Sozialgericht Augsburg Urteil, 27. Jan. 2016 - S 14 AS 291/15

published on 27/01/2016 00:00
Sozialgericht Augsburg Urteil, 27. Jan. 2016 - S 14 AS 291/15
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Subsequent court decisions
Bayerisches Landessozialgericht, L 7 AS 83/16, 19/12/2016

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I.

Die Klage gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2015 wird abgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Kläger begehren sinngemäß die Überprüfung von Bescheiden des Beklagten.

Die Kläger, geboren 1981 bzw. 1983, sind verheiratet und leben zusammen. Sie stehen seit 09.01.2009 im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten.

Mit Schreiben vom 06.02.2015, beim Beklagten eingegangen am 09.02.2015, stellten die Kläger unter anderem „Antrag auf Berücksichtigung der Verluste aus Selbständigkeit“, „Antrag auf Aufhebung des fiktiven Einkommens aus Selbständigkeit“, „Antrag auf Anerkenntnis des Darlehens als Betriebsausgaben“, „Antrag auf Unterbindung der Anrechnung eines mutwillig und rechtswidrig generierten Einkommens“, „Antrag auf Akzeptanz der nachgewiesenen Kosten für Büromaterial und Porto als BA“ sowie „Antrag auf Einhaltung der Vordrucke und Berücksichtigung der hierin gemachten Angaben“.

Mit Schreiben vom 09.02.2015, beim Beklagten am selben Tage eingegangen, stellten die Kläger unter anderem „Antrag auf ordnungsgemäße Berücksichtigung der Betriebsausgaben gem. Anlage EKS“, „Antrag auf ordnungsgemäße Berücksichtigung der Verluste aus der Selbständigkeit gem. Anlage EKS“ und „Antrag auf Berücksichtigung der nachgewiesenen Routen als Wegstrecke“.

Der Beklagte übersandte den Klägern daraufhin unter dem 11.03.2015 ein Schreiben folgenden Inhalts: „( …), Sie haben mit Schreiben vom 06.02.2015 und 09.02.2015 diverse Anträge beim Jobcenter Dillingen gestellt. Zu Ihren Anträgen in Bezug auf Ihre selbständige Tätigkeit (Berücksichtigung Verluste, fiktives Einkommen, Darlehensberücksichtigung, Berücksichtigung Büromaterial und Porto als Ausgabe, Ihre getätigten Angaben, Fahrtkosten) teilen wir Ihnen mit, dass hierzu keine gesonderte Entscheidung erfolgen werde. Diesbezüglich wird im Rahmen der jeweiligen vorläufigen und endgültigen Leistungsbewilligung entschieden. ( …).“

Hiergegen erhoben die Kläger am 17.03.2015 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom selben Tage als unzulässig verwarf. Das Schreiben vom 11.03.2015 stelle keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar, da es Rechte der Kläger weder begründet noch ändert, entzieht oder feststellt. Eine Entscheidung zu den von den Klägern aufgeführten Punkten erfolge im jeweiligen konkreten Bewilligungszeitraum im Rahmen der vorläufigen und v.a. endgültigen Bewilligung.

Am 23.03.2015 erhoben die Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg.

Die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesenden und auch nicht vertretenen Kläger beantragen schriftsätzlich, den Bescheid vom 11.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen zur „Berücksichtigung der Verluste aus Selbständigkeit“, „Aufhebung des fiktiven Einkommens aus Selbständigkeit“, „Anerkenntnis des Darlehens als Betriebsausgaben“, „Unterbindung der Anrechnung eines mutwillig und rechtswidrig generierten Einkommens“, „Akzeptanz der nachgewiesenen Kosten für Büromaterial und Porto als BA“, „Einhaltung der Vordrucke und Berücksichtigung der hierin gemachten Angaben“, „ordnungsgemäßen Berücksichtigung der Betriebsausgaben gem. Anlage EKS“, „ordnungsgemäßen Berücksichtigung der Verluste aus der Selbständigkeit gem. Anlage EKS“ und zur „Berücksichtigung der nachgewiesenen Routen als Wegstrecke“.

Der in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht vertretene Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Kammer konnte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit der Beteiligten verhandeln und entscheiden. Die Beteiligten waren ordnungsgemäß geladen und wurden in der Ladung jeweils auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen (§§ 110, 126, 132 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Streitgegenstand ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab 09.01.2009, als dies durch die jeweiligen Bescheide des Beklagten geschehen ist. Richtige Klageart ist hier eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 13.02.2014, Az.: B 4 AS 22/13 R = BSGE 115, 126-131, m.w.N.). Die Kläger begehren mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des - die Überprüfung der jeweiligen Bescheide ablehnenden - Verwaltungsakts vom 11.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2015. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Bescheides durch den Beklagten gerichtet, mit dem dieser die begehrte Änderung der jeweiligen Bewilligungsbescheide bewirkt. Mit der Leistungsklage begehren die Kläger die Erbringung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitigen Zeitraum.

Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, eine inhaltliche Überprüfung der bisher ergangenen Bewilligungsbescheide nach § 44 SGB X vorzunehmen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13.02.2014, a.a.O.; Beschluss vom 04.06.2014, Az.: B 14 AS 335/13 B, abrufbar in juris; Urteil vom 28.10.2014, Az.: B 14 AS 39/13 R = SozR 4-1300 § 44 Nr. 31) ist die Behörde nicht zu einer inhaltlichen Überprüfung verpflichtet, wenn der Einzelfall, der zur Überprüfung gestellt werden soll, nicht konkret genannt wird und auch nicht objektiv ermittelt werden kann.

Vorliegend haben die Kläger einen konkreten Bescheid bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu ihren Überprüfungsanträgen vom 06.02.2015 und 09.02.2015 (und auch im anschließenden Klageverfahren) nicht benannt. Angesichts der Vielzahl der seit Januar 2009 ergangenen Bescheide ist der konkret zu überprüfende Bescheid auch nicht ohne Weiteres zu ermitteln.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 28/10/2014 00:00

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. November 2012 wird zurückgewiesen.
published on 04/06/2014 00:00

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
published on 13/02/2014 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. März 2013 wird zurückgewiesen.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.