Sozialgericht Aachen Beschluss, 02. Juli 2015 - S 14 AS 304/15
Tenor
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Verwaltungsgericht Aachen verwiesen. Die Streitwert- und Kostenentscheidung bleiben dem zuständigen Verwaltungsgericht vorbehalten.
1
Gründe:
2I.
3Streitgegenstand ist die Festsetzung der Zuweisung von Landesmitteln durch den Beklagten für den Kläger auf der Grundlage des § 7 Abs. 3, 4 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB II NRW) für das Jahr 2011.
4Mit Bescheid vom 05.07.2011 setzte der Beklagte fest, dass der Kläger gem. § 7 Abs. 3, 4 AG-SGB II keine Zuweisungen erhält. Ferner stellte er eine Überzahlung von Zuweisungen für die Jahre 2007 bis 2009 fest, die jeweils zu einem Achtel von den Zuweisungsbeträgen für die Jahre 2011 bis 2018 abgezogen würden. Mit Bescheid vom 29.07.2011 ergänzte der Beklagte den Bescheid vom 05.07.2011dahingehend, dass die im Jahr 2011 abzuziehende Zuweisungsüberzahlung auf das Folgejahr übertragen werde.
5Der Widerspruch des Klägers vom 11.07.2011 umfasste beide Bescheide und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2015 durch die Bezirksregierung Köln als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung über die Möglichkeit einer Klage beim Sozialgericht Aachen.
6Eine entsprechende Klage haben die Kläger-Bevollmächtigten am 10.04.2015 erhoben.
7Das Gericht hat die Beteiligten unter dem 13.05.2015 gebeten zur Rechtswegzuständigkeit Stellung zu nehmen und sie unter dem 11.06.2015 zu einer Verweisung des Rechtsstreites an das Verwaltungsgericht Aachen angehört.
8Der Kläger ist der Auffassung, der Rechtsstreit falle in die Zuständigkeit der Verwaltungs-gerichtsbarkeit, da das vorliegende Rechtsverhältnis seine Regelung nicht im Sozialge-setzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) finde und ein enger sachlicher Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Aufgaben nach dem SGB II nicht bestehe.
9Die Bevollmächtigten des Klägers beantragt, den Rechtsstreit gemäß § 202 SGG i.V.m. §§ 17 a, 17 b GVG wegen Unzulässigkeit des Sozialrechtsweges an den zuständigen Verwaltungsrechtsweg zu verweisen.
10Die Bevollmächtigten des Beklagten beantragen sinngemäß, die Zulässigkeit des Sozialrechtsweges vorab auszusprechen.
11Sie sind der Ansicht das streitige Verhältnis finde sine Rechtsgrundlage (historisch in § 46 Abs. 5) letztlich im SGB II. Die Ausführungsvorschrift im AG-SGB II NRW sei Teil eines Finanzierungssystems, welches dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu-zurechnen sei.
12Wegen der weiteren Einzelheiten der streitigen Ansichten wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte verwiesen.
13II:
14Für die erhobene Klage ist der gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Aus diesem Grund ist der Rechtsstreit gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen, mithin das nach § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO zuständige Verwaltungsgericht Aachen.
15Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch ist der Rechtsweg zu den Verwal-tungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet. Der Rechtstreit ist öffent-lich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art. Er ist auch nicht durch Bundes-gesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 SGG in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit.
161. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, d.h. durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.).
17Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Bescheide des Beklagten vom 05.07.2011 und 29.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2015 mit denen er die Zuweisung über die Verteilung der Landesersparnis bei Wohngeldausgaben an den Kläger für das Jahr 2011 gemäß § 7 Abs. 3 und 4 Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB II NRW) vom 16.12.2004 (GV.NRW.S 821), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2014 (GV.NRW. S. 954) mit 0,00 EUR festgesetzt hat. Der Kläger begehrt die Aufhebung der Bescheide und eine Neufestsetzung seines Anspruches aus § 7 Abs. 1 AG-SGB II. Streitentscheidende Norm ist § 7 AG-SGB II NRW.
18Nach Abs. 1 der Norm erhalten die Kreise und kreisfreien Städte im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt jährlich Zuweisungen nach Maßgabe des AG-SGB II NRW. Die Gesamthöhe der Zuweisungen ermittelt sich dabei gem. § 7 Abs. 2 AG-SGB IINRW wie folgt: Von der sich im Zusam-menhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Ar-beitsmarkt ergebenden Landesersparnis bei den Wohngeldausgaben in Höhe von 523.666.000 Euro wird der jeweilige Finanzierungsanteil des Landes Nordrhein-Westfalen an den Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen gemäß § 11 Abs. 3a Finanzaus-gleichsgesetz (interkommunaler Entlastungsausgleich zugunsten der Kommunen der neuen Länder) abgezogen. Der danach für das jeweilige Auszahlungsjahr verbleibende Betrag (Basisbetrag) wird entsprechend dem Verhältnis der jahresdurchschnittlichen Anzahl der Bedarfsgemeinschaften des Vorvorjahres des Auszahlungsjahres zur jahres-durchschnittlichen Anzahl der Bedarfsgemeinschaften im Jahre 2006 (Basisjahr) angepasst. Maßgeblich ist jeweils die nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldete Anzahl von Bedarfsgemeinschaften.
19§ 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW regelt vor diesem Hintergrund, dass die Gesamthöhe der Zuweisungen auf die Kreise und kreisfreien Städte unter Berücksichtigung der jeweiligen Be- und Entlastungen durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verteilt wird. Ziel ist es dabei, dass bei jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt Belastungen durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vermieden und Entlastungen erreicht werden. Zur Ermittlung des Verteilungsmaßstabes werden von den Belastungsdaten gemäß Absatz 4 die in Anlage A enthaltenen Entlastungsdaten der Kreise und kreisfreien Städte und ein Betrag für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß Satz 4 abgezogen. Der Betrag für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung errechnet sich ab dem Jahr 2011 aus 26,4 vom Hundert von den nach § 46 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch maßgeblichen Daten der Leistungen für Unterkunft und Heizung. Ergibt sich für einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt ein Belastungsbetrag, wird dieser vorab aus der Gesamthöhe der Zuweisungen ausgeglichen. Der danach verbleibende Betrag der Gesamthöhe der Zu-weisungen wird im Verhältnis der nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldeten Aufwendungen, auf deren Grundlage das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Zahlungen gem. § 46 Abs. 8 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch geleistet hat, auf die Kreise und kreisfreien Städte verteilt. Übersteigt die Summe der Belas-tungsbeträge die Gesamthöhe der Zuweisungen, erfolgt die Verteilung in dem Verhältnis des nach Satz 1 bis 5 ermittelten Belastungsbetrages zur Gesamthöhe der Zuweisungen. Der Zuweisungsbetrag nach Satz 1 bis 7 wird durch die Bezirksregierungen auf der Grundlage der durch das zuständige Ministerium ermittelten Beträge spätestens zum 30. November des Auszahlungsjahres endgültig festgesetzt. Soweit sich unter Zugrundelegung der Regelungen des Absatzes 3 Satz 4 und des Absatzes 4 Satz 3 ergibt, dass einzelne Kreise und kreisfreie Städte zu hohe oder zu niedrige Zuweisungen nach Absatz 1 erhalten haben, wird die Differenz der bereits erhaltenen Zuweisungsbeträge und der Zuweisungsbeträge, die sich unter Zugrundelegung der Regelungen des Absatzes 3 Satz 4 und des Absatzes 4 Satz 3 ergibt, mit der nächsten Zahlung verrechnet.
20Nach § 7 Abs. 4 AG-SGB II sind im Jahre 2007 die in Anlage B aufgeführten Belastungsdaten der Kreise und kreisfreien Städte maßgeblich. Ab dem Jahre 2008 werden die Belastungen für die Kreise und kreisfreien Städte aus den nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldeten Aufwendungen, soweit auf deren Grundlage das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Zahlungen gem. § 46 Abs. 8 Satz 1 bis 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch geleistet hat, sowie einem Zuschlag von 12 vom Hundert von diesen Aufwendungen für weitere Belastungen ermittelt. Korrekturen der Kreise und kreisfreien Städte an den gemeldeten Aufwendungen gemäß Absatz 3 Satz 6 bis zum Vorvorjahr des Auszahlungsjahres fließen in die Berechnung der Belastungsdaten gemäß Satz 2 ein.
21a) Da diese streitentscheidende Norm ausschließlich Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt und verpflichtet (modifizierte Subjektstheorie) ist der vorliegende Rechtsstreit öffent-lich-rechtlicher Natur, zumal der Beklagte eine hoheitliche Regelung (Verwaltungsakt) ge-troffen hat (vgl. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl.2013, § 11, Rn. 17 ff.).
22b) Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil keine Verfassungsorgane ver-fahrensbeteiligt sind und die Streitigkeit nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetz-licher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den Kern des Rechtstreites bilden bzw. das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl. BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.).
23c) Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht wegen einer abdrängenden Sonderzuweisung an ein anderes Gericht ausgeschlossen.
24Eine Zuständigkeit der Sozialgerichte nach § 51 SGG ergibt sich nicht. Das AG-SGB II NRW, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2014 (GV. NRW. S. 954), enthält keine eigenständige Rechtswegzuweisung zu den Sozialgerichten im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 10 SGG.
25Auch sonstige gesetzliche Zuweisungen an die Sozialgerichtsbarkeit liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich vorliegend nicht um eine "Angelegenheit der Grundsicherung für Arbeitsuchende" im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG. Nach dieser Vorschrift ent-scheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Von der Zuweisung in § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG erfasst sind die Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die von dem Beklagten getroffene Entscheidung bzw. die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre rechtliche Grundlage in den Vorschriften des SGB II findet oder in einem engen rechtlichen oder sachlichen Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit nach dem SGB II steht (vgl. zu § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG: BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R und Urteil 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL; zu § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG: BSG Beschlüsse vom 25.09.2013 - B 8 SF 1/13 R m.w.N. und vom 26.10.2010 - B 8 AY 1/09 R; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 21, Rn. 29 a).
26Dies ist nach Auffassung der Kammer vorliegend nicht gegeben.
27aa) Die Beteiligten streiten nicht um Rechtsfolgen aus der Anwendung von Normen des SGB II.
28Rechtsgrundlage für den Erlass der streitgegenständlichen Bescheide bildet § 7 Abs. 3, 4 AG-SGB II NRW. Das durch die streitentscheidende Norm des § 7 AG-SGB II NRW her-gestellte Rechtsverhältnis findet auch keine inhaltliche Ausgestaltung in den Normen des Zweiten Sozialgesetzbuches. Insbesondere sind nicht die im SGB II enthaltenen Regelungen der Zuständigkeiten und des Verfahrens, der örtlichen Zusammenarbeit der Träger, der Kooperation, der Finanzierung und Aufsicht (§§ 6, 6a, 6b, §§ 18-18e, §§ 22a-22b, §§ 44b - 44k, §§ 46-49 SGB II) einschlägig. Diese Bestimmungen regeln im Wesentlichen die in Art. 91e GG für die Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassene Mischverwaltung (vgl. hierzu BVerfG Urteil vom 07.01.2014 - 2 BvR 1641/11), insbesondere die Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Einrichtung i.S.v. § 44b SGB II sowie den Umfang der Aufgabenfinanzierung durch Bundesmittel (§§ 6b Abs. 2, 46 SGB II), die sich hieraus ergebenden Kontroll- und Aufsichtsrechte des Bundes und etwaige Erstattungsansprüche des Bundes (§ 6 b Abs. 5 SGB II).
29Das SGB II enthält keine Regelung hinsichtlich der Finanzierung der auf den kommunalen Träger entfallenden Aufgaben nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II. Diese Aufgaben stellen gem. § 1 AG-SGB II NRW Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung dar, die kommunale Träger als eigene Angelegenheit wahrnehmen und für die sie daher im Grundsatz nach dem Prinzip der Konnexität von Verwaltungsaufgabe und -ausgabe (vgl. Art. 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen [LVerf NRW]) auch die Finanzverantwortung tragen. Soweit § 46 Abs. 5 ff. SGB II einen Ausgleich für die Belastung mit der Aufgabenzuweisung durch einen zweckgebundenen Bundeszuschuss an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II vorsieht, erfolgt die Erstattung seitens des Bundes nicht an die kommunalen Träger, sondern an die Länder. Denn bei der Aufgabenwahrnehmung der kommunalen Träger nach §§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 22 SGB II handelt es sich um die Ausführung eines Gesetzes als eigene Angelegenheit der Länder, zu denen die Kommunen zählen (Art. 84 GG; vgl. Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 46 Rn. 5 ff., 27). Den Ländern bleibt es überlassen, den Ausgleich landesrechtlich umzusetzen (vgl. § 6 ff. AG-SGB II NRW).
30bb) Die Streitigkeit über die Rechtsmäßigkeit der Festsetzung einer Zuweisung nach § 7 AG-SGB II NRW steht auch nicht in einem engen rechtlichen oder sachlichen Zusam-menhang mit der Verwaltungstätigkeit (des Klägers) nach dem SGB II.
31Die Regelungen des § 7 AG-SGB II NRW stehen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz IV", BGBl. I S. 2954) (vgl. § 7 Abs. 1 AG-SGB II NRW), durch das die staatlichen Leistungen der Ar-beitslosenhilfe und der Sozialhilfe für erwerbsfähige Hilfebedürftige mit Wirkung vom 1. Januar 2005 zu einer einheitlichen Leistung, der Grundsicherung für Arbeitssuchende, zusammengeführt worden. Die kommunalen Träger (Kreise und kreisfreie Städte) tragen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II insbesondere die Aufwendungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II. Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt war begleitet von einer Reform des Wohngeldrechts (einer Rechtsmaterie in klassisch verwaltungsgerichtlicher Zuständigkeit) die zu einer Re-duzierung der Länderausgaben für das Wohngeld führte (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 4). Die für den Landeshaushalt NRW erwartete Entlastung (405 Mio. EUR) sollte dauerhaft den Kommunen zu Gute kommen. Ab dem Haushaltsjahr 2006 ist die Verteilung der finanziellen Entlastung des Landes bei den Wohngeldzahlungen auf die kommunalen Träger im Gesetz zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB II NRW) vom 16. Dezember 2004 (GV. NRW. S. 821), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.2010 (GV. NRW. S. 692 – auch § 7) geregelt.
32§ 7 Abs. AG-SGB II NRW weist insofern keinen spezifisch rechtlichen Zusammenhang zum SGB II auf, sondern betrifft das Rechtsverhältnis zwischen dem Land NRW und den ihm angehörenden Städte und Gemeinden im Rahmen eines durch das Vierte Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt erforderlich gewordenen Finanzausgleiches. Dies verdeutlicht die Gesetzesbegründung des § 7 AG-SGB II NRW (LT NRW Drs. 14/1072, S. 10 f.), die das im SGB II geregelte Verhältnis des Leistungsträgers zum Hilfeempfänger unberührt lässt (vgl. zu diesem Aspekt: OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2013 – 12 E 1091/13 –, Rn. 16, Beschl. vom 22. August 2013 – 12 E 755/13 –, Rn. 14, juris), vielmehr das Bestreben einer dem kommunalen Gleichbehandlungsgebot (Art. 78 Abs. 1 LVerf NRW) gerecht werdenden Finanzausstattung der Städte und Gemeinden durch das Land erkennbar werden lässt (siehe dazu VerfGH NRW Urteil vom 26. Mai 2010 – 17/08 – juris; Begründung des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2015).
33Vor diesem Hintergrund hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen die Norm des § 7 AG-SGB II NRW auch zutreffend als "eine Regelung zur Verteilung von Landesmitteln auf Kreise und kreisfreie Städte" charakterisiert (Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Mai 2010 – 17/08 –, Rn. 32, Rn. 33: "Ver-teilungssystems für die Zuweisung von Finanzmitteln"). Dieses Finanzierungssystem zählt nicht zu den "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende". (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2013 – 12 E 1091/13 –, Rn. 8, juris)
34Allein die Tatsache, dass hierbei Mittel betroffen sind, die die Kommunen zur Erfüllung der ihnen auferlegten Aufgaben nach dem SGB II aufgewendet haben, stellen diesen Fi-nanzausgleich auch nicht in einen untrennbar sachlichen Zusammenhang mit der Verwal-tungstätigkeit nach dem SGB II. Vorrangig ist bei der Prüfung der Sachnähe bzw. des Sachzusammenhangs darauf abzustellen, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB ge-regelt sind (BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.). Dies ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Die Finanzausstattung der Kommunen bleibt nach der Finanz-verfassung dem Landesgesetzgeber vorbehalten, dem Bundesgesetzgeber fehlt hierzu im die Ermächtigung. Anspruchsgrundlage und Ausgestaltung der hier begehrten Finanzmit-telzuweisungen sind in § 7 AG-SGB II NRW geregelt, finden indes keine normative An-knüpfung im SGB II.
35Mit den Ausführungen des Klägers ist ferner festzustellen, dass die Kommunen die Auf-wendungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II im Wesentlichen aus dem allgemeinen Kom-munalhaushalt bestreiten und die Finanzierungslast bei den allgemeinen Finanzzuweisungen an die Gemeinden durch das Land im Gemeindesfinanzierungsgesetz (GfG) NRW ein Faktor für die Verteilung der Finanzzuweisungen ist (vgl. §§ 8 Abs. 5, 27 Abs. 6 (5) GfG 2014 (2013)). Die Finanzzuweisung des Landes gem. § 7 AG-SGB II NRW erfolgt in gleicher Weise ohne Zweckbindung und fließt in den allgemeinen Kommunalhaushalt ein. Lediglich der hier gerade nicht in Streit stehende zweckgebundene Bundeszuschuss nach § 46 Abs. 5 ff. SGB II (BSG vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL und vom 02.07.2013 - B 4 AS 72/12 R) wird durch das Land gesondert und zweckgebunden (siehe § 6a Abs. 1 S. 2 AG-SGB II NRW) für die durch die Kommunen zu tragenden Aufwendungen nach dem SGB II weitergeleitet.
36Insoweit begründen die sich ergebenden Fragen des Finanzausgleiches die Sachnähe zur allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Regelung des § 7 AG-SGB II NRW hat ihren deutlichen Schwerpunkt im Lastenausgleich zwischen dem Land NRW und dessen Kommunen bzw. der dem kommunalen Gleichbehandlungsgebot genügenden Verteilung (vgl. VerfGH NRW a.a.O) im Landeshaushalt eingesparter Mittel, also im Haushalts- bzw. Kommunalrecht, während die generelle Kostenaufteilung zwischen Bund und den kom-munalen Trägern als Teil der Landesorganisation, wie sie aus § 46 SGB II hervorgeht, nicht berührt wird. (vgl. OVG NRW Beschlüsse vom 25.11. 2013 - 12 E 1091/13 - sowie vom 22.08.2013 - 12 E 756/13 - und - 12 E 757/13 -; LSG NRW, Beschluss vom 11. Februar 2015 – L 19 AS 2204/14 B –, Rn. 28, juris; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.01.2006 - L 23 B 1080/705 SO; a. A.: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2010 - L 7 SF 2/09 -, NdsRpfl. 2010, 299, juris).
37Es bleibt daher bei der allgemeinen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (so bereits überzeugend SG Aachen, Beschluss vom 30.06.2015 – S 11 AS 303/15; ferner SG Köln, Beschluss vom 11.08.2011 – S 7 AS 333/11; a. A.: Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 51, Rn. 79).
38cc) Die Kammer schließt sich vor dem Hintergrund des dargelegten der seitens des Be-klagten aufgegriffenen Auffassung, dass von einem speziellen, den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende zuzurechnenden Finanzierungskonzept auszugehen ist und damit für sämtliche Fragen betreffend die Finanzierung der Aufgaben nach dem SGB II, unabhängig in welchem Rechtsverhältnis sie auftreten, z. B. Bund - Kommunale Träger (BSG vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL und vom 02.07.2013 - B 4 AS 72/12 R), Land - Kommunale Träger (LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 25.02.2010 - L 7 SF 2/09), oder Kreis - kreisangehörige Gemeinde (VG Düsseldorf Beschluss vom 03.07.2013 - 21 K 3828/13), der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben sei, nicht an. Ein solches Verständnis missachtet, dass die entscheidungserheblichen Fragen im Grundsatz im SGB II geregelt sein müssen oder jedenfalls zumindest der Wille des Gesetzes aus dem Gesamtgehalt der Regelungen und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eindeutig und logisch zwingend eine Zuordnung zu den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende diktiert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 1986 - 4 B 92/86 - NJW 1986, 2845; BSG, Beschl. vom 01. April 2009 – B 14 SF 1/08 R –, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6, SozR 4-1720 § 17a Nr. 7, Rn. 15) vgl. auch BGHZ 67, 81 (87), GmSOGB BVerwGE 37, 369 (372); GmSOGB BSGE 37, 292 (296) - SozR 1500 § 51 Nr. 2;; vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2013 – L 7 AS 695/13 B –, Rn. 11, juris; mit guten Gründen kritisch wegen des Grundsatzes der Rechtswegklarheit Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand März 2008, § 40 Rn. 490 ff. (492 f.) und überdehnt darin den Wortsinn des § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG.
39dd) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei der Streitwert wegen § 52 Abs. 4 Nr. 2 GKG begrenzt, kann dies auf die Frage der Rechtswegzuständigkeit offensichtlich keinen Einfluss haben.
402. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten, § 17b Absatz 2 GVG.
413. Die Festsetzung des Streitwerts hat ebenso durch das Gericht des zuständigen Rechtswegs zu erfolgen (VerfGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.07.1991 – 5 S 1874/91 - juris).
Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Aachen Beschluss, 02. Juli 2015 - S 14 AS 304/15
Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Aachen Beschluss, 02. Juli 2015 - S 14 AS 304/15
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Sozialgericht Aachen Beschluss, 02. Juli 2015 - S 14 AS 304/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:
- 1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt. - 2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat. - 3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4. - 4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend. - 5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
- 1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte, - 2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten, - 3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, - 4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, - 4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, - 5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung, - 6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen, - 6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes, - 7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, - 8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen, - 9.
(weggefallen) - 10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.
(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.
(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.
Tenor
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Die weitere Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
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I. Streitig ist der Rechtsweg für die Klage eines Insolvenzverwalters gegen eine Krankenkasse (Einzugsstelle), welche seinen Antrag nach § 1 Abs 1 S 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG; vom 5.9.2005, BGBl I 2722) auf Auskunft über die vom Insolvenzschuldner an die Beklagte abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und auf Überlassung einer Kontoübersicht, aus der die jeweilige Zahlung und das entsprechende Datum ersichtlich sind, ablehnte.
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Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Klage vor dem SG Heilbronn erhoben und gleichzeitig die Verweisung des Rechtsstreits an das VG Stuttgart beantragt. Mit Beschluss vom 15.3.2010 hat das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen. Die Beschwerde der Beklagten hat das LSG mit Beschluss vom 12.11.2010 zurückgewiesen, da für die Entscheidung über den geltend gemachten Auskunftsanspruch nach dem IFG die Verwaltungsgerichte zuständig seien. Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Das IFG enthalte keine Zuweisung an eine andere Gerichtsbarkeit. Eine Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit ergebe sich weder aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG noch aus Nr 5 dieser Norm. Das dem Streit zugrundeliegende Rechtsverhältnis sei keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), weil der geltend gemachte Auskunftsanspruch weder im SGB V geregelt sei, noch im Rahmen eines Krankenversicherungsverhältnisses erhobene Daten betreffe. Der Streit gehöre auch nicht zu den sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung. Er stehe nicht im engen sachlichen Zusammenhang mit einem Sozialverwaltungsverfahren. Der Anspruch nach dem IFG sei voraussetzungslos und stehe jedermann, also auch nicht an einem Verfahren beteiligten Dritten, zu und könne außerhalb laufender Verfahren geltend gemacht werden. Es werde auch nicht um Beiträge zur Sozialversicherung gestritten. Gegenstand des Streits sei vielmehr ein gegenüber der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB eigenständiger, speziell geregelter Auskunftsanspruch, über den ein selbstständiges, im IFG geregeltes Verwaltungsverfahren zu führen sei, für das ausschließlich auf die VwGO Bezug genommen werde. Der Verweisung stehe auch nicht entgegen, dass das SG über den Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden habe, da es für das geltend gemachte Informationsbegehren keine der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnete Grundlage - insbesondere nicht aus § 83, § 25 SGB X oder aus dem aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen hergeleiteten verfahrensunabhängigen Akteneinsichtsrecht - gebe.
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Mit der weiteren Beschwerde rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 17a Abs 2 S 1 GVG, wonach eine Verweisung nur dann statthaft sei, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, ausgeschlossen sei. Vorliegend sei das Begehren auf Einsicht in das bei der Beklagten über den Insolvenzschuldner geführte Beitragskonto gerichtet, also auf Akteneinsicht iS des § 25 SGB X. Hierfür sei der Rechtsweg zu den SGen gegeben, die dann gleichzeitig über das rechtswegfremde Auskunftsersuchen nach IFG mitzuentscheiden hätten. Ergänzend nimmt sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV.
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Die Beklagte beantragt,
die Beschlüsse des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. März 2010 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsweg zum Sozialgericht Heilbronn zulässig ist.
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Der Kläger stellt keinen Antrag. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht sich dessen Begründung zu eigen. Er hebt hervor, keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X geltend zu machen. Er begehre einzig Auskunft darüber, welche Zahlungen in einem gewissen Zeitraum an die Beklagte erbracht wurden. Zudem scheide § 25 SGB X als Anspruchsgrundlage im vorliegenden Fall von vornherein aus, da danach der Anspruch auf Akteneinsicht auf ein anhängiges Verwaltungsverfahren beschränkt sei und nicht selbstständig im Klageverfahren geltend gemacht werden könne.
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II. Die weitere Beschwerde der Beklagten, über die der Senat ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§ 12 Abs 1 S 2, § 153 Abs 1, § 165 SGG), ist nach § 177 und § 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 4 GVG statthaft, weil das LSG den Rechtsbehelf zugelassen hat und die Entscheidung für das BSG bindend ist(§ 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 6 GVG). Sie ist auch fristgerecht erhoben worden, weil sie in entsprechender Anwendung des § 173 SGG sowohl beim LSG als auch beim BSG eingelegt werden konnte(BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 51 RdNr 61)und beim BSG innerhalb der Monatsfrist eingegangen ist.
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In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde der Beklagten als unbegründet. Nach § 202 SGG iVm § 17a Abs 2 S 1 GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist (BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Anderenfalls entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs 2 S 1 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden - also auch für ihn rechtswegfremden - rechtlichen Gesichtspunkten.
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Vorliegend hat das LSG zu Recht die Beschwerde gegen den Beschluss des SG, mit dem dieses den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen hat, zurückgewiesen. Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch (hierzu 1.) ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet (§ 40 Abs 1 S 1 VwGO), denn der Rechtsstreit ist öffentlich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art (hierzu 2.); er ist auch nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 SGG in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit(hierzu 3.). Soweit wegen des Sitzes der Beklagten im dortigen Gerichtsbezirk das VG Hamburg örtlich zuständig sein dürfte (§ 52 Nr 2 S 1 VwGO) und nicht das VG Stuttgart, an welches das SG den Rechtsstreit hinsichtlich des Rechtsweges zutreffend verwiesen hat, wäre eine ggf notwendige Korrektur durch (weitere) Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit dem VG Stuttgart vorbehalten (vgl BAGE 70, 374 = AP Nr 39 zu § 36 ZPO; BAG AP Nr 23 zu § 17a GVG = NJW 1996, 742).
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1. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, dh durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (stRspr zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26 mwN; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17 mwN).
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Der Streitgegenstand ist vorliegend der vom Kläger erhobene Anspruch auf Auskunftserteilung über vom Insolvenzschuldner an die Beklagte auf das Beitragskonto zur Betriebsnummer 62008309 in der Zeit vom 1.7.2007 bis 14.4.2008 bzw danach entrichtete Zahlungen. Hierfür beruft sich der Kläger in ausdrücklicher Abgrenzung gegenüber dem Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X ausschließlich auf § 1 Abs 1 S 1 IFG, wodurch er den geltend gemachten Anspruch weiter konkretisiert(anders im Beschluss des BFH vom 10.2.2011 - VII B 183/10 - ZIP 2011, 883, in dem der Insolvenzverwalter - für die Rechtswegzuordnung aus Sicht des BFH offenbar entscheidend - allgemeine Einsicht in die beim Finanzamt über den Schuldner geführten Vollstreckungsakten begehrt hat). Andere, unbestritten dem sozialgerichtlichen Rechtsweg zugewiesene "Informations"-Rechte, insbesondere aus § 25 und § 83 SGB X oder § 14, § 15 SGB I, stehen einer Verweisung des Rechtsstreits auch mit Rücksicht auf § 17 Abs 2 S 1 GVG nicht entgegen. Insofern kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der genannten Vorschriften (im Ergebnis) "offensichtlich" nicht gegeben sind. Der im Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV -, auf den die Beklagte ihre Ansicht stützt, wiedergegebenen Rechtsprechung zu § 17 Abs 2 S 1 GVG ist ein solches Erfordernis nicht zu entnehmen. Denn diese Rechtsprechung betrifft nur die Vermeidung aufdrängender Rechtswegmanipulationen, weshalb offensichtlich von vornherein nicht gegebene Anspruchsgrundlagen, auf die sich ein Kläger beruft und für die der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, einer Verweisung nicht entgegenstehen sollen (BGH Urteil vom 5.7.1990 - III ZR 166/89 - MDR 1991, 227; BVerwG Beschluss vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Vorliegend ist jedoch darüber zu befinden, ob eine vom Kläger ausdrücklich nicht herangezogene Anspruchsgrundlage des eingeschlagenen Rechtsweges der Verweisung entgegensteht, die vom Streitgegenstand umfasst und deshalb durch das angegangene Gericht zu prüfen ist. Um insoweit unzulässige Rechtswegverschiebungen auszuschließen genügt es schon, wenn die mit einer alternativen Anspruchsgrundlage verbundene Rechtsfolge inhaltlich nicht dem mit der Klage geltend gemachten Begehren entspricht. So verhält es sich hier.
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Vorliegend geht nämlich der mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch über den sozialrechtlichen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X hinaus. Zwar ist die Verweigerung der Akteneinsicht, wenn sie - was hier allenfalls in Frage kommt - außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens beantragt wird, auch isoliert mit der Klage anfechtbar (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 9 f mwN), jedoch ist der Anspruch - entgegen dem auf eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung gerichteten Klagebegehren - auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen beschränkt (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 13; noch offengelassen BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 8; vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand der Einzelkommentierung 7/2010, K § 25 RdNr 9a; Krasney in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung 12/2003, § 25 SGB X RdNr 5; Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 29 RdNr 18, 38). Darüber hinaus begehrt der Kläger nicht die Einsicht in Unterlagen oder Dateien der Beklagten, sondern Auskunft über die in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich vom Insolvenzschuldner geleisteten Zahlungen. Dies setzt eine Auswertung der Akten bzw des elektronisch geführten Beitragskontos durch die Beklagte voraus, die vom Recht auf Akteneinsicht nicht umfasst ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 11).
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Auch der Auskunftsanspruch nach § 83 SGB X entspricht nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel. § 83 SGB X dient unter bereichsspezifischer Übertragung der datenschutzrechtlichen Auskunftsrechte des § 19 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dazu, die Rechte der Betroffenen in den Sozialleistungsbereichen zu verstärken, insbesondere durch erweiterte Auskunftsrechte; so soll der Betroffene sich die Kenntnis von der Verarbeitung seiner Sozialdaten verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der Verarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drucks 12/5187 S 1 unter B. I. S 27 unter A. I. 3. und S 42 zu § 83). Voraussetzung des § 83 SGB X ist demzufolge, dass der Betroffene(§ 67 Abs 1 S 1 SGB X) Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten verlangt (vgl BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 25). Als Rechtsfolge ist dem Betroffenen Auskunft ua über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten zu erteilen. Das Begehren des Klägers ist jedoch nicht auf Auskünfte über die zu seiner (eigenen) Person gespeicherten Daten, sondern über Sozialdaten des Insolvenzschuldners gerichtet.
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Auch die Beratungs- und Auskunftsansprüche nach § 14 und § 15 SGB I entsprechen nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel und Anspruch, denn die Beratungspflicht der Sozialleistungsträger erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Gewährleistung der sozialen Rechte nach dem SGB(BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 1 = SozR 4-1200 § 46 Nr 1). Die Auskunftspflicht - wie auch die Beratungspflicht - bezieht sich jedoch nicht auf Angelegenheiten, die keine sozialen Angelegenheiten nach dem SGB darstellen (BSGE 59, 76 = SozR 1300 § 67 Nr 2). Dies gilt insbesondere auch für Auskünfte an Dritte, die zur Durchsetzung anderer als der sozialen Rechte nach dem SGB dienen, wie sie auch hier vom Kläger beansprucht werden.
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2. Für den Rechtsstreit, dessen Streitgegenstand somit allein ein Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG bildet, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
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Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus § 9 IFG, obwohl die amtliche Überschrift anderes nahelegt. Denn der insoweit allenfalls einschlägige § 9 Abs 4 IFG enthält - jedenfalls in Abgrenzung zu den besonderen Verwaltungsgerichten(diese übersieht Rossi, IFG, § 9 RdNr 23) - keine Rechtswegzuweisung zugunsten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte (vgl Schoch, IFG, § 9 RdNr 62, 66 ff mwN; aA ohne Gründe Mecklenburg/Pöppelmann, IFG, § 9 RdNr 14). Der Inhalt der Norm beschränkt sich vielmehr auf die Festschreibung eines Rechtsschutzes durch Benennung bestimmter Rechtsbehelfe und eine Sonderregelung zum Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der VwGO. Auch wenn die ausdrückliche Erwähnung der VwGO in § 9 Abs 4 S 2 IFG und in der Entwurfsbegründung hierzu(Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum IFG, BT-Drucks 15/4493 S 16 zu § 9 Abs 4) in Zusammenschau mit dem Fehlen einer entsprechenden Sonderregelung zu § 78 SGG den Schluss nahelegt, der Gesetzgeber habe - in erster Linie - an Rechtsschutz durch die (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gedacht, hat dieses - anders als zB in § 6 Abs 1 Umweltinformationsgesetz - keinen hinreichend deutlichen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden.
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Der Verwaltungsrechtsweg ist hier gleichwohl nach § 40 Abs 1 S 1 VwGO eröffnet. Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
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Das mit dem Auskunftsersuchen des Klägers zwischen den Beteiligten begründete Rechtsverhältnis, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, ist öffentlich-rechtlicher Natur (zur Abgrenzung zwischen öffentlich- oder bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten vgl GmSOGB BGHZ 102, 280 = SozR 1500 § 51 Nr 47 S 82 ff mwN). Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des (Beitrags-)Schuldners bestellt worden ist, über dessen Zahlungen an die Beklagte er Auskünfte begehrt. Gleichzeitig ist unerheblich, ob die Beklagte möglicherweise Gläubigerin in diesem Insolvenzverfahren ist. Denn weder Grund noch Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs liegen im Insolvenzrecht, sondern in dem durch den Antrag des Klägers begründeten verwaltungsrechtlichen Verfahrensverhältnis. In diesem stehen sich die Beklagte und der Kläger in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung gegenüber und bedient sich die Beklagte als Trägerin hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihr durch das IFG zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts. Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den eigentlichen Kern des Rechtsstreits bildet bzw das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl BVerwGE 50, 124, 130; 80, 355, 357).
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3. Der allein über einen Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG geführte Rechtsstreit ist nicht iS des § 40 Abs 1 S 1 Halbs 2 VwGO durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. Insbesondere besteht keine Sonderzuweisung gemäß § 51 SGG zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, da die Voraussetzungen hierfür nach § 51 Abs 1 Nr 2 oder Nr 5 SGG, die insoweit allein in Betracht kommen, nicht gegeben sind.
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Eine Zuständigkeit der SGe ergibt sich nicht aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche und iVm § 51 Abs 2 S 1 SGG auch privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Der umfassende Wortlaut, der alle die GKV betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat- oder öffentlich-rechtlicher Art, weist Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu (zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 14 ff mwN). Der geltend gemachte Auskunftsanspruch betrifft auch keine Angelegenheit des Sozialversicherungsrechts iS von § 51 Abs 1 Nr 5 SGG, der als Auffangregelung öffentlich-rechtliche Streitigkeiten des Sozialversicherungsrechts erfasst, die nicht den einzelnen Versicherungszweigen zugeordnet werden können(Regierungsentwurf zum 6. SGGÄndG, BT-Drucks 14/5943 S 23 zu Nr 22).
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Um eine solche Streitigkeit iS der vorgenannten Normen handelt es sich hier nicht, weil insbesondere kein Anspruch nach §§ 28a ff SGB IV umstritten ist, der die Beklagte als Einzugsstelle in ihrem besonderen sozialrechtsspezifischen Pflichtenkreis gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter betrifft. Allein die Tatsache, dass Adressat des geltend gemachten Auskunftsanspruchs eine Krankenkasse - hier die Beklagte in ihrer Funktion als Einzugsstelle iS von § 28h SGB IV - ist und Sachverhalte im Zusammenhang mit der Erhebung von Beiträgen auf Grundlage von Normen des Sozialversicherungsrechts den inhaltlichen Gegenstand des Auskunftsanspruchs bilden, genügt hierfür nicht. Vielmehr kommt es vorrangig darauf an, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB geregelt sind (so für die Pflegeversicherung vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 25 S 62, 64; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 2 RdNr 8). Dies ist bei dem vorliegend allein streitgegenständlichen Auskunftsanspruch nach dem IFG gerade nicht der Fall; denn Anspruchsgrundlage, Anspruchsberechtigung, sachlicher Anwendungsbereich, Ausnahme- und Beschränkungstatbestände dieses Anspruchs sowie das diesbezügliche Verfahren sind umfassend und speziell in diesem Gesetz geregelt (vgl Schoch, IFG, Einl RdNr 127 f), nicht aber im SGB IV. Zudem ergibt sich aus § 1 Abs 3 IFG, wonach Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und § 25 SGB X dem Anspruch nach dem IFG vorgehen, dass der IFG-Anspruch ein aliud gegenüber den bereichsspezifischen Informationszugangsrechten darstellt und in seinen Voraussetzungen unabhängig von diesen Rechten besteht. Die Klärung der streitigen Rechtsfragen wird daher anhand von Vorschriften zu erfolgen haben, die gerade nicht dem materiellen oder formellen Sozialrecht angehören.
