Sozialgericht Aachen Urteil, 29. Apr. 2014 - S 12 SB 412/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist die rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ab dem 01.07.2011 streitig.
3Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte am 02.03.2012 beim Beklagten einen Antrag auf Feststellung eines Grades der Behinderung. Er leide unter Prostatakrebs (T2c), Erkrankungen der Wirbelsäule, Einschränkungen der Hüfte, der Knie, des Daumens rechts, der Großzehe rechts, der Schulter rechts, Polyneuropathie in Folge eines Bandscheibenvorfalls, Herzrhythmusstörungen, einem Leistenbruch, einem atopischem Ekzem, Pollen- und Nickelallergie, einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung mit Auswirkungen auf die Gelenke sowie einer Fettstoffwechselstörung. Er beantragte die rückwirkende Feststellung ab Dezember 2011.
4Der Beklagte holte einen Entlassungsbericht der Klinik C, in der der Kläger vom 14.02.2012 bis 06.03.2012 stationär aufgenommen war, und einen Befundbericht des Allgemeinmediziners und Diabetologen Dr. O ein und wertete diese, neben Arztberichten der AHB Klinik U , des Internisten Dr. C, des Orthopäden Dr. L, des Rheumatologen Dr. L2, des Urologen Dr. X, des Orthopäden X2, der Bethlehem Gesundheitszentrum T gGmbH, der Rheinischen Kliniken E, des Gesundheitszentrum T2 und des Prostata Zentrum des Knappschaftskrankenhauses E2 durch seinen ärztlichen Dienst aus.
5Dieser kam zu der Einschätzung der GdB des Klägers sei insgesamt mit 60 zu bewerten. Die Gewebeveränderung der Prostata in Heilungsbewährung bedinge einen GdB von 50, die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule einen GdB von 20, die Suchtkrankheit einen GdB von 20, die Funktionseinschränkungen der unteren Gliedmaße einen GdB von 10 und die Funktionseinschränkung des Herzens einen GdB von 10. Der GdB von 60 könne rückwirkend ab Dezember 2011 festgestellt werden. Die Feststellung des GdB von 60 erfolgte durch den ärztlichen Dienst des Beklagten, nachdem der damit betraute Vertragsarzt zunächst einen GdB von 70 in Vorschlag gebracht hatte. Er hatte die Wirbelsäulenerkrankung und die Suchterkrankung jeweils mit einem GdB von 30 bewertet.
6Mit Bescheid vom 14.05.2012 stellte der Beklagte ab dem 02.03.2012 einen GdB von 60 fest. Hiergegen legte der Kläger am 04.06.2012 Widerspruch ein. Er vertrat die Auffassung, der GdB sei mit 70 zu bewerten. Darüber hinaus beantragte er am 17.07.2012, dass bereits ab dem 01.10.2010 ein GdB von 60 bei ihm vorliegt. Nach erneuter Prüfung durch den ärztlichen Dienst kam dieser zu der Einschätzung der GdB sei mit 60 zutreffend bewertet. Da erst im Dezember 2011 der Tumor festgestellt worden sei, komme die Feststellung des GdB von 60 erst ab Dezember 2011 in Betracht. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2012 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch als unbegründet zurück.
7Am 06.12.2012 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X im Hinblick auf den Bescheid vom 14.05.2012. Dieser war darauf gerichtet, dass ein GdB von 50 bereits am 01.07.2011 vorgelegen habe. Zu diesem Zeitpunkt habe für ihn eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung begonnen, welche mit erheblichen Abschlägen versehen sei. Diese Abschläge würden bei Nachweis einer Schwerbehinderung deutlich geringer. Ihm sei bereits zum 01.07.2011 ein GdB von 50 für die Prostataerkrankung zuzubilligen. Es sei offensichtlich, dass das Prostatakarzinom nicht erst im Dezember 2011 entstanden sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es auch schon vorher vorgelegen habe. Dies zeige sich auch in den erhöhten PSA-Werten, die bereits im Februar 2010 gemessen worden seien.
