Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Mai 2016 - 3 L 177/15
Gründe
- 1
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 7. Kammer - vom 1. September 2015 hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger geltend gemachte Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 Satz 4 Asylgesetz - AsylG - bis zum Ablauf des 23. Oktober 2015 bezeichnet als Asylverfahrensgesetz - AsylVfG - vgl. Art. 1 Nr. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 [BGBl. I S. 1722]) sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) sind nicht hinreichend dargetan.
- 2
1.1. Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich nicht aus den unter Ziffer I. der Antragsbegründungsschrift erhobenen Einwänden.
- 3
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie entscheidungserheblich sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u.a. - BVerfGE 87, 363 <392 f.> [m. w. N.]; BVerwG, Urteile vom 29. November 1985 - 9 C 49.85 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 S. 65 [m. w. N.] und vom 20. November 1995 - 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22). Soweit das Gericht bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht, gebietet es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs außerdem, zur Vermeidung einer unzulässigen Überraschungsentscheidung vor der Entscheidung auf diese Gesichtspunkte hinzuweisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2014 - 1 B 12.13 -, juris [m. w. N.]). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist allerdings nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht diesen Pflichten nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1975 - 2 BvR 1086/74 - BVerfGE 40, 101 <104 f.>). Dazu muss das Gericht nicht auf sämtliches Tatsachenvorbringen und alle Rechtsauffassungen eingehen, die im Verfahren von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Juni 1975 a.a.O. und vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368>). Nur der wesentliche Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei, der nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts von zentraler Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens ist, muss in den Gründen der Entscheidung behandelt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 1995, a.a.O.). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nur dann vor, wenn auf den Einzelfall bezogene Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder ersichtlich nicht erwogen worden ist(vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187 f.> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>) oder dass die Entscheidung maßgebend auf Aspekte gestützt worden ist, mit denen im vorgenannten Sinne nicht zu rechnen war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2014 – 1 B. 12.13 -, juris). Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im angefochtenen Urteil auf einen bestimmten Sachvortrag der Beteiligten nicht eingegangen worden ist. Denn jedenfalls ist das Verwaltungsgericht weder nach Art. 103 Abs. 1 GG noch nach einfachem Verfahrensrecht (§§ 108 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jeder Einzelheit des Vorbringens zu befassen; es genügt vielmehr die Angabe der Gründe, „die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind" (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u. a. -, BVerfGE 87, 363 [392 f.]).
- 4
Ausgehend von diesen Maßstäben hat der Kläger nicht dargelegt, dass sein in das Verfahren mit Schriftsatz vom 8. August 2015 und 1. September 2015 eingeführtes und in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich durch die Prozessbevollmächtigte hervorgehobenes Vorbringen durch das Verwaltungsgericht unberücksichtigt geblieben ist.
- 5
Dieser Vortrag umfasst im Wesentlichen die politische Entwicklung in der Türkei seit den Wahlen am 7. Juni 2015, die „Übergriffe“ von PKK-Kämpfern gegenüber türkischen Sicherheitskräften in den kurdischen Regionen und die damit verbundene politische Eskalation, die zur Verfolgung von Personen, die der HDP und/oder PKK nahe stünden, geführt hätte. Deshalb sei davon auszugehen, dass türkische Behörden einen Generalverdacht gegenüber jungen Kurden hätten, die - wie der Kläger - aus einer kurdischen Provinz stammen und aus dem Ausland in die Türkei zurückkehren würden. Dies führe zu einer berechtigten Verfolgungsfurcht auf Seiten des Klägers. Seit langem sei bekannt, dass der türkische Geheimdienst türkische und kurdische Oppositionelle in Deutschland überwache, wobei das Ausmaß unter Verweis auf einen Bericht des Magazins „Der Spiegel“ vom 23. Januar 2015 deutlich werde. Darüber hinaus erfolge die Erfassung bzw. Überwachung potentieller Regimegegner u. a. aufgrund von neuen technischen Möglichkeiten umfassender als in den 90-er Jahren, so dass auch derjenige, der sich auf kurdisch-patriotischen Demonstrationen und Veranstaltungen nicht in besonders exponierter Weise betätige, in den Fokus der Sicherheitskräfte gerate.
- 6
Das Gericht hat dieses Vorbringen - entgegen der Auffassung des Klägers - gewürdigt. In seinen Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass in keiner Weise ersichtlich sei, dass der Kläger aufgrund seines exilpolitischen Engagements in das Blickfeld türkischer Sicherheitskräfte geraten, beziehungsweise, dass er in einer gegen die Interessen des türkischen Staates verstoßenden Weise politisch aktiv geworden sei. Das Gericht stellt klar, dass es die Auffassung der klägerischen Prozessbevollmächtigten, der Kläger müsse gleichwohl bei einer Rückkehr in sein Heimatland politische Verfolgung befürchten, nicht teilt und davon ausgeht, dass türkische Stellen sehr wohl wüssten, dass ein entsprechendes (exil-)politisches Engagement allein deshalb geltend gemacht werde, um die Erfolgsaussichten im Asylverfahren zu erhöhen (vgl. Urteilsabdruck S. 7, 3. Absatz). Dies im Zusammenhang mit dem vorbezeichneten Vorbringen zur veränderten Sicherheitslage in den kurdischen Provinzen verdeutlicht, dass sich das Gericht sehr wohl mit dem Vorbringen zum - von dem Kläger geschilderten - „Nachwahlgeschehen“ auseinandergesetzt und aus dieser Entwicklung, obgleich der Kläger Kurde ist und aus einer kurdischen Provinz (Bingöl) stammt, nicht die vom Kläger erstrebten rechtlichen Schlüsse gezogen hat. Das Gleiche gilt, soweit das Vorbringen des Klägers beinhaltet, dass er durch seine bloße Versammlungsteilnahme aufgrund verbesserter Überwachungstechnik in den Fokus türkischer Sicherheitskräfte gerückt sei. Nicht anders kann die insoweitige Begründung des Urteils verstanden werden. Das Verwaltungsgericht hat damit den insoweit wesentlichen Kern des klägerischen Tatsachenvorbringens zur Kenntnis genommen und in den Gründen behandelt, allerdings - im Gegensatz zum Kläger - weder einen entsprechenden „Generalverdacht“ türkischer Stellen noch eine berechtigte Verfolgungsfurcht angenommen. Folglich wendet sich der Kläger primär gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ob die Bewertung des Verwaltungsgerichtes einer rechtlichen Überprüfung standhält, ist jedoch eine Frage der tatrichterlichen Würdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und der materiellen Richtigkeit der Entscheidung, die sich keinem der Zulassungsgründe des § 78 Abs. 3 AsylG zuordnen lassen(vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Dezember 2015 - 9 ZB 15.50140 -, juris).
- 7
Dass das Gericht den Sachvortrag zu den fluchtauslösenden Ereignissen ausführlich im Tatbestand des Urteils wiedergegeben und das schriftsätzliche Vorbringen vom 8. August 2015 bzw. 1. September 2015 unerwähnt gelassen habe, führt vor dem Hintergrund, dass es sich in den Entscheidungsgründen mit dem Vorbringen befasst hat, (siehe Darstellung oben) zu keiner anderen Betrachtung, zumal das Gericht ausdrücklich wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakte, zu deren Inhalt auch die vorbezeichneten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift gehören, Bezug genommen hat.
- 8
Der Umstand, dass das Gericht ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 1. September 2015 den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15. Juli 2014 (vgl. Sitzungsniederschrift S. 2 oben) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, rechtfertigt nicht die Annahme, das Gericht hätte die Lage nach den Wahlen im Sommer 2015 unberücksichtigt gelassen. Festzustellen ist, dass der vorbezeichnete Lagebericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das aktuellste Dokument des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei war und erst durch den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29. September 2015, der auch die Sicherheitslage nach den Wahlen vom 7. Juni 2015 beschreibt, in Bezug auf den Umgang mit exilpolitischen Aktivitäten jedoch keine Änderungen enthält (vgl. folgende Darstellung unter 1.2.), abgelöst wurde. Das Verwaltungsgericht hat - wie bereits dargestellt - unter Beachtung des klägerischen Vorbringens, einen Generalverdacht der türkischen Behörden gegenüber dem Kläger als zurückkehrendem jungen Kurden, der aus einer kurdischen Provinz stammt, nicht erblickt und im Rahmen des seines exilpolitischen Engagement behandelt.
- 9
Soweit der Kläger einwendet, es habe keine Veranlassung bestanden, die Erkenntnisse zur aktuellen Lage, die auch jedem Zeitungsleser bekannt seien, unter Beweis zu stellen, kommt es hierauf schon nicht entscheidungserheblich an. Denn das Gericht hat in Ansehung des klägerischen Vortrages entschieden (siehe Darstellung oben). Gesicherte Anhaltspunkte dