Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 06. Dez. 2016 - S 2 KR 426/16

published on 06/12/2016 00:00
Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 06. Dez. 2016 - S 2 KR 426/16
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Subsequent court decisions
Bayerisches Landessozialgericht, L 4 KR 15/17, 03/08/2018

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht erstatten.

Tatbestand

Streitig ist die Akteneinsicht des Klägers in Akten der Beklagten.

Im Juli 2016 erhob der Kläger insoweit Klage, es wurde Feststellungsklage erhoben wegen Verweigerung der Akteneinsicht zu einem Antrag auf Teilhabe unmittelbar nach der Jahrtausendwende. Die Beklagte habe auf seine Schreiben nicht reagiert. Es werde der Antrag zur Feststellung gestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, zeitnah Akteneinsicht zu gewähren, zum Beispiel in Form von kostenloser Kopie der Akte, alternativ Zurverfügungstellung der Akte in einem versiegelten Umschlag bei der örtlichen AOK oder alternativ dazu beim Sozialamt der Stadt A-Stadt.

Die Beklagte machte geltend, dass die Klage sowohl unzulässig als auch unbegründet sei. Der Antrag sei unbestimmt und nicht bestimmbar, es ergebe sich nicht was für ein Antrag in welchem Zusammenhang gemeint sei. Es werde ein Verwaltungshandeln und kein Verwaltungsakt begehrt, dies könne durch eine Feststellungsklage oder eine Verpflichtungsklage nicht erreicht werden. Ein Rechtsschutzbedürfnis fehle. Nur weil zwei Wochen nicht auf einen Antrag auf Akteneinsicht geantwortet worden sei, bestehe nicht das Schutzbedürfnis dies durch ein Gericht einzuklagen. Außerdem sei es der Beklagten schon faktisch unmöglich dem Antrag nachzukommen. Insoweit sei die Klage auch unbegründet. Nach § 292 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) habe die Beklagte zwar Angaben über Leistungen, die zur Prüfung der Voraussetzungen späterer Leistungsgewährung erforderlich seien aufzuzeichnen. Allerdings seien solche Daten gemäß § 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V spätestens nach zehn Jahren zu löschen. Dies habe die Beklagte getan. Akten von der Jahrtausendwende würden daher nicht mehr vorliegen.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 14.09.2016 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den vorliegenden Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 12.10.2016 gegeben. Der Kläger beantragte daraufhin Fristverlängerung aufgrund seines momentan desolaten Gesundheitszustandes. Es wurde Fristverlängerung bis 09.11.2016 gewährt. Anschließend beantragte der Kläger erneut Fristverlängerung. Die Beantwortung müsse aus gesundheitlichen Gründen verschoben werden. Daraufhin wurde Fristverlängerung bis 21.11.2016 gewährt.

Daraufhin erfolgten weitere Schreiben des Klägers vom 19.11., 21.11. und 23.11.2016. Der Kläger machte geltend, dass er keinem Rechtskreis angehöre, in dem BRD-Richter Hoheitsrechte ausüben könnten. Er könne sich frühestens Ende November, in Abhängigkeit der Rückäußerung des Gerichts, zum Verfahren äußern. Das Gericht solle sich auch dazu äußern, dass der Kläger dem Rechtskreis des Deutschen Reiches angehöre, welches nach wie vor nicht untergegangen sei. Das Gericht sei in der Pflicht nachzuweisen, dass es gegenüber dem Kläger hoheitliche Rechte ausüben dürfe. Es sei insoweit verpflichtet, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Die gerichtlichen Schreiben, die keine Unterschriften enthielten, würden nichts auslösen, weder Fristen nach Rechtsverantwortlichkeit, noch Rechtswirksamkeit oder Rechtskraft. Briefe einer alliierten NGOhörigen Verwaltungsorganisation könnten keine Fristen auslösen. Der Kläger gehöre nicht dem Rechtskreis dieser NGO an, da er gemäß seinem Geburtsrecht die Staatsangehörigkeit „Deutsches Reich“ bzw. korrekterweise des Bundesstaates Preußen besitze. Das Gericht müsse sich hierzu äußern.

