Sozialgericht Detmold Urteil, 15. Sept. 2016 - S 18 P 123/13
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.06.2013 bis zum 03.02.2016 die Kosten für ein Hausnotrufsystem in Höhe von 30 Prozent nach Maßgabe der zwischen ihnen bestehenden vertraglichen Bestimmungen zu erstatten. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die anteilige Kostenübernahme für ein Hausnotrufsystem.
3Die 1928 geborene Klägerin ist privat pflegepflichtversichert mit einem Erstattungsanteil von 30 % der Aufwendungen neben einem Beihilfeanspruch von 70 %. Die private Pflegepflichtversicherung wird über die Postbeamtenkrankenkasse (im Folgenden: Beklagte) durchgeführt.
4Die Klägerin lebte zunächst allein in einer Mietwohnung in einer Wohnanlage mit altengerechten Wohnungen. Ein Pflegedienst war lediglich für eine dreimal tägliche Medikamentengabe eingesetzt.
5Am 17.08.2013 wurde die Klägerin im Auftrag der Beklagten durch die Firma N begutachtet. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin die Pflegestufe 0 vorliegt. Es bestünde ein Grundpflegebedarf von 3 Minuten täglich. Die Klägerin könne allein aufstehen und gehen. Sie erhalte einmal in der Woche eine Teilhilfe beim Duschen aufgrund von Schwindelanfällen. Das Waschen von Rücken, Beinen und Haaren werde übernommen, ansonsten würde sich die Klägerin allein waschen. Einfachste Anweisungen könne die Klägerin umsetzen, ihr Alter, Geburtsjahr sowie das aktuelle Jahr kannte sie nicht und sei auch nicht in der Lage gewesen, sich drei Worte zu merken. Es liege eine demenzielle Entwicklung bei ihr vor. Ein Hausnotrufsystem könne nicht empfohlen werden, da die Klägerin hiermit nicht umgehen könne.
6Am 20.09.2013 erfolgte eine Leistungszusage der Beklagten für Leistungen der Pflegestufe 0 in Höhe von 30 % der Leistungen ausgehend von Pflegegeld von 120,00 EUR und zusätzlichen Betreuungsleistungen von bis zu 100,00 EUR ab Juni 2013.
7Die Versorgung mit einem Hausnotrufsystem als Hilfsmittel lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 24.09.2013 ab.
8Hiergegen wandte sich die Tochter der Klägerin als Bevollmächtigte. Sie teilte mit, dass die Klägerin allein lebe und durch das Hausnotrufsystem eine selbständigere Lebensführung möglich sei. Bei der Begutachtung sie lediglich gefragt worden, ob ein solches System vorhanden sei.
9Mit Schreiben vom 30.10.2013 teilte die Beklagte mit, dass es bei der getroffenen Entscheidung verbleibe.
10Hiergegen hat die Klägerin am 27.11.2013 Klage erhoben. Im Rahmen eines Erörterungstermins im Juli 2014 hat die Klägerin angegeben, dass sie sich morgens selbst wasche und anziehe sowie sich mittags etwas zu essen koche. Einkäufe würde sie zusammen mit ihrer Tochter erledigen. Diese übernehme auch Bankgeschäfte und derartige Angelegenheiten. Im Rahmen eines weiteren Gutachtens vom 15.09.2014 hat die Firma N festgestellt, dass bei der Klägerin ein Grundpflegebedarf von nunmehr 63 Minuten und eine Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe 1 seit Juli 2014 bestehen. Die Alltagskompetenz sei in erhöhtem Maße eingeschränkt. Die Klägerin leide an einer mittelgradig ausgeprägten Demenz. Sie sei zu allen Qualitäten mangelhaft orientiert. In der Wohnung finde sie sich noch zu Recht. Auf Nachfrage habe die Klägerin zum Hausnotrufsystem angegeben, dass sie damit Hilfe holen könne. Dies sei jedoch fraglich. Bei einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz sei die Versorgung mit einem Hausnotruf grundsätzlich ausgeschlossen. Der Hausarzt der Klägerin hat in einem Befundbericht aus August 2015 mitgeteilt, dass er die Fähigkeit zur Nutzung eines Hausnotrufsystems bei der Klägerin nicht beurteilen könne, da überwiegend die Tochter zu Besprechungen alleine erscheint. Zum 04.02.2016 hat die Klägerin die eigene Wohnung verlassen und zog in ein Pflegeheim. Seit Dezember 2015 hat die Beklagte Leistungen nach der Pflegestufe 2 gewährt.
11Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten des Hausnotrufsystems habe. Es seien seit Juni 2013 Kosten von monatlich 36,72 EUR angefallen. Das Notrufsystem sei für ein eigenständiges Leben nötig. Aus dem letzten Gutachten ergebe sich, dass sie wisse, wofür das System da sei. Am 16.12.2015 habe sie nach einem Sturz das Notrufsystem verwendet. Nach einem Sturz am 06.01.2016 habe sie es nicht verwenden können, da sie auf den Armen verschränkt vor dem Bett lag.
12Die Klägerin beantragt sinngemäß,
13die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für das Hausnotrufsystem seit Juni 2013 anteilig entsprechend der vertraglichen Bestimmungen zu erstatten.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie ist der Ansicht, dass die Ablehnung zu Recht erfolgte. Zur Abwehr von Leistungsansprüchen sei sie nach Rechtsprechung des BSG im Rahmen der gewillkürten Prozessstandschaft berechtigt ohne selbst Versicherer zu sein. Das Hausnotrufsystem sei im Fall der Klägerin nicht notwendig. Sie sei aufgrund ihres Gesundheitszustandes und der festgestellten eingeschränkten Alltagskompetenz nicht in der Lage, das System adäquat zu bedienen. Die Feststellungen des Gutachtens würden gem. § 84 VVG Bindungswirkung entfalten.
17Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
18Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Kammer durfte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
21Die zulässige Klage ist begründet.
22Die Klage richtet sich zulässig gegen die Postbeamtenkrankenkasse als Beklagte. Zwar ist diese selbst nicht materiell Verpflichtete als private Pflegepflichtversicherung, sondern führt lediglich aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Versicherungsunternehmen für ihre Mitglieder, zu denen auch die Klägerin zählt, die private Pflegepflichtversicherung durch. In diesem Verhältnis ist sie im Rahmen einer gewillkürten Prozessstandschaft berechtigt, vermeintlich unbegründete Leistungsbegehren abzuwehren (im Einzelnen BSG, Urteil vom 30.03.2000, B 3 P 21/99 R).
23Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 SGG statthaft, da die Beklagte im Rahmen der Durchführung der privaten Pflegepflichtversicherung keine Verwaltungsakte erlässt und es daher weder einer zusätzlichen Anfechtungsklage noch eines Vorverfahrens oder einer Klagefrist bedarf. Nach der endgültigen Leistungsablehnung konnte Rechtsschutz nur durch Beschreitung des Klageweges erlangt werden
24Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung der Leistungsgewährung ist rechtswidrig, da die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Leistung der Kostenerstattung für das Hausnotrufsystem hat.
25Der Anspruch folgt aus dem § 192 Abs. 6 VVG i.V.m. den vertraglichen Vereinbarungen. Gem. § 4 Abs. 7 MB/PPV 2013 hat die Klägerin Anspruch auf den Ersatz der Aufwendungen für Pflegehilfsmittel, wenn und soweit diese die Pflege erleichtert oder ihr eine selbständigere Lebensführung ermöglicht und die Versorgung notwendig ist. Gem. Ziffer 4. des Tarif PV werden die im Hilfemittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführten Hilfsmittel erstattet.
