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| Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Widerspruch
gegen einen Beitragsbescheid aufschiebende Wirkung hat. |
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| Die Antragstellerin ist Inhaberin einer Krankengymnastikpraxis
in N.. Ab Juni 2004 war Herr N. B. (B) für sie als Physiotherapeut
tätig. Bis zum 31. Oktober 2007 erfolgte die Beschäftigung aufgrund
eines Arbeitsvertrages. Die Antragstellerin entrichtete bis zu
diesem Zeitpunkt für B die fälligen
Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Für die Zeit ab 1. November 2007
schlossen die Antragstellerin und B einen „Vertrag über freie
Mitarbeit“ nach einem Muster des ZVK-Landesverbandes
Baden-Württemberg e. V. (AS 99 bis 103 der Verwaltungsakte der
Antragsgegnerin). Darin ist ua geregelt, dass B ab 1. November 2007
eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter in der Praxis der
Antragstellerin aufnimmt (Nr 1 des Vertrages). B übernimmt die
Terminierung seiner Patienten bzw bedient sich für die Terminierung
seiner Patienten kostenpflichtig des Rezeptionspersonals der
Praxis. Er führt eine eigene Patientenkartei, benutzt einen eigenen
Briefbogen und Visitenkarten und ist im Rahmen der
Praxisgegebenheiten berechtigt, eigenes Therapiematerial
anzuschaffen und zu nutzen. Er bestimmt seine Tätigkeitszeit in der
Praxis und auch seine Urlaube selbst. Um eine ordnungsgemäße
Patienteneinbestellung sicherzustellen, ist er verpflichtet,
urlaubsbedingte oder andere vorhersehbare Abwesenheitszeiten
rechtzeitig vorher mitzuteilen (Nr 2 des Vertrages). B ist nicht
weisungsgebunden und unterliegt nicht den allgemeinen
Praxisregelungen (Nr 3 des Vertrages). Die Antragstellerin stellt
ihm einen für die physiotherapeutische Tätigkeit ausreichend
geeigneten Behandlungsraum zur alleinigen Nutzung zur Verfügung.
Darüber hinaus gestattet sie ihm die Nutzung der für eine geregelte
Tätigkeit erforderlichen Praxisräume, wie zB sanitäre Anlagen,
Anmelde- und Wartebereich (Nr 4 des Vertrages). Die Antragstellerin
übernimmt für ihn auf der Basis einer Rechnungsstellung den
Abrechnungsverkehr mit den gesetzlichen
Krankenversicherungsträgern, anderen Kostenträgern und
Privatpatienten (Nr 5 des Vertrages). Als Vergütung für die nach
dem Vertrag zu erbringenden Leistungen zahlt die Antragstellerin 60
% (Nr 6 des Vertrages) bzw 70 % (Angaben des B vom 14. Mai 2010)
des Abrechnungsbetrages der von B innerhalb eines
Abrechnungszeitraumes erbrachten Behandlungsleistungen für
gesetzlich oder privat Versicherte an B. Nach Abschluss des
Vertrages zahlte die Antragstellerin keine
Sozialversicherungsbeiträge mehr für B. |
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| In der Zeit vom 3. Mai bis 12. Juli 2010 führte die
Antragsgegnerin eine Betriebsprüfung bei der Antragstellerin für
den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2009 durch.
Nach Abschluss der Prüfung forderte sie mit Bescheid vom 22. Juli
2010 von der Antragstellerin Beiträge zur Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung, zur Arbeitsförderung sowie für das
Umlageverfahren (U1 und U2) für die Beschäftigung des B, außerdem
Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 31.
Dezember 2009. Die genaue Aufteilung der Beiträge wurde in einer
dem Bescheid beigefügten Anlage aufgeführt. Dies gesamte
Nachforderung belief sich auf 20.798,27 EUR, darin enthalten
sind Säumniszuschläge in Höhe von 3.032 EUR. Die Antragsgegnerin
stellte fest, dass B aus ihrer Sicht auch in der Zeit ab Dezember
2007 bei der Antragsstellerin versicherungspflichtig beschäftigt
war. |
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| Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin, vertreten durch
ihren Prozessbevollmächtigten, am 12. August 2010 Widerspruch ein.
Am 18. August 2010 stellte er den Antrag, die Vollziehung des
Bescheides auszusetzen und mit einem am 23. September 2010
eingegangenen Schriftsatz begründete er den Widerspruch. |
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| Am 9. August 2010 hatte der Steuerberater des B bei der
Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund die Durchführung eines
Statusverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)
beantragt. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2010 teilte die DRV Bund
dem B mit, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne, weil die
Antragsgegnerin bereits über den sozialversicherungsrechtlichen
Status des B entschieden habe. |
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| Nachdem die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13. Januar 2011
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides
abgelehnt hatte, beantragte die Antragstellerin am 28. Januar 2011
beim Sozialgericht Mannheim (SG) festzustellen, dass ihr
Widerspruchs gegen den Bescheid vom 22. Juli 2010 aufschiebende
Wirkung hat. Diesen Antrag lehnte das SG mit Beschluss vom 11.
Februar 2011, der Antragstellerin zugestellt am 17. Februar 2011,
ab. Es vertrat die Auffassung, dass der Widerspruch nicht bereits
kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung habe und die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs auch nicht anzuordnen sei. Die
Antragsgegnerin dürfte zu Recht von einer Beschäftigung ausgegangen
sein, eine genauere Prüfung der Sach- und Rechtslage bleibe jedoch
dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. |
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| Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit
ihrer am 15. März 2011 beim Landessozialgericht (LSG) eingegangenen
Beschwerde. |
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| Während des Beschwerdeverfahrens hat der Widerspruchsausschuss
der Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin gegen den
Bescheid vom 22. Juli 2010 zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom
18. März 2011). Dagegen hat die Antragstellerin am 12. April 2011
Klage vor dem SG erhoben (S 15 R 1314/11). |
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| Die Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft und
zulässig. |
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| Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 172 Abs 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere nicht nach § 172
Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts
auch in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Beschwerde
ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG). Für
das einstweilige Rechtsschutzverfahren wird die Vertretungsbefugnis
des von der Antragstellerin bevollmächtigten Rentenberaters
unterstellt. Die abschließende Prüfung, ob die dem Bevollmächtigten
der Antragstellerin erteilte Erlaubnis zur Besorgung fremder
Angelegenheiten im Sachbereich Rentenberater auch die Vertretung
eines Arbeitgebers bei Widersprüchen und Klagen gegen
Beitragsbescheide nach § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV umfasst, bleibt
dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. |
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| Die Beschwerde ist auch begründet. Der Widerspruch und die Klage
der Antragstellerin haben allerdings nicht bereits kraft Gesetzes
aufschiebende Wirkung. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung
entschieden. Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch (und Klage)
ist hier aber anzuordnen. Der Anordnung der aufschiebenden Wirkung
(auch) der Klage bedurfte es nicht (vgl zum Folgenden Beschluss des
LSG Baden-Württemberg vom 20. März 2006, L 8 AS 369/06 ER-B,
veröffentlicht in juris). Denn die Wirkung der gerichtlich
angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs tritt
rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen
Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben
wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der
Hauptsacheentscheidung (Beschluss des Senats vom 11. Mai 2010, L 11
KR 1125/10 ER-B, veröffentlicht in juris; vgl auch Keller in
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008,
§ 86 b Rdnr 19). |
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| Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Klage nicht
bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat. Gemäß § 86a Abs 1
Satz 1 SGG (in der ab 2. Januar 2002 durch Art 1 Nr 35 des Sechsten
Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes <6. SGGÄndG>
vom 17. August 2001 (BGBl I, Seite 2144) geltenden Fassung) haben
Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende
Wirkung. Diese entfällt gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG jedoch bei der
Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten
sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen
öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden
Nebenkosten. Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs 2 Nr 1 SGG
fallen, gehören auch Bescheide der Rentenversicherungsträger, die -
wie hier - auf der Grundlage von § 28p SGB IV nach einer Prüfung
beim Arbeitgeber ergehen (Beschlüsse des Senats vom 11. Mai 2010, L
11 KR 1125/10 ER-B, mwN und vom 29. Juli 2010, L 11 R 2595/10 ER-B,
beide veröffentlicht in juris). |
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| Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und
Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand
einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen
am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten
Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander
abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem
Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse
einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang
vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung
einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete
Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des
Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden
Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten
Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten
Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen
aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (so auch
Beschluss des Senats vom 6. Mai 2010, L 11 R 1806/10 ER-B). Dabei
sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu
berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu
erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung
für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende
öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. |
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| Die formelle Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vom 22. Juli
2010 steht nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und
Rechtslage nicht in Zweifel. Der Zuständigkeit der Antragsgegnerin
steht keine vorangehende Zuständigkeit der DRV Bund aufgrund der
Vorschrift des § 7a SGB IV (Anfrageverfahren) entgegen. Nach § 7a
Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten eine Entscheidung
beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die
Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im
Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung
einer Beschäftigung eingeleitet. Zwar begründet die Ankündigung
oder Durchführung einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV noch
nicht die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Feststellung einer
Beschäftigung. Anders ist dies jedoch, wenn das konkrete
Rechtsverhältnis Gegenstand der Prüfung ist (Baier in
Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 7a SGB
IV, RdNr 5, Stand Februar 2009). Ein solcher Fall lag hier vor.
Gegenstand der von der Antragsgegnerin durchgeführten
Betriebsprüfung war ausschließlich das Beschäftigungsverhältnis des
B. Die Arbeitgeberprüfung war bereits beendet, als B am 9. August
2010 bei der DRV Bund die Einleitung eines Statusverfahrens nach §
7a SGB IV beantragt hat. Der Senat hat ferner entschieden, dass es
einen Vorrang des Anfrageverfahrens nach § 7a Abs 1 SGB IV
gegenüber anderen Verfahren, deren Gegenstand die Feststellung
einer Beschäftigung ist, nicht gibt (Urteile vom 19. Februar 2008,
L 11 KR 5528/07; 28. April 2009, L 11 KR 2149/08, und 19. Mai 2009,
L 11 KR 3723/08). |
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| Erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides
bestehen aber in materieller Hinsicht. Rechtsgrundlage für den
streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p SGB IV. Nach Abs 1 dieser
Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den
Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen
Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem
Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen;
sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und
der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in
kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies
verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber
zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige
Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung
umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge
nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im
Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und
Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie
nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der
Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten §
28h Absatz 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des
Zehnten Buches nicht. |
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| Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen
Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die
nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem
Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt
eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber
persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden
Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb
eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der
Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch
das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene
Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder
selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen
(zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger
Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl.
Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996, 1 BvR
21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild
der Arbeitsleistung (st. Rspr. BSG, vgl. u.a. BSG, Urteil vom 28.
Mai 2005, B 12 KR 13/07 R, zit. nach juris). |
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| Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des
BSG (vgl Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 §
7 Nr. 7; Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, Die Beiträge,
Beil 2006, 149; jeweils mwN) zunächst das Vertragsverhältnis der
Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen
Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung
erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen
Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus
ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der
Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig
vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den
Ausschlag geben, wenn sie in rechtlich zulässiger Weise von den
Vereinbarungen abweichen (vgl Urteil vom 24. Januar 2007, aaO, mwN;
zum Ganzen Urteil des Senats vom 28. April 2009, L 11 KR 2495/05,
veröffentlicht in juris). |
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| Gemessen an dem Vertrag, den die Antragstellerin und B mit
Wirkung ab 1. November 2007 geschlossen haben, spricht viel für das
Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit des B ab November 2007.
Eine Weisungsbefugnis der Antragstellerin gegenüber B wurde in dem
Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen und nach den übereinstimmenden
Angaben von B und der Antragstellerin auch nicht von der
Antragstellerin tatsächlich in Anspruch genommen. Auch die
Abrechnungspraxis spricht für eine Tätigkeit des B als sog freier
Mitarbeiter. Er bekommt keine feste monatliche Vergütung, sondern
nur einen prozentualen Anteil am Honoraraufkommen der von ihm
behandelten Patienten. Der Hinweis der Antragsgegnerin, dass B
deshalb kein unternehmerisches Risiko trage, weil er für jeden
übernommenen Auftrag einen festgelegten Anteil an der
vertragsärztlichen Vergütung erhalte, geht fehl. Entscheidend ist,
dass er nur dann eine Vergütung erhält, wenn er Aufträge hat. Jeder
niedergelassene Vertragsarzt hat die Sicherheit, dass er für die
Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung
ein Honorar erhält. Gleiches gilt für selbständige
Physiotherapeuten wie die Antragstellerin. Wäre dieser
Gesichtspunkt ausschlaggebend für das Vorliegen einer abhängigen
Beschäftigung, könnte kein Vertragsarzt und Physiotherapeut
selbständig tätig sein. Diese Art der Vergütung bedeutet lediglich,
dass die Antragstellerin für die Überlassung von Praxisräumen und
ggf die Inanspruchnahme ihres Personals statt eines festen Betrages
eine am Umsatz des B orientierte Beteiligung erhält. Die Tatsache,
dass B nicht selbst mit den Kostenträgern abrechnet (und ggf auch
nicht abrechnen darf), sondern dies die Antragstellerin für ihn
übernimmt, schließt eine freie Mitarbeit in einer Praxis nicht aus
(BSG, Urteil vom 14. September 1989, 12 RK 64/87, SozR 2200 § 165
Nr 96). Bei einem dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt
hat der Senat eine freie Mitarbeit einer Krankengymnastin bejaht
(Urteil vom 14. Oktober 2008, L 11 R 515/08, nv). Daher hat die
Klage der Antragstellerin nach dem bislang bekannten Sachverhalt
große Aussicht auf Erfolg. Allerdings hat das SG zutreffend darauf
hingewiesen, dass die endgültige Prüfung der Hauptsache vorbehalten
bleibt. |
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| Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird nach § 197a SGG iVm
§§ 63 Abs 2, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG)
auf die Hälfte der streitigen Beitragsnachforderung und der
Säumniszuschläge (zu Letzterem vgl Urteil des Senats vom 20. April
2010, L 11 R 5269/08) festgesetzt. Gleichzeitig wird die
Streitwertfestsetzung erster Instanz von Amts wegen geändert (§ 63
Abs 3 GKG). |
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| Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG). |
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