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Es ist auch keine andere Begründung für einen spezifischen Bezug des geltend gemachten Auskunftsanspruchs zum sozialrechtlich begründeten Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen zu erkennen. Der Auskunftsanspruch trifft nach § 1 Abs 1 IFG unabhängig vom jeweiligen Zuständigkeits- bzw Tätigkeitsbereich oder den ihrer Errichtung zugrundeliegenden Vorschriften alle Behörden, Organe und Einrichtungen des Bundes, letztere, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen(§ 1 Abs 1 S 2 IFG). Anknüpfungspunkt für den vom Kläger geltend gemachten Auskunftsanspruch ist auch im Falle der Beklagten nur deren Eigenschaft als Teil der Bundesverwaltung (§ 4 Abs 1 SGB V, § 29 SGB IV iVm Art 86, 87 Abs 2 GG; zum Begriff Behörden des Bundes vgl allg Schoch, IFG, § 1 RdNr 77 ff), nicht jedoch ihr im Sozialversicherungsrecht begründeter Status als Leistungsträger der GKV (§ 12 iVm § 21 Abs 2 SGB I) oder ihr Aufgabenkreis nach §§ 28h ff SGB IV. Ein Bezug zum Sozialversicherungsrecht fehlt auch dem Gegenstand des Auskunftsanspruchs, der primär auf Zugang (eines Dritten) zu amtlichen Informationen gerichtet ist (§ 1 Abs 1 S 1 IFG), also zu einer amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnung (§ 2 Nr 1 IFG). Das Rechtsgebiet, aus dem die Information, die Grundlage oder der Zweck ihrer Aufzeichnung oder die im Zusammenhang mit ihr verfolgte Verwaltungsaufgabe entstammen, ist für den Auskunftsanspruch grundsätzlich unbeachtlich, denn der bloß äußere Zusammenhang der vorliegend begehrten Informationen mit den (Beitrags-)Zahlungspflichten des Insolvenzschuldners nach § 28e SGB IV ist kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für den geltend gemachten Anspruch nach dem IFG. Ebenso muss für die Frage der Rechtswegzuordnung unbeachtlich bleiben, ob dem Anspruch nach dem IFG möglicherweise sozialrechtliche Hindernisse - zB des Sozialdatenschutzes oder aus §§ 28a ff SGB IV - entgegenstehen(zur Unbeachtlichkeit von Verteidigungsvorbringen insoweit allg BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17).
- 22
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4. Die Kostenentscheidung (zu deren Notwendigkeit vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15 und 27; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; BVerwGE 103, 26, 32; BGH, NJW 1993, 2541) beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO (entsprechende Anwendung).
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5. Für die Festsetzung eines Streitwerts nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 S 1 GKG bestand keine Veranlassung, weil sich die Gerichtsgebühr nicht nach einem Streitwert richtet; für Beschwerden der vorliegenden Art (Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind) wird nach Nr 7504 der Anlage 1 zum GKG vielmehr eine Festgebühr von 50 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (ebenso BSG SozR 4-1780 § 40 Nr 1 RdNr 13 mwN).
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Bundesrechnungshof prüft die Leistungsgewährung. Dies gilt auch, soweit die Aufgaben von gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b wahrgenommen werden. Eine Pauschalierung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten ist zulässig. Die Mittel für die Erbringung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten werden in einem Gesamtbudget veranschlagt.
(2) Der Bund kann festlegen, nach welchen Maßstäben die Mittel nach Absatz 1 Satz 4 auf die Agenturen für Arbeit zu verteilen sind. Bei der Zuweisung wird die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach diesem Buch zugrunde gelegt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates andere oder ergänzende Maßstäbe für die Verteilung der Mittel nach Absatz 1 Satz 4 festlegen.
(3) Der Anteil des Bundes an den Gesamtverwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtungen beträgt 84,8 Prozent. Durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen festlegen, nach welchen Maßstäben
- 1.
kommunale Träger die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei der Bundesagentur abrechnen, soweit sie Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wahrnehmen, - 2.
die Gesamtverwaltungskosten, die der Berechnung des Finanzierungsanteils nach Satz 1 zugrunde liegen, zu bestimmen sind.
(4) (weggefallen)
(5) Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Ausgaben für die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Absatz 1. Der Bund beteiligt sich höchstens mit 74 Prozent an den bundesweiten Ausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1. Es gelten landesspezifische Beteiligungsquoten, deren Höhe sich nach den Absätzen 6 bis 10 bestimmt.
(6) Der Bund beteiligt sich an den Ausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 ab dem Jahr 2016
- 1.
im Land Baden-Württemberg mit 31,6 Prozent, - 2.
im Land Rheinland-Pfalz mit 37,6 Prozent sowie - 3.
in den übrigen Ländern mit 27,6 Prozent.
(7) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich jeweils
- 1.
im Jahr 2018 um 7,9 Prozentpunkte, - 2.
im Jahr 2019 um 3,3 Prozentpunkte, - 3.
im Jahr 2020 um 27,7 Prozentpunkte, - 4.
im Jahr 2021 um 26,2 Prozentpunkte sowie - 5.
ab dem Jahr 2022 um 35,2 Prozentpunkte.
(8) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich jeweils um einen landesspezifischen Wert in Prozentpunkten. Dieser entspricht den Gesamtausgaben des jeweiligen Landes für die Leistungen nach § 28 dieses Gesetzes sowie nach § 6b des Bundeskindergeldgesetzes des abgeschlossenen Vorjahres geteilt durch die Gesamtausgaben des jeweiligen Landes für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 des abgeschlossenen Vorjahres multipliziert mit 100.
(9) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich in den Jahren 2016 bis 2021 jeweils um einen weiteren landesspezifischen Wert in Prozentpunkten.
(10) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
- 1.
die landesspezifischen Werte nach Absatz 8 Satz 1 jährlich für das Folgejahr festzulegen und für das laufende Jahr rückwirkend anzupassen, - 2.
die weiteren landesspezifischen Werte nach Absatz 9 - a)
im Jahr 2019 für das Jahr 2020 festzulegen sowie für das laufende Jahr 2019 und das Vorjahr 2018 rückwirkend anzupassen, - b)
im Jahr 2020 für das Jahr 2021 festzulegen sowie für das laufende Jahr 2020 und das Vorjahr 2019 rückwirkend anzupassen, - c)
im Jahr 2021 für das laufende Jahr 2021 und das Vorjahr 2020 rückwirkend anzupassen, - d)
im Jahr 2022 für das Vorjahr 2021 rückwirkend anzupassen sowie
- 3.
die landesspezifischen Beteiligungsquoten jährlich für das Folgejahr festzulegen und für das laufende Jahr rückwirkend anzupassen sowie in den Jahren 2019 bis 2022 für das jeweilige Vorjahr rückwirkend anzupassen.
(11) Die Anteile des Bundes an den Leistungen nach § 22 Absatz 1 werden den Ländern erstattet. Der Abruf der Erstattungen ist höchstens zweimal monatlich zulässig. Soweit eine Bundesbeteiligung für Zahlungen geltend gemacht wird, die wegen des fristgerechten Eingangs beim Empfänger bereits am Ende eines Haushaltsjahres geleistet wurden, aber erst im folgenden Haushaltsjahr fällig werden, ist die für das folgende Haushaltsjahr geltende Bundesbeteiligung maßgeblich. Im Rahmen der rückwirkenden Anpassung nach Absatz 10 Satz 1 wird die Differenz, die sich aus der Anwendung der bis zur Anpassung geltenden landesspezifischen Beteiligungsquoten und der durch die Verordnung rückwirkend geltenden landesspezifischen Beteiligungsquoten ergibt, zeitnah im Erstattungsverfahren ausgeglichen. Die Gesamtausgaben für die Leistungen nach § 28 sowie nach § 6b des Bundeskindergeldgesetzes sowie die Gesamtausgaben für Leistungen nach § 22 Absatz 1 sind durch die Länder bis zum 31. März des Folgejahres zu ermitteln und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales mitzuteilen. Bei der Ermittlung ist maßgebend, dass diese Ausgaben im entsprechenden Jahr vom kommunalen Träger tatsächlich geleistet wurden; davon abweichend sind geleistete Ausgaben in Fällen des Satzes 3 den Gesamtausgaben des Jahres zuzurechnen, in dem sie fällig geworden sind. Die Ausgaben nach Satz 6 sind um entsprechende Einnahmen für die jeweiligen Leistungen im entsprechenden Jahr zu mindern. Die Länder gewährleisten, dass geprüft wird, dass die Ausgaben der kommunalen Träger nach Satz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen.
Tenor
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Die weitere Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
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I. Streitig ist der Rechtsweg für die Klage eines Insolvenzverwalters gegen eine Krankenkasse (Einzugsstelle), welche seinen Antrag nach § 1 Abs 1 S 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG; vom 5.9.2005, BGBl I 2722) auf Auskunft über die vom Insolvenzschuldner an die Beklagte abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und auf Überlassung einer Kontoübersicht, aus der die jeweilige Zahlung und das entsprechende Datum ersichtlich sind, ablehnte.
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Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Klage vor dem SG Heilbronn erhoben und gleichzeitig die Verweisung des Rechtsstreits an das VG Stuttgart beantragt. Mit Beschluss vom 15.3.2010 hat das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen. Die Beschwerde der Beklagten hat das LSG mit Beschluss vom 12.11.2010 zurückgewiesen, da für die Entscheidung über den geltend gemachten Auskunftsanspruch nach dem IFG die Verwaltungsgerichte zuständig seien. Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Das IFG enthalte keine Zuweisung an eine andere Gerichtsbarkeit. Eine Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit ergebe sich weder aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG noch aus Nr 5 dieser Norm. Das dem Streit zugrundeliegende Rechtsverhältnis sei keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), weil der geltend gemachte Auskunftsanspruch weder im SGB V geregelt sei, noch im Rahmen eines Krankenversicherungsverhältnisses erhobene Daten betreffe. Der Streit gehöre auch nicht zu den sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung. Er stehe nicht im engen sachlichen Zusammenhang mit einem Sozialverwaltungsverfahren. Der Anspruch nach dem IFG sei voraussetzungslos und stehe jedermann, also auch nicht an einem Verfahren beteiligten Dritten, zu und könne außerhalb laufender Verfahren geltend gemacht werden. Es werde auch nicht um Beiträge zur Sozialversicherung gestritten. Gegenstand des Streits sei vielmehr ein gegenüber der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB eigenständiger, speziell geregelter Auskunftsanspruch, über den ein selbstständiges, im IFG geregeltes Verwaltungsverfahren zu führen sei, für das ausschließlich auf die VwGO Bezug genommen werde. Der Verweisung stehe auch nicht entgegen, dass das SG über den Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden habe, da es für das geltend gemachte Informationsbegehren keine der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnete Grundlage - insbesondere nicht aus § 83, § 25 SGB X oder aus dem aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen hergeleiteten verfahrensunabhängigen Akteneinsichtsrecht - gebe.
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Mit der weiteren Beschwerde rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 17a Abs 2 S 1 GVG, wonach eine Verweisung nur dann statthaft sei, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, ausgeschlossen sei. Vorliegend sei das Begehren auf Einsicht in das bei der Beklagten über den Insolvenzschuldner geführte Beitragskonto gerichtet, also auf Akteneinsicht iS des § 25 SGB X. Hierfür sei der Rechtsweg zu den SGen gegeben, die dann gleichzeitig über das rechtswegfremde Auskunftsersuchen nach IFG mitzuentscheiden hätten. Ergänzend nimmt sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV.
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Die Beklagte beantragt,
die Beschlüsse des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. März 2010 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsweg zum Sozialgericht Heilbronn zulässig ist.
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Der Kläger stellt keinen Antrag. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht sich dessen Begründung zu eigen. Er hebt hervor, keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X geltend zu machen. Er begehre einzig Auskunft darüber, welche Zahlungen in einem gewissen Zeitraum an die Beklagte erbracht wurden. Zudem scheide § 25 SGB X als Anspruchsgrundlage im vorliegenden Fall von vornherein aus, da danach der Anspruch auf Akteneinsicht auf ein anhängiges Verwaltungsverfahren beschränkt sei und nicht selbstständig im Klageverfahren geltend gemacht werden könne.
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II. Die weitere Beschwerde der Beklagten, über die der Senat ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§ 12 Abs 1 S 2, § 153 Abs 1, § 165 SGG), ist nach § 177 und § 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 4 GVG statthaft, weil das LSG den Rechtsbehelf zugelassen hat und die Entscheidung für das BSG bindend ist(§ 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 6 GVG). Sie ist auch fristgerecht erhoben worden, weil sie in entsprechender Anwendung des § 173 SGG sowohl beim LSG als auch beim BSG eingelegt werden konnte(BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 51 RdNr 61)und beim BSG innerhalb der Monatsfrist eingegangen ist.
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In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde der Beklagten als unbegründet. Nach § 202 SGG iVm § 17a Abs 2 S 1 GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist (BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Anderenfalls entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs 2 S 1 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden - also auch für ihn rechtswegfremden - rechtlichen Gesichtspunkten.
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Vorliegend hat das LSG zu Recht die Beschwerde gegen den Beschluss des SG, mit dem dieses den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen hat, zurückgewiesen. Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch (hierzu 1.) ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet (§ 40 Abs 1 S 1 VwGO), denn der Rechtsstreit ist öffentlich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art (hierzu 2.); er ist auch nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 SGG in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit(hierzu 3.). Soweit wegen des Sitzes der Beklagten im dortigen Gerichtsbezirk das VG Hamburg örtlich zuständig sein dürfte (§ 52 Nr 2 S 1 VwGO) und nicht das VG Stuttgart, an welches das SG den Rechtsstreit hinsichtlich des Rechtsweges zutreffend verwiesen hat, wäre eine ggf notwendige Korrektur durch (weitere) Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit dem VG Stuttgart vorbehalten (vgl BAGE 70, 374 = AP Nr 39 zu § 36 ZPO; BAG AP Nr 23 zu § 17a GVG = NJW 1996, 742).
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1. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, dh durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (stRspr zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26 mwN; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17 mwN).
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Der Streitgegenstand ist vorliegend der vom Kläger erhobene Anspruch auf Auskunftserteilung über vom Insolvenzschuldner an die Beklagte auf das Beitragskonto zur Betriebsnummer 62008309 in der Zeit vom 1.7.2007 bis 14.4.2008 bzw danach entrichtete Zahlungen. Hierfür beruft sich der Kläger in ausdrücklicher Abgrenzung gegenüber dem Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X ausschließlich auf § 1 Abs 1 S 1 IFG, wodurch er den geltend gemachten Anspruch weiter konkretisiert(anders im Beschluss des BFH vom 10.2.2011 - VII B 183/10 - ZIP 2011, 883, in dem der Insolvenzverwalter - für die Rechtswegzuordnung aus Sicht des BFH offenbar entscheidend - allgemeine Einsicht in die beim Finanzamt über den Schuldner geführten Vollstreckungsakten begehrt hat). Andere, unbestritten dem sozialgerichtlichen Rechtsweg zugewiesene "Informations"-Rechte, insbesondere aus § 25 und § 83 SGB X oder § 14, § 15 SGB I, stehen einer Verweisung des Rechtsstreits auch mit Rücksicht auf § 17 Abs 2 S 1 GVG nicht entgegen. Insofern kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der genannten Vorschriften (im Ergebnis) "offensichtlich" nicht gegeben sind. Der im Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV -, auf den die Beklagte ihre Ansicht stützt, wiedergegebenen Rechtsprechung zu § 17 Abs 2 S 1 GVG ist ein solches Erfordernis nicht zu entnehmen. Denn diese Rechtsprechung betrifft nur die Vermeidung aufdrängender Rechtswegmanipulationen, weshalb offensichtlich von vornherein nicht gegebene Anspruchsgrundlagen, auf die sich ein Kläger beruft und für die der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, einer Verweisung nicht entgegenstehen sollen (BGH Urteil vom 5.7.1990 - III ZR 166/89 - MDR 1991, 227; BVerwG Beschluss vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Vorliegend ist jedoch darüber zu befinden, ob eine vom Kläger ausdrücklich nicht herangezogene Anspruchsgrundlage des eingeschlagenen Rechtsweges der Verweisung entgegensteht, die vom Streitgegenstand umfasst und deshalb durch das angegangene Gericht zu prüfen ist. Um insoweit unzulässige Rechtswegverschiebungen auszuschließen genügt es schon, wenn die mit einer alternativen Anspruchsgrundlage verbundene Rechtsfolge inhaltlich nicht dem mit der Klage geltend gemachten Begehren entspricht. So verhält es sich hier.
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Vorliegend geht nämlich der mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch über den sozialrechtlichen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X hinaus. Zwar ist die Verweigerung der Akteneinsicht, wenn sie - was hier allenfalls in Frage kommt - außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens beantragt wird, auch isoliert mit der Klage anfechtbar (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 9 f mwN), jedoch ist der Anspruch - entgegen dem auf eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung gerichteten Klagebegehren - auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen beschränkt (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 13; noch offengelassen BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 8; vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand der Einzelkommentierung 7/2010, K § 25 RdNr 9a; Krasney in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung 12/2003, § 25 SGB X RdNr 5; Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 29 RdNr 18, 38). Darüber hinaus begehrt der Kläger nicht die Einsicht in Unterlagen oder Dateien der Beklagten, sondern Auskunft über die in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich vom Insolvenzschuldner geleisteten Zahlungen. Dies setzt eine Auswertung der Akten bzw des elektronisch geführten Beitragskontos durch die Beklagte voraus, die vom Recht auf Akteneinsicht nicht umfasst ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 11).
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Auch der Auskunftsanspruch nach § 83 SGB X entspricht nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel. § 83 SGB X dient unter bereichsspezifischer Übertragung der datenschutzrechtlichen Auskunftsrechte des § 19 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dazu, die Rechte der Betroffenen in den Sozialleistungsbereichen zu verstärken, insbesondere durch erweiterte Auskunftsrechte; so soll der Betroffene sich die Kenntnis von der Verarbeitung seiner Sozialdaten verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der Verarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drucks 12/5187 S 1 unter B. I. S 27 unter A. I. 3. und S 42 zu § 83). Voraussetzung des § 83 SGB X ist demzufolge, dass der Betroffene(§ 67 Abs 1 S 1 SGB X) Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten verlangt (vgl BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 25). Als Rechtsfolge ist dem Betroffenen Auskunft ua über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten zu erteilen. Das Begehren des Klägers ist jedoch nicht auf Auskünfte über die zu seiner (eigenen) Person gespeicherten Daten, sondern über Sozialdaten des Insolvenzschuldners gerichtet.
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Auch die Beratungs- und Auskunftsansprüche nach § 14 und § 15 SGB I entsprechen nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel und Anspruch, denn die Beratungspflicht der Sozialleistungsträger erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Gewährleistung der sozialen Rechte nach dem SGB(BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 1 = SozR 4-1200 § 46 Nr 1). Die Auskunftspflicht - wie auch die Beratungspflicht - bezieht sich jedoch nicht auf Angelegenheiten, die keine sozialen Angelegenheiten nach dem SGB darstellen (BSGE 59, 76 = SozR 1300 § 67 Nr 2). Dies gilt insbesondere auch für Auskünfte an Dritte, die zur Durchsetzung anderer als der sozialen Rechte nach dem SGB dienen, wie sie auch hier vom Kläger beansprucht werden.
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2. Für den Rechtsstreit, dessen Streitgegenstand somit allein ein Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG bildet, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
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Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus § 9 IFG, obwohl die amtliche Überschrift anderes nahelegt. Denn der insoweit allenfalls einschlägige § 9 Abs 4 IFG enthält - jedenfalls in Abgrenzung zu den besonderen Verwaltungsgerichten(diese übersieht Rossi, IFG, § 9 RdNr 23) - keine Rechtswegzuweisung zugunsten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte (vgl Schoch, IFG, § 9 RdNr 62, 66 ff mwN; aA ohne Gründe Mecklenburg/Pöppelmann, IFG, § 9 RdNr 14). Der Inhalt der Norm beschränkt sich vielmehr auf die Festschreibung eines Rechtsschutzes durch Benennung bestimmter Rechtsbehelfe und eine Sonderregelung zum Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der VwGO. Auch wenn die ausdrückliche Erwähnung der VwGO in § 9 Abs 4 S 2 IFG und in der Entwurfsbegründung hierzu(Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum IFG, BT-Drucks 15/4493 S 16 zu § 9 Abs 4) in Zusammenschau mit dem Fehlen einer entsprechenden Sonderregelung zu § 78 SGG den Schluss nahelegt, der Gesetzgeber habe - in erster Linie - an Rechtsschutz durch die (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gedacht, hat dieses - anders als zB in § 6 Abs 1 Umweltinformationsgesetz - keinen hinreichend deutlichen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden.
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Der Verwaltungsrechtsweg ist hier gleichwohl nach § 40 Abs 1 S 1 VwGO eröffnet. Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
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Das mit dem Auskunftsersuchen des Klägers zwischen den Beteiligten begründete Rechtsverhältnis, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, ist öffentlich-rechtlicher Natur (zur Abgrenzung zwischen öffentlich- oder bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten vgl GmSOGB BGHZ 102, 280 = SozR 1500 § 51 Nr 47 S 82 ff mwN). Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des (Beitrags-)Schuldners bestellt worden ist, über dessen Zahlungen an die Beklagte er Auskünfte begehrt. Gleichzeitig ist unerheblich, ob die Beklagte möglicherweise Gläubigerin in diesem Insolvenzverfahren ist. Denn weder Grund noch Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs liegen im Insolvenzrecht, sondern in dem durch den Antrag des Klägers begründeten verwaltungsrechtlichen Verfahrensverhältnis. In diesem stehen sich die Beklagte und der Kläger in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung gegenüber und bedient sich die Beklagte als Trägerin hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihr durch das IFG zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts. Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den eigentlichen Kern des Rechtsstreits bildet bzw das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl BVerwGE 50, 124, 130; 80, 355, 357).
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3. Der allein über einen Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG geführte Rechtsstreit ist nicht iS des § 40 Abs 1 S 1 Halbs 2 VwGO durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. Insbesondere besteht keine Sonderzuweisung gemäß § 51 SGG zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, da die Voraussetzungen hierfür nach § 51 Abs 1 Nr 2 oder Nr 5 SGG, die insoweit allein in Betracht kommen, nicht gegeben sind.
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Eine Zuständigkeit der SGe ergibt sich nicht aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche und iVm § 51 Abs 2 S 1 SGG auch privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Der umfassende Wortlaut, der alle die GKV betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat- oder öffentlich-rechtlicher Art, weist Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu (zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 14 ff mwN). Der geltend gemachte Auskunftsanspruch betrifft auch keine Angelegenheit des Sozialversicherungsrechts iS von § 51 Abs 1 Nr 5 SGG, der als Auffangregelung öffentlich-rechtliche Streitigkeiten des Sozialversicherungsrechts erfasst, die nicht den einzelnen Versicherungszweigen zugeordnet werden können(Regierungsentwurf zum 6. SGGÄndG, BT-Drucks 14/5943 S 23 zu Nr 22).
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Um eine solche Streitigkeit iS der vorgenannten Normen handelt es sich hier nicht, weil insbesondere kein Anspruch nach §§ 28a ff SGB IV umstritten ist, der die Beklagte als Einzugsstelle in ihrem besonderen sozialrechtsspezifischen Pflichtenkreis gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter betrifft. Allein die Tatsache, dass Adressat des geltend gemachten Auskunftsanspruchs eine Krankenkasse - hier die Beklagte in ihrer Funktion als Einzugsstelle iS von § 28h SGB IV - ist und Sachverhalte im Zusammenhang mit der Erhebung von Beiträgen auf Grundlage von Normen des Sozialversicherungsrechts den inhaltlichen Gegenstand des Auskunftsanspruchs bilden, genügt hierfür nicht. Vielmehr kommt es vorrangig darauf an, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB geregelt sind (so für die Pflegeversicherung vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 25 S 62, 64; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 2 RdNr 8). Dies ist bei dem vorliegend allein streitgegenständlichen Auskunftsanspruch nach dem IFG gerade nicht der Fall; denn Anspruchsgrundlage, Anspruchsberechtigung, sachlicher Anwendungsbereich, Ausnahme- und Beschränkungstatbestände dieses Anspruchs sowie das diesbezügliche Verfahren sind umfassend und speziell in diesem Gesetz geregelt (vgl Schoch, IFG, Einl RdNr 127 f), nicht aber im SGB IV. Zudem ergibt sich aus § 1 Abs 3 IFG, wonach Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und § 25 SGB X dem Anspruch nach dem IFG vorgehen, dass der IFG-Anspruch ein aliud gegenüber den bereichsspezifischen Informationszugangsrechten darstellt und in seinen Voraussetzungen unabhängig von diesen Rechten besteht. Die Klärung der streitigen Rechtsfragen wird daher anhand von Vorschriften zu erfolgen haben, die gerade nicht dem materiellen oder formellen Sozialrecht angehören.
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Es ist auch keine andere Begründung für einen spezifischen Bezug des geltend gemachten Auskunftsanspruchs zum sozialrechtlich begründeten Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen zu erkennen. Der Auskunftsanspruch trifft nach § 1 Abs 1 IFG unabhängig vom jeweiligen Zuständigkeits- bzw Tätigkeitsbereich oder den ihrer Errichtung zugrundeliegenden Vorschriften alle Behörden, Organe und Einrichtungen des Bundes, letztere, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen(§ 1 Abs 1 S 2 IFG). Anknüpfungspunkt für den vom Kläger geltend gemachten Auskunftsanspruch ist auch im Falle der Beklagten nur deren Eigenschaft als Teil der Bundesverwaltung (§ 4 Abs 1 SGB V, § 29 SGB IV iVm Art 86, 87 Abs 2 GG; zum Begriff Behörden des Bundes vgl allg Schoch, IFG, § 1 RdNr 77 ff), nicht jedoch ihr im Sozialversicherungsrecht begründeter Status als Leistungsträger der GKV (§ 12 iVm § 21 Abs 2 SGB I) oder ihr Aufgabenkreis nach §§ 28h ff SGB IV. Ein Bezug zum Sozialversicherungsrecht fehlt auch dem Gegenstand des Auskunftsanspruchs, der primär auf Zugang (eines Dritten) zu amtlichen Informationen gerichtet ist (§ 1 Abs 1 S 1 IFG), also zu einer amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnung (§ 2 Nr 1 IFG). Das Rechtsgebiet, aus dem die Information, die Grundlage oder der Zweck ihrer Aufzeichnung oder die im Zusammenhang mit ihr verfolgte Verwaltungsaufgabe entstammen, ist für den Auskunftsanspruch grundsätzlich unbeachtlich, denn der bloß äußere Zusammenhang der vorliegend begehrten Informationen mit den (Beitrags-)Zahlungspflichten des Insolvenzschuldners nach § 28e SGB IV ist kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für den geltend gemachten Anspruch nach dem IFG. Ebenso muss für die Frage der Rechtswegzuordnung unbeachtlich bleiben, ob dem Anspruch nach dem IFG möglicherweise sozialrechtliche Hindernisse - zB des Sozialdatenschutzes oder aus §§ 28a ff SGB IV - entgegenstehen(zur Unbeachtlichkeit von Verteidigungsvorbringen insoweit allg BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17).
- 22
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4. Die Kostenentscheidung (zu deren Notwendigkeit vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15 und 27; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; BVerwGE 103, 26, 32; BGH, NJW 1993, 2541) beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO (entsprechende Anwendung).
- 23
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5. Für die Festsetzung eines Streitwerts nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 S 1 GKG bestand keine Veranlassung, weil sich die Gerichtsgebühr nicht nach einem Streitwert richtet; für Beschwerden der vorliegenden Art (Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind) wird nach Nr 7504 der Anlage 1 zum GKG vielmehr eine Festgebühr von 50 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (ebenso BSG SozR 4-1780 § 40 Nr 1 RdNr 13 mwN).
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
- 1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte, - 2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten, - 3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, - 4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, - 4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, - 5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung, - 6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen, - 6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes, - 7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, - 8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen, - 9.
(weggefallen) - 10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.
(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.
(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.
Tenor
-
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. August 2013 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde sind nicht zu erstatten.
Gründe
- 1
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I. Im Streit ist im Rahmen eines Zwischenverfahrens die Zulässigkeit des von der Klägerin beschrittenen Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.
- 2
-
Die Klägerin bezog ab Juni 2008 von der Beklagten in deren Eigenschaft als örtlicher Sozialhilfeträger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Nachdem die Polizei Geld im Wert von über 40 000 Euro gefunden hatte, nahm der Beklagte die Bewilligung von Sozialhilfe für die Zeit von Juni 2008 bis Januar 2012 zurück, forderte die Erstattung von 16 247,66 Euro zu Unrecht geleisteter Sozialhilfe und ordnete den Sofortvollzug der Verfügungen an (Bescheid vom 25.1.2012), weil die Klägerin erklärt habe, ein Teilbetrag von 20 000 Euro gehöre ihr. Das Bargeld befindet sich in Verwahrung der Polizeidirektion M Zur Sicherung ihres Anspruchs erließ die Beklagte wegen des Erstattungsanspruchs und Vollstreckungskosten in Höhe von 182,10 Euro eine Arrest- sowie eine Pfändungsverfügung bezüglich des Anspruchs der Klägerin auf Herausgabe des verwahrten Geldes gegen die Polizeidirektion M (Bescheide vom 6.2.2012; Widerspruchsbescheid vom 8.5.2012).
- 3
-
Im dagegen geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) verwies dieses den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht (VG) Münster (Beschluss vom 2.1.2013); das Landessozialgericht (LSG) hat die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen (Beschluss vom 7.8.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin wende sich nicht gegen die Forderung, die der Vollstreckung zugrunde liege, sondern gegen die Art und Weise der Vollstreckung. Welcher Rechtsweg bei der Vollstreckung eröffnet sei, bestimme sich maßgeblich nach der handelnden Behörde und der Maßnahme, die ergriffen werde. Hier habe der Sozialhilfeträger durch kommunale Bedienstete aufgrund der landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren gehandelt, sodass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei.
- 4
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Mit der vom LSG zugelassenen (weiteren) Beschwerde macht die Klägerin geltend, sie wende sich nicht nur gegen die Art der Vollstreckung, sondern auch gegen die der Vollstreckung zugrunde liegende Verfügung, die im Sozialhilferecht begründet sei, sodass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet sei.
- 5
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II. Die (weitere) Beschwerde (§ 202 Sozialgerichtsgesetz
iVm § 17a Abs 4 Satz 4 Gerichtsverfassungsgesetz ist unbegründet. Nach § 202 SGG iVm § 17a Abs 2 Satz 1 GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs. Zu Recht hat das LSG die Beschwerde gegen den Beschluss des SG zurückgewiesen, denn für die Klage gegen die Pfändungsverfügung ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet; das sachlich und örtlich zuständige Gericht (§§ 45, 52 VwGO) ist das VG Münster.)
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Nach § 40 Abs 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Um eine von der Norm erfasste Streitigkeit handelt es sich. Rechtsgrundlage für die hier im Streit stehende Pfändung des Anspruchs der Klägerin als Vollstreckungsmaßnahme bilden § 66 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) iVm den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) für das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes und des Gebührengesetzes vom 18.12.2002 (Gesetz- und Verordnungsblatt
NRW 2003, 24) .
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Gemäß § 66 Abs 3 Satz 1 SGB X gelten für die Vollstreckung zugunsten einer Behörde, die nicht Behörde des Bundes oder eine bundesunmittelbare Körperschaft, Anstalt und Stiftung des öffentlichen Rechts ist(Abs 1 Satz 1), soweit es sich nicht um Vollstreckung durch Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung handelt (Abs 2), die landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Nach § 1 Abs 1 Satz 1 VwVG NRW werden Geldforderungen - wie hier - der Gemeinden - dazu zählen auch Städte -, die öffentlich-rechtlicher Natur sind, nach den Bestimmungen dieses Gesetzes im Verwaltungswege vollstreckt. Vollstreckungsbehörden sind nach § 2 Abs 1 Satz 2 VwVG NRW bei den Gemeinden die(von diesen; vgl: § 2 der Verwaltungsvorschriften zum VwVG, GV NRW 2003, 155) jeweils für das Mahn- und Vollstreckungsverfahren bestimmte zentrale Stelle (Nr 2). Die Klage gegen die Vollstreckungsmaßnahme der Beklagten ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, weil ein Träger öffentlicher Gewalt aufgrund eines damit ihm eingeräumten oder auferlegten Sonderrechts gehandelt hat (vgl: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BGHZ 108, 284, 287 = SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108; BSGE 65, 133, 135 f = SozR 2100 § 76 Nr 2; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl 2012, § 40 RdNr 11). Die Streitigkeit ist auch nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht aufgrund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt (Kopp/Schenke, aaO, RdNr 32a).
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Der deshalb grundsätzlich vorgesehene allgemeine Verwaltungsrechtsweg ist nicht durch Zuweisung an einen anderen Rechtszweig ausgeschlossen; denn das LSG hat (zu Recht) eine Zuweisung durch § 51 Abs 1 Nr 6a SGG oder landesrechtliche Regelungen an die besonderen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit abgelehnt; es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob der Senat zur eigenständigen Prüfung von Landesrecht befugt wäre (s dazu BGHZ 133, 240 ff).
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Nach § 51 Abs 1 Nr 6a SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe. Ausschlaggebend ist, ob die von der Beklagten getroffene Entscheidung ihre rechtliche Grundlage in Vorschriften des SGB XII findet oder in einem rechtlichen Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit nach dem SGB XII steht (vgl: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 51 RdNr 33b und 29; zur Rechtswegzuständigkeit kraft Sachzusammenhangs außerhalb des Vollstreckungsrechts BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 6 RdNr 15; im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 9 RdNr 20; für den Bereich der Pflegeversicherung BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 25 S 62, 64, und SozR 4-1500 § 51 Nr 2 RdNr 8). Dies ist hier nicht der Fall, weil weder § 66 Abs 3 Satz 1 SGB X noch die Vorschriften des VwVG NRW einen sozialhilferechtlichen Bezug haben oder damit in rechtlichem Zusammenhang stehen; sie bestimmen vielmehr allein die Modalitäten der Vollstreckung von Forderungen (vgl auch: BVerwGE 77, 139, 140). Die dahinter stehende Regelungsmaterie des zu vollstreckenden Verwaltungsakts ist hierfür unerheblich.
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Dies beweist die Systematik des § 66 SGB X(BSGE 64, 289, 291 f = SozR 1300 § 44 Nr 36 S 100 f). Dessen Abs 1 Satz 1 verweist für die Vollstreckung durch Behörden des Bundes auf die Vorschriften des VwVG; nach § 5 Abs 1 VwVG richtet sich die Vollstreckung nach den Vorschriften der Abgabenordnung, deren gerichtliche Überprüfung in die Zuständigkeit der Finanzgerichte fällt(§ 33 Abs 1 Nr 2 Finanzgerichtsordnung). Nur in den Fällen des § 66 Abs 1 Satz 2 SGB X (Anordnung der Ersatzzwangshaft in Angelegenheiten der Sozialhilfe) wird die Angelegenheit ausdrücklich den Sozialgerichten zugewiesen. Abs 4 stellt sogar der Behörde frei, ob sie den Zivilrechtsweg zur Durchsetzung ihrer Forderung beschreitet.
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Dem stehen nicht die Entscheidungen des 12. und 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSGE 64, 289, 291 f = SozR 1300 § 44 Nr 36 S 100 f; BSGE 3, 204 ff) entgegen. Die Entscheidung des 12. Senats ist zu § 66 Abs 3 Satz 2 iVm Abs 1 Satz 3 SGB X ergangen und deshalb vorliegend schon nicht einschlägig; sie rekurriert zudem auf die vor Inkrafttreten des SGB X ergangene Entscheidung des 3. Senats. Unerheblich für die Frage des Rechtswegs ist, welche Einwände die Klägerin gegen den Bescheid vom 6.2.2012 erhebt und ob diese durchgreifen (BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17); denn dies berührt allenfalls die Frage der Erfolgsaussicht ihrer Klage.
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Die Kostenentscheidung (zu deren Notwendigkeit für das Verfahren der Beschwerde und weiteren Beschwerde trotz § 17b Abs 2 GVG nur: BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3 RdNr 13 mwN; SozR 4-1300 § 116 Nr 1 RdNr 16 mwN; SozR 4-1780 § 40 Nr 1 RdNr 12 mwN) beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG. § 197a SGG ist nicht einschlägig, weil es sich bei der Klägerin um eine Leistungsempfängerin iS des § 183 Satz 1 SGG handelt; sie macht - wenn auch zu Unrecht - geltend, dieser Umstand bedinge den Rechtsweg (vgl zu diesem Gesichtspunkt allgemein für die Anwendung des § 193 Abs 1 SGG: BSGE 106, 264 ff RdNr 18 mwN, insoweit nicht abgedruckt = SozR 4-3500 § 19 Nr 2).
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. November 2009 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens der Beschwerde und der weiteren Beschwerde.
Gründe
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I. Im Streit ist im Rahmen eines Zwischenverfahrens die Zulässigkeit des vom Kläger beschrittenen Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.