26Vorliegend ermöglicht die Ausstattung mit einem Hausnotrufsystem als Hilfsmittel der Pflegepflichtversicherung eine selbständigere Lebensführung der Klägerin sowie dient der Pflegeerleichterung und ist auch notwendig. Bei einem Hausnotrufsystem handelt es sich um ein im Hilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführtes Hilfsmittel (dort unter Ziffer 3.1 Stand 02/2013). Der Klägerin wird durch die Bereitstellung des Hausnotrufsystems ein erhöhter persönlicher Freiraum geschaffen. Denn es ist ihr hierdurch möglich gewesen, weiterhin in ihrer Mietwohnung zu leben. Dass die Klägerin in der Wohnung trotz ihrer Demenz noch zum Teil eigenständig leben konnte, wurde auch durch die Gutachten festgehalten. Auch hat die Klägerin im Termin im Juli 2014 erläutert, dass sie bestimmte pflegerische Vorgänge noch selbst erledigt. Weiterhin wird durch das Hausnotrufsystem die Pflege durch die Tochter als Pflegeperson erleichtert, da aufgrund der Möglichkeit, über das Notrufsystem Hilfe zu rufen, ihre Anwesenheitszeiten als Pflegeperson zur bloßen Beaufsichtigung reduziert werden könne. Schließlich ist das Notrufsystem auch notwendig. Dem stehen zunächst nicht die Feststellungen aus den von der Beklagten veranlassten Gutachten entgegen. Gutachten von Sachverständigen, die von einem privaten Unternehmen zur Ermittlung des Pflegebedarfs in der privaten Pflegeversicherung in Auftrag gegeben werden, sind für die Sozialgerichte nicht verbindlich. Die im VVG festgelegte Bindung wird für die private Pflegeversicherung durch Vorschriften des SGB XI verdrängt (BSG, Urteil vom 22.04.2015, B 3 P 8/13 R). Die Gutachten, die auf Veranlassung der Beklagten eingeholt werden, sind entsprechend ihrer Überzeugungskraft im sozialgerichtlichen Verfahren jedoch normal verwertbar. Nach diesen Grundsätzen überzeugen die Schlussfolgerungen der Gutachten nicht dahingehend, dass das Notrufsystem von der Klägerin nicht bedient werden kann und daher im Ergebnis nicht notwendig sei. Die Notwendigkeit der Hilfsmittelversorgung liegt dann vor, wenn das angestrebte Ziel durch den Einsatz des Hilfsmittels erreicht werden kann und die Zielerreichung nicht auf einem anderen Weg erfüllt werden kann (vgl. Richter in: LPK-SGB XI, 4. A. 2014, § 40 Rn. 12). Feststellungen aus denen sich nachvollziehbar ergibt, dass die Klägerin ab Juni 2013 nicht in der Lage gewesen wäre den Hausnotruf als Hilfsmittel zielführend zu nutzen, ergeben sich aus dem Gutachten aus August 2013 nicht. Im Hinblick auf den Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt ausweislich des Gutachtens der Pflegedienst nur dreimal täglich für die Medikamentengabe erforderlich war und die Pflegeperson nur einen geringfügigen Teil der Grundpflege einmal in der Woche übernehmen musste, lässt sich der Schluss ziehen, dass die Klägerin in der Lage war, sich noch überwiegend in ihrer Wohnung selbst zu versorgen. Insofern erweist sich das Notrufsystem als zielführendes Hilfsmittel für eine selbständigere Lebensführung und einer Erleichterung der Pflege. Denn durch das Bestehen der Notrufmöglichkeit war die Klägerin erhöht in die Lage versetzt, weiterhin alleine zu wohnen und die Pflegeperson musste zunächst nicht mehrfach täglich für Beaufsichtigungs- und Kontrollaufgaben tätig werden. Auch aus dem Gutachten aus September 2014 lässt sich der Schluss, dass eine Versorgung nicht notwendig gewesen ist, nicht ziehen. Trotz der festgestellten mangelhaften Orientierung war die Klägerin weiterhin in der Lage, sich in der eigenen Wohnung zurecht zu finden. Auch hat sie auf Nachfrage angeben können, dass sie mit dem Hilfsmittel in der Lage sei, Hilfe zu holen. Sofern nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass die Klägerin nicht zur Verwendung des Hilfsmittels in der Lage ist, kann nicht geschlussfolgert werden, dass die Notwendigkeit der Versorgung nicht besteht. Anhaltspunkte für die fehlende Notwendigkeit aufgrund einer Erreichung der mit dem Hilfsmittel erstrebten Ziele auf andere Weise sind nicht erkennbar.
27Da die Klägerin lediglich eine Absicherung im Rahmen der privaten Pflegeversicherung für den nicht von ihrem Beihilfeanspruch von 70 % abgedeckten Anteil von 30 % hat, besteht ein Anspruch in entsprechender prozentualer Höhe der Kosten des Hausnotrufes von 30 % der Kosten nach den geltenden vertraglichen Bestimmungen.
28Hinsichtlich der Dauer des Anspruches ist dieser ab der Geltendmachung ab Juni 2013 bis zum Auszug auf der mit dem System ausgestatteten Wohnung zum 03.02.2016 gegeben.
29Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
30Die Berufung ist kraft Gesetz zulässig, da Leistungsansprüche für mehr als ein Jahr im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
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(1) Sollen nach dem Vertrag einzelne Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden, ist die getroffene Feststellung nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Die Feststellung erfolgt in diesem Fall durch gerichtliche Entscheidung. Dies gilt auch, wenn die Sachverständigen die Feststellung nicht treffen können oder wollen oder sie verzögern.