8Der Kläger fügte eine Bescheinigung des Urologen Dr. X bei, wonach am 09.02.2010 ein PSA-Wert von 5,09 ng/ml ermittelt und die Verdachtsdiagnose eines Prostatakarzinoms gestellt wurde. Nach einem weiteren Anstieg auf 5,39 ng/ml sei am 08.07.2010 eine Stanzbiopsie der Prostata durchgeführt worden, die eine sog. "fokale high grade prostatische intra epitheliale Neoplasie" (HGPIN) aufdeckte. Unter diesem Begriff seien bis vor Kurzem noch das Vorliegen einer fakultativen Präkanzerose als auch eines intraduktalen Karzinoms der Prostata subsumiert worden. Hier habe man zwischenzeitlich erkannt, dass man insoweit histopathologisch genauer differenzieren müsse. Bei den sich daran anschließenden engmaschigen PSA-Kontrollen und einem weiteren Anstieg auf 9,67 ng/ml sei dann eine sog. Sättigungsbiopsie erfolgt, die den Beweis eines Prostatakarzinoms geliefert habe und den Anlass zur radikalen Entfernung der Prostata gegeben habe.
9Der Kläger vertrat überdies die Auffassung, die Suchterkrankung sei mit einem GdB von 20 zu gering bewertet.
10Der ärztliche Dienst des Beklagten wertete die Unterlagen erneut aus und kam zu der Einschätzung, der GdB für die Suchterkrankung könne auf 30 angehoben werden. Im Übrigen bleibe es bei den Feststellungen. Das Vorliegen eines Prostatakarzinoms habe vermutet werden können, gesichert sei es erst im Dezember 2011 gewesen. Eine Rückwirkung vor dieses Datum komme nicht in Betracht.
11Mit Bescheid vom 18.02.2013 stellte der Beklagte – unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 01.12.2011 – beim Kläger ab dem 01.12.2011 einen GdB von 70 fest.
12Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, der GdB von 50 für die Prostataerkrankung habe schon zum 01.07.2011 vorgelegen. Nach erneuter Stellungnahme des ärztlichen Dienstes wies die Bezirksregierung N den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2013 als unbegründet zurück.
13Am 03.05.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, bei ihm sei – aufgrund der seit längerer Zeit erhöhten PSA-Werte – vom Vorliegen eines Prostatakarzinoms bereits am 01.07.2011 auszugehen, dies umso mehr als im Rahmen einer Stanzbiopsie im Juli 2010 bereits eine hochgradige prostatische intraepitheliale Neoplasie (high grade PIN) festgestellt worden sei. Hilfsweise seien die übrigen Beeinträchtigungen bereits am 01.07.2011 mit einem GdB von 50 zu bewerten gewesen.
14Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachinternistisch/hämatologisch-onkologischen Gutachtens nach Aktenlage, welches durch den Leitenden Oberarzt der Klinik für Innere Medizin II des St.-Johannes-Hospitals E, Herrn Dr. I, am 25.08.2013 erstattet worden ist.
15Hierzu hat der Kläger am 25.09.2013 Stellung genommen und im Wesentlichen ausgeführt, er halte die Ausführung des Gutachters nicht für überzeugend und er schätze die medizinische Sachlage anders ein. Darüber hinaus hat er auf das Urteil des Landessozialgerichts C vom 25.04.2013 – L 13 SB 3/13 hingewiesen, in welchem bei Vorliegen eines Prostatakarzinoms eine rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft vorgenommen worden war.
16Am 25.11.2013 hat der Gutachter Dr. I eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.
17Am 29.04.2014 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dem der Kläger beantragt hat,
18den Bescheid vom 18.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.20013 teilweise dahingehend abzuändern, dass dem Kläger für die Zeit ab dem 01.07.2011 bis einschließlich November 2011 ein GdB von mindestens 50 zuerkannt wird.
19Der Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Klage ist unbegründet.
24Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da diese rechtmäßig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 für die den Zeitraum ab dem 01.07.2011.
25Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buch des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des Behinderten das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Außerdem stellen diese Behörden gemäß § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB IX auf Antrag des Behinderten aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als Schwerbehinderter und den GdB aus. Die Einzelheiten der Ausweisausstellung sind in der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.07.1991 (BGBl. I S 1739), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung von 07.06.2012 (BGBl. I S 1275) geregelt. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SchwbAwV normiert hierbei, dass auf der Rückseite des Ausweises als Beginn der Gültigkeit des Ausweises der Tag des Eingangs des Antrags auf Feststellung eines GdB einzutragen ist. § 6 Abs. 1 Satz 2 in der bis zur Änderung durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Schwerbehindertenausweisverordnung geltenden Fassung (a.F.) war freilich geregelt, dass - sofern auf Antrag des Schwerbehinderten nach Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses festgestellt worden ist, dass die Eigenschaft als Schwerbehinderter, ein andere GdB oder mehrere gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben – zusätzlich das Datum einzutragen war, von dem ab die jeweiligen Voraussetzungen mit dem Ausweise nachgewiesen werden konnten.
