Sozialgericht Aachen Urteil, 01. März 2016 - S 12 SB 266/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 40 streitig.
3Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte am 21.05.2008 einen Antrag auf Fest-stellung eines GdB. Hierbei gab er an, bei ihm habe eine Prostataoperation stattge-funden. Der Beklagte holte einen Befundbericht des Urologen Dr. Q. ein und wertete diesen nebst einem ärztlichen Reha-Bericht betreffend den Kläger durch seinen ärzt-lichen Dienst aus.
4Mit Bescheid vom 31.07.2008 stellte der Beklagte aufgrund einer Erkrankung der Prostata im Stadium der Heilungsbewährung einen GdB von 50 beim Kläger fest.
5Im Rahmen einer Nachprüfung im Juni 2013 gab der Kläger an, er sei weiterhin bei Dr. Q. in urologischer Behandlung. Darüber hinaus sei er wegen einer aktivierten Gonarthrose 2011 im Hermann-Josef Krankenhaus in F. sowie bereits 2001 wegen einer Schlafapnoe im Schlaflabor des Kamillianer Krankenhauses in N. behandelt worden. 2009 habe er eine Rehabilitation in der Park-Therme Badenweiler und 2011 in Bad X. gemacht. Der Beklagte holte einen Befundbericht des Dr. Q. ein und werte-te diesen – zusammen mit einem Arztbericht des Hermann-Josef Krankenhauses vom 26.05.2011 betreffend eine Gonarthrose links mit durchgeführter Lavage und Entfernung der freien Gelenkkörper und Anbringung einer Abrasionschondroplastik – durch seinen ärztlichen Dienst aus.
6Der ärztliche Dienst des Beklagten kam zu der Einschätzung beim Kläger sei eine Erkrankung der Prostata und der Harnorgane, bei Stressinkontinenz ersten Grades mit einem Einzel-GdB von 10 und eine Funktionsstörung der unteren linken Glied-maße mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Rezidivfreiheit sei von einer Heilungsbewährung und Besserung auszugehen. Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 12.09.2013 hinsichtlich des Wegfalls des GdB und der beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 31.07.2008 an.
7Am 17.02.2014 stellte der Kläger beim Beklagten einen Änderungsantrag. Er gab an, er leide unter einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom n-CPAP, einer aktivierten Gonarthrose mit Erguss und multiplen freien Gelenkkörpern, einer Stressinkontinenz I°, psychischen Problemen mit der Erkrankung und einer schweren depressiven Epi-sode. Der Beklagte wertete durch seinen ärztlichen Dienst Arztberichte des Pneumologen A. und des Chirurgen Dr. A. sowie Befundberichte des Psychiaters Kanz, des Orthopäden Dr. S., des Urologen Dr. Q. und des Internisten Dr. M. aus. Hierbei kam er zu der Einschätzung, beim Kläger liege eine Funktionsstörung der unteren linke Gliedmaße (Einzel-GdB 20), ein Schlafapnoe-Syndrom (Einzel-GdB 20), eine depressive Störung (Einzel-GdB 20) sowie der Verlust der Prostata und eine Blasententleerungsstörung (Einzel-GdB 10) vor. Der Gesamt-GdB sei mit 30 zu bewerten. Mit Schreiben vom 12.05.2014 hörte der Beklagte den Kläger hinsichtlich einer entsprechenden Absenkung des GdB auf 30 an. Mit Schreiben vom 08.10.2014 wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hin, dass der Verlust der Pros-tata, die Stressinkontinenz Grad II, die erektile Dysfunktion und die depressiven Stö-rungen als Einheit zusammenzufassen seien, die einen GdB von 40 bedinge. Be-rücksichtigte man hierzu noch die Funktionsstörung der linken unteren Gliedmaße, so ergebe sich ein GdB von mindestens 50. Der ärztliche Dienst kam zu der Einschätzung bei Bestehen einer erektilen Dysfunk-tion und einer Stressinkontinenz II° sei der Einzel-GdB für die urologischen Beein-trächtigungen mit 20 zu bewerten. Der GdB sei daher insgesamt mit 40 zu bewerten. Der Beklagte hörte den Kläger am 30.10.2014 hierzu an. Mit Schreiben vom 25.11.2014 vertrat der Kläger-Bevollmächtigte die Auffassung, der Kausalzusam-menhang zwischen Krebserkrankung und den beim Kläger vorliegenden depressiven Störungen sei offenkundig. Aus diesem Grund könne die psychische Beeinträchti-gung auch nicht als eigenständige Erkrankung berücksichtigt werden. Sie seien viel-mehr nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen zwangsläufig Teil der Pros-tata-Erkrankung. Daher seien die urologischen und psychischen Beeinträchtigungen zusammenzufassen und mit einem GdB von 40 zu bewerten. Dieser sei dann wegen weiterer Beeinträchtigungen auf mindestens 50 zu erhöhen.
8Nach erneuter Stellungnahme des ärztlichen Dienstes hob der Beklagte mit Bescheid vom 15.01.2015 den Bescheid vom 31.07.2008 insoweit auf, als nunmehr noch ein GdB von 40 festgestellt wurde. Dieser Feststellung lagen als Beeinträchtigung der Verlust der Prostata, Blasenentleerungsstörungen, Funktionsstörung der unteren linken Gliedmaße, eine depressive Störung und ein Schlafapnoe-Syndrom zugrunde.
9Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 11.02.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies er auf seine bisherige Argu-mentation, wonach die Bildung des Gesamt-GdB rechtswidrig sei.
10Nach Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Beklagten wies die Bezirksregie-rung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2015 den Widerspruch als unbe-gründet zurück.
11Am 27.03.2015 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Kla-ge erhoben. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Verwaltungs- und Wi-derspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Darüber hinaus sei der Bescheid vom 15.01.2015 schon formal rechtswidrig, weil in ihm für die aufgelisteten einzelnen Be-einträchtigungen keine Einzel-GdB aufgeführt seien.
12Der Beklagte hat – unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme seines ärztlichen Be-raters Dr. N. – ausgeführt, die Argumentation des Klägerbevollmächtigten könne aus versorgungsrechtlicher Sicht nicht nachvollzogen werden. Selbstverständlich sei, dass auch bei einem organisch bedingten GdB die hiermit verbundenen und übli-cherweise auftretenden psychischen Begleitreaktionen umfasst seien. Soweit psychi-sche Störungen zu verzeichnen seien, die über das Normalmaß hinausgehen seien diese ebenso selbstverständlich separat zu erfassen. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze sähen dann aber nach allgemeinen Regeln eine organsystembezogene Bewertung vor, entsprechend den jeweiligen Kapiteln der Verordnung. Kausale Ge-sichtspunkte seien ganz ausdrücklich nicht zu berücksichtigen, es herrsche eine fina-le Betrachtungsweise vor. Es komme in diesen Fällen häufig sogar zu einer gewissen Doppelbewertung im Grundleiden nach Ablauf der Heilungsbewährung und in einer gesondert aufgeführten psychiatrischen Erkrankung. Dies sei auch hier der Fall ge-wesen. Mit dem besonderen Konstrukt der sog. Heilungsbewährung habe der Ge-setzgeber ein im Wesentlichen wohlwollend-günstiges Instrument geschaffen, mit welchem ein von einem Krebsleiden betroffener Mensch ohne tatsächliche Überprü-fung resultierender Störungen für eine gewisse Zeit die Schwerbehinderteneigen-schaft zugesprochen bekommt. Laufe die Heilungsbewährung ab, so habe die übli-che Bewertung anhand der gesetzlichen Vorgaben zu erfolgen. Diese Rechtslage habe der Beklagte anzuwenden.
13Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Urologen Dr. Q., nebst Berichten betreffend die Rehabilitationsaufenthalte des Klägers 2008, 2009 und 2011, des Orthopäden Dr. Q. und des Psychiaters L ... Darüber hinaus hat es ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin/Rheumatologie, Psychosomati-sche Medizin und Psychotherapie/Psychoanalyse L. eingeholt, welches dieser nach Aktenstudium und Untersuchung des Klägers am 16.12.2015 gegenüber dem Ge-richt erstattet hat.
14Mit Verfügung vom 06.01.2016, abgesandt am 07.01.2016, hat der Kammervorsit-zende darauf hingewiesen, dass das Gericht die Beweisaufnahme für abgeschlossen betrachte. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.01.2016 zum Gutachten Stellung genommen, der Kläger-Bevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 28.01.2016 seine bisherige Argumentation wiederholt. Mit Schreiben vom 29.01.2016, abgesandt am 01.02.2016, hat der Kammervorsitzende die Beteiligten darüber in Kenntnis gesetzt, dass terminiert werde. Mit Verfügung vom 09.02.2016, dem Kläger-Bevollmächtigten zugegangen am 15.02.2016, ist der Termin auf den 01.03.2016 bestimmt worden.
15Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers sodann dem Gericht und dem Beklagten eine "Gutachterliche Stellungnahme" des Facharztes für Orthopädie L. vom 26.02.2016 zu den Akten gereicht. Danach ist der Kläger von Herrn L. am 26.02.2016 erstmalig vorstellig gewesen und von diesem untersucht worden. Nach Auffassung des Herrn L. besteht beim Kläger ein GdB von mindestens 60. Der Kläger-Bevollmächtigte hat zudem ausgeführt, die Bildung so-wohl der Einzel-GdB als auch des Gesamt-GdB sei fehlerhaft. Er hat erneut die Auf-fassung vertreten, die psychischen Beeinträchtigungen hätten nicht separat von den Feststellungen der männlichen Geschlechtsorgane getroffen werden dürfen. Dies hätte dazu geführt, dass insoweit eine "höherer Einstiegs-GdB zu vergeben gewesen wäre". Von diesem Ausgangspunkt ausgehend wäre dann insgesamt ein Grad der Behinderung weiter von 50 festzustellen gewesen. Soweit der Gutachter dies nicht mache, sondern die Psyche und die männlichen Geschlechtsorgane separat bewer-te, führe dies zu einer verfälschten Bildung des Gesamtgrades der Behinderung. Dies widerspreche den Vorgaben der Vorbemerkung Teil A Ziffer 2 lit i) der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze. Im Übrigen entsprächen seine Darlegungen über-dies dem Gebot der Logik.
16Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat beantragt,
171. den Facharzt Kuchem zu den Beweisfragen des Beweisbeschlusses vom 19.10.2015 (Bl. 84 ff. der Gerichtsakte) gutachterlich zu vernehmen;
182. einen Facharzt, den er derzeit noch nicht benennen könne, gutachterlich zu den psy-chischen Beeinträchtigungen zu befragen und hierbei 1. deren Schwere zu klären und 2. zu ermitteln, ob die beim Kläger vorliegenden psychischen Beeinträchtigungen aufgrund des Prostata-CA und der nachfolgenden Operation stärker sind als beim durchschnittlichen Patienten.
19Hilfsweise hat er beantragt,
20entsprechend dem Schriftsatz vom 20.03.2015 gestellten Antrag, den Bescheid vom 15.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung des Klägers mit min-destens 50 zu bemessen und dem Kläger einen entsprechenden Bescheid zu ertei-len.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und nimmt insbesondere Bezug auf die Ausführungen seines ärztlichen Dienstes sowie die Feststellungen des Gutachters L ...
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezo-gene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte des Beklagten Bezug genommen, de-ren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage ist als reine Anfechtungsklage zulässig (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 12.02.1997 – 9 RVs 12/95 = juris). Soweit der Kläger-Bevollmächtigte – trotz entsprechenden Hinweises, dass es sich um eine reine Anfechtungssituation handele – gleichwohl auch einen Antrag auf Verpflichtung gestellt hat, ist dies un-schädlich.
27Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG nicht in seinen Rechten verletzt, da diese rechtmäßig sind. Dem Kläger stand zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentschei-dung, d.h. zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides, (st. Rspr. BSG Urteil vom 17.04.1991 – 1 RR 2/89 = juris Rn. 17; BSG Urteil vom 20.04.1993 – 2 RU 52/92 = juris Rn. 15; BSG Urteil vom 24.11.1993 – 6 RKa 70/91 = juris Rn. 20; BSG Urteil vom 12.11.1996 – 9 RVs 5/95 = juris Rn. 14; BSG – Urteil vom 10.09-1997 – 9 RVs 15/96 = juris Rn. 11; vgl. auch Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 54 Rn. 33 m.w.N) kein höherer GdB als 40 zu.
28Die angefochtenen Bescheide sind – entgegen der Auffassung des Kläger-Bevollmächtigten – nicht schon allein deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil kei-ne Einzel-GdB benannt werden. Maßgeblichen Regelungsinhalt eines Feststellungs-bescheids über das Vorliegen und den Grad einer Behinderung bildet nicht die Frage, wie einzelne Funktionsbeeinträchtigungen für sich genommen zu bewerten sind, sondern welche Folgen sich aus ihrem Zusammenwirken für die Teilhabe des behin-derten Menschen am Leben der Gesellschaft insgesamt ergeben, § 69 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 sowie Abs. 3 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches – Rehabilita-tion und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX). Das Schwerbehindertenrecht kennt nur einen Gesamtzustand der Behinderung, den gegebenenfalls mehrere Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit bestimmen (BSG Urteil vom 01.06.2015 – B 9 SB 10/15 B = juris). Dieser Gesamt-GdB ist gemäß § 35 des Zehn-ten Buch des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdaten-schutz – (SGB X) zu begründen. Der Begründungspflicht ist der Beklagte hinreichend nachgekommen, indem er die beim Kläger berücksichtigten Beeinträchtigungen be-nennt und den hieraus sich ergebenden GdB angibt, der dann im Verfügungssatz des Bescheides mit Feststellungswirkung angegeben wird (st. Rspr. BSG Urteil vom 01.06.2015 – B 9 SB 10/15 B = juris, vgl. auch schon BSG Urteil vom 24.06.1998 – B 9 SB 17/97 R = juris, noch zum SchwebG). Die Angabe von Einzel-GdB ist insoweit nicht erforderlich.
29Der Bescheid ist aber auch materiell rechtmäßig.
