Sozialgericht Dessau-Roßlau Urteil, 23. Aug. 2016 - S 30 AS 1590/13

ECLI: ECLI:DE:SGDESSA:2016:0823.S30AS1590.13.0A
published on 23/08/2016 00:00
Sozialgericht Dessau-Roßlau Urteil, 23. Aug. 2016 - S 30 AS 1590/13
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Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 verpflichtet, den Bescheid vom 19. September 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. November 2012 und 4. April 2013 teilweise zurückzunehmen und den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von 79,51 Euro und für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 78,20 Euro monatlich zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten der Kläger zur Hälfte.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Wege des Zugunstenverfahrens die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - im Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März.

2

Der am ...1961 geborene Kläger zu 1) sowie die am ...1961 geborene Klägerin zu 2) standen im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Sie bewohnen seit ...1995 gemeinsam eine 77,8 m² große Dreizimmer-Wohnung in dem zur Stadt Bad Schmiedeberg gehörendem Ortsteil M. im Landkreis Wittenberg. Die Wohnung wird mit Öl beheizt und befindet sich in einem 507,73 m² großen Wohnhaus. Die Warmwassererhitzung erfolgt zentral durch die Heizungsanlage. Die zu entrichtende Grundmiete einschließlich Nebenkosten betrug 484,50 Euro (Grundmiete: 418,00 Euro, Nebenkosten: 66,50 Euro). Heizkosten fielen in Höhe von 71,60 Euro an.

3

Der Beklagte teilte den Klägern in dem Bescheid vom 14. September 2011 mit, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach der Handlungsempfehlung des Beklagten unangemessen hoch seien. Er forderte diese auf, die derzeitigen Kosten der Unterkunft unverzüglich, spätestens jedoch bis 31. März 2012 auf ein angemessenes Maß zu senken. Für einen Zwei-Personen-Haushalt seien lediglich 309,00 Euro (Grundmiete und Nebenkosten) als angemessen anzusehen. Die Angemessenheit der Heizkosten ergebe sich aus dem im aktuellen bundesdeutschen Heizspiegel angegebenen Wert für einen Zwei-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 60 m².

4

Der Kläger zu 1) übte eine Erwerbstätigkeit bei der Firma S. in ... aus, für die er monatlich im Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Januar 2013 gleichbleibend ein Bruttoentgelt von 477,69 Euro (netto: 368,69 Euro), ab Februar 2013 bei weiter gleichbleibenden Bruttoentgelt von 477,69 Euro ein Nettoentgelt von 377,49 Euro erhielt. Die Klägerin zu 2) erhielt bis 2. Januar 2013 Krankengeld in Höhe von 12,94 Euro kalendertäglich. Mit Bescheid vom 6. Februar 2013 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit der Klägerin zu 2) ab 3. Januar 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von 9,94 Euro täglich.

5

Am 10. September 2012 beantragten die Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab Oktober 2012 bei dem Beklagten. Mit Bescheid vom 19. September 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 501,94 Euro monatlich für den Zeitraum von 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013. Hierbei rechnete der Beklagte Krankengeld der Klägerin zu 2) in Höhe von 368,69 Euro sowie Einkommen des Klägers zu 1) in Höhe von 370,00 Euro netto an. Die berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen 380,60 Euro.

6

Mit Änderungsbescheid vom 24. November 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern aufgrund der Erhöhung der Regelbedarfe Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 517,94 Euro.

7

Die Kläger legten unter dem 29. November 2012 Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. September 2012 ein und baten für den Fall der verspäteten Erhebung des Widerspruchs um Überprüfung des Bescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Zur Begründung des Widerspruchs führten die Kläger aus, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht vollständig berücksichtigt worden seien. Die in der Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites und Zwölftes Buch vom 15. März 2011 festgelegten Beträge seien zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht geeignet. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2013 wies der Beklagte den Widerspruch wegen Fristversäumnisses als unzulässig zurück und führte aus, dass das Vorbringen als Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X gewertet werde und hierüber ein gesonderter rechtsmittelfähiger Bescheid ergehe.

8

Der Beklagte erließ am 4. April 2013 einen Änderungsbescheid mit dem er den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 in Höhe von 593,31 Euro sowie für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 600,45 Euro bewilligte.

9

Am 23. Mai 2013 erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Überprüfungsbescheid, mit dem er die Rücknahme des Bescheides vom 19. September 2012 ablehnte, da keine Tatsachen vorgetragen worden seien, die bei der ursprünglichen Entscheidung nicht berücksichtigt worden seien. Die Kläger legten mit Schreiben vom 30. Mai 2013 Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Mai 2013 ein, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2013 als unbegründet unter Berufung auf die Bindungswirkung des Bescheides zurückwies.

10

Hiergegen richtet sich die am 29. Juni 2013 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobene Klage, mit der zunächst die Gewährung eines verfassungsgemäßen Regelleistungssatzes sowie die Berücksichtigung eines Kaltmietbetrags von 442,20 Euro (Mietenstufe III) begehrt werden. Die Kosten der Unterkunft seien bis zur Grenze der Werte der Wohngeldtabelle und einem Sicherheitszuschlag von 10 % zu übernehmen. Die Absenkung der Kosten für die Grundmiete sei rechtswidrig. Die Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept, wie vom Bundessozialgericht in seiner ständigen Rechtsprechung gefordert werde. Die erhobenen Daten in dem "Endbericht für Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Landkreis Wittenberg" seien nicht ausreichend. Ein schlüssiges Konzept liege der Verwaltungsvorschrift nicht zugrunde. Weder die Schlüssigkeit der Datenerhebung noch die Schlüssigkeit der konkreten Berechnungen seien überprüfbar. Offensichtlich seien sämtliche Erhebungsdaten gelöscht worden. Aber selbst bei der Möglichkeit zur nachträglichen Wiederherstellung der Daten sei das Konzept unschlüssig. Nicht schlüssig sei die Herausnahme der Ein- und Zweifamilienhäuser aus der Mietwerterhebung. Es handele sich bei den hier aufgeteilten drei Vergleichsräumen um überwiegend ländlich strukturierte Gebiete. Die Mehrzahl der Wohnungen befinde sich in Ein- und Zweifamilienhäusern. Der gesamte Wohnungsmarkt sei aber zu betrachten. Es seien Daten teilweise nicht bloß empirisch ermittelt, sondern von vornherein – sozusagen zielorientiert – bestimmte Mietwerte ausgesucht worden. Bei den "Wohnungsmarkttypen" könne auch nicht von homogenen Vergleichsräumen ausgegangen werden. Die verkehrstechnische Verbundenheit einzelner Siedlungsgebiete sei gar nicht berücksichtigt worden. Die Verbundenheit der neuen Einheitsgemeinde Zahna-Elster etwa mit Wittenberg und der Umstand, dass dort eine eher gehobene Wohngegend vorzufinden sei, die keinesfalls unter dem Niveau von Wittenberg selbst liege, komme in dem Konzept ohne schlüssigen Grund schon gar nicht vor. Die hinreichende Größe der Vergleichsräume sei auch nicht gegeben. Dies zeige sich u.a. daran, dass in weiten Teilen gar keine Werte haben ermittelt werden können. Es seien in den gebildeten drei Vergleichsräumen nicht jeweils mindestens 10 Prozent des Wohnungsbestandes in die Erhebung einbezogen worden. Auch die Bildung und Bewertung der Vergleichsräume sei im Ergebnis nicht schlüssig, da der Wohnungsmarkt Typ 3 hinsichtlich der Indikatoren mehr +-Zeichen als der Wohnungsmarkttyp 2 habe. Inwieweit aus der Wahlbeteiligung an einer einzigen Kommunalwahl im Jahr 2007 verlässliche Rückschlüsse auf die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung gezogen werden könnten, sei nicht schlüssig, zumal diese Wahl aufgrund der Kreisgebietsreform stattgefunden habe. Des Weiteren sei das Pro-Kopf-Einkommen, was in der Tat ein wesentlicher Indikator sei, aus 2004 gewählt worden. Gerade mit der Einführung des SGB II habe sich das Pro-Kopf-Einkommen im Landkreis bezogen auf die Vergleichsräume erheblich verschoben. Es sei ein starker Zuzug von SGB II-Leistungsbeziehern in Gebiete mit Neubaubebauung erfolgt, während sich ein starker Zuzug von Personen mit höherem Pro-Kopf-Einkommen in die Umlandgegenden sowie die Innenstadt von Wittenberg vollzogen habe. Die vom Beklagten im Verfahren übersandten Rohdaten würden nicht erkennen lassen, in welchen Gebieten der gebildeten Vergleichs- bzw. Wohnungsmarkträume und inwiefern die Daten etwa nur aus einem bestimmten Straßenzug oder durch Streuung der Befragung über das gesamte Ortsgebiet erhoben worden seien. Es sei auch nicht erkennbar, welche konkreten Vermieter oder Mieter aus den entsprechenden Befragungen geantwortet hätten und nach welchen Kriterien die Vermieter ausgewählt worden seien. Ob die übermittelten Daten überhaupt sachlich zutreffend seien, könne nicht überprüft werden. Es ist anhand der extrem niedrigen Werte zu besorgen, dass ausschließlich Preise aus unattraktiven, eher minderwertigen Wohngegenden erhoben worden seien. In die Auswertung seien 4.632 Mieten von 72.000 Wohnungen, also nicht einmal annähernd 10 % eingeflossen. Rechtswidrig sei die Unterteilung der Wohnungsmarkttypen allein entlang der politischen Verwaltungsgrenzen. Denn dadurch werde die Verwaltungsneugliederung, die eine Mischung von ländlichen und städtisch geprägten Wohngegenden im Rahmen der Einheitsgemeindebildung vorgenommen habe, bruchlos auf die Wohnungsmarktsituation übertragen. Das Konzept sei nicht schlüssig und könne nicht Grundlage sein. Daher seien mindestens die Kosten nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) zzgl. 10 % Sicherheitszuschlag zu Grunde zu legen. Im Übrigen würde § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II keine Anhaltspunkte erkennen lassen, dass der Begriff der Angemessenheit immer nur das untere Preissegment eines lokal begrenzten Wohnungsmarktes umfasse. Die bundesrechtlich einheitliche Norm sei schon so unbestimmt, dass im Einzelfall grundsätzlich immer die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung anerkannt werden müssten. Etwas Anderes dürfte nur dann gelten, soweit die jeweiligen Unterkunftsverhältnisse in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den sonstigen Lebensumständen der Leistungsberechtigten stehen würden. Nur offensichtliche Luxusunterkünfte müssten nicht finanziert werden. Weiterhin seien die Regelleistungen verfassungswidrig zu gering bemessen.

11

Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2016 die Klage im Hinblick auf die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung Lebensunterhalts aufgrund der Verfassungswidrigkeit des Regelbedarfs zurückgenommen und nur noch die Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft in Höhe von 387,20 Euro (Mietenstufe I nach § 12 WoGG zuzüglich Sicherheitszuschlag von 10%) begehrt.

12

Die Kläger beantragen zuletzt,

13

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 zu verpflichten, den Bescheid vom 19. September 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. November 2012 und 4. April 2013 teilweise zurückzunehmen und den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von 79,51 Euro und vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 78,20 Euro monatlich zu gewähren.

14

Der Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Der Beklagte bezieht sich zunächst auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass er hinsichtlich der Regelbedarfe an die gesetzlichen Regelungen gebunden sei. Die vom Beklagten gewählte Angemessenheitsgrenze sei nicht zu beanstanden. Sie entspreche den Vorgaben des Bundessozialgerichts. Bezüglich der Größe der angemessenen Wohnfläche sei auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau zurückgegriffen worden. Die beauftragte Firma Analyse und Konzepte (in Folgenden Firma A.) habe in dem von ihr erstellten Konzept das gesamte Kreisgebiet des Landkreises Wittenberg als Vergleichsraum definiert und diesen weiter ausdifferenziert und innerhalb des Vergleichsraums in verschiedene Wohnungsmarkttypen aufgegliedert, um Segregation bzw. Gettoisierung zu vermeiden. Die Wohnungsmarkttypen würden Gebiete gleicher oder ähnlicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstruktur zusammenfassen und seien mit dem wissenschaftlich gebräuchlichen Verfahren der Clusterbildung durchgeführt worden. Die Wohnungsmarkttypen würden die Vergleichsräume differenzieren. Ein Wohnungsmarkttyp könne – müsse jedoch nicht – einen Vergleichsraum bilden. Er stelle eine Differenzierung der Angebotsstruktur innerhalb eines Vergleichsraumes dar. Die Datenerhebung habe sich auf den gesamten Vergleichsraum im Sinne des gesamten Landkreises Wittenberg bezogen. Es habe eine Definition des Gegenstandes der Beobachtung stattgefunden. Bei den Mietwerterhebungen seien nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt worden, die zumindest über die Merkmale Bad und Sammelheizung verfügten. Wohnung die diesem Standard nicht genügten, seien unberücksichtigt geblieben. Weiterhin sei hinsichtlich der Brutto- und Nettomieten sowie nach Wohnungsgrößen differenziert worden. Der Beobachtungszeitraum habe von Mai bis November 2010 stattgefunden. In der zweistufigen Erhebung seien die größeren Vermieter und Verwalter identifiziert, angeschrieben und um Auskunft gebeten worden. In der zweiten Stufe seien kleinere Vermieter in der Erhebung berücksichtigt worden. Darüber hinaus seien nach dem Zufallsprinzip und dem Stichprobenprinzip Mieter angeschrieben worden. Unter Verweis auf den Endbericht habe die Firma Analyse und Konzepte 10.914 Datensätze erhoben, wovon 4.632 tabellenrelevante Mietwerte in die Berechnung eingeflossen und damit repräsentativ seien. Zudem seien in die Mietwerterhebung nur die Daten aufgenommen worden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden seien, um nur aktuell zu zahlende Mieten zugrunde zu legen. Die Datenauswertung entspreche anerkannten mathematischen und statistischen Grundsätzen. Die daraus gezogenen Schlüsse seien nachvollziehbar, verständlich und begründet.