26Diese Regeln zeigen die besondere Bedeutung der Antragstellung im Rahmen des Schwerbehindertenrechts. Nach der jüngeren Rechtsprechung ist für die rückwirkende Feststellung nur die Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses erforderlich (vgl. BSG Urteil vom 16.02.2012 – B 9 SB 1/11 R = juris; Urteil vom 07.04.2011 – B 9 SB 3/10 R = juris; anders noch BSG Urteil vom 29.05.1991 – 9a/9 RVs 11/89 = juris, wonach eine Rückwirkung nur bei offensichtlichen Fällen in Betracht kam).
27Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 16.02.2012 ausgeführt: "Hinsichtlich der auf Antrag des behinderten Menschen gesetzlich vorgeschriebenen behördlichen Feststellung der Behinderung und des GdB (s § 4 Abs. 1 S 1 SchwbG, § 69 Abs. 1 S 1 SGB IX) hat der Senat darauf hingewiesen, dass im Gesetz zwar nicht geregelt war und ist, von welchem Zeitpunkt an diese Entscheidung zu treffen ist. Hinreichende Maßgaben zur Bestimmung des Wirksamkeitsbeginns einer GdB-Feststellung lassen sich jedoch aus dem Sinn und Zweck solcher Feststellungen und dem Erfordernis einer Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwandes herleiten. Dabei ist davon auszugehen, dass es sich um Statusfeststellungen handelt, die in einer Vielzahl von Lebensbereichen die Inanspruchnahme von Vorteilen und Nachteilsausgleichen ermöglichen sollen. Da eine derartige Inanspruchnahme regelmäßig nicht (für längere Zeit) rückwirkend möglich ist, reicht es grundsätzlich aus, wenn die GdB-Feststellung für die Zeit ab Antragstellung erfolgt. Mit der Stellung des Antrags bringt nämlich der behinderte Mensch der Behörde gegenüber sein Interesse an einer verbindlichen Statusfeststellung erstmalig zum Ausdruck. Insofern ist es sachgerecht, von dem behinderten Menschen die Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses zu verlangen, wenn er seinen GdB ausnahmsweise schon für einen vor der Antragstellung liegenden Zeitraum festgestellt haben möchte. Diese aus dem SchwbG - und dem SGB IX - herzuleitenden rechtlichen Grundsätze haben ihren Niederschlag in den gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften über die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises gefunden. Dazu gehört auch die Regelung des § 6 Abs. 1 S 2 SchwbAwV."
28Die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV ist freilich zwischenzeitlich aufgehoben worden. Hierin manifestiert sich aber nicht etwa der Wille des Verordnungsgebers, eine rückwirkende Feststellung gänzlich für unzulässig zu erachten oder aber etwa wieder auf offensichtliche Fälle zu beschränken. Der Wegfall der Möglichkeit ein früheres Datum auf dem Ausweis zu vermerken, beruht allein darauf, dass aufgrund eines neuen Formats der Ausweise für weitere Daten kein Platz mehr ist. Der Verordnungsgeber ging ausdrücklich davon aus, dass Schwerbehinderte durch die Streichung kein Einbußen ihrer Rechtsposition erleiden sollen und auch in Zukunft die Möglichkeit haben sollen, etwa durch einen entsprechenden Feststellungsbescheid oder eine gesonderte Bescheinigung eine rückwirkende Geltung nachzuweisen (BR-Drs. 184/12, S. 8).
29Aufgrund der Abschläge bei den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Kläger nach Auffassung der Kammer das Vorliegen eines besonderen Interesses im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts glaubhaft gemacht. Es kommt damit dem Grunde nach die begehrte rückwirkende Feststellung eines GdB von 50 in Betracht.
30Sie scheidet allerdings deswegen aus, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen nicht nachgewiesen ist.
31Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
32Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
33Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
34Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen.
35Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
36Beweisbelastet für das Vorliegen entsprechender gesundheitlicher Beeinträchtigungen ist nach den allgemeinen Regeln im vorliegenden Fall der Kläger. Es gilt der Beweismaßstab des Vollbeweises. Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht erforderlich, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch noch zweifelt, d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 20.03.2012 – L 15 SB 66/11 = juris unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris; so auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 25.04.2013 – L 13 SB 3/13 = juris).
37Beim Kläger waren am 01.07.2011 nach diesem Maßstab folgende Beeinträchtigungen nachgewiesen:
381. Funktionseinschränkung der Wirbelsäule 2. Funktionseinschränkung der unteren Gliedmaße 3. Funktionsstörung der oberen Gliedmaße 4. Suchtkrankheit 5. Funktionseinschränkung des Herzens 6. Fettstoffwechselstörung 7. Leistenhernie 8. Psoriasis 9. Blütenpollen- und Nickelallergie 10. Erhöhter PSA-Wert und high grade PIN
39Das Vorliegen dieser Beeinträchtigungen steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der vorliegenden Befund- und Arztberichte sowie des Gutachtens des Dr. I fest.
401. Der Kläger stand seit Juni 2009 bei Herrn W2 in fachorthopädischer Behandlung. Dort wurde im März 2011 für den Bereich der Wirbelsäule das Vorliegen einer Osteochondrose, eines degeneratives Wirbelsäulensyndrom und eines HWS-Syndrom mit Blockierung diagnostiziert. Daraus resultierende Beeinträchtigungen sind indes nur als leicht bis mittelgradig objektiviert. So zeigte sich etwa im Rahmen einer EKG-Untersuchung am 13.05.2011 eine insgesamt klopfschmerzfrei Wirbelsäule. Bei der Aufnahme des Klägers in das Gesundheitszentrum T am 31.08.2011 war die Halswirbelsäule zwar eingeschränkt beweglich in allen Richtungen bei einem Kinn-Jugulum-Abstand 2/18 cm, einer Rotation 30°/0°/30° und einer Seitenneigung 10°/0°/10° beidseits. Die Wirbelsäulenmuskulatur war verspannt. Der Finger-Boden-Abstand konnte mit 12 cm ermittelt werden. Es bestanden ein Schmerz bei Vorbeugen und Aufrichten sowie ein Druckschmerz im Bereich der unteren LWS-Region. Das ISG war beidseits frei. Bei der Entlassung war die Rotation der HWS aber rechts 45° und links 30° möglich. Der Finger-Boden-Abstand wurde mit nur noch 2 cm ermittelt. Beim Wiederaufrichten wurden nur leichte Schmerzen angegeben. Im Rahmen der Aufnahme des Klägers in die LVR-Klinik E am 19.10.2011 wurden dann auch keine Besonderheiten der Wirbelsäule beschrieben. Durch die Reha-Klinik C wurde ein Finger-Boden-Abstand von 11cm ermittelt. Die Wirbelsäule war über den Dornfortsätzen weder druck- noch klopfschmerzhaft. Nach Auffassung der Kammer, in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Gutachters Dr. I, sind beim Kläger für den hier maßgeblichen Zeitpunkt gemäß leichte bis höchstens mittelgradige funktionelle Auswirkungen im Bereich der Wirbelsäule objektiviert. Mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten sind nicht beschrieben, weswegen für den Bereich der Wirbelsäule ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen war.
412. Für den Bereich der unteren Extremitäten sind ein Impingementsyndrom der rechten Hüfte, eine Coxarthrose, ein beidseitiger Senk-Spreizfuß, ein beidseitiger Hallux valgus, eine femoropatellare Arthrose, eine beidseitige Großzehengrundgelenksarthrose, eine beginnende Sprunggelenksarthrose links, Metatarsalgie und Arthralgien bei Psoriasis zu berücksichtigten. Die insoweit beschriebenen funktionellen Auswirkungen sind unterschiedlich. So wird bei der Aufnahme in das Gesundheitszentrum die Hüftbeweglichkeit rechts mit 85°/0°/0° und links mit 100°/0°/0° beschrieben. Bei der Entlassung dann gebessert auf 105°/0°/0°. Im Rahmen des Entlassungsberichts der Klink C wurde dann auch eine altersentsprechend freie Beweglichkeit der unteren Extremitäten festgestellt. Nach den hierdurch objektivierten Beeinträchtigungen ist mit dem Gutachter Dr. I davon auszugehen, dass für den Bereich der unteren Extremitäten gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinschen Grundsätzen keinesfalls ein höherer GdB als 20 in Betracht kommt.