Der Kläger beantragt,

Es wird Antrag zur Feststellung gestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist zeitnah Akteneinsicht zu gewähren zum Antrag zur Teilhabe unmittelbar nach der Jahrtausendwende zum Beispiel in Form von kostenloser Kopie der Akte, alternativ Zurverfügungstellung der Akte in einem versiegelten Umschlag bei der örtlichen AOK oder alternativ dazu beim Sozialamt der Stadt A-Stadt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte.

Gründe

Der Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entschieden werden, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist. Die Beteiligten wurden zuvor zur Absicht, durch Gerichtsbescheid entscheiden, angehört.

Soweit der Kläger die Rechtslegitimation des Sozialgerichts anzweifelt, ist auf Folgendes hinzuweisen:

Die Gerichte haben bei ihrer Entscheidung die geltenden Gesetze zu beachten. Diese Gesetze sind zu vollziehen, solange sie nicht vom Bundesverfassungsgericht als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar oder für nichtig erklärt werden.

Die Klage ist bereits unzulässig. Soweit Feststellungsklage erhoben wurde, ergibt sich dies aus der Subsidiarität der Feststellungsklage. Dadurch sollen unnötige Feststellungsklagen verhindert werden, wenn für die Rechtsverfolgung ein unmittelbarerer, sachnäherer und wirksamerer Weg besteht einen Anspruch geltend zu machen (Bundessozialgericht - BSG - vom 16.12.2014, B 1 KR 32/13 R).

Vorliegend käme daher vorrangig eine Verpflichtungsklage und nicht eine Feststellungsklage in Betracht, nachdem es sich nicht um Akteneinsicht in einem laufenden Verwaltungsverfahren handelt, so dass § 25 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht einschlägig ist. Bevor Verpflichtungsklage erhoben werden kann, müsste jedoch zunächst ein Bescheid der Beklagten und ein abgeschlossenes Widerspruchsverfahren vorliegen. Hieran fehlt es vorliegend.

Insgesamt ist die Klage daher bereits unzulässig.

Die Klage ist darüber hinaus jedoch auch unbegründet, da die Gewährung der begehrten Akteneinsicht objektiv unmöglich ist. Die entsprechenden Unterlagen sind bei der Beklagten nicht mehr vorhanden. Das Recht auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X beschränkt sich auf die der Behörden vorliegenden Verfahrensakten und die Möglichkeit des Versicherten sich vom Inhalt dieser Akten ohne weiteres Tätigwerden der Behörde Kenntnis zu verschaffen. § 25 SGB X gewährt auch kein Anspruch auf Rekonstruktion bereits vernichteter Akten. Entsprechendes gilt erst recht außerhalb der Regelung des § 25 SGB X (Landessozialgericht - LSG - Berlin vom 24.09.1997, L 9 KR 9/97, Kasseler-Kommentar § 25 SGB X Rn. 9).

Die Klage ist daher insoweit auch unbegründet.

Folglich war die Klage abzuweisen und außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten, § 193 SGG.

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 16/12/2014 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

Die Krankenkasse hat Angaben über Leistungen, die zur Prüfung der Voraussetzungen späterer Leistungsgewährung erforderlich sind, aufzuzeichnen. Hierzu gehören insbesondere Angaben zur Feststellung der Voraussetzungen von Leistungsansprüchen bei Krankenhausbehandlung, medizinischen Leistungen zur Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation sowie zur Feststellung der Voraussetzungen der Kostenerstattung und zur Leistung von Zuschüssen. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit sind auch die Diagnosen aufzuzeichnen.

(1) Die für Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung bei Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Geschäftsstellen der Prüfungsausschüsse gespeicherten Sozialdaten sind nach folgender Maßgabe zu löschen:

1.
die Daten nach, den §§ 292, 295 Absatz 1a, 1b und 2 sowie Daten, die für die Prüfungsausschüsse und ihre Geschäftsstellen für die Prüfungen nach den §§ 106 bis 106c erforderlich sind, spätestens nach zehn Jahren,
2.
die die Daten, die auf Grund der nach § 266 Absatz 8 Satz 1 erlassenen Rechtsverordnung für die Durchführung des Risikostrukturausgleichs nach den §§ 266 und 267 erforderlich sind, spätestens nach den in der Rechtsverordnung genannten Fristen.
Die Aufbewahrungsfristen beginnen mit dem Ende des Geschäftsjahres, in dem die Leistungen gewährt oder abgerechnet wurden. Die Krankenkassen können für Zwecke der Krankenversicherung Leistungsdaten länger aufbewahren, wenn sichergestellt ist, daß ein Bezug zum Arzt und Versicherten nicht mehr herstellbar ist. Die Löschfristen gelten nicht für den Nachweis über die Erfüllung der Meldepflicht nach § 36 des Implantateregistergesetzes, dessen Speicherung für die Erfüllung der Meldepflicht nach § 17 Absatz 2 des Implantateregistergesetzes erforderlich ist. Dieser Nachweis ist unverzüglich zu löschen, sobald die Registerstelle des Implantateregisters Deutschland die Krankenkasse über die Anonymisierung des Registerdatensatzes der oder des Versicherten unterrichtet hat.

(2) Im Falle des Wechsels der Krankenkasse ist die bisher zuständige Krankenkasse verpflichtet, den Nachweis über die Erfüllung der Meldepflicht nach § 36 des Implantateregistergesetzes an die neue Krankenkasse zu übermitteln, die für die Fortführung der Versicherung erforderlichen Angaben nach den §§ 288 und 292 der neuen Krankenkasse zu übermitteln sowie Arbeitsunfähigkeitsdaten, die der bisher zuständigen Krankenkasse für Zeiten nach dem Ende der Versicherung übermittelt werden, der neuen Krankenkasse zu übermitteln.

(3) Für die Aufbewahrung der Kranken- und sonstigen Berechtigungsscheine für die Inanspruchnahme von Leistungen einschließlich der Verordnungsblätter für Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel gilt § 84 Absatz 6 des Zehnten Buches.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Satz 1 gilt bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung.

(2) Soweit die Akten Angaben über gesundheitliche Verhältnisse eines Beteiligten enthalten, kann die Behörde statt dessen den Inhalt der Akten dem Beteiligten durch einen Arzt vermitteln lassen. Sie soll den Inhalt der Akten durch einen Arzt vermitteln lassen, soweit zu befürchten ist, dass die Akteneinsicht dem Beteiligten einen unverhältnismäßigen Nachteil, insbesondere an der Gesundheit, zufügen würde. Soweit die Akten Angaben enthalten, die die Entwicklung und Entfaltung der Persönlichkeit des Beteiligten beeinträchtigen können, gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass der Inhalt der Akten auch durch einen Bediensteten der Behörde vermittelt werden kann, der durch Vorbildung sowie Lebens- und Berufserfahrung dazu geeignet und befähigt ist. Das Recht nach Absatz 1 wird nicht beschränkt.

(3) Die Behörde ist zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit die Vorgänge wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen geheim gehalten werden müssen.

(4) Die Akteneinsicht erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt. Im Einzelfall kann die Einsicht auch bei einer anderen Behörde oder bei einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfolgen; weitere Ausnahmen kann die Behörde, die die Akten führt, gestatten.

(5) Soweit die Akteneinsicht zu gestatten ist, können die Beteiligten Auszüge oder Abschriften selbst fertigen oder sich Ablichtungen durch die Behörde erteilen lassen. Soweit die Akteneinsicht in eine elektronische Akte zu gestatten ist, kann die Behörde Akteneinsicht gewähren, indem sie Unterlagen ganz oder teilweise ausdruckt, elektronische Dokumente auf einem Bildschirm wiedergibt, elektronische Dokumente zur Verfügung stellt oder den elektronischen Zugriff auf den Inhalt der Akte gestattet. Die Behörde kann Ersatz ihrer Aufwendungen in angemessenem Umfang verlangen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.