17

Der Beklagte hat der Kammer folgende Unterlagen übersandt:

18

- Verwaltungsvorschriften des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites und Zwölftes Buch (II und XII) – Stand 18.02.2014, 3. Juni 2013, 9. Oktober 2012 und 15. März 2011,

19

- Endbericht Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Kosten im Landkreis Wittenberg & Konzepte,

20

- Endbericht KdU-Richtwerte 2013 - Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2010 vom 14.11.2013 der Firma Analyse & Konzepte,

21

- Stellungnahmen der Firma Analyse & Konzepte vom 26. Juni 2015, 18. März 2015, 13. Februar 2015, 22. Dezember 2014 und 4. Juni 2013,

22

- E-Mail-Mitteilung des Trägers/Stellungnahme der Firma A. vom 13. Oktober 2015,

23

- E-Mail-Mitteilung des Trägers/Stellungnahme der Firma A. vom 15. Oktober 2015,

24

- Ausgangsdaten der Mietwerterhebung der Firma A. Teil I-III (3 Ordner Blätter 1 -775)

25

Die Kammer hat diese Unterlagen zur Generalakte der 30. Kammer "Landkreis WB, Richtlinie KdU, Rohdaten" genommen und in das Verfahren einbezogen.

26

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Generalakte der 30. Kammer "Landkreis WB, Richtlinie KdU, Rohdaten" haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27

I. Die Klage hat in der Sache Erfolg.

28

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vergleiche für das Zugunstenverfahren: Bundessozialgericht vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 22/13 R - zitiert nach juris, Rn. 11; vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 17/13 R - zitiert nach juris, Rn. 12; vom 28. Februar 2013 – B 8 SO 4/12 R - zitiert nach juris, Rn. 9; Waschull in LPK-SGB X, 3. Auflage 2011, § 44 Rn. 59; a. A. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Auflage 2011, Kap IV Rn. 76) zulässig. Die Kläger begehren mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des – die Überprüfung des Bescheides vom 19. September 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. November 2012 und 4. April 2013 ablehnenden – Verwaltungsaktes vom 23. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Bescheides durch den Beklagten gerichtet, mit dem dieser die begehrte Änderung des Bescheides vom 19. September 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. November 2012 und 4. April 2013 bewirkt. Mit der Leistungsklage beantragen sie die Erbringung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes insbesondere unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grenze des WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % im streitigen Zeitraum.

29

2. Die Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 7. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 ist rechtwidrig und beschwert die Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Voraussetzungen für die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 19. September 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. November 2012 und 4. April 2013 und die nachträgliche Gewährung weiterer Leistungen der Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013 liegen vor.

30

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Das Recht ist bei Erlass des oben genannten Bescheides unrichtig angewandt worden. Den Klägern standen höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von 79,51 Euro monatlich sowie für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 78,20 Euro monatlich zu.

31

a) Nach § 19 Satz 1 SGB II (in der ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der Fassung vom 13. Mai 2011) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II (in der Fassung vom 13. Mai 2011), wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II (in der Fassung vom 13. Mai 2011) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr. 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

32

Die im streitgegenständlichen Zeitraum 51-jährigen Kläger zu 1) und die erst 51-, dann 52-jährige Klägerin zu 2) hatten im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht. Sie hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und waren erwerbsfähig und hilfebedürftig. Sie konnten ihren Bedarf nicht mit ihrem Einkommen oder Vermögen decken und erhielten keine Hilfe von anderen.

33

b) Nach § 20 Abs. 4 SGB II betrug die monatliche Regelleistung für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, bis 31. Dezember 2012 374,00 Euro und ab 1. Januar 2013 382,00 Euro. Haben zwei Partner einer Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen ein Betrag in Höhe von monatlich 337,00 Euro, ab 1. Januar 2012 345,00 Euro anzuerkennen. Den Klägern stehen damit im Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 ein monatliche Regelbedarfe in Höhe von jeweils 337,00 Euro, vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von jeweils 345,00 Euro zu.

34

c) Als Bedarf für Unterkunft und Heizung sind für die Kläger Aufwendungen in Höhe von 387,20 Euro zu berücksichtigen. Die Kosten der Unterkunft und Heizung sind grundsätzlich anteilig pro Kopf zu ermitteln (Kopfteilprinzip), da die Zuordnung zu gleichen Anteilen auf die in der Wohnung lebenden Personen aus Praktikabilitätsgründen unabhängig von Alter, konkretem Wohnflächenbedarf oder Nutzungsintensität erfolgt (vgl. Bundessozialgericht vom 19. März 2008 - B 11b AS 13/06 R, Rn. 13 - zitiert nach juris).

35

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Kosten der Unterkunft und Heizung gehören dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zum aktuellen Bedarf (vergleiche Bundessozialgericht vom 22. August 2012 - B 14 AS 1/12 R – zitiert nach juris).

36

Aus dem Mietvertrag entstanden den Klägern monatliche Aufwendungen für die Grundmiete von 418,00 Euro zuzüglich einer Vorauszahlung für die Betriebskosten von 66,50 Euro (484,50 Euro) sowie für die Heizkosten von 71,60 Euro. Nach Auffassung der Kammer bestehen keine Bedenken bezüglich der Kostensenkungsaufforderung vom 14. September 2011. Subjektive Gründe für einen (längeren) Verbleib in der Wohnung liegen nicht vor.

37

Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Bruttokaltmiete nicht auf 309,00 Euro, zu begrenzen, sondern in Höhe der Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10% für den Ort Bad Schmiedeberg (Mietenstufe I) für einen Zweipersonenhaushalt bei der Berechnung zu berücksichtigen, da die von dem Beklagten herangezogene Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II und SGB XII für eine solche Begrenzung der Wohnkosten nicht tauglich ist. Die zugrundeliegende Mietwerterhebung entspricht nach Auffassung der Kammer nicht den Mindestanforderungen des Bundessozialgerichts an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung von Angemessenheitsgrenzwerten.

38

Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist in einer zweistufigen Prüfung zunächst eine abstrakte und sodann eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen. Im Rahmen der Prüfung abstrakter Angemessenheit werden nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt (dazu aa) sowie anschließend festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist (dazu bb). Alsdann ist zu ermitteln, wieviel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist (abstrakt angemessener Quadratmeterpreis) (Bundessozialgericht vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – zitiert nach juris) (dazu cc). Kann kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden (dazu unter dd), sind die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, gedeckelt im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben durch die Tabellenwerte der rechten Spalte zu § 12 WoGG plus einem Sicherheitszuschlag von 10 % (siehe dazu unter ee).