423. Für das Funktionssystem der oberen Gliedmaße ist gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von mehr als 10 im maßgeblichen Zeitpunkt nicht objektiviert. So diagnostiziert der Orthopäde X2 zwar eine Herbeden-Arthrose und einen Zustand nach ulnarer Seitenbandruptur des rechten Daumengrundgelenks sowie ein Impingementsyndrom links, doch wurden weder bei der Aufnahme in das Gesundheitszentrum Schwäbische Alb Ende August 2011 noch durch die Klink C besondere funktionelle Auswirkungen beschrieben.
434. Der Kläger leidet seit Jahren unter einer Alkoholkrankheit mit wiederholten Entgiftungsmaßnahmen und stationären Behandlungen. Gemäß Teil B Ziffer 3.8 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der Fassung der ersten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung, welche seit dem 10.03.2010 in Kraft ist, gilt:
443.8 Psychische Störungen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
45Der schädliche Gebrauch psychotroper Substanzen ohne körperliche oder psychische Schädigung bedingt keinen Grad der Schädigungsfolgen. Die Abhängigkeit von Koffein oder Tabak sowie von Koffein und Tabak bedingt für sich allein in der Regel keine Teilhabebeeinträchtigung. Abhängigkeit von psychotropen Substanzen liegt vor, wenn als Folge des chronischen Substanzkonsums mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllt sind: - starker Wunsch (Drang), die Substanz zu konsumieren, - verminderte Kontrollfähigkeit (Kontrollverlust) den Konsum betreffend, - Vernachlässigung anderer sozialer Aktivitäten zugunsten des Substanzkonsums, - fortgesetzter Substanzkonsum trotz des Nachweises schädlicher Folgen, - Toleranzentwicklung, - körperliche Entzugssymptome nach Beenden des Substanzkonsums.
46Es gelten folgende GdS-Werte: Bei schädlichem Gebrauch von psychotropen Substanzen mit leichteren psychischen Störungen beträgt der GdS 0–20.
47Bei Abhängigkeit: - mit leichten sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 30–40, - mit mittleren sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 50–70, - mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 80–100.
48Ist im Fall einer Abhängigkeit, die zuvor mit einem GdS von mindestens 50 zu bewerten war, Abstinenz erreicht, muss eine Heilungsbewährung von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt des Beginns der Abstinenz abgewartet werden. Während dieser Zeit ist ein GdS von 30 anzunehmen, es sei denn, die bleibenden psychischen oder hirnorganischen Störungen rechtfertigen einen höheren GdS. Weitere Organschäden sind unter Beachtung von Teil A Nummer 2 Buchstabe e der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu bewerten.
49Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle sind nach Teil B Nummer 3.7 zu bewerten.
50Für die Kammer steht fest, dass beim dem Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Alkoholabhängigkeit bestand. Hieraus resultierten auch bereits soziale Anpassungsschwierigkeiten, die allerdings noch als leichter zu qualifizieren sind. Der Alkoholentzug erfolgte jeweils freiwillig und unter Begleitung und Unterstützung seiner Familie. Trotz suchtbedingter Konflikte wird die familiäre Situation nach den Feststellungen der LVR-Klinik nicht als wesentlich beeinträchtigt beschrieben. Nach alledem ist der GdB für das Funktionssystem Psyche, auch unter Berücksichtigung der Kenntnis vom Anstieg der PSA-Werte, zum maßgeblichen Zeitpunkt mit 30 zutreffend zu bewerten.
515. Der Kläger leidet seit Längerem unter arterieller Hypertonie, welche mit einem Betablocker behandelt wird. Der zeitweilig hohe Alkoholkonsum hat sich nachteilig auf den Blutdruck ausgewirkt. Ein Echokardiographie zeigte im Dezember 2011 aber eine reguläre Pumpleistung und keine Hinweise auf Folgeschäden am Herzen. In der Klinik C wird im März 2012 eine gute Leistungsfähigkeit auch bei der Ergometrie beschrieben. Gemäß Teil B Ziffer 9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist für das Funktionssystem Herz und Kreislauf ein höherer GdB als 10 nicht objektiviert.