(2) Sind nach dem Vertrag die Sachverständigen durch das Gericht zu ernennen, ist für die Ernennung das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schaden entstanden ist. Durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten kann die Zuständigkeit eines anderen Amtsgerichts begründet werden. Die Verfügung, durch die dem Antrag auf Ernennung der Sachverständigen stattgegeben wird, ist nicht anfechtbar.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Bei der Krankheitskostenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen und für sonstige vereinbarte Leistungen einschließlich solcher bei Schwangerschaft und Entbindung sowie für ambulante Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen zu erstatten.
(2) Der Versicherer ist zur Leistung nach Absatz 1 insoweit nicht verpflichtet, als die Aufwendungen für die Heilbehandlung oder sonstigen Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen.
(3) Als Inhalt der Krankheitskostenversicherung können zusätzliche Dienstleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Leistungen nach Absatz 1 stehen, vereinbart werden, insbesondere
- 1.
die Beratung über Leistungen nach Absatz 1 sowie über die Anbieter solcher Leistungen; - 2.
die Beratung über die Berechtigung von Entgeltansprüchen der Erbringer von Leistungen nach Absatz 1; - 3.
die Abwehr unberechtigter Entgeltansprüche der Erbringer von Leistungen nach Absatz 1; - 4.
die Unterstützung der versicherten Personen bei der Durchsetzung von Ansprüchen wegen fehlerhafter Erbringung der Leistungen nach Absatz 1 und der sich hieraus ergebenden Folgen; - 5.
die unmittelbare Abrechnung der Leistungen nach Absatz 1 mit deren Erbringern.
(4) Bei der Krankenhaustagegeldversicherung ist der Versicherer verpflichtet, bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung das vereinbarte Krankenhaustagegeld zu leisten.
(5) Bei der Krankentagegeldversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den als Folge von Krankheit oder Unfall durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Verdienstausfall durch das vereinbarte Krankentagegeld zu ersetzen. Er ist außerdem verpflichtet, den Verdienstausfall, der während der Schutzfristen nach § 3 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes sowie am Entbindungstag entsteht, durch das vereinbarte Krankentagegeld zu ersetzen, soweit der versicherten Person kein anderweitiger angemessener Ersatz für den während dieser Zeit verursachten Verdienstausfall zusteht.
(6) Bei der Pflegekrankenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, im Fall der Pflegebedürftigkeit im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für die Pflege der versicherten Person zu erstatten (Pflegekostenversicherung) oder das vereinbarte Tagegeld zu leisten (Pflegetagegeldversicherung). Absatz 2 gilt für die Pflegekostenversicherung entsprechend. Die Regelungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch über die private Pflegeversicherung bleiben unberührt.
(7) Bei der Krankheitskostenversicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Leistungserbringer seinen Anspruch auf Leistungserstattung auch gegen den Versicherer geltend machen, soweit der Versicherer aus dem Versicherungsverhältnis zur Leistung verpflichtet ist. Im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis haften Versicherer und Versicherungsnehmer gesamtschuldnerisch. Soweit im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes der Versicherer die aus dem Versicherungsverhältnis geschuldete Leistung an den Leistungserbringer oder den Versicherungsnehmer erbringt, wird er von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Leistungserbringer frei. Der Versicherer kann im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes nicht mit einer ihm aus der Krankheitskostenversicherung oder der privaten Pflege-Pflichtversicherung zustehenden Prämienforderung gegen eine Forderung des Versicherungsnehmers aus diesen Versicherungen aufrechnen. § 35 ist nicht anwendbar.
(8) Der Versicherungsnehmer kann vor Beginn einer Heilbehandlung, deren Kosten voraussichtlich 2 000 Euro überschreiten werden, in Textform vom Versicherer Auskunft über den Umfang des Versicherungsschutzes für die beabsichtigte Heilbehandlung verlangen. Ist die Durchführung der Heilbehandlung dringlich, hat der Versicherer eine mit Gründen versehene Auskunft unverzüglich, spätestens nach zwei Wochen, zu erteilen, ansonsten nach vier Wochen; auf einen vom Versicherungsnehmer vorgelegten Kostenvoranschlag und andere Unterlagen ist dabei einzugehen. Die Frist beginnt mit Eingang des Auskunftsverlangens beim Versicherer. Ist die Auskunft innerhalb der Frist nicht erteilt, wird bis zum Beweis des Gegenteils durch den Versicherer vermutet, dass die beabsichtigte medizinische Heilbehandlung notwendig ist.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.