39

aa) Die Größe der Wohnung der Kläger ist als unangemessen zu betrachten. Der Beklagte geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (Urteile vom 3. März 2011, L 5 AS 181/07 und vom 9. Mai 2012 - L 5 AS 2/09 – jeweils zitiert nach juris) zunächst zutreffend davon aus, dass für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 60 m² angemessen ist. Zur Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße ist im Land Sachsen-Anhalt auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt) zurückzugreifen. Die Wohnung der Kläger überschreitet diese Größe um 17,8 m². Diese Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße wäre nach den oben dargestellten Grundsätzen allerdings grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt aus den Unterkunftskosten je m² und der tatsächlichen Wohnfläche gleichwohl angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wäre. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es sind jedoch zumindest die für eine angemessene Wohnung – hier von 60 m² – zu gewährenden Kosten zu übernehmen, so dass die Höhe der angemessenen Kosten für diese Wohnungsgröße festzustellen sind.

40

bb) Bei der zunächst vorzunehmenden Prüfung des Vergleichsraums ist nach Auffassung der Kammer alternativ der gesamte Landkreis Wittenberg oder die Gemeinden Gräfenhainichen, Kemberg und Bad Schmiedeberg als Vergleichsraum anzusehen (vgl. zur Wahlfeststellung im Hinblick auf den örtlichen Vergleichsraum Bundessozialgericht vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 61/12 R).

41

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist bei der Bestimmung des örtlichen Vergleichsraumes darauf zu achten, dass die Hilfebedürftigen im Regelfall ihr soziales Umfeld beibehalten können. Es ist aber erforderlich, einen repräsentativen Wohnungsmarkt zu erfassen. Daher kann es (nur) bei besonders kleinen Gemeinden, die über einen solchen repräsentativen Wohnungsmarkt nicht verfügen, dazu kommen größere und bei besonders großen Städten kleinere Gebietseinheiten in Betracht zu ziehen (vgl. Bundessozialgericht vom 16. Juni 2015 – B 14 AS 44/14 R, Rn. 17; vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R, Rn. 21; vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – jeweils zitiert nach juris). Daher sind ausgehend vom Wohnort des Hilfeempfängers als Vergleichsmaßstab diejenigen ausreichend großen Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (Bundessozialgericht vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R).

42

Gemessen an diesen Grundsätzen spricht vorliegend nach Ansicht der Kammer einiges dafür, dass nicht der gesamte Landkreis Wittenberg als maßgeblicher Vergleichsraum angesehen werden kann. Die Vorgehensweise, den gesamten Kreis als Vergleichsraum festzulegen, kann zwar bei Großstädten wie Berlin (vgl. Bundessozialgericht vom 19.Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R – zitiert nach juris), München (vgl. Bundessozialgericht vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R – zitiert nach juris) oder Bremen (vgl. Bundessozialgericht vom 18. Februar 2009 - B 14 AS 132/10 R – zitiert nach juris) zutreffend sein, in denen das Verkehrsnetz und der öffentliche Nahverkehr auf die Erreichbarkeit des Stadtkerns von allen Stadtteilen her angelegt ist. Gleiches gilt für kleinere Landkreise mit einem Mittelzentrum. Im Landkreis Wittenberg stellt die Lutherstadt Wittenberg jedoch kein solches Mittelzentrum dar, auf das alle kreisangehörigen Gemeinden gleichermaßen ausgerichtet sind. Das ergibt sich bereits daraus, dass bestimmte Gemeinden wie z. B. Vockerode oder Oranienbaum (jetzige Verwaltungsgemeinschaft Wörlitzer Winkel) unabhängig von ihrer verwaltungstechnischen Zuordnung infrastrukturell eindeutig eher der Stadt Dessau-Roßlau als der Lutherstadt Wittenberg zuzuordnen sind (so auch Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 19. August 2015 - S 14 AS 2582/12 und S 14 AS 822/13). Bad S. und Annaburg sind wiederum infrastrukturell eher den Städten Torgau, Herzberg und Jessen als der Lutherstadt Wittenberg zugewandt. Gegen eine infrastrukturelle und verkehrstechnische Verbundenheit aller Gemeinden im Landkreis Wittenberg spricht zudem die Tatsache, dass das Kreisgebiet in Nord-Süd-Richtung durch die Bundesautobahn 9 und in Ost-West-Richtung durch die Elbe geteilt wird, sodass einzelne Gemeinden nur über Brücken/Fähren miteinander verbunden sind. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass in der Lutherstadt Wittenberg mehr als 1/3 der gesamten Kreisbevölkerung lebt, während der Landkreis im Übrigen durch nur geringe Bebauung gekennzeichnet ist (Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 22. November 2013 - S 11 AS 150/12). Dementsprechend liegt kein homogener Wohnbereich vor.

43

Auch aus der geschichtlichen Entwicklung des Landkreises ergibt sich kein einheitlicher Lebensbereich (dazu bereits die Kammerentscheidungen vom 26. Januar 2016 in Parallelverfahren: S 30 AS 2955/12 sowie S 30 AS 2958/12 – sowie die Kammerentscheidungen vom selben Tag: S 30 AS 1260/12 und S 30 AS 2355/12). Während der DDR-Zeit war von 1952 bis 1990 nach Auflösung des Landes Sachsen-Anhalt sowie der Einführung von Bezirken der Kreis Wittenberg unterschiedlichen Bezirken zugeordnet: so z.B. zu den Bezirken Potsdam (einige Gemeinden im damaligen Kreises Jüterbog) und Cottbus (Kreis Jessen) sowie dem Bezirk Halle (Kreis Wittenberg, Kreis Gräfenhainichen) (vgl. dazu den Eintrag zum Landkreis Wittenberg unter: www.wikipedia.de). Erst mit der ersten Kreisgebietsreform nach dem Beschluss des Landtags Sachsen-Anhalt vom 3. Juni 1993 entstand 1994 der Landkreis Wittenberg aus den bisherigen Kreisen Wittenberg und Jessen. Mit der Zweiten Kreisgebietsreform am 1. Juli 2007 endete zunächst formal die Existenz des bisherigen Kreises und wurde als Rechtsnachfolger der (gleichnamige) Landkreis Wittenberg geschaffen, dem die zwei Verwaltungsgemeinschaften Coswig (Anhalt) und Wörlitzer Winkel mit ihren Gemeinden aus dem bisherigen Landkreis Anhalt-Zerbst zugeordnet wurden (vgl. dazu den Eintrag zum Landkreis Wittenberg unter: www.wikipedia.de).

44

Ungeachtet dieser beachtlichen Argumente verkennt die Kammer andererseits aber auch nicht, dass im Landkreis Wittenberg außer der Lutherstadt Wittenberg allenfalls noch die Städte Gräfenhainichen und Jessen über einen eigenen, repräsentativen Wohnungsmarkt verfügen dürften. Die übrigen Städte und Gemeinden haben deutlich unter 10.000 Einwohner, sodass nicht davon auszugehen ist, dass es sich dabei um ausreichend große Räume der Wohnbebauung handelt, hinsichtlich derer eine eigene, repräsentative Datenerhebung möglich wäre.

