäftsordnung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf. Zur Sicherstellung der fachlichen Unabhängigkeit der Experten gilt § 139b Absatz 3 Satz 2 entsprechend. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Expertengruppen mit Bewertungen nach Satz 1 beauftragen; das Nähere regelt er in seiner Verfahrensordnung. Bewertungen nach Satz 1 kann auch das Bundesministerium für Gesundheit beauftragen. Die Bewertungen werden dem Gemeinsamen Bundesausschuss als Empfehlung zur Beschlussfassung nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zugeleitet. Bewertungen sollen nur mit Zustimmung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmer erstellt werden. Gesonderte Klagen gegen diese Bewertungen sind unzulässig.

(2) Außerhalb des Anwendungsbereichs des Absatzes 1 haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 teilnimmt, und der Gemeinsame Bundesausschuss der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse ist ausgeschlossen, sofern das Arzneimittel auf Grund arzneimittelrechtlicher Vorschriften vom pharmazeutischen Unternehmer kostenlos bereitzustellen ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist mindestens zehn Wochen vor dem Beginn der Arzneimittelverordnung zu informieren; er kann innerhalb von acht Wochen nach Eingang der Mitteilung widersprechen, sofern die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht erfüllt sind. Das Nähere, auch zu den Nachweisen und Informationspflichten, regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6. Leisten Studien nach Satz 1 für die Erweiterung einer Zulassung einen entscheidenden Beitrag, hat der pharmazeutische Unternehmer den Krankenkassen die Verordnungskosten zu erstatten. Dies gilt auch für eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach europäischem Recht.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt auf Grund eines Antrags nach § 130b Absatz 8 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Kosten-Nutzen-Bewertung. In dem Auftrag ist insbesondere festzulegen, für welche zweckmäßige Vergleichstherapie und Patientengruppen die Bewertung erfolgen soll sowie welcher Zeitraum, welche Art von Nutzen und Kosten und welches Maß für den Gesamtnutzen bei der Bewertung zu berücksichtigen sind; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung; für die Auftragserteilung gilt § 92 Absatz 3a entsprechend mit der Maßgabe, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch eine mündliche Anhörung durchführt. Die Bewertung erfolgt durch Vergleich mit anderen Arzneimitteln und Behandlungsformen unter Berücksichtigung des therapeutischen Zusatznutzens für die Patienten im Verhältnis zu den Kosten; Basis für die Bewertung sind die Ergebnisse klinischer Studien sowie derjenigen Versorgungsstudien, die mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach Absatz 2 vereinbart wurden oder die der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmens anerkennt; § 35a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Beim Patienten-Nutzen sollen insbesondere die Verbesserung des Gesundheitszustandes, eine Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verlängerung der Lebensdauer, eine Verringerung der Nebenwirkungen sowie eine Verbesserung der Lebensqualität, bei der wirtschaftlichen Bewertung auch die Angemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenübernahme durch die Versichertengemeinschaft, angemessen berücksichtigt werden. Das Institut bestimmt auftragsbezogen über die Methoden und Kriterien für die Erarbeitung von Bewertungen nach Satz 1 auf der Grundlage der in den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie. Das Institut gewährleistet vor Abschluss von Bewertungen hohe Verfahrenstransparenz und eine angemessene Beteiligung der in § 35 Abs. 2 und § 139a Abs. 5 Genannten. Das Institut veröffentlicht die jeweiligen Methoden und Kriterien im Internet.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann mit dem pharmazeutischen Unternehmer Versorgungsstudien und die darin zu behandelnden Schwerpunkte vereinbaren. Die Frist zur Vorlage dieser Studien bemisst sich nach der Indikation und dem nötigen Zeitraum zur Bereitstellung valider Daten; sie soll drei Jahre nicht überschreiten. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Die Studien sind auf Kosten des pharmazeutischen Unternehmers bevorzugt in Deutschland durchzuführen.

(3) Auf Grundlage der Kosten-Nutzen-Bewertung nach Absatz 1 beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss über die Kosten-Nutzen-Bewertung und veröffentlicht den Beschluss im Internet. § 92 Absatz 3a gilt entsprechend. Mit dem Beschluss werden insbesondere der Zusatznutzen sowie die Therapiekosten bei Anwendung des jeweiligen Arzneimittels festgestellt. Der Beschluss ist Teil der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; der Beschluss kann auch Therapiehinweise nach § 92 Absatz 2 enthalten. § 94 Absatz 1 gilt nicht.

(4) Gesonderte Klagen gegen den Auftrag nach Absatz 1 Satz 1 oder die Bewertung nach Absatz 1 Satz 3 sind unzulässig. Klagen gegen eine Feststellung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses nach Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.

(1a) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu informieren die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte und über die Zugangsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Versorgung (Barrierefreiheit) und richten Terminservicestellen ein, die spätestens zum 1. Januar 2020 für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein müssen; die Terminservicestellen können in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen betrieben werden und mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren. Die Terminservicestelle hat

1.
Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 zu vermitteln,
2.
Versicherte bei der Suche nach einem Hausarzt zu unterstützen, den sie nach § 76 Absatz 3 Satz 2 wählen möchten,
3.
Versicherte bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen zu unterstützen und
4.
Versicherten in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene, in geeigneten Fällen auch in Form einer telefonischen ärztlichen Konsultation, zu vermitteln.
Für die Vermittlung von Behandlungsterminen bei einem Facharzt muss mit Ausnahme
1.
von Behandlungsterminen bei einem Augenarzt oder einem Frauenarzt,
2.
der Fälle, in denen bei einer zuvor erfolgten Inanspruchnahme eines Krankenhauses zur ambulanten Notfallbehandlung die Ersteinschätzung auf der Grundlage der nach § 120 Absatz 3b zu beschließenden Vorgaben einen ärztlichen Behandlungsbedarf, nicht jedoch eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergeben hat, und
3.
der Vermittlung in Akutfällen nach Satz 3 Nummer 4
eine Überweisung vorliegen; eine Überweisung muss auch in den Fällen des Satzes 11 Nummer 2 vorliegen. Die Wartezeit auf einen Behandlungstermin darf vier Wochen nicht überschreiten. Die Entfernung zwischen Wohnort des Versicherten und dem vermittelten Arzt muss zumutbar sein. Kann die Terminservicestelle keinen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 innerhalb der Frist nach Satz 5 vermitteln, hat sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus anzubieten; Satz 3 Nummer 1 und die Sätze 4, 5 und 6 gelten entsprechend. Satz 7 gilt nicht bei verschiebbaren Routineuntersuchungen, sofern es sich nicht um termingebundene Gesundheitsuntersuchungen für Kinder handelt, und in Fällen von Bagatellerkrankungen sowie bei weiteren vergleichbaren Fällen. Für die ambulante Behandlung im Krankenhaus gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung. In den Fällen von Satz 8 hat die Terminservicestelle einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 in einer angemessenen Frist zu vermitteln. Im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 sind insbesondere Regelungen zu treffen
1.
zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung,
2.
zu den Fällen, in denen es für die Vermittlung von einem Behandlungstermin bei einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt einer Überweisung bedarf,
3.
zur zumutbaren Entfernung nach Satz 6, differenziert nach Arztgruppen,
4.
über das Nähere zu den Fällen nach Satz 8,
5.
zur Notwendigkeit weiterer Behandlungen nach § 76 Absatz 1a Satz 2.
Im Bundesmantelvertrag können zudem ergänzende Regelungen insbesondere zu weiteren Ausnahmen von der Notwendigkeit des Vorliegens einer Überweisung getroffen werden. Die Sätze 2 bis 12 gelten nicht für Behandlungen nach § 28 Absatz 2 und § 29. Für Behandlungen nach § 28 Absatz 3 gelten die Sätze 2 und 3 Nummer 1 sowie die Sätze 5 bis 12 hinsichtlich der Vermittlung eines Termins für ein Erstgespräch im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunden und hinsichtlich der sich aus der Abklärung ergebenden zeitnah erforderlichen Behandlungstermine sowie hinsichtlich der Vermittlung eines Termins im Rahmen der Versorgung nach § 92 Absatz 6b; einer Überweisung bedarf es nicht. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Akutbehandlung darf zwei Wochen nicht überschreiten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung unterstützt die Kassenärztlichen Vereinigungen durch das Angebot einer Struktur für ein elektronisch gestütztes Wartezeitenmanagement und für ein elektronisch gestütztes Dispositionsmanagement bei der Terminvermittlung; sie hat ein elektronisches Programm zur Verfügung zu stellen, mit dem die Versicherten auf die Internetseite der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geleitet werden, um sich über die Sprechstundenzeiten der Ärzte informieren zu können. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können darüber hinaus zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Satz 3 auch eigene digitale Angebote bereitstellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung evaluiert die Auswirkungen der Tätigkeit der Terminservicestellen insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der fristgemäßen Vermittlung von Arztterminen, auf die Häufigkeit der Inanspruchnahme und auf die Vermittlungsquote. Über die Ergebnisse hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich, erstmals zum 30. Juni 2017, zu berichten. Die Vertragsärzte sind verpflichtet, der Terminservicestelle freie Termine zu melden. Soweit Vertragsärzte Leistungen in Form von Videosprechstunden anbieten, können die Vertragsärzte den Terminservicestellen freie Termine, zu denen Leistungen in Form der Videosprechstunde angeboten werden, freiwillig melden.