526. bis 9. Die bestehende, medikamentös behandelte Fettstoffwechselstörung zeitigte seinerzeit keine Folgeerkrankungen, so dass gemäß Teil B Ziffer 15.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB hierfür nicht in Ansatz zu bringen war. Da eine erhebliche Einschränkung der Belastungsfähigkeit des Klägers aufgrund der bestehenden Leistenhernie zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht objektiviert war, kommt gemäß Teil B Ziffer 11.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ebenfalls kein GdB in Betracht. Die beim Kläger durch die Psoriasisarthritis versuchten Beschwerden wurden bereits bei der Bewertung der Gelenke und der Wirbelsäule mit berücksichtigt. Im Übrigen wurde ein besonderer Befall nicht beschrieben. Auch wurden wesentliche Beeinträchtigungen durch die diagnostizierten Allergien nicht nachgewiesen, so dass gemäß Teil B Ziffer 17.7 und 17.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von mehr als 10 keinesfalls in Betracht kommt.
5310. Zum maßgeblichen Zeitpunkt war gemäß Teil B Ziffer 13 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze beim Kläger kein GdB in Ansatz zu bringen. Voraussetzung für die Feststellung eines GdB – wie oben bereits dargelegt – ist der Nachweis des Vorliegens einer entsprechenden gesundheitlichen Beeinträchtigung im Vollbeweis. Dies ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Gleichbehandlung geboten.
54Im vorliegenden Fall war beim Kläger vor dem Zeitpunkt des Vorliegen des Ergebnisses der Prostatastanzbiopsie im Dezember 2011 für das Funktionssystem der männlichen Geschlechtsorgane das Vorhandenseins eines Karzinoms nach medizinisch-wissenschaftlicher Lehrmeinung nicht nachgewiesen. Dies steht zur Überzeugung der Kammer auf Grund des Gutachtens des Dr. I nebst ergänzender Stellungnahme fest.
55Das Gutachten ist von einem erfahrenen medizinischen Gutachter erstellt worden und die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit und Vollständigkeit der im in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde, gestellten Diagnosen und gezogenen Schlussfolgerungen zu zweifeln. Soweit der Klägerbevollmächtigte die Ergebnisse des Gutachtens in Zweifel gezogen hat überzeugt dies nicht. Es handelt sich hierbei um Mutmaßungen, die einer wissenschaftlichen Überprüfung nach Auffassung der Kammer nicht standhalten, wie auch die ergänzende Stellungnahme des Gutachters Dr. I gezeigt hat.
56Insbesondere die Annahme des Klägers und seines Bevollmächtigten, bereits ab dem 01.07.2011 habe jedenfalls ein Tumor vorgelegen ist – nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters – medizinisch nicht nachvollziehbar. Danach ist die Diagnose eines Prostatakarzinoms erst dann sicher, wenn diese histologisch nachgewiesen ist. Die Frage, wann es zum Übergang von dem vorbestehenden high grade PIN zum Karzinom gekommen ist, kann nur spekulativ beantwortet werden. Das Tumorwachstum ist, worauf der Gutachter zutreffend hinweist, kein lineares Geschehen bei dem man aus verschiedenen bekannten Variablen (PSA-Werte, Größe, Erscheinungsbild und vorbestehendes high grade PIN) extrapolieren kann, wann genau der Übergang zum Karzinom erfolgt ist. Nach Auffassung der Kammer kommt es bei der Feststellung eines GdB für ein Prostatakarzinom aber gerade darauf an, dass das Vorliegen dieses Karzinoms nachgewiesen ist. Mutmaßungen begründen insoweit keinen GdB. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass es bei ihm bereits seit längerer Zeit zu einem Anstieg des PSA-Wertes gekommen war, so verkennt die Kammer diese Tatsache nicht. Mit dem Gutachter ist davon auszugehen, dass vor einer Prostataentfernung ein erhöhter PSA-Wert gerade nicht spezifisch genug ist, um beim Kläger sicher vom Vorliegen eines Tumors auszugehen.
57Etwas anders gilt für einen PSA-Anstieg nach Entfernung eines Tumors. Wurde ein solcher gesichert und kommt es danach zu einem Anstieg des PSA-Wertes so gibt es hierfür praktisch keine andere Ursache als einen Rückfall des Karzinoms oder eine Metastasierung. Entsprechend kann in letzterem Fall nach Auffassung des Sachverständigenbeirats auch vom Vorlegen eines malignen Geschehens ausgegangen werden (vgl. dazu Wendler, Versorgungsmedizinische Grundsätze, 5. Aufl. 2012, S 235). So liegt der Fall aber hier gerade nicht.