45

Eine Differenzierung des Landkreises in zwei unterschiedliche Vergleichsräume – mit der Lutherstadt Wittenberg als Mittelzentrum als eigenen Vergleichsraum und "den übrigen Gemeinden des Kreises" als zweiten Vergleichsraum –, wie dies durch die konzepterstellende Firma A. in ihrer Stellungnahme vom 4. Juni 2013 als möglich erachtet wird, ist zur Überzeugung der Kammer ebenfalls aus den oben genannten Gründen nicht überzeugend. Hiervon sind die Konzeptersteller bei der Datenerhebung auch nicht ausgegangen. In dem Endbericht zur Mietwerterhebung aus Januar 2011 (im Folgenden Endbericht) findet keine Vergleichsraumbestimmung statt. Dort wird allein von drei Wohnungsmarkttypen berichtet. Der Wohnungsmarkt des Landkreises werde demnach in Raumeinheiten mit strukturell vergleichbaren Wohnungsmärkten unterteilt und für diese Wohnungsmärkte seien Vergleichsmieten ermittelt worden. Dies geschah mit Hilfe des statistischen Verfahrens der sog. Clusteranalyse, eines Analyseverfahrens, das es ermöglicht, Objekte innerhalb einer Grundgesamtheit zu identifizieren und zusammenzufassen, deren Eigenschaften oder Eigenschaftsausprägungen bestimmte Ähnlichkeiten aufweisen (vgl. hierzu Seiten 2 bis 7 des Endberichts).

46

Die durch die Clusteranalyse ermittelten Wohnungsmarkttypen können nach der Auffassung der Kammer nicht die Festlegung eines Vergleichsraumes ersetzen. Hier wurden gerade nicht die Kriterien für die Festlegung eines Vergleichsraumes - das Vorliegen eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs, räumliche Nähe und verkehrstechnische Verbundenheit, zugrunde gelegt - (vgl. schon Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 17. August 2012 - S 11 AS 2430/11, Rn. 19 – zitiert nach juris). Vielmehr waren Indikatoren für die Festlegung: die Bevölkerungsentwicklung, die Bevölkerungsdichte, Pro-Kopf-Einkommen, Siedlungsstruktur, Wohnfläche sowie die Wahlbeteiligung (Endbericht S. 4). Der Einfluss der Indikatoren auf die Mietpreisbildung, wie vom Konzeptersteller im Endbericht erläutert, kann die Kammer im Hinblick auf die Parameter wie Bevölkerungswachstum und entsprechende Nachfrageerhöhung nach Wohnraum oder das Pro-Kopf-Einkommen – sofern diese nicht auf veralteten Erhebungen beruht – nachvollziehen. Ein Einfluss der Wahlbeteiligung an der Kommunalwahl 2007 nach der Kreisgebietsreform im Landkreis Wittenberg auf den Wohnungsmarkt erschließt sich der Kammer jedoch nicht (so bereits auch Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 19. August 2015 - S 14 AS 2582/12 und S 14 AS 822/13). Rückschlüsse aus der so vorgenommenen Clusteranalyse auf einen Vergleichsraum kann die Kammer nicht ziehen. Es wird sogar durch den Konzeptersteller ausgeführt, dass "Gemeinden eines Wohnungsmarkttyps [ ] dabei nicht zwingend räumlich nebeneinanderliegen [müssten], sondern [ ] sich über das Untersuchungsgebiet (Kreisgebiet) verteilen [könnten]" (Endbericht S. 3). Die sich hieraus ergebende Verteilung der Wohnungsmarkttypen als zusammenhängende Gebiete ist zur Überzeugung der Kammer insoweit zufällig und gerade nicht dem Vorliegen von homogenen Wohn- und Lebensräumen geschuldet.

47

Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass ein Wohnungsmarkttyp tatsächlich mit dem Vergleichsraum übereinstimmen kann (vgl. zur Stadt B.: Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 13. März 2015, S 3 AS 168/14, Rn. 33 – zitiert nach juris). Für den im vorliegenden Fall betroffenen Wohnungsmarktyp III wird dies von der Kammer nicht angenommen, da sich räumliche Trennung durch die Elbe sowie die oben dargestellte unterschiedliche geschichtliche Entwicklung gerade in diesem Wohnungsmarkttyp am deutlichsten zeigt. Da das Bundessozialgericht ein völliges Dahingestelltlassen der Bestimmung eines örtlichen Vergleichsraumes für unzulässig erachtet, gleichzeitig aber eine Wahlfeststellung für möglich hält (Bundessozialgericht vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 61/12 R), ist nach Ansicht der Kammer als maßgeblicher Vergleichsraum vorliegend alternativ der gesamte Landkreis und das Gebiet der Städte Gräfenhainichen, Kemberg und Bad Schmiedeberg anzusehen. Der mögliche Vergleichsraum zwischen diesen Städten ergibt sich für die Kammer zum einen aufgrund ihrer örtlichen Verbundenheit südlich bzw. südwestlich der Elbe sowie der Notwendigkeit einen hinreichend großen Vergleichsraum zu definieren.

48

cc) Stehen die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Vergleichsraum fest, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einem dritten Schritt nach Maßgabe der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist. Das Konzept des Beklagten wird nach Auffassung der Kammer den Anforderungen des Bundessozialgerichts in mehreren Punkten nicht gerecht. Zwar ist der Beklagte bei der Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete, die sich als Produkt von Wohnfläche und Quadratmeterpreis ergibt, grundsätzlich bei der Wahl seiner Methode frei. Die Unterkunftsbedarfe müssen als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums aber folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, also realitätsgerecht, berechnet werden (Bundessozialgericht vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R – zitiert nach juris). Die Kosten für Wohnraum können in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenzen auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (Bundessozialgericht vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R – zitiert nach juris). Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt (Bundessozialgericht vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 sowie B 4 AS 45/14 – zitiert nach juris):

49

- die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

50

- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zum Beispiel welche Art von Wohnungen, gegebenenfalls Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- oder Netto-Kaltmiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße,

51

- Angaben über den Beobachtungszeitraum,

52

- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zum Beispiel Mietspiegel),

53

- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten,

54

- Validität der Datenerhebung,

55

- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

56

- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zum Beispiel Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

57

Die für die Leistungsberechtigten in Frage kommenden Wohnungen müssen nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen. Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Stand abbilden, gehören von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (Bundessozialgericht vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R – zitiert nach juris). Hierbei hat durch die Verwaltung zunächst eine Festlegung zu erfolgen, wie das untere Marktsegments zu definieren ist. Diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen (Bundessozialgericht vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R, Rn. 21 – zitiert nach juris).