(1b) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Im Rahmen des Notdienstes sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen spätestens ab dem 31. März 2022 ergänzend auch telemedizinische Leistungen zur Verfügung stellen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Im Rahmen einer Kooperation nach Satz 3 zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern kann auch die Nutzung der technischen Ausstattung der Krankenhäuser zur Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Notdienstpraxen oder die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser vereinbart werden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 5 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 3 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.

(2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie Untersuchungen zur Vorbereitung von Personalentscheidungen und betriebs- und fürsorgeärztliche Untersuchungen, die von öffentlich-rechtlichen Kostenträgern veranlaßt werden.

(3a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 403 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 404 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Solange und soweit nach Absatz 3b nichts Abweichendes vereinbart oder festgesetzt wird, sind die in Satz 1 genannten Leistungen einschließlich der belegärztlichen Leistungen nach § 121 nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte mit der Maßgabe zu vergüten, dass Gebühren für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und Gebühren für die Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte nur bis zum 2fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Zahnärzte berechnet werden dürfen. Für die Vergütung von in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen gilt Satz 2 entsprechend, wenn diese für die in Satz 1 genannten Versicherten im Rahmen der dort genannten Tarife erbracht werden.

(3b) Die Vergütung für die in Absatz 3a Satz 2 genannten Leistungen kann in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 geregelt werden. Für den Verband der privaten Krankenversicherung gilt § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes entsprechend. Wird zwischen den Beteiligten nach Satz 1 keine Einigung über eine von Absatz 3a Satz 2 abweichende Vergütungsregelung erzielt, kann der Beteiligte, der die Abweichung verlangt, die Schiedsstelle nach Absatz 3c anrufen. Diese hat innerhalb von drei Monaten über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, zu entscheiden und den Vertragsinhalt festzusetzen. Die Schiedsstelle hat ihre Entscheidung so zu treffen, dass der Vertragsinhalt

1.
den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte ärztliche Versorgung der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten entspricht,
2.
die Vergütungsstrukturen vergleichbarer Leistungen aus dem vertragsärztlichen und privatärztlichen Bereich berücksichtigt und
3.
die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte sowie die finanziellen Auswirkungen der Vergütungsregelungen auf die Entwicklung der Prämien für die Tarife der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten angemessen berücksichtigt.
Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbarten oder von der Schiedsstelle festgesetzten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag bis zu der Entscheidung der Schiedsstelle weiter. Für die in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten und Tarife kann die Vergütung für die in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den entsprechenden Leistungserbringern oder den sie vertretenden Verbänden ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 und 3 geregelt werden; Satz 2 gilt entsprechend. Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 7 vereinbarten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag weiter.

(3c) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden mit dem Verband der privaten Krankenversicherung je eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einerseits und Vertretern des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften andererseits in gleicher Zahl, einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 134a Absatz 4 Satz 5 und 6 entsprechend. Im Übrigen gilt § 129 Abs. 9 entsprechend. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium der Finanzen; § 129 Abs. 10 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Behandlung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten der Anstaltsärzte und Anstaltszahnärzte sicherzustellen, soweit die Behandlung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Soweit die ärztliche Versorgung in der knappschaftlichen Krankenversicherung nicht durch Knappschaftsärzte sichergestellt wird, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(6) Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen.

(7) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben

1.
die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen,
2.
in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind,
3.
Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
3a.
bis zum 31. Dezember 2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Absatz 1a Satz 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
4.
Richtlinien für die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Absatz 1a Satz 2 aufzustellen,
5.
Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements aufzustellen und
6.
Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren aufzustellen, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 erfolgt.
Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 muss sicherstellen, dass die für die erbrachte Leistung zur Verfügung stehende Vergütung die Kassenärztliche Vereinigung erreicht, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde; eine Vergütung auf der Basis bundesdurchschnittlicher Verrechnungspunktwerte ist zulässig. Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 kann auch Regelungen über die Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung sowie über Verfahren bei Disziplinarangelegenheiten bei überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften, die Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen haben, treffen, soweit hierzu nicht in den Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind. Bei der Erarbeitung der Richtlinien nach Satz 1 Nummer 3a sind die Bundesfachstelle Barrierefreiheit sowie die maßgeblichen Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten nach § 140f zu beteiligen. Die Richtlinien nach Satz 1 Nummer 4 und 5 müssen auch sicherstellen, dass die von Vertragsärzten in Umsetzung der Richtlinienvorgaben genutzten elektronischen Programme von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zugelassen sind.

(7a) Abweichend von Absatz 7 Satz 2 muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 sicherstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.

(8) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die zur Ableistung der Vorbereitungszeiten von Ärzten sowie die zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung in den Praxen niedergelassener Vertragsärzte benötigten Plätze zur Verfügung stehen.

(9) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf deren Verlangen Verträge über die ambulante Erbringung der in § 24b aufgeführten ärztlichen Leistungen zu schließen und die Leistungen außerhalb des Verteilungsmaßstabes nach den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes oder deren Verbänden vereinbarten Sätzen zu vergüten.

(10) (weggefallen)

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss bewertet den Nutzen aller erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen. Hierzu gehört insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie, des Ausmaßes des Zusatznutzens und seiner therapeutischen Bedeutung. Die Nutzenbewertung erfolgt auf Grund von Nachweisen des pharmazeutischen Unternehmers, die er einschließlich aller von ihm durchgeführten oder in Auftrag gegebenen klinischen Prüfungen spätestens zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens sowie vier Wochen nach Zulassung neuer Anwendungsgebiete des Arzneimittels an den Gemeinsamen Bundesausschuss elektronisch zu übermitteln hat, und die insbesondere folgende Angaben enthalten müssen:

1.
zugelassene Anwendungsgebiete,
2.
medizinischer Nutzen,
3.
medizinischer Zusatznutzen im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie,
4.
Anzahl der Patienten und Patientengruppen, für die ein therapeutisch bedeutsamer Zusatznutzen besteht,
5.
Kosten der Therapie für die gesetzliche Krankenversicherung,
6.
Anforderung an eine qualitätsgesicherte Anwendung.
Bei Arzneimitteln, die pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar mit Festbetragsarzneimitteln sind, ist der medizinische Zusatznutzen nach Satz 3 Nummer 3 als therapeutische Verbesserung entsprechend § 35 Absatz 1b Satz 1 bis 5 nachzuweisen. Legt der pharmazeutische Unternehmer die erforderlichen Nachweise trotz Aufforderung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht rechtzeitig oder nicht vollständig vor, gilt ein Zusatznutzen als nicht belegt. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Verfahrensordnung, wann die Voraussetzungen nach Satz 5 vorliegen. Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats das Nähere zur Nutzenbewertung. Darin sind insbesondere festzulegen:
1.
Anforderungen an die Übermittlung der Nachweise nach Satz 3,
2.
Grundsätze für die Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie und des Zusatznutzens, und dabei auch die Fälle, in denen der Gemeinsame Bundesausschuss als zweckmäßige Vergleichstherapie eine zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln bestimmen kann oder in denen zusätzliche Nachweise erforderlich sind, und die Voraussetzungen, unter denen Studien bestimmter Evidenzstufen zu verlangen sind; Grundlage sind die internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie,
3.
Verfahrensgrundsätze,
4.
Grundsätze der Beratung nach Absatz 7,
5.
die Veröffentlichung der Nachweise, die der Nutzenbewertung zu Grunde liegen, sowie
6.
Übergangsregelungen für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die bis zum 31. Juli 2011 erstmals in den Verkehr gebracht werden.
Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt weitere Einzelheiten in seiner Verfahrensordnung. Zur Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie kann er verlangen, dass der pharmazeutische Unternehmer Informationen zu den Anwendungsgebieten des Arzneimittels übermittelt, für die eine Zulassung beantragt wird. Für Arzneimittel, die zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. L 18 vom 22.1.2000, S. 1) zugelassen sind, gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt; Nachweise nach Satz 3 Nummer 2 und 3 müssen vorbehaltlich eines Beschlusses nach Absatz 3b nicht vorgelegt werden. Übersteigt der Umsatz des Arzneimittels nach Satz 11 mit der gesetzlichen Krankenversicherung zu Apothekenverkaufspreisen sowie außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung einschließlich Umsatzsteuer in den letzten zwölf Kalendermonaten einen Betrag von 30 Millionen Euro, so hat der pharmazeutische Unternehmer innerhalb von drei Monaten nach Aufforderung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss Nachweise nach Satz 3 Nummer 2 und 3 zu übermitteln und darin den Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie abweichend von Satz 11 nachzuweisen. Für Arzneimittel nach Satz 11, die am 1. Dezember 2022 die Umsatzschwelle nach Satz 12 überschritten haben und noch nicht unter Vorlage der Nachweise nach Satz 3 Nummer 2 und 3 bewertet wurden, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Verfahren zeitlich befristet aussetzen; die Aussetzung lässt die an die Überschreitung der Umsatzschwelle anknüpfenden Rechtswirkungen unberührt. Der Umsatz nach Satz 12 ist auf Grund der Angaben nach § 84 Absatz 5 Satz 4 sowie durch geeignete Erhebungen zu ermitteln. Zu diesem Zweck teilt der pharmazeutische Unternehmer dem Gemeinsamen Bundesausschuss auf Verlangen die erzielten Umsätze des Arzneimittels mit der gesetzlichen Krankenversicherung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung mit. Abweichend von Satz 11 kann der pharmazeutische Unternehmer für Arzneimittel, die zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 zugelassen sind, dem Gemeinsamen Bundesausschuss unwiderruflich anzeigen, dass eine Nutzenbewertung nach Satz 2 unter Vorlage der Nachweise nach Satz 3 Nummer 2 und 3 durchgeführt werden soll.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den pharmazeutischen Unternehmer von der Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise nach Absatz 1 und das Arzneimittel von der Nutzenbewertung nach Absatz 3 auf Antrag freizustellen, wenn zu erwarten ist, dass den gesetzlichen Krankenkassen nur geringfügige Ausgaben für das Arzneimittel entstehen werden. Der pharmazeutische Unternehmer hat seinen Antrag entsprechend zu begründen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Freistellung befristen. Ein Antrag auf Freistellung nach Satz 1 ist nur vor der erstmaligen Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 zulässig. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für zugelassene Arzneimittel für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes besteht die Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen nach Absatz 1 Satz 3; die ärztliche Behandlung mit einem solchen Arzneimittel unterliegt nicht der Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach den §§ 135, 137c oder 137h. Satz 1 gilt nicht für biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte. Für folgende Arzneimittel besteht keine Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen nach Absatz 1 Satz 3:

1.
für Arzneimittel, die nach § 34 Absatz 1 Satz 5 für versicherte Kinder und Jugendliche nicht von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen sind,
2.
für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nach § 34 Absatz 1 Satz 6 von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen sind.