58An dieser Feststellung ändern auch die Ausführungen des Landessozialgerichts C in seinem Urteil vom 25.04.2013 – L 13 SB 3/13 nichts. Dort war offensichtlich im Februar 2008 der PSA-Wert des dortigen Klägers auf einen "abklärungswürdigen" Wert angestiegen. Am 02.04.2008 war dann eine Biopsie durchgeführt worden, die das Vorliegen eines Karzinoms bestätigte. Das Landessozialgericht verwies in seinem Urteil ebenfalls darauf hin, dass nach den dortigen Feststellungen "nach medizinischen Maßstäben ( ) nur darauf geschlossen werden könne( ), dass Karzinom höchstwahrscheinlich vorliege" Aufgrund der kurzen Zeit zwischen festgestellten PSA-Anstiegs und der Biopsie – es waren dies gerade einmal zwei Monate – war das Landessozialgericht davon überzeugt, dass mit an eine "Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit " bei dem dortigen Kläger bereits im Februar 2008 ein maligner Prostatatumor bestand, der mit einem GdB von 50 zu bewerten war.
59Diese Überzeugung konnte die Kammer im vorliegenden Fall aber gerade – unter Berücksichtigung der vorliegenden Arztberichte und des Gutachtens des Dr. I - nicht gewinnen. So war schon die Frist zwischen Sicherung der Diagnose "Prostatakarzinom" und begehrtem Feststellungsdatum schon länger. Im vorliegenden Fall waren dies fünf Monate. Darüber hinaus handelte es sich im vorliegenden Fall um einen verhältnismäßig schnellwachsenden G3 Tumor, der – unter Berücksichtigung der vorliegenden Werte – durchaus auch erst in der Zeit zwischen Juli und Dezember 2011 sich entwickelt haben kann. Schon vor diesem Hintergrund steht für die Kammer gerade – in Übereinstimmung mit dem eingeholten fachmedizinischen Gutachten – nicht "mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit" fest, dass der Tumor bereits im Juli 2011 vorhanden war. Der erforderliche Beweis des Vorliegens ist damit nicht geführt.
60Die Kammer verkennt auch nicht die Bedeutung des vorliegenden Rechtsstreits für den Kläger und kann auch den Hinweis des Klägers, es handele sich doch nur um eine Erhöhung des GdB um 10 für ein paar Monate, vor diesem Hintergrund auch durchaus nachvollziehen. Wie aber bereits oben ausgeführt, ist – schon aus Gründen der Rechtssicherheit und damit verbunden aus Gleichbehandlungsgrundsätzen – der Nachweis des Vorliegens einer gesundheitlichen Beeinträchtigung unabdingbar für die Feststellung eines GdB. Nachgewiesen ist im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt aber lediglich ein erhöhter PSA-Wert sowie ein high grade PIN, welcher allein nicht die Feststellung eines GdB bedingt entsprechend Teil B Ziffer 13 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bedingt.
61Auf der Grundlage der genannten Einzel-GdB-Werte ist bei dem Kläger für den maßgeblichen Stichtag (01.07.2011) nach § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze kein Gesamt-GdB von 50 zu bilden. § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
62Im vorliegenden Fall stehen die psychischen Beeinträchtigungen mit einem GdB von 30 im Vordergrund. Die daneben bestehenden Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten sind mit einem GdB von 20 zu bewerten, wobei letztere gerade so eben erreicht sind. Insgesamt bedingte dies einen GdB von 40. Die übrigen Beeinträchtigungen sind entsprechend den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem GdB von 10 zu bewerten und nehmen in der Regel an der Bildung des Gesamt-GdB nicht teil Ausnahmen, die im vorliegenden Fall eine Berücksichtigung gleichwohl erforderlich machten, liegen nicht vor. Die Feststellung eines Gesamt-GdB von 50 oder mehr kommt zum maßgeblichen nicht in Betracht , da das Gesamtausmaß der Behinderung des Klägers insgesamt nicht mit einem einzelnen Gesundheitsschaden vergleichen lässt, für den die Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen festen GdB-Wert von 50 angeben, wie es Teil A Nr. 3 lit b) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorschreibt (vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 49 ff. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG und den hierzu vertretenen Meinungsstand in der Literatur). Eine Vergleichbarkeit mit Menschen, mit Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen, wie z. B. die Versteifung großer Teile der Wirbelsäule – eine Beeinträchtigung, die nach Teil B Nr. 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewerten ist – oder aber mit Verlust der Gebrauchsfähigkeit eines Armes liegt nicht vor. Eine vergleichbare Einschränkung der Beweglichkeit und Mobilität und damit der gesellschaftlichen Teilhabe ist bei dem Kläger - auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der übrigen Erkrankungen – nicht gegeben. Auch ist der Kläger nicht vergleichbar mit Personen mit schweren seelischen Störungen, welche mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten nach sich ziehen. Die Feststellung eines GdB von 40 für die Zeit ab dem 01.07.2011 entsprach nicht dem Klagebegehren des Klägers. Für eine solche rückwirkende Feststellung war im Übrigen auch kein besonderes Interesse glaubhaft gemacht. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Auf der Rückseite des Ausweises ist als Beginn der Gültigkeit des Ausweises einzutragen:
- 1.
in den Fällen des § 152 Absatz 1 und 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch der Tag des Eingangs des Antrags auf Feststellung nach diesen Vorschriften, - 2.
in den Fällen des § 152 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch der Tag des Eingangs des Antrags auf Ausstellung des Ausweises nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch.
(2) Die Gültigkeit des Ausweises ist für die Dauer von längstens 5 Jahren vom Monat der Ausstellung an zu befristen. In den Fällen, in denen eine Neufeststellung wegen einer wesentlichen Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, nicht zu erwarten ist, kann der Ausweis unbefristet ausgestellt werden.
(3) Für schwerbehinderte Menschen unter 10 Jahren ist die Gültigkeitsdauer des Ausweises bis längstens zum Ende des Kalendermonats zu befristen, in dem das 10. Lebensjahr vollendet wird.
(4) Für schwerbehinderte Menschen im Alter zwischen 10 und 15 Jahren ist die Gültigkeitsdauer des Ausweises bis längstens zum Ende des Kalendermonats zu befristen, in dem das 20. Lebensjahr vollendet wird.
(5) Bei nichtdeutschen schwerbehinderten Menschen, deren Aufenthaltstitel, Aufenthaltsgestattung oder Arbeitserlaubnis befristet ist, ist die Gültigkeitsdauer des Ausweises längstens bis zum Ablauf des Monats der Frist zu befristen.
(6) (weggefallen)
(7) Der Kalendermonat und das Kalenderjahr, bis zu deren Ende der Ausweis gültig sein soll, sind auf der Vorderseite des Ausweises einzutragen.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Auf der Rückseite des Ausweises ist als Beginn der Gültigkeit des Ausweises einzutragen:
- 1.
in den Fällen des § 152 Absatz 1 und 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch der Tag des Eingangs des Antrags auf Feststellung nach diesen Vorschriften, - 2.
in den Fällen des § 152 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch der Tag des Eingangs des Antrags auf Ausstellung des Ausweises nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch.
(2) Die Gültigkeit des Ausweises ist für die Dauer von längstens 5 Jahren vom Monat der Ausstellung an zu befristen. In den Fällen, in denen eine Neufeststellung wegen einer wesentlichen Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, nicht zu erwarten ist, kann der Ausweis unbefristet ausgestellt werden.
(3) Für schwerbehinderte Menschen unter 10 Jahren ist die Gültigkeitsdauer des Ausweises bis längstens zum Ende des Kalendermonats zu befristen, in dem das 10. Lebensjahr vollendet wird.
(4) Für schwerbehinderte Menschen im Alter zwischen 10 und 15 Jahren ist die Gültigkeitsdauer des Ausweises bis längstens zum Ende des Kalendermonats zu befristen, in dem das 20. Lebensjahr vollendet wird.
(5) Bei nichtdeutschen schwerbehinderten Menschen, deren Aufenthaltstitel, Aufenthaltsgestattung oder Arbeitserlaubnis befristet ist, ist die Gültigkeitsdauer des Ausweises längstens bis zum Ablauf des Monats der Frist zu befristen.
(6) (weggefallen)
(7) Der Kalendermonat und das Kalenderjahr, bis zu deren Ende der Ausweis gültig sein soll, sind auf der Vorderseite des Ausweises einzutragen.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.
(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.
(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.
(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.
(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.
(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.