58

(1) Der Konzeptersteller, die Firma A. hat eine solche Bestimmung lediglich für Wohnungen des Substandards – als Wohnungen ohne "Bad" und "Sammelheizung" – vorgenommen (Endbericht, Seite 7). Substandardwohnungen sollten insoweit nach den Ausführungen im Endbericht unberücksichtigt bleiben. Hierbei hält die Kammer diese Definition für nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Es erschließt sich jedoch für die Kammer nicht, ob bei der Bestimmung der Vergleichsmiete solche Wohnungen tatsächlich mit erhoben und damit mit einbezogen wurden. Der Beklagte konnte weder durch die Vorlage der angeforderten Mieterfragebögen noch der Vermieterfragebögen nachweisen, dass eine Erhebung von Substandardwohnungen nicht erfolgte. Weder in den Fragebögen noch in den hierzu erstellten Merkblättern sind Fragen zum Standard der zu erhebenden Wohnungen enthalten. Dass der Ausschluss von Substandardwohnungen durch persönlichen (telefonischen) Kontakt mit den Vermietern erfolgt sein soll (Stellungnahme vom 13. Februar 2015 sowie vom 25. Juni 2015) entspricht nicht den Anforderungen an ein transparentes Verfahren (so auch Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 19. August 2015, S 14 AS 2582/12 sowie S 14 AS 822/13 und vom 16. November 2015 – S 7 AS 1732/12 – zitiert jeweils nach juris). Ein solcher Kontakt ist im Mietersegment zudem nicht erfolgt. Hierzu widersprüchlich teilt in der Stellungnahme vom 26. Juni 2015 ein Vertreter des Konzepterstellers, der Firma A. mit, dass möglicherweise geringe Anteile von Substandardwohnungen im Auswertungsdatensatz enthalten sein könnten, diese aber statistisch durch die Extremwertkappung zu vernachlässigen seien. Aus der weiteren Stellungnahme vom 26. Juni 2015 ergibt sich jedoch, dass in der amtlichen Statistik das Merkmal der Substandardwohnungen letztmalig mit der Gebäude- und Wohnungszählung aufgenommen und seitdem nicht mehr aktualisiert worden ist und hierfür entsprechend keine konkreten Angaben für den Landkreis Wittenberg gemacht werden können. Ein belastbarer, nachvollziehbarer Ausschluss der Erhebung von Wohnungen im definierten untersten Standard ist nicht ersichtlich. Dieses Vorgehen erfüllt nicht die Anforderungen an die Transparenz des Verfahrens unter Anwendung einer planvollen Methodik. Denn eine Auswertung der Daten nach anerkannten statistischen Grundsätzen erscheint fernliegend, wenn die Zahl möglicher mit erhobenen Substandardwohnungen schon gar nicht bekannt ist.

59

(2) Die Kammer beanstandet darüber hinaus die Herausnahme von Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern bei der Datenerhebung. Bereits aus den im Endbericht zugrunde gelegten Ausgangsdaten ergibt sich, dass es im Landkreis Wittenberg 40.167 Wohngebäude gibt, wovon 28.167 Einfamilienhäuser und 7.216 Zweifamilienhäuser sind (Endbericht, S. 8, Tabelle 4). Von den insgesamt 72.219 Wohnungen befinden sich 45.599 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern. Insgesamt seien nach der Stellungnahme vom 26. Juni 2015 ausgehend vom Zensus 2011 rund 8,3 % aller Einfamilienhäuser und 31,6% aller Wohnungen in Zweifamilienhäusern vermietet. Im Bereich des Wohnungsmarkttyps 3 seien rund 7,2 % der Einfamilienhäuser sowie 29,9 % der Wohnungen in Zweifamilienhäusern zu Wohnzwecken vermietet. Insoweit ergibt sich für die Kammer, dass der Umfang der erhobenen und in das Verfahren eingeführten Daten nicht dazu geeignet ist, den Mietwohnungsmarkt im Landkreis zuverlässig abzubilden. Zwar muss die Datenerhebung nicht für alle im Vergleichsraum befindlichen Wohnungen erfolgen, insoweit genügt die Erhebung einer ausreichenden Anzahl von Stichproben. Jedoch soll die Struktur so beschaffen sein, dass darin in hinreichendem Umfang, Wohnungen aus dem gesamten Gebiet sowie von allen Eigentümergruppen vertreten sind (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen, Stand Januar 2013, Seite 39) (Zweifel äußert hieran auch: Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 18. Februar 2016 – S 2 AS 2743/12 sowie vom 16. April 2015 - S 2 AS 2443/11). Ohne Angabe näherer Gründe hat der Konzeptersteller Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern aus dem Gegenstand der Beobachtung ausgeschlossen, so dass insbesondere aufgrund der hohen Fallzahlen nicht die Mieten des gesamten Wohnungsmarktes untersucht worden sind. Zwar wollte der Konzeptersteller nach seinen eigenen Ausführungen den gesamten Wohnungsmarkt des einfachen bis gehobenen Standards zugrunde legen und anschließend mittels Extremwertkappung und Perzentil-Bildungen einen Durchschnittspreis ermitteln (Endbericht S. 14), es ist jedoch nicht per se davon auszugehen, dass gerade im ländlich geprägten Raum die Anmietung solcher Wohnungen dem Luxussegment zuzuordnen ist (so auch Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 19. August 2015, S 14 AS 2582/12 sowie S 14 AS 822/13 und vom 16. November 2015 – S 7 AS 1732/12 – zitiert jeweils nach juris). Die Datenerhebung nur in Geschossbauten verzerrt zur Überzeugung der Kammer den gesamten abzubildenden Mietwohnungsmarkt.

60

(3) Weiterhin ausgenommen wurden nach der Fragestellung in den Fragebögen auch solche Wohnungen, die sich in einem Wohnhaus befinden, in denen der Eigentümer ebenfalls wohnt (als eine von drei Wohnparteien). Eine Abgabe der Fragenbögen sollte bei Vorliegen einer solchen Konstellation nicht erfolgen. Durch diese Einschränkung sowie die Einschränkung auf Häuser mit mindestens 3 Wohnungen in den Fragebögen werden von den insgesamt rund 36.500 Mietwohnungen von vornherein fast 6.900 Wohnungen im Bereich des Landkreises von der Erhebung ausgenommen. Dies entspricht ca. 19 % des Wohnungsbestandes. Eine zur Überzeugung der Kammer nachvollziehbare Begründung konnte der Beklagte nicht geben. Im Endbericht selbst erfolgt keine Begründung dieses Vorgehens. Diesen Ausschluss kann die Kammer nicht als planvoll ansehen, da eine Begründung hierfür zunächst nicht erfolgte. Erst in einer Stellungnahme wird betont, dass diese Wohnungen aufgrund der Filterbedingungen nicht alle erhebungsrelevant gewesen wären. Dies ist für die Kammer eine unzulässige Vorwegnahme von Schlussfolgerungen, die erst im Rahmen der Auswertung der Daten zu ziehen sind.

61

(4) Zudem hat der Beklagte ausschließlich die von der konzepterstellenden Firma ermittelten Bestandsmieten des Wohnungsmarkttyps 3 zur Bestimmung der Angemessenheitswerte für diesen Wohnungsmarkttyp herangezogen. Die (teureren) Angebotsmieten fanden keine Berücksichtigung (vgl. Tabelle 20 des Endberichtes). Die berücksichtigten 132 Bestandsmieten mit einer Größe zwischen 50 und 60 m² kosteten monatlich im Wohnungsmarkttyp 3 durchschnittlich 4,10 Euro pro m² (Nettokaltmiete) und 1,05 Euro kalte Betriebskosten pro m². Daraus ermittelte der Beklagte die Angemessenheitsgrenze von 309,24 Euro. Die 21 ermittelten Angebotsmieten kosteten demgegenüber monatlich 4,22 Euro pro m² (Nettokaltmiete), so dass sich nach Berücksichtigung von monatlichen kalten Betriebskosten von 1,05 EURO pro m² angemessene Kosten von 316,20 EURO ergeben.