(1c) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den pharmazeutischen Unternehmer von der Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 auf Antrag freizustellen, wenn es sich um ein Antibiotikum handelt, das gegen durch multiresistente bakterielle Krankheitserreger verursachte Infektionen, für die nur eingeschränkte alternative Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, wirksam ist und der Einsatz dieses Antibiotikums einer strengen Indikationsstellung unterliegt (Reserveantibiotikum). Der pharmazeutische Unternehmer hat seinen Antrag nach Satz 1 entsprechend zu begründen. Ein Antrag auf Freistellung nach Satz 1 ist nur vor der erstmaligen Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 zulässig. Das Nähere zur Ausgestaltung des Antragsverfahrens regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung bis zum 31. Dezember 2020. Das Robert Koch-Institut bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Kriterien zur Einordnung eines Antibiotikums als Reserveantibiotikum bis zum 31. Dezember 2020 und veröffentlicht diese Kriterien auf seiner Internetseite. Das Robert Koch-Institut hat zu diesen Kriterien im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine nicht abschließende Liste von multiresistenten bakteriellen Krankheitserregern nach Satz 1 zu veröffentlichen. Hat der Gemeinsame Bundesauschuss eine Freistellung für ein Reserveantibiotikum nach Satz 1 beschlossen, gilt der Zusatznutzen als belegt; das Ausmaß des Zusatznutzens und seine therapeutische Bedeutung sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht zu bewerten. Bei dem Beschluss nach Absatz 3 Satz 1 hat der Gemeinsame Bundesausschuss Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung des Reserveantibiotikums unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Resistenzsituation festzulegen. Dazu holt er eine Stellungnahme beim Robert Koch-Institut ein, die im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu erstellen ist.

(1d) Auf Antrag eines betroffenen pharmazeutischen Unternehmers oder mehrerer betroffener pharmazeutischer Unternehmer stellt der Gemeinsame Bundesausschuss fest, ob eine Kombination von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen, die aufgrund der arzneimittelrechtlichen Zulassung in einer Kombinationstherapie in demselben Anwendungsgebiet eingesetzt werden können, einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen erwarten lässt. Die Feststellung erfolgt aufgrund von vergleichenden Studien in dem Anwendungsgebiet, die von dem pharmazeutischen Unternehmer oder von den pharmazeutischen Unternehmern mit dem Antrag elektronisch an den Gemeinsamen Bundesausschuss zu übermitteln sind. Der Antrag ist unzulässig, wenn bereits

1.
in einem Beschluss nach Absatz 3 Satz 1 ein mindestens beträchtlicher Zusatznutzen der Kombination festgestellt wurde oder
2.
ein Verfahren der Nutzenbewertung nach Absatz 1 anhängig ist, im Zuge dessen der Gemeinsame Bundesausschuss erstmalig über die Benennung der Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die auf Grund der arzneimittelrechtlichen Zulassung in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel für das zu bewertende Anwendungsgebiet eingesetzt werden können, nach Absatz 3 Satz 4 beschließt.
Die Rechtsverordnung nach Absatz 1 Satz 7 findet entsprechende Anwendung. Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Stellungnahme dazu, ob die vorgelegten Studien einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen der Kombination für die Patienten in dem Anwendungsgebiet erwarten lassen. Die Stellungnahme ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Stellung des Antrags durch den Gemeinsamen Bundesausschuss im Internet zu veröffentlichen. § 92 Absatz 3a ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass lediglich Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt über die Feststellung innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung der Stellungnahme. Absatz 3 Satz 5 bis 7 gilt entsprechend. Die Feststellung wird Bestandteil der Beschlüsse über die Nutzenbewertung aller Arzneimittel der Kombination, in denen bei Bedarf jeweils die Benennung nach Absatz 3 Satz 4 zu ändern ist. Eine erneute Feststellung kann entsprechend Absatz 5 Satz 1 bis 4 beantragt werden.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss prüft die Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 und entscheidet, ob er die Nutzenbewertung selbst durchführt oder hiermit das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen oder Dritte beauftragt. Der Gemeinsame Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen erhalten auf Verlangen Einsicht in die Zulassungsunterlagen bei der zuständigen Bundesoberbehörde. Die Nutzenbewertung ist spätestens innerhalb von drei Monaten nach dem nach Absatz 1 Satz 3 maßgeblichen Zeitpunkt für die Einreichung der Nachweise abzuschließen und im Internet zu veröffentlichen.

(3) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt über die Nutzenbewertung innerhalb von drei Monaten nach ihrer Veröffentlichung. § 92 Absatz 3a gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass Gelegenheit auch zur mündlichen Stellungnahme zu geben ist. Mit dem Beschluss wird insbesondere der Zusatznutzen des Arzneimittels festgestellt. In dem Beschluss benennt der Gemeinsame Bundesausschuss alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die aufgrund der arzneimittelrechtlichen Zulassung in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel für das zu bewertende Anwendungsgebiet eingesetzt werden können, es sei denn, der Gemeinsame Bundesausschuss hat nach Satz 1 einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen der Kombination festgestellt oder nach Absatz 1d Satz 1 festgestellt, dass die Kombination einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen erwarten lässt; bis zum 12. November 2022 bereits gefasste Beschlüsse sind bis zum 1. Mai 2023 entsprechend zu ergänzen. Die Geltung des Beschlusses über die Nutzenbewertung kann befristet werden. Der Beschluss ist im Internet zu veröffentlichen. Der Beschluss ist Teil der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; § 94 Absatz 1 gilt nicht. Innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung veröffentlicht die Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Information der Öffentlichkeit zudem den Beschluss und die tragenden Gründe in englischer Sprache auf der Internetseite des Gemeinsamen Bundesausschusses.

(3a) Der Gemeinsame Bundesausschuss veröffentlicht innerhalb eines Monats nach dem Beschluss nach Absatz 3 eine maschinenlesbare Fassung zu dem Beschluss, die zur Abbildung in elektronischen Programmen nach § 73 Absatz 9 geeignet ist. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates weitere Vorgaben zur Veröffentlichung der Beschlüsse nach Satz 1 zu regeln. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss erstmals innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach Satz 2 in seiner Verfahrensordnung. Vor der erstmaligen Beschlussfassung nach Satz 3 findet § 92 Absatz 3a mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass auch den für die Wahrnehmung der Interessen der Industrie maßgeblichen Bundesverbänden aus dem Bereich der Informationstechnologie im Gesundheitswesen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Zu den vor der erstmaligen Änderung der Verfahrensordnung nach Satz 3 gefassten Beschlüssen nach Absatz 3 veröffentlicht der Gemeinsame Bundesausschuss die maschinenlesbare Fassung nach Satz 1 innerhalb von sechs Monaten nach der erstmaligen Änderung der Verfahrensordnung nach Satz 3.

(3b) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann frühestens mit Wirkung zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens bei den folgenden Arzneimitteln vom pharmazeutischen Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist die Vorlage anwendungsbegleitender Datenerhebungen und Auswertungen zum Zweck der Nutzenbewertung fordern:

1.
bei Arzneimitteln, deren Inverkehrbringen nach dem Verfahren des Artikels 14 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung der Verfahren der Union für die Genehmigung und Überwachung von Humanarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, genehmigt wurde oder für die nach Artikel 14-a der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 eine Zulassung erteilt wurde, sowie
2.
bei Arzneimitteln, die zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 zugelassen sind.
Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Befugnis zur Versorgung der Versicherten mit einem solchen Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Leistungserbringer beschränken, die an der geforderten anwendungsbegleitenden Datenerhebung mitwirken. Die näheren Vorgaben an die Dauer, die Art und den Umfang der Datenerhebung und Auswertung, einschließlich der zu verwendenden Formate, werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss bestimmt. Er hat dabei insbesondere Vorgaben zur Methodik sowie zu patientenrelevanten Endpunkten und deren Erfassung zu bestimmen. Dabei soll er laufende und geplante Datenerhebungen zu dem Arzneimittel berücksichtigen, insbesondere solche, die sich aus Auflagen oder sonstigen Nebenbestimmungen der Zulassungs- oder Genehmigungsbehörden ergeben. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei auch indikationsbezogene Datenerhebungen ohne Randomisierung fordern. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Paul-Ehrlich-Institut sind vor Erlass einer Maßnahme nach Satz 1 zu beteiligen. Unter Beachtung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sollen auch die wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und der betroffene pharmazeutische Unternehmer vor Erlass einer Maßnahme nach Satz 1 schriftlich beteiligt werden. Das Nähere zum Verfahren der Anforderung von anwendungsbegleitenden Datenerhebungen und Auswertungen, einschließlich der Beteiligung nach Satz 4, regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Die gewonnenen Daten und die Verpflichtung zur Datenerhebung sind in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch alle achtzehn Monate, vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu überprüfen. Für Beschlüsse nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 3 Satz 4 bis 6 entsprechend. Klagen gegen eine Maßnahme nach Satz 1 haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt.