30Rechtsgrundlage des Bescheides vom 15.01.2015 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzu-heben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Bei den Fest-stellungsbescheiden nach § 69 Abs. 1 und 2 SGB IX handelt es sich um Verwal-tungsakte mit Dauerwirkung (BSG Urteil vom 12.11.1996 – 9 RVs 5/95 = juris; BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 6/12 R = juris Rn. 30; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011- L 6 (7) SB 135/06 = juris Rn. 20 unter Bezug-nahme auf BSG Urteil vom 19.09.2000 – B 9 SB 3/00 R = juris). Eine Aufhebung ist dabei nur "insoweit" zulässig, als eine wesentliche Änderung der Verhältnisse einge-treten ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O.; BSG Urteil vom 19.09.2000, a.a.O.). Eine wesentliche Änderung ist anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustandes eine Her-absetzung oder Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Funktionsbeeinträchtigungen allein ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB stellen keine wesentliche Änderung dar (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O. unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 24.06.1998 – B 9 SB 18/97 R = juris). Handelt es sich bei den anerkannten Behinderungen um solche, bei denen der GdB wegen der Art der Erkrankung höher festgesetzt wurde, als es die tatsächlich nachweisbaren Funktionseinschränkungen erfordern, liegt eine Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X auch dann vor, wenn für die den Funkti-onsbeeinträchtigungen zugrunde liegenden Erkrankungen die sogenannte Heilungs-bewährung abgelaufen ist (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O.).
31Ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten ist, muss im Rahmen einer gegen einen Herabsetzungsbescheid gerichteten Anfech-tungsklage durch einen Vergleich der Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses des letzten bindend gewordenen Bescheides mit denjenigen zum Zeitpunkt der ange-fochtenen Entscheidung der Beklagten ermittelt werden. Bei einer derartigen Neu-feststellung handelt es sich nicht um eine reine Fortschreibung des im letzten maß-geblichen Bescheid festgestellten GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Be-rücksichtigung der verschiedenen aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen (so zutref-fend LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011- L 6 (7) SB 135/06 = juris Rn. 21 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 19.09.2000, - B 9 SB 3/00 R - = juris; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 18.06.2002, - L 6 SB 142/00 = juris).
32Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur Überzeugung der Kammer fest, dass im Gesundheitszustand des Klägers im Vergleich zu den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 21.05.2008 zugrunde gelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist. Inso-weit ist der rezidivfreie Ablauf der Zeit der sogenannten Heilungsbewährung zu be-rücksichtigen. Dieser stellt eine entsprechenden wesentliche Änderung dar (vgl. dazu auch Teil A Ziffer 7 lit b) der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversor-gungsgesetzes [BVG] erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG [BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungs-medizin-Verordnung] vom 10.12. – sog. "Versorgungsmedizinische Grundsätze") und rechtfertigt die Herabsetzung des GdB auf 40.
33Im Jahr 2008 war beim Kläger auf der Grundlagevon Nr. 26.13 der seinerzeit gelten-den "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungs-recht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP), Stand 2008 – nach Entfer-nung eines malignen Prostatatumors im Stadium pT2C N0 M0 ein GdB von 50 anzu-setzen und eine Heilungsbewährung von fünf Jahren abzuwarten. Nach Nr. 18 Abs. 7 AHP wie auch heute nach Teil A 2 lit h) der Versorgungsmedizinischen Grundsät-ze, die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur An-wendung kommt, handelt es sich bei der Heilungsbewährungszeit um einen Zeit-raum, für den ein höherer GdB-Wert, als er sich aus dem festgestellten Schaden ergibt, festgestellt wird. Der Grund für die Feststellung eines GdB von 50 nach Diagnose und Entfernung bzw. Behandlung eines malignen Prostatatumors war und ist vor allem in der psy-chisch außergewöhnlich belastenden Situation zu sehen, die für den Erkrankten mit dem Wissen um seine Tumorerkrankung mit Rezidivneigung verbunden ist. Berück-sichtigt werden außerdem ggf. Operationsfolgen und eventuell notwendige postope-rative Tumortherapien. Auch das Bundessozialgericht (BSG Urteil vom 09.08.1995 - 9 RVs 14/94 = juris) hat ausgeführt, dass Sinn der Heilungsbewährung ist, Krebs-kranken unterschiedslos zunächst den Schwerbehindertenstatus zuzubilligen, um dadurch körperliche und seelische Auswirkungen der Erkrankung während des weit-gehend noch labilen postoperativen Zustands, der eine unbestimmte Zahl von kör-perlichen und seelischen Störungen mit sich bringt, umfassend zu berücksichtigen (Landessozialgericht – LSG – Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011 – L 6 (7) SB 135/06 = juris; Sozialgericht – SG – Bremen Urteil vom 06.01.2010 – S 3 S 195/08 = juris). Dieser Heilungsbewährungszeitraum ist bei dem Kläger abgelaufen. Nach dem Er-gebnis der Beweisaufnahme, insbesondere unter Berücksichtigung der Stellungnah-men des Urologen Dr. Q., der Reha-Entlassungsberichte aus 2008, 2009 und 2011 sowie nicht zuletzt des Gutachtens des Herrn L., steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung weder Anhaltspunkte für ein Rezidiv oder eine Metastasierung vorlagen und auch derzeit keine entsprechenden Anhaltspunkte zu finden sind. Das Gutachten beruht auf umfangreichen Untersuchungen eines erfahrenen Internisten und Arztes für Psychosomatische Medizin, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben. Lediglich die sozialmedizinische Bewertung und insbesondere die Bildung des Gesamt-GdB, bei der er sich freilich um eine tatrichterliche Aufgabe handelt (BSG Beschluss vom 20.04.2015 – B 9 SB 98/14 B = juris; BSG Urteil vom 09.10.1987 – 9a RVs/5/86 = juris, BSG Urteil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris), ist bis zuletzt umstritten geblieben. Der Kläger litt im hier streitgegenständlichen Zeitpunkt noch unter folgenden ge-sundheitlichen Beeinträchtigungen 1. Funktionsstörung des Urogenitalsystems 2. Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule 3. Funktionsbeeinträchtigungen der oberen Extremitäten 4. Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Extremitäten 5. Schlafapnoesyndrom 6. Anpassungsstörung mit depressiven und ängstlichen Symptomen
341. Beim Kläger ist 2008 nachdem bei ihm ein Prostata-Karzinom im Stadium pT2C N0 M0 G2 Gleason 7 (3+4) (zur Klassifikation vgl. Rübben, Uroonkologie, 6. Aufl. 2014, S. 532 f.; zum sog. Gleason-Grading, Rübben, a.a.O., S. 535) diagnostiziert worden ist, die Prostata entfernt worden (sog. radikale Prostatektomie). Hierfür war – wie oben bereits dargelegt – zunächst vom Beklagten zutreffend ein GdB von 50 festge-stellt worden. Zwischenzeitlich ist die Heilungsbewährung abgelaufen, da weder Re-zidive oder Metastasierungen festgestellt noch eine außergewöhnliche psychoreakti-ve Störung objektiviert sind (dazu unten mehr). Die Feststellung eines GdB auf Grundlage von Teil B Ziffer 13.6 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze kommt damit nicht mehr in Betracht. Es sind vielmehr die beim Kläger verbliebenden – orga-nischen und psychischen – Beeinträchtigungen festzustellen und zu bewerten. Für das Funktionssystem der männlichen Geschlechtsorgane ist beim Kläger das vorlie-genden einer erektilen Dysfunktion befundet. Gegenüber dem Gutachter L. gab der Kläger an, in seinem Sexuallaben würde fast nichts mehr laufen. Er habe zu Anfang Tabletten bekommen, von denen er aber einen hohen Blutdruck und sehr starke Kopfschmerzen bekommen habe. Er habe dann als Hilfsmittel eine Pumpe bekom-men, was ihm gelegentlich etwas helfen würde. Die Sexualität würde insgesamt sel-ten und auch nur noch so einigermaßen funktionieren. Etwa einmal auf zwei Monate. Er fühle sich für ein solch eingeschränktes Sexualleben noch viel zu jung. Bei der erektilen Dysfunktion handelt es sich um eine nicht seltene Nebenwirkung einer radikalen Prostatektomie (vgl. Wolff/Altwein, Prostatakarzinom, S.12). Der Klä-ger ist aber nach eigenen Angaben jedenfalls mit Hilfe einer Vakuumpumpe in der Lage – wenngleich auch nur selten, d.h. einmal alle zwei Monate einmal – den Ge-schlechtsverkehr auszuführen. Eine medikamentöse Behandlung habe er – aufgrund starker Nebenwirkungen – abgebrochen. Ob der Kläger hier medikamentös austhe-rapiert ist, vermag die Kammer nicht einzuschätzen. Es steht indes zur Überzeugung der Kammer in Übereinstimmung mit dem Gutachter L. fest, dass eine absolute Impotentia coeundi bei dem Kläger nicht vorliegt. Gemäß Teil B Ziffer 13.2 der Ver-sorgungsmedizinischen Grundsätze ist hier ein GdB von 10 bis soeben 20 in Ansatz zu bringen. Gemäß Teil A Ziffer 2 lit i) sind die hiermit regelmäßig verbundenden seelischen Beeinträchtigungen bereits miterfasst. Daneben ist beim Kläger das Vorliegen einer Harninkontinenz I° zu berücksichtigen, deren Vorliegen der behandelnde Facharzt Dr. Q. beim Kläger durchgängig be-schreibt. Unter Berücksichtigung von Teil B Ziffer 12.2.4 der Versorgungsmedizini-schen Grundsätze ist hier ebenfalls von einem GdB von 10 bis allerhöchstens von 20 auszugehen. Ausmaß und Häufigkeit des objektivierten Harnabgangs rechtfertigten keinesfalls einen höheren GdB. Der Kläger nimmt nach eigenen Angaben zwei Da-menbinden über Tag und eine über Nacht. Schon die Tatsache, dass er mit der An-zahl von Damenbinden auskommt und nicht extra dafür vorgesehene Vorlagen ob-jektiv erforderlich sind, zeigt nach Auffassung der Kammer, dass sowohl die Harn-menge als auch die Häufigkeit des Abgangs eher gering sind. Im Entlassungsbericht der Klinik C. aus 2011 wird entsprechend ausgeführt, der Kläger habe regelmäßig am Tage und in der Nach eine kleine Vorlage verwendet, welche am Tage meist ge-ring feucht wurde und in der Nacht meist trocken bliebt. Die Klinik verließ der Kläger im Übrigen harnkontinent. Soweit der Internist Dr. M. im seinem Befundbericht eine Stressinkontinenz II° anführt, steht dies nicht in Übereinstimmung mit den Angaben des Facharztes Dr. Q. und den Feststellungen der Klinik C ... Eine Inkontinenz, die einen höheren GdB rechtfertigte ist nicht objektiviert. Nach Auffassung der Kammer ist es nicht zu beanstanden, einen Gesamt-GdB für das Urogenitalsystem zu bilden (so beispielsweise auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011 – L 6 (7) SB 135/06 = juris). Zusammen mit dem Gutachter erachtet die Kammer insoweit, vor dem Hintergrund, dass es sich jeweils um Beeinträchtigungen handelt, die für sich gesehen nur jeweils allerhöchstens einen GdB von 20 rechtfertigen, in der Gesamtschau und ihrem gegenseitigen Vorliegen einen GdB von 20 für angemessen, der insgesamt aber eher schwach ist. 2. Beim Kläger ist darüber hinaus im streitgegenständlichen Zeitraum das Vorliegen von Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule nachgewiesen. Für diese ist indes ge-mäß Teil B Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze kein höherer GdB als 10 objektiviert. Im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik C. in der Zeit vom 23.08.2011 bis 20.09.2011 bestanden keine geklagten Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule. Ein Klopf- oder Druckschmerz bestand nicht, lediglich die paravertebrale Muskulatur im Bereich der Lendenwirbelsäule war verspannt. Die ori-entierende neurologische Untersuchung war ohne Befund. Aus dem Befundbericht des Orthopäden Dr. Q., den das Gericht im Rahmen des hiesigen Verfahren einge-holt hat, ergibt sich, dass der Kläger im November 2011 über Schmerzen in der Halswirbelsäule geklagt hat, die er aber noch im selben Monat als gebessert be-schrieben habe. Darüber hinaus finden sich Klagen über Rückenschmerzen mit Aus-strahlungen ins Bein, die sich als rückläufig geschildert wurden. Dr. Q. beschrieb in diesem Zusammenhang 2011 eine paravertebralen Hartspann der Halswirbelsäule bei endgradig schmerzhaft eingeschränktem Bewegungsspiel. Im August 2014 fand sich ein Finger-Boden-Abstand von 0 cm, ein positives Lasègue-Zeichen ab 90°. Die Reflexe waren in Ordnung, die beschriebene Schmerzausstrahlung fand sich eher im Dermatom S1, Durchblutung, Motorik, Sensibilität waren intakt. Bei der Untersuchung im Februar 2015 fand sich ein Finger-Boden-Abstand von 40 cm, Schmerzausstrahlungen im Dermatom L5 links, ein positives Zeichen nach Lasègue bei 40°. Im März 2015 waren die Zeichen nach Lasègue demgegenüber negativ, mo-torische Ausfälle fanden sich nicht, es wurde ein mäßiger Lendenwirbelüberstreckungsschmerz beschrieben, im April 2015 fand sich ein positiver Lasègue rechts bei 60°. Aufgrund seiner Untersuchungen diagnostizierte Dr. Q. beim Kläger erstmalig im April 2015 einen Bandscheibenvorfall L5/S1 links und einen Bandscheibenvorfall L4/5 links, eine Osteochondrose L5/S1 und eine Facettenarthrose der LWS. Daneben fanden sich als Kurzdiagnosen 2011 ein Cervicobrachial-Syndrom rechts, Cervicalsyndrom sowie 2014 und 2015 eine Lumboischialgie. Bei der Untersuchung durch Herrn L. fand sich eine in allen drei Etagen