62

dd) Bereits aus den unter cc) genannten Gründen fehlt es auch an einer brauchbaren Datengrundlage, welche die Kammer in die Lage versetzen würde, im Hinblick auf den von der Kammer festgelegten Vergleichsraum (die Städte Gräfenhainichen, Kemberg und Bad Schmiedeberg oder des gesamten Landkreises Wittenberg) eine Angemessenheitsgrenze selbst zu bestimmen. Abgesehen davon ist eine Nutzung der durch den Konzeptersteller erhobenen Daten auch deshalb nicht möglich, weil sich aus den in Tabellenform vorgelegten Daten eine Konzentration der erhobenen Wohnungen auf bestimmte Stadtbezirke (sog. Ghettobildung) anhand der vorliegenden Datenausdrucke nicht ausschließen lässt (Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 19. August 2015 – S 14 AS 2582/12 sowie S 14 AS 822/13 – zitiert nach juris). Es sind weder Straßennamen noch zumindest Ortsteile der größeren Gemeinden, insbesondere der Lutherstadt Wittenberg dargestellt. Eine Nachbesserung ist angesichts der "Löschung sämtlicher Erhebungsdaten nach Beendigung der Auswertungen" (Endbericht S. 2) nicht möglich.

63

ee) Soweit das Konzept des Grundsicherungsträgers nicht schlüssig ist, geht die Ermittlungspflicht hinsichtlich des Mietmarktes nicht ohne weiteres auf die Sozialgerichte über (Bundessozialgericht vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R – zitiert nach juris). Wenn andere bereite Quellen, wie beispielsweise Mietspiegel, sind für den Landkreis Wittenberg nicht verfügbar sind – wie hier – und damit kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden kann, liegt Erkenntnisausfall vor, so ist für die Begrenzung der Unterkunftskosten auf einen angemessenen Wert, auf die maßvoll erhöhten Tabellenwerte zu § 12 WoGG zurückzugreifen (z. B. Bundessozialgericht vom 7. Dezember 2009 - B 4 AS 50/09 R; vom 22. März 2012 - B 4 AS 16/11 R; vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R – jeweils zitiert nach juris).

64

Der Wohnort der Kläger gehört zur Mietenstufe I nach dem WoGG. Für einen Zwei-Personen-Haushalt ergibt sich aus der Tabelle zu § 12 WoGG ein Höchstwert für die Grundmiete und die kalten Betriebskosten in Höhe von monatlich 352,00 Euro, aus dem sich erhöht um einen Sicherheitszuschlag von 10 % ein maximal angemessener Kaltmietbetrag von 387,20 Euro ergibt. Die Bruttokaltmiete der Kläger in Höhe von 484,50 Euro überschreitet diesen Betrag, so dass auf diesen Wert zu begrenzen war. An der Angemessenheit der Heizkosten in Höhe von 71,60 Euro bestehen keine Bedenken. Insoweit sind Kosten der Unterkunft in Höhe von 387,20 Euro und Heizkosten in Höhe von 71,60 Euro zu berücksichtigen.

65

d) Im Sinne des § 19 Satz 1 SGB II bestand damit monatlich im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 ein Gesamtbedarf in Höhe von 1132,80 Euro, wobei auf die Kläger jeweils ein Individualbedarf von 566,40 Euro entfiel (Regelbedarf: 337,00 Euro, Kosten der Unterkunft: 193,60 Euro sowie Heizkosten: 35,80 Euro.). Für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 ein Gesamtbedarf in Höhe von 1148,80 Euro, wobei auf die Kläger jeweils ein Individualbedarf von 574,40 Euro entfiel (Regelbedarf: 345,00 Euro, Kosten der Unterkunft: 193,60 Euro sowie Heizkosten: 35,80 Euro.).

66

e) Auf diesen Gesamtbedarf ist gemäß § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB II das Einkommen anzurechnen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, zu berücksichtigen.

67

Der Kläger zu 1) hatte vom 1. Oktober 2012 bis 31. Januar 2013 ein monatliches Erwerbseinkommen in Höhe von 477,69 Euro brutto = 368,69 Euro netto. Hiervon ist nach § 11 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II (in der Fassung vom 20. Dezember 2011) in Verbindung mit § 11 b Abs. 2 Satz 1 SGB II ein Pauschalbetrag von insgesamt 100,00 Euro monatlich für Versicherungen, geförderte Altersvorsorgebeiträge sowie die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzuziehen. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400,00 Euro, gilt Satz 2 nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von 100,00 Euro übersteigt (§ 11 b Abs. 2 Satz 3 SGB II). Da der Kläger zu 1) bei Berücksichtigung der Versicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-V (ALG II-V) in Höhe von 30,00 Euro und der Werbungskostenpauschale in Höhe von monatlich 15,33 Euro gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a ALG II-V keine, 100,00 Euro übersteigenden Ausgaben hat, können keine den Grundfreibetrag übersteigenden Absetzungen vorgenommen werden. Zusätzlich ist jedoch bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, nach § 11 b Abs. 3 Nr. 1 SGB II ein Betrag für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100,00 EUR übersteigt und nicht mehr als 1000,00 Euro beträgt, in Höhe von 20 vom Hundert abzusetzen. Berechnungsgrundlage zur Ermittlung des Freibetrages ist das monatliche Bruttoeinkommen im Sinne des § 14 SGB IV. Es ist neben dem Grundfreibetrag ein Freibetrag von 75,53 Euro abzuziehen, so dass ein anzurechnendes Einkommen des Klägers zu 1) in Höhe von 193,15 Euro verbleibt.

68

Für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 31. März 2013 hatte der Kläger zu 1) ein Brutto-Erwerbseinkommen von 477,69 Euro = 377,49 Euro netto, so dass nach den oben dargestellten Grundsätzen ein Freibetrag von 175,54 Euro abzuziehen ist und ein anrechenbares Einkommen des Klägers zu 1) in Höhe von 201,95 Euro verbleibt.

69

Die Klägerin zu 2) hatte vom 1. Oktober 2012 bis 2. Januar 2013 tägliches Einkommen von 12,94 Euro (Krankengeld) und ab 3. Januar 2013 Arbeitslosengeld I in Höhe von 9,94 Euro täglich. Hiervon ist die Versicherungspauschale von 30,00 Euro nach § 11 b Abs. 1 Nr. 3 SGB II i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V abzurechnen, so dass von 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2013 anzurechnendes Einkommen in Höhe von 358,20 Euro, und von 1. Januar bis 31. Januar 2013 in Höhe von 284,14 Euro sowie von 1. Februar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 268,20 Euro verbleibt.

70

f) Für die Kläger ergibt sich nach Anrechnung des Einkommens nach § 9 Abs. 2 SGB II ein monatlicher Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2013 in Höhe von:

71
                 

Gesamtbedarf

        

Klägerin zu 2)

        

Kläger zu 1)

Bedarf

        

1132,80 Euro

        

566,40 Euro

        

566,40 Euro

Bedarfsanteil

        

100 % 

        

50,00 %

        

50,00 %

Anzurechnendes Einkommen

        

551,35 Euro

        

358,20 Euro

        

193,15 Euro

Einkommen nach Bedarfsanteil

        

551,35 Euro

        

275,67 Euro

        

275,68 Euro

Anspruch

        

581,45 Euro

        

290,73 Euro

        

290,72 Euro

72

für den Monat Januar 2013 in Höhe von:

73
                 

Gesamtbedarf

        

Klägerin zu 2)

        

Kläger zu 1)

Gesamtbedarf

        

1148,80 Euro

        

574,40 Euro

        

574,40 Euro

Bedarfsanteil

        

100 % 

        

50,00 % 5

        

0,00 %

Anzurechnendes Einkommen

        

477,29 Euro

        

284,14 Euro

        

193,15 Euro

Einkommen nach Bedarfsanteil

        

477,29 Euro

        

238,64 Euro

        

238,65 Euro

Anspruch

        

671,51 Euro

        

335,76 Euro

        

335,75 Euro

74

für den Zeitraum 1. Februar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von:

75
                 

Gesamtbedarf

        

Klägerin zu 2)

        

Kläger zu 1)

Gesamtbedarf

        

1148,80 Euro

        

574,40 Euro

        

574,40 Euro

Bedarfsanteil

        

100 % 

        

50,00 %

        

50,00 %

Anzurechnendes Einkommen

        

470,15 Euro

        

268,20 Euro

        

201,95 Euro

Einkommen nach Bedarfsanteil

        

470,15 Euro

        

235,07 Euro

        

235,08 Euro

Anspruch

        

678,65 Euro

        

339,33 Euro

        

339,32 Euro

76

g) Abzüglich der mit Bescheid vom 19. September 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. November 2012 und 4. April 2013 zuletzt bereits bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2013 in Höhe von 501,94 Euro ergibt sich für die Kläger ein weiterer Bewilligungsanspruch von 79,51 Euro. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 waren bereits Leistungen in Höhe von 593,31 Euro und für den Zeitraum 1. Februar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 600,45 Euro bewilligt worden, so dass sich für diese Zeiträume ein weiterer Bewilligungsanspruch in Höhe von 78,20 Euro monatlich ergibt.

77

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens sowie die zunächst begehrte Gewährung eines verfassungsgemäß bestimmten

78

III. Die Berufung war zuzulassen, da nach Auffassung der Kammer ein nach § 144 Abs. 2 SGG bestimmter Zulassungsgrund vorliegt. Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage der Schlüssigkeit der Mietwerterhebung zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft im Landkreis Wittenberg hat im Hinblick auf die Vielzahl der Anwendungsfälle der Verwaltungsvorschrift grundsätzliche Bedeutung.


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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 26/01/2016 00:00

Tenor Der Aufhebungsbescheid vom 6. März 2013 wird aufgehoben und der Beklagte wird unter Abänderung des Bewilligungsbescheids des Beklagten vom 7. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2012 verurteilt, dem Kläger wei
published on 26/01/2016 00:00

Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 7. Mai 2012 in der Fassung des geänderten Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 15. November 2012 sowie unter Abänderung des Änderungsbescheids vom 7. Mai 201
published on 16/11/2015 00:00

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 29.02.2012 in Fassung des Änderungsbescheides vom 09.05.2012 und des Bescheides vom 21.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2012 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, den Klägern i
published on 19/08/2015 00:00

Tenor 1. Unter Abänderung des Bescheides vom 8. März 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2012 sowie in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. November 2012 in Ge
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Annotations

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

für den
Geburtsjahrgang
erfolgt eine
Anhebung
um Monate
auf den Ablauf des Monats,
in dem ein Lebensalter
vollendet wird von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

für den
Geburtsjahrgang
erfolgt eine
Anhebung
um Monate
auf den Ablauf des Monats,
in dem ein Lebensalter
vollendet wird von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Als Pauschbeträge sind abzusetzen

1.
von dem Einkommen volljähriger Leistungsberechtigter ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, die nach Grund und Höhe angemessen sind,
2.
von dem Einkommen Minderjähriger ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, die nach Grund und Höhe angemessen sind, wenn der oder die Minderjährige eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat,
3.
von dem Einkommen Leistungsberechtigter monatlich ein Betrag in Höhe eines Zwölftels der zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Leistungsanspruch nachgewiesenen Jahresbeiträge zu den gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch,
4.
von dem Einkommen Leistungsberechtigter ein Betrag in Höhe von 3 Prozent des Einkommens, mindestens 5 Euro, für die zu einem geförderten Altersvorsorgevertrag entrichteten Beiträge nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch; der Prozentwert mindert sich um 1,5 Prozentpunkte je zulageberechtigtes Kind im Haushalt der oder des Leistungsberechtigten,
5.
von dem Einkommen Erwerbstätiger für die Beträge nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 0,20 Euro für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung, soweit der oder die erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist.

(2) Sofern die Berücksichtigung des Pauschbetrags nach Absatz 1 Nummer 5 im Vergleich zu den bei Benutzung eines zumutbaren öffentlichen Verkehrsmittels anfallenden Fahrtkosten unangemessen hoch ist, sind nur diese als Pauschbetrag abzusetzen.

(3) Für Mehraufwendungen für Verpflegung ist, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten Erwerbstätigkeit entfernt erwerbstätig ist, für jeden Kalendertag, an dem die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt mindestens zwölf Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag in Höhe von 6 Euro abzusetzen.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1) Als Pauschbeträge sind abzusetzen

1.
von dem Einkommen volljähriger Leistungsberechtigter ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, die nach Grund und Höhe angemessen sind,
2.
von dem Einkommen Minderjähriger ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, die nach Grund und Höhe angemessen sind, wenn der oder die Minderjährige eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat,
3.
von dem Einkommen Leistungsberechtigter monatlich ein Betrag in Höhe eines Zwölftels der zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Leistungsanspruch nachgewiesenen Jahresbeiträge zu den gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch,
4.
von dem Einkommen Leistungsberechtigter ein Betrag in Höhe von 3 Prozent des Einkommens, mindestens 5 Euro, für die zu einem geförderten Altersvorsorgevertrag entrichteten Beiträge nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch; der Prozentwert mindert sich um 1,5 Prozentpunkte je zulageberechtigtes Kind im Haushalt der oder des Leistungsberechtigten,
5.
von dem Einkommen Erwerbstätiger für die Beträge nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 0,20 Euro für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung, soweit der oder die erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist.

(2) Sofern die Berücksichtigung des Pauschbetrags nach Absatz 1 Nummer 5 im Vergleich zu den bei Benutzung eines zumutbaren öffentlichen Verkehrsmittels anfallenden Fahrtkosten unangemessen hoch ist, sind nur diese als Pauschbetrag abzusetzen.

(3) Für Mehraufwendungen für Verpflegung ist, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten Erwerbstätigkeit entfernt erwerbstätig ist, für jeden Kalendertag, an dem die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt mindestens zwölf Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag in Höhe von 6 Euro abzusetzen.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.