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Im November 2006 verpflichtete sich der Kläger nach § 68 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die Kosten für den Lebensunterhalt seiner Schwägerin, die kamerunische Staatsangehörige ist, zu tragen. Im Zeitraum vom 2.11.2007 bis 31.3.2008 erbrachte der Beklagte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von 1508,18 Euro. Gegen den Bescheid, mit dem der Beklagte die Erstattung dieser Leistungen geltend macht (Bescheid vom 7.3.2008), wendet sich der Kläger mit einer beim Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Untätigkeitsklage. Das SG hat sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an das für Münster örtlich zuständige Verwaltungsgericht (VG) Münster verwiesen(Beschluss vom 24.6.2009). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers zurückgewiesen (Beschluss vom 12.11.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die von dem Beklagten geltend gemachte Forderung habe ihre Rechtsgrundlage in § 68 Abs 1 Satz 1 AufenthG. Für Streitigkeiten ausländerrechtlicher oder aufenthaltsrechtlicher Art seien mangels Sonderzuweisung die Verwaltungsgerichte zuständig. Die bei der Entscheidung erforderliche inzidente Überprüfung der Anwendung des AsylbLG durch den Beklagten mache den Anspruch nicht zu einer Angelegenheit des AsylbLG iS von § 51 Abs 1 Nr 6a Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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Mit der vom LSG zugelassenen Beschwerde macht der Kläger geltend, der Rechtsstreit betreffe eine Angelegenheit des AsylbLG im Sinne der weit auszulegenden Vorschrift des § 51 Abs 1 Nr 6a SGG. Hierfür genüge es, dass eine Zuweisung zwar nicht unmittelbar ausgesprochen werde, sich der dahinterstehende Wille des Gesetzes jedoch aus dem Gesamtgehalt der Regelung und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eindeutig und logisch zwingend ergebe.
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II. Die (weitere) Beschwerde (§ 17a Abs 4 Satz 4 GVG) gegen den Beschluss des LSG ist unbegründet; zu Recht haben SG und LSG entschieden, dass für die Klage der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet ist.
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Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist (§ 40 Abs 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für den hier geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 68 Abs 1 Satz 1 AufenthG. Danach hat derjenige, der sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Die Klage gegen den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, weil insoweit ein Träger öffentlicher Gewalt auf Grund eines ihm eingeräumten oder auferlegten Sonderrechts gehandelt hat (vgl: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BGHZ 108, 284, 287 = SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108; BSGE 65, 133, 135 f = SozR 2100 § 76 Nr 2; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl 2009, § 40 RdNr 11). Die Streitigkeit ist auch nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt (Kopp/Schenke, aaO, § 40 RdNr 32a). Schließlich ist der Verwaltungsrechtsweg auch nicht wegen Zuweisung an ein anderes Gericht ausgeschlossen. Zu Recht hat das LSG insoweit eine Sonderzuweisung durch § 51 Abs 1 Nr 6a SGG verneint.
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Nach § 51 Abs 1 Nr 6a SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich- rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten des AsylbLG. Ausschlaggebend ist, ob die von dem Beklagten getroffene Entscheidung oder die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im AsylbLG hat; dies ist hier nicht der Fall. § 68 Abs 1 Satz 1 AufenthG regelt einen originären Aufwendungsersatzanspruch in der Form eines Erstattungsanspruchs, der seine Grundlage vielmehr in dem in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsgerichte fallenden Ausländer- und Aufenthaltsrecht hat(Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 9.7.1992 - 10 U 2/92 -, NVwZ 1993, 405 f; VG München, Urteil vom 24.11.2005 - M 10 K 05.3016; VG Sigmaringen, Urteil vom 12.4.1995 - 3 K 486/94 -, InfAuslR 1996, 70 ff; VG Gießen, Urteil vom 1.7.2010 - 7 K 1142/09.GI; aA zu Unrecht SG Stuttgart, Beschluss vom 9.8.2010 - S 24 AS 4043/08).
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§ 68 Abs 1 Satz 1 AufenthG setzt grundsätzlich eine wirksam erteilte, im Erstattungsverfahren zu überprüfende Verpflichtungserklärung voraus. Sie ist eine einseitige, vom Verpflichtungsgeber - hier dem Kläger - unterzeichnete Willenserklärung gegenüber der Ausländerbehörde oder Auslandsvertretung (BVerwGE 108, 1 ff), die bestimmten formellen (dazu nur Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG
, II - § 68 RdNr 11 ff, Stand August 2008) und materiellen Anforderungen unterliegt (Funke-Kaiser, aaO, RdNr 16 ff) und nicht losgelöst auf die Erstattung öffentlicher Aufwendungen gerichtet ist (BVerwGE 108, 1 ff), sondern in unmittelbarem funktionalen Zusammenhang mit einer ausländerrechtlichen Entscheidung darüber steht, ob dem Ausländer ein Aufenthaltstitel (§ 4 AufenthG) zu erteilen ist. Die Sicherung des Lebensunterhalts ist gemäß § 5 Abs 1 Nr 1 iVm § 2 Abs 3 AufenthG nämlich in der Regel Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels. Mit der Abgabe einer den Lebensunterhalt deckenden und absichernden Verpflichtungserklärung durch einen Dritten wird erreicht, dass diese bei Erteilung eines Aufenthaltstitels zu beachtende Voraussetzung erfüllt werden kann (Funke-Kaiser, aaO, RdNr 3). Eine entsprechende Verpflichtungserklärung darf aber nicht gefordert werden, wenn auch bei mangelnder Sicherung des Lebensunterhalts ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis besteht (Funke-Kaiser, aaO, RdNr 4 mwN), etwa aus humanitären Gründen (§ 5 Abs 3 Satz 1 iVm § 25 Abs 1 bis 3 AufenthG) oder zum Zwecke des Familiennachzugs zu Deutschen (§ 28 Abs 1 Satz 2 AufenthG). Dementsprechend verliert eine Verpflichtungserklärung auch ihre zunächst bestehende Wirksamkeit, wenn der Ausländer später ein von der Sicherung des Lebensunterhalts unabhängiges Aufenthaltsrecht erwirbt (Funke-Kaiser, aaO, RdNr 5 mwN).
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Die mit der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs zu prüfenden formellen und materiell-rechtlichen Anforderungen an die Verpflichtungserklärung, die allein im Zusammenhang mit aufenthalts- und ausländerrechtlichen Fragen stehen, zeigen somit, dass der Anspruch nach § 68 Abs 1 Satz 1 AufenthG systemgerecht im AufenthG geregelt ist. Wäre der Rechtsstreit über einen solchen Erstattungsanspruch eine Angelegenheit des Rechts der jeweils zu erstattenden Leistung, hätte es nahegelegen, dies ausdrücklich zu regeln. Der sachliche Schwerpunkt einer Streitigkeit über die Erstattung derartiger Kosten verbleibt im Aufenthaltsrecht.
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Bestätigt wird dies durch die historische Entwicklung der Norm. Vorgängervorschrift des § 68 AufenthG war § 84 Ausländergesetz(idF des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 9.7.1990 - BGBl I 1354). Die Einführung dieses öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs beruhte auf der Erkenntnis, dass Ansprüche aus - entsprechend der früheren ausländerrechtlichen Praxis - abgegebenen Verpflichtungserklärungen, für den Unterhalt eines Ausländers aufzukommen, unabhängig von der Art der erbrachten öffentlichen Mittel allenfalls eine (einheitliche) zivilrechtliche Regressmöglichkeit (etwa aus einem Schuldversprechen iS von § 780 Bürgerliches Gesetzbuch) eröffneten, wobei dahingestellt bleiben kann, ob es sich in der Tat um eine zivilrechtliche und nicht vielmehr um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelte. Um den Bedürfnissen der Verwaltungspraxis gerecht zu werden, sollte jedenfalls ein eigenständiger öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch begründet werden (vgl dazu BT-Drucks 11/6321, S 84); es kann nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen haben, nunmehr abhängig von der jeweils erbrachten Leistung ggf unterschiedliche Rechtswege zu eröffnen und damit zusammenhängend auch die Anwendung unterschiedlicher Verwaltungsverfahrensgesetze (Verwaltungsverfahrensgesetz bzw entsprechende Ländergesetze oder Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
) zur Anwendung kommen zu lassen.
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Allein die Notwendigkeit einer inzidenten Prüfung der Voraussetzungen (hier) nach dem AsylbLG und die Tatsache, dass der Erstattungsanspruch der öffentlichen Stelle zusteht, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat (§ 68 Abs 2 Satz 3 AufenthG), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Rechtmäßigkeit der erbrachten Leistung (dazu BVerwGE 108, 1 ff) ist neben oben aufgezeigter aufenthaltsrechtlicher Problematik nur eine der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folgende, in der Natur der Sache liegende (selbstverständliche) Voraussetzung für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs, die keinen außerhalb des Aufenthaltsrechts liegenden Schwerpunkt zu begründen vermag. Eine Prüfung und Auseinandersetzung mit Vorschriften eines Rechts, für das im Prinzip ein anderer Rechtsweg eröffnet ist, ist einem komplexen Rechtssystem immanent.
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Aus der Entscheidung des 14. Senats vom 1.4.2009 (SozR 4-1500 § 51 Nr 6: Gesichtspunkt der Sachnähe) ergibt sich, worauf das LSG zu Recht hinweist, nichts Anderes. Dort hat das Bundessozialgericht (BSG) auf die Sachnähe nur für die Fälle abgestellt, in denen die Beteiligten um Rechtsfolgen streiten, die keine unmittelbare normative Grundlage in einer konkreten gesetzlichen Regelung haben, die entweder den Rechtsweg zu den Sozialgerichten (§ 51 SGG) oder den Verwaltungsgerichten (§ 40 Abs 1 VwGO) eröffnet; die Entscheidung betraf Ordnungsmaßnahmen gegen Personen (Hausverbot), die im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren ergehen. Hier - so der 14. Senat des BSG - leite sich die Kompetenz des Sozialleistungsträgers aus dem Sachzusammenhang mit den von ihnen wahrgenommenen Sachaufgaben her. Die Befugnis, das Hausverbot zu erteilen, folge aus einer anerkannten internen Ordnungsgewalt. Vorliegend hat die Entscheidung des Beklagten aber seine normative Grundlage im Ausländer- bzw Aufenthaltsrecht. Der Erstattungsanspruch ist auch keineswegs die "Kehrseite" des dem Dritten bewilligten Leistungsanspruchs, weil dieser (anders als bei einer Erstattung nach §§ 45 ff iVm § 50 Abs 1 SGB X) von dem Erstattungsanspruch überhaupt nicht betroffen ist (so aber zu Unrecht SG Stuttgart, Beschluss vom 9.8.2010 - S 24 AS 4043/08).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 VwGO. In Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde hat grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu ergehen. Die Regelung des § 17b Abs 2 GVG, wonach bei Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht, hier dem SG, entstandenen Kosten als Teil der Kosten im Verfahren vor dem aufnehmenden Gericht, hier dem VG, behandelt werden, beschränkt sich auf die Kosten des - nun zwangsläufig - gemeinsamen ersten Rechtszugs. Sie findet aber keine Anwendung auf das Beschwerdeverfahren bei der Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs (BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 27 S 77 f mwN). Als unterliegender Teil trägt der Kläger nach § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens und der weiteren Beschwerde. Er gehört nicht zu dem privilegierten Personenkreis nach § 183 SGG. Der Senat kann insoweit auch die Kostenentscheidungen der Vorinstanz zu Ungunsten des Klägers ändern; denn das Verbot der reformatio in peius gilt hier nicht (BSGE 62, 131, 136 = SozR 4100 § 141b Nr 40 S 154).
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Für die Festsetzung eines Streitwerts nach § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) bestand keine Veranlassung, weil sich die Gerichtsgebühr nicht nach einem Streitwert richtet; für Beschwerden der vorliegenden Art (Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind) wird nach Nr 7504 der Anlage 1 zum GKG vielmehr eine Festgebühr von 50 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (ebenso Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.5.2010 - 1 B 1/10 - zu Nr 5502 der Anlage 1 zum GKG). Die entgegenstehende Rechtsprechung des 3. Senats (Beschluss vom 6.10.2008 - B 3 SF 2/08 R), des 7. Senats (Beschluss vom 21.2.2008 - B 7 AL 3/07 S) und des 10. Senats des BSG (Beschluss vom 15.11.2007 - B 10 SF 13/07 S) sowie des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 10.6.2010 - 5 AZB 3/10; vgl Nr 8614 der Anlage 1 zum GKG) zwingen den Senat nicht zu einer Divergenzvorlage an den Großen Senat (§ 41 Abs 2 SGG) bzw den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§§ 10 ff des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes), weil die Festsetzung eines Streitwerts (Gegenstandswerts) auch auf Antrag eines Rechtsanwalts nach § 33 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz möglich ist und daraus nicht die Zahlung streitwertabhängiger Gerichtskosten resultiert.
(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:
- 1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt, - 2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.
(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.
(1) Die Zulassungen der aufgrund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung über den 31. Dezember 2010 hinaus unbefristet verlängert, wenn die zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde die Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 bis zum 30. September 2010 anerkennen.
(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie
- 1.
geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen, - 2.
sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen, - 3.
sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen, - 4.
sich verpflichten, mit der zuständigen Landesbehörde eine Zielvereinbarung über die Leistungen nach diesem Buch abzuschließen, und - 5.
sich verpflichten, die in der Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 1 Satz 2 festgelegten Daten zu erheben und gemäß den Regelungen nach § 51b Absatz 4 an die Bundesagentur zu übermitteln, um bundeseinheitliche Datenerfassung, Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, Voraussetzungen der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach den Absätzen 2 und 4 auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.
(4) Der Antrag nach Absatz 2 kann bis zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gestellt werden. Darüber hinaus kann vom 30. Juni 2015 bis zum 31. Dezember 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung gestellt werden, soweit die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger 25 Prozent der zum 1. Januar 2015 bestehenden Aufgabenträger nach Absatz 2 Satz 4 unterschreitet. Die Zulassungen werden unbefristet erteilt.
(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.
(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zulassung widerrufen. Auf Antrag des zugelassenen kommunalen Trägers, der der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf, widerruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Die Trägerschaft endet mit Ablauf des auf die Antragstellung folgenden Kalenderjahres.
(7) Auf Antrag des kommunalen Trägers, der der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedarf, widerruft, beschränkt oder erweitert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung nach Absatz 1 oder 2 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn und soweit die Zulassung aufgrund einer kommunalen Neugliederung nicht mehr dem Gebiet des kommunalen Trägers entspricht. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 gilt bei Erweiterung der Zulassung entsprechend. Der Antrag nach Satz 1 kann bis zum 1. Juli eines Kalenderjahres mit Wirkung zum 1. Januar des folgenden Kalenderjahres gestellt werden.
(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.
(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.
(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.
(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.
(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.
(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.
(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.
(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.
(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.
(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.
(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.
(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.
(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.
(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.
(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.
(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.
(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.
(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.
(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.
(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.
(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.
(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.
(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:
- 1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt, - 2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.
(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.
(1a) (weggefallen)
(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.
(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn
- 1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, - 2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder - 3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.
(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen, - 2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen, - 3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder - 4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:
- 1.
den Tag des Eingangs der Klage, - 2.
die Namen und die Anschriften der Parteien, - 3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete, - 4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und - 5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.
(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.
(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:
- 1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt, - 2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.
(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist zulässig.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat Erfolg. Für den vorliegenden Streitgegenstand ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet.
3Der Senat ist schon in seinen Beschlüssen vom 22. August 2013 – 12 E 755/13, 12 E 756/13 und 12 E 757/13 – einem ausuferndem Verständnis des Merkmals „Ange-legenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende“ entgegengetreten und der Auffassung in dem – vom Verwaltungsgericht herangezogenen – Beschluss des VG Düsseldorf vom 3. Juli 2013 – 21 K 4502/13 – (juris) sowie in dem – ohnehin auf die speziellen Verhältnisse in Niedersachsen abstellenden - Beschluss des LSG Nieder-sachsen-Bremen vom 25. Februar 2010 – L 7 SF 2/09 – (NdsRpfl. 2010, 299, juris) nicht gefolgt. Zwar mag die Satzung, auf der der angefochtene Bescheid beruht, ein spezielles Konzept zur Finanzierung der durch Bestellung nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 6a SGB II grundsätzlich von den kreisfreien Städten bzw. Kreisen zu tragenden Grundsicherungsleistungen regeln. Diese Regelung hat aber ihren deutlichen Schwerpunkt im Lastenausgleich zwischen den kreisangehörigen, nach § 5 Abs. 3 AG-SGB II NRW zur Durchführung der Aufgaben herangezogenen Gemeinden, also im maßgeblich durch die Kreisumlage geprägten kommunalen Haushaltsrecht, während die generelle Kostenaufteilung zwischen Bund und den kommunalen Trägern als Teil der Landesorganisation, wie sie aus § 46 SGB II hervorgeht, nicht berührt wird. Im Einzelnen gilt Folgendes:
4Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art gegeben, wenn die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Für die vorliegende Streitigkeit, die sowohl öffentlich-rechtlicher Natur als auch nicht verfassungsrechtlicher Art ist, ist eine abdrängende Sonderzuweisung durch Bundesgesetz nicht geregelt. Soweit nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden, greift diese Vorschrift vorliegend nicht ein.
5Die Auslegung des Merkmals "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" ist in den Fällen, in denen die Beteiligten nicht unmittelbar um Rechtsfolgen aus der Anwendung von die Leistungsgewährung betreffenden Normen des SGB II streiten, daran auszurichten, dass eine sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte hergestellt wird.
6Vgl. BSG, Beschluss vom 1. April 2009 - B 14 SF 1/08 R -, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6, juris.
7Anders als in Fällen der Erstattung als bloßer Kehrseite einer Leistungsgewährung,
8vgl. insoweit etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Januar 2006 - L 23 B 1080/05 SO -, juris,
9lassen sich die hier aufgeworfenen Fragen der Beteiligung der Kommunen an der Erfüllung der dem Kreis nach dem SGB II obliegenden Grundsicherungsmaßnahmen und an deren Finanzierung funktional nicht unmittelbar dem Leistungsverhältnis zwischen Sozialhilfeträger und Leistungsberechtigtem zurechnen. Das Beteiligungs- und Finanzierungssystem zählt - auch wenn es eine Rechtsgrundlage in den die kommunalrechtlichen Vorschriften modifizierenden sozialrechtlichen Normen findet - nicht automatisch zu den "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende".
10A. A. offenbar: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2010 - L 7 SF 2/09 -,
11NdsRpfl. 2010, 299, juris.
12Vielmehr ist in einer solchen Konstellation,
13vgl. dazu, dass § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG nicht auf Leistungs- und Erstattungsverhältnisse eingeschränkt ist, auch: VG Ansbach, Beschluss vom 10. April 2007 - AN 14 K 07.00504 -, juris,
14gemäß der eingangs genannten Rechtsprechung des BSG danach zu fragen, ob der Streitgegenstand des Verfahrens dennoch in einem ausreichend engen sachlichen Zusammenhang mit der eigentlichen Leistungserbringung des Sozialhilfeträgers nach dem SGB II steht und die angewandten Vorschriften des Sozialrechts nicht etwa nur rein formale Bedeutung haben.
15Vgl. zu diesem Ansatz auch: OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2011 - 16 E 174/11 -, NWVBl. 2011, 440, juris.
16Eine solche hinreichende Sachnähe soll sich zwar insbesondere auch annehmen lassen, wenn die Beteiligten über die Rechtsfolgen aus der Anwendung verfahrensrechtlicher Normen streiten, der Streitigkeit aber zumindest materiell Rechtsverhältnisse nach dem SGB II zugrunde liegen.
17So etwa auch BSG, Beschluss vom 1. April 2009, a. a. O.
18Die hier maßgeblichen Vorschriften des Sozialrechts - namentlich § 6 Abs. 2 SGB II einerseits i. V. m. § 5 Abs. 1 AG-SGB II NRW und andererseits i. V. m. § 5 Abs. 4 AG-SGB II NRW sowie § 5 Abs. 5 Satz 3 AG-SGB II NRW - lassen als solche die zwischen dem Sozialhilfeträger und den Leistungsberechtigten bestehenden materiellen Rechtsverhältnisse nach dem SGB II jedoch völlig unberücksichtigt und verhalten sich ausschließlich zur Organisation der Aufgabenwahrnehmung durch dafür in Frage kommende Hoheitsträger und zu der daran anknüpfenden Kostenverantwortlichkeit. Funktional betreffen die im Ausgangspunkt herangezogenen Normen des Sozialrechts und die auf ihnen beruhenden Satzungen Fragen der kommunalen Organisation und Refinanzierung. Dieser Sachbereich lässt sich weder § 51 Abs. 1 Ziff. 4a SGG noch anderen Sachbereichen des in dieser Vorschrift aufgeführten Kataloges zuordnen, sondern führt dazu, dass der allgemeine Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
19Ähnlich auch SG Hildesheim, Beschluss vom 7. Ok-tober 2011 - S 26 AS 1317/11 ER - juris, mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 10.84 -, BVerwGE 69, 192, juris.
20Insoweit stellt sich die Situation im entscheidenden Punkt nicht anders dar, als in dem mit Beschluss vom 11. Januar 2012 entschiedenen Berufungsverfahren 12 A 958/10 des Senats, in dem es um die Aufnahme eines Härteausgleichs nach § 5 Abs. 5 Satz 3 AG-SGB II NRW in eine Satzung nach § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW ging, also in ein Normenwerk im Range unterhalb eines förmlichen Gesetzes, das schwerpunktmäßig die Organisation und Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II regelt und allenfalls einen Randbezug zur unmittelbaren Erfüllung von Ansprüchen der nach dem SGB II Leistungsberechtigten aufweist.
21Greift keine abdrängende Sonderzuweisung, unterliegt der in einer solchen Satzung angelegte Streit verwaltungsrechtlicher Art der gerichtlichen Kontrolle durch die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit.
22Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2002 ‑ 2 C 13/01 -, NJW 2002, 1505, juris.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Im Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde hat grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu ergehen. Die Regelung des § 17b Abs. 2 GVG, wonach im Falle der Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht entstandenen Kosten als Teil der Kosten im Verfahren vor dem aufnehmenden Gericht behandelt werden und deshalb in dem Verweisungsbeschluss keine eigenständige Kostenentscheidung zu treffen ist, beschränkt sich auf die Kosten des ersten Rechtszugs. Sie findet - unabhängig vom Inhalt der Entscheidung - keine Anwendung auf das Beschwerdeverfahren bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
24Vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. November 2010 - L 23 AY 8/10 B -, juris m. w. N.
25Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht war nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist zulässig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2Klägerin und Beklagter haben mit ihren Beschwerden, mit denen sie sich übereinstimmend gegen eine Verweisung des Verfahrens an das örtlich zuständige Sozialgericht und für die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs einsetzen, Erfolg.
3Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art gegeben, sobald die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Für die vorliegende Streitigkeit, die sowohl öffentlich-rechtlicher Natur als auch nicht verfassungsrechtlicher Art ist, ist eine abdrängende Sonderzuweisung durch Bundesgesetz nicht geregelt. Soweit nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden, greift diese Vorschrift vorliegend nicht ein. Bei dem Begehren der Klägerin handelt es sich nicht um eine Streitigkeit in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende im normativen Sinne.
4Die Auslegung des Merkmals "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" ist in den Fällen, in denen die Beteiligten nicht unmittelbar um Rechtsfolgen aus der Anwendung von die Leistungsgewährung betreffenden Normen des SGB II streiten, daran auszurichten, dass eine sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte hergestellt wird.
5Vgl. BSG, Beschluss vom 1. April 2009 - B 14 SF 1/08 R -, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6, juris.
6Anders als in Fällen der Erstattung als bloßer Kehrseite einer Leistungsgewährung,
7vgl. insoweit etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Januar 2006 - L 23 B
81080/05 SO -, juris,
9lassen sich die hier aufgeworfenen Fragen der Beteiligung der Kommunen an der Erfüllung der dem Kreis nach dem SGB II obliegenden Grundsicherungsmaßnahmen und an deren Finanzierung funktional nicht unmittelbar dem Leistungsverhältnis zwischen Sozialhilfeträger und Leistungsberechtigtem zurechnen. Das Beteiligungs- und Finanzierungssystem zählt - auch wenn es eine Rechtsgrundlage in die kommunalrechtlichen Vorschriften modifizierenden sozialrechtlichen Normen findet - nicht automatisch zu den "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende".
10A. A. offenbar: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2010 - L 7 SF 2/09 -,
11NdsRpfl. 2010, 299, juris.
12Vielmehr ist in einer solchen Konstellation,
13vgl. dazu, dass § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG nicht auf
14Leistungs- und Erstattungsverhältnisse eingeschränkt
15Ist: VG Ansbach, Beschluss vom 10. April 2007 - AN
1614 K 07.00504 -, juris,
17gemäß der eingangs genannten Rechtsprechung des BSG danach zu fragen, ob der Streitgegenstand des Verfahrens dennoch in einem ausreichend engen sachlichen Zusammenhang mit der eigentlichen Leistungserbringung des Sozialhilfeträgers nach dem SGB II steht und die angewandten Vorschriften des Sozialrechts nicht etwa nur formale Bedeutung haben.
18Vgl. zu diesem Ansatz auch: OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2011 - 16 E 174/11 -, NWVBl. 2011, 440, juris.
19Eine solche hinreichende Sachnähe soll sich zwar insbesondere auch dann annehmen lassen, wenn die Beteiligten zwar über die Rechtsfolgen aus der Anwendung verfahrensrechtlicher Normen streiten, der Streitigkeit aber zumindest materiell Rechtsverhältnisse nach dem SGB II zugrunde liegen.
20So etwa auch BSG, Beschluss vom 1. April 2009,
21a. a. O.
22Die hier maßgeblichen Vorschriften des Sozialrechts - namentlich § 6 Abs. 2 SGB II einerseits i. V. m. § 5 Abs. 1 AG-SGB II NRW und andererseits i. V. m. § 5 Abs. 4 AG-SGB II NRW - lassen als solche die zwischen dem Sozialhilfeträger und den Leistungsberechtigten bestehenden materiellen Rechtsverhältnisse nach dem SGB II jedoch völlig unberücksichtigt und verhalten sich ausschließlich zur Organisation der Aufgabenwahrnehmung durch dafür in Frage kommende Hoheitsträger und zu der daran anknüpfenden Kostenverantwortlichkeit. Funktional betreffen die im Ausgangspunkt herangezogenen Normen des Sozialrechts und die auf ihnen beruhenden Satzungen Fragen der kommunalen Organisation und Refinanzierung. Dieser Sachbereich lässt sich weder § 51 Abs. 1 Ziff. 4a SGG noch anderen Sachbereichen des in dieser Vorschrift aufgeführten Kataloges zuordnen, sondern führt dazu, dass der allgemeine Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
23Ähnlich auch SG Hildesheim, Beschluss vom 7. Oktober 2011 - S 26 AS 1317/11 ER - juris, mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 10/84 -, BVerwGE 69, 192, juris.
24Insoweit stellt sich die Situation im entscheidenden Punkt nicht anders dar, als in dem mit Beschluss vom 11. Januar 2012 entschiedenen Berufungsverfahren 12 A 958/10 des Senats, in dem es um die Aufnahme eines Härteausgleichs nach § 5 Abs. 5 Satz 2 AG-SGB II NRW in eine Satzung nach § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW ging, also in eine Normenwerk im Range unterhalb eines förmlichen Gesetzes, das schwerpunktmäßig die Organisation und Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II regelt und allenfalls einen Randbezug zur unmittelbaren Erfüllung von Ansprüchen der nach dem SGB II Leistungsberechtigten aufweist.
25Greift keine abdrängende Sonderzuweisung, unterliegt der in einer solchen Satzung angelegte Streit verwaltungsrechtlicher Art der gerichtlichen Kontrolle durch die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit.
26Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2002 ‑ 2 C 13/01 -, NJW 2002, 1505, juris.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Im Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde hat grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu ergehen. Die Regelung des § 17b Abs. 2 GVG, wonach im Falle der Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht entstandenen Kosten als Teil der Kosten im Verfahren vor dem aufnehmenden Gericht behandelt werden und deshalb in dem Verweisungsbeschluss keine eigenständige Kostenentscheidung zu treffen ist, beschränkt sich auf die Kosten des ersten Rechtszugs. Sie findet - unabhängig vom Inhalt der Entscheidung - keine Anwendung auf das Beschwerdeverfahren bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
28Vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. November 2010 - L 23 AY 8/10 B -, juris m. w. N.
29Nach § 155 Abs. 1 VwGO sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt und teils unterliegt. Diese Vorschrift passt zwar nicht unmittelbar auf den Ausgang des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, denn keiner der Beteiligten ist unterlegen, sondern beide Beteiligten haben mit ihrer Beschwerde Erfolg. Für ein beiderseitiges "Obsiegen" findet sich im Kostenrecht jedoch keine Regelung. Eine solche Situation ist jedoch am ehesten mit einer Entscheidung vergleichbar, in der die Beteiligten je zur Hälfte mit ihren gegensätzlichen Anträgen erfolgreich bzw. erfolglos gewesen sind, sie also "in gleichem Umfang" Erfolg hatten. Deshalb erscheint es angemessen, in Analogie zu § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Kosten gegeneinander aufzuheben.
30Vgl. BSG, Beschluss vom 6. September 2007 - B 3 SF 1/07 R -, SoZR 4-1720 § 17a Nr. 3, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. November 2010, a. a. O.
31Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da zum einen außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind und zum anderen für Beschwerden der vorliegenden Art Gerichtskosten nach Nr. 7504 der Anlage 1 zum GKG entweder gar nicht oder in Höhe einer Festgebühr anfallen.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2010
33‑ 1 B 1.10 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom
342. April 2009 - 11 E 469/08 -, juris.
35Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (§ 17a Abs. 4 GVG) liegen schon deshalb nicht vor, weil keiner der Beteiligten durch die Entscheidung des Senats beschwert wird.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist zulässig.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat Erfolg. Für den vorliegenden Streitgegenstand ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet.
3Der Senat ist schon in seinen Beschlüssen vom 22. August 2013 – 12 E 755/13, 12 E 756/13 und 12 E 757/13 – einem ausuferndem Verständnis des Merkmals „Ange-legenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende“ entgegengetreten und der Auffassung in dem – vom Verwaltungsgericht herangezogenen – Beschluss des VG Düsseldorf vom 3. Juli 2013 – 21 K 4502/13 – (juris) sowie in dem – ohnehin auf die speziellen Verhältnisse in Niedersachsen abstellenden - Beschluss des LSG Nieder-sachsen-Bremen vom 25. Februar 2010 – L 7 SF 2/09 – (NdsRpfl. 2010, 299, juris) nicht gefolgt. Zwar mag die Satzung, auf der der angefochtene Bescheid beruht, ein spezielles Konzept zur Finanzierung der durch Bestellung nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 6a SGB II grundsätzlich von den kreisfreien Städten bzw. Kreisen zu tragenden Grundsicherungsleistungen regeln. Diese Regelung hat aber ihren deutlichen Schwerpunkt im Lastenausgleich zwischen den kreisangehörigen, nach § 5 Abs. 3 AG-SGB II NRW zur Durchführung der Aufgaben herangezogenen Gemeinden, also im maßgeblich durch die Kreisumlage geprägten kommunalen Haushaltsrecht, während die generelle Kostenaufteilung zwischen Bund und den kommunalen Trägern als Teil der Landesorganisation, wie sie aus § 46 SGB II hervorgeht, nicht berührt wird. Im Einzelnen gilt Folgendes:
4Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art gegeben, wenn die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Für die vorliegende Streitigkeit, die sowohl öffentlich-rechtlicher Natur als auch nicht verfassungsrechtlicher Art ist, ist eine abdrängende Sonderzuweisung durch Bundesgesetz nicht geregelt. Soweit nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden, greift diese Vorschrift vorliegend nicht ein.
5Die Auslegung des Merkmals "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" ist in den Fällen, in denen die Beteiligten nicht unmittelbar um Rechtsfolgen aus der Anwendung von die Leistungsgewährung betreffenden Normen des SGB II streiten, daran auszurichten, dass eine sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte hergestellt wird.
6Vgl. BSG, Beschluss vom 1. April 2009 - B 14 SF 1/08 R -, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6, juris.
7Anders als in Fällen der Erstattung als bloßer Kehrseite einer Leistungsgewährung,
8vgl. insoweit etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Januar 2006 - L 23 B 1080/05 SO -, juris,
9lassen sich die hier aufgeworfenen Fragen der Beteiligung der Kommunen an der Erfüllung der dem Kreis nach dem SGB II obliegenden Grundsicherungsmaßnahmen und an deren Finanzierung funktional nicht unmittelbar dem Leistungsverhältnis zwischen Sozialhilfeträger und Leistungsberechtigtem zurechnen. Das Beteiligungs- und Finanzierungssystem zählt - auch wenn es eine Rechtsgrundlage in den die kommunalrechtlichen Vorschriften modifizierenden sozialrechtlichen Normen findet - nicht automatisch zu den "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende".
10A. A. offenbar: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2010 - L 7 SF 2/09 -,
11NdsRpfl. 2010, 299, juris.
12Vielmehr ist in einer solchen Konstellation,
13vgl. dazu, dass § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG nicht auf Leistungs- und Erstattungsverhältnisse eingeschränkt ist, auch: VG Ansbach, Beschluss vom 10. April 2007 - AN 14 K 07.00504 -, juris,
14gemäß der eingangs genannten Rechtsprechung des BSG danach zu fragen, ob der Streitgegenstand des Verfahrens dennoch in einem ausreichend engen sachlichen Zusammenhang mit der eigentlichen Leistungserbringung des Sozialhilfeträgers nach dem SGB II steht und die angewandten Vorschriften des Sozialrechts nicht etwa nur rein formale Bedeutung haben.
15Vgl. zu diesem Ansatz auch: OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2011 - 16 E 174/11 -, NWVBl. 2011, 440, juris.
16Eine solche hinreichende Sachnähe soll sich zwar insbesondere auch annehmen lassen, wenn die Beteiligten über die Rechtsfolgen aus der Anwendung verfahrensrechtlicher Normen streiten, der Streitigkeit aber zumindest materiell Rechtsverhältnisse nach dem SGB II zugrunde liegen.
17So etwa auch BSG, Beschluss vom 1. April 2009, a. a. O.
18Die hier maßgeblichen Vorschriften des Sozialrechts - namentlich § 6 Abs. 2 SGB II einerseits i. V. m. § 5 Abs. 1 AG-SGB II NRW und andererseits i. V. m. § 5 Abs. 4 AG-SGB II NRW sowie § 5 Abs. 5 Satz 3 AG-SGB II NRW - lassen als solche die zwischen dem Sozialhilfeträger und den Leistungsberechtigten bestehenden materiellen Rechtsverhältnisse nach dem SGB II jedoch völlig unberücksichtigt und verhalten sich ausschließlich zur Organisation der Aufgabenwahrnehmung durch dafür in Frage kommende Hoheitsträger und zu der daran anknüpfenden Kostenverantwortlichkeit. Funktional betreffen die im Ausgangspunkt herangezogenen Normen des Sozialrechts und die auf ihnen beruhenden Satzungen Fragen der kommunalen Organisation und Refinanzierung. Dieser Sachbereich lässt sich weder § 51 Abs. 1 Ziff. 4a SGG noch anderen Sachbereichen des in dieser Vorschrift aufgeführten Kataloges zuordnen, sondern führt dazu, dass der allgemeine Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
19Ähnlich auch SG Hildesheim, Beschluss vom 7. Ok-tober 2011 - S 26 AS 1317/11 ER - juris, mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 10.84 -, BVerwGE 69, 192, juris.
20Insoweit stellt sich die Situation im entscheidenden Punkt nicht anders dar, als in dem mit Beschluss vom 11. Januar 2012 entschiedenen Berufungsverfahren 12 A 958/10 des Senats, in dem es um die Aufnahme eines Härteausgleichs nach § 5 Abs. 5 Satz 3 AG-SGB II NRW in eine Satzung nach § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW ging, also in ein Normenwerk im Range unterhalb eines förmlichen Gesetzes, das schwerpunktmäßig die Organisation und Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II regelt und allenfalls einen Randbezug zur unmittelbaren Erfüllung von Ansprüchen der nach dem SGB II Leistungsberechtigten aufweist.
21Greift keine abdrängende Sonderzuweisung, unterliegt der in einer solchen Satzung angelegte Streit verwaltungsrechtlicher Art der gerichtlichen Kontrolle durch die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit.
22Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2002 ‑ 2 C 13/01 -, NJW 2002, 1505, juris.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Im Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde hat grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu ergehen. Die Regelung des § 17b Abs. 2 GVG, wonach im Falle der Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht entstandenen Kosten als Teil der Kosten im Verfahren vor dem aufnehmenden Gericht behandelt werden und deshalb in dem Verweisungsbeschluss keine eigenständige Kostenentscheidung zu treffen ist, beschränkt sich auf die Kosten des ersten Rechtszugs. Sie findet - unabhängig vom Inhalt der Entscheidung - keine Anwendung auf das Beschwerdeverfahren bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
24Vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. November 2010 - L 23 AY 8/10 B -, juris m. w. N.
25Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht war nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Tenor
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Die weitere Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
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I. Streitig ist der Rechtsweg für die Klage eines Insolvenzverwalters gegen eine Krankenkasse (Einzugsstelle), welche seinen Antrag nach § 1 Abs 1 S 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG; vom 5.9.2005, BGBl I 2722) auf Auskunft über die vom Insolvenzschuldner an die Beklagte abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und auf Überlassung einer Kontoübersicht, aus der die jeweilige Zahlung und das entsprechende Datum ersichtlich sind, ablehnte.
- 2
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Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Klage vor dem SG Heilbronn erhoben und gleichzeitig die Verweisung des Rechtsstreits an das VG Stuttgart beantragt. Mit Beschluss vom 15.3.2010 hat das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen. Die Beschwerde der Beklagten hat das LSG mit Beschluss vom 12.11.2010 zurückgewiesen, da für die Entscheidung über den geltend gemachten Auskunftsanspruch nach dem IFG die Verwaltungsgerichte zuständig seien. Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Das IFG enthalte keine Zuweisung an eine andere Gerichtsbarkeit. Eine Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit ergebe sich weder aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG noch aus Nr 5 dieser Norm. Das dem Streit zugrundeliegende Rechtsverhältnis sei keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), weil der geltend gemachte Auskunftsanspruch weder im SGB V geregelt sei, noch im Rahmen eines Krankenversicherungsverhältnisses erhobene Daten betreffe. Der Streit gehöre auch nicht zu den sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung. Er stehe nicht im engen sachlichen Zusammenhang mit einem Sozialverwaltungsverfahren. Der Anspruch nach dem IFG sei voraussetzungslos und stehe jedermann, also auch nicht an einem Verfahren beteiligten Dritten, zu und könne außerhalb laufender Verfahren geltend gemacht werden. Es werde auch nicht um Beiträge zur Sozialversicherung gestritten. Gegenstand des Streits sei vielmehr ein gegenüber der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB eigenständiger, speziell geregelter Auskunftsanspruch, über den ein selbstständiges, im IFG geregeltes Verwaltungsverfahren zu führen sei, für das ausschließlich auf die VwGO Bezug genommen werde. Der Verweisung stehe auch nicht entgegen, dass das SG über den Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden habe, da es für das geltend gemachte Informationsbegehren keine der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnete Grundlage - insbesondere nicht aus § 83, § 25 SGB X oder aus dem aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen hergeleiteten verfahrensunabhängigen Akteneinsichtsrecht - gebe.
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Mit der weiteren Beschwerde rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 17a Abs 2 S 1 GVG, wonach eine Verweisung nur dann statthaft sei, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, ausgeschlossen sei. Vorliegend sei das Begehren auf Einsicht in das bei der Beklagten über den Insolvenzschuldner geführte Beitragskonto gerichtet, also auf Akteneinsicht iS des § 25 SGB X. Hierfür sei der Rechtsweg zu den SGen gegeben, die dann gleichzeitig über das rechtswegfremde Auskunftsersuchen nach IFG mitzuentscheiden hätten. Ergänzend nimmt sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV.
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Die Beklagte beantragt,
die Beschlüsse des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. März 2010 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsweg zum Sozialgericht Heilbronn zulässig ist.
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Der Kläger stellt keinen Antrag. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht sich dessen Begründung zu eigen. Er hebt hervor, keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X geltend zu machen. Er begehre einzig Auskunft darüber, welche Zahlungen in einem gewissen Zeitraum an die Beklagte erbracht wurden. Zudem scheide § 25 SGB X als Anspruchsgrundlage im vorliegenden Fall von vornherein aus, da danach der Anspruch auf Akteneinsicht auf ein anhängiges Verwaltungsverfahren beschränkt sei und nicht selbstständig im Klageverfahren geltend gemacht werden könne.
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II. Die weitere Beschwerde der Beklagten, über die der Senat ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§ 12 Abs 1 S 2, § 153 Abs 1, § 165 SGG), ist nach § 177 und § 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 4 GVG statthaft, weil das LSG den Rechtsbehelf zugelassen hat und die Entscheidung für das BSG bindend ist(§ 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 6 GVG). Sie ist auch fristgerecht erhoben worden, weil sie in entsprechender Anwendung des § 173 SGG sowohl beim LSG als auch beim BSG eingelegt werden konnte(BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 51 RdNr 61)und beim BSG innerhalb der Monatsfrist eingegangen ist.
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In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde der Beklagten als unbegründet. Nach § 202 SGG iVm § 17a Abs 2 S 1 GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist (BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Anderenfalls entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs 2 S 1 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden - also auch für ihn rechtswegfremden - rechtlichen Gesichtspunkten.
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Vorliegend hat das LSG zu Recht die Beschwerde gegen den Beschluss des SG, mit dem dieses den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen hat, zurückgewiesen. Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch (hierzu 1.) ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet (§ 40 Abs 1 S 1 VwGO), denn der Rechtsstreit ist öffentlich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art (hierzu 2.); er ist auch nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 SGG in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit(hierzu 3.). Soweit wegen des Sitzes der Beklagten im dortigen Gerichtsbezirk das VG Hamburg örtlich zuständig sein dürfte (§ 52 Nr 2 S 1 VwGO) und nicht das VG Stuttgart, an welches das SG den Rechtsstreit hinsichtlich des Rechtsweges zutreffend verwiesen hat, wäre eine ggf notwendige Korrektur durch (weitere) Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit dem VG Stuttgart vorbehalten (vgl BAGE 70, 374 = AP Nr 39 zu § 36 ZPO; BAG AP Nr 23 zu § 17a GVG = NJW 1996, 742).
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1. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, dh durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (stRspr zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26 mwN; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17 mwN).
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Der Streitgegenstand ist vorliegend der vom Kläger erhobene Anspruch auf Auskunftserteilung über vom Insolvenzschuldner an die Beklagte auf das Beitragskonto zur Betriebsnummer 62008309 in der Zeit vom 1.7.2007 bis 14.4.2008 bzw danach entrichtete Zahlungen. Hierfür beruft sich der Kläger in ausdrücklicher Abgrenzung gegenüber dem Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X ausschließlich auf § 1 Abs 1 S 1 IFG, wodurch er den geltend gemachten Anspruch weiter konkretisiert(anders im Beschluss des BFH vom 10.2.2011 - VII B 183/10 - ZIP 2011, 883, in dem der Insolvenzverwalter - für die Rechtswegzuordnung aus Sicht des BFH offenbar entscheidend - allgemeine Einsicht in die beim Finanzamt über den Schuldner geführten Vollstreckungsakten begehrt hat). Andere, unbestritten dem sozialgerichtlichen Rechtsweg zugewiesene "Informations"-Rechte, insbesondere aus § 25 und § 83 SGB X oder § 14, § 15 SGB I, stehen einer Verweisung des Rechtsstreits auch mit Rücksicht auf § 17 Abs 2 S 1 GVG nicht entgegen. Insofern kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der genannten Vorschriften (im Ergebnis) "offensichtlich" nicht gegeben sind. Der im Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV -, auf den die Beklagte ihre Ansicht stützt, wiedergegebenen Rechtsprechung zu § 17 Abs 2 S 1 GVG ist ein solches Erfordernis nicht zu entnehmen. Denn diese Rechtsprechung betrifft nur die Vermeidung aufdrängender Rechtswegmanipulationen, weshalb offensichtlich von vornherein nicht gegebene Anspruchsgrundlagen, auf die sich ein Kläger beruft und für die der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, einer Verweisung nicht entgegenstehen sollen (BGH Urteil vom 5.7.1990 - III ZR 166/89 - MDR 1991, 227; BVerwG Beschluss vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Vorliegend ist jedoch darüber zu befinden, ob eine vom Kläger ausdrücklich nicht herangezogene Anspruchsgrundlage des eingeschlagenen Rechtsweges der Verweisung entgegensteht, die vom Streitgegenstand umfasst und deshalb durch das angegangene Gericht zu prüfen ist. Um insoweit unzulässige Rechtswegverschiebungen auszuschließen genügt es schon, wenn die mit einer alternativen Anspruchsgrundlage verbundene Rechtsfolge inhaltlich nicht dem mit der Klage geltend gemachten Begehren entspricht. So verhält es sich hier.
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Vorliegend geht nämlich der mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch über den sozialrechtlichen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X hinaus. Zwar ist die Verweigerung der Akteneinsicht, wenn sie - was hier allenfalls in Frage kommt - außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens beantragt wird, auch isoliert mit der Klage anfechtbar (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 9 f mwN), jedoch ist der Anspruch - entgegen dem auf eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung gerichteten Klagebegehren - auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen beschränkt (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 13; noch offengelassen BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 8; vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand der Einzelkommentierung 7/2010, K § 25 RdNr 9a; Krasney in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung 12/2003, § 25 SGB X RdNr 5; Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 29 RdNr 18, 38). Darüber hinaus begehrt der Kläger nicht die Einsicht in Unterlagen oder Dateien der Beklagten, sondern Auskunft über die in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich vom Insolvenzschuldner geleisteten Zahlungen. Dies setzt eine Auswertung der Akten bzw des elektronisch geführten Beitragskontos durch die Beklagte voraus, die vom Recht auf Akteneinsicht nicht umfasst ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 11).
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Auch der Auskunftsanspruch nach § 83 SGB X entspricht nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel. § 83 SGB X dient unter bereichsspezifischer Übertragung der datenschutzrechtlichen Auskunftsrechte des § 19 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dazu, die Rechte der Betroffenen in den Sozialleistungsbereichen zu verstärken, insbesondere durch erweiterte Auskunftsrechte; so soll der Betroffene sich die Kenntnis von der Verarbeitung seiner Sozialdaten verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der Verarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drucks 12/5187 S 1 unter B. I. S 27 unter A. I. 3. und S 42 zu § 83). Voraussetzung des § 83 SGB X ist demzufolge, dass der Betroffene(§ 67 Abs 1 S 1 SGB X) Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten verlangt (vgl BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 25). Als Rechtsfolge ist dem Betroffenen Auskunft ua über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten zu erteilen. Das Begehren des Klägers ist jedoch nicht auf Auskünfte über die zu seiner (eigenen) Person gespeicherten Daten, sondern über Sozialdaten des Insolvenzschuldners gerichtet.
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Auch die Beratungs- und Auskunftsansprüche nach § 14 und § 15 SGB I entsprechen nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel und Anspruch, denn die Beratungspflicht der Sozialleistungsträger erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Gewährleistung der sozialen Rechte nach dem SGB(BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 1 = SozR 4-1200 § 46 Nr 1). Die Auskunftspflicht - wie auch die Beratungspflicht - bezieht sich jedoch nicht auf Angelegenheiten, die keine sozialen Angelegenheiten nach dem SGB darstellen (BSGE 59, 76 = SozR 1300 § 67 Nr 2). Dies gilt insbesondere auch für Auskünfte an Dritte, die zur Durchsetzung anderer als der sozialen Rechte nach dem SGB dienen, wie sie auch hier vom Kläger beansprucht werden.
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2. Für den Rechtsstreit, dessen Streitgegenstand somit allein ein Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG bildet, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
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Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus § 9 IFG, obwohl die amtliche Überschrift anderes nahelegt. Denn der insoweit allenfalls einschlägige § 9 Abs 4 IFG enthält - jedenfalls in Abgrenzung zu den besonderen Verwaltungsgerichten(diese übersieht Rossi, IFG, § 9 RdNr 23) - keine Rechtswegzuweisung zugunsten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte (vgl Schoch, IFG, § 9 RdNr 62, 66 ff mwN; aA ohne Gründe Mecklenburg/Pöppelmann, IFG, § 9 RdNr 14). Der Inhalt der Norm beschränkt sich vielmehr auf die Festschreibung eines Rechtsschutzes durch Benennung bestimmter Rechtsbehelfe und eine Sonderregelung zum Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der VwGO. Auch wenn die ausdrückliche Erwähnung der VwGO in § 9 Abs 4 S 2 IFG und in der Entwurfsbegründung hierzu(Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum IFG, BT-Drucks 15/4493 S 16 zu § 9 Abs 4) in Zusammenschau mit dem Fehlen einer entsprechenden Sonderregelung zu § 78 SGG den Schluss nahelegt, der Gesetzgeber habe - in erster Linie - an Rechtsschutz durch die (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gedacht, hat dieses - anders als zB in § 6 Abs 1 Umweltinformationsgesetz - keinen hinreichend deutlichen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden.
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Der Verwaltungsrechtsweg ist hier gleichwohl nach § 40 Abs 1 S 1 VwGO eröffnet. Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
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Das mit dem Auskunftsersuchen des Klägers zwischen den Beteiligten begründete Rechtsverhältnis, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, ist öffentlich-rechtlicher Natur (zur Abgrenzung zwischen öffentlich- oder bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten vgl GmSOGB BGHZ 102, 280 = SozR 1500 § 51 Nr 47 S 82 ff mwN). Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des (Beitrags-)Schuldners bestellt worden ist, über dessen Zahlungen an die Beklagte er Auskünfte begehrt. Gleichzeitig ist unerheblich, ob die Beklagte möglicherweise Gläubigerin in diesem Insolvenzverfahren ist. Denn weder Grund noch Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs liegen im Insolvenzrecht, sondern in dem durch den Antrag des Klägers begründeten verwaltungsrechtlichen Verfahrensverhältnis. In diesem stehen sich die Beklagte und der Kläger in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung gegenüber und bedient sich die Beklagte als Trägerin hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihr durch das IFG zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts. Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den eigentlichen Kern des Rechtsstreits bildet bzw das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl BVerwGE 50, 124, 130; 80, 355, 357).
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3. Der allein über einen Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG geführte Rechtsstreit ist nicht iS des § 40 Abs 1 S 1 Halbs 2 VwGO durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. Insbesondere besteht keine Sonderzuweisung gemäß § 51 SGG zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, da die Voraussetzungen hierfür nach § 51 Abs 1 Nr 2 oder Nr 5 SGG, die insoweit allein in Betracht kommen, nicht gegeben sind.
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Eine Zuständigkeit der SGe ergibt sich nicht aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche und iVm § 51 Abs 2 S 1 SGG auch privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Der umfassende Wortlaut, der alle die GKV betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat- oder öffentlich-rechtlicher Art, weist Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu (zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 14 ff mwN). Der geltend gemachte Auskunftsanspruch betrifft auch keine Angelegenheit des Sozialversicherungsrechts iS von § 51 Abs 1 Nr 5 SGG, der als Auffangregelung öffentlich-rechtliche Streitigkeiten des Sozialversicherungsrechts erfasst, die nicht den einzelnen Versicherungszweigen zugeordnet werden können(Regierungsentwurf zum 6. SGGÄndG, BT-Drucks 14/5943 S 23 zu Nr 22).
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Um eine solche Streitigkeit iS der vorgenannten Normen handelt es sich hier nicht, weil insbesondere kein Anspruch nach §§ 28a ff SGB IV umstritten ist, der die Beklagte als Einzugsstelle in ihrem besonderen sozialrechtsspezifischen Pflichtenkreis gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter betrifft. Allein die Tatsache, dass Adressat des geltend gemachten Auskunftsanspruchs eine Krankenkasse - hier die Beklagte in ihrer Funktion als Einzugsstelle iS von § 28h SGB IV - ist und Sachverhalte im Zusammenhang mit der Erhebung von Beiträgen auf Grundlage von Normen des Sozialversicherungsrechts den inhaltlichen Gegenstand des Auskunftsanspruchs bilden, genügt hierfür nicht. Vielmehr kommt es vorrangig darauf an, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB geregelt sind (so für die Pflegeversicherung vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 25 S 62, 64; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 2 RdNr 8). Dies ist bei dem vorliegend allein streitgegenständlichen Auskunftsanspruch nach dem IFG gerade nicht der Fall; denn Anspruchsgrundlage, Anspruchsberechtigung, sachlicher Anwendungsbereich, Ausnahme- und Beschränkungstatbestände dieses Anspruchs sowie das diesbezügliche Verfahren sind umfassend und speziell in diesem Gesetz geregelt (vgl Schoch, IFG, Einl RdNr 127 f), nicht aber im SGB IV. Zudem ergibt sich aus § 1 Abs 3 IFG, wonach Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und § 25 SGB X dem Anspruch nach dem IFG vorgehen, dass der IFG-Anspruch ein aliud gegenüber den bereichsspezifischen Informationszugangsrechten darstellt und in seinen Voraussetzungen unabhängig von diesen Rechten besteht. Die Klärung der streitigen Rechtsfragen wird daher anhand von Vorschriften zu erfolgen haben, die gerade nicht dem materiellen oder formellen Sozialrecht angehören.
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Es ist auch keine andere Begründung für einen spezifischen Bezug des geltend gemachten Auskunftsanspruchs zum sozialrechtlich begründeten Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen zu erkennen. Der Auskunftsanspruch trifft nach § 1 Abs 1 IFG unabhängig vom jeweiligen Zuständigkeits- bzw Tätigkeitsbereich oder den ihrer Errichtung zugrundeliegenden Vorschriften alle Behörden, Organe und Einrichtungen des Bundes, letztere, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen(§ 1 Abs 1 S 2 IFG). Anknüpfungspunkt für den vom Kläger geltend gemachten Auskunftsanspruch ist auch im Falle der Beklagten nur deren Eigenschaft als Teil der Bundesverwaltung (§ 4 Abs 1 SGB V, § 29 SGB IV iVm Art 86, 87 Abs 2 GG; zum Begriff Behörden des Bundes vgl allg Schoch, IFG, § 1 RdNr 77 ff), nicht jedoch ihr im Sozialversicherungsrecht begründeter Status als Leistungsträger der GKV (§ 12 iVm § 21 Abs 2 SGB I) oder ihr Aufgabenkreis nach §§ 28h ff SGB IV. Ein Bezug zum Sozialversicherungsrecht fehlt auch dem Gegenstand des Auskunftsanspruchs, der primär auf Zugang (eines Dritten) zu amtlichen Informationen gerichtet ist (§ 1 Abs 1 S 1 IFG), also zu einer amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnung (§ 2 Nr 1 IFG). Das Rechtsgebiet, aus dem die Information, die Grundlage oder der Zweck ihrer Aufzeichnung oder die im Zusammenhang mit ihr verfolgte Verwaltungsaufgabe entstammen, ist für den Auskunftsanspruch grundsätzlich unbeachtlich, denn der bloß äußere Zusammenhang der vorliegend begehrten Informationen mit den (Beitrags-)Zahlungspflichten des Insolvenzschuldners nach § 28e SGB IV ist kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für den geltend gemachten Anspruch nach dem IFG. Ebenso muss für die Frage der Rechtswegzuordnung unbeachtlich bleiben, ob dem Anspruch nach dem IFG möglicherweise sozialrechtliche Hindernisse - zB des Sozialdatenschutzes oder aus §§ 28a ff SGB IV - entgegenstehen(zur Unbeachtlichkeit von Verteidigungsvorbringen insoweit allg BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17).
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4. Die Kostenentscheidung (zu deren Notwendigkeit vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15 und 27; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; BVerwGE 103, 26, 32; BGH, NJW 1993, 2541) beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO (entsprechende Anwendung).
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5. Für die Festsetzung eines Streitwerts nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 S 1 GKG bestand keine Veranlassung, weil sich die Gerichtsgebühr nicht nach einem Streitwert richtet; für Beschwerden der vorliegenden Art (Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind) wird nach Nr 7504 der Anlage 1 zum GKG vielmehr eine Festgebühr von 50 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (ebenso BSG SozR 4-1780 § 40 Nr 1 RdNr 13 mwN).
(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:
- 1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt, - 2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.
(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 164 554 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Pflicht der Beklagten zur Rückerstattung der vom Kläger im Jahr 2006 zwecks Gewährung von Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen bei der Beklagten zunächst abgerufenen, später aber unter Vorbehalt zurückgezahlten Mittel in Höhe von insgesamt 164 554 Euro.
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Der Kläger ist als sog Optionskommune nach § 6a SGB II iVm § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 24.9.2004 (BGBl I 2349) seit dem 1.1.2005 als Träger der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zugelassen.
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Unter dem 6.1.2005 schlossen die Beteiligten eine "Verwaltungsvereinbarung über die vom Bund zu tragenden Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende". Diese Vereinbarung lautet auszugsweise:
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"Präambel
[…]. Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung sind Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen.
Abschnitt 1
§ 1 Grundsatz
Der Landkreis ist verpflichtet
1. die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung sowie den wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der vom Bund zu tragenden Aufwendungen sicherzustellen,
2. dem BMWA auf Anforderung zeitnah Prüfungen zu ermöglichen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind.
Das BMWA verzichtet unter dieser Voraussetzung - unbeschadet der Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes - grundsätzlich auf eine Prüfung von Einzelnachweisen für die vom Bund zu tragenden Aufwendungen.
§ 2 Leistungen zum Lebensunterhalt
(1) Der Bund ermöglicht dem Landkreis vorbehaltlich der Einreichung der erforderlichen Formanträge die Teilnahme am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren). Durch dieses Verfahren ermächtigt der Bund den Landkreis, Bundesmittel auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II und unter Beachtung dieser Verwaltungsvereinbarung sowie der Verfahrensrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen für Mittelverteiler/Titelverwalter zu bewirtschaften und beim Bund abzurufen. Das BMWA behält sich den Widerruf der Ermächtigung vor, soweit der Landkreis diese Vereinbarung oder die Verfahrensrichtlinien nicht beachtet. […].
§ 3 Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten
(1) Das BMWA legt nach § 46 Abs. 2 SGB II im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung die Maßstäbe für die regionale Verteilung der Mittel für
1. die Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
2. die Eingliederung in Arbeit
fest. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsverordnung wird dem Landkreis jährlich ein Ermächtigungsrahmen eingeräumt. Der Ermächtigungsrahmen kann schrittweise freigegeben werden. Der Landkreis stellt sicher, dass der freigegebene Ermächtigungsrahmen nicht überschritten wird. […].
(2) Die zugewiesenen Mittel sind von dem Landkreis so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.
(3) Für das Verfahren der Geldversorgung ist § 2 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Leistungen nicht entgegenstehen.
Abschnitt 2
Berichtspflichten und Finanzkontrolle […]
§ 5 Finanzkontrolle
(1) Der Landkreis richtet ein Verwaltungs- und Kontrollsystem ein, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung der vom Bund hinsichtlich der besonderen Einrichtung des Landkreises nach § 6a Abs. 6 SGB II i.V.m. Art. 106 Abs. 8 zu tragenden Aufwendungen sicherstellt (§ 1 Satz 2), und überwacht sein einwandfreies Funktionieren. Um sowohl den Entwicklungsaufwand für die Erarbeitung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme zu reduzieren als auch um deren Einheitlichkeit und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen, bietet das BMWA an, kurzfristig gemeinsam mit Vertretern aus Landkreisen und Städten ein einheitliches Verwaltungs- und Kontrollsystem zu erarbeiten.
(2) Soweit sich bei der Prüfung durch das Kontrollsystem, bei der Schlussabrechnung oder bei einer Überprüfung nach § 1 Nr. 2 ergibt, dass Aufwendungen nicht vom Bund gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II zu tragen sind, sind Überzahlungen unverzüglich auf das vom BMWA angegebene Konto zu erstatten.
(3) Der Landkreis übermittelt dem BMWA jährlich zum 28. Februar des Jahres, erstmals im Jahr 2006,
1. eine auf Grundlage der monatlichen Anweisungsnachweise erstellte Schlussrechnung über die Ausgaben für Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 2) und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten (§ 3) im Vorjahr;
2. eine Erklärung, dass die dem BMWA übermittelte Schlussrechnung und die durch die Anweisungen veranlasste Kostentragung des Bundes gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II für die im Vorjahr angefallenen Aufwendungen des Landkreises ordnungsgemäß erfolgt ist sowie dass der Landkreis zur Sicherung der Ordnungsmäßigkeit ein funktionierendes Verwaltungs- und Kontrollsystem aufweist. Für die Bescheinigung des Landkreises ist das dieser Vereinbarung als Anlage beigefügte Muster zu verwenden;
3. eine kurze Darstellung des Verwaltungs- und Kontrollsystems sowie eine Übersicht über die Ergebnisse der im Vorjahr durchgeführten Kontrollen.
(4) Die Aufsicht der zuständigen Landesbehörde und die Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofs bleiben unberührt."
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Im Laufe des Jahres 2006 gewährte der Kläger Leistungsberechtigten nach dem SGB II "Selbstvermittlungsprämien" in Höhe von 5900 Euro und Ausbildungskostenzuschüsse in Höhe von 158 654 Euro. Hierfür rief der Kläger bei der Beklagten insgesamt 164 554 Euro im sog "Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen-Verfahren" (HKR-Verfahren) ab.
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Die Gewährung von Selbstvermittlungsprämien an Leistungsberechtigte war daran geknüpft, dass Leistungsberechtigte nach dem SGB II sich eigenständig eine mit mindestens 700 Euro monatlich vergütete Beschäftigung suchten, kein Einstiegsgeld bezogen und vor Aufnahme der Tätigkeit einen Antrag beim Kläger stellten. Abhängig von der dann folgenden Beschäftigungsdauer (vier Wochen, sechs bzw zwölf Monate) zahlte der Kläger Selbstvermittlungsprämien in drei Raten zu 100 Euro, 500 Euro und 600 Euro, insgesamt höchstens 1200 Euro an Leistungsberechtigte aus. Ein Leistungsausschluss bestand im Falle einer Einstellung durch ein Personalleasingunternehmen, Verwandte ersten Grades sowie Ehepartner, über Dritte (private Arbeitsvermittler) sowie im Fall einer vorherigen Beschäftigung beim einstellenden Unternehmen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren.
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Ausbildungskostenzuschüsse gewährte der Kläger an Ausbildende, die Leistungsberechtigte mit multiplen Vermittlungshemmnissen im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses einstellten. Für die ersten zwölf Monate betrug der Zuschuss 300 Euro monatlich.
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Auf die mit Schreiben vom 25.4.2007 vom Kläger vorgelegte Schlussrechnung betreffend die im Jahr 2006 zwecks Leistungserbringung geleisteten Ausgaben lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 25.9.2008 die Übernahme der Kosten für Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüsse ab und forderte den Kläger zur Erstattung der aus diesem Grund abgerufenen Mittel auf. Das SGB II sehe für die Erbringung von Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen keine Rechtsgrundlage vor. Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten kündigte die Beklagte für den Fall der Säumigkeit des Klägers mit Schreiben vom 21.10.2008 an, unverzüglich finanzsichernde Maßnahmen zu ergreifen, etwa die Erhebung einer Leistungsklage oder die Aufrechnung mit Forderungen des Klägers. Zu prüfen sei auch, ob der Kläger von der Teilnahme am HKR-Verfahren auszuschließen sei. Der Kläger beglich die Forderung der Beklagten daraufhin am 11.11.2008 unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.
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Die unter dem 18.11.2008 beim SG erhobene Klage auf Rückerstattung der gezahlten Summe ist erfolglos geblieben (Urteil vom 4.6.2009). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustehe. Die Beklagte habe die Zahlung des Klägers nicht ohne Rechtsgrund erhalten, da ihr nach § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung ein Anspruch auf Erstattung der für Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüsse abgerufenen Mittel zustehe. Bei ihnen handele es sich nicht um gesetzliche Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
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Auf die Berufung des Klägers hat das LSG (Urteil vom 3.5.2012) die angefochtene Entscheidung geändert und die Beklagte zur Rückerstattung der vom Kläger gezahlten Summe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit verurteilt. Dem Kläger stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der unter dem 11.11.2008 erbrachten Zahlung bezüglich der Selbstvermittlungsprämien und der Ausbildungskostenzuschüsse gegen die Beklagte zur Seite, da die Beklagte die Zahlung des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt habe. Die Beklagte könne sich trotz der in verfassungsrechtlich zulässiger Weise geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht auf deren § 5 Abs 2 berufen. Diese Vereinbarung weise zwar materiellen Gehalt auf, denn Voraussetzung einer Erstattungspflicht hinsichtlich Überzahlungen sei, dass es sich bei den vom Kläger gemachten Aufwendungen um solche der Grundsicherung iS des § 6b Abs 2 SGB II handele. Dies sei zu bejahen, da es nicht darauf ankomme, ob die gewährten Leistungen rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen seien. Die Selbstvermittlungsprämien seien rechtswidrig gewährt worden, da derartige Leistungen nicht mit den Leistungsgrundsätzen der §§ 1, 3 SGB II vereinbar seien, wie das LSG Nordrhein-Westfalen und auch das SG Detmold bereits entschieden hätten. Ob die Gewährung der Ausbildungskostenzuschüsse von der Experimentierklausel des § 6a Abs 1 SGB II gedeckt sei oder eine unzulässige Aufstockung der Leistungen nach § 16 Abs 1 SGB II darstelle, könne dahingestellt bleiben, denn auch im Falle einer rechtswidrigen Gewährung stehe der Beklagten kein Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Zahlung zu. Die Finanzierungslast des Bundes sei nicht allein auf rechtmäßige Aufwendungen beschränkt. Hierfür spreche der Zusammenhang mit der Finanzierungsregelung in § 46 SGB II, die keine Beschränkung auf materiell rechtmäßige Leistungen vorsehe. Zu beachten sei auch, dass nach allgemeinen Verwaltungsrechtsgrundsätzen bindend gewordene rechtswidrige Leistungsbewilligungen gesetzliche Leistungen iS des § 31 SGB I seien. Die vom Kläger gewährten Eingliederungsmaßnahmen seien offenkundig im Außenverhältnis mit bindender Wirkung bewilligt worden. Auch aus Art 106 Abs 8 GG könne die Beklagte keinen Anspruch herleiten, da sich aus dem dort geregelten Aufwendungsausgleichsanspruch einer Kommune gegenüber dem Bund nicht zugleich ergebe, dass die Kommune dem Bund im Falle einer gesetzwidrigen Aufwendung hafte. Aus Art 104a Abs 5 S 1 Halbs 2 GG ergebe sich eine über das Bund-/Länder-Verhältnis hinausgehende Haftungsregelung, die sinngemäß auf die vorliegende Konstellation zu übertragen sei. Danach beschränke sich die Haftung des Klägers auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen. Das Verhalten des Klägers erweise sich vor dem Hintergrund einer geläuterten Rechtsauffassung erst nachträglich als rechtswidrig. Dies reiche für die Annahme einer Haftung im Sinne der Haftungskernrechtsprechung nicht aus. Dahingestellt bleiben könne, ob die Auffassung zutreffe, ein Anspruch der Beklagten könne niemals bestehen, wenn er von vornherein Prüfungsrechte voraussetze, die nach den grundgesetzlichen Verwaltungskompetenzen ausgeschlossen seien. Der Beklagten stehe auch kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu. Offen bleiben könne, ob ein solcher Anspruch bereits durch Art 104a Abs 5 GG im Rahmen des Art 106 Abs 8 GG gesperrt sei. Jedenfalls habe der Kläger die im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel aus den angeführten verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus mit Rechtsgrund erhalten. Eine Zweckverfehlung liege nicht vor, da es sich bei den streitigen Leistungen um Eingliederungsleistungen nach §§ 14 ff SGB II unabhängig davon handele, ob im Hinblick auf § 16 SGB II eine rechtswidrige Leistungsgewährung erfolgt sei. Aus § 6b Abs 5 SGB II könne die Beklagte nichts für sich herleiten, da diese Bestimmung erst zum 1.1.2011 in Kraft getreten sei. Das LSG hat die Revision zugelassen.
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Mit ihrer Revision vom 26.9.2012 gegen das am 30.8.2012 zugestellte Urteil rügt die Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht, nämlich der § 6b Abs 2 S 1 SGB II, § 31 SGB I, Art 104a Abs 5 S 1, Art 106 Abs 8 GG sowie schließlich des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Das LSG verkenne, dass dem Kläger die im HKR-Verfahren zugewiesenen Bundesmittel vermögensrechtlich nicht endgültig zugewiesen seien, sondern unter dem Vorbehalt der späteren Nachprüfung gemäß § 1 der Verwaltungsvereinbarung stünden und lediglich von ihm bewirtschaftet würden. Insoweit sei es nicht die Beklagte, der ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der an sie unter Vorbehalt zurückgezahlten Mittel zur Seite stehen müsse, sondern dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II. Unerheblich sei, ob der Kläger Leistungen mit Bindungswirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt habe. Dieser Umstand betreffe allein das Außenverhältnis, nicht hingegen das für die Finanzierungslast maßgebliche Innenverhältnis der Träger untereinander. Die Bestimmungen der §§ 44 ff SGB X dienten dem Vertrauensschutz der Leistungsberechtigten, nicht dem der Bewilligungsbehörde. Die Finanzierungslast des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II, die gegenüber der Regelung in § 46 SGB II eigenständig sei, beschränke sich auf materiell rechtmäßige Aufwendungen der zugelassenen kommunalen Träger. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Normierung eines Erstattungsanspruchs könne nicht gefolgert werden, dass sich die Finanzierungslast des Bundes auch auf rechtswidrig gewährte Leistungen erstrecke. Dies folge auch aus § 31 SGB I. Die Finanzierungslast sei nicht entsprechend § 46 Abs 1 S 1 SGB II zu behandeln, da § 46 SGB II lediglich die Finanzierungszuständigkeit regele, nicht hingegen den Umfang der zu tragenden Aufwendungen. Aus dem Fehlen direkter Aufsichtsbefugnisse der Beklagten gegenüber zugelassenen kommunalen Trägern könne ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Finanzierungslast des Bundes auch rechtswidrig gewährte Leistungen umfasse bzw der Beklagten kein Erstattungsanspruch zustehe. Zudem sprächen der Wortlaut des § 6b Abs 2 S 1 SGB II ("die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende"), Sinn und Zweck der Vorschrift wie auch der gesetzessystematische Zusammenhang mit § 31 SGB I für eine Beschränkung der Finanzierungslast der Beklagten auf Aufwendungen der kommunalen Träger, die von Rechtsgrundlagen im SGB II gedeckt seien. Die kommunalen Träger dürften hinsichtlich der Gesetzesanwendung nicht freier gestellt werden als die BA. Dass die BA bei der Gewährung von Leistungen keine Erstattungspflicht treffe, sei sachlich gerechtfertigt, denn die Finanzbeziehung der Beklagten zu dieser beruhe nicht - wie bei kommunalen Trägern - auf Art 106 Abs 8 GG. Zudem seien die Aufsichtsbefugnisse unterschiedlich ausgestaltet. Gegenüber den Kommunen stehe der Beklagten - anders als gegenüber der BA gemäß § 47 SGB II - keine Weisungsbefugnis zu und somit auch keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit zwecks Beendigung rechtswidrigen Verhaltens. Lediglich der Bundesrechnungshof sei zur Prüfung befugt. Dem Kläger stünde es frei, im SGB II nicht vorgesehene Leistungen zu erbringen. Eine Erstattung der Aufwendungen hierfür könne allerdings nicht verlangt werden, denn der Beklagten solle durch § 6b SGB II nicht das finanzielle Risiko einer Falschanwendung des SGB II aufgebürdet werden. Anderenfalls könne der Kläger ohne jedes Risiko rechtswidrige Maßnahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu Lasten der Beklagten beschließen. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei verfassungskonform im Lichte des Art 106 Abs 8 GG auszulegen. Art 104a Abs 5 GG komme als Haftungsgrundlage nicht in Betracht, da diese Vorschrift von der Zweistufigkeit der Finanzverfassung ausgehe.
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Die Haftungskernrechtsprechung des BSG und des BVerwG sei auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragbar. Es gehe nicht um die Haftung einer Optionskommune, sondern um die Erstattungspflicht des Bundes. Das Urteil des LSG beruhe auf dieser fehlerhaften Gesetzesanwendung. Der Kläger habe durch eine Vermögensverschiebung, dh eine Leistung der Beklagten zugunsten des Klägers durch Schaffung einer Möglichkeit zum Mittelabruf, die von ihm im HKR-Verfahren tatsächlich abgerufenen Bundesmittel erlangt und so sein wirtschaftliches Vermögen vermehrt. Dies sei ohne Rechtsgrund erfolgt, da § 6b Abs 2 S 1 SGB II keine pauschale Mittelbereitstellung vorsehe, die zum Zeitpunkt der Mittelbereitstellung noch keinem konkret Letztberechtigten zugeordnet sei. Vielmehr folge § 6b SGB II dem Gedanken der Aufwendungserstattung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs 1 S 2 iVm § 3 Abs 3 der Verwaltungsvereinbarung. Die Auffassung der Beklagten werde durch § 7 iVm § 34 BHO bestätigt. Auf eine Entreicherung iS des § 818 Abs 3 BGB könne sich der Kläger als "öffentliche Hand" nicht berufen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch werde auch nicht durch Art 104a Abs 5 S 1 GG gesperrt, da sich ein Haftungsverhältnis im Sinne dieser Norm auf das Verhältnis Bund-Land beschränke.
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Der Erstattungsanspruch der Beklagten folge zudem aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Dort seien Voraussetzungen als auch die Rechtsfolge eines materiellen Anspruchs festgelegt. Dies folge bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Dem stehe auch die Anknüpfung an § 6b Abs 2 S 1 SGB II nicht entgegen, denn dort sei kein Erstattungsanspruch geregelt. Auch § 5 Abs 4 der Verwaltungsvereinbarung spreche nicht gegen die Existenz eines materiellen Anspruchs in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Der Anspruch aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung beschränke sich auch nicht auf die Erstattung der in § 16 Abs 2 S 2 Nr 1 bis 4, § 22 und § 23 Abs 3 SGB II genannten Leistungen. Die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit von Prüfbefugnissen des Bundes lasse nicht auf das Fehlen eines Erstattungsanspruches schließen.
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Das LSG habe zumindest einen Rückforderungsanspruch aus Art 106 Abs 8 GG bejahen müssen. Diese Norm begründe einen verfassungsunmittelbaren Ausgleichsanspruch des Bundes für Überzahlungen gegenüber den Optionskommunen als "umgekehrter Leistungsanspruch". Nur so könne die materielle Beschränkung der Ausgleichsbefugnis des Bundes in Art 106 Abs 8 GG wirksam gewährleistet werden. Ein Verschulden aufseiten der Optionskommune als Anspruchsbeschränkung sehe dieser Anspruch des Bundes nicht vor. Die Begrenzung der Haftung für rechtswidriges Verwaltungshandeln auf die Fälle vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen sei nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der auf den hier zu beurteilenden Fall übertragbar wäre. Vielmehr beschränke sich dieser Kernbereich der Haftung auf die Fälle des Art 104a Abs 5 S 1 Halbs 2 GG und damit - der Rechtsprechung des BVerwG folgend - auf die Finanzbeziehungen gemäß Art 104a GG.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2012 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 4. Juni 2009 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er trägt vor, dass die Rechtsauffassung der Beklagten den Kläger einem unangemessenen Risiko aussetze, mit seinen sonstigen Haushaltsmitteln für ein der Leistungsgewährung immanentes Risiko einstehen zu müssen. Dem Kläger habe ein ursprünglicher, mit dem Mittelabruf bei der Beklagten im HKR-Verfahren erfüllter Anspruch gegen die Beklagte aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II auf Erstattung seiner Aufwendungen zugestanden. Die von ihm getätigten Aufwendungen seien der Aufgabenerfüllung nach dem SGB II zuzuordnen, wenn sie auch vom LSG im Einzelnen als rechtswidrig eingestuft worden seien. Die Kostentragungslast der Beklagten aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II erfasse in Übereinstimmung mit Art 106 Abs 8 GG auch Aufwendungen für rechtswidrige Maßnahmen, soweit sie in einem unmittelbaren inneren und äußeren Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende stehe. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei aufgaben- und nicht maßnahmenbezogen auszulegen. Insoweit verbiete sich die Gleichsetzung von Aufgabenerfüllung nach dem SGB II mit der rechtmäßigen Gewährung von Leistungen nach §§ 14 ff SGB II.
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Zu beachten sei bei der Auslegung des Gesetzes auch die Experimentierklausel des § 6a Abs 1 SGB II. Aus deren Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck folge, dass nicht nur verwaltungsorganisatorische Modelle im Wettbewerb stünden, sondern auch die inhaltliche Arbeit der Grundsicherungsträger. In sich widersprüchlich sei, wie inhaltlich identische Eingliederungsmaßnahmen in Wettbewerb zueinander treten sollten. Anderenfalls sei die Experimentierklausel funktionslos. Eine Weiterentwicklung sei nur möglich, wenn ein Entwicklungsspielraum bestehe. Gerade die Leistungsberechtigten nach dem SGB II bedürften dem individuellen Bedarf angepasste Leistungen, die nicht in ein starres Schema gepresst werden könnten. Demgegenüber seien die Leistungen nach dem SGB III für Kurzzeitarbeitslose konzipiert. § 31 SGB I stehe der klägerischen Auslegung der Experimentierklausel nicht entgegen, denn zum einen stelle § 6a Abs 1 S 2 SGB II das Gesetz dar, welches experimentelle Eingliederungsleistungen zulasse. Dass einzelne Kommunen ein anderes Förderkonzept entwickelten, sei also gesetzlich vorgesehen. Zum anderen setze sich die Rechtswirksamkeit einer Leistungsbewilligung unabhängig von deren Rechtmäßigkeit gegenüber Leistungsempfängern im Innenverhältnis zwischen Aufgaben- und Ausgabenträger fort. Anderenfalls werde eine Optionskommune dem Risiko ausgesetzt, der Beklagten Rückzahlungen leisten zu müssen, obwohl sie keine Möglichkeit habe, die bewilligten Leistungen nach §§ 45, 48 SGB X zurückzufordern. Aus Art 20 Abs 3 GG und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folge nicht, dass ein rechtswidriges Handeln im Einzelfall auf Ebene des Leistungsrechts nicht als Aufgabenerfüllung anzusehen wäre. Zwar könne sich daraus grundsätzlich auch ein Haftungsanspruch ergeben. Dieser könne sich aber finanzverfassungsrechtlich nur nach Art 104a Abs 5 GG richten. Eine anderweitige Haftung für fehlerhaftes, vom Bund finanziertes Verwaltungshandeln sehe das GG nicht vor. Daraus folge, dass entweder eine Haftung nur im Sinne des Haftungskerns bestehe oder überhaupt keine zwischen dem Kläger und der Beklagten, sondern zwischen der Beklagten und dem Land Nordrhein-Westfalen. Art 106 Abs 8 GG dürfe nicht in einer Art und Weise ausgelegt werden, die in Widerspruch zu den Wertungen des Art 104a GG stünde. Aus der Verwaltungsvereinbarung folge ebenfalls kein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers, da diese Vereinbarung keine Ansprüche begründe, sondern lediglich Verfahrensregelungen treffe. Die durch Einfügung des Art 91e GG und § 6b Abs 5 SGB II mit Wirkung zum 1.1.2011 geschaffene Rechtslage bestätige die Rechtsauffassung des Klägers.
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Der von der Beklagten behauptete Rückforderungsanspruch trete zudem neben die normativ unberührt bleibende Aufsicht der zuständigen Landesbehörde, die auch nicht lückenhaft, sondern umfassend sei. Die Rechtmäßigkeitsprüfung der Beklagten habe den Charakter einer repressiven Aufsichtsmaßnahme. Dies entwerte die Aufsichtsbefugnisse des Landes nach § 47 Abs 2 SGB II. Der Kläger könne, träfe die Rechtsauffassung der Beklagten zu, seiner eigenen Rechts- und Fachaufsicht nicht mehr vertrauen, sondern müsse sich der zusätzlichen faktischen Rechtsaufsicht der Beklagten unterwerfen. Hinzu komme, dass das BMAS es in der Vergangenheit abgelehnt habe, einzelne Maßnahmen und Leistungen im Vorweg auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und den Optionskommunen eine verbindliche Rechtsauffassung mitzuteilen.
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Die gewährten Ausbildungskostenzuschüsse seien rechtmäßig. Letztere hätten rechtmäßig nach § 16 Abs 2 SGB II aF bewilligt werden können. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift habe kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zu den Leistungen nach § 16 Abs 1 SGB II bestanden. Gegenüber den Ausbildungskostenzuschüssen nach §§ 235 ff SGB III habe es sich um andere Leistungen im Sinne eines "aliud" gehandelt, da sie sich an einen anderen Personenkreis gerichtet und daher keine Leistungen nach dem SGB III aufgestockt hätten. Dementsprechend entfalteten die §§ 235 ff SGB III keine Sperrwirkung gegenüber den vom Kläger geleisteten Ausbildungskostenzuschüssen.
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Auch die gewährten Selbstvermittlungsprämien seien rechtmäßig. Die zum SGB III entwickelten Grundsätze seien auf das SGB II nicht übertragbar. Das Alg II sei, anders als das Alg I, in seiner Höhe nicht von einer persönlichen Leistungserbringung der Arbeitsuchenden abhängig. Dies eröffne einen Spielraum für zusätzliche Anreizsysteme, um die Eigeninitiative auf ein Maß auszudehnen, welches über das Sanktionensystem des § 31 SGB II nicht erreicht werden könne. Die Beklagte verhalte sich zudem widersprüchlich, da sie in ihrer Arbeitshilfe zu sonstigen weiteren Leistungen selbst "Prämien als Anreiz für selbstgesuchte Arbeit/betriebliche Ausbildung" genannt habe.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
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1. a) Das BSG ist als Revisionsgericht zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit berufen. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG gemäß § 39 Abs 2 SGG ist hingegen nicht gegeben. Nach § 39 Abs 2 S 1 SGG wäre das BSG im ersten und letzten Rechtszug zur Entscheidung über Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern in den in § 51 SGG genannten Angelegenheiten berufen. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
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Zwar sind die Kommunen - wie hier der klagende Landkreis - im nach dem GG zweigegliederten Verfassungsstaat rechtlich den Bundesländern zuzuordnen (Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Vor Art 104a RdNr 1). Entscheidend für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG - wie auch für die entsprechenden Streitigkeiten gemäß § 50 VwGO vor dem BVerwG - ist jedoch die formale Beteiligtenstellung als Bundesland, was eine Beteiligtenstellung von Kommunen in Streitigkeiten nach § 39 Abs 2 S 1 SGG ausschließt(vgl Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 24. Aufl 2012, § 50 RdNr 8). Klagt also eine Kommune einen ihr vermeintlich zustehenden Anspruch gegenüber dem Bund ein, sind hierfür die Sozialgerichte sachlich und in erster Instanz zuständig (vgl § 8 SGG). So liegt es auch hier.
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Die durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.3.2011 (BGBl I 453) mit Wirkung vom 1.4.2011 in § 29 Abs 2 Nr 3 SGG eingefügte Zuweisung von Klagen in Angelegenheiten der Erstattung von Aufwendungen nach § 6b SGB II an die Landessozialgerichte, die in erster Instanz zu entscheiden haben, hat keinen Einfluss auf das hier geführte Verfahren. Denn auf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits anhängige Klagverfahren - der Anspruch des Klägers wurde am 18.11.2008 beim SG anhängig gemacht - wirkt sich eine Änderung der (instanziellen) Zuständigkeit gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori (vgl § 98 SGG iVm § 17 Abs 1 S 1 GVG) nicht aus (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 29 RdNr 4).
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b) Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß §§ 77 ff SGG bedurfte es nicht, da ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X zwischen den Beteiligten nicht zu ergehen hatte(vgl hierzu Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 522) und nicht ergangen ist.
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2. Die Revision ist indes nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung von 164 554 Euro zu. Dieser Anspruch folgt aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, denn der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Erstattung gegenüber dem Kläger zu. Zwar wäre ein solcher Erstattungsanspruch weder durch den in Art 104a Abs 5 GG normierten Haftungsanspruch noch durch andere Erstattungsregelungen ausgeschlossen. Es fehlt aber zum Teil an einem Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers, zum Teil an einem vorwerfbaren Verhalten des Klägers.
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a) Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) gewährleisteten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts (stRspr, vgl zB BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153; BSG Urteil vom 22.7.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2; BSG Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R - BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2; BSG Urteil vom 27.8.2011 - B 4 AS 1/10 R - BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9; aus der Literatur zB Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1239). Mit ihm soll eine dem materiellen Recht widersprechende Vermögensverschiebung wieder rückgängig gemacht werden können. Soweit eine spezialgesetzliche Regelung - wie zB in dem mit Wirkung zum 1.1.2011 in § 6b Abs 5 SGB II eingefügten Erstattungsanspruch - nicht existiert, entsprechen die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs(stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R - BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7, RdNr 14; BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 13 mwN; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 21; Luik, jurisPR-SozR 6/2013, Anm 1). Abweichungen von den zivilrechtlich anerkannten Grundsätzen sind für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nur dann anzuerkennen und erforderlich, wenn und soweit dort eine andere Interessenbewertung geboten ist (BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153).
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Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass in einer als öffentlich-rechtlich einzustufenden Rechtsbeziehung eine nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende Vermögensverschiebung stattgefunden hat und dem Anspruchsgegner kein Rechtsgrund zur Seite steht, das aufgrund der Vermögensverschiebung Erlangte behalten zu dürfen. Kennzeichnend für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ist nicht die Rechtswidrigkeit der Handlung, sondern die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung (Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1236; Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 515). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
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Die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung ist, da sie allein von Vorschriften des öffentlichen Rechts beherrscht wird, dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl allg Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 159; Henneke, DÖV 2012, 165, 174). Das Vermögen der Beklagten ist auch im Sinne einer Vermögensverschiebung gemehrt worden. Die Beklagte hat durch die unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte Zahlung des Klägers am 11.11.2008 etwas erlangt, nämlich eine Gutschrift in Höhe desjenigen Betrages, welchen der Kläger ihr überwiesen hat. Dass der Kläger diesen Betrag zuvor selbst im HKR-Verfahren abgebucht hat, steht dem nicht entgegen, denn rechtlich maßgeblich für die Betrachtung der Vermögensmehrung ist der jeweils einzelne Zahlungs-/Buchungsvorgang. Die Gutschrift hat die Beklagte ohne Rechtsgrund erlangt. Diese Vermögensverschiebung widersprach der objektiven Rechtslage. Die vom Kläger zunächst im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel standen vermögensrechtlich betrachtet dem Kläger zu, denn sie waren ihm seitens des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II(idF des Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22.12.2005, BGBl I 3675) bzw nach Art 106 Abs 8 GG zu gewähren.
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b) Der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Rückzahlung der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel gegenüber dem Kläger zu.
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aa) Für das hier maßgebliche Jahr 2006 kommt zunächst § 6b Abs 5 SGB II als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Diese Vorschrift stellt zwar eine besondere Kodifizierung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für das Haftungsverhältnis zwischen dem Bund und den Optionskommunen dar (BT-Drucks 17/1555 S 16; Schumacher in Oestreicher, SGB II/XII, § 6b RdNr 5 [Stand: 10/2012]). Sie ist jedoch gemäß Art 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) erst zum 1.1.2011 in Kraft getreten und zeitigt für den hier zu beurteilenden Fall keine Wirkungen.
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bb) Ein Erstattungsanspruch der Beklagten folgt hier auch nicht aus §§ 102 ff SGB X, denn vorliegend geht es nicht etwa um das Erstattungsverhältnis mehrerer Sozialleistungsträger untereinander hinsichtlich der Frage, wer letztlich gegenüber einem Leistungsberechtigten Sozialleistungen zu erbringen hat, sondern ausschließlich um die (Re-)Finanzierung der erbrachten Sozialleistungen im Innenverhältnis(vgl BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 15). Da die Optionskommunen als im sozialrechtlichen Außenverhältnis alleiniger Sozialleistungsträger nicht nur für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 2, sondern auch für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II ergebenden Aufgaben zuständig sind(vgl § 6b Abs 1 SGB II) und lediglich die Finanzierung der Aufgaben nicht allein durch die Optionskommunen erfolgt, steht hier kein Konkurrenzverhältnis zweier Sozialleistungsträger im Außenverhältnis infrage. Der Bund als die Optionskommunen (mit-)finanzierende Körperschaft tritt nur in dieser Funktion in das Geschehen, nicht hingegen als Sozialleistungsträger iS des § 12 S 1 SGB I.
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cc) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger folgt nicht aus § 5 Abs 2 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung. Offen bleiben kann insoweit, ob hinsichtlich der Ausgestaltung einer Finanzbeziehung nach Art 106 Abs 8 GG wie auch hinsichtlich einer eventuell bestehenden Ausgleichspflicht der Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten überhaupt zulässig ist (bejahend zB Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, 68. Aufl 2013, Art 106 RdNr 101; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 9; wohl auch Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 56; ablehnend Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 104a RdNr 49). Jedenfalls stellt § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung schon keine Anspruchsgrundlage materiellen Inhalts dar, auf welche sich die Beklagte stützen könnte, um den Erhalt der Zahlung dauerhaft zu rechtfertigen. Der Vertragsbestimmung kommt lediglich der Charakter einer Verfahrensvorschrift zu. Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass eine Erstattung des Klägers gegenüber der Beklagten von der nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II aF maßgeblichen Rechtslage und damit von einer korrekten vermögensrechtlichen Zuordnung der gewährten Mittel zum Bund abhängig ist(vgl Henneke, Der Landkreis 2012, 553). Allein die verfahrensrechtlichen Modalitäten einer Erstattung (Zahlungszeitpunkt, Konto) sind eigenständig in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung geregelt. Dasselbe folgt aus einer systematischen Betrachtung der Vorschrift. So weist die Präambel der Verwaltungsvereinbarung darauf hin, dass Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung "Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen" sind. Dass gemäß § 5 Abs 4 die Prüfungsbefugnisse des Landes sowie des Bundesrechnungshofes unberührt bleiben sollen, spricht bei systematischer Betrachtung des § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung ebenfalls gegen das Bestehen eines Erstattungsanspruchs aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung, denn eine eigenständige Feststellung einer Überzahlung durch die Beklagte wäre eine unmittelbare Einflussnahme auf den Kläger in seiner Funktion als Sozialleistungsträger und käme einer aus Sicht des Klägers zusätzlichen und nach dem Gesetz nicht vorgesehenen Aufsicht des Bundes gegenüber dem Kläger gleich(LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 19.4.2012 - L 6 AS 16/09 - juris RdNr 37 mwN).
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dd) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht unmittelbar aus Art 106 Abs 8 GG. Diese Norm stellt keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von den Optionskommunen bereitgestellten Mitteln zur Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II dar. Es entspricht zwar der vorherrschenden Meinung in der Literatur, dass die nach § 6b Abs 2 SGB II erfolgende Tragung der Aufwendungen aufgrund des verfassungsrechtlich prinzipiell bestehenden Verbots von Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und Gemeinden bzw Gemeindeverbänden bis zum 31.12.2010 allein auf Grundlage des Art 106 Abs 8 GG vonstattengehen konnte. Aus der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer direkten Finanzbeziehung zwischen den Beteiligten ist jedoch nicht auch der Schluss zu ziehen, die eine Finanzierung erlaubende Norm beinhalte zugleich eine Rechtsgrundlage für einen (öffentlich-rechtlichen) Erstattungsanspruch oder gar eine Haftungsnorm. Derartiges lässt sich weder dem Wortlaut der Norm, der Systematik des Gesetzes noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Art 106 Abs 8 GG schafft seinem Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck nach einen Anspruch auf Ausgleich von Sonderbelastungen der Kommunen bzw Kommunalverbänden. Eine Rückabwicklung des Sonderbelastungsausgleichs ist - anders als dies explizit in Art 104a Abs 5 S 1 GG für die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und nun auch in Art 91e GG iVm einem Ausführungsgesetz vorgesehen ist - nicht normiert worden. Gerade diese Nichtnormierung eines Erstattungs- oder Haftungsanspruchs lässt auf ein beredtes Schweigen des Verfassungsgebers im Rahmen des Art 106 Abs 8 GG schließen. Hiermit unvereinbar ist es, wenn man Art 106 Abs 8 GG - wie es die Beklagte vorträgt - zugleich eine Haftungsregelung als Korrelat der Finanzierungsbefugnis entnehmen möchte.
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ee) In Betracht kommt lediglich ein Anspruch auf Zahlung aufgrund eines daneben anwendbaren allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Doch auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch steht der Beklagten im Ergebnis nicht als Rechtsgrund gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch zur Seite.
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(1) Die Anwendbarkeit der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im hier zu beurteilenden Fall ist nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil sich eine zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Haftungsbeziehung ausschließlich nach Art 104a Abs 5 S 1 GG richtete. Die durch das Finanzreformgesetz vom 12.5.1969 (BGBl I 359) in das GG eingefügte Bestimmung des Art 104a Abs 5 S 1 GG stellt zwar eine unmittelbar geltende sondergesetzliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Vermögensschäden dar, die durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln entstanden sind (BVerfG Urteil vom 17.10.2006 - 2 BvG 1/04, 2 BvG 2/04 - BVerfGE 116, 271, 318 = juris RdNr 121 ff; BVerwG Urteil vom 18.5.1994 - 11 A 1/92 - BVerwGE 96, 45; BVerwG Urteil vom 30.11.1995 - 7 C 56/93 - BVerwGE 100, 56; Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 104a RdNr 47; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 68; Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 317 ff [Stand: 5/2003]; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11), ohne dass es eines Ausführungsgesetzes nach Art 104a Abs 5 S 2 GG bedürfte. Sie verdrängt andere Haftungs- und Erstattungsgrundlagen indes nur im Rahmen ihres eigenen Anwendungsbereichs. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG. Dieser hat klargestellt, dass die Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im Falle des Vorliegens eines Haftungsverhältnisses iS des Art 104a Abs 5 S 1 GG nicht in Betracht kommt (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 = juris RdNr 59).
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Das Haftungsverhältnis iS des Art 104a Abs 5 S 1 GG ist - auch mangels eines Ausführungsgesetzes gemäß Art 104a Abs 5 S 2 GG - auf eine Haftung zwischen Bund und Ländern beschränkt. Auf eine Haftung zwischen Bund und Kommunen bzw ihren Verbänden ist Art 104a Abs 5 S 1 GG dementsprechend nicht unmittelbar anwendbar (Henneke in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl 2011, Art 104a RdNr 42; Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 169, 171; Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 323 f, 349 [Stand: 5/2003]; vgl auch Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 72; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 104a RdNr 55; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 163). Dem GG ist nicht zu entnehmen, dass die Haftung nach Art 104a Abs 5 GG als im Rahmen der Finanzverfassung vollständig abschließende Regelung der Erstattungs- und Haftungsbeziehungen zu verstehen ist (vgl BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153). Sie bezieht sich lediglich auf die in den vorstehenden Absätzen des Art 104a GG umschriebenen Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern (BVerwG Urteil vom 27.3.1980 - IV A 1.77 - juris RdNr 19; aA Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 171).
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In der hier vorliegenden und durch die Beteiligung anderer als allein des Bundes und eines Landes gekennzeichneten Erstattungsbeziehung bleibt mangels eines Ausführungsgesetzes nach Art 104a Abs 5 S 2 GG Raum für die grundsätzliche Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Eine Finanzbeziehung iS des Art 104a GG liegt zwischen den Beteiligten nicht vor, denn die Finanzierung der Optionskommunen als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende richtete sich bis zum 31.12.2010 allein nach Art 106 Abs 8 GG (Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63). Diese Norm stellt eine Durchbrechung der in Art 104a GG vorgesehenen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern dar (Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art 106 RdNr 1200 [Stand: 11/2002]). Dass der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Fallgestaltungen wie der vorliegenden weiter anwendbar bleibt, wird bestätigt durch die Gesetzgebungsmaterialien zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112), wenn dort die Einfügung des § 6b Abs 5 SGB II als eine klarstellende gesetzliche Verankerung des allgemein gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zwischen dem Bund und Kommunen bzw Kommunalverbänden angesehen wird(BT-Drucks 17/1555 S 16).
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(2) Der Kläger hat die von ihm zunächst abgerufenen Mittel mit Rechtsgrund erhalten, denn sie waren ihm vermögensrechtlich endgültig zugeordnet. Die Zuordnung der im HKR-Verfahren bereitgestellten Mittel richtet sich nach der rechtlichen Grundlage der Finanzierung der Aufgaben der Optionskommunen. Die Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung der Optionskommunen findet seine Rechtsgrundlage finanzverfassungsrechtlich in Art 106 Abs 8 GG, einfachgesetzlich in § 6b Abs 2 S 1 SGB II.
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Systematisch betrachtet behandelt § 6b Abs 2 S 1 SGB II die Kostentragung, nicht hingegen Erstattungsfragen. Dass Erstattungsforderungen "umgekehrte Leistungsansprüche" darstellen, führt nicht automatisch dazu, in eine Kostentragungsregelung eine Erstattungsregelung hineinlesen zu können. Tatbestandliche Voraussetzung des § 6b Abs 2 S 1 SGB II ist, dass die Aufwendungen solche der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind. Dieser Begriff ist aufgaben- und nicht maßnahmebezogen auszulegen.
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(3) Aus der Verfassung ergibt sich keine andere Auslegung des § 6b Abs 2 S 1 SGB II. Die Voraussetzungen des Art 106 Abs 8 GG für eine Leistung an den Kläger lagen vor. Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund gemäß Art 106 Abs 8 GG den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt. Gerade die Finanzierung der Optionskommunen iS des § 6a SGB II wurde als ein Anwendungsfall der verfassungsrechtlich zulässigen Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Kommunen bzw ihren Verbänden angesehen(vgl Hermes in Dreier, GG, 2. Aufl Supplementum 2010, Art 91e RdNr 52; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 57; D. Oppermann, DVBl 2005, 1008, 1012; Korioth, DVBl 2008, 812, 819; Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63; ders, Der Landkreis 2012, 553). Die Vorschrift gewährt einen verfassungsrechtlich abgesicherten, vor den Verwaltungsgerichten einklagbaren Anspruch, der von den Kommunen unmittelbar gegenüber dem Bund geltend gemacht werden kann (Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 147; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 108; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 55; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 106 ff; Henneke, DÖV 2012, 165, 173).
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Die nach Art 106 Abs 8 GG zu gewährenden Mittel sind aber nach ihrer Auskehrung haushaltstechnisch den Ländern bzw den Kommunen zuzuordnen (Schwarz, DVBl 2011, 135, 137 f; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f), denn die Optionskommunen nehmen die Aufgaben nach dem SGB II als eigene Aufgaben wahr. Zwar trifft es zu, dass die für diese Aufgabenwahrnehmung bereitgestellten Mittel ihrer Herkunft nach solche des Bundes sind. Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommune liegt es aber nicht so, dass der Kläger Bundesmittel "bewirtschaften" würde (Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f). Das HKR-Verfahren stellt insoweit einen rein technischen Umsetzungsakt dar. Trotz der Finanzierung durch den Bund bleibt es bei der Verwaltungskompetenz der Gemeinden. Dies hat - entgegen anderweitiger Inhalte der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung - auch die Beklagte zu beachten.
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Der Beklagten ist in ihrer Auslegung des Begriffs "erforderlicher Ausgleich" nicht zu folgen. Insbesondere ist das Merkmal der Erforderlichkeit nicht in dem Sinn zu verstehen, dass ein Ausgleich für die Sonderbelastung gemäß Art 106 Abs 8 GG nur dann zu gewähren wäre, wenn sich der Empfänger des Sonderbelastungsausgleichs - hier also die klagende Optionskommune - objektiv gesetzeskonform verhält und gänzlich fehlerfrei Leistungen nach dem SGB II gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und auszahlt. Dem auf der Rechtsfolgenseite der Norm angesiedelten und die Rechtsfolge begrenzenden Tatbestandsmerkmal der "Erforderlichkeit" kommt nach vorherrschender Auffassung (vgl Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art 106 RdNr 1262 [Stand: 11/2002]; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 109; Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 154, 156; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 121) gegenüber dem Unzumutbarkeitskriterium keine eigenständige Bedeutung zu, sondern wird durch das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit definiert. Erforderlich ist ein Ausgleich iS des Art 106 Abs 8 GG immer dann, wenn die Belastung der Kommune anderenfalls unzumutbar wäre (Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 109). Die Unzumutbarkeit ist nach Billigkeitsgesichtspunkten festzustellen. Dabei ist insbesondere die Finanzkraft einer Gemeinde in den Blick zu nehmen (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 107; Bleckmann, DVBl 1970, 920). Handelt es sich bei der auf eine Gemeinde zukommenden Belastung nicht um eine bloße Bagatelle, ist die Sonderbelastung als unzumutbar anzusehen. Bei den mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II verbundenen Belastungen einer Kommune handelt es sich aufgrund ihres finanziellen Volumens offenkundig nicht um eine Bagatelle.
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(4) Rechtliche Grundlage für die Gewährung von nicht ausdrücklich im SGB II selbst geregelten Eingliederungsmaßnahmen ist hier § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; nun: § 16f Abs 1 SGB II). Danach konnten über die in § 16 Abs 1 SGB II aF genannten Leistungen des SGB III hinaus weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erforderlich waren. Der Wortlaut des § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF ließ - ähnlich wie die freie Förderung gemäß § 10 SGB III aF - die Möglichkeit offen, alternative Modelle der Eingliederung von Leistungsberechtigten zu erproben. Die Anwendung der Norm stand sowohl den Optionskommunen als auch den Agenturen für Arbeit offen. In diesem Sinne ergab sich im streitgegenständlichen Zeitraum ein gesetzlich vorgesehenes "Leistungserfindungsrecht" sowohl der Agenturen für Arbeit als auch der Optionskommunen. Der sog "Experimentierklausel" des § 6a SGB II kommt dabei keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.
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Sowohl für die Arbeitsagenturen als auch die Optionskommunen galt jedoch, dass sich die zu gewährenden Leistungen im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Prinzipien halten mussten. Dabei waren die Aufgaben und Ziele des SGB II zu berücksichtigen. Die Aufgaben und Ziele des SGB II ergeben sich aus dessen § 1(Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 31 [Stand: 6/2007]; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 16 RdNr 175). Darüber hinaus zu beachten sind die in §§ 2, 3 SGB II niedergelegten Grundsätze(BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 = juris RdNr 27; Harks in Schlegel/Voelzke/Radüge, jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 16 RdNr 70). Die hinsichtlich der Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF in das Ermessen der Verwaltung gestellte Leistungsgewährung nach dem SGB II muss gemäß § 3 Abs 1 S 1 SGB II aF allgemein der Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit, soweit erforderlich, dienen. § 16 Abs 2 S 2 SGB II aF stand der Gewährung nicht ausdrücklich im SGB II selbst geregelter Leistungen nicht entgegen, da die Vorschrift lediglich vom kommunalen Träger zu gewährende Leistung als Regelbeispiele ohne abschließenden Charakter nannte. Auch wenn eine ausdrückliche Normierung des sog "Aufstockungsverbots" bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.7.2006, BGBl I 1706; heute: § 16f Abs 2 S 3 SGB II) nicht in § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF erfolgte, ergab sich dessen Geltung indes aus dem Regelungszusammenhang, um eine Verwerfung mit dem Regelungsgefüge des SGB III zu vermeiden. Zudem hätte ein Widerspruch zum Zweck des § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF bestanden, ergänzende und innovative Unterstützungsleistungen bereitzustellen(Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 31 [Stand: 6/2007]). Die nachträgliche Normierung des Aufstockungsverbotes im SGB II hatte insoweit lediglich klarstellenden Charakter (BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 = juris RdNr 18).
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(5) Unter Berücksichtigung des Vorgenannten bewegt sich die Gewährung der vom Kläger aufgelegten Maßnahme "Ausbildungskostenzuschuss" im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Ziele, Zwecke und Prinzipien. Hierbei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber selbst durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen vom 26.8.2008 (BGBl I 1728) mit Wirkung vom 30.8.2008 durch § 421r SGB III einen Ausbildungsbonus an Arbeitgeber bzw Ausbildende eingeführt hat, wenngleich diese Norm nicht in den Katalog der nach § 16 Abs 1 SGB II leistbaren Förderungen aufgenommen, sondern selbst nach Einführung weiterer Fördermöglichkeiten in das SGB III(insbesondere § 421t Abs 4 bis Abs 6 SGB III), auf die § 16 Abs 1 SGB II aF verwies, ausgenommen blieb. Die aus § 421r SGB III folgenden Leistungen wurden von den Agenturen für Arbeit indes auch zugunsten von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Sinne des SGB II erbracht. Eine explizite Aufnahme in den Leistungskatalog des § 16 Abs 1 SGB II erübrigte sich damit(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 421r RdNr 14 [Stand: 3/2010]; Leopold in BeckOK-Sozialrecht, SGB III, § 421r RdNr 4 [Stand: 3/2012]). Für die Rechtmäßigkeit der vom Kläger gewährten Ausbildungskostenzuschüsse spricht zudem, dass § 16 Abs 1 SGB II aF durch den dort enthaltenen Verweis auf das Fünfte Kapitel des SGB III eine Förderung nach § 235a SGB III aF zuließ, der ebenfalls eine Ausbildungsförderungsleistung an Menschen mit Behinderungen vorsah. Die vom Kläger vorgesehenen Leistungen waren zwecks Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich iS des § 3 Abs 1 SGB II. Mit Blick auf § 235a SGB III liegt keine nach dem SGB II verbotene Aufstockung anderer Leistungen vor, da sich die Leistungen an einen anderen Personenkreis richteten und somit ein "aliud" ihnen gegenüber darstellten. Die Leistung nach § 235a SGB III aF sollte Menschen mit Behinderungen begünstigen, die vom Kläger gewährten Ausbildungskostenzuschüsse dagegen Leistungsberechtigte "mit multiplen Vermittlungshemmnissen". Hierzu gehören nicht nur Behinderungen iS des § 2 Abs 2 SGB IX, sondern auch eine Vielzahl anderer Faktoren, die einer möglichst zügigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt entgegenstehen.
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(6) Anders als die Ausbildungskostenzuschüsse entspricht die Gewährung von sog Selbstvermittlungsprämien nicht den dem SGB II zugrunde liegenden Prinzipien, insbesondere nicht den Leistungsgrundsätzen in §§ 2, 3 SGB II. Gemäß § 2 Abs 2 S 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. Damit unvereinbar ist die Gewährung einer Selbstvermittlungsprämie, da sie hauptsächlich darauf abzielt, einen zusätzlichen Anreiz dafür zu schaffen, den ohnehin von § 2 SGB II vorgegebenen Obliegenheiten zur Entfaltung einer Eigeninitiative nachzukommen. Wie bereits das SG zutreffend erkannt hat, fehlt es zudem an einer Erforderlichkeit dieser Leistung zur Eingliederung von Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben iS des § 3 SGB II aF, da es diesen ohnehin bereits nach dem Gesetz obliegt, sich eigenständig um eine Beschäftigungsmöglichkeit zu bemühen(so auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 2.2.2011 - L 12 AS 1104/10 - juris RdNr 43; nicht problematisiert in SG Karlsruhe Urteil vom 27.9.2006 - S 6 AS 3333/06 - juris). Diese Obliegenheit sichert das Gesetz zusätzlich über §§ 10, 31 ff SGB II ab. Eines darüber hinausgehenden weiteren "Anreizes" bedarf es nicht. Als eine besondere Form der Mobilitätshilfe zwecks Anbahnung oder Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses kann die Selbstvermittlungsprämie nicht verstanden werden, da sie lediglich im Erfolgsfalle gewährt wird, nicht auch unabhängig davon, ob es zum Abschluss eines Arbeitsverhältnisses kommt.
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(7) Selbst wenn aber die Gewährung einer Selbstvermittlungsprämie nicht den Zielen und Zwecken des SGB II entspricht, führt der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch hier nicht zu einem teilweisen Erfolg der Revision. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im Verhältnis des Bundes zu einem Land greift nicht bereits bei jeglicher fahrlässigen Falschanwendung des Gesetzes ein, sondern lediglich bei grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Fehlverhalten (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 72). Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn sich die fehlerhafte Anwendung des Rechts bei der Leistungsgewährung erst nachträglich aufgrund einer geläuterten Rechtsauffassung ergibt. Dieser Haftungseinschränkung, die mit den Grundsätzen der Haftungskernrechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerwG übereinstimmt und Art 104a Abs 5 S 1 GG entlehnt ist, bedarf es, weil anderenfalls in der - nun erst durch Art 91e GG "legalisierten" - direkten Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommune eine weitergehende Haftung bestünde als in der finanzverfassungsrechtlich prinzipiell allein vorgesehenen Haftungsbeziehung zwischen Bund und Ländern. Dem Bundesland, in welchem sich die jeweilige Optionskommune befindet, stünde es nach der Finanzverfassung frei, den einer ihm angehörigen Kommune entstehenden vermögensrechtlichen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation gegenüber dem Bund geltend zu machen (Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11). In diesem Fall richtete sich die Haftungsbeziehung allein nach Art 104a Abs 5 S 1 GG. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch käme daneben nicht zur Anwendung (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1, RdNr 59-60). Die Nichteinschaltung des jeweiligen Bundeslandes, in welchem sich die an einem Haftungsverhältnis beteiligte Kommune befindet, in das Streitverhältnis kann nicht eine erleichterte, weil verschuldensunabhängige Haftung einer Kommune zur Folge haben. Insoweit ist eine erstattungs- wie auch haftungsrechtliche Gleichstellung geboten.
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Dem LSG ist darin zuzustimmen, dass die Gewährung der von der Beklagten beanstandeten Leistung "Selbstvermittlungsprämie" sich im streitgegenständlichen Jahr 2006 nicht als grob fahrlässig oder vorsätzlich dargestellt hat. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund anzunehmen, dass die Rechtswidrigkeit der Selbstvermittlungsprämien erst zu einem späteren Zeitpunkt durch die Rechtsprechung festgestellt wurde. Das SG Karlsruhe (Urteil vom 27.9.2006 - S 6 AS 3333/06 - juris) und das Hessische LSG (Urteil vom 14.2.2001 - L 6 AL 926/00 - juris) hatten die Rechtmäßigkeit dieser Leistung zur Eingliederung nicht vor dem Hintergrund der Ziele, Zwecke und Prinzipien des SGB II bzw SGB III problematisiert. Beide Gerichte haben diese Leistung zugesprochen. Im Bereich der freien Förderung nach § 10 SGB III aF hat sich erstmalig das LSG Niedersachsen-Bremen(Urteil vom 23.1.2007 - L 7 AL 524/03 - nicht veröffentlicht) positioniert, als es die Rechtswidrigkeit einer Selbstvermittlungsprämie für den Bereich der Arbeitsförderung nach dem SGB III angenommen hat. Für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat - soweit erkennbar - erstmalig das SG die Rechtswidrigkeit bejaht, eine obergerichtliche Entscheidung findet sich erst im Jahr 2011 (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 2.2.2011 - L 12 AS 1104/10 - juris RdNr 43). Andere Judikate sind - soweit ersichtlich - nicht vorhanden. Zwar sind Gerichtsentscheidungen Erkenntnisakte, wie das Recht von Anfang an zu verstehen war. Bei der Frage, ob sich ein Beteiligter schuldhaft verhalten hat, ist die Frage der Klärung einer Rechtsfrage durch die Rechtsprechung aber ein zu beachtender Gesichtspunkt. Zu berücksichtigen ist hier zudem, dass die BA die Gewährung von Selbstvermittlungsprämien gegenüber den ihr nachgeordneten Agenturen für Arbeit in der "Arbeitshilfe SWL" selbst als Beispiel für eine geeignete Maßnahme vorgeschlagen hatte. Vor diesem Hintergrund kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er grob fahrlässig oder gar vorsätzlich rechtswidrig gehandelt habe.
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Insoweit kommt es hier im Weiteren auch nicht darauf an, ob der Kläger die in ihrer Rechtmäßigkeit von der Beklagten bestrittenen Leistungen mit bindender Wirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und ausgezahlt hat und ob hier ein "Vertrauensschutz" des Klägers in sein Handeln anzuerkennen ist. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob sich der Kläger als Träger öffentlicher Gewalt auf eine Entreicherung iS des § 818 Abs 3 BGB analog, wie dies in der Rechtsprechung(s zB BVerwG Urteil vom 17.9.1970 - II C 48.68 - BVerwGE 36, 108, 113 f; BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 30) sowie im Schrifttum (s zB Gurlit in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, § 35 RdNr 27; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 26; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1251) ganz überwiegend abgelehnt wird, berufen kann.
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Dem Kläger stehen im Rahmen des hier streitgegenständlichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der nicht das Sozialleistungsverhältnis, sondern allein die (Re-)Finanzierung der Leistungen im Innenverhältnis betrifft (vgl BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 = juris RdNr 57 f; BVerwG Urteil vom 24.7.2008 - 7 A 2/07 - NVwZ 2009, 599), auch die bereits vom LSG zuerkannten Prozesszinsen gemäß § 288 Abs 1, § 291 BGB ihrer Höhe und ihrem Umfang nach zu.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 S 1 GKG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Revisionsinstanz lediglich über den Zahlungsantrag des Klägers zu befinden war.
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Bundesrechnungshof prüft die Leistungsgewährung. Dies gilt auch, soweit die Aufgaben von gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b wahrgenommen werden. Eine Pauschalierung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten ist zulässig. Die Mittel für die Erbringung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten werden in einem Gesamtbudget veranschlagt.
(2) Der Bund kann festlegen, nach welchen Maßstäben die Mittel nach Absatz 1 Satz 4 auf die Agenturen für Arbeit zu verteilen sind. Bei der Zuweisung wird die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach diesem Buch zugrunde gelegt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates andere oder ergänzende Maßstäbe für die Verteilung der Mittel nach Absatz 1 Satz 4 festlegen.
(3) Der Anteil des Bundes an den Gesamtverwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtungen beträgt 84,8 Prozent. Durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen festlegen, nach welchen Maßstäben
- 1.
kommunale Träger die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei der Bundesagentur abrechnen, soweit sie Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wahrnehmen, - 2.
die Gesamtverwaltungskosten, die der Berechnung des Finanzierungsanteils nach Satz 1 zugrunde liegen, zu bestimmen sind.
(4) (weggefallen)
(5) Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Ausgaben für die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Absatz 1. Der Bund beteiligt sich höchstens mit 74 Prozent an den bundesweiten Ausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1. Es gelten landesspezifische Beteiligungsquoten, deren Höhe sich nach den Absätzen 6 bis 10 bestimmt.
(6) Der Bund beteiligt sich an den Ausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 ab dem Jahr 2016
- 1.
im Land Baden-Württemberg mit 31,6 Prozent, - 2.
im Land Rheinland-Pfalz mit 37,6 Prozent sowie - 3.
in den übrigen Ländern mit 27,6 Prozent.
(7) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich jeweils
- 1.
im Jahr 2018 um 7,9 Prozentpunkte, - 2.
im Jahr 2019 um 3,3 Prozentpunkte, - 3.
im Jahr 2020 um 27,7 Prozentpunkte, - 4.
im Jahr 2021 um 26,2 Prozentpunkte sowie - 5.
ab dem Jahr 2022 um 35,2 Prozentpunkte.
(8) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich jeweils um einen landesspezifischen Wert in Prozentpunkten. Dieser entspricht den Gesamtausgaben des jeweiligen Landes für die Leistungen nach § 28 dieses Gesetzes sowie nach § 6b des Bundeskindergeldgesetzes des abgeschlossenen Vorjahres geteilt durch die Gesamtausgaben des jeweiligen Landes für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 des abgeschlossenen Vorjahres multipliziert mit 100.
(9) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich in den Jahren 2016 bis 2021 jeweils um einen weiteren landesspezifischen Wert in Prozentpunkten.
(10) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
- 1.
die landesspezifischen Werte nach Absatz 8 Satz 1 jährlich für das Folgejahr festzulegen und für das laufende Jahr rückwirkend anzupassen, - 2.
die weiteren landesspezifischen Werte nach Absatz 9 - a)
im Jahr 2019 für das Jahr 2020 festzulegen sowie für das laufende Jahr 2019 und das Vorjahr 2018 rückwirkend anzupassen, - b)
im Jahr 2020 für das Jahr 2021 festzulegen sowie für das laufende Jahr 2020 und das Vorjahr 2019 rückwirkend anzupassen, - c)
im Jahr 2021 für das laufende Jahr 2021 und das Vorjahr 2020 rückwirkend anzupassen, - d)
im Jahr 2022 für das Vorjahr 2021 rückwirkend anzupassen sowie
- 3.
die landesspezifischen Beteiligungsquoten jährlich für das Folgejahr festzulegen und für das laufende Jahr rückwirkend anzupassen sowie in den Jahren 2019 bis 2022 für das jeweilige Vorjahr rückwirkend anzupassen.
(11) Die Anteile des Bundes an den Leistungen nach § 22 Absatz 1 werden den Ländern erstattet. Der Abruf der Erstattungen ist höchstens zweimal monatlich zulässig. Soweit eine Bundesbeteiligung für Zahlungen geltend gemacht wird, die wegen des fristgerechten Eingangs beim Empfänger bereits am Ende eines Haushaltsjahres geleistet wurden, aber erst im folgenden Haushaltsjahr fällig werden, ist die für das folgende Haushaltsjahr geltende Bundesbeteiligung maßgeblich. Im Rahmen der rückwirkenden Anpassung nach Absatz 10 Satz 1 wird die Differenz, die sich aus der Anwendung der bis zur Anpassung geltenden landesspezifischen Beteiligungsquoten und der durch die Verordnung rückwirkend geltenden landesspezifischen Beteiligungsquoten ergibt, zeitnah im Erstattungsverfahren ausgeglichen. Die Gesamtausgaben für die Leistungen nach § 28 sowie nach § 6b des Bundeskindergeldgesetzes sowie die Gesamtausgaben für Leistungen nach § 22 Absatz 1 sind durch die Länder bis zum 31. März des Folgejahres zu ermitteln und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales mitzuteilen. Bei der Ermittlung ist maßgebend, dass diese Ausgaben im entsprechenden Jahr vom kommunalen Träger tatsächlich geleistet wurden; davon abweichend sind geleistete Ausgaben in Fällen des Satzes 3 den Gesamtausgaben des Jahres zuzurechnen, in dem sie fällig geworden sind. Die Ausgaben nach Satz 6 sind um entsprechende Einnahmen für die jeweiligen Leistungen im entsprechenden Jahr zu mindern. Die Länder gewährleisten, dass geprüft wird, dass die Ausgaben der kommunalen Träger nach Satz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist zulässig.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat Erfolg. Für den vorliegenden Streitgegenstand ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet.
3Der Senat ist schon in seinen Beschlüssen vom 22. August 2013 – 12 E 755/13, 12 E 756/13 und 12 E 757/13 – einem ausuferndem Verständnis des Merkmals „Ange-legenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende“ entgegengetreten und der Auffassung in dem – vom Verwaltungsgericht herangezogenen – Beschluss des VG Düsseldorf vom 3. Juli 2013 – 21 K 4502/13 – (juris) sowie in dem – ohnehin auf die speziellen Verhältnisse in Niedersachsen abstellenden - Beschluss des LSG Nieder-sachsen-Bremen vom 25. Februar 2010 – L 7 SF 2/09 – (NdsRpfl. 2010, 299, juris) nicht gefolgt. Zwar mag die Satzung, auf der der angefochtene Bescheid beruht, ein spezielles Konzept zur Finanzierung der durch Bestellung nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 6a SGB II grundsätzlich von den kreisfreien Städten bzw. Kreisen zu tragenden Grundsicherungsleistungen regeln. Diese Regelung hat aber ihren deutlichen Schwerpunkt im Lastenausgleich zwischen den kreisangehörigen, nach § 5 Abs. 3 AG-SGB II NRW zur Durchführung der Aufgaben herangezogenen Gemeinden, also im maßgeblich durch die Kreisumlage geprägten kommunalen Haushaltsrecht, während die generelle Kostenaufteilung zwischen Bund und den kommunalen Trägern als Teil der Landesorganisation, wie sie aus § 46 SGB II hervorgeht, nicht berührt wird. Im Einzelnen gilt Folgendes:
4Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art gegeben, wenn die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Für die vorliegende Streitigkeit, die sowohl öffentlich-rechtlicher Natur als auch nicht verfassungsrechtlicher Art ist, ist eine abdrängende Sonderzuweisung durch Bundesgesetz nicht geregelt. Soweit nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden, greift diese Vorschrift vorliegend nicht ein.
5Die Auslegung des Merkmals "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" ist in den Fällen, in denen die Beteiligten nicht unmittelbar um Rechtsfolgen aus der Anwendung von die Leistungsgewährung betreffenden Normen des SGB II streiten, daran auszurichten, dass eine sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte hergestellt wird.
6Vgl. BSG, Beschluss vom 1. April 2009 - B 14 SF 1/08 R -, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6, juris.
7Anders als in Fällen der Erstattung als bloßer Kehrseite einer Leistungsgewährung,
8vgl. insoweit etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Januar 2006 - L 23 B 1080/05 SO -, juris,
9lassen sich die hier aufgeworfenen Fragen der Beteiligung der Kommunen an der Erfüllung der dem Kreis nach dem SGB II obliegenden Grundsicherungsmaßnahmen und an deren Finanzierung funktional nicht unmittelbar dem Leistungsverhältnis zwischen Sozialhilfeträger und Leistungsberechtigtem zurechnen. Das Beteiligungs- und Finanzierungssystem zählt - auch wenn es eine Rechtsgrundlage in den die kommunalrechtlichen Vorschriften modifizierenden sozialrechtlichen Normen findet - nicht automatisch zu den "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende".
10A. A. offenbar: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2010 - L 7 SF 2/09 -,
11NdsRpfl. 2010, 299, juris.
12Vielmehr ist in einer solchen Konstellation,
13vgl. dazu, dass § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG nicht auf Leistungs- und Erstattungsverhältnisse eingeschränkt ist, auch: VG Ansbach, Beschluss vom 10. April 2007 - AN 14 K 07.00504 -, juris,
14gemäß der eingangs genannten Rechtsprechung des BSG danach zu fragen, ob der Streitgegenstand des Verfahrens dennoch in einem ausreichend engen sachlichen Zusammenhang mit der eigentlichen Leistungserbringung des Sozialhilfeträgers nach dem SGB II steht und die angewandten Vorschriften des Sozialrechts nicht etwa nur rein formale Bedeutung haben.
15Vgl. zu diesem Ansatz auch: OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2011 - 16 E 174/11 -, NWVBl. 2011, 440, juris.
16Eine solche hinreichende Sachnähe soll sich zwar insbesondere auch annehmen lassen, wenn die Beteiligten über die Rechtsfolgen aus der Anwendung verfahrensrechtlicher Normen streiten, der Streitigkeit aber zumindest materiell Rechtsverhältnisse nach dem SGB II zugrunde liegen.
17So etwa auch BSG, Beschluss vom 1. April 2009, a. a. O.
18Die hier maßgeblichen Vorschriften des Sozialrechts - namentlich § 6 Abs. 2 SGB II einerseits i. V. m. § 5 Abs. 1 AG-SGB II NRW und andererseits i. V. m. § 5 Abs. 4 AG-SGB II NRW sowie § 5 Abs. 5 Satz 3 AG-SGB II NRW - lassen als solche die zwischen dem Sozialhilfeträger und den Leistungsberechtigten bestehenden materiellen Rechtsverhältnisse nach dem SGB II jedoch völlig unberücksichtigt und verhalten sich ausschließlich zur Organisation der Aufgabenwahrnehmung durch dafür in Frage kommende Hoheitsträger und zu der daran anknüpfenden Kostenverantwortlichkeit. Funktional betreffen die im Ausgangspunkt herangezogenen Normen des Sozialrechts und die auf ihnen beruhenden Satzungen Fragen der kommunalen Organisation und Refinanzierung. Dieser Sachbereich lässt sich weder § 51 Abs. 1 Ziff. 4a SGG noch anderen Sachbereichen des in dieser Vorschrift aufgeführten Kataloges zuordnen, sondern führt dazu, dass der allgemeine Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
19Ähnlich auch SG Hildesheim, Beschluss vom 7. Ok-tober 2011 - S 26 AS 1317/11 ER - juris, mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 10.84 -, BVerwGE 69, 192, juris.
20Insoweit stellt sich die Situation im entscheidenden Punkt nicht anders dar, als in dem mit Beschluss vom 11. Januar 2012 entschiedenen Berufungsverfahren 12 A 958/10 des Senats, in dem es um die Aufnahme eines Härteausgleichs nach § 5 Abs. 5 Satz 3 AG-SGB II NRW in eine Satzung nach § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW ging, also in ein Normenwerk im Range unterhalb eines förmlichen Gesetzes, das schwerpunktmäßig die Organisation und Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II regelt und allenfalls einen Randbezug zur unmittelbaren Erfüllung von Ansprüchen der nach dem SGB II Leistungsberechtigten aufweist.
21Greift keine abdrängende Sonderzuweisung, unterliegt der in einer solchen Satzung angelegte Streit verwaltungsrechtlicher Art der gerichtlichen Kontrolle durch die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit.
22Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2002 ‑ 2 C 13/01 -, NJW 2002, 1505, juris.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Im Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde hat grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu ergehen. Die Regelung des § 17b Abs. 2 GVG, wonach im Falle der Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht entstandenen Kosten als Teil der Kosten im Verfahren vor dem aufnehmenden Gericht behandelt werden und deshalb in dem Verweisungsbeschluss keine eigenständige Kostenentscheidung zu treffen ist, beschränkt sich auf die Kosten des ersten Rechtszugs. Sie findet - unabhängig vom Inhalt der Entscheidung - keine Anwendung auf das Beschwerdeverfahren bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
24Vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. November 2010 - L 23 AY 8/10 B -, juris m. w. N.
25Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht war nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 18.10.2014 wird aufgehoben. Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Im Streit ist im Rahmen eines Zwischenverfahrens die Zulässigkeit des von der Klägerin beschrittenen Rechtsweges zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.
4Die Klägerin ist kreisangehörige Stadt des Beklagten, der zugelassener kommunaler Träger i.S.v. § 6a SGB II ist (§ 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 24.09.2004 - Kommunalträger-Zulassungsverordnung - BGBl I, 2349; zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 14.08.2013, BGBl I, 3229). Durch die Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Kreis T vom 20.12.2004 (Delegationssatzung SGB II -, zuletzt geändert durch Beschluss des Kreistages vom 03.11.2014) übertrug der Beklagte der Klägerin und anderen kreisangehörigen Gemeinden widerruflich die Durchführung von bestimmten ihm als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 6a SGB II obliegenden Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen (§ 1 Delegationssatzung SGB II). Bestimmte Aufgaben nahm er von der Übertragung aus (§ 1 Abs. 2, 2 Delegationssatzung SGB II).
5Am 10.12.2012 erließ der Beklagte eine Satzung zur Regelung der Beteiligung der Städte und Gemeinden an den kommunalen Kosten des SGB II (sog. Beteiligungssatzung SGB II), die die Satzung zur abweichenden Verteilung der kommunalen Kosten nach dem SGB II vom 18.12.2007 ersetzte. Nach § 1 der Beteiligungssatzung SGB II beteiligen sich die Gemeinden und Städte mit 50% an den kommunalen Kosten des SGB II entsprechend § 5 Abs. 5 S. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - AG SGB II NRW (GV NRW 821; zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2014, GV NRW 954). § 3 der Beteiligungssatzung SGB II legt die Kriterien eines Härteausgleichs i.S.v. § 5 Abs. 5 S. 3 AG SGB II NRW fest, § 4 regelt die Festsetzung der Kostenbeteiligung und die Zahlungsweise.
6Durch Bescheid vom 20.02.2013 setzte der Beklagte die von der Klägerin voraussichtlich zu tragenden kommunalen Aufwendungen für das Jahr 2013 auf 1.434.000,00 EUR sowie eine monatliche Abschlagszahlung von 119.500,00 EUR fest. Durch weiteren Bescheid vom 22.02.2013 stellte der Beklagte fest, dass sich der Anteil der von der Klägerin zu tragenden Aufwendungen für kommunale Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II für das Jahr 2012 auf insgesamt 1.482.531,36 EUR belaufe, und forderte die Erstattung von 155.991,25 EUR.
7Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein, die der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2014 als unbegründet zurückwies. Dem Widerspruchsbescheid war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach Klage beim Sozialgericht Münster zu erheben sei.
8Am 18.02.2014 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Münster Klage mit dem Begehren erhoben, die Bescheide vom 20.02.2013 und vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2014 aufzuheben, soweit ein Betrag von mehr als 1.105.144,68 EUR geltend gemacht wird. Sie hat sich gegen die Kostenbeteiligung an den kommunalen Aufwendungen des SGB II gewandt, soweit diese der Höhe nach ihre Beteiligung im Rahmen der Kreisumlage überschreite.
9Die Klägerin hat überdies die Verweisung des Rechtsstreites an das Verwaltungsgericht Münster beantragt.
10Sie hat die Auffassung vertreten, das Verfahren betreffe nicht das materiell-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen Grundsicherungsträger und Leistungsberechtigten, sondern Gegenstand des Verfahrens seien ausschließlich Rechtsfragen der kommunalen Organisation und Refinanzierung. Kommunale Satzungen, die die Verteilung der Finanzierungsverantwortlichkeit regelten, würden nicht auf Grundlage eines Sozialgesetzbuches aufgestellt.
11Der Beklagte hat beantragt,
12den Verweisungsantrag zurückzuweisen.
13Er ist der Auffassung, dass der in § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG verwandte Begriff "Angelegenheiten" sämtliche Streitigkeiten umfasse, die mit der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Leistungsträger i.S.v. § 44b SGB II und § 6 SGB II zusammenhingen. Die Ermächtigungsnorm des § 5 AG SGB II NRW, die für den Erlass der Delegationssatzung SGB II wie auch der Beteiligungssatzung SGB II maßgebend sei, fände ihre Grundlage in § 6 Abs. 2 SGB II. Auch sei ein Sachzusammenhang gegeben. Insoweit nehme er Bezug auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL -, wonach für den Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG eine Verknüpfung der rechtlichen Problematik mit dem SGB II sowie ein enger sachlicher Zusammenhang zur Verwaltungstätigkeit der Behörden nach dem SGB II ausreiche. Streitig sei der Umfang der Beteiligung der Klägerin an den finanziellen Aufwendungen für die Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II. Diese stütze sich auf seine Beteiligungssatzung SGB II, welche eine eigenständige und in sich geschlossene Regelung der Kostentragung für die in der Satzung bezeichneten Aufwendungen nach dem SGB II darstelle. Die Satzungsregelungen bildeten daher ein den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zurechenbares Finanzierungskonzept kommunaler Kosten im Bereich des SGB II.
14Durch Beschluss vom 18.10.2014 hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zulässig ist. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
15Gegen den ihr am 23.10.2104 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 17.11.2014 Beschwerde eingelegt.
16Sie trägt vor, dass der Beklagte seine Befugnis zum Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes aus einer kommunalen Satzung ableite. Rechtsgrundlage dieser Satzung sei § 5 Abs. 5 AG SGB II NRW. Ein unmittelbarer Bezug zum Leistungsverhältnis bestehe nicht. Das eigentliche Leistungsverhältnis zum Leistungsträger werde durch die zwischen den Beteiligten streitige Frage der Aufteilung der Finanzierungsverantwortlichkeit nicht ansatzweise berührt. Betroffen seien vielmehr kommunalverfassungsrechtliche Fragen mit Bezug auf das durch Art. 28 GG sowie durch Art. 78 der Landesverfassung gewährleistete Selbstverwaltungsrecht. Sie wehre sich dagegen, dass sie zur Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung herangezogen werde, ohne dass sie die Möglichkeit habe, die Aufgabenerfüllung selbst zu steuern.
17II.
18Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
191. Die Beschwerde ist gemäß § 17a Abs. 4 S. 3 GVG statthaft. Hiernach steht gegen einen Beschluss, mit dem der beschrittene Rechtsweg - wie hier - vorab für zulässig erklärt wird (§ 17a Abs. 3 S. 1 GVG), den Beteiligten die sofortige Beschwerde nach der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung zu. Da das SGG eine sofortige Beschwerde nicht kennt, tritt an deren Stelle die Beschwerde nach § 172 SGG (BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 m.w.N.). Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG).
202. Die Beschwerde ist im Sinne der Verweisung des Rechtstreits an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Münster begründet.
21Das Sozialgericht hat unzutreffend den zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschrittenen Rechtsweg gemäß § 17a Abs. 3 S. 1 GVG für zulässig erklärt. Es handelt sich vorliegend nicht um eine Streitigkeit nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG, sondern um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art i.S.v. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO (so auch OVG NRW Beschlüsse vom 25.11. 2013 - 12 E 1091/13 - sowie vom 22.08.2013 - 12 E 756/13 - und - 12 E 757/13 -). Das Verwaltungsgericht Münster ist sachlich und örtlich zuständig (§§ 45, 52 VwGO).
22Eine Sonderzuweisung des Streitgegenstandes zu einem bestimmten Gericht durch Gesetz existiert nicht. Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch (a) ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet. Der Rechtstreit ist öffentlich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art (b). Er ist auch nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 SGG in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (c).
23a) Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, d.h. durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.)
24Streitgegenstand des Verfahrens sind die Bescheide des Beklagten vom 20.02.2013 und 22.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 16.01.2014, mit denen der Beklagte die Beteiligung der Klägerin an den Aufwendungen für kommunale Leistungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II für die Jahre 2012 und 2013 begehrt. Anspruchsgrundlage für dieses Begehren sind ausschließlich die Bestimmungen der Beteiligungssatzung SGB II, die aufgrund der Ermächtigungsnorm des § 5 Abs. 5 AG SGB II NRW erlassen worden ist. § 5 Abs. 3 AG SGB II NRW sieht vor, dass die nach § 6a SGB II zugelassenen Kreise im Benehmen mit den kreisangehörigen Gemeinden diese zur Durchführung der ihnen als Träger der Leistungen nach dem SGB II obliegenden Aufgaben durch Satzung heranziehen können; diese entscheiden dann in eigenem Namen. Bei einer Heranziehung nach Absatz 2 tragen die Gemeinden 50 vom Hundert der Aufwendungen für kommunale Leistungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II (§ 5 Abs. 5 S. 1 AG SGB II NRW). Abweichend von Satz 1 können zugelassene Kreise durch Satzung im Benehmen mit den kreisangehörigen Gemeinden eine andere quotale Verteilung der Aufwendungen bestimmen, wenn die Beteiligung der kreisangehörigen Gemeinden an den Aufwendungen 50 vom Hundert nicht überschreitet (Satz 2). Die Kreise können durch Satzung einen Härteausgleich festlegen, wenn infolge erheblicher struktureller Unterschiede im Kreisgebiet die Beteiligung kreisangehöriger Gemeinden an den Aufwendungen für diese zu einer erheblichen Härte führt (Satz 3). Abweichend von Satz 1 und Satz 2 können zugelassene Kreise und kreisangehörige Gemeinden eine andere Verteilung der Aufwendungen vereinbaren (Satz 4) § 5 Abs. 3 AG SGB II NRW beruht auf der Ermächtigungsnorm des § 6 Abs. 2 SGB II, wonach die Länder bestimmen können, dass und inwieweit Kreise als zugelassene kommunale Träger i.S.v. § 6a SGB II ihnen zugehörigen Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in §§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 6b Abs. 1 S. 1 SGB II genannten Aufgaben heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können. Das sich aus der Heranziehung der Klägerin zur Durchführung dem Beklagten als Träger der Leistungen nach dem SGB II obliegender Aufgaben durch die Delegationssatzung SGB II ergebende Rechtsverhältnis, einschließlich der Beteiligung an den Aufwendungen, folgt ausschließlich den Bestimmungen der Beteiligungssatzung SGB II und den landesrechtlichen Vorschriften. Die Vorschriften der § 88 ff. SGB X, insbesondere § 91 SGB X, über das Auftragsverhältnis sind nicht einschlägig. Nach § 37 S. 1 SGB I gelten die Regelungen des SGB X für alle Sozialleistungsbereiche des SGB I und deshalb auch für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II (§ 19a SGB I), soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Das SGB II mit den zu seiner Ergänzung und Abänderung erlassenen landesrechtlichen Vorschriften stellt eine vorrangige Sonderregelung dar. In § 6 Abs. 2 SGB II ist eine abschließende und umfassende Ermächtigung zur landesrechtlichen Regelung des Verhältnisses zwischen den örtlichen Trägern der Grundsicherungsleistungen und ihnen zugehörigen Gemeinden getroffen worden (vgl. zum inhaltlich entsprechenden § 96 Abs. 2 S. 2 BSHG: BVerwG Beschluss vom 06.08.1992 - 5 B 135/91; VG Münster Beschluss von 17.11.2006 - 1 K 1024/04 m.w.N.). Die Regelungen über Amtshilfe (§§ 3 ff. SGB X) oder des sozialrechtlichen Auftragsverhältnisses (§§ 88 ff. SGB X) finden im Verhältnis zwischen zugelassenen kommunalen Träger und herangezogenen Gemeinden keine Anwendung, es handelt sich vielmehr um ein Auftragsverhältnis eigener Art (Rixen/Weißenberger, in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 6 Rn 19; Luthe in Hauck/Noftz, SGB II, Stand April 2014, § 6 Rn 19, 20; siehe zum inhaltlich entsprechenden § 99 Abs. 1 SGB XII: BSG Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R).
25b) Damit ist für den Rechtsstreit, dessen Streitgegenstand die Berechtigung des Beklagten als zugelassener kommunaler Träger i.S.v. § 6a SGB II betrifft, die ihm angehörenden Gemeinden zur Beteiligung an den Aufwendungen für Leistungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II außerhalb der Kreisumlage heranziehen und ggfl. in welcher Höhe, der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 S.1 VwGO gegeben.
26Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Die Klage gegen die geltend gemachte Beteiligung der Klägerin an den Aufwendungen für kommunale Leistungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Der öffentlich-rechtliche Charakter des Streitverfahrens resultiert bereits daraus, dass der Beklagte durch die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheide in der Rechtsform eines Verwaltungsakts gehandelt hat.
27Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den eigentlichen Kern des Rechtstreites bilden bzw. das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl. BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.).
28c) Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht wegen Zuweisung an ein anderes Gericht ausgeschlossen. Eine Zuständigkeit der Sozialgerichte ergibt sich nicht aus § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG. Nach dieser Vorschrift entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Von der Zuweisung in § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG erfasst sind die Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die von dem Beklagten getroffene Entscheidung ihre rechtliche Grundlage in den Vorschriften des SGB II findet oder in einem rechtlichen Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit nach dem SGB II steht (vgl. zu § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG: BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R und Urteil 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL; zu § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG: BSG Beschlüsse vom 25.09.2013 - B 8 SF 1/13 R m.w.N. und vom 26.10.2010 - B 8 AY 1/09 R). Entscheidend ist, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB II geregelt sind (vgl. BSG Beschluss vom 09.02.2006 - B 3 SF 1/05 R m.w.N. zu § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
29Der vom Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Beteiligung der Klägerin an den Aufwendungen für kommunale Leistungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II außerhalb der Kreisumlage betrifft nicht die Anwendung von leistungsgewährenden Vorschriften des SGB II. Der Anspruch wurzelt nicht in einem Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigten und der Klägerin, die einen Teil der Aufgaben des Beklagten als zugelassener kommunaler Träger i.S.v. § 6a SGB II im Rahmen ihrer Wahrnehmungszuständigkeit durchführt, sondern in dem durch die Übertragung der Wahrnehmungszuständigkeit für bestimmte Aufgaben des Beklagten nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 2, 6b Abs. 1 S. 1 SGB II auf die Klägerin durch den Erlass der Delegationssatzung SGB II begründeten Rechtsverhältnis.
30Für dieses Rechtsverhältnis sind auch nicht die im SGB II enthaltenen Regelungen der Zuständigkeiten und des Verfahrens, der örtlichen Zusammenarbeit der Träger, der Kooperation, der Finanzierung und Aufsicht (§§ 6, 6a, 6b, §§ 18-18e, §§ 22a-22b, §§ 44b - 44k, §§ 46-49 SGB II) einschlägig. Diese Bestimmungen regeln im Wesentlichen die in Art. 91e GG für die Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassene Mischverwaltung (vgl. hierzu BVerfG Urteil vom 07.01.2014 - 2 BvR 1641/11), insbesondere die Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Einrichtung i.S.v. § 44b SGB II sowie den Umfang der Aufgabenfinanzierung durch Bundesmittel (§§ 6b Abs. 2, 46 SGB II), die sich hieraus ergebenden Kontroll- und Aufsichtsrechte des Bundes und etwaige Erstattungsansprüche des Bundes (§ 6 Abs. 5 SGB II). Das SGB II enthält keine Regelung hinsichtlich der Finanzierung der auf den kommunalen Träger entfallenden Aufgaben nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II. Diese Aufgaben stellen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung dar, die kommunale Träger als eigene Angelegenheit wahrnehmen und für die sie daher nach dem Prinzip der Konnexität von Verwaltungsaufgabe und -ausgabe auch die Finanzverantwortung tragen. Soweit § 46 Abs. 5 ff. SGB II einen Ausgleich für die Belastung mit der Aufgabenzuweisung durch einen zweckgebundenen Bundeszuschuss an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II vorsieht, erfolgt die Erstattung seitens des Bundes nicht an die kommunalen Träger, sondern an die Länder. Denn bei der Aufgabenwahrnehmung der kommunalen Träger nach §§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 22 SGB II handelt es sich um die Ausführung eines Gesetzes als eigene Angelegenheit der Länder, zu denen die Kommunen zählen (Art. 84 GG. vgl. hierzu Harich in Eicher, a.a.O., § 46 Rn 27, 5ff). Den Ländern bleibt es überlassen, den Ausgleich landesrechtlich umzusetzen, wobei das SGB II dazu keine Vorgaben enthält.
31Auch die Tatsache, dass § 5 Abs. 2 AG SGB II NRW auf der bundesrechtlichen Ermächtigung des § 6 Abs. 2 SGB II beruht, genügt nicht für die Annahme einer Sachnähe und eines Sachzusammenhangs. Vorrangig ist bei der Prüfung der Sachnähe bzw. des Sachzusammenhangs darauf abzustellen, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB geregelt sind (BSG Beschluss vom 04.04.2102 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn § 6 Abs. 2 SGB II ermöglicht zwar die landesrechtliche Heranziehung von kreisangehörigen Gemeinden oder Gemeindeverbänden zur Aufgabendurchführung für den Aufgabenbereich der kommunalen Träger, enthält aber keine Vorgaben hinsichtlich der Modalitäten, insbesondere ob überhaupt und wenn ja, in welcher Form und in welchem Umfang eine Heranziehung stattfindet (vgl. Münder in LPK-SGB II, 5. Aufl., § 6 Rn 18ff; Rixen/Weißenberger, a.a.O., § 6 Rn 16ff). § 6 Abs. 2 SGB II sind keine Vorgaben zu entnehmen, wie im Fall der Heranziehung einer kreisangehörigen Gemeinde zur Aufgabendurchführung im Innenverhältnis zwischen Kreis und kreisangehöriger Gemeinde die mit der Aufgabenwahrnehmung verbundenen Aufwendungen zu verteilen sind. Die Ausgestaltung des interkommunalen Finanzausgleichs bleibt dem Landesgesetzgeber vorbehalten, dem Bundesgesetzgeber fehlt hierzu auch die Ermächtigung (vgl. VG Münster Urteil vom 17.11.2006 - 1 K 1024/04). Anspruchsgrundlage, Anspruchsberechtigung sowie sachlicher Anwendungsbereich und das diesbezügliche Verfahren hinsichtlich der Kostenbeteiligung der Klägerin als herangezogene kreisangehörige Gemeinde i.S.v. § 6 Abs. 2 SGB II sind umfassend in der kommunalen Beteiligungssatzung SGB II i.V.m. § 5 AG SGB II NRW und den einschlägigen Vorschriften der KrsO NRW, nicht aber im SGB II geregelt. Insoweit begründen die sich aus den Regelungen der Beteiligungssatzung SGB II i.V.m. § 5 AG SGB II NRW ergebenden Fragen der kommunalen Organisation, Refinanzierung bzw. des interkommunalen Finanzausgleich die Sachnähe zur allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit (so auch OVG NRW Beschlüsse vom 25.11. 2013 - 12 E 1091/13 - sowie vom 22.08.2013 - 12 E 756/13 - und - 12 E 757/13 -; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.01.2006 - L 23 B 1080/705 SO).
32Der Senat folgt nicht der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass von einem speziellen, den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchenden zuzurechnenden Finanzierungskonzept auszugehen ist und damit für sämtliche Fragen betreffend die Finanzierung der Aufgaben nach dem SGB II, unabhängig in welchem Rechtsverhältnis sie auftreten, z. B. Bund - Kommunale Träger (BSG vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL und vom 02.07.2013 - B 4 AS 72/12 R), Land - Kommunale Träger (LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 25.02.2010 - L 7 SF 2/09), oder Kreis - kreisangehörige Gemeinde (VG Düsseldorf Beschluss vom 03.07.2013 - 21 K 3828/13), der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben sei. Entscheidend ist, ob das jeweilige Rechtsverhältnis im Grundsatz im SGB II geregelt ist. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL und vom 02.07.2013 - B 4 AS 72/12 R. Streitgegenstand des Verfahren B 4 AS 72/12 R war ein Erstattungsanspruch des Bundes gegen eine Optionskommune, d.h. einem zugelassenen kommunalen Träger, wegen rechtswidriger Mittelverwendung, der nunmehr in § 6b Abs. 5 SGB II kodifiziert ist und für den die instanzielle Zuständigkeit der Landessozialgerichte gegeben ist (§ 29 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Soweit das Verfahren B 1 AS 1/08 Kl einen Schadensersatzanspruch des Bundes gegen das Land Berlin aus Art. 104 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 GG wegen nicht ordnungsgemäßer Verwendung von Bundesmitteln zum Gegenstand hatte, war das Rechtsverhältnis zwischen Bund und dem Land wesentlich durch die Vorschriften des SGB II (§§ 46 Abs. 5, 22 SGB II a.F.) geprägt. Streitgegenstand war die nicht ordnungsgemäße Verwendung von zweckgebundenen, in § 46 Abs. 5 SGB II der nach Höhe geregelten Bundeszuschüssen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung nach§ 22 SGB II.
33Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
34Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da zum einen außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind und zum anderen für Beschwerden der vorliegenden Art Gerichtskosten nach Nr. 7504 der Anlage 1 zum GKG entweder gar nicht oder in Höhe einer Festgebühr anfallen.
35Die Beschwerde an das BSG war zuzulassen, da die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat (§ 17a Abs. 4 S. 5 GVG).
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
Tenor
Das Sozialgericht Aachen erklärt den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig und verweist den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 17a Absatz 2 Gerichtsverfassungsgericht (GVG) an das § 40 Abs. 1 Satz 1, § 52 Nr. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zuständige Verwaltungsgericht Aachen. Die Streitwert- und Kostenentscheidung bleiben dem zuständigen Verwaltungsgericht vorbehalten.
1
Gründe:
2I.
3Am 10.04.2015 hat der Klage vor dem Sozialgericht Aachen erhoben und beantragt, den Bescheid vom 20.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2015 über die Zuweisung gemäß § 7 Abs. 3 und 4 AG-SGB II für das Jahr 2010 aufzuheben sowie über die Höhe der Verteilung der Wohngeldersparnis neu zu entscheiden.
4Mit der Eingangsverfügung hat der Kammervorsitzende darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte bestehen. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
5Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
6Mit Schreiben vom 29.05.2015 hat der Kammervorsitzende den Beteiligten mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht Aachen zu verweisen. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 12.06.2015 gegeben worden.
7Mit Schriftsatz vom 11.06.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ausgeführt, er halte sehr wohl den Sozialrechtsweg zu zulässig. Der Begriff der Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchendes im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG sei weit auszulegen. Die gesamte Verwaltungstätigkeit auch außerhalb der unmittelbaren Leistungsverwaltung zähle zu den "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" im Sinne der Norm. Dies sei für die Festsetzung eines Landeszuschuss zu den Kosten der kommunalen Trägern für Leistungen für Unterkunft und Heizung (Landessozialgericht - LSG – Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.02.2010 – L 7 SF 2/09) sowie für einen Schadenersatzanspruch des Bundes gegen ein Land in engem sachlichen Zusammenhang mit einer Verwaltungstätigkeit nach dem SGB II (Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 15.12.2009 – B 1 AS 1/08 KL) entschieden worden. Auch das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe in einem Beschluss vom 11.07.2013 entschieden, dass der Sozialrechtsweg für alle Streitigkeiten, die mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Zusammenhang stehen, eröffnet sei (L 7 AS 685/13 B). Zwar basiere der streitgegenständliche Bescheid auf Normen des AG-SGB II NRW und nicht unmittelbar auf den Vorschriften des SGB II. Dies sei aber auch nicht erforderlich. Vielmehr sei darauf abzustellen, ob die Maßnahme einen engen sachlichen Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit nach dem SGB II habe. Dies sei vorliegend der Fall. Das Land gewähre den Kommunen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, mit dem die Zusammenführung der Leistungen der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe mit Wirkung vom 01.01.2005 zur Grundsicherung für Arbeitsuchende erfolgt sei, nach Maßgabe von § 7 AG-SGB II NRW. Aufgrund dessen hätten sich für die Kommunen im Vergleich zu früher in unterschiedlichem Maße teilweise erhebliche Be- oder auch Entlastungen bei den zu erbringenden Leistungen ergeben. Zum Ausgleich dieser Finanzverschiebungen beteilige sich seither der Bund gemäß § 46 Abs. 5 SGB II an den Aufwendungen der kommunalen Träger für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II. Im Zusammenhang mit Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt sei auch eine Reform des Wohngeldrechts erfolgt, die zu einer Reduzierung der Landesausgaben für das Wohngeld geführt habe. Die daraus resultierenden Entlastungen sollten dauerhaft den Kommunen zu Gute kommen. Dies setze § 7 AG-SGB II NRW um. Diese Umsetzung sei ursprünglich in § 46 Abs. 5 SGB II vorausgesetzt worden, weil dort auf die Berücksichtigung der "Einsparungen der Länder" verwiesen worden sei (BT-Drucks. 15/3495, S. 4). Auch die ursprüngliche Formulierung einer Anlage zu § 46 Abs. 9 SGB II habe ausdrücklich auf "Entlastungen der Länder" durch die Änderung des Wohngeldgesetzes im Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verwiesen (BT-Drucks. 15/3795, S.8). Damit sei die Ausführungsvorschrift im AG-SGB II Teil eines Finanzierungssystems, welches dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuzurechnen sei und gehe auf ursprüngliche Formulierungen im § 46 SGB II zurück. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen – VerfGH – habe mit Urteil vom 26.05.2010 (VerfGH 17/08) festgestellt, dass die zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II verwendete Anlage A gegen das landesverfassungsrechtlich abzuleitenden interkommunale Gleichbehandlungsgebot verstoße. Der Gerichtshof sei davon ausgegangen, dass aufgrund der verwendeten inkonsistenten und fehlerhaften Entlastungsdaten Kommunen in den Jahren 2007 bis 2009 teilweise zu hohe oder auch zu geringe Zuweisungen erhalten haben. Für diese zu Unrecht erfolgten Zuweisungen sei der Gesetzgeber zum Ausgleich verpflichtet. Diese Vorgaben seien nunmehr durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen entsprochen worden. Die neue Verteilung erfolge nunmehr auf Grund der neuen Anlage A, auf Grundlage der Daten der amtlichen Statistik. Den Kommunen, die zuvor zu geringe Zuweisungsbeträge erhalten hätten, sei auf Grundlage von § 7a S.1 AG-SGB II ein Nachteilsausgleich gewährt worden. Es handele sich bei der Bundesbeteiligung nach § 46 Abs. 5, den Zuweisungen nach § 7 AG-SGB II NRW und dem Nachteilsausgleich nach § 7a AG-SGB II NRW um ein spezielles den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuzurechnendes Finanzierungskonzept. Das Land bringe seine ersparten Wohngeldmittel ein und leite dies an kommunale Träger weiter.
8Darüber hinaus sei auf die Entscheidung des BSG vom 10.03.2015 (B 1 AS 1/14 KL) verwiesen, in dem auch die Zulässigkeit des Sozialgerichtsweges angenommen worden sei, obwohl auch dort Vorschriften des SGB II nicht unmittelbar Gegenstand der Entscheidung gewesen seien.
9Soweit sich die 11. Kammer in ihrem Hinweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Köln vom 11.08.2011 (S 7 AS 333/11) stütze sei anzumerken, dass dieser Beschluss seinerzeit mit der Beschwerde angefochten worden sei. Eine Entscheidung hierzu sei aber nicht ergangen, nachdem der dortige Kläger die Klage zurückgenommen hatte. Es würden auch zahlreiche andere Streitigkeiten wegen der gleichen Problematik vor den verschiedensten Sozialgerichten geführt, bzw. seien dort geführt worden. Es sei allerdings zu keiner streitigen Entscheidung gekommen, da die Klagen allesamt in Hinblick auf die bereits genannte Entscheidung des VerfGH NRW durch Klagerücknahme erledigt worden seien. Schließlich sprächen – im Hinblick auf die fehlende Streitwertdeckelung - auch prozessökonomischen Gründe gegen eine Verweisung an die Verwaltungsgerichte.
10Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hierzu ausgeführt, der Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 10.03.2015 gehe fehl, da Gegenstand der Entscheidung gerade Normen des SGB II (§ 46 Abs. 5 bis 8 SGB II) gewesen seien. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, es würden ähnliche Streitigkeiten bei den Sozialgerichten anhängig gemacht, verwundere dies nicht, sei doch die von der Beklagten verwendete Rechtsbehelfsbelehrung in diesem Punkt falsch. Ob seinerzeit der Beschluss des SG Köln mit der Beschwerde angegriffen worden sei, sage hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Entscheidung selbstredend nichts aus. Schließlich lägen die Ausführungen der Beklagten hinsichtlich der fehlenden Streitwertdeckelung neben der Sache. Dies sei keine Frage der Prozessökonomie und erst recht nicht der Rechtswegzuständigkeit.
11Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
12II.
13Für die erhobene Klage ist der gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Aus diesem Grund ist der Rechtsstreit gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen, mithin das nach § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO zuständige Verwaltungsgericht Aachen. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, d.h. durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.) Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 20.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2015 mit denen die Beklagte die Zuweisung des Klägers gemäß § 7 Abs. 3 und 4 Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB II NRW) vom 16.12.2004 (GV.NRW.S 821), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2014 (GV.NRW. S. 954) für das Jahr 2010 mit 0,00 EUR festgesetzt hat, aufzuheben sowie über die Höhe der Verteilung der Wohngeldersparnis neu zu entscheiden.
14Die hier streitgegenständlichen Normen stehen im Kontext des § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AG-SGB II. Danach erhalten die Kreise und kreisfreien Städte im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt jährlich Zuweisungen nach Maßgabe dieses Gesetzes (§ 7 Abs. 1 AG-SGB II NRW). Die Gesamthöhe der Zuweisungen ermittelt sich dabei wie folgt: Von der sich im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ergebenden Landesersparnis bei den Wohngeldausgaben in Höhe von 523.666.000 Euro wird der jeweilige Finanzierungsanteil des Landes Nordrhein-Westfalen an den Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen gemäß § 11 Abs. 3a Finanzausgleichsgesetz (interkommunaler Entlastungsausgleich zugunsten der Kommunen der neuen Länder) abgezogen. Der danach für das jeweilige Auszahlungsjahr verbleibende Betrag (Basisbetrag) wird entsprechend dem Verhältnis der jahresdurchschnittlichen Anzahl der Bedarfsgemeinschaften des Vorvorjahres des Auszahlungsjahres zur jahresdurchschnittlichen Anzahl der Bedarfsgemeinschaften im Jahre 2006 (Basisjahr) angepasst. Maßgeblich ist jeweils die nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldete Anzahl der Bedarfsgemeinschaften. § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW regelt vor diesem Hintergrund, dass die Gesamthöhe der Zuweisungen auf die Kreise und kreisfreien Städte unter Berücksichtigung der jeweiligen Be- und Entlastungen durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verteilt wird. Ziel ist es dabei, dass bei jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt Belastungen durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vermieden und Entlastungen erreicht werden. Zur Ermittlung des Verteilungsmaßstabes werden von den Belastungsdaten gemäß Absatz 4 die in Anlage A enthaltenen Entlastungsdaten der Kreise und kreisfreien Städte und ein Betrag für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß Satz 4 abgezogen. Der Betrag für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung errechnet sich ab dem Jahr 2011 aus 26,4 vom Hundert von den nach § 46 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch maßgeblichen Daten der Leistungen für Unterkunft und Heizung. Ergibt sich für einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt ein Belastungsbetrag, wird dieser vorab aus der Gesamthöhe der Zuweisungen ausgeglichen. Der danach verbleibende Betrag der Gesamthöhe der Zuweisungen wird im Verhältnis der nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldeten Aufwendungen, auf deren Grundlage das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Zahlungen gem. § 46 Abs. 8 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch geleistet hat, auf die Kreise und kreisfreien Städte verteilt. Übersteigt die Summe der Belastungsbeträge die Gesamthöhe der Zuweisungen, erfolgt die Verteilung in dem Verhältnis des nach Satz 1 bis 5 ermittelten Belastungsbetrages zur Gesamthöhe der Zuweisungen. Der Zuweisungsbetrag nach Satz 1 bis 7 wird durch die Bezirksregierungen auf der Grundlage der durch das zuständige Ministerium ermittelten Beträge spätestens zum 30. November des Auszahlungsjahres endgültig festgesetzt. Soweit sich unter Zugrundelegung der Regelungen des Absatzes 3 Satz 4 und des Absatzes 4 Satz 3 ergibt, dass einzelne Kreise und kreisfreie Städte zu hohe oder zu niedrige Zuweisungen nach Absatz 1 erhalten haben, wird die Differenz der bereits erhaltenen Zuweisungsbeträge und der Zuweisungsbeträge, die sich unter Zugrundelegung der Regelungen des Absatzes 3 Satz 4 und des Absatzes 4 Satz 3 ergibt, mit der nächsten Zahlung verrechnet. Nach § 7 Abs. 4 AG-SGB II sind im Jahre 2007 die in Anlage B aufgeführten Belastungsdaten der Kreise und kreisfreien Städte maßgeblich. Ab dem Jahre 2008 werden die Belastungen für die Kreise und kreisfreien Städte aus den nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldeten Aufwendungen, soweit auf deren Grundlage das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Zahlungen gem. § 46 Abs. 8 Satz 1 bis 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch geleistet hat, sowie einem Zuschlag von 12 vom Hundert von diesen Aufwendungen für weitere Belastungen ermittelt. Korrekturen der Kreise und kreisfreien Städte an den gemeldeten Aufwendungen gemäß Absatz 3 Satz 6 bis zum Vorvorjahr des Auszahlungsjahres fließen in die Berechnung der Belastungsdaten gemäß Satz 2 ein. Unter Berücksichtigung der hier streitgegenständlichen Handlungsform der Beklagten (Erlass eines Verwaltungsaktes) und des soeben skizzierten normativen Grundlage handelt es sich zweifelsfrei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtliche Art. Letzteres ergibt sich daraus, dass sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den eigentlichen Kern des Rechtstreites bilden bzw. das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl. dazu etwa BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R = juris, m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht – BVerwG – Vorlagebeschluss vom 06.06.1997 – 4 A 21/96 = juris, m.w.N.; BVerwG Urteil vom 06.03.2002 – 9 A 16/01 = juris , m.w.N.). Vorliegend hat demnach eine Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den Gerichten der Verwaltungs- und der Sozialgerichtsbarkeit zu erfolgen. Maßgeblich für eine Zuständigkeit der Sozialgerichte ist § 51 SGG. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden danach (allein) über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, die in § 51 Abs. 1 SGG näher beschrieben sind. Eine ausdrückliche Zuweisung an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit liegt nicht vor. Das AG-SGB II NRW, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2014 (GV. NRW. S. 954), enthält keine eigenständige Rechtswegzuweisung zu den Sozialgerichten im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 10 SGG. Auch sonstige gesetzliche Zuweisungen liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich vorliegend auch nicht um eine "Angelegenheit der Grundsicherung für Arbeitsuchende" im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG. Nach der Rechtsprechung des BSG sich von der Zuweisung in § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG zunächst all diejenigen Rechtsstreitigkeiten erfasst, bei denen die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im SGB II haben kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 51 RdNr 29a; ähnlich Groth in Hohm, GK-SGB II, Stand: Februar 2009, VII-2 RdNr 22). Die Auslegung des Merkmals "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" ist in den übrigen Fällen, in denen die Beteiligten nicht unmittelbar um Rechtsfolgen aus der Anwendung von Normen des SGB II streiten, daran auszurichten, dass eine sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte hergestellt wird (BSG Urteil vom 01.04.2009 – B 14 SF 1/08 R, unter Hinweis auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 51 RdNr 29a; ähnlich Groth in Hohm, GK-SGB II, Stand: Februar 2009, VII-2 RdNr 22;so auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.08.2013 – 12 E 755/13 = juris). Vorliegend streiten die Beteiligten aber erkennbar nicht um Rechtsfolgen aus der Anwendung von Normen des SGB II, sondern sie streiten um die sich aus der Regelung des § 7 Abs. 3 und 4 AG-SGB II NRW ergebenden Zuweisungen. Diese Normen stehen, dies macht zwar § 7 Abs. 1 AG-SGB II NRW deutlich, im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Diesbezüglich ist aber zu berücksichtigen, dass mit diesem seinerzeit nicht nur das SGB II eingeführt worden. Es hat darüber hinaus auch in zahlreichen anderen Gesetzen zu Änderungen geführt, u.a. war es auch mit einer Reform des Wohngeldrechts verbunden (vgl. BT-Drucks. 15/1516). In diesem Zusammenhang – also ausdrücklich beim Wohngeld - war es, wie die Beklagte zutreffend darlegt, zu einer Entlastung des Landesshaushalts zu Lasten der kommunalen Träger gekommen. Die hier in Rede stehenden Normen des AG-SGB II sollten als Ausgleich eine Umverteilung vom Land auf die Kommunen vornehmen, denen bei der Umsetzung des SGB II – dies ist unbestritten – Mehrlasten aufgebürdet worden waren. Es ging und geht bei den hier streitigen Regelungen damit gerade nicht einzig und allein um eine Umsetzung der Regelungen des SGB II, sondern um einen Finanzausgleich zwischen dem Land und der Kommune im Zusammenhang mit dem gesamten Regelungspacket des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Dies macht auch zutreffend die Begründung der hier streitigen Normen deutlich (LT NRW Drucks. 14/1072, S. 10). Es geht gerade nicht um eine Regelung, die allein die Grundsicherung für Arbeitsuchende betrifft, sondern eben eine Umverteilung von Ersparnissen des Landes beim Wohngeld, mit dem Lasten der Kommunen durch Aufgaben nach dem SGB II ausgeglichen werden sollen Vor diesem Hintergrund hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen die Norm des § 7 AG-SGB II NRW auch zutreffend allgemein als "eine Regelung zur Verteilung von Landesmitteln auf Kreise und kreisfreie Städte" charakterisiert (Urteil vom 26.05.2010 – VerfGH 17/08 = juris Rn. 32). Es handelt sich damit um Regelungen eines allgemeinen Verteilungssystems für die Zuweisung von Finanzmitteln vom Land an die Kommunen (VerfGH NRW, Urteil vom 26.05.2010 – VerfGH 17/08 = juris Rn. 33). Die bloße Tatsache, dass hierbei auch Mittel betroffen sind, die die Kommunen zur Erfüllung der ihnen auferlegten Aufgaben nach dem SGB II aufgewendet haben, machen diesen Finanzausgleich – auch nach weitester Dehnung des Wortsinns – nicht zu einer "Angelegenheit der Grundsicherung". Es bleibt daher bei der allgemeinen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (so bereits überzeugend auch SG Köln, Beschluss vom 11.08.2011 – S 7 AS 333/11).
15Soweit die Beklagte auf die Regelungen betreffend die Bundesbeteiligung nach § 46 Abs. 5 SGB II verweist bleibt festzustellen, dass diesbezüglich – anders als im vorliegenden Fall – zum einen eine ausdrückliche Regelung im SGB II zu finden ist, zum anderen es dort darum geht, dass auch der Bund sich an der Finanzierung der Kosten der Unterkunft beteiligt. Dies ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, in dem eine Entschädigung der Kommunen durch das Land normiert wurde. Insoweit gehen auch die Hinweise der Beklagten auf die Entscheidungen des BSG vom 10.03.2015 – B 1 AS 1/14 KL und vom 15.12.2009 – B 1 AS 1/08 KL fehl. In beiden Fällen ging es jeweils um die Regelungen des § 46 SGB II, so dass jedenfalls ein normativer Anknüpfungspunkt im SGB II vorhanden war. Dieser fehlt vorliegend aber gerade. Soweit der Beklagte sich auf die Entscheidung des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 11.07.2013 – L 7 AS 695/13 B beruft ist festzuhalten, dass das sich vom Beklagten benannte Zitat in der Tat dort in der Entscheidung findet – das LSG gibt insoweit die Rechtsprechung des BSG zu § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG zutreffend wieder – dass im Ergebnis das LSG die Zuständigkeit der Sozialgerichte aber abgelehnt hatte, weil auch die – schon weite – Auslegung , wie vorliegend auch, ihre Grenzen hat. Die von der Beklagten ebenfalls zitierte Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.02.2010(L 7 SF 2/09) betrifft ebenfalls einen anderen Fall, nämlich den des § 5 des Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs und des § 6 b des Bundeskindergeldgesetzes (Nds. AG SGB II), in dem eine direkter Zuschuss des Landes zu den Kosten der Unterkunft (entsprechend § 46 SGB II für den Bund) geregelt wird.
16Mit dem Sozialgericht Köln in der bereits benannten Entscheidung ist schließlich darauf hinzuweisen, dass bei einer Verweisung auf den Verwaltungsrechtsweg auch nicht die Gefahr besteht, dass einheitlich zu entscheidende Sachverhalte durch die Zersplitterung des Rechtswegs unnatürlich aufgespalten werden. Es handelt sich hier nicht um eine Verfahrensfrage, die in den der Sozialgerichtsbarkeit auftretenden Rechtsstreitigkeiten angelegt ist. Die Frage des Finanzausgleichs und der finanziellen Ausstattung der Kommunen durch die Länder bezüglich deren Leistungserbringung nach dem SGB II ist sowohl von den Fragen der Leistungsverwaltung als auch der Verwaltungsorganisation zu trennen. Eine logisch zwingende Verbindung zu konkreten Aufgaben der kommunalen Träger besteht gerade nicht. Die Frage der Finanzausstattung der Kommunen ist – wie dargelegt – vielmehr von der konkreten Aufgabenwahrnehmung zu trennen und muss daher isoliert betrachtet werden.
17Nach ist für den vorliegenden Rechtsstreit der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet.
18Soweit sich die Beklagte darauf beruft, bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei der Streitwert wegen § 52 Abs. 4 Nr. 2 GKG begrenzt, so trifft dies zwar zu, hat aber selbstredend auf die Frage der Rechtswegzuständigkeit keinen Einfluss. Die Frage der Gerichtskosten folgt der Rechtswegzuständigkeit, nicht diese jenen.
19Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten, § 17b Absatz 2 GVG.
20Die Festsetzung des Streitwerts hat ebenso durch das Gericht des zuständigen Rechtswegs zu erfolgen (VerfGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.07.1991 – 5 S 1874/91 = juris).
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 164 554 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Pflicht der Beklagten zur Rückerstattung der vom Kläger im Jahr 2006 zwecks Gewährung von Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen bei der Beklagten zunächst abgerufenen, später aber unter Vorbehalt zurückgezahlten Mittel in Höhe von insgesamt 164 554 Euro.
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Der Kläger ist als sog Optionskommune nach § 6a SGB II iVm § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 24.9.2004 (BGBl I 2349) seit dem 1.1.2005 als Träger der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zugelassen.
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Unter dem 6.1.2005 schlossen die Beteiligten eine "Verwaltungsvereinbarung über die vom Bund zu tragenden Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende". Diese Vereinbarung lautet auszugsweise:
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"Präambel
[…]. Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung sind Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen.
Abschnitt 1
§ 1 Grundsatz
Der Landkreis ist verpflichtet
1. die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung sowie den wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der vom Bund zu tragenden Aufwendungen sicherzustellen,
2. dem BMWA auf Anforderung zeitnah Prüfungen zu ermöglichen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind.
Das BMWA verzichtet unter dieser Voraussetzung - unbeschadet der Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes - grundsätzlich auf eine Prüfung von Einzelnachweisen für die vom Bund zu tragenden Aufwendungen.
§ 2 Leistungen zum Lebensunterhalt
(1) Der Bund ermöglicht dem Landkreis vorbehaltlich der Einreichung der erforderlichen Formanträge die Teilnahme am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren). Durch dieses Verfahren ermächtigt der Bund den Landkreis, Bundesmittel auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II und unter Beachtung dieser Verwaltungsvereinbarung sowie der Verfahrensrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen für Mittelverteiler/Titelverwalter zu bewirtschaften und beim Bund abzurufen. Das BMWA behält sich den Widerruf der Ermächtigung vor, soweit der Landkreis diese Vereinbarung oder die Verfahrensrichtlinien nicht beachtet. […].
§ 3 Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten
(1) Das BMWA legt nach § 46 Abs. 2 SGB II im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung die Maßstäbe für die regionale Verteilung der Mittel für
1. die Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
2. die Eingliederung in Arbeit
fest. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsverordnung wird dem Landkreis jährlich ein Ermächtigungsrahmen eingeräumt. Der Ermächtigungsrahmen kann schrittweise freigegeben werden. Der Landkreis stellt sicher, dass der freigegebene Ermächtigungsrahmen nicht überschritten wird. […].
(2) Die zugewiesenen Mittel sind von dem Landkreis so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.
(3) Für das Verfahren der Geldversorgung ist § 2 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Leistungen nicht entgegenstehen.
Abschnitt 2
Berichtspflichten und Finanzkontrolle […]
§ 5 Finanzkontrolle
(1) Der Landkreis richtet ein Verwaltungs- und Kontrollsystem ein, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung der vom Bund hinsichtlich der besonderen Einrichtung des Landkreises nach § 6a Abs. 6 SGB II i.V.m. Art. 106 Abs. 8 zu tragenden Aufwendungen sicherstellt (§ 1 Satz 2), und überwacht sein einwandfreies Funktionieren. Um sowohl den Entwicklungsaufwand für die Erarbeitung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme zu reduzieren als auch um deren Einheitlichkeit und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen, bietet das BMWA an, kurzfristig gemeinsam mit Vertretern aus Landkreisen und Städten ein einheitliches Verwaltungs- und Kontrollsystem zu erarbeiten.
(2) Soweit sich bei der Prüfung durch das Kontrollsystem, bei der Schlussabrechnung oder bei einer Überprüfung nach § 1 Nr. 2 ergibt, dass Aufwendungen nicht vom Bund gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II zu tragen sind, sind Überzahlungen unverzüglich auf das vom BMWA angegebene Konto zu erstatten.
(3) Der Landkreis übermittelt dem BMWA jährlich zum 28. Februar des Jahres, erstmals im Jahr 2006,
1. eine auf Grundlage der monatlichen Anweisungsnachweise erstellte Schlussrechnung über die Ausgaben für Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 2) und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten (§ 3) im Vorjahr;
2. eine Erklärung, dass die dem BMWA übermittelte Schlussrechnung und die durch die Anweisungen veranlasste Kostentragung des Bundes gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II für die im Vorjahr angefallenen Aufwendungen des Landkreises ordnungsgemäß erfolgt ist sowie dass der Landkreis zur Sicherung der Ordnungsmäßigkeit ein funktionierendes Verwaltungs- und Kontrollsystem aufweist. Für die Bescheinigung des Landkreises ist das dieser Vereinbarung als Anlage beigefügte Muster zu verwenden;
3. eine kurze Darstellung des Verwaltungs- und Kontrollsystems sowie eine Übersicht über die Ergebnisse der im Vorjahr durchgeführten Kontrollen.
(4) Die Aufsicht der zuständigen Landesbehörde und die Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofs bleiben unberührt."
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Im Laufe des Jahres 2006 gewährte der Kläger Leistungsberechtigten nach dem SGB II "Selbstvermittlungsprämien" in Höhe von 5900 Euro und Ausbildungskostenzuschüsse in Höhe von 158 654 Euro. Hierfür rief der Kläger bei der Beklagten insgesamt 164 554 Euro im sog "Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen-Verfahren" (HKR-Verfahren) ab.
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Die Gewährung von Selbstvermittlungsprämien an Leistungsberechtigte war daran geknüpft, dass Leistungsberechtigte nach dem SGB II sich eigenständig eine mit mindestens 700 Euro monatlich vergütete Beschäftigung suchten, kein Einstiegsgeld bezogen und vor Aufnahme der Tätigkeit einen Antrag beim Kläger stellten. Abhängig von der dann folgenden Beschäftigungsdauer (vier Wochen, sechs bzw zwölf Monate) zahlte der Kläger Selbstvermittlungsprämien in drei Raten zu 100 Euro, 500 Euro und 600 Euro, insgesamt höchstens 1200 Euro an Leistungsberechtigte aus. Ein Leistungsausschluss bestand im Falle einer Einstellung durch ein Personalleasingunternehmen, Verwandte ersten Grades sowie Ehepartner, über Dritte (private Arbeitsvermittler) sowie im Fall einer vorherigen Beschäftigung beim einstellenden Unternehmen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren.
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Ausbildungskostenzuschüsse gewährte der Kläger an Ausbildende, die Leistungsberechtigte mit multiplen Vermittlungshemmnissen im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses einstellten. Für die ersten zwölf Monate betrug der Zuschuss 300 Euro monatlich.
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Auf die mit Schreiben vom 25.4.2007 vom Kläger vorgelegte Schlussrechnung betreffend die im Jahr 2006 zwecks Leistungserbringung geleisteten Ausgaben lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 25.9.2008 die Übernahme der Kosten für Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüsse ab und forderte den Kläger zur Erstattung der aus diesem Grund abgerufenen Mittel auf. Das SGB II sehe für die Erbringung von Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen keine Rechtsgrundlage vor. Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten kündigte die Beklagte für den Fall der Säumigkeit des Klägers mit Schreiben vom 21.10.2008 an, unverzüglich finanzsichernde Maßnahmen zu ergreifen, etwa die Erhebung einer Leistungsklage oder die Aufrechnung mit Forderungen des Klägers. Zu prüfen sei auch, ob der Kläger von der Teilnahme am HKR-Verfahren auszuschließen sei. Der Kläger beglich die Forderung der Beklagten daraufhin am 11.11.2008 unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.
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Die unter dem 18.11.2008 beim SG erhobene Klage auf Rückerstattung der gezahlten Summe ist erfolglos geblieben (Urteil vom 4.6.2009). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustehe. Die Beklagte habe die Zahlung des Klägers nicht ohne Rechtsgrund erhalten, da ihr nach § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung ein Anspruch auf Erstattung der für Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüsse abgerufenen Mittel zustehe. Bei ihnen handele es sich nicht um gesetzliche Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
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Auf die Berufung des Klägers hat das LSG (Urteil vom 3.5.2012) die angefochtene Entscheidung geändert und die Beklagte zur Rückerstattung der vom Kläger gezahlten Summe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit verurteilt. Dem Kläger stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der unter dem 11.11.2008 erbrachten Zahlung bezüglich der Selbstvermittlungsprämien und der Ausbildungskostenzuschüsse gegen die Beklagte zur Seite, da die Beklagte die Zahlung des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt habe. Die Beklagte könne sich trotz der in verfassungsrechtlich zulässiger Weise geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht auf deren § 5 Abs 2 berufen. Diese Vereinbarung weise zwar materiellen Gehalt auf, denn Voraussetzung einer Erstattungspflicht hinsichtlich Überzahlungen sei, dass es sich bei den vom Kläger gemachten Aufwendungen um solche der Grundsicherung iS des § 6b Abs 2 SGB II handele. Dies sei zu bejahen, da es nicht darauf ankomme, ob die gewährten Leistungen rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen seien. Die Selbstvermittlungsprämien seien rechtswidrig gewährt worden, da derartige Leistungen nicht mit den Leistungsgrundsätzen der §§ 1, 3 SGB II vereinbar seien, wie das LSG Nordrhein-Westfalen und auch das SG Detmold bereits entschieden hätten. Ob die Gewährung der Ausbildungskostenzuschüsse von der Experimentierklausel des § 6a Abs 1 SGB II gedeckt sei oder eine unzulässige Aufstockung der Leistungen nach § 16 Abs 1 SGB II darstelle, könne dahingestellt bleiben, denn auch im Falle einer rechtswidrigen Gewährung stehe der Beklagten kein Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Zahlung zu. Die Finanzierungslast des Bundes sei nicht allein auf rechtmäßige Aufwendungen beschränkt. Hierfür spreche der Zusammenhang mit der Finanzierungsregelung in § 46 SGB II, die keine Beschränkung auf materiell rechtmäßige Leistungen vorsehe. Zu beachten sei auch, dass nach allgemeinen Verwaltungsrechtsgrundsätzen bindend gewordene rechtswidrige Leistungsbewilligungen gesetzliche Leistungen iS des § 31 SGB I seien. Die vom Kläger gewährten Eingliederungsmaßnahmen seien offenkundig im Außenverhältnis mit bindender Wirkung bewilligt worden. Auch aus Art 106 Abs 8 GG könne die Beklagte keinen Anspruch herleiten, da sich aus dem dort geregelten Aufwendungsausgleichsanspruch einer Kommune gegenüber dem Bund nicht zugleich ergebe, dass die Kommune dem Bund im Falle einer gesetzwidrigen Aufwendung hafte. Aus Art 104a Abs 5 S 1 Halbs 2 GG ergebe sich eine über das Bund-/Länder-Verhältnis hinausgehende Haftungsregelung, die sinngemäß auf die vorliegende Konstellation zu übertragen sei. Danach beschränke sich die Haftung des Klägers auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen. Das Verhalten des Klägers erweise sich vor dem Hintergrund einer geläuterten Rechtsauffassung erst nachträglich als rechtswidrig. Dies reiche für die Annahme einer Haftung im Sinne der Haftungskernrechtsprechung nicht aus. Dahingestellt bleiben könne, ob die Auffassung zutreffe, ein Anspruch der Beklagten könne niemals bestehen, wenn er von vornherein Prüfungsrechte voraussetze, die nach den grundgesetzlichen Verwaltungskompetenzen ausgeschlossen seien. Der Beklagten stehe auch kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu. Offen bleiben könne, ob ein solcher Anspruch bereits durch Art 104a Abs 5 GG im Rahmen des Art 106 Abs 8 GG gesperrt sei. Jedenfalls habe der Kläger die im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel aus den angeführten verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus mit Rechtsgrund erhalten. Eine Zweckverfehlung liege nicht vor, da es sich bei den streitigen Leistungen um Eingliederungsleistungen nach §§ 14 ff SGB II unabhängig davon handele, ob im Hinblick auf § 16 SGB II eine rechtswidrige Leistungsgewährung erfolgt sei. Aus § 6b Abs 5 SGB II könne die Beklagte nichts für sich herleiten, da diese Bestimmung erst zum 1.1.2011 in Kraft getreten sei. Das LSG hat die Revision zugelassen.
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Mit ihrer Revision vom 26.9.2012 gegen das am 30.8.2012 zugestellte Urteil rügt die Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht, nämlich der § 6b Abs 2 S 1 SGB II, § 31 SGB I, Art 104a Abs 5 S 1, Art 106 Abs 8 GG sowie schließlich des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Das LSG verkenne, dass dem Kläger die im HKR-Verfahren zugewiesenen Bundesmittel vermögensrechtlich nicht endgültig zugewiesen seien, sondern unter dem Vorbehalt der späteren Nachprüfung gemäß § 1 der Verwaltungsvereinbarung stünden und lediglich von ihm bewirtschaftet würden. Insoweit sei es nicht die Beklagte, der ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der an sie unter Vorbehalt zurückgezahlten Mittel zur Seite stehen müsse, sondern dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II. Unerheblich sei, ob der Kläger Leistungen mit Bindungswirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt habe. Dieser Umstand betreffe allein das Außenverhältnis, nicht hingegen das für die Finanzierungslast maßgebliche Innenverhältnis der Träger untereinander. Die Bestimmungen der §§ 44 ff SGB X dienten dem Vertrauensschutz der Leistungsberechtigten, nicht dem der Bewilligungsbehörde. Die Finanzierungslast des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II, die gegenüber der Regelung in § 46 SGB II eigenständig sei, beschränke sich auf materiell rechtmäßige Aufwendungen der zugelassenen kommunalen Träger. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Normierung eines Erstattungsanspruchs könne nicht gefolgert werden, dass sich die Finanzierungslast des Bundes auch auf rechtswidrig gewährte Leistungen erstrecke. Dies folge auch aus § 31 SGB I. Die Finanzierungslast sei nicht entsprechend § 46 Abs 1 S 1 SGB II zu behandeln, da § 46 SGB II lediglich die Finanzierungszuständigkeit regele, nicht hingegen den Umfang der zu tragenden Aufwendungen. Aus dem Fehlen direkter Aufsichtsbefugnisse der Beklagten gegenüber zugelassenen kommunalen Trägern könne ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Finanzierungslast des Bundes auch rechtswidrig gewährte Leistungen umfasse bzw der Beklagten kein Erstattungsanspruch zustehe. Zudem sprächen der Wortlaut des § 6b Abs 2 S 1 SGB II ("die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende"), Sinn und Zweck der Vorschrift wie auch der gesetzessystematische Zusammenhang mit § 31 SGB I für eine Beschränkung der Finanzierungslast der Beklagten auf Aufwendungen der kommunalen Träger, die von Rechtsgrundlagen im SGB II gedeckt seien. Die kommunalen Träger dürften hinsichtlich der Gesetzesanwendung nicht freier gestellt werden als die BA. Dass die BA bei der Gewährung von Leistungen keine Erstattungspflicht treffe, sei sachlich gerechtfertigt, denn die Finanzbeziehung der Beklagten zu dieser beruhe nicht - wie bei kommunalen Trägern - auf Art 106 Abs 8 GG. Zudem seien die Aufsichtsbefugnisse unterschiedlich ausgestaltet. Gegenüber den Kommunen stehe der Beklagten - anders als gegenüber der BA gemäß § 47 SGB II - keine Weisungsbefugnis zu und somit auch keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit zwecks Beendigung rechtswidrigen Verhaltens. Lediglich der Bundesrechnungshof sei zur Prüfung befugt. Dem Kläger stünde es frei, im SGB II nicht vorgesehene Leistungen zu erbringen. Eine Erstattung der Aufwendungen hierfür könne allerdings nicht verlangt werden, denn der Beklagten solle durch § 6b SGB II nicht das finanzielle Risiko einer Falschanwendung des SGB II aufgebürdet werden. Anderenfalls könne der Kläger ohne jedes Risiko rechtswidrige Maßnahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu Lasten der Beklagten beschließen. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei verfassungskonform im Lichte des Art 106 Abs 8 GG auszulegen. Art 104a Abs 5 GG komme als Haftungsgrundlage nicht in Betracht, da diese Vorschrift von der Zweistufigkeit der Finanzverfassung ausgehe.
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Die Haftungskernrechtsprechung des BSG und des BVerwG sei auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragbar. Es gehe nicht um die Haftung einer Optionskommune, sondern um die Erstattungspflicht des Bundes. Das Urteil des LSG beruhe auf dieser fehlerhaften Gesetzesanwendung. Der Kläger habe durch eine Vermögensverschiebung, dh eine Leistung der Beklagten zugunsten des Klägers durch Schaffung einer Möglichkeit zum Mittelabruf, die von ihm im HKR-Verfahren tatsächlich abgerufenen Bundesmittel erlangt und so sein wirtschaftliches Vermögen vermehrt. Dies sei ohne Rechtsgrund erfolgt, da § 6b Abs 2 S 1 SGB II keine pauschale Mittelbereitstellung vorsehe, die zum Zeitpunkt der Mittelbereitstellung noch keinem konkret Letztberechtigten zugeordnet sei. Vielmehr folge § 6b SGB II dem Gedanken der Aufwendungserstattung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs 1 S 2 iVm § 3 Abs 3 der Verwaltungsvereinbarung. Die Auffassung der Beklagten werde durch § 7 iVm § 34 BHO bestätigt. Auf eine Entreicherung iS des § 818 Abs 3 BGB könne sich der Kläger als "öffentliche Hand" nicht berufen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch werde auch nicht durch Art 104a Abs 5 S 1 GG gesperrt, da sich ein Haftungsverhältnis im Sinne dieser Norm auf das Verhältnis Bund-Land beschränke.
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Der Erstattungsanspruch der Beklagten folge zudem aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Dort seien Voraussetzungen als auch die Rechtsfolge eines materiellen Anspruchs festgelegt. Dies folge bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Dem stehe auch die Anknüpfung an § 6b Abs 2 S 1 SGB II nicht entgegen, denn dort sei kein Erstattungsanspruch geregelt. Auch § 5 Abs 4 der Verwaltungsvereinbarung spreche nicht gegen die Existenz eines materiellen Anspruchs in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Der Anspruch aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung beschränke sich auch nicht auf die Erstattung der in § 16 Abs 2 S 2 Nr 1 bis 4, § 22 und § 23 Abs 3 SGB II genannten Leistungen. Die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit von Prüfbefugnissen des Bundes lasse nicht auf das Fehlen eines Erstattungsanspruches schließen.
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Das LSG habe zumindest einen Rückforderungsanspruch aus Art 106 Abs 8 GG bejahen müssen. Diese Norm begründe einen verfassungsunmittelbaren Ausgleichsanspruch des Bundes für Überzahlungen gegenüber den Optionskommunen als "umgekehrter Leistungsanspruch". Nur so könne die materielle Beschränkung der Ausgleichsbefugnis des Bundes in Art 106 Abs 8 GG wirksam gewährleistet werden. Ein Verschulden aufseiten der Optionskommune als Anspruchsbeschränkung sehe dieser Anspruch des Bundes nicht vor. Die Begrenzung der Haftung für rechtswidriges Verwaltungshandeln auf die Fälle vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen sei nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der auf den hier zu beurteilenden Fall übertragbar wäre. Vielmehr beschränke sich dieser Kernbereich der Haftung auf die Fälle des Art 104a Abs 5 S 1 Halbs 2 GG und damit - der Rechtsprechung des BVerwG folgend - auf die Finanzbeziehungen gemäß Art 104a GG.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2012 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 4. Juni 2009 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er trägt vor, dass die Rechtsauffassung der Beklagten den Kläger einem unangemessenen Risiko aussetze, mit seinen sonstigen Haushaltsmitteln für ein der Leistungsgewährung immanentes Risiko einstehen zu müssen. Dem Kläger habe ein ursprünglicher, mit dem Mittelabruf bei der Beklagten im HKR-Verfahren erfüllter Anspruch gegen die Beklagte aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II auf Erstattung seiner Aufwendungen zugestanden. Die von ihm getätigten Aufwendungen seien der Aufgabenerfüllung nach dem SGB II zuzuordnen, wenn sie auch vom LSG im Einzelnen als rechtswidrig eingestuft worden seien. Die Kostentragungslast der Beklagten aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II erfasse in Übereinstimmung mit Art 106 Abs 8 GG auch Aufwendungen für rechtswidrige Maßnahmen, soweit sie in einem unmittelbaren inneren und äußeren Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende stehe. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei aufgaben- und nicht maßnahmenbezogen auszulegen. Insoweit verbiete sich die Gleichsetzung von Aufgabenerfüllung nach dem SGB II mit der rechtmäßigen Gewährung von Leistungen nach §§ 14 ff SGB II.
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Zu beachten sei bei der Auslegung des Gesetzes auch die Experimentierklausel des § 6a Abs 1 SGB II. Aus deren Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck folge, dass nicht nur verwaltungsorganisatorische Modelle im Wettbewerb stünden, sondern auch die inhaltliche Arbeit der Grundsicherungsträger. In sich widersprüchlich sei, wie inhaltlich identische Eingliederungsmaßnahmen in Wettbewerb zueinander treten sollten. Anderenfalls sei die Experimentierklausel funktionslos. Eine Weiterentwicklung sei nur möglich, wenn ein Entwicklungsspielraum bestehe. Gerade die Leistungsberechtigten nach dem SGB II bedürften dem individuellen Bedarf angepasste Leistungen, die nicht in ein starres Schema gepresst werden könnten. Demgegenüber seien die Leistungen nach dem SGB III für Kurzzeitarbeitslose konzipiert. § 31 SGB I stehe der klägerischen Auslegung der Experimentierklausel nicht entgegen, denn zum einen stelle § 6a Abs 1 S 2 SGB II das Gesetz dar, welches experimentelle Eingliederungsleistungen zulasse. Dass einzelne Kommunen ein anderes Förderkonzept entwickelten, sei also gesetzlich vorgesehen. Zum anderen setze sich die Rechtswirksamkeit einer Leistungsbewilligung unabhängig von deren Rechtmäßigkeit gegenüber Leistungsempfängern im Innenverhältnis zwischen Aufgaben- und Ausgabenträger fort. Anderenfalls werde eine Optionskommune dem Risiko ausgesetzt, der Beklagten Rückzahlungen leisten zu müssen, obwohl sie keine Möglichkeit habe, die bewilligten Leistungen nach §§ 45, 48 SGB X zurückzufordern. Aus Art 20 Abs 3 GG und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folge nicht, dass ein rechtswidriges Handeln im Einzelfall auf Ebene des Leistungsrechts nicht als Aufgabenerfüllung anzusehen wäre. Zwar könne sich daraus grundsätzlich auch ein Haftungsanspruch ergeben. Dieser könne sich aber finanzverfassungsrechtlich nur nach Art 104a Abs 5 GG richten. Eine anderweitige Haftung für fehlerhaftes, vom Bund finanziertes Verwaltungshandeln sehe das GG nicht vor. Daraus folge, dass entweder eine Haftung nur im Sinne des Haftungskerns bestehe oder überhaupt keine zwischen dem Kläger und der Beklagten, sondern zwischen der Beklagten und dem Land Nordrhein-Westfalen. Art 106 Abs 8 GG dürfe nicht in einer Art und Weise ausgelegt werden, die in Widerspruch zu den Wertungen des Art 104a GG stünde. Aus der Verwaltungsvereinbarung folge ebenfalls kein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers, da diese Vereinbarung keine Ansprüche begründe, sondern lediglich Verfahrensregelungen treffe. Die durch Einfügung des Art 91e GG und § 6b Abs 5 SGB II mit Wirkung zum 1.1.2011 geschaffene Rechtslage bestätige die Rechtsauffassung des Klägers.
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Der von der Beklagten behauptete Rückforderungsanspruch trete zudem neben die normativ unberührt bleibende Aufsicht der zuständigen Landesbehörde, die auch nicht lückenhaft, sondern umfassend sei. Die Rechtmäßigkeitsprüfung der Beklagten habe den Charakter einer repressiven Aufsichtsmaßnahme. Dies entwerte die Aufsichtsbefugnisse des Landes nach § 47 Abs 2 SGB II. Der Kläger könne, träfe die Rechtsauffassung der Beklagten zu, seiner eigenen Rechts- und Fachaufsicht nicht mehr vertrauen, sondern müsse sich der zusätzlichen faktischen Rechtsaufsicht der Beklagten unterwerfen. Hinzu komme, dass das BMAS es in der Vergangenheit abgelehnt habe, einzelne Maßnahmen und Leistungen im Vorweg auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und den Optionskommunen eine verbindliche Rechtsauffassung mitzuteilen.
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Die gewährten Ausbildungskostenzuschüsse seien rechtmäßig. Letztere hätten rechtmäßig nach § 16 Abs 2 SGB II aF bewilligt werden können. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift habe kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zu den Leistungen nach § 16 Abs 1 SGB II bestanden. Gegenüber den Ausbildungskostenzuschüssen nach §§ 235 ff SGB III habe es sich um andere Leistungen im Sinne eines "aliud" gehandelt, da sie sich an einen anderen Personenkreis gerichtet und daher keine Leistungen nach dem SGB III aufgestockt hätten. Dementsprechend entfalteten die §§ 235 ff SGB III keine Sperrwirkung gegenüber den vom Kläger geleisteten Ausbildungskostenzuschüssen.
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Auch die gewährten Selbstvermittlungsprämien seien rechtmäßig. Die zum SGB III entwickelten Grundsätze seien auf das SGB II nicht übertragbar. Das Alg II sei, anders als das Alg I, in seiner Höhe nicht von einer persönlichen Leistungserbringung der Arbeitsuchenden abhängig. Dies eröffne einen Spielraum für zusätzliche Anreizsysteme, um die Eigeninitiative auf ein Maß auszudehnen, welches über das Sanktionensystem des § 31 SGB II nicht erreicht werden könne. Die Beklagte verhalte sich zudem widersprüchlich, da sie in ihrer Arbeitshilfe zu sonstigen weiteren Leistungen selbst "Prämien als Anreiz für selbstgesuchte Arbeit/betriebliche Ausbildung" genannt habe.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
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1. a) Das BSG ist als Revisionsgericht zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit berufen. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG gemäß § 39 Abs 2 SGG ist hingegen nicht gegeben. Nach § 39 Abs 2 S 1 SGG wäre das BSG im ersten und letzten Rechtszug zur Entscheidung über Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern in den in § 51 SGG genannten Angelegenheiten berufen. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
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Zwar sind die Kommunen - wie hier der klagende Landkreis - im nach dem GG zweigegliederten Verfassungsstaat rechtlich den Bundesländern zuzuordnen (Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Vor Art 104a RdNr 1). Entscheidend für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG - wie auch für die entsprechenden Streitigkeiten gemäß § 50 VwGO vor dem BVerwG - ist jedoch die formale Beteiligtenstellung als Bundesland, was eine Beteiligtenstellung von Kommunen in Streitigkeiten nach § 39 Abs 2 S 1 SGG ausschließt(vgl Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 24. Aufl 2012, § 50 RdNr 8). Klagt also eine Kommune einen ihr vermeintlich zustehenden Anspruch gegenüber dem Bund ein, sind hierfür die Sozialgerichte sachlich und in erster Instanz zuständig (vgl § 8 SGG). So liegt es auch hier.
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Die durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.3.2011 (BGBl I 453) mit Wirkung vom 1.4.2011 in § 29 Abs 2 Nr 3 SGG eingefügte Zuweisung von Klagen in Angelegenheiten der Erstattung von Aufwendungen nach § 6b SGB II an die Landessozialgerichte, die in erster Instanz zu entscheiden haben, hat keinen Einfluss auf das hier geführte Verfahren. Denn auf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits anhängige Klagverfahren - der Anspruch des Klägers wurde am 18.11.2008 beim SG anhängig gemacht - wirkt sich eine Änderung der (instanziellen) Zuständigkeit gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori (vgl § 98 SGG iVm § 17 Abs 1 S 1 GVG) nicht aus (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 29 RdNr 4).
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b) Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß §§ 77 ff SGG bedurfte es nicht, da ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X zwischen den Beteiligten nicht zu ergehen hatte(vgl hierzu Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 522) und nicht ergangen ist.
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2. Die Revision ist indes nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung von 164 554 Euro zu. Dieser Anspruch folgt aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, denn der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Erstattung gegenüber dem Kläger zu. Zwar wäre ein solcher Erstattungsanspruch weder durch den in Art 104a Abs 5 GG normierten Haftungsanspruch noch durch andere Erstattungsregelungen ausgeschlossen. Es fehlt aber zum Teil an einem Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers, zum Teil an einem vorwerfbaren Verhalten des Klägers.
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a) Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) gewährleisteten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts (stRspr, vgl zB BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153; BSG Urteil vom 22.7.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2; BSG Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R - BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2; BSG Urteil vom 27.8.2011 - B 4 AS 1/10 R - BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9; aus der Literatur zB Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1239). Mit ihm soll eine dem materiellen Recht widersprechende Vermögensverschiebung wieder rückgängig gemacht werden können. Soweit eine spezialgesetzliche Regelung - wie zB in dem mit Wirkung zum 1.1.2011 in § 6b Abs 5 SGB II eingefügten Erstattungsanspruch - nicht existiert, entsprechen die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs(stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R - BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7, RdNr 14; BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 13 mwN; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 21; Luik, jurisPR-SozR 6/2013, Anm 1). Abweichungen von den zivilrechtlich anerkannten Grundsätzen sind für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nur dann anzuerkennen und erforderlich, wenn und soweit dort eine andere Interessenbewertung geboten ist (BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153).
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Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass in einer als öffentlich-rechtlich einzustufenden Rechtsbeziehung eine nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende Vermögensverschiebung stattgefunden hat und dem Anspruchsgegner kein Rechtsgrund zur Seite steht, das aufgrund der Vermögensverschiebung Erlangte behalten zu dürfen. Kennzeichnend für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ist nicht die Rechtswidrigkeit der Handlung, sondern die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung (Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1236; Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 515). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
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Die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung ist, da sie allein von Vorschriften des öffentlichen Rechts beherrscht wird, dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl allg Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 159; Henneke, DÖV 2012, 165, 174). Das Vermögen der Beklagten ist auch im Sinne einer Vermögensverschiebung gemehrt worden. Die Beklagte hat durch die unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte Zahlung des Klägers am 11.11.2008 etwas erlangt, nämlich eine Gutschrift in Höhe desjenigen Betrages, welchen der Kläger ihr überwiesen hat. Dass der Kläger diesen Betrag zuvor selbst im HKR-Verfahren abgebucht hat, steht dem nicht entgegen, denn rechtlich maßgeblich für die Betrachtung der Vermögensmehrung ist der jeweils einzelne Zahlungs-/Buchungsvorgang. Die Gutschrift hat die Beklagte ohne Rechtsgrund erlangt. Diese Vermögensverschiebung widersprach der objektiven Rechtslage. Die vom Kläger zunächst im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel standen vermögensrechtlich betrachtet dem Kläger zu, denn sie waren ihm seitens des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II(idF des Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22.12.2005, BGBl I 3675) bzw nach Art 106 Abs 8 GG zu gewähren.
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b) Der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Rückzahlung der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel gegenüber dem Kläger zu.
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aa) Für das hier maßgebliche Jahr 2006 kommt zunächst § 6b Abs 5 SGB II als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Diese Vorschrift stellt zwar eine besondere Kodifizierung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für das Haftungsverhältnis zwischen dem Bund und den Optionskommunen dar (BT-Drucks 17/1555 S 16; Schumacher in Oestreicher, SGB II/XII, § 6b RdNr 5 [Stand: 10/2012]). Sie ist jedoch gemäß Art 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) erst zum 1.1.2011 in Kraft getreten und zeitigt für den hier zu beurteilenden Fall keine Wirkungen.
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bb) Ein Erstattungsanspruch der Beklagten folgt hier auch nicht aus §§ 102 ff SGB X, denn vorliegend geht es nicht etwa um das Erstattungsverhältnis mehrerer Sozialleistungsträger untereinander hinsichtlich der Frage, wer letztlich gegenüber einem Leistungsberechtigten Sozialleistungen zu erbringen hat, sondern ausschließlich um die (Re-)Finanzierung der erbrachten Sozialleistungen im Innenverhältnis(vgl BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 15). Da die Optionskommunen als im sozialrechtlichen Außenverhältnis alleiniger Sozialleistungsträger nicht nur für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 2, sondern auch für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II ergebenden Aufgaben zuständig sind(vgl § 6b Abs 1 SGB II) und lediglich die Finanzierung der Aufgaben nicht allein durch die Optionskommunen erfolgt, steht hier kein Konkurrenzverhältnis zweier Sozialleistungsträger im Außenverhältnis infrage. Der Bund als die Optionskommunen (mit-)finanzierende Körperschaft tritt nur in dieser Funktion in das Geschehen, nicht hingegen als Sozialleistungsträger iS des § 12 S 1 SGB I.
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cc) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger folgt nicht aus § 5 Abs 2 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung. Offen bleiben kann insoweit, ob hinsichtlich der Ausgestaltung einer Finanzbeziehung nach Art 106 Abs 8 GG wie auch hinsichtlich einer eventuell bestehenden Ausgleichspflicht der Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten überhaupt zulässig ist (bejahend zB Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, 68. Aufl 2013, Art 106 RdNr 101; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 9; wohl auch Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 56; ablehnend Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 104a RdNr 49). Jedenfalls stellt § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung schon keine Anspruchsgrundlage materiellen Inhalts dar, auf welche sich die Beklagte stützen könnte, um den Erhalt der Zahlung dauerhaft zu rechtfertigen. Der Vertragsbestimmung kommt lediglich der Charakter einer Verfahrensvorschrift zu. Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass eine Erstattung des Klägers gegenüber der Beklagten von der nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II aF maßgeblichen Rechtslage und damit von einer korrekten vermögensrechtlichen Zuordnung der gewährten Mittel zum Bund abhängig ist(vgl Henneke, Der Landkreis 2012, 553). Allein die verfahrensrechtlichen Modalitäten einer Erstattung (Zahlungszeitpunkt, Konto) sind eigenständig in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung geregelt. Dasselbe folgt aus einer systematischen Betrachtung der Vorschrift. So weist die Präambel der Verwaltungsvereinbarung darauf hin, dass Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung "Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen" sind. Dass gemäß § 5 Abs 4 die Prüfungsbefugnisse des Landes sowie des Bundesrechnungshofes unberührt bleiben sollen, spricht bei systematischer Betrachtung des § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung ebenfalls gegen das Bestehen eines Erstattungsanspruchs aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung, denn eine eigenständige Feststellung einer Überzahlung durch die Beklagte wäre eine unmittelbare Einflussnahme auf den Kläger in seiner Funktion als Sozialleistungsträger und käme einer aus Sicht des Klägers zusätzlichen und nach dem Gesetz nicht vorgesehenen Aufsicht des Bundes gegenüber dem Kläger gleich(LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 19.4.2012 - L 6 AS 16/09 - juris RdNr 37 mwN).
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dd) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht unmittelbar aus Art 106 Abs 8 GG. Diese Norm stellt keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von den Optionskommunen bereitgestellten Mitteln zur Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II dar. Es entspricht zwar der vorherrschenden Meinung in der Literatur, dass die nach § 6b Abs 2 SGB II erfolgende Tragung der Aufwendungen aufgrund des verfassungsrechtlich prinzipiell bestehenden Verbots von Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und Gemeinden bzw Gemeindeverbänden bis zum 31.12.2010 allein auf Grundlage des Art 106 Abs 8 GG vonstattengehen konnte. Aus der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer direkten Finanzbeziehung zwischen den Beteiligten ist jedoch nicht auch der Schluss zu ziehen, die eine Finanzierung erlaubende Norm beinhalte zugleich eine Rechtsgrundlage für einen (öffentlich-rechtlichen) Erstattungsanspruch oder gar eine Haftungsnorm. Derartiges lässt sich weder dem Wortlaut der Norm, der Systematik des Gesetzes noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Art 106 Abs 8 GG schafft seinem Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck nach einen Anspruch auf Ausgleich von Sonderbelastungen der Kommunen bzw Kommunalverbänden. Eine Rückabwicklung des Sonderbelastungsausgleichs ist - anders als dies explizit in Art 104a Abs 5 S 1 GG für die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und nun auch in Art 91e GG iVm einem Ausführungsgesetz vorgesehen ist - nicht normiert worden. Gerade diese Nichtnormierung eines Erstattungs- oder Haftungsanspruchs lässt auf ein beredtes Schweigen des Verfassungsgebers im Rahmen des Art 106 Abs 8 GG schließen. Hiermit unvereinbar ist es, wenn man Art 106 Abs 8 GG - wie es die Beklagte vorträgt - zugleich eine Haftungsregelung als Korrelat der Finanzierungsbefugnis entnehmen möchte.
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ee) In Betracht kommt lediglich ein Anspruch auf Zahlung aufgrund eines daneben anwendbaren allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Doch auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch steht der Beklagten im Ergebnis nicht als Rechtsgrund gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch zur Seite.
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(1) Die Anwendbarkeit der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im hier zu beurteilenden Fall ist nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil sich eine zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Haftungsbeziehung ausschließlich nach Art 104a Abs 5 S 1 GG richtete. Die durch das Finanzreformgesetz vom 12.5.1969 (BGBl I 359) in das GG eingefügte Bestimmung des Art 104a Abs 5 S 1 GG stellt zwar eine unmittelbar geltende sondergesetzliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Vermögensschäden dar, die durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln entstanden sind (BVerfG Urteil vom 17.10.2006 - 2 BvG 1/04, 2 BvG 2/04 - BVerfGE 116, 271, 318 = juris RdNr 121 ff; BVerwG Urteil vom 18.5.1994 - 11 A 1/92 - BVerwGE 96, 45; BVerwG Urteil vom 30.11.1995 - 7 C 56/93 - BVerwGE 100, 56; Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 104a RdNr 47; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 68; Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 317 ff [Stand: 5/2003]; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11), ohne dass es eines Ausführungsgesetzes nach Art 104a Abs 5 S 2 GG bedürfte. Sie verdrängt andere Haftungs- und Erstattungsgrundlagen indes nur im Rahmen ihres eigenen Anwendungsbereichs. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG. Dieser hat klargestellt, dass die Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im Falle des Vorliegens eines Haftungsverhältnisses iS des Art 104a Abs 5 S 1 GG nicht in Betracht kommt (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 = juris RdNr 59).
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Das Haftungsverhältnis iS des Art 104a Abs 5 S 1 GG ist - auch mangels eines Ausführungsgesetzes gemäß Art 104a Abs 5 S 2 GG - auf eine Haftung zwischen Bund und Ländern beschränkt. Auf eine Haftung zwischen Bund und Kommunen bzw ihren Verbänden ist Art 104a Abs 5 S 1 GG dementsprechend nicht unmittelbar anwendbar (Henneke in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl 2011, Art 104a RdNr 42; Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 169, 171; Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 323 f, 349 [Stand: 5/2003]; vgl auch Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 72; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 104a RdNr 55; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 163). Dem GG ist nicht zu entnehmen, dass die Haftung nach Art 104a Abs 5 GG als im Rahmen der Finanzverfassung vollständig abschließende Regelung der Erstattungs- und Haftungsbeziehungen zu verstehen ist (vgl BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153). Sie bezieht sich lediglich auf die in den vorstehenden Absätzen des Art 104a GG umschriebenen Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern (BVerwG Urteil vom 27.3.1980 - IV A 1.77 - juris RdNr 19; aA Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 171).
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In der hier vorliegenden und durch die Beteiligung anderer als allein des Bundes und eines Landes gekennzeichneten Erstattungsbeziehung bleibt mangels eines Ausführungsgesetzes nach Art 104a Abs 5 S 2 GG Raum für die grundsätzliche Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Eine Finanzbeziehung iS des Art 104a GG liegt zwischen den Beteiligten nicht vor, denn die Finanzierung der Optionskommunen als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende richtete sich bis zum 31.12.2010 allein nach Art 106 Abs 8 GG (Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63). Diese Norm stellt eine Durchbrechung der in Art 104a GG vorgesehenen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern dar (Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art 106 RdNr 1200 [Stand: 11/2002]). Dass der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Fallgestaltungen wie der vorliegenden weiter anwendbar bleibt, wird bestätigt durch die Gesetzgebungsmaterialien zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112), wenn dort die Einfügung des § 6b Abs 5 SGB II als eine klarstellende gesetzliche Verankerung des allgemein gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zwischen dem Bund und Kommunen bzw Kommunalverbänden angesehen wird(BT-Drucks 17/1555 S 16).
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(2) Der Kläger hat die von ihm zunächst abgerufenen Mittel mit Rechtsgrund erhalten, denn sie waren ihm vermögensrechtlich endgültig zugeordnet. Die Zuordnung der im HKR-Verfahren bereitgestellten Mittel richtet sich nach der rechtlichen Grundlage der Finanzierung der Aufgaben der Optionskommunen. Die Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung der Optionskommunen findet seine Rechtsgrundlage finanzverfassungsrechtlich in Art 106 Abs 8 GG, einfachgesetzlich in § 6b Abs 2 S 1 SGB II.
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Systematisch betrachtet behandelt § 6b Abs 2 S 1 SGB II die Kostentragung, nicht hingegen Erstattungsfragen. Dass Erstattungsforderungen "umgekehrte Leistungsansprüche" darstellen, führt nicht automatisch dazu, in eine Kostentragungsregelung eine Erstattungsregelung hineinlesen zu können. Tatbestandliche Voraussetzung des § 6b Abs 2 S 1 SGB II ist, dass die Aufwendungen solche der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind. Dieser Begriff ist aufgaben- und nicht maßnahmebezogen auszulegen.
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(3) Aus der Verfassung ergibt sich keine andere Auslegung des § 6b Abs 2 S 1 SGB II. Die Voraussetzungen des Art 106 Abs 8 GG für eine Leistung an den Kläger lagen vor. Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund gemäß Art 106 Abs 8 GG den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt. Gerade die Finanzierung der Optionskommunen iS des § 6a SGB II wurde als ein Anwendungsfall der verfassungsrechtlich zulässigen Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Kommunen bzw ihren Verbänden angesehen(vgl Hermes in Dreier, GG, 2. Aufl Supplementum 2010, Art 91e RdNr 52; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 57; D. Oppermann, DVBl 2005, 1008, 1012; Korioth, DVBl 2008, 812, 819; Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63; ders, Der Landkreis 2012, 553). Die Vorschrift gewährt einen verfassungsrechtlich abgesicherten, vor den Verwaltungsgerichten einklagbaren Anspruch, der von den Kommunen unmittelbar gegenüber dem Bund geltend gemacht werden kann (Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 147; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 108; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 55; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 106 ff; Henneke, DÖV 2012, 165, 173).
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Die nach Art 106 Abs 8 GG zu gewährenden Mittel sind aber nach ihrer Auskehrung haushaltstechnisch den Ländern bzw den Kommunen zuzuordnen (Schwarz, DVBl 2011, 135, 137 f; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f), denn die Optionskommunen nehmen die Aufgaben nach dem SGB II als eigene Aufgaben wahr. Zwar trifft es zu, dass die für diese Aufgabenwahrnehmung bereitgestellten Mittel ihrer Herkunft nach solche des Bundes sind. Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommune liegt es aber nicht so, dass der Kläger Bundesmittel "bewirtschaften" würde (Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f). Das HKR-Verfahren stellt insoweit einen rein technischen Umsetzungsakt dar. Trotz der Finanzierung durch den Bund bleibt es bei der Verwaltungskompetenz der Gemeinden. Dies hat - entgegen anderweitiger Inhalte der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung - auch die Beklagte zu beachten.
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Der Beklagten ist in ihrer Auslegung des Begriffs "erforderlicher Ausgleich" nicht zu folgen. Insbesondere ist das Merkmal der Erforderlichkeit nicht in dem Sinn zu verstehen, dass ein Ausgleich für die Sonderbelastung gemäß Art 106 Abs 8 GG nur dann zu gewähren wäre, wenn sich der Empfänger des Sonderbelastungsausgleichs - hier also die klagende Optionskommune - objektiv gesetzeskonform verhält und gänzlich fehlerfrei Leistungen nach dem SGB II gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und auszahlt. Dem auf der Rechtsfolgenseite der Norm angesiedelten und die Rechtsfolge begrenzenden Tatbestandsmerkmal der "Erforderlichkeit" kommt nach vorherrschender Auffassung (vgl Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art 106 RdNr 1262 [Stand: 11/2002]; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 109; Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 154, 156; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 121) gegenüber dem Unzumutbarkeitskriterium keine eigenständige Bedeutung zu, sondern wird durch das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit definiert. Erforderlich ist ein Ausgleich iS des Art 106 Abs 8 GG immer dann, wenn die Belastung der Kommune anderenfalls unzumutbar wäre (Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 109). Die Unzumutbarkeit ist nach Billigkeitsgesichtspunkten festzustellen. Dabei ist insbesondere die Finanzkraft einer Gemeinde in den Blick zu nehmen (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 107; Bleckmann, DVBl 1970, 920). Handelt es sich bei der auf eine Gemeinde zukommenden Belastung nicht um eine bloße Bagatelle, ist die Sonderbelastung als unzumutbar anzusehen. Bei den mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II verbundenen Belastungen einer Kommune handelt es sich aufgrund ihres finanziellen Volumens offenkundig nicht um eine Bagatelle.
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(4) Rechtliche Grundlage für die Gewährung von nicht ausdrücklich im SGB II selbst geregelten Eingliederungsmaßnahmen ist hier § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; nun: § 16f Abs 1 SGB II). Danach konnten über die in § 16 Abs 1 SGB II aF genannten Leistungen des SGB III hinaus weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erforderlich waren. Der Wortlaut des § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF ließ - ähnlich wie die freie Förderung gemäß § 10 SGB III aF - die Möglichkeit offen, alternative Modelle der Eingliederung von Leistungsberechtigten zu erproben. Die Anwendung der Norm stand sowohl den Optionskommunen als auch den Agenturen für Arbeit offen. In diesem Sinne ergab sich im streitgegenständlichen Zeitraum ein gesetzlich vorgesehenes "Leistungserfindungsrecht" sowohl der Agenturen für Arbeit als auch der Optionskommunen. Der sog "Experimentierklausel" des § 6a SGB II kommt dabei keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.
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Sowohl für die Arbeitsagenturen als auch die Optionskommunen galt jedoch, dass sich die zu gewährenden Leistungen im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Prinzipien halten mussten. Dabei waren die Aufgaben und Ziele des SGB II zu berücksichtigen. Die Aufgaben und Ziele des SGB II ergeben sich aus dessen § 1(Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 31 [Stand: 6/2007]; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 16 RdNr 175). Darüber hinaus zu beachten sind die in §§ 2, 3 SGB II niedergelegten Grundsätze(BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 = juris RdNr 27; Harks in Schlegel/Voelzke/Radüge, jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 16 RdNr 70). Die hinsichtlich der Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF in das Ermessen der Verwaltung gestellte Leistungsgewährung nach dem SGB II muss gemäß § 3 Abs 1 S 1 SGB II aF allgemein der Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit, soweit erforderlich, dienen. § 16 Abs 2 S 2 SGB II aF stand der Gewährung nicht ausdrücklich im SGB II selbst geregelter Leistungen nicht entgegen, da die Vorschrift lediglich vom kommunalen Träger zu gewährende Leistung als Regelbeispiele ohne abschließenden Charakter nannte. Auch wenn eine ausdrückliche Normierung des sog "Aufstockungsverbots" bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.7.2006, BGBl I 1706; heute: § 16f Abs 2 S 3 SGB II) nicht in § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF erfolgte, ergab sich dessen Geltung indes aus dem Regelungszusammenhang, um eine Verwerfung mit dem Regelungsgefüge des SGB III zu vermeiden. Zudem hätte ein Widerspruch zum Zweck des § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF bestanden, ergänzende und innovative Unterstützungsleistungen bereitzustellen(Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 31 [Stand: 6/2007]). Die nachträgliche Normierung des Aufstockungsverbotes im SGB II hatte insoweit lediglich klarstellenden Charakter (BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 = juris RdNr 18).
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(5) Unter Berücksichtigung des Vorgenannten bewegt sich die Gewährung der vom Kläger aufgelegten Maßnahme "Ausbildungskostenzuschuss" im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Ziele, Zwecke und Prinzipien. Hierbei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber selbst durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen vom 26.8.2008 (BGBl I 1728) mit Wirkung vom 30.8.2008 durch § 421r SGB III einen Ausbildungsbonus an Arbeitgeber bzw Ausbildende eingeführt hat, wenngleich diese Norm nicht in den Katalog der nach § 16 Abs 1 SGB II leistbaren Förderungen aufgenommen, sondern selbst nach Einführung weiterer Fördermöglichkeiten in das SGB III(insbesondere § 421t Abs 4 bis Abs 6 SGB III), auf die § 16 Abs 1 SGB II aF verwies, ausgenommen blieb. Die aus § 421r SGB III folgenden Leistungen wurden von den Agenturen für Arbeit indes auch zugunsten von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Sinne des SGB II erbracht. Eine explizite Aufnahme in den Leistungskatalog des § 16 Abs 1 SGB II erübrigte sich damit(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 421r RdNr 14 [Stand: 3/2010]; Leopold in BeckOK-Sozialrecht, SGB III, § 421r RdNr 4 [Stand: 3/2012]). Für die Rechtmäßigkeit der vom Kläger gewährten Ausbildungskostenzuschüsse spricht zudem, dass § 16 Abs 1 SGB II aF durch den dort enthaltenen Verweis auf das Fünfte Kapitel des SGB III eine Förderung nach § 235a SGB III aF zuließ, der ebenfalls eine Ausbildungsförderungsleistung an Menschen mit Behinderungen vorsah. Die vom Kläger vorgesehenen Leistungen waren zwecks Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich iS des § 3 Abs 1 SGB II. Mit Blick auf § 235a SGB III liegt keine nach dem SGB II verbotene Aufstockung anderer Leistungen vor, da sich die Leistungen an einen anderen Personenkreis richteten und somit ein "aliud" ihnen gegenüber darstellten. Die Leistung nach § 235a SGB III aF sollte Menschen mit Behinderungen begünstigen, die vom Kläger gewährten Ausbildungskostenzuschüsse dagegen Leistungsberechtigte "mit multiplen Vermittlungshemmnissen". Hierzu gehören nicht nur Behinderungen iS des § 2 Abs 2 SGB IX, sondern auch eine Vielzahl anderer Faktoren, die einer möglichst zügigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt entgegenstehen.
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(6) Anders als die Ausbildungskostenzuschüsse entspricht die Gewährung von sog Selbstvermittlungsprämien nicht den dem SGB II zugrunde liegenden Prinzipien, insbesondere nicht den Leistungsgrundsätzen in §§ 2, 3 SGB II. Gemäß § 2 Abs 2 S 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. Damit unvereinbar ist die Gewährung einer Selbstvermittlungsprämie, da sie hauptsächlich darauf abzielt, einen zusätzlichen Anreiz dafür zu schaffen, den ohnehin von § 2 SGB II vorgegebenen Obliegenheiten zur Entfaltung einer Eigeninitiative nachzukommen. Wie bereits das SG zutreffend erkannt hat, fehlt es zudem an einer Erforderlichkeit dieser Leistung zur Eingliederung von Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben iS des § 3 SGB II aF, da es diesen ohnehin bereits nach dem Gesetz obliegt, sich eigenständig um eine Beschäftigungsmöglichkeit zu bemühen(so auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 2.2.2011 - L 12 AS 1104/10 - juris RdNr 43; nicht problematisiert in SG Karlsruhe Urteil vom 27.9.2006 - S 6 AS 3333/06 - juris). Diese Obliegenheit sichert das Gesetz zusätzlich über §§ 10, 31 ff SGB II ab. Eines darüber hinausgehenden weiteren "Anreizes" bedarf es nicht. Als eine besondere Form der Mobilitätshilfe zwecks Anbahnung oder Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses kann die Selbstvermittlungsprämie nicht verstanden werden, da sie lediglich im Erfolgsfalle gewährt wird, nicht auch unabhängig davon, ob es zum Abschluss eines Arbeitsverhältnisses kommt.
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(7) Selbst wenn aber die Gewährung einer Selbstvermittlungsprämie nicht den Zielen und Zwecken des SGB II entspricht, führt der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch hier nicht zu einem teilweisen Erfolg der Revision. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im Verhältnis des Bundes zu einem Land greift nicht bereits bei jeglicher fahrlässigen Falschanwendung des Gesetzes ein, sondern lediglich bei grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Fehlverhalten (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 72). Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn sich die fehlerhafte Anwendung des Rechts bei der Leistungsgewährung erst nachträglich aufgrund einer geläuterten Rechtsauffassung ergibt. Dieser Haftungseinschränkung, die mit den Grundsätzen der Haftungskernrechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerwG übereinstimmt und Art 104a Abs 5 S 1 GG entlehnt ist, bedarf es, weil anderenfalls in der - nun erst durch Art 91e GG "legalisierten" - direkten Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommune eine weitergehende Haftung bestünde als in der finanzverfassungsrechtlich prinzipiell allein vorgesehenen Haftungsbeziehung zwischen Bund und Ländern. Dem Bundesland, in welchem sich die jeweilige Optionskommune befindet, stünde es nach der Finanzverfassung frei, den einer ihm angehörigen Kommune entstehenden vermögensrechtlichen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation gegenüber dem Bund geltend zu machen (Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11). In diesem Fall richtete sich die Haftungsbeziehung allein nach Art 104a Abs 5 S 1 GG. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch käme daneben nicht zur Anwendung (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1, RdNr 59-60). Die Nichteinschaltung des jeweiligen Bundeslandes, in welchem sich die an einem Haftungsverhältnis beteiligte Kommune befindet, in das Streitverhältnis kann nicht eine erleichterte, weil verschuldensunabhängige Haftung einer Kommune zur Folge haben. Insoweit ist eine erstattungs- wie auch haftungsrechtliche Gleichstellung geboten.
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Dem LSG ist darin zuzustimmen, dass die Gewährung der von der Beklagten beanstandeten Leistung "Selbstvermittlungsprämie" sich im streitgegenständlichen Jahr 2006 nicht als grob fahrlässig oder vorsätzlich dargestellt hat. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund anzunehmen, dass die Rechtswidrigkeit der Selbstvermittlungsprämien erst zu einem späteren Zeitpunkt durch die Rechtsprechung festgestellt wurde. Das SG Karlsruhe (Urteil vom 27.9.2006 - S 6 AS 3333/06 - juris) und das Hessische LSG (Urteil vom 14.2.2001 - L 6 AL 926/00 - juris) hatten die Rechtmäßigkeit dieser Leistung zur Eingliederung nicht vor dem Hintergrund der Ziele, Zwecke und Prinzipien des SGB II bzw SGB III problematisiert. Beide Gerichte haben diese Leistung zugesprochen. Im Bereich der freien Förderung nach § 10 SGB III aF hat sich erstmalig das LSG Niedersachsen-Bremen(Urteil vom 23.1.2007 - L 7 AL 524/03 - nicht veröffentlicht) positioniert, als es die Rechtswidrigkeit einer Selbstvermittlungsprämie für den Bereich der Arbeitsförderung nach dem SGB III angenommen hat. Für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat - soweit erkennbar - erstmalig das SG die Rechtswidrigkeit bejaht, eine obergerichtliche Entscheidung findet sich erst im Jahr 2011 (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 2.2.2011 - L 12 AS 1104/10 - juris RdNr 43). Andere Judikate sind - soweit ersichtlich - nicht vorhanden. Zwar sind Gerichtsentscheidungen Erkenntnisakte, wie das Recht von Anfang an zu verstehen war. Bei der Frage, ob sich ein Beteiligter schuldhaft verhalten hat, ist die Frage der Klärung einer Rechtsfrage durch die Rechtsprechung aber ein zu beachtender Gesichtspunkt. Zu berücksichtigen ist hier zudem, dass die BA die Gewährung von Selbstvermittlungsprämien gegenüber den ihr nachgeordneten Agenturen für Arbeit in der "Arbeitshilfe SWL" selbst als Beispiel für eine geeignete Maßnahme vorgeschlagen hatte. Vor diesem Hintergrund kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er grob fahrlässig oder gar vorsätzlich rechtswidrig gehandelt habe.
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Insoweit kommt es hier im Weiteren auch nicht darauf an, ob der Kläger die in ihrer Rechtmäßigkeit von der Beklagten bestrittenen Leistungen mit bindender Wirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und ausgezahlt hat und ob hier ein "Vertrauensschutz" des Klägers in sein Handeln anzuerkennen ist. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob sich der Kläger als Träger öffentlicher Gewalt auf eine Entreicherung iS des § 818 Abs 3 BGB analog, wie dies in der Rechtsprechung(s zB BVerwG Urteil vom 17.9.1970 - II C 48.68 - BVerwGE 36, 108, 113 f; BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 30) sowie im Schrifttum (s zB Gurlit in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, § 35 RdNr 27; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 26; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1251) ganz überwiegend abgelehnt wird, berufen kann.
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Dem Kläger stehen im Rahmen des hier streitgegenständlichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der nicht das Sozialleistungsverhältnis, sondern allein die (Re-)Finanzierung der Leistungen im Innenverhältnis betrifft (vgl BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 = juris RdNr 57 f; BVerwG Urteil vom 24.7.2008 - 7 A 2/07 - NVwZ 2009, 599), auch die bereits vom LSG zuerkannten Prozesszinsen gemäß § 288 Abs 1, § 291 BGB ihrer Höhe und ihrem Umfang nach zu.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 S 1 GKG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Revisionsinstanz lediglich über den Zahlungsantrag des Klägers zu befinden war.
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
- 1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte, - 2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten, - 3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, - 4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, - 4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, - 5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung, - 6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen, - 6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes, - 7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, - 8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen, - 9.
(weggefallen) - 10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.
(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.
(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.
(2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.