(4) Wurde für ein Arzneimittel nach Absatz 1 Satz 4 keine therapeutische Verbesserung festgestellt, ist es in dem Beschluss nach Absatz 3 in die Festbetragsgruppe nach § 35 Absatz 1 mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimitteln einzuordnen. § 35 Absatz 1b Satz 6 gilt entsprechend. § 35 Absatz 1b Satz 7 und 8 sowie Absatz 2 gilt nicht.

(5) Für ein Arzneimittel, für das ein Beschluss nach Absatz 3 vorliegt, kann der pharmazeutische Unternehmer eine erneute Nutzenbewertung beantragen, wenn er die Erforderlichkeit wegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nachweist. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet über diesen Antrag innerhalb von acht Wochen. Der pharmazeutische Unternehmer übermittelt dem Gemeinsamen Bundesausschuss auf Anforderung die Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 innerhalb von drei Monaten. Die erneute Nutzenbewertung beginnt frühestens ein Jahr nach Veröffentlichung des Beschlusses nach Absatz 3. Die Absätze 1 bis 4 und 5a bis 8 gelten entsprechend.

(5a) Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3 keinen Zusatznutzen oder nach Absatz 4 keine therapeutische Verbesserung fest, hat er auf Verlangen des pharmazeutischen Unternehmers eine Bewertung nach § 35b oder nach § 139a Absatz 3 Nummer 6 in Auftrag zu geben, wenn der pharmazeutische Unternehmer die Kosten hierfür trägt. Die Verpflichtung zur Festsetzung eines Festbetrags oder eines Erstattungsbetrags bleibt unberührt.

(5b) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann den für die Vorlage der erforderlichen Nachweise maßgeblichen Zeitpunkt auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmers abweichend von Absatz 1 Satz 3 bestimmen, wenn innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem nach Absatz 1 Satz 3 maßgeblichen Zeitpunkt die Zulassung von mindestens einem neuen Anwendungsgebiet zu erwarten ist. Der vom Gemeinsamen Bundesausschuss bestimmte maßgebliche Zeitpunkt darf nicht mehr als sechs Monate nach dem maßgeblichen Zeitpunkt nach Absatz 1 Satz 3 liegen. Der pharmazeutische Unternehmer hat den Antrag spätestens drei Monate vor dem maßgeblichen Zeitpunkt nach Absatz 1 Satz 3 zu stellen. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet über den Antrag innerhalb von acht Wochen. Er regelt das Nähere in seiner Verfahrensordnung. § 130b Absatz 3a Satz 2 und 3 und Absatz 4 Satz 3 bleiben unberührt.

(6) Für ein Arzneimittel mit einem Wirkstoff, der kein neuer Wirkstoff im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist, kann der Gemeinsame Bundesausschuss eine Nutzenbewertung nach Absatz 1 veranlassen, wenn für das Arzneimittel eine neue Zulassung mit neuem Unterlagenschutz erteilt wird. Satz 1 gilt auch für Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn für das Arzneimittel eine neue Zulassung mit neuem Unterlagenschutz erteilt wird. Endet das Verfahren nach § 130a Absatz 3c ohne Einigung, veranlasst der Gemeinsame Bundesausschuss eine Nutzenbewertung nach Absatz 1. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss berät den pharmazeutischen Unternehmer insbesondere zu vorzulegenden Unterlagen und Studien sowie zur Vergleichstherapie; er kann hierzu auf seiner Internetseite generalisierte Informationen zur Verfügung stellen. Er kann hierüber Vereinbarungen mit dem pharmazeutischen Unternehmer treffen. Eine Beratung vor Beginn von Zulassungsstudien der Phase drei, zur Planung klinischer Prüfungen oder zu anwendungsbegleitenden Datenerhebungen soll unter Beteiligung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte oder des Paul-Ehrlich-Instituts stattfinden. Zu Fragen der Vergleichstherapie sollen unter Beachtung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des pharmazeutischen Unternehmers die wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft schriftlich beteiligt werden. Der pharmazeutische Unternehmer erhält eine Niederschrift über das Beratungsgespräch. Für die pharmazeutischen Unternehmer ist die Beratung gebührenpflichtig. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und dem Paul-Ehrlich-Institut die Kosten zu erstatten, die diesen im Rahmen der Beratung von pharmazeutischen Unternehmern nach den Sätzen 1 und 3 entstehen, soweit diese Kosten vom pharmazeutischen Unternehmer getragen werden. Das Nähere einschließlich der Erstattung der für diese Beratung entstandenen Kosten ist in der Verfahrensordnung zu regeln.

(8) Eine gesonderte Klage gegen die Aufforderung zur Übermittlung der Nachweise nach Absatz 1, die Nutzenbewertung nach Absatz 2, den Beschluss nach Absatz 3 und die Einbeziehung eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach Absatz 4 ist unzulässig. § 35 Absatz 7 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Aachen vom 29. September 2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2009 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten der ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie in Höhe von 6994,44 Euro freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Freistellung von Kosten einer ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO-Therapie).

2

Die am 1.5.1960 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet unter Diabetes mellitus Typ I mit Verschluss aller originären Unterschenkelgefäße im Bereich des oberen Sprunggelenks. Deshalb bildeten sich bei ihr im Februar 2009 trockene Nekrosen an Zehen des linken Fußes (pAVK im Stadium IV links, ischämisches diabetisches Fußsyndrom). Die Klinik für Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Aachen diagnostizierte massive arteriosklerotische Veränderungen. Eine geplante Bypassimplantation fand daraufhin nicht statt. Eine Wunde im OP-Bereich tendierte auch nach Antibiotikagabe nicht zur Heilung. Die Klägerin beantragte über das nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene HBO-Zentrum E (HBO-Zentrum), die Kosten für eine HBO-Therapie im Rahmen ambulanter Behandlung zu übernehmen (ärztliches Schreiben vom 2.5.2009). Die HBO-Therapie (Einatmung von 100 % medizinisch reinem Sauerstoff unter erhöhtem Umgebungsdruck für definierte Zeiträume und Intervalle) erfolgt in der Regel in HBO-Zentren mit erforderlichen Druckkammern und ärztlich geleitetem Behandlungsteam. Die Klägerin führte aus, die HBO-Therapie stelle für sie - nach Ausschöpfung aller gefäßchirurgischen Möglichkeiten - die letzte Chance dar, eine Abheilung der OP-Wunde zu erreichen und eine Amputation im Unterschenkelbereich zu vermeiden. Das diabetische Fußsyndrom befinde sich im Übergang zum Stadium Wagner III, wobei lediglich die begleitende Knochenbeteiligung für das Stadium III noch nicht radiologisch nachgewiesen sei, sich aber innerhalb der nächsten Tage einstellen werde. Sie bedürfe keiner stationären Behandlung, da sie sich in einem guten Allgemeinzustand befinde und noch relativ jung sei. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 8.5.2009; Widerspruchsbescheid vom 3.7.2009). Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe entschieden, dass die HBO-Therapie nicht als ambulante vertragsärztliche Leistung erbracht werden dürfe. Die Klägerin unterzog sich 20 ambulanten HBO-Behandlungen im HBO-Zentrum (25.5.2009 bis 22.6.2009, Rechnung vom 10.7.2009 über 3885,80 Euro). Die Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie des Universitätsklinikums Aachen behandelte die Klägerin wegen zweier nekrotisierender Zehenglieder stationär (23.6.2009 bis 6.7.2009). Sie führte die HBO-Therapie in 9 Sitzungen im HBO-Zentrum als Teil der stationären Behandlung fort. Die Klägerin ließ anschließend im HBO-Zentrum 16 weitere Behandlungen ambulant durchführen (7.7.2009 bis 31.7.2009, Rechnung vom 15.8.2009 über 3108,64 Euro). Das HBO-Zentrum stundet ihr seitdem die Rechnungsbeträge bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Freistellungsanspruch.

3

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.9.2009). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die ambulante HBO-Therapie gehöre nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der GBA habe sie nicht für die vertragsärztliche Versorgung empfohlen. Er habe die HBO-Therapie im Krankenhaus nur unter einschränkenden Kriterien als zu Lasten der GKV erbringbare Leistung qualifiziert (Beschluss vom 13.3.2008). Die erneute Einleitung eines Prüfverfahrens sei nicht rechtswidrig unterblieben (Urteil vom 6.10.2011).

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip und des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung aus Art 20 Abs 3 GG. Eine stationäre Behandlung sei in ihrem Falle nicht medizinisch notwendig. Ihr sei auch ein Abwarten nicht zuzumuten, bis eine Verschlimmerung eingetreten sei, die eine stationäre Behandlung erfordere. § 226 Abs 1 StGB belege, dass der drohende Verlust eines Fußes - als wichtiges Körperglied - wertungsmäßig mit einer drohenden Erblindung gleichzustellen sei, die zu einer grundrechtsorientierten Auslegung führe.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Aachen vom 29. September 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie in Höhe von 6994,44 Euro freizustellen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

8

Der Senat hat Beweis erhoben durch eine Auskunft des GBA. Der GBA hat ausgeführt, die in Rede stehende Ausnahme von einem Verbot nach § 137c SGB V für die adjuvante Anwendung der HBO-Therapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom im Stadium größer/gleich Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie führe nach § 137c SGB V zur Erlaubnis im stationären Bereich, nicht aber nach § 135 SGB V für die vertragsärztliche Versorgung. Dies sei Folge des gesetzlichen Regelungsansatzes.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sowie die Bescheide der beklagten KK sind aufzuheben. Die Vorinstanzen haben die - zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)verfolgte - Klage auf Freistellung zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Freistellung von 6994,44 Euro Kosten der in der Zeit vom 25.5. bis 22.6.2009 und vom 7. bis 31.7.2009 ambulant im HBO-Zentrum durchgeführten adjuvanten HBO-Therapie.

10

Rechtsgrundlage des Kostenfreistellungsanspruchs ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Die Rechtsnorm bestimmt: "Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist demnach nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff): Bestehen eines Primärleistungs-(Naturalleistungs-)anspruchs der Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch die KK (dazu insgesamt 1.), Selbstbeschaffung einer entsprechenden Leistung durch die Versicherte (dazu 2.), Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung (dazu insgesamt 3.) und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung (dazu 4.).

11

1. Der Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15; vgl zum Ganzen: E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, 78. Lfg, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Die Klägerin hatte 2009 Anspruch gegen die Beklagte auf eine ambulante Behandlung ihres diabetischen Fußsyndroms im Stadium Wagner III mit HBO (zum Individualanspruch Versicherter vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - RdNr 54, GesR 2007, 276; E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 53 f).

12

a) Die Beklagte war nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V der Klägerin zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, die vom Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst ist. Versicherte wie die Klägerin haben gemäß § 27 Abs 1 S 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit - hier das diabetische Fußsyndrom im Stadium Wagner III - zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

13

Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch einer Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die KKn sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei - wie hier - neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V grundsätzlich nur dann der Fall, wenn zunächst der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) gemacht hat(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17 RdNr 14; BSGE 88, 126, 128 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29; Hauck, NZS 2007, 461, 464 mwN). Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der KKn erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den KKn geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 12 - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 16, stRspr).

14

Die Richtlinien des GBA sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Art 1 Nr 70 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378). Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel. Es behält sich aber vor, die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu aufgrund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (stRspr; vgl grundlegend BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 ff mwN - LITT; siehe auch zB BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 26 mwN).

15

Die Behandlung mit hyperbarem Sauerstoff beim diabetischen Fußsyndrom ist eine ärztliche "Behandlungsmethode" im Sinne der GKV. Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind nämlich medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl zB BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl auch BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSG SozR 3-5533 Nr 2449 Nr 2 S 9 f; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Die Methode ist auch "neu", weil sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM enthalten war (vgl zum Merkmal "neu" BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Als nicht vom GBA empfohlene neue - sogar durch Beschluss vom 10.4.2000 (BAnz Nr 128 vom 12.7.2000, S 13396, und BAnz Nr 22 vom 1.2.2001, S 1505) explizit von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossene - Methode ist die ambulante HBO-Therapie grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der GKV (vgl Anlage II Nr 16 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung in der seinerzeit geltenden Fassung vom 17.1.2006, BAnz Nr 48 vom 9.3.2006, S 1523, geändert am 19.6.2008/1.12.2008, BAnz Nr 124 vom 19.8.2008, S 3018 und Nr 197 vom 30.12.2008, S 4749).

16

b) Die ambulante adjuvante Behandlung des diabetischen Fußsyndroms im Stadium ab Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie mit HBO im Jahre 2009 ist aber als Ausnahmefall wegen Systemversagens in den GKV-Leistungskatalog einbezogen, ohne dass es einer positiven Empfehlung des GBA und einer Aufnahme der Methode in den EBM bedarf. Der GBA verstieß gegen höherrangiges Recht (vgl zu dieser Voraussetzung zB BSGE 88, 62, 67 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3), weil er objektiv willkürlich das sektorenübergreifende Prüfverfahren 2008 nicht auf eine Empfehlung dieser Methode bei der genannten Indikation für die vertragsärztliche Versorgung erstreckte. In solchen Fällen gibt § 13 Abs 3 S 1 SGB V Versicherten ua das Recht, von ihrer KK zu verlangen, von den Kosten der betreffenden Leistung freigestellt zu werden, wenn sie notwendig ist(vgl dazu BSGE 88, 62, 74 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3; Hauck, NZS 2007, 461, 464). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung für ein Systemversagen entwickelt hat, greifen ergänzend zur gesetzlichen Regelung bei verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode ein (vgl § 135 Abs 1 S 4 und 5 SGB V idF des Art 1 Nr 105 Buchst b GKV-WSG, BGBl I 378; Hauck, NZS 2007, 461, 464). Der erkennende Senat weicht mit dieser Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG zur HBO ab (vgl hierzu BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, unzulässige Klage betreffend die Aufnahme der HBO-Therapie in die Anlage I der RL Methoden vertragsärztliche Behandlung des GBA für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus").

17

aa) Eine Leistungspflicht der KK wegen Systemversagens kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausnahmsweise ungeachtet des in § 135 Abs 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden(vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 21; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70: "rechtswidrige Untätigkeit des Bundesausschusses"; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 - Neuropsychologische Therapie; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 f mwN - LITT).

18

Zu einem Systemversagen kann es kommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wird und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit oder Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 - Immunbiologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 - Neuropsychologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 12 - ICL, jeweils mwN). In einem derartigen Fall widersprechen die einschlägigen RL einer den Anforderungen des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügenden Krankenbehandlung. Es fordert, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen haben, welche sich wiederum in zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben, und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen müssen (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 f mwN - LITT).

19

bb) Ein solcher Fall des Systemversagens liegt hier vor. Der GBA führte das Prüfverfahren 2008 mit Wirkung vom 13.11.2008 objektiv willkürlich nicht zu einer Empfehlung der ambulanten adjuvanten HBO-Therapie als neue Methode für die vertragsärztliche Versorgung bei diabetischem Fußsyndrom im Stadium ab Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie.

20

Der Bundesausschuss überprüfte rechtmäßig auf Antrag der Spitzenverbände der KK (5.11.2001) zunächst im Ausschuss Krankenhaus gemäß § 137c SGB V und ab 2004 als GBA die HBO-Therapie. Rechtmäßig ließ der GBA den Nutzen und die medizinische Notwendigkeit der HBO-Therapie sektorenübergreifend von der Themengruppe "HBO" bewerten (vgl zur Entwicklung § 7 Verfahrensordnung GBA idF vom 20.9.2005, BAnz Nr 244 vom 24.12.2005, S 16998, geändert mit Beschluss vom 18.4.2006, BAnz Nr 124 vom 6.7.2006, S 4876; Kap 1 § 7 und Kap 2 § 7 Abs 1 Buchst a VerfO GBA idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009, zuletzt geändert am 18.10.2012, BAnz AT 5.12.2012 B3). Im Ergebnis beschloss er rechtmäßig, § 4 der RL zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus(RL Methoden Krankenhausbehandlung) zu ergänzen. Die Regelung bestimmt Methoden, die von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen von Krankenhausbehandlung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Der GBA fügte folgende Nummer 2.6 an (Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 172 vom 12.11.2008 S 4072, mit Wirkung vom 13.11.2008): "Hyperbare Sauerstofftherapie beim diabetischen Fußsyndrom als alleinige Therapie oder in Kombination. Unberührt von diesem Ausschluss bleibt die adjuvante Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom in Stadium Wagner ≥ III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie."

21

Der Beschluss erfolgte auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Verfahrens und einer umfassenden Recherche und Auswertung der wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Er stützte sich vertretbar auf die Beurteilung, dass eine HBO bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom bis zum Stadium Wagner kleiner oder gleich II nicht erforderlich ist, aber nach Ausschöpfung der Standardtherapie ab einem höheren, über Wagner II hinausgehenden Stadium ohne angemessene Heilungstendenz in der adjuvanten Anwendung zu Lasten der GKV angemessen ist. Vergleichbar entschied für die USA das Center for Medicare & Medicaid Services (vgl zum Ganzen die zusammenfassende Dokumentation des GBA vom 13.11.2008, S A-4). Der Beschluss besagt nach seinem objektiven Gehalt, dass die adjuvante HBO-Anwendung nach generellen Kriterien im genannten Indikationsbereich dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügt. Der Aussagegehalt des Beschlusses ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenspiel des Qualitätsgebots mit § 137c Abs 1 SGB V und der Dokumentation des GBA.

22

Nach der Regelung in § 137c Abs 1 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 106 GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv vom 1.1.2004 und idF durch Art 1 Nr 112 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.7.2008; seit 1.1.2012 idF durch Art 1 Nr 54 Buchst a DBuchst aa Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983) überprüft der GBA nach § 91 SGB V auf Antrag Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der KKn im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der KKn erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (vgl § 137c Abs 2 S 2 SGB V).

23

Diese Regelung des § 137c SGB V darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt (stRspr, vgl unter Berücksichtigung aller Auslegungsmethoden grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23; BSG Urteil vom 18.12.2012 - B 1 KR 34/12 R - RdNr 34 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 2 vorgesehen; Clemens, MedR 2012, 769; aA Felix, SGb 2009, 367 und öfter, zB NZS 2012, 1, 7 mwN in Fn 91; dieselbe/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Sie setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl § 1 S 1 SGB V)die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. Eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, muss nicht von den KKn bezahlt werden (vgl näher Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff; rechtspolitisch kritisch zum Regelungskonzept der §§ 135, 137c SGB V: GBA, Stellungnahme zum GKV-WSG, 14. BT-Ausschuss, Ausschuss-Drucks 0129(9), S 9; Hess, KrV 2005, 64, 66 f).

24

§ 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann retrospektiv im Wege der Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die KK und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten. Das GKV-VStG hat an dieser Grundkonzeption, die der Senat in ständiger Rechtsprechung anwendet, nichts geändert. Es schafft lediglich Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach § 137c Abs 1 S 1 SGB V entspricht(vgl § 137c Abs 1 S 4 SGB V). Abgesehen von der speziell geregelten, vorübergehenden Modifizierung durch die Erprobung (§ 137e SGB V)verbleibt es auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V; aA Felix/Deister, NZS 2013, 81, 87 f).

25

Die Erkenntnisse aus Verfahren nach § 135 und § 137c SGB V können geeignet sein, sektorenübergreifend zu wirken. So hat der erkennende Senat bereits betont, dass es keinen durchgreifenden Bedenken begegnet, Beurteilungen des GBA aus dem Bereich der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V auch für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Bereich der stationären Behandlung heranzuziehen, wenn diese Beurteilungen gebietsübergreifende Aussagen beinhalten. Sie sind mithin zu berücksichtigen, wenn sie sachliche Geltung nicht nur für die Behandlung in ambulanter, sondern auch in stationärer Form beanspruchen, etwa weil das aufbereitete wissenschaftliche Material generelle Bewertungen enthält (vgl BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 50). Das muss naturgemäß auch in umgekehrter Richtung gelten: Einschlägige Erkenntnisse aus einem Verfahren nach § 137c SGB V sind auch im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V zu nutzen.

26

Die Erkenntnisse aus dem Verfahren des GBA nach § 137c SGB V zur HBO - mündend in dessen Beschluss vom 13.3.2008 - haben in diesem Sinne zunächst zur Folge, dass gegenüber dem Vergütungsanspruch der Krankenhäuser, die die HBO-Therapie adjuvant bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom in Stadium Wagner größer oder gleich III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie bei Versicherten anwenden, jedenfalls bei unveränderter Erkenntnislage der medizinischen Wissenschaft nicht mehr der Einwand durchgreift, sie hätten das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)verletzt. Zweifel an der Erfüllung der Voraussetzungen des Qualitätsgebots hätten im Zeitpunkt der Entscheidung des GBA im Jahr 2008 nach § 137c SGB V zum vollständigen Ausschluss der Methode aus dem stationären Sektor führen müssen. Stattdessen hat der GBA die Ausnahmebestimmung in § 4 Nr 2.6 S 2 RL Methoden Krankenhausbehandlung aufgenommen und damit eine Übereinstimmung mit den Anforderungen des Qualitätsgebots insoweit generell bejaht. Entsprechendes gilt für das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V).

27

Diese Erkenntnisse aus dem Verfahren nach § 137c SGB V sind zusätzlich auch im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V zu nutzen. Der GBA hätte insoweit folgerichtig eine Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V aussprechen müssen. Er hätte berücksichtigen müssen, dass es nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft keine durchgreifenden Gründe dafür gibt, die HBO bei dem genannten Indikationsspektrum lediglich stationär anzuwenden (vgl Auskunft des GBA im Revisionsverfahren). Zugleich hätte er in den Blick nehmen müssen, dass er ohne die Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V eine mit dem Qualitätsgebot unvereinbare Therapielücke schafft. Denn Krankenhausbehandlung ist nicht bereits deshalb erforderlich iS von § 39 SGB V, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zwar ambulant erbracht werden kann, vertragsärztlich aber mangels positiver Empfehlung des GBA nicht zu Lasten der GKV geleistet werden darf(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19).

28

Das Unterlassen der Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V mit Inkrafttreten der Änderung der RL Methoden Krankenhausbehandlung am 13.11.2008 widerspricht höherrangigem Recht, nämlich dem Willkürverbot (Art 3 Abs 1 GG). Der GBA handelt willkürlich, wenn er grundlos untätig bleibt und jede andere Entscheidung als die des Tätigwerdens unvertretbar wäre (vgl BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 29). Weder der medizinische Forschungsstand noch das gesetzliche Regelungssystem rechtfertigen die Beschränkung des HBO-Einsatzes bei der betroffenen Indikation auf den Krankenhaussektor. Vielmehr ist es im Rahmen des Freistellungsanspruchs nach den aufgezeigten Grundsätzen geboten, die Klägerin so zu stellen, als sei die adjuvante HBO-Therapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom im Stadium Wagner größer oder gleich III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie in den EBM aufgenommen worden. Die Beklagte lehnte mit den angegriffenen Bescheiden den hieraus erwachsenden Primärleistungsanspruch der Klägerin rechtswidrig ab und leistete das danach Gebotene nicht.

29

2. Die Klägerin beschaffte sich eine der geschuldeten entsprechende Leistung selbst. Sie litt nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG)an einem diabetischen Fußsyndrom im Stadium Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz und ließ sich nach Ausschöpfung der Standardtherapie im betroffenen Zeitraum 2009 adjuvant ambulant privatärztlich mit der HBO versorgen.

30

3. Die Klägerin beschaffte sich die HBO-Therapie auch wesentlich deshalb privatärztlich selbst, weil die Beklagte zuvor die Leistung abgelehnt hatte. Es handelte sich nach den dargelegten generellen Kriterien und den individuellen ärztlichen Zeugnissen um eine indikationsgerechte, notwendige Leistung. Das HBO-Zentrum war das für die Klägerin praktikabel erreichbare. Es behandelte sie dementsprechend auch während ihrer stationären Aufnahme. Es stellte den Leistungsantrag nach den Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) namens und in Vollmacht der Klägerin (vgl § 13 Abs 1 S 1 SGB X; vgl auch BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 12 f). Darüber hinaus bedurfte es auch keines weiteren Leistungsantrags vor dem zweiten Behandlungsintervall. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, beantragte die Klägerin Kostenübernahme "initial" (dh anfänglich) für 25 Behandlungen. Sie beschränkte ihren Antrag nicht auf 25 Behandlungen (zur Auslegung von Willenserklärungen und zur revisionsrechtlichen Überprüfung vgl zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 12 ff; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 36). Nach dem Gesamtablauf war es für die Klägerin auch mit Blick auf die GBA-Beschlüsse sinnvoll und zweckmäßig, ihren Antrag ärztlich fachkundig vom HBO-Zentrum untermauern zu lassen. Das LSG hat im Übrigen keine Tatsachen im Sinne einer Vorfestlegung der Klägerin festgestellt, die den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung in Zweifel ziehen.

31

4. Die Klägerin ist aufgrund der Selbstbeschaffung der ambulanten HBO-Leistungen auch einer rechtsgültigen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt (vgl zur Notwendigkeit zB BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 24 mwN; Hauck, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 1, 24 f, 26). Beide ihr für die betroffene Behandlung gestellten Rechnungen entsprechen den Anforderungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ neugefasst durch Bekanntmachung vom 9.2.1996, BGBl I 210; zuletzt geändert durch Art 17 des Gesetzes über den Beruf der Podologin und des Podologen und zur Änderung anderer Gesetze vom 4.12.2001, BGBl I 3320 mWv 2.1.2002) als für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 20 mwN).

32

Angesichts der dem Informationsbedürfnis der Klägerin Rechnung tragenden detaillierten Auflistung der einzelnen Positionen nach der GOÄ liegt kein unzulässiges Pauschalhonorar vor (vgl hierzu BVerfG Beschluss vom 19.4.1991 - 1 BvR 1301/89 - NJW 1992, 737 = Juris RdNr 4 f; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 22; BGH Urteil vom 23.3.2006 - III ZR 223/05 - NJW 2006, 1879, 1880 f = Juris RdNr 15).

33

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 haben aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a Aufschub bewirkt.

(2) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 eines Versicherungsträgers oder in der Kriegsopferversorgung eines Landes bewirken Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlaß des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 1. trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens.

2

Der Kläger ist Facharzt für innere Medizin mit Teilgebietsbezeichnung Nephrologie. Im Oktober 2000 stellte er einen Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Wege des Sonderbedarfs. Gleichzeitig beantragten der Kläger und sein späterer Praxispartner, Dr. M., die gemeinschaftliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit als Fachärzte für Innere Medizin - Nephrologie - in W. Gegen die ablehnenden Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 9.11.2000 legte der Kläger Widerspruch ein (AZ des Widerspruchs betreffend Sonderbedarfszulassung: BA 10/2001, AZ des Widerspruchs betreffend die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis: BA 11/2001).

3

Am 26.4.2001 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung. Auch diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss ab, weil die Voraussetzungen einer Zulassung im Wege des Sonderbedarfs nach der Nr 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht vorlägen (Beschluss vom 17.5.2001). Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein (AZ: BA 92/2001) und trug vor, dass gerade die Notwendigkeit, nach der Qualitätsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren einen zweiten Arzt in einer Dialysepraxis zu beschäftigen, einen dauerhaften Sonderbedarf indiziere.

4

Mit Wirkung zum 1.7.2002 wurde § 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie um den Buchstaben e ergänzt, wonach die Voraussetzungen für eine Ausnahme gegeben sind, wenn durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyseversorgung einem Vertragsarzt (Nr 1) oder aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren gemäß § 135 Abs 2 SGB V einem weiteren Arzt in der Dialysepraxis (Nr 2) die Genehmigung zur Durchführung eines Versorgungsauftrags für die nephrologische Versorgung der von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffenen Patienten mit Dialyseleistungen gemäß § 2 Abs 7 der Bundesmantelverträge erteilt werden soll, der Zulassung jedoch Zulassungsbeschränkungen für die Zulassung von Fachärzten für Innere Medizin zur Teilnahme an der fachärztlich-internistischen Versorgung entgegenstehen.

5

Der Beklagte hob daraufhin den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 17.5.2001 auf und ließ den Kläger mit Wirkung zum 1.10.2002 wegen Sonderbedarfs nach Nr 24 Buchstabe e der Bedarfsplanungs-Richtlinie als Facharzt für Innere Medizin - Nephrologie - zur vertragsärztlichen Versorgung zu (Beschluss vom 7.8.2002). Zur Begründung wurde auf den Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie verwiesen. Mit Beschluss vom selben Tag hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9.11.2000 auf und genehmigte die aus dem Kläger und Dr. M. bestehende internistisch-nephrologische Gemeinschaftspraxis.

6

Der Kläger beantragte daraufhin, in den Widerspruchsverfahren betreffend die Sonderbedarfszulassung sowie die Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis die Beiziehung eines Rechtsanwalts für notwendig zu erklären und ihm die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in beiden Widerspruchsverfahren zu erstatten. Die Beklagte lehnte dies ab, weil die vom Kläger eingelegten Widersprüche für die Entscheidung nicht kausal geworden seien (Beschluss vom 3.9.2003). Der Widerspruch im Verfahren BA 92/2001 sei nur aufgrund der zum 1.7.2002 in Kraft getreten Ergänzung der Bedarfsplanungs-Richtlinie um Nr 24 Buchstabe e erfolgreich gewesen. Wegen der dadurch erst möglichen Zulassung des Klägers im Wege des Sonderbedarfs habe auch das auf Genehmigung einer nephrologischen Gemeinschaftspraxis gerichtete Widerspruchsverfahren Erfolg gehabt.

7

Das SG hat die Klage abgewiesen, weil die Widersprüche des Klägers nicht erfolgreich gewesen seien (Gerichtsbescheid vom 13.3.2006). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat den Gerichtsbescheid und den Beschluss des Beklagten aufgehoben und ihn verurteilt, dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in den Verfahren BA 11/2001 und BA 92/2001 zu erstatten und die Zuziehung eines Rechtsanwalts als notwendig zu bestimmen (Urteil vom 27.5.2009). Ein Widerspruch sei erfolgreich, wenn der angegriffene Verwaltungsakt ganz oder teilweise aufgehoben werde. Eine Kausalität zwischen der Widerspruchseinlegung und dem Erfolg des Widerspruchs müsse nicht bestehen. Das gelte auch dann, wenn der Erfolg durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage herbeigeführt worden sei. Für den Anwendungsbereich des § 80 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz(VwVfG), dem die Vorschrift des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nachgebildet worden sei, komme es nach herrschender Meinung auf eine Kausalität des Widerspruchs nicht an. Das BSG sei dem zunächst gefolgt. In späteren Entscheidungen seien dann der 4. und der 12. Senat des BSG davon teilweise abgewichen und hätten angenommen, dass der Widerspruch nur erfolgreich sei, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehe. Das Abstellen der Rechtsprechung auf eine ursächliche Verknüpfung überzeuge vor dem Hintergrund des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht. Das gelte umso mehr, als sie im Ergebnis zu einer umfangreichen Kasuistik führe, mit der das Kostenverfahren nach dem Regierungsentwurf des § 80 VwVfG gerade nicht belastet werden sollte. Soweit die Entscheidungen von den Gedanken getragen worden seien, Mängel bei der Mitwirkung des Widerspruchsführers durch eine Kostentragung zu sanktionieren, bedürfe es des Konstrukts einer kausalen Verknüpfung nicht, weil nach § 63 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB X die Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, von diesem selbst zu tragen seien.

8

Hiergegen richtet sich die Revision der zu 1. beigeladenen KÄV. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sei ein Widerspruch nur dann erfolgreich, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehe. Eine solche sei hier gerade nicht gegeben, weil allein die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie zum Erfolg des Klägers im Vorverfahren geführt habe. Das BSG habe in einem Urteil vom 25.3.2004 - B 12 KR 1/03 R - die Frage, ob ein Erfolg des Widerspruchs vorliege, wenn eine während des Widerspruchsverfahrens in Kraft getretene Gesetzesänderung zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führe, ausdrücklich offengelassen. Dieser Entscheidung habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem das Widerspruchsverfahren einvernehmlich geruht habe, um zu der mit dem Widerspruch aufgeworfenen Rechtsfrage höchstrichterliche Entscheidungen in Parallelverfahren abzuwarten. Das BSG habe die Auffassung vertreten, dass die Ursächlichkeit des Widerspruchs für den Erfolg in der Sache durch das einverständliche Abwarten und den günstigen Ausgang der Parallelverfahren ersetzt werde. Eine solche besondere Fallkonstellation sei bei einer bloßen Rechtsänderung aber nicht gegeben.

9

Die Beigeladene zu 1. beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.5.2009 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

10

Der Beklagte schließt sich dem Antrag der Beigeladenen zu 1. an.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er ist der Auffassung, § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X fordere keinen Kausalzusammenhang für die Erstattungspflicht der Behörde. Im Übrigen wäre der Widerspruch auch ohne die eingetretene Rechtsänderung erfolgreich gewesen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beigeladenen zu 1. ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht den Gerichtsbescheid des SG Hannover sowie den angefochtenen Bescheid des Beklagten aufgehoben. Der Beklagte ist verpflichtet, eine Kostengrundentscheidung zugunsten des Klägers für die Verfahren zu den AZ: BA 92/2001 und BA 11/2001 zu treffen und dabei auch die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

14

1. Die Klage unmittelbar gegen den Beschluss des Beklagten über die Kosten der Widerspruchsverfahren war zulässig. Eines vorausgehenden Vorverfahrens nach § 78 Abs 1 SGG bedurfte es nicht. Der Beklagte war als Behörde, die über den Widerspruch entschieden hat, auch für die Kostenentscheidung zuständig. Das hat zur Folge, dass ein Vorverfahren gegen die vom Berufungsausschuss zu treffende Kostenentscheidung nicht stattfindet (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 zur Kostenfestsetzungsentscheidung des Berufungsausschusses).

15

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, der auch im vertragsärztlichen Zulassungsrecht zur Anwendung kommt(vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 RdNr 16; BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 12; BSG SozR 4-1935 § 17 Nr 1 RdNr 13). Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Diese Voraussetzung war hier gegeben. Die Widersprüche des Klägers waren erfolgreich iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte die beantragte Sonderbedarfszulassung sowie die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis erteilt hat.

16

3. Dem Erfolg des Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X steht hier eine mangelnde Ursächlichkeit zwischen dem Widerspruch und den begünstigenden Entscheidungen nicht entgegen. Der Senat hält allerdings grundsätzlich daran fest, dass ein Widerspruch nicht immer schon dann erfolgreich ist, wenn zeitlich nach der Einlegung des Rechtsbehelfs eine den Widerspruchsführer begünstigende Entscheidung ergeht, sondern auch erforderlich ist, dass zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 5 RdNr 15; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 11; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34; BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 3 S 13). Eine solche Verknüpfung hat der 4. Senat des BSG in einer Entscheidung vom 21.7.1992 (SozR 3-1300 § 63 Nr 3) für einen Fall verneint, in dem durch eine nachträgliche Vorlage des Antragsvordrucks und einer Bescheinigung über die Staatsangehörigkeit im Widerspruchsverfahren die Voraussetzungen für die Berechtigung zur Nachentrichtung von Beiträgen nachgewiesen wurden. Dem hat sich der 12. Senat in einem zurückverweisenden Urteil vom 29.1.1998 angeschlossen (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34). In seiner abschließenden Entscheidung in dieser Sache hat der 12. Senat des BSG (Urteil vom 18.12.2001 - USK 2001-61 S 377) einen ursächlichen Zusammenhang abgelehnt, weil dem Widerspruch im Hinblick darauf stattgegeben worden war, dass der Widerspruchsführer ausstehende Beitragszahlungen geleistet hatte, nachdem die Krankenkasse wegen eines Beitragsrückstandes das Ende der Mitgliedschaft festgestellt hatte. In den entschiedenen Fällen beruhte die Stattgabe mithin allein darauf, dass der Widerspruchsführer während des Widerspruchsverfahrens eine Handlung nachgeholt hatte, die er zuvor pflichtwidrig unterlassen hatte. Das Verhalten der Widerspruchsführer, die erst im Widerspruchsverfahren die gebotene Handlung nachholten und dann die Erstattung der Vorverfahrenskosten verlangten, wurde als widersprüchlich angesehen (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 10). Der 5. Senat hat in einem Urteil vom 17.10.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 5) die Kausalität für den Fall verneint, dass bei einem unzulässigen Widerspruch gegen die fehlende Kostenentscheidung im Abhilfebescheid aufgrund einer Kostennote die geltend gemachten Beträge überwiesen wurden. Entgegen der Auffassung des LSG ist das Erfordernis der Kausalität nicht im Hinblick auf § 63 Abs 1 Satz 3 SGB X obsolet, weil diese Vorschrift nur die Höhe, nicht den Grund der Kostenentscheidung betrifft(vgl Becker in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: Juli 2010, K § 63 RdNr 28; Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 25; Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 80 RdNr 32). Eine mit den genannten Fallkonstellationen vergleichbare Situation ist hier indes nicht gegeben.

17

Es bedarf daher keiner abschließenden Bewertung, ob die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum zu § 80 VwVfG, wie das LSG meint, eine Frage nach der Kausalität des Widerspruchs ausschließen(hierfür sprechen zB BVerwG Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 12 und 25; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl 2010, § 80 RdNr 25 unter Hinweis auf zT widersprüchliche Entscheidungen; dagegen etwa Hamburgisches OVG, NVwZ-RR 1999, 706; Kallerhoff aaO § 80 RdNr 31) oder ob sie nur die Unmaßgeblichkeit der Widerspruchsbegründung betonen. Das BVerwG verfolgt jedenfalls auch einen kausalitätsbezogenen Ansatz, wenn es in einer neueren Entscheidung bei der Prüfung, ob die Behörde treuwidrig statt einer Abhilfeentscheidung nach § 72 VwGO eine Rücknahmeentscheidung nach § 48 VwVfG getroffen hat, darauf abstellt, ob das die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auslösende Ereignis im Verantwortungsbereich des Widerspruchsführers lag(BVerwGE 118, 84: Kriegsdienstverweigerungsantrag, der zwischen der Absendung des Einberufungsbescheides und der Zugangsfiktion gestellt worden ist).

18

4. Hier liegt die für den Anspruch nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X grundsätzlich erforderliche Kausalität zwischen Widerspruch und Erfolg im Widerspruchsverfahren vor. Wenn nämlich eine während des Widerspruchsverfahrens eingetretene Rechtsänderung zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führt, entfällt die erforderliche Ursächlichkeit im Rechtssinne grundsätzlich nicht (vgl hierzu bereits BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 11, wo die Frage aber nicht zu entscheiden war; Becker aaO K § 63 RdNr 27; Diering in: LPK-SGB X, 2. Aufl 2007, § 63 RdNr 5 f). Ob dies auch für den Fall eines ursprünglich offensichtlich unbegründeten Widerspruchs gilt, muss der Senat nicht entscheiden; eine solche Konstellation liegt nicht vor (zum offensichtlich unzulässigen Widerspruch vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 5). Deshalb kann hier offen bleiben, ob der Widerspruch des Klägers nicht auch ohne die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie zum 1.7.2002 Erfolg gehabt hätte.

19

Wenn und soweit der Widerspruchsführer im Verfahren von einer Rechtsänderung zu seinen Gunsten profitiert, ist neben dieser Änderung auch der Widerspruch ursächlich für den Erfolg iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Durch seinen Widerspruch hat der Widerspruchsführer die Bestandskraft der ablehnenden Verwaltungsentscheidung verhindert, die allein durch die Rechtsänderung nicht entfallen wäre. Eine ähnliche Wertung liegt dem Urteil des 12. Senats des BSG vom 25.3.2004 zu Grunde. In dem entschiedenen Fall hatte das Widerspruchsverfahren einvernehmlich geruht, um zu der mit dem Widerspruch aufgeworfenen Frage höchstrichterliche Entscheidungen in Parallelverfahren mit Blick darauf abzuwarten, ob diese Verfahren zugunsten des Widerspruchsführers ausgingen (SozR 4-1300 § 63 Nr 1 = SGb 2004, 776 mit zustimmender Anmerkung von Ruppelt). In beiden Fällen setzte sich der Widerspruchsführer mit seinem Begehren im Ergebnis aus Rechtsgründen durch. Dabei ist grundsätzlich nicht von Belang, welche rechtlichen Erwägungen zur stattgebenden Entscheidung im Widerspruchsverfahren geführt haben (vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34). Der Erfolg eines Widerspruchs bemisst sich nicht daran, ob der Argumentation des Widerspruchsführers gefolgt wurde. Einer Kausalität zwischen Widerspruchsbegründung und der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes bedarf es nicht. Auch wenn dem Widerspruch aus vom Widerspruchsführer nicht vorgetragenen Gründen stattgegeben wird, ist er erfolgreich gewesen, wenn der Abhilfe eine vom Ausgangsbescheid abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde liegt (vgl Krasney in Kasseler Kommentar, Stand: Januar 2009, § 63 SGB X RdNr 5).

20

Dem LSG ist insofern zuzustimmen, als dem Wortlaut des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X keine Einschränkung hinsichtlich der Gründe für die stattgebende Entscheidung zu entnehmen ist. Im Gesetzgebungsverfahren zu § 80 VwVfG, dem § 63 SGB X nachgebildet ist(vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 8/2034 S 36 zu § 61 des Entwurfs), wurde erörtert, ob eine Kostenerstattungspflicht dann entfallen soll, wenn dem Widerspruch nicht wegen Rechtswidrigkeit, sondern wegen Unzweckmäßigkeit des angefochtenen Bescheides stattgegeben wird (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 7/910 S 92). Eine unterschiedliche Beurteilung dieser Fälle wurde abgelehnt, um das Kostenverfahren nicht mit schwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen zu belasten. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides soll mithin nicht nach Abschluss des Verfahrens im anschließenden Kostenverfahren überprüft werden müssen. Das erscheint auch deshalb sinnvoll, weil im Rahmen des § 63 SGB X eine gebundene Entscheidung und nicht wie bei § 193 SGG eine Ermessensentscheidung getroffen wird.

21

Für die Auffassung, dass eine Rechtsänderung zu Gunsten des Widerspruchsführers die Kausalität des Widerspruchs für dessen Erfolg nicht entfallen lässt, spricht schließlich, dass die ua von der Beigeladenen zu 1. vertretene Gegenauffassung (zumindest) in zwei Konstellationen wohl kaum zur Anwendung kommen könnte. Das betrifft zum einen Fälle, in denen alles dafür spricht, dass der Widerspruch auch ohne die Rechtsänderung Erfolg gehabt hätte, etwa weil die Auffassung der Ausgangsbehörde der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprochen hat, der dann im Laufe des Widerspruchsverfahrens durch eine gesetzliche Klarstellung Rechnung getragen worden ist. Wollte man auch insoweit die Kausalität des Widerspruchs für den Erfolg allein mit Hinweis auf die Rechtsänderung verneinen, hätte der Widerspruchsführer als Folge dieser Änderung einen ursprünglich begründeten Erstattungsanspruch nach § 63 Abs 1 SGB X verloren. Er müsste dann Anwaltskosten in unter Umständen erheblicher Höhe selbst tragen, obwohl er bei Beauftragung des Anwalts sicher davon ausgehen konnte, mit diesen Kosten nicht belastet zu werden.

22

Vergleichbare Wertungsprobleme ergäben sich in Konstellationen, in denen sich der Widerspruchsführer unter Umständen parallel zum eigenen Widerspruchsverfahren im politischen Raum um eine Änderung oder auch nur Klarstellung der Rechtslage (auch) zu seinen Gunsten bemüht. Wenn er damit Erfolg hat, wäre schwer begründbar, dass dieser Erfolg mit dem Ausschluss des Erstattungsanspruchs nach § 63 Abs 1 SGB X selbst dann erkauft werden müsste, wenn im Widerspruchsverfahren und im politischen Raum übereinstimmende Gesichtspunkte angeführt wurden.

23

Der Verwaltungsträger wird dadurch auch nicht in unbilliger Weise trotz rechtmäßigen Verhaltens mit Kosten belastet. Zum einen soll aus Gründen der Verfahrensökonomie die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung im Kostenverfahren nicht mehr überprüft werden. Für die Leistungs- und Verpflichtungsklage wäre ohnehin der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblich (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 34 mwN). Zum anderen hat der Widerspruchsführer seinerseits von einem ihm zustehenden Rechtsbehelf zur Wahrung seiner Rechte Gebrauch gemacht. Er kann nicht darauf verwiesen werden, dass er auch dadurch seinem Begehren zum Erfolg hätte verhelfen können, dass er nach Eintritt der Rechtsänderung einen neuen Antrag gestellt hätte. Im Fall der Rechtsänderung während des Vorverfahrens zugunsten des Widerspruchsführers liegt der Grund für den Erfolg des Widerspruchs außerhalb der Rechtskreise der Beteiligten allein in der Sphäre des Normgebers. Dessen Tun steht aber, insbesondere im Fall der Bedarfsplanungs-Richtlinie, der Sphäre des Verwaltungsträgers näher als der des Widerspruchsführers. Das Risiko einer Änderung der Rechtslage ist mithin ebenso wie eine Änderung der Rechtsprechung regelmäßig dem Verwaltungsträger zuzurechnen.

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5. Das LSG hat auch zutreffend entschieden, dass der Kläger beanspruchen kann, dass der Beklagte die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts für das Rechtsbehelfsverfahren feststellt, § 63 Abs 2 iVm Abs 3 Satz 2 SGB X. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ist danach zu beurteilen, ob der Widerspruchsführer es für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19). Das ist in Verfahren, in denen es um die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung geht, in der Regel der Fall.

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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und § 162 Abs 3 iVm § 154 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3 RdNr 16).

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.