weitgehend normale physiologische Schwingung. Im Bereich der Halswirbelsäule beschrieb der Gutachter sie als altersgerecht ausreichend und schmerzfrei. Es zeigten sich hier freilich im Bereich der Nacken-Schulter-Muskulatur Verspannungen Im Bereich der Brustwirbelsäule wies er auf eine schmerzhafte Reklination und Rotation hin. Im Bereich der Lendenwirbelsäule zeigte sich eine konzentrische Bewegungseinschränkung. Der Finger-Boden-Abstand wurde mit 30 cm ermittelt, das Maß nach Schober mit 10/14 cm. Das Zeichen nach Lasègue war linksseitig bei 60° positiv. Nach Einschätzung des Gutachters sei, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Vorbefunde, beim Kläger von immer wiederkehrenden Lendenwirbelsäulenbeschwerden auszugehen. Diese träten immer wieder – insbesondere bei Belastungen – auf. Daneben sei im November 2015 ein Bandscheibenvorfall Th10/11 mit Kompression der Wurzel Th10 gesichert worden, was der klinischen Symptomatik entspreche. Der Kläger hat sich zwischenzeitlich am 26.02.2016 bei dem Orthopäden L. vorge-stellt, der hinsichtlich der Wirbelsäule folgende Diagnosen erhoben hat: 1. Hämangiomwirbel Th1 und Th5 2. Nucleus-pulposus-Prolaps Th10/11 mit Kompression der Wurzel Th10 rechts 3. Arthrose des kleinen Wirbelgelenke 4. Bandscheibenprotrusion 5. Ligamentum-flavum-Hypertrophie 6. Spondyloosteochondrose 7. Bandscheibenprolaps L5/S1 mit Ruptur des Anulus fibrosus 8. Stenose der Foramina intervertebralia, bindegewebig oder durch Bandschei-ben. Lumbalbereich (lumbosacral) Wurzel L4 lins 9. Claudicatio spinalis bei Spinalkanalstenose 10. Kompression von Nervenwurzeln und Nervenplexus bei sonstigen Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens Hinsichtlich der hieraus resultierenden Beeinträchtigungen heißt es demgegenüber lapidar, der Kläger habe multiple Beschwerden des Bewegungsapparates vorgetra-gen. Im klinischen Befund führt Herr L. aus "eine Funktionsstörung der LWS ist in der Gutachterlichen Stellungnahme zum Verfahren im Schwerbehindertenrecht nicht ausgeführt". Im Hinblick auf die oben dargestellten Ausführungen des Dr. S., des Dr. Q. und des Gutachters L. ist diese Aussage für die Kammer nicht nachvollziehbar. Der Gutachter L. hat – anders als L. – sowohl zu Bewegungsausmaßen der Wirbel-säule konkret Stellung bezogen als auch die aktuellen Ergebnisse bildgebender Ver-fahren berücksichtigt und diese in Übereinstimmung mit den Versorgungsmedizini-schen Grundsätzen bewertet. L. hat überdies herausgearbeitet, dass sich die Beein-trächtigungen im Bereich der Wirbelsäule seit dem hier maßgeblichen Zeitpunkt bis heute verschlechtert haben, in dem er seinen Feststellungen die Vorbefunde gegen-über stellt. Dies alles lässt die Stellungnahme von L. vermissen. Soweit dieser einen GdB von 30 bis 40 in Vorschlag bringt, ist dies unter Berücksichtigung der rudimentä-ren Feststellungen zu vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen schon für den ak-tuellen Gesundheitsstatus nicht nachzuvollziehen. Belastbare Aussagen zum Status zum maßgeblichen Zeitpunkt erhält er, worauf die Kammer auch schon im Rahmen der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte, erst recht nicht. Wenngleich Herr L. die Diagnosen weiter aufgefächert haben mag als die bisherigen Behandler Dr. S. und Dr. Q. sowie der gerichtliche Gutachter L., so ist zu beachten, dass aus den Di-agnosen allein kein Grad der Behinderung folgt. Maßgeblich sind die Beeinträchti-gungen, die aus den Diagnosen resultieren. Diese sind sowohl von Dr. Q. und Dr. S. als auch vom Gutachter L. konkret und umfassend geschildert worden. Objektivierte Anhaltspunkte, weswegen deren Feststellungen unzutreffend gewesen sein sollten sind nicht ersichtlich und werden insbesondere auch durch die Stellungnahme des Orthopäden L. nicht geliefert. Vor allem ist aber für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Ent-scheidung mit dem Gutachter L. davon auszugehen, dass im Wesentlichen leichtgradige bis höchstens mittelgradige Beeinträchtigungen im Bereich der Len-denwirbelsäule objektiviert sind, die nach Auffassung der Kammer gemäß Teil B Zif-fer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdB von 10 rechtfertigen. Soweit in der Vergangenheit auch punktuell Beeinträchtigungen im Bereich der Halswirbelsäule vom Kläger beschrieben wurden und auch Behandlungen stattfan-den, ist eine Dauer, die die Feststellung eines höheren GdB bedingen würde (vgl. Teil A Ziffer 2 lit. f) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze), nicht objektiviert. 3. Für den Bereich der oberen Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Aus dem Be-fundbericht des Orthopäden Dr. Q. ergibt sich, dass der Kläger 2013 wegen Schmer-zen in der linken Schulter zur Behandlung war. Die Bewegungsausmaße beim Vor-wärts-/Rückwärtsstrecken waren rechts mit 170°/0°/40° und links mit 100°/0°/30° angegeben, das Seitwärtsheben/Heranführen mit rechts 80°/0°/40° und links mit 70°/0°/40° sowie das Auswärtsdrehen/Einwärtsdrehen mit rechts 50°/0/°90° und links 20°/0°/80° (vgl. zur normgerechten Beweglichkeit der Schultergelenke Buckup/Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 95). In diesem Zusammenhang war ein Impingement-Syndrom der linken Schulter und ein Supraspinatussehnensyndrom links bei Schulterteilsteife links diagnostiziert wor-den. Bei der Untersuchung durch Herrn L. zeigte sich eine aktive und passive alters-entsprechend normgerechte und schmerzfreie Beweglichkeit der Schultergelenke. Der Nacken- und der Schürzengriff konnten beidseits gezeigt werden. Der Kläger gab gegenüber dem Gutachter auch an, die Schulter mache seit längerer Zeit keine Probleme mehr. Die gutachterliche Stellungnahme des Herrn L. zeigt ebenfalls keine auffälligen Befunde im Bereich der Schulter. Es ist nach Auffassung der Kammer mithin davon auszugehen, dass beim Kläger zum streitgegenständlichen Zeitraum für die Schultern gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze im Hinblick auf die objektivierten Bewegungseinschränkungen seinerzeit ein GdB von 10 in Ansatz gebracht werden kann. Soweit der Kläger im Juni 2015 eine Durchtrennung einiger Beugesehnen am linken Unterarm erlitten hat, die operativ versorgt werden mussten, ist dies für die hier in Rede stehende prozessuale Anfechtungssituation ohne Belang. Daneben wird aber auch die verbliebene Funktionsfähigkeit der linken Hand und der Finger als gut betrachtet, wenn auch die Beugekraft des III. und IV. Strahls nur noch etwa 3/5 beträgt. Gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze käme auch jetzt demnach kein höherer GdB als 10 in Betracht. 4. Für den Bereich der unteren Extremitäten ist zum relevanten Zeitpunkt gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze der GdB mit 20 zu bewerten. Hier sind zum einen eine linksseitige Gonalgie, die durch eine Innenmeniskopathie sowie eine beginnende Gonarthrose ausgelöst ist, eine Instabilität des linken Knies, eine Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus beidseits und ein beidseitiger Fersensporn zu berücksichtigen. Aus dem Befundbericht des Dr. Q ergibt sich 2014 ein deutlicher Kniescheibenrückflächenschmerz, ein Gelenkerguss sowie die Möglichkeit der Beu-gung und Streckung des linken Knies mit 110°/0°/0°. Im März 2015 waren der Ha-ckengang und der Zehenspitzengang frei möglich. Fußheber und Fußsenker waren ohne pathologischen Befund. Im Rahmen der Untersuchung bei Herrn L. gab der Kläger, bei ausreichender Beweglichkeit beider Kniegelenke, mäßige Beschwerden bei der Beugung über 90° an. Das Zohlen’sche Zeichen war deutlich positiv. Es be-standen Gelenkgeräusche, vorwiegend im linken Knie. Die Bänder waren stabil. Herr L. beschreibt die Extension/Flexion am 26.02.2016 mit 0°/0°/130° rechts und 0°/10°/125° links (vgl. zu den anatomisch normalen Bewegungsausmaßen, Schünke, Topgraphie und Funktion des Bewegungssystems, 2. Aufl. 2014, S. 62; Tho-mann/Schröter/Grosser, Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 2009, S. 16). Auch bei ihm war das Zohlen’sche Zeichen links positiv (zum Zohlen-Zeichen zum Nachweis retropatellarer Knorpelschäden vgl. Grifka/Krämer, Orthopädischen Unfallchirurgie, 9. Aufl. 2013, S 330). Er beschreibt einen Druckschmerz am medialem Gelenkspalt und unterem Patellapol sowie einen Rotationsschmerz am linken Knie. Im Gutachten L. beschrieb der Kläger er würde abends gelegentlich eine Runde mit seiner Ehefrau spazieren gehen, so ca. eine halbe Stunde. Davon, dass nach 100 bis 200 Metern die Wegstrecke limitiert sei und – bei zunehmenden Schmerzen in den Beinen – Zwangspausen einzulegen seien, so die Darstellung von L., war sei-nerzeit nicht die Rede. Auch war weder zur Zeitpunkt der Begutachtung durch Herrn L. noch davor eine wesentliche Fußheberparese links objektiviert. Soweit Herr L. die-se nun diagnostiziert, mag sich zwischenzeitlich eine Verschlimmerung eingestellt haben. Diese ist aber im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Die beim Kläger beste-henden Fersensporne sind gut durch eine Einlage versorgt und machen keine Be-schwerden. Unter Berücksichtigung der objektivierten Bewegungseinschränkungen insbesondere des linken Knies und der Beeinträchtigungen der Füße ist nach Auf-fassung der Kammer – auch unter Berücksichtigung, dass der Kläger psychisch unter seinen Beeinträchtigungen leidet – ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen. 5. Für das Funktionssystem der Lunge ist aufgrund des beim Kläger vorliegenden Schlafapnoe-Syndroms mit durchgeführter nasaler Überdruckbeatmung gemäß Teil Ziffer 8.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Sonstige wesentliche Beeinträchtigungen in diesem Bereich sind nicht ob-jektiviert. 6. Schließlich ist beim Kläger für das Funktionssystem Psyche gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Der Kläger ist, dies ergibt sich aus den Arztberichten des Psychiaters L. seit 2013 in ambulanter Behandlung. Im Dezember 2013 bescheinigte Herr L. eine schwere de-pressive Episode, eine Somatisierungsstörung sowie einen Zustand nach Prostata-Ca-Genesung. Dem Kläger waren seinerzeit die Antidepressiva Cipralex® - morgens 20 mg - (Wirkstoff: Escitalopram) sowie Stangyl® - zur Nacht 25mg – (Wirkstoff: Trimapramin) verordnet worden. Im August 2015 wurden dem Kläger Escitalopram 20 mg morgens und zur Nacht Mirtazapin 15 mg verordnet. Der Psychiater L. hat im gerichtlichen Verfahren auf ausdrückliche Nachfrage des Kammervorsitzenden aus-geführt, der Kläger befinde sich seit März 2015 in einem psychisch stabilen Zustand und die die Depression sei remittiert. Gegenüber dem Gutachter L. hat der Kläger angegeben, er nehme morgens 20 mg Citalopram – wie Escitalopram ein sog. "se-lektiver Serotoninrückaufnahmeinhibitor – SSRI" (vgl. dazu Schneider, Klinikmanual Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie, 2. Aufl. 2016, S. 79 f.) – und zur Nacht 30 mg Mirtazapin. Die Dosis Mirtazapin sei im Hinblick auf bestehende Schlafstörun-gen erhöht worden. Er liege nachts zwei bis drei Stunden wach. Er sei oft aufgeregt, beleidigt und gekränkt. Er rege sich über Mitleid auf, sei ungehalten und ständig be-drückt. Dass sein Sexualleben beeinträchtigt sei belaste ihn. Auch die bestehende Harninkontinenz führe zu Ängsten, seine Mitkollegen und andere Menschen könnten dies mitbekommen. Er schäme sich. Befragt danach, ob er Freude erleben könne, antwortete der Kläger, dass dies ab und zu durchaus der Fall sei. Er könne sich über seine Arbeit freuen, dass er einen guten Arbeitsplatz habe. Hier freue es ihn z.B. wenn er einem Kind das Schwimmen beibringen könne. Es träten aber auch Momen-te auf, in denen er sich zurückhalten müsse, weil ihm die Tränen kämen. Dies sei schwierig. Befragt nach seinem Tagesablauf gab er an, dieser sei durch den Schichtdienst be-stimmt. Er habe ein gutes Verhältnis zu seinen Kollegen und zu seinem Vorgesetz-ten. Auch zu der Kundschaft habe er ein gutes Verhältnis; es kämen viele Stamm-kunden. Er beschreibt Basteln und Heimwerken als sein Hobby. Früher habe er sein Haus mit seinem Bruder komplett alleine hochgezogen. Er habe Angst, seinen Ret-tungsschwimmer-Schein zu verlieren, da er nur noch selten schwimmen gehe. Seine Ehefrau und er hätten einen gemeinsamen Freundes- und Bekanntenkreis. Er gehe auch schon mal mit der Familie, den Kindern und den Brüdern, essen oder sie unter-nehmen sonst etwas zusammen. Früher sei er im Schwimmverein gewesen, dort gehe er jetzt nicht mehr hin. Seit der Prostataoperation ziehe er sich zunehmend zurück. Er fahre Auto, auch alleine, gehe gelegentlich spazieren, abends eine Runde mit der Ehefrau, so eine halbe Stunde. Urlaub verbringe er meist an Orten, wo er ein bisschen Wellness erlebe. Der Gutachter beschrieb im psychischen Befund keine Bewusstseins- oder Orientie-rungsstörungen. Der Kläger war zeitlich, örtlich, situativ und zur eigenen Person voll orientiert. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen konnten nicht festgestellt werden. Formale Denkstörungen, überwertige Ideen, Zwänge, Phobien, ein Wahn-system oder Sinnestäuschungen sowie schwerere Ich- und Persönlichkeitsstörungen konnte der Gutachter ausschließen. Der Kläger konnte nach der Einschätzung des Gutachters angemessen über seine Beschwerden berichten, die glaubhaft und ernst vorgetragen werden, ohne Verdeutlichungs- oder Aggravationstendenz. Zu Anfang der Exploration war der Kläger eher schüchtern befangen, affektlabil. Es kam zu Weinausbrüchen, die der Kläger zunächst kaum beherrschen konnte. Von der Stim-mung wirkte er gedrückt, dysphorisch und missmutig, unterschwellig ängstlich und besorgt. Im Affektverhalten war er zunächst labil und erregt, was sich jedoch bei zu-nehmender Exploration und Untersuchung etwas stabilisierte. Der Gutachter diagnostizierte beim Kläger eine Anpassungsstörung mit depressiven und ängstlichen Symptomen, im Sinne einer Reaktion auf eine oder mehrere psy-chosoziale Belastungsfaktoren. Beim Kläger zeigte sich diese im Nachgang zu der Prostata-Operation. Seit dieser Zeit wird der Kläger mit Antidepressive behandelt. Eine Psychotherapie hat lediglich in den Rehabilitationsmaßnahmen stattgefunden. Nach dem klinischen Eindruck, den der Gutachter im Rahmen seiner Untersuchung gewonnen hat, stimmt er der Aussage des Psychiaters L. voll zu, dass die Depressi-on beim Kläger remittiert ist. Anzeichen für eine schwere oder auch nur mittelgradige depressive Episode fanden sich nicht. Soweit der Kläger anfangs affektinkontinent und labil erschien, veränderte sich dieser Eindruck im Laufe der Exploration. Im Vor-dergrund steht Scham und Kränkung im Hinblick auf die Folgen der Operation (Harn-inkontinenz und erektile Dysfunktion, dazu bereits oben). Dies ist nach Auffassung des Gutachters, der sich die Kammer vollumfänglich anschließt, durchaus nachvoll-ziehbar. Hieraus resultiert beim Kläger ein dysphorisch, verunsichertes, zum Teil ängstliches und gekränktes Selbst, welches geneigt ist, sich zurückzuziehen. Der Gutachter hält hier eine Psychotherapie durchaus für angezeigt, in der dem Kläger Copingmechanismen trainiert werden könnten, die dem Kläger helfen mit den ihn in seiner Männlichkeit kränkenden Funktionseinschränkungen umzugehen. Der Kläger ist mithin nach der Einschätzung des Gutachters keinesfalls austherapiert. Gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen ein Bewertungsspielraum von 0 bis 20 eröffnet. Beim Vorliegen stärker behindernder Störungen mit wesentlichen Ein-schränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit kommt ein GdB von 30 bis 40 in Betracht. Das Sozial- und Aktivitätsniveau welches der Kläger beschreibt rechtfer-tigt es, auch und gerade unter Berücksichtigung der durchgeführten Therapie und der Stellungnahme des behandelnden Psychiaters L., nach Auffassung der Kammer nicht, für die psychische Beeinträchtigung des Klägers einen GdB von mehr als 20 – allerhöchstens jedoch einen GdB von 30 – festzustellen. Der Kläger bewältigt nach eigenen Angaben seine Arbeit weiterhin gerne. Er hat ein gutes Verhältnis zu Vorge-setzten, Kollegen und Badegästen. Auch das Zusammenleben mit seiner Ehefrau beschreibt er als weitgehend harmonisch, ebenso das Verhältnis zum Rest seiner Familie. Von einigen sozialen Aktivitäten hat sich der Kläger zurückgezogen. Die Kammer verkennt nicht die vom Gutachter L. überzeugend herausgearbeitete Krän-kung und Ängstlichkeit im Zusammenhang mit den Folgen der Operation. Hierauf beschränken sich aber die Beeinträchtigungen des Klägers auch im Wesentlichen. Eine besondere Fixierung etwa auf Ängste bezüglich eines Rezidivs o.Ä. beschreibt der Kläger nicht. Trotz dieser durchaus nachvollziehbaren Reaktion auf die Folgen der Operation (Inkontinenz und erektile Dysfunktion) ist nach Auffassung der Kam-mer zu berücksichtigen, dass der Kläger durchaus in der Lage, weiterhin eigenver-antwortlich für sich selbst zu handeln sowie eine weiterhin eine – nach eigenem Dar-stellen – weitgehend harmonische Ehe zu führen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass beim Kläger keine vollständige Impotentia coeundi vorliegt. Der Kläger gibt Basteln und Heimwerken als Hobbies an. Er fährt in Urlaub und sucht dort die Entspannung. Eine deutliche Einschränkung der Libido wird nicht beschrie-ben. Vielmehr ist die Libido offenbar gleich geblieben, bei freilich bestehenden Prob-lemen in der Ausführung des Geschlechtsverkehrs. Der Kläger geht auch weiter ar-beiten und ist nach eigenen Angaben – bei bestehenden Ängsten – durchaus in der Lage hieraus Freude zu ziehen. Insgesamt konnte der Gutachter L., ein Arzt für Psychosomatische Medizin und Psy-chotherapie/Psychoanalyse, depressive Störungen, die über ein leichtgradiges Maß hinausgehen unter Berücksichtigung des beschriebenen normalen Alltags und den Möglichkeiten des Klägers auch im Umgang mit Familie und Freunden, nicht feststel-len. Dies deckt sich im Grundsatz mit den Feststellungen des Psychiaters L ... Soweit der Orthopäde L. einen GdB von 30 bis 40 befürwortet, ist nicht ansatzweise erkenn-bar, auf welcher Grundlage diese Einschätzung erfolgt. Eine Exploration ist nicht zu sehen. Es wurde lediglich ausgeführt, der Kläger habe bei der Besprechung der Prostataerkrankung eine sehr ausgeprägte emotionale Reaktion gezeigt. Es sei of-fenbar geworden, dass die durch die Operation bedingte Potenzstörung bislang we-nig bzw. nicht thematisiert wurde. Letzteres ist unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen nach Auffassung der Kammer schlechterdings nicht haltbar. Im Übri-gen ist darauf zu verweisen, dass nicht die einmalige – ggf. auch heftige - Reaktion im Rahmen einer medizinischen Untersuchung maßgeblich für die Höhe des GdB ist. Dieser ergibt sich aus der Zusammenschau der objektivierten Teilhabebeeinträchti-gungen. Hier ist ein GdB von 20 in Ansatz bringen. Allenfalls mag, wie oben angege-ben, ein GdB von soeben 30 in Betracht kommen, wobei in diesem Zusammenhang freilich zu berücksichtigen ist, dass die organischen Beeinträchtigungen des Urogeni-taltraktes und die psychischen Beeinträchtigungen zusammenhängen und hier eine Doppelbewertung zu vermeiden ist. Ausgehend von den objektivierten Beeinträchtigungen ist bei dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum nach § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze für den hier maßgeblichen Zeitpunkt ein GdB von 40 in Ansatz zu bringen. § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchti-gungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigun-gen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammen-schau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Be-weiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrach-tungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 - L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich ver-stärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
35Im vorliegenden Fall sind vor allem die psychische Beeinträchtigung sowie die Beein-trächtigungen des Urogentialsystems zu berücksichtigen. Wie oben bereits dargelegt ist der GdB für die insoweit verbliebenden organischen Beeinträchtigungen mit so-eben 20 zu berücksichtigen. Darüber hinaus besteht beim Kläger in diesem Zusam-menhang eine Anpassungsstörung, die ebenfalls mit einem GdB von 20, allenfalls soeben 30, zutreffend bewertet ist. Im Hinblick auf die durchaus bestehende Ver-knüpfung dieser Beeinträchtigungen, erscheint es der Kammer vertretbar hier insge-samt einen GdB von 30 in Ansatz zu bringen. Daneben sind im maßgeblichen Zeit-punkt Beeinträchtigungen der Knie mit einem GdB von 20 und ein GdB von 20 für das Vorliegen eines Schlafapnoe-Syndroms sowie GdB von 10 für die Wirbelsäule und die oberen Extremitäten objektiviert. Diese Beeinträchtigungen, insoweit teilt die Kammer nach eigener Prüfung die Einschätzung der erfahrenen Gutachters L., erhö-hen den GdB insgesamt auf 40. Hierbei war insbesondere Teil A Ziffer 3 lit d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu berücksichtigen, wonach leichte Gesund-heitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen – von Ausnahmefällen abgese-hen – nicht zu einer Zunahme des Gesamt-GdB führen und auch bei leichteren Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 es vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 45 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 11). Vorliegend ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die bestehenden Schlafstörungen des Klägers schon bei der psychischen Beeinträchtigung mitberücksichtigt worden sind, so dass hier eine Doppelbewertung auch hinsichtlich des bestehenden Schlafapnoe-Syndroms zu unterbleiben hat.
36Insgesamt ist der GdB des Kläger aber schon deshalb mit 40 zu bewerten, weil sich das Gesamtausmaß der Behinderung des Klägers insgesamt nicht mit einem einzel-nen Gesundheitsschaden vergleichen, für den die Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen festen GdB-Wert von 50 angeben, wie es Teil A Nr. 3 b) VG vor-schreibt (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 49 unter Hinweis auf BSG Urteil vom Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4 / 10 R = juris Rn. 25 m.w.N.; BSG Beschluss vom 16.05.1995 - 9 BVs 38/94 = juris Rn. 4; BSG Urteil vom 16.03.1993 - 9 RVs 6/93 = juris Rn. 13; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.08.2011 - L 7 SB 106/07 = juris Rn. 75; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.11.2010 - L 15 SB 53/09 = juris Rn. 46; Dau, SGB IX, § 69 Rn. 24; Knittel, SGB IX Kommentar, Rn. 73; Straßfeld, SGb 2003, 613, 616 m.w.N ...; Rauschelbach, MedSach, 1980, 90/91; a.A. Schimanski, GK-SchwbG, 2. Aufl. 2000, § 4 Rn. 97). Im vorliegenden Fall ist eine Vergleichbarkeit des Klägers mit Personen, die etwa unter schweren psychischen Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten leiden, oder aber auch mit Personen, bei denen – wie zunächst beim Kläger – aufgrund eines malignen Prostata-Karzinoms eine Heilungsbewährung von fünf Jahren abzuwarten bleibt, nicht gegeben.
37Die Kammer konnte auch entscheiden, ohne zuvor den Anträgen des Klägers auf gutachterliche Vernehmung des Orthopäden L. zu den Beweisfragen des Beweisbe-schlusses vom 19.10.2015 bzw. dem Antrag, einen noch nicht näher benannten Facharzt zu psychischen Beeinträchtigungen des Klägers zu befragen, nachzukom-men.
38Die Kammer hat im vorliegenden Fall gemäß § 103 Satz 1 SGG den Sachverhalt von Amts wegen durch Einholung von Befundberichten und der Beauftragung eines Gut-achtens sowie der Auswertung der hierdurch gewonnenen Erkenntnisse erforscht. Hierbei waren insbesondere der Streitgegenstand und hierbei der für die gerichtliche Entscheidung maßgebliche Zeitpunkt zu berücksichtigen. Wie bereits mehrfach aus-geführt, war vorliegend der Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung maßgeblich. Für diesen Zeitpunkt, dies steht zur Überzeugung der Kammer fest, war der Sach-verhalt insgesamt hinreichend ausermittelt. Die Feststellungen des Orthopäden L. in seiner Stellungnahme vom 26.02.2016 haben nach Auffassung der Kammer im Hin-blick auf den hier streitigen Zeitraum keine wesentlichen neuen Erkenntnisse ge-bracht. Wie oben bereits ausgeführt war die von Herrn L. auf orthopädischem Gebiet vorgenommene Diagnosestellung ausführlicher als diejenige des Dr S., des Dr. Q. und des Gutachters L ... Die insoweit wesentlichen Befunde, objektiviert durch MRT-Befunde aus November 2015 hatte aber der Gutachter L., der als erfahrener Rheu-matologe und Gutachter durchaus in der Lage ist, die aus orthopädischen/sowie ggf. neurologischen Beeinträchtigungen resultierenden Teilhabeeinschränkungen zu be-werten. Die Kammer musste sich hier nicht gedrängt sehen aufgrund der – mit Aus-nahme der Diagnosen – rudimentären Angaben des Herrn L. hier von Amts wegen weiter zu ermitteln.
39Die Kammer hat den Antrag auf gutachterliche Vernehmung des Herrn L. vor diesem Hintergrund als einen Antrag nach § 109 SGG ausgelegt. Dieser war nach § 109 Abs. 2 SGG abzulehnen, weil durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und nach der freien Überzeugung der Kammer aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
40Nachdem das Gutachten vorlag hat der Kammervorsitzende es am 06.01.2016 an die Beteiligten übersandt und hierbei darauf hingewiesen, dass das Gericht die Be-weisaufnahme als abgeschlossen ansieht und nicht beabsichtigt, weitere Ermittlun-gen von Amts wegen anzustellen. Mit Schreiben vom 28.01.2016 hat der Kläger-Bevollmächtigte letztlich lediglich die Bildung des Gesamt-GdB durch den Gutachter moniert. Der Kammervorsitzende hat mit Schireben vom 29.01.2016 die Beteiligten darüber informiert, dass nunmehr terminiert wird und am 09.02.2016 auch geladen. Der in der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2016 gestellte Antrag ist im Hinblick auf den Hinweis in der gerichtlichen Verfügung vom 06.01.2016, es werde nicht wei-ter von Amts wegen ermittelt, nach Auffassung der Kammer in jedem Fall verspätet (vgl. dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl. 2012, § 109 Rn. 11; Kühl, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 109 Rn. 13) und konnte zurück-gewiesen werden. Die Kammer hat dabei neben dem beschriebenen Zeitablauf auch die Tatsache berücksichtigt, dass es hier gerade nicht um eine Statusbegutachtung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ging. Gründe, warum der Antrag erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
41Soweit der Kläger beantragt hat, eine noch nicht benannten Facharzt zu den psychi-schen Beeinträchtigungen gutachterlich zu vernehmen, war auch insoweit eine ent-sprechende Aufklärung von Amts wegen vor dem Hintergrund der klaren Aussagen des behandelnden Psychiaters L. und der Tatsache, dass der Gutachter L. gerade auch auf Psychosomatische Medizin spezialisiert ist, nicht erforderlich.
42Eine Beauftragung nach § 109 SGG kam ebenfalls nicht in Betracht. Es fehlt schon an der erforderlichen inhaltlichen Bestimmtheit des Antrags, da dieser auf die Anhö-rung eines bestimmten, jedenfalls bestimmbaren, Arztes gerichtet sein muss (so be-reits BSG Urteil vom 04.11.1959 – 9 RV 862/56 = juris Rn. 13; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 109 Rn. 4;Kühl, in: Breit-kreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 109 Rn. 5). Hieran fehlt es vorliegend völlig. Da-rüber hinaus wäre ein entsprechender – ordnungsgemäß gestellter – Antrag im Übri-gen aus denselben Gründen abzulehnen gewesen, wie der oben genannte Antrag auf Beauftragung von Herrn L ...
43Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Aachen Urteil, 01. März 2016 - S 12 SB 266/15
Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Aachen Urteil, 01. März 2016 - S 12 SB 266/15
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Sozialgericht Aachen Urteil, 01. März 2016 - S 12 SB 266/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 30. Mai 2012 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 40 ab Juli 2007 hat.
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Nachdem das beklagte Land den im August 2001 gestellten Erstantrag des 1951 geborenen Klägers mit Bescheid vom 21.1.2002 abgelehnt hatte, weil der GdB weniger als 20 betrage, stellte es auf den Widerspruch des Klägers mit Abhilfebescheid vom 5.11.2002 einen GdB von 30 ab August 2001 fest. Als den GdB begründende Beeinträchtigungen berücksichtigte der Beklagte eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen, Knorpelschäden der Kniegelenke, eine Funktionseinschränkung der Füße, eine Fettleber sowie eine Nierenfehlbildung links.
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Auf den vom Kläger im Dezember 2004 angebrachten Änderungsantrag stellte der Beklagte einen GdB des Klägers von 40 ab Dezember 2004 fest (Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005). In dem anschließenden, auf Feststellung eines GdB von 50 gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt/Oder - S 5 SB 2/06 - bewertete der gerichtliche Sachverständige Dr. B. in seinem chirurgisch-sozialmedizinischen Gutachten vom 21.12.2006 aufgrund der nachweisbaren funktionellen Beeinträchtigungen des Klägers den Gesamt-GdB mit 10.
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Daraufhin hob der Beklagte ohne ausdrückliche Anhörung unter Hinweis auf § 24 Abs 2 Nr 2 SGB X (Eilbedürftigkeit) mit Bescheid vom 1.3.2007 den Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 gemäß § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft insoweit auf, als ein GdB von mehr als 30 festgestellt worden war. In der Begründung führte der Beklagte aus, die Bescheide vom 5.11.2002 und 10.3.2005 seien rechtswidrig, da mit ihnen ein GdB von 30 bzw 40 festgestellt worden sei. Gemäß § 69 Abs 1 S 5 SGB IX sei eine Feststellung nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliege. Tatsächlich hätten nur Beeinträchtigungen vorgelegen, die einen Gesamt-GdB von 10 begründen. Die Rücknahme des Bescheides vom 5.11.2002 komme wegen des Ablaufs der Frist gemäß § 45 Abs 3 SGB X nicht in Betracht. Der GdB könne nicht unter 30 abgesenkt werden. Der Bescheid werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Streitverfahrens.
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Nachdem der Kläger während des Klageverfahrens im Juli 2007 wegen behaupteter Verschlimmerung beim Beklagten einen weiteren Änderungsantrag gestellt hatte, ordnete das SG auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 19.2.2008 ein Ruhen des Verfahrens an. Nach Einholung verschiedener Berichte der behandelnden Ärzte sowie Beiziehung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme, die einen GdB von 20 vorschlug, entschied der Beklagte mit Bescheid vom 2.2.2009, dass der Bescheid vom 10.3.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 in der Gestalt des Bescheides vom 1.3.2007 nicht geändert werde, weil die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers weiterhin keinen höheren GdB als 30 bedingten. Der Bescheid werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Streitverfahrens.
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Nach Wiederaufnahme des Klageverfahrens - unter dem Az S 24 SB 31/09 - hat das SG von Amts wegen zunächst mehrere Befundberichte und danach ein Gutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Ba. vom 21.12.2011 eingeholt. Zusammenfassend hat die Sachverständige ausgeführt: Der im November 2002 festgestellte Gesamt-GdB von 30 sei aufgrund der seinerzeit vorliegenden Befunde (Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen, Knorpelschäden der Kniegelenke, Funktionseinschränkung der Füße, Fettleber, Nierenfehlbildung links) nicht nachvollziehbar. Seit November 2002 hätten die beim Kläger bestandenen Beschwerden zugenommen. Im Vordergrund des heutigen Beschwerdebildes (erstmals vom Kläger mit Schreiben vom 20.7.2007 angegeben) stünde das Bronchialasthma mit allergischer Rhinitis und Konjunktivitis. Hierfür sei ein GdB von 20 angemessen. Sie halte heute einen Gesamt-GdB von 30 für gerechtfertigt.
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In der mündlichen Verhandlung des SG am 30.5.2012 hat die Vorsitzende darauf hingewiesen, dass der Bescheid des Beklagten vom 1.3.2007 bezüglich der Rücknahme des Bescheides vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 rechtmäßig sei. Der Kläger hat daraufhin beantragt,
den Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 in der Fassung des Rücknahmebescheides vom 1.3.2007 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, seinen Bescheid vom 21.1.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5.11.2002 dahingehend zu ändern, dass bei ihm (dem Kläger) ab 10.7.2007 ein GdB von 40 festgestellt wird.
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Mit Urteil vom selben Tag (30.5.2012) hat das SG dem Klageantrag entsprochen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt:
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Die zulässige Klage sei begründet. Gegenstand des Verfahrens seien der Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 und der Rücknahmebescheid vom 1.3.2007. Der Bescheid des Beklagten vom 2.2.2009 sei hingegen nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, da er keinen streitgegenständlichen Bescheid ändere oder ersetze. Zu Unrecht habe der Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 5.11.2002 mit Wirkung für die Zukunft abgelehnt. Denn in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers, die zum Zeitpunkt der Erteilung dieses Bescheides vorgelegen hätten, sei eine Änderung eingetreten, die die Erhöhung des GdB rechtfertige. Die gemäß § 48 SGB X vorzunehmende Prüfung beschränke sich darauf, ob in der Höhe des mit Bescheid vom 5.11.2002 festgestellten Gesamt-GdB (von 30) eine Änderung in der Gestalt eingetreten sei, dass die im Gesundheitszustand des Klägers seither eingetretenen Verschlimmerungen diesen GdB um mindestens 10 erhöhten. Das sei nach Überzeugung der Kammer der Fall. Dem Bescheid vom 5.11.2002 hätten für die Feststellung eines GdB von 30 eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen, Knorpelschäden der Kniegelenke und eine Funktionseinschränkung der Füße, eine Fettleber und Nierenfehlbildung zugrunde gelegen.
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Soweit der Beklagte mit Bescheid vom 10.3.2005 beim Kläger ab Dezember 2004 einen GdB von 40 festgestellt habe, sei dieser Bescheid von Anbeginn rechtswidrig, sodass ihn der Beklagte während des laufenden Klageverfahrens zu Recht mit Bescheid vom 1.3.2007 aufgehoben habe. Der Bescheid des Beklagten vom 1.3.2007 werde auch vom Kläger nicht beanstandet.
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Hiervon ausgehend habe das Gericht zu prüfen, ob seit Feststellung eines GdB von 30 mit Bescheid vom 5.11.2002 möglicherweise zu einem Zeitpunkt nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten sei, die die Erhöhung des GdB rechtfertige. Das sei der Fall, denn beim Kläger sei ein Bronchialasthma hinzugetreten, dessen Auswirkungen in jedem Fall zur Erhöhung des Gesamt-GdB führen müsse. Dies ergebe sich insbesondere aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Sachverständigen Dr. Ba.
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Die Bewertung dieser Gesundheitsstörung durch die Sachverständige mit einem Einzel-GdB von 20 sei auch angesichts der Nr 26.8 der hier noch zu berücksichtigenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) angemessen.
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Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, diese ab Juli 2007 durch Hinzutreten der Lungenerkrankung nachweisbare Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers unberücksichtigt zu lassen, um den nicht mehr rücknehmbaren Bescheid vom "20.2.2002" (gemeint 5.11.2002) zu korrigieren. Zumindest dann, wenn das ehemals festgestellte Ausmaß einer einzigen Gesundheitsstörung das alleinige tragende Element der Gesamt-GdB-Feststellung gewesen sei, rechtfertige dies nicht, eine "stille Abschmelzung" in dem Sinne vorzunehmen, dass weitere, neu hinzugetretene Gesundheitsstörungen solange nicht berücksichtigt würden, bis das nun für gerechtfertigt erachtete Ausmaß der Beeinträchtigung dem seiner Zeit festgestellten Gesamt-GdB entspreche.
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Zunächst sei festzustellen, dass die in § 45 Abs 3 S 1 und Abs 4 SGB X geregelte Frist für eine Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Bescheides vom "21.1.2002" (gemeint 5.11.2002) bereits abgelaufen sei. Soweit nunmehr zu prüfen sei, ob aufgrund des Eintritts einer vom Kläger geltend gemachten wesentlichen Änderung durch Hinzutreten einer Lungenerkrankung dieser Bescheid mit Wirkung für die Zukunft, nämlich ab 10.7.2007 aufzuheben sei, habe das Gericht festzustellen, inwieweit sich eine Änderung ergeben habe. Ausgehend von dem ursprünglich zu hoch festgesetzten Gesamt-GdB sei demnach trotz der Rechtswidrigkeit der GdB in dem Ausmaß zu erhöhen, in dem sich tatsächlich eine Änderung im Gesundheitszustand eingestellt habe. Etwas anderes würde sich allein dann ergeben, wenn der Beklagte einen auf § 48 Abs 3 SGB X basierenden "Abschmelzungsbescheid" erteilt hätte, was hier nicht geschehen sei. Dass § 48 Abs 3 SGB X auch für Feststellungen zur Höhe des GdB gelte, habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits in seinem Urteil vom 19.9.2000 - B 9 SB 3/00 R entschieden.
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Mit Beschluss vom 24.10.2012, zugestellt am 5.11.2012, hat das SG die Sprungrevision gegen das Urteil vom 30.5.2012 zugelassen.
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Am 15.11.2012 hat der Beklagte beim BSG Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 48 Abs 3 SGB X. Entgegen der Auffassung des SG finde § 48 Abs 3 SGB X auf die Feststellung des GdB im Schwerbehindertenrecht nur entsprechend in dem Sinne Anwendung, dass die Verwaltung insofern auch ohne ausdrückliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts nach § 48 Abs 3 SGB X berechtigt und verpflichtet sei, bei einer nachträglichen Änderung der bei Erlass der rechtswidrigen, bestandskräftig gewordenen Entscheidung zur Höhe des GdB maßgebend gewesenen Verhältnisse, den nunmehr tatsächlich vorliegenden GdB festzustellen. Dies ergebe sich insbesondere aus § 69 Abs 1 S 3 SGB IX, wonach die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt würden. Er - der Beklagte - gehe davon aus, dass es mit dieser Vorschrift grundsätzlich unvereinbar sei, einen GdB festzustellen oder zu belassen, der die vorliegenden Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft übersteige.
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Das BSG habe in dem durch das SG angeführten Urteil vom 19.9.2000 - B 9 SB 3/00 R - im Hinblick auf die Berücksichtigung eines fehlerhaft festgestellten GdB bei der Ermittlung des neuen, aufgrund des Hinzutritts eines Leidens zu beurteilenden Gesamt-GdB unter anderem ausgeführt, dass es sich bei einer derartigen Neufestsetzung im Rahmen einer auf § 48 Abs 1 SGB X gestützten Aufhebung wegen einer Änderung der Verhältnisse zugunsten des Betroffenen nicht um eine reine Hochrechnung des im alten Bescheid festgestellten Gesamt-GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung der verschiedenen Leiden handele. An anderer Stelle weise das BSG im gleichen Urteil darauf hin, dass das Gesetz die Möglichkeit der Korrektur eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung jedenfalls ausdrücklich nur mit dem in § 48 Abs 3 SGB X geregelten Verfahren bereitstelle. Das BSG beziehe sich dabei auf die Entscheidung vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 -, in der das BSG ebenfalls bereits auf die entsprechende Anwendung von § 48 Abs 3 SGB X auch im Schwerbehindertenrecht verwiesen habe.
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Keine Aussage finde sich in den genannten Urteilen des BSG zu der Frage, ob die Feststellung des tatsächlich vorliegenden GdB in entsprechender Anwendung von § 48 Abs 3 SGB X einen ausdrücklich auf dieser Vorschrift basierenden Abschmelzungsbescheid voraussetze. Die Antwort auf diese Rechtsfrage ergebe sich nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz. Sie stehe auch praktisch nicht außer Zweifel. Allerdings werde die Auffassung des SG, wie von diesem ausgeführt, auch durch das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8.9.2004 - L 10 SB 82/03 - vertreten.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Frankfurt/Oder vom 30. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
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Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an.
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Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 3.4.2013 darauf hingewiesen, dass der Bescheid des Beklagten vom 1.3.2007 den Satz enthält: "Die Bescheide vom 05.11.2002 sowie vom 10.03.2005 sind rechtswidrig, da mit ihnen ein GdB von 30 bzw. 40 festgestellt wurde."
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist zulässig. Sie ist aufgrund ihrer Zulassung durch den Beschluss des SG vom 24.10.2012 statthaft und vom Beklagten form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Revisionsbegründung genügt zudem inhaltlich den Anforderungen gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG.
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Die Revision ist im Sinne einer Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das SG begründet.
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Der Sachentscheidung durch das Revisionsgericht stehen keine Hindernisse entgegen. Insbesondere ist die Klage zulässig. Sie ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 S 1 SGG statthaft(s BSG SozR 3-3870 § 3 Nr 9 S 21 f; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 12 RdNr 11). Sie richtet sich gegen den Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 und weiter in der Fassung des Bescheides vom 1.3.2007. Soweit der Beklagte mit dem Bescheid vom 1.3.2007 den Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben hat, als darin ein GdB von mehr als 30 zuerkannt war, hat der Kläger nach dem Hinweis des SG in der mündlichen Verhandlung die ursprünglich auch dagegen gerichtete Klage nicht weiter aufrechterhalten, denn er hat seinen Klageantrag danach nur noch auf eine "teilweise" Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte und auf die Verurteilung des Beklagten zur Änderung des Bescheides vom 5.11.2002 dahin gerichtet, dass der GdB ab 10.7.2007 (wieder) mit 40 festzustellen sei.
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Gegenstand der Klage ist danach ein Anspruch auf Feststellung des GdB mit 40 ab Juli 2007 aufgrund einer Veränderung (Verschlimmerung) desjenigen Gesundheitszustandes, der dem Bescheid vom 5.11.2002 zugrunde gelegen hat. Diesem Anspruch steht der Bescheid des Beklagten vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 und weiter in der Fassung des Bescheides vom 1.3.2007 entgegen, sodass der Kläger iS des § 54 Abs 1 S 2 SGG beschwert ist.
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Soweit der Beklagte auf den Änderungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 2.2.2009 entschieden hat, dass der Bescheid vom 10.3.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 und des Bescheides vom 1.3.2007 nicht geändert werde, ist dieser Verwaltungsakt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Denn er enthält gerade keine Änderung oder Ersetzung der bereits angefochtenen Verwaltungsakte. Zwar wäre er wohl nach der zu § 96 SGG in der bis zum 31.3.2008 geltenden Fassung ergangenen Rechtsprechung des BSG als Gegenstand des Klageverfahrens anzusehen gewesen; dies gilt jedoch nicht nach der zum 1.4.2008 erfolgten Einschränkung der Anwendbarkeit ("nur dann") der Vorschrift (vgl BSG Beschluss vom 30.9.2009 - B 9 SB 19/09 B - juris).
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Unabhängig davon hindert es der Bescheid vom 2.2.2009 nicht, den Beklagten auf die gegen die Bescheide vom 10.3.2005 und 1.3.2007 gerichtete Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wegen einer im Juli 2007 eingetretenen Änderung der Verhältnisse zur Feststellung eines höheren GdB zu verurteilen. Der Bescheid vom 2.2.2009 entfaltet insoweit keine Sperrwirkung. Seine Erteilung war entbehrlich, weil der im Juli 2007 gestellte Änderungsantrag des Klägers wegen des anhängigen Klageverfahrens nicht erforderlich war. Denn das Tatsachengericht hat bei einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich alle bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eintretenden entscheidungsrelevanten neuen Tatsachen zu berücksichtigen (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 34 mwN). Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellung des GdB nach dem Schwerbehindertenrecht. Daran ändert ein zwischenzeitlich ergangener Verwaltungsakt nichts, der einen Neufeststellungsantrag ablehnt. Anders verhält es sich allerdings dann, wenn der Kläger sein Klagebegehren daraufhin zeitlich begrenzt. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
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Ob die angefochtenen Bescheide vom 10.3.2005 und 1.3.2007 rechtswidrig sind, weil der Kläger eine Erhöhung des GdB auf 40 ab Juli 2007 beanspruchen kann, vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Hierzu bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen des SG. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger nicht schon deswegen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40, weil der mit Bescheid vom 5.11.2002 bindend festgestellte GdB von 30 infolge des im Juli 2007 hinzugekommenen Lungenleidens entsprechend zu erhöhen wäre.
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Grundlage für die beanspruchte teilweise Aufhebung des Bescheides vom 5.11.2002 mit Wirkung ab Juli 2007 ist § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (eingehend hierzu für das Schwerbehindertenrecht BSG Urteil vom 12.11.1996 - 9 RVs 5/95 - BSGE 79, 223, 225 = SozR 3-1300 § 48 Nr 57). Von einer solchen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl BSG Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - juris RdNr 12). Das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 bleibt allerdings regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB (BSG Urteil vom 24.6.1998 - B 9 SB 18/97 - juris). Gemäß § 48 Abs 1 S 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt(§ 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB X).
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Bei dem Bescheid vom 5.11.2002 über die Feststellung eines GdB von 30 nach dem Schwerbehindertenrecht handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl Oppermann in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 69 SGB IX RdNr 10; stRspr des BSG s Urteil vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 - BSGE 60, 287 = SozR 1300 § 48 Nr 29; Urteil vom 19.9.2000 - B 9 SB 3/00 R - BSGE 87, 126 = SozR 3-1300 § 45 Nr 43; BSGE 91, 205 = SozR 4-3250 § 69 Nr 2 und BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, ist nach den Feststellungen des SG eine Änderung eingetreten. Denn der Kläger ist seit Juli 2007 zusätzlich und dauerhaft an einem Lungenleiden erkrankt, und dieses ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Die insoweit vom SG festgestellten Tatsachen, die gemäß § 161 Abs 4 SGG im Rahmen der Sprungrevision nicht angegriffen werden können, werden vom Beklagten als solche nicht in Zweifel gezogen. Ob diese Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen rechtlich wesentlich iS des § 48 Abs 1 SGB X ist, kann der Senat derzeit nicht beurteilen.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten ist zunächst rechtlich davon auszugehen, dass mit dem Bescheid vom 5.11.2002 ein Gesamt-GdB von 30 auf Dauer festgestellt worden ist. Hieran ist auch der Beklagte gebunden, und zwar innerhalb des durch § 39 SGB X und § 77 SGG gesetzten Rahmens in seiner Eigenschaft als Träger des Verwaltungsverfahrens(von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 12 RdNr 4) und als zuständige Stelle für den Erlass des Verwaltungsakts. Das bedeutet, dass die Regelung des Verwaltungsakts für die erlassende Behörde und die Beteiligten iS des § 12 SGB X grundsätzlich verbindlich ist(Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, vor § 39 RdNr 3 mwN). § 39 Abs 2 SGB X bestimmt, dass ein - gemäß § 39 Abs 1 SGB X wirksam erlassener - Verwaltungsakt wirksam bleibt, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Nach § 77 SGG ist, wenn der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird, der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (materielle Bestandskraft). Gerade wegen der Schutzwirkungen, die sich aus der Bindungswirkung für die von dem Verwaltungsakt betroffenen Person ergeben, muss die den Verwaltungsakt erlassende Stelle ebenfalls daran gebunden sein.
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Vorschriften, die die Bindungswirkung eines Verwaltungsakts (materielle Bestandskraft) iS des § 77 SGG durchbrechen ("soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist"), enthält das SGB X im 2. Titel des 3. Abschnitts ("Bestandskraft des Verwaltungsaktes"). Diese sehen die Rücknahme (§§ 44, 45), den Widerruf (§§ 46, 47) und die Aufhebung (§ 48) eines Verwaltungsaktes vor (s auch § 39 Abs 2 SGB X). Hinzu kommen vereinzelte speziell auf Verwaltungsakte ausgerichtete Vorschriften in anderen Gesetzen, wie zB § 60 Abs 4 Bundesversorgungsgesetz, die hier jedoch nicht einschlägig sind.
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§ 69 SGB IX, der durchaus auch verfahrensrechtliche Regelungen über die Feststellung der Behinderung und die Ausstellung der Ausweise enthält (zB das jeweilige Antragserfordernis), trifft indes keinerlei verfahrensrechtliche Bestimmungen über die Rücknahme, den Widerruf oder die Aufhebung der in § 69 Abs 1 S 1 SGB IX vorgeschriebenen Feststellungen über das Vorliegen einer Behinderung und des GdB. Er lässt auch nicht erkennen, dass er die Regelungen im SGB X ganz oder teilweise verdrängt.
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Speziell zum Verwaltungsakt über die Feststellung des GdB und zu dessen Bindungswirkung bei späterem Hinzutreten einer dauerhaften Gesundheitsstörung (Behinderung gemäß § 2 SGB IX) hat das BSG schon unter Geltung des Schwerbehindertengesetzes entschieden, dass eine ursprünglich unrichtige Entscheidung unter Beachtung ihrer Bestandskraft grundsätzlich nicht korrigiert werden darf, vielmehr hierbei die Vorschriften der §§ 48 und 45 SGB X maßgeblich sind(Urteil vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 - BSGE 60, 287 = SozR 1300 § 48 Nr 29). Durch § 48 Abs 3 SGB X ist nach diesem Urteil die Verwaltung auch im Recht der sozialen Entschädigung und im Recht der Schwerbehinderten ermächtigt worden, anlässlich einer nachträglichen Änderung eines Teils der maßgebend gewesenen Verhältnisse möglicherweise bestandskräftig gewordene Feststellungen über Schädigungsfolgen oder Behinderungen und über ihre Auswirkungen mit der wirklichen Sachlage in Einklang zu bringen(BSGE 60, 287, 291 = SozR 1300 § 48 Nr 29 S 89). Mit Urteil vom 19.9.2000 (- B 9 SB 3/00 R - BSGE 87, 126 = SozR 3-1300 § 45 Nr 43)hat das BSG bekräftigt, dass ein Feststellungsbescheid, der rechtswidrigerweise den GdB zu hoch festgestellt hat, entweder nach § 45 SGB X - teilweise - zurückzunehmen ist, oder, wenn dies nicht mehr möglich ist, gemäß § 48 Abs 3 SGB X "abgeschmolzen" werden kann. Wird diese Möglichkeit der Abschmelzung nicht wahrgenommen, kann die unterbliebene Abschmelzung nicht bei einer zukünftigen Änderung der Verhältnisse nachgeholt werden (BSGE 87, 126, 130 = SozR 3-1300 § 45 Nr 43 S 146; s auch Steinwedel in Kasseler Komm, Stand Dezember 2012, § 48 SGB X RdNr 29 mwN).
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Dem Beklagten ist zuzugeben, dass das BSG bisher nicht ausdrücklich entschieden hat, dass über die Abschmelzung eines überhöht festgestellten GdB gemäß oder entsprechend § 48 Abs 3 SGB X durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist. Andererseits ist es offensichtlich, dass die nach § 48 Abs 3 SGB X gesetzlich erlaubten Rechtswirkungen im Einzelfall(s § 31 SGB X) durch Verwaltungsakt zu regeln sind. Dies ergibt sich zwingend aus der Rechtsnatur der Abschmelzung als Eingriff in einen durch Verwaltungsakt bindend zuerkannten Rechtszustand - hier die Höhe des festgestellten GdB. Für zu hoch berechnete Sozialleistungen ist schon seit der Entscheidung des BSG vom 22.6.1988 (- 9/9a RV 46/86 - BSGE 63, 266 = SozR 3642 § 9 Nr 3) geklärt, dass sie erst dann von der Erhöhung durch ein Anpassungsgesetz (als wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse) ausgespart werden dürfen, wenn durch Verwaltungsakt wirksam festgestellt ist, dass die ursprüngliche Leistungsbewilligung rechtswidrig ist. Was für eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse gilt, hat gleichermaßen auch für eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu gelten. Ebenso besteht im Rahmen des § 48 Abs 1 SGB X kein Unterschied zwischen der rechtswidrigen Gewährung überhöhter Leistungen und der Feststellung eines zu hohen GdB.
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Die Korrektur der Folgen eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 48 Abs 3 SGB X setzt mithin eine entsprechende ausdrückliche Verwaltungsentscheidung voraus. Die Vorschrift ist wegen der erforderlichen konstitutiven Feststellung durch die Verwaltung auch nicht eigenständig durch die Gerichte dergestalt anwendbar, dass diese eine Klage auf eine höhere Leistung oder auf Feststellung eines höheren GdB von sich aus unter Hinweis auf § 48 Abs 3 SGB X abweisen dürften(Steinwedel, aaO, RdNr 29 und 69). Dementsprechend darf die Verwaltung § 48 Abs 3 SGB X nicht stillschweigend ("freihändig") anwenden, sondern muss eine förmliche Entscheidung in Gestalt eines Verwaltungsaktes treffen, der seinerseits angefochten werden kann.
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-
Konstitutiv für eine Entscheidung nach § 48 Abs 3 SGB X ist die durch Verwaltungsakt vorzunehmende Feststellung, dass und in welchem Umfang die ursprüngliche Bewilligung oder Feststellung rechtswidrig ist(Steinwedel, aaO, RdNr 67, 68 mwN; vgl insbesondere BSGE 63, 266 = SozR 3642 § 9 Nr 3; BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2, RdNr 7). Die Entscheidung über eine Ablehnung der Erhöhung der Leistung oder der Erhöhung des GdB kann - aus gegebenem Anlass - später getroffen werden.
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-
Obwohl der Beklagte - zu Unrecht - die Auffassung vertritt, § 48 Abs 3 SGB X auch ohne die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ursprungsbescheides anwenden zu können, hat er eine entsprechende Entscheidung im angefochtenen Bescheid vom 1.3.2007 getroffen. Darin hat er nämlich wörtlich erklärt, dass die Bescheide vom 5.11.2002 und 10.3.2005 rechtswidrig seien, da mit ihnen ein GdB von 30 bzw 40 festgestellt worden sei und die bestehenden Beeinträchtigungen nur einen GdB von 10 rechtfertigten. Obwohl sich diese Erklärungen des Beklagten im Begründungsteil des Bescheides vom 1.3.2007 befinden, handelt es sich um eine Regelung iS des § 31 SGB X, denn der Beklagte wollte den Kläger verbindlich auf die Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 5.11.2002 getroffenen Feststellung des GdB auf 30 hinweisen. Zudem konnte der Kläger als Adressat des Bescheides vom 1.3.2007 die Regelungsabsicht des Beklagten auch eindeutig und ohne Weiteres erkennen. Es war klar, dass der Beklagte in Zukunft davon ausgehen wollte, dass der Bescheid vom 5.11.2002 rechtswidrig sei, soweit darin ein GdB festgestellt worden ist. Nach seiner Beurteilung lag beim Kläger nur ein GdB von 10 vor, der keine Feststellung nach § 69 SGB IX ermöglichte.
- 40
-
Diese im Bescheid vom 1.3.2007 enthaltene Feststellung ist vom Kläger in vollem Umfang angefochten worden und damit Gegenstand des Klageverfahrens. Insofern unterliegt es der gerichtlichen Entscheidung, ob der Beklagte zu Recht eine entsprechende Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 5.11.2002 angenommen hat. Da das SG von der Bindung des Bescheides vom 5.11.2002 hinsichtlich der Feststellung des GdB mit 30 ausgegangen ist, hat es zur zutreffenden Höhe des GdB zu diesem Zeitpunkt keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Auf diese Feststellungen kommt es hier an. Sofern nämlich der Verwaltungsakt des Beklagten über die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 5.11.2002 Bestand hat, ermöglicht er die Anwendung des § 48 Abs 3 SGB X bei der Berücksichtigung der im Juli 2007 eingetretenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers in der Weise, dass die Feststellung eines GdB von 40 nur dann in Betracht käme, wenn dies nach der tatsächlichen Teilhabebeeinträchtigung des Klägers gerechtfertigt wäre.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.
(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.
(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.
(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.
(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.
(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
Tenor
-
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. November 2014 wird als unzulässig verworfen.
-
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
- 1
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I. Mit Urteil vom 21.11.2014 hat das LSG einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 verneint.
- 2
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der er geltend macht, das Urteil stelle eine Überraschungsentscheidung dar: Das LSG sei in seinem Urteil ohne Vorwarnung der Bewertung seiner Hörstörungen mit einem Einzel-GdB von 20 durch den Sachverständigen Dr. Z nicht gefolgt.
- 3
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
- 4
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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden.
- 5
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Daran fehlt es hier. Die Beschwerde hat den behaupteten Gehörsverstoß nicht hinreichend substantiiert dargetan. Der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Prozessgericht grundsätzlich nicht, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern (vgl BSG SozR 3-1500 § 112 Nr 2 S 3 mwN). Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl BVerfGE 86, 133, 144 f). Dies ist nach der Beschwerdebegründung nicht anzunehmen.
- 6
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Die Beschwerde meint, das LSG habe vorab seine Absicht mitteilen müssen, dem Vorschlag des Sachverständigen Dr. Z für die Bewertung der Hörstörung des Klägers mit einem Einzel-GdB von 20 nicht folgen zu wollen. Indes ist die Bemessung des GdB nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (vgl BSG Urteil vom 29.11.1956 - 2 RU 121/56 - BSGE 4, 147, 149 f; BSG Urteil vom 9.10.1987 - 9a RVs 5/86 - BSGE 62, 209, 212 f = SozR 3870 § 3 Nr 26 S 83 f; BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 23 mwN). Zur deren Erfüllung haben die Gerichte in der Regel ärztliches Fachwissen heranzuziehen, um die zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen festzustellen. Maßgeblich für die darauf aufbauende GdB-Feststellung ist aber nach § 2 Abs 1, § 69 Abs 1 und 3 SGB IX(vgl BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - aaO RdNr 16 bis 21 mwN), wie sich nicht nur vorübergehende Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirken und welcher Grad der Behinderung deshalb dafür nach den Vorgaben der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 (VersMedV) festzusetzen ist. Bei der rechtlichen Bewertung dieser Auswirkungen sind die Gerichte an die Vorschläge der von ihnen gehörten Sachverständigen nicht gebunden. Dies gilt umso mehr, wenn ein Sachverständiger in seinem Gutachten, wie bei den Hörstörungen des Klägers, selber Zweifel an der Objektivierbarkeit behaupteter gesundheitlicher Beschwerden äußert. Die Entscheidung des LSG, den Einzel-GdB des Klägers für seine Hörstörung aufgrund dieser vom Sachverständigen selber aufgeworfenen Zweifel sowie weiterer ärztlicher Befunde niedriger als von diesem vorgeschlagen zu bewerten, konnte einen kundigen und gewissenhaften Prozessbeobachter daher nicht überraschen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs erforderte es deshalb nicht, dass das LSG vorab auf seine Absicht hinwies, vom Vorschlag des Sachverständigen (geringfügig) abzuweichen. Soweit die Beschwerde der Ansicht ist, dem LSG sei bei der Anwendung der VersMedV ein Fehler unterlaufen, genügt dies ebenfalls nicht zur Darlegung eines Verfahrensfehlers; die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Einzelfall ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
- 7
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Unabhängig davon hat die Beschwerde nicht ausreichend substantiiert dargelegt, warum das Berufungsurteil überhaupt auf der geltend gemachten Gehörsverletzung beruhen könnte. Dafür wäre es erforderlich gewesen, sich mit den Grundsätzen der Bildung des Gesamt-GdB auseinanderzusetzen (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2013 - B 9 SB 69/12 B - Juris mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Oppermann in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 69 SGB IX RdNr 22 mwN) und darzulegen, warum die Annahme eines weiteren GdB von 20 für die Hörstörung des Klägers zur Feststellung eines Gesamt-GdB von 50 statt 40 hätte führen können. Insbesondere hätte dies einer Auseinandersetzung mit Teil A Nr 3b und 3d und ee der Anlage zu § 2 VersMedV erfordert. Danach sind bei der Gesamtwürdigung verschiedener Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind. Leichte Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 rechtfertigen es zudem vielfach nicht, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der knappe Satz der Beschwerde, nach der Systematik des LSG hätte ein Einzel-GdB von 20 für die Hörstörung zu einem Gesamt-GdB von 50 geführt, kann die erforderliche rechtliche Darlegung nicht ersetzen.
- 8
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Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
- 9
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
- 10
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. August 2009 aufgehoben.
-
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Schwerbehindertenrecht.
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Wegen eines juxtakortikalen Chondrosarkoms (bösartiger Knochentumor) im Bereich des linken Schulterblattes bei familiärer Osteochondromatose wurde am 23.9.2002 bei dem 1960 geborenen Kläger eine subtotale Schulterblattentfernung links durchgeführt.
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Auf seinen im September 2002 angebrachten Antrag stellte das Amt für Familie und Soziales Leipzig durch Bescheid vom 2.6.2003 wegen "Erkrankung des Schulterblattes links (in Heilungsbewährung), Teilverlust des Schulterblattes links, Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes links" einen GdB von 50 fest. Den Widerspruch des Klägers wies das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales (Landesversorgungsamt) durch Widerspruchsbescheid vom 8.9.2003 zurück. Nach Überprüfung aufgrund gerichtlichen Vergleichs (Sozialgericht
Leipzig - S 2 SB 277/03) stellte die ehemalige sächsische Versorgungsverwaltung mit Bescheid vom 30.1.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.3.2005 fest, dass der GdB weiter 50 betrage.
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Nach Beweiserhebung hat das vom Kläger angerufene SG Leipzig die auf Feststellung des GdB mit 80 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 24.7.2007). Zur Überzeugung des Gerichts sei das Chondrosarkom des Schulterblattes im Frühstadium entfernt worden, so dass nach Nr 26.1 Abs 3 Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) ein GdB von 50 angemessen sei. Die beim Kläger verbliebenen Organ- und Gliedmaßenschäden seien nicht mit einem GdB von mehr als 50 zu bewerten, so dass der Gesamt-GdB ebenfalls 50 betrage.
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Während des vom Kläger geführten Berufungsverfahrens ist die beklagte Stadt Leipzig an die Stelle des Freistaates Sachsen getreten. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat den bereits erstinstanzlich als Sachverständigen gehörten Unfallchirurgen Prof. Dr. J. ergänzend befragt sowie ein weiteres Sachverständigengutachten von dem Orthopäden Prof. Dr. W. beigezogen. Prof. Dr. J. ist in seiner Stellungnahme vom 10.11.2008 bei seiner im Gutachten vom 14.10.2006 vertretenen Auffassung verblieben, dass die generalisierten funktionellen Defizite des Klägers die Einschätzung eines GdB von 60 rechtfertigten. Prof. Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 2.12.2008 die Zuerkennung eines Gesamt-GdB von 70 für gerechtfertigt gehalten.
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Durch Urteil vom 26.8.2009 hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Richtiger Klagegegner sei die Stadt Leipzig. Der Freistaat Sachsen sei aufgrund einer Zuständigkeitsänderung durch sächsische Landesgesetze zum 1.8.2008 kraft Gesetzes aus dem Verfahren ausgeschieden und durch die Beklagte ersetzt worden. Diese landesgesetzlichen Bestimmungen stünden mit höherrangigem Recht in Einklang.
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Der Bescheid vom 2.6.2003 und der Bescheid vom 30.1.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.3.2005 seien rechtmäßig. Die vorliegende Osteochondromatose könne nicht mit einem alle betroffenen Körperteile abdeckenden GdB bewertet werden. Sie sei in den AHP nicht aufgeführt und auch nicht mit einer Gelenkerkrankung des rheumatisch entzündlichen Formenkreises vergleichbar. Die sich daraus ergebenden Funktionsstörungen seien daher einzeln zu bewerten. Es ergäben sich Einzel-GdB von jeweils 10 für die leichte Funktionsstörung im Bereich des linken Hüftgelenks, das leichte Funktionsdefizit in den oberen Sprunggelenken, die mittelschweren Funktionsdefizite beider Handgelenke und Unterarme sowie ein Teil-GdB von 20 für die schwere Funktionsstörung im Bereich des linken Schultergelenks. Der Zustand nach Entfernung des Chondrosarkoms des Schulterblattes links sei, wie es auch das SG zutreffend angenommen habe, mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewerten, weil die Entfernung im Frühstadium erfolgt sei. Nach Nr 26.1 Abs 3 AHP bzw Teil B Nr 1.c Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 (Anl VersMedV) sei der GdB für das Chondrosarkom von 50 nicht entsprechend höher zu bewerten, da weder der verbliebene Körperschaden bzw Organ- oder Gliedmaßenschaden noch außergewöhnliche Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung einen GdB von 50 oder mehr bedingten. Bis zum Ablauf der Heilungsbewährung - in der Regel bis zum Ablauf des fünften Jahres nach Geschwulstbeseitigung - sei beim Kläger somit ein GdB von 50 festzustellen. Prof. Dr. J. habe die Einzel-GdB zu einem Gesamt-GdB von 60 addiert, was unzulässig sei. Prof. Dr. W. habe bei seiner Gesamt-GdB-Bildung nicht die Maßgabe nach Nr 26.1 Abs 3 AHP bzw Teil B Nr 1.c Anl VersMedV beachtet.
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Mit der - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision macht der Kläger eine Verletzung des § 69 Abs 1 SGB IX iVm den AHP und der Anl VersMedV geltend. Das angefochtene Urteil weiche zur Bildung des Gesamt-GdB insbesondere von dem Urteil des BSG vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - ab. Zudem habe das LSG den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Insbesondere zur Frage, ob der Tumor im Frühstadium oder in einem anderen Stadium entfernt worden sei, habe das LSG seinen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen. Ebenfalls habe das LSG den Sachverhalt hinsichtlich der von ihm - dem Kläger - behaupteten Vererblichkeit seiner Erkrankung nicht hinreichend aufgeklärt. Zudem habe das LSG den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) verletzt, indem es überraschend und ohne eigene Sachkunde keinem der beiden vorinstanzlich gehörten ärztlichen Fachgutachter gefolgt sei. Schließlich habe das LSG gegen § 62 SGG auch dadurch verstoßen, dass es dem Sachverständigen Prof. Dr. Wirth höhere Sachkunde zugesprochen habe als Prof. Dr. J. Hierzu habe er - der Kläger - sich nicht äußern können.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. August 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. Juli 2007 sowie die Bescheide des Amtes für Familie und Soziales Leipzig vom 2. Juni 2003 und 30. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes vom 30. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm ab 6. September 2002 einen höheren GdB als 50 festzustellen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
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Im Laufe des Berufungsverfahrens ist auf Beklagtenseite kraft Gesetzes ein Beteiligtenwechsel erfolgt (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, RdNr 13 f; BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 20). Zum 1.8.2008 ist die Stadt Leipzig an die Stelle des Freistaates Sachsen getreten, weil von diesem Zeitpunkt an die bis dahin von den Ämtern für Familie und Soziales des Landes wahrgenommenen Aufgaben des Schwerbehindertenrechts nach dem SGB IX auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen worden sind. Dies geschah durch Art 44 Nr 5 Gesetz zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung vom 29.1.2008 (Sächsisches GVBl 138) und ergänzender landesrechtlicher Regelungen, deren Inhalt als Landesrecht das LSG für das Revisionsgericht bindend festgestellt hat (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO; s Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 162 RdNr 7). Einwendungen gegen diese Feststellungen des Inhalts des Sächsischen Landesrechtes sind nicht erhoben worden.
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Diese durch das Sächsische Landesgesetz erfolgte Zuständigkeitsänderung ist mit revisiblem Recht (vgl § 162 SGG) vereinbar. Sie ist rechtswirksam erfolgt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu der dem erwähnten sächsischem Landesrecht ähnlichen Zuständigkeitsveränderung in Nordrhein-Westfalen verstößt die Übertragung der Aufgaben des Schwerbehindertenrechts auf die Kreise und kreisfreien Städte nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des Grundgesetzes (Urteile vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - juris und - B 9 SB 3/08 R - juris, Urteil vom 29.4.2010 - B 9 SB 1/10 R - juris; zur Übertragung der Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung und der Opferentschädigung auf die Kommunalen Landschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen s Urteile vom 11.12.2008 - B 9 V 3/07 R - SGb 2009, 95 und - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1). Die für die Verwaltungsreform in Nordrhein-Westfalen geltende Rechtslage muss in gleicher Weise für die ebenfalls durch formelles Landesgesetz erfolgte Zuständigkeitsänderung in Sachsen gelten. Gegenteilige rechtliche Bedenken sind nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht vorgebracht worden.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Anspruch des Klägers auf Feststellung eines höheren GdB als 50 ab Antragstellung im September 2002. Darüber ist in den angefochtenen Bescheiden vom 2.6.2003 und 30.1.2004 ablehnend entschieden, denn darin ist für den Kläger lediglich ein GdB von 50 festgestellt worden. Weitere Bescheide, insbesondere für die Zeit nach Ablauf der Heilungsbewährung sind nicht ergangen.
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Ob der Kläger, wie das LSG entschieden hat, nur Anspruch auf die bereits erfolgte Feststellung eines GdB von 50 oder, wie der Kläger geltend macht, Anspruch auf Feststellung eines darüber hinausgehenden GdB hat, kann der Senat auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG (s § 163 SGG) noch nicht abschließend entscheiden.
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Rechtsgrundlage für einen möglichen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines höheren GdB als 50 ist § 69 Abs 1 und Abs 3 SGB IX vom 19.6.2001 (BGBl I 1046), für die Zeit ab 1.5.2004 idF des Gesetzes vom 23.4.2004 (BGBl I 606; aF) sowie - für die Zeit ab 21.12.2007 - idF des Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl I 2904; nF). Nach § 69 Abs 1 Satz 1 SGB IX (aller Fassungen) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs 1 Satz 4 SGB IX (aller Fassungen) die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, wird der GdB gemäß § 69 Abs 3 Satz 1 SGB IX (aller Fassungen) nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
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Gemäß § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX in den bis zum 20.12.2007 maßgeblichen Fassungen (aF) gelten bei der Feststellung der Behinderung (des GdB) die Maßstäbe des § 30 Abs 1 BVG entsprechend(BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 16 bis 21 mwN). Durch diesen Verweis stellt § 69 SGB IX auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem ab, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden iS der Nr 5 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG sind. Von diesen Mindestvomhundertsätzen leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der AHP ab. In § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX in der ab 21.12.2007 geltenden Fassung (nF) wird zusätzlich auf die auf Grund des § 30 Abs 17 BVG mit Wirkung ab 1.1.2009 erlassene Rechtsverordnung Bezug genommen. Anzuwenden sind vorliegend für die Zeit ab Antragstellung im September 2002 bis zum Ende des Jahres 2008 die AHP 1996, 2004, 2005 und 2008. Für die Zeit ab 1.1.2009 ist die Anl VersMedV Grundlage für die Feststellung des GdB. Aus diesem Wechsel ergeben sich hier keine inhaltlichen Abweichungen, da der Wortlaut der maßgebenden Abschnitte der AHP und der Anl VersMedV ("Versorgungsmedizinische Grundsätze") identisch ist.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist davon auszugehen, dass die AHP grundsätzlich den Maßstab angeben, nach dem der GdB einzuschätzen ist (BSGE 91, 205 = SozR 4-3250 § 69 Nr 2; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9). Bei den AHP handelt es sich um antizipierte Sachverständigengutachten, die im konkreten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu beachten sind (zum Ganzen s BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 25 mwN). Entsprechendes gilt für die seit dem 1.1.2009 in Kraft befindliche VersMedV als verbindliche Rechtsquelle. Zweifel am Inhalt der AHP oder der Anl VersMedV, der durch besondere, vor allem medizinische Sachkunde bestimmt ist, sind vorzugsweise durch Nachfrage bei dem verantwortlichen Urheber, hier also beim Ärztlichen Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin bzw bei dem für diesen geschäftsführend tätigen BMAS (§ 3 VersMedV) zu klären (vgl dazu BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 6/06 R - juris RdNr 21). Im Übrigen sind AHP und VersMedV auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen(BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R -, SozialVerw 2009, 59, 62 mwN). Dabei sind sie im Lichte des § 69 SGB IX auszulegen. Bei nach entsprechender Auslegung verbleibenden Verstößen gegen § 69 SGB IX sind diese Rechtsquellen nicht anzuwenden(BSG Urteil vom 23.4.2009, aaO).
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Bei der Feststellung des (Gesamt)-GdB ist das seit jeher im Schwerbehindertenrecht geltende Finalitätsprinzip (zum Rechtszustand nach dem Schwerbehindertengesetz s BSG SozR 3870 § 57 Nr 1 S 5; s auch Teil A Nr 2.a Satz 1 Anl VersMedV) zu beachten, das sowohl im Behinderungsbegriff des § 2 Abs 1 SGB IX als auch in den Prinzipien zur Feststellung des GdB nach § 69 Abs 1 und Abs 3 SGB IX festgeschrieben worden ist. Danach sind alle dauerhaften Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrem Entstehungsgrund zu erfassen und ihre Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a SB 4/07 R - zum Begriff der sog Organkomplikationen unter Hinweis auf Knickrehm, SGb 2008, 220, 221; s auch Nr 18 Abs 1 AHP/Teil A Nr 2.a Anl VersMedV). Das BSG (aaO) hat dargelegt, dass möglicherweise durch eine Haupterkrankung (dort: Diabetes Mellitus) hervorgerufene Gesundheitsstörungen (dort: zB Netzhautveränderungen etc) wie von der Haupterkrankung unabhängig entstandene Gesundheitsstörungen zu behandeln sind und in ihren Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit unabhängig von dem für die Haupterkrankung festzustellenden Einzel-GdB separat zu berücksichtigen sind. Entsprechend hat das BSG im Falle der durch die Haupterkrankung (Schilddrüsenentfernung wegen Karzinom) hervorgerufenen Verletzung eines Stimmbandnervs entschieden (BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10). Danach begegnet es durchgreifenden Bedenken, mit der GdB-Bewertung eines Zustands nach Tumorentfernung während der Heilungsbewährung auch abgrenzbare und nennenswerte Schäden an anderen Organen zu erfassen, die nicht immer mit einer derartigen Behandlung verbunden sind.
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Gemäß Nr 26.1 Abs 3 AHP und Teil B Nr 1.c Anl VersMedV ist nach Behandlung bestimmter Krankheiten, die zu Rezidiven neigen, insbesondere bei bösartigen Geschwulsterkrankungen, eine Heilungsbewährung abzuwarten. Der Zeitraum der Heilungsbewährung beträgt in der Regel fünf Jahre, und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden kann. Die hinsichtlich der häufigsten und wichtigsten solcher Krankheiten im Folgenden angegebenen GdB/MdE/GdS-Anhaltswerte sind auf den "Zustand nach operativer oder anderweitiger Beseitigung der Geschwulst bezogen". Sie beziehen den "regelhaft verbleibenden Organ- oder Gliedmaßenschaden ein". "Außergewöhnliche Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung - zB langdauernde schwere Auswirkungen einer wiederholten Chemotherapie - sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen". Ferner bestimmt Nr 26.1 Abs 3 AHP/Teil B Nr 1.c Anl VersMedV, dass, sofern bis zum Ablauf der Heilungsbewährung der GdB während dieser Zeit 50 beträgt, der GdB entsprechend höher zu bewerten ist, wenn der verbliebene Organ- oder Gliedmaßenschaden und/oder außergewöhnliche Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung einen GdB von 50 oder mehr bedingen.
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Wie der Begriff des Organschadens zu verstehen ist, ist in den AHP und der Anl VersMedV nicht näher geregelt. Der erkennende Senat hat dazu mehrere Möglichkeiten aufgezeigt (BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 28). Jedenfalls aber darf die Einschätzung des Gesamt-GdB nicht unterschiedlich ausfallen in Fällen, in denen der Organschaden schon vor der Krebsoperation vorhanden war, und Fällen, in denen er erst mit oder nach der Operation aufgetreten ist (BSG aaO, RdNr 30, 31). Soweit Nr 26.1 Abs 3 letzter Satz AHP und Teil B Nr 1.c letzter Satz Anl VersMedV bestimmen, dass der wegen Heilungsbewährung anzunehmende GdB erhöht werden muss ("ist … höher zu bewerten"), wenn der verbliebene Organ- oder Gliedmaßenschaden (Körperschaden) - für sich allein - einen GdB von 50 oder mehr bedingt, kann sich diese Regelung mithin nur auf den von der Geschwulsterkrankung betroffenen Körperteil und die mit der Tumorentfernung typischerweise verbundenen Schäden beziehen. Ob die festgelegte Grenze eines GdB von 50 für derartige verbliebene Organ- oder Gliedmaßenschäden zu hoch angesetzt ist, muss hier nicht erörtert werden; denn die schwere Funktionsstörung des linken Schultergelenks, die neben dem Teilverlust des linken Schulterblatts als vom GdB des Zustands nach Tumorentfernung miterfasst angesehen werden könnte, bedingt nach den bisherigen Feststellungen des LSG nur einen GdB von 20.
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Die Feststellung des GdB ist tatrichterliche Aufgabe (BSGE 4, 147, 149 f; BSGE 62, 209, 212 ff = SozR 3870 § 3 Nr 26 S 83 f; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10; zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung als Tatsachenfeststellung s zuletzt BSG SozR 4-2700 § 56 Nr 2 RdNr 10 mwN) und kann im Revisionsverfahren nur durch entsprechende Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Sie ist jedoch in den dargestellten rechtlichen Rahmen eingebettet, den Verwaltung und Tatsachengerichte zwingend zu beachten haben. Entsprechende Rechtsverstöße durch das Tatsachengericht sind vom Revisionsgericht zu beanstanden (§ 162 SGG).
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Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (s § 2 Abs 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese - soweit möglich - den in den AHP/der Anl VersMedV genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB (vgl Nr 19 Abs 3 AHP/Teil A Nr 3.c Anl VersMedV) - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der Tabelle der AHP/Anl VersMedV feste GdB/MdE-Werte bzw feste GdS-Werte angegeben sind (vgl Nr 19 Abs 2 AHP/Teil A Nr 3.b Anl VersMedV).
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Ausgehend von diesen rechtlichen Rahmenbedingungen hat das LSG im ersten Verfahrensschritt Feststellungen über die beim Kläger bestehenden, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen getroffen, die für das Revisionsgericht bindend sind, zumal sie vom Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind (§ 163 SGG). Danach liegen ein Zustand nach Entfernung eines Chondrosarkoms mit Teilentfernung des linken Schulterblattes und schwerer Funktionsstörung im Bereich des linken Schultergelenks sowie - im Wesentlichen auf der Grundlage einer familiären Osteochondromatose - Funktionsstörungen im Bereich des linken Hüftgelenks und der oberen Sprunggelenke, mittelschwere Funktionsdefizite beider Handgelenke und Unterarme vor. Soweit sich der Kläger gegen die Feststellung des LSG wendet, das Chondrosarkom sei im Frühstadium entfernt worden, betrifft sein Vorbringen weniger den gegenwärtigen Gesundheitszustand, sondern vielmehr ein Merkmal, das nach Nr 26.1 Abs 3 AHP bzw Teil B Nr 1.c Anl VersMedV für die pauschale GdB-Bemessung während der Heilungsbewährung von Bedeutung ist.
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Der Senat lässt es dahinstehen, inwiefern die vom LSG im zweiten Verfahrensschritt vorgenommenen Feststellungen über die Zuordnung der Gesundheitsstörungen zu in den AHP und der Anl VersMedV aufgeführten Funktionssystemen und deren Bewertung mit jeweils einem Einzel-GdB bindend sind. Insbesondere bleibt offen, ob die vom LSG auf Nr 26.1 Abs 3 AHP und Teil B Nr 1.c Anl VersMedV gestützte Bewertung des Einzel-GdB für den Zustand nach Entfernung des Chondrosarkoms insoweit auf einer das BSG bindenden Tatsachenfeststellung beruht, als das LSG angenommen hat, die Entfernung sei im Frühstadium erfolgt. Denn selbst wenn die Bewertung des Einzel-GdB für den Zustand nach Tumorentfernung mit 50 im Ansatz zutreffend sein sollte, begegnet das weitere Vorgehen des LSG durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Das LSG hat die Regelung der Nr 26.1 Abs 3 AHP bzw Teil B Nr 1.c Anl VersMedV unrichtig angewendet. Es hat bereits verkannt, dass diese Bestimmungen nur die Ermittlung des Einzel-GdB für den Zustand nach Tumorentfernung während der Heilungsbewährung und nicht die Bemessung des Gesamt-GdB betreffen. Es hätte zudem nicht alle mit der familiären Osteochondromatose des Klägers zusammenhängenden Funktionsstörungen in die Bemessung des Einzel-GdB für den Zustand nach Tumorentfernung einbeziehen, sondern insoweit nur die unmittelbar damit verbundenen Schäden berücksichtigen dürfen. Wäre danach der Einzel-GdB von 50 nicht zu erhöhen gewesen, so hätten die übrigen Gesundheitsstörungen (insbesondere im Bereich der Hände, Unterarme, Hüft- und Sprunggelenke) in einem dritten Verfahrensabschnitt in die Bildung des Gesamt-GdB einbezogen werden müssen.
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Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Vorgehensweise zu einem höheren Gesamt-GdB als 50 hätte führen können. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die betreffenden Funktionsstörungen nach den Feststellungen des LSG jeweils nur einen GdB von 10 bedingen.
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Nach Nr 19 Abs 4 AHP und Teil A Nr 3.d.ee Anl VersMedV führen, von Ausnahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Ein derartiger Ausnahmefall könnte hier vorliegen. Die vom LSG festgestellten Beweglichkeitseinschränkungen am linken Hüftgelenk, den Handgelenken und Unterarmen sowie den oberen Sprunggelenken sind offenbar einer sog Systemerkrankung - nämlich einer familiären Osteochondromatose - zuzuordnen. Dadurch könnten die Auswirkungen der einzelnen Erscheinungen insgesamt ein stärkeres Gewicht erhalten. Hinzu könnten besondere seelische Begleiterscheinungen kommen, die sich aus der Vererblichkeit dieser Erkrankung ergeben.
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Sollte der Kläger - wie seinem Vorbringen entnommen werden könnte - darüber hinaus an einer psychischen Erkrankung leiden, wäre diese mit einem Einzel-GdB zu bewerten und bei der Bildung des Gesamt-GdB gesondert zu berücksichtigen.
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Nach alledem fehlen weitere tatrichterliche Feststellungen, die das BSG im Revisionsverfahren nicht nachholen kann. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG erneut zu prüfen und festzustellen haben, ob sich das Chondrosarkom des linken Schulterblattes bei seiner Entfernung tatsächlich erst im Frühstadium oder - wie der Kläger geltend macht - in einem fortgeschrittenen Stadium befunden hat. Letzteres würde nach Nr 26.1 Abs 3 AHP bzw Teil B Nr 1.c Anl VersMedV während der Heilungsbewährung zu einem höheren Einzel-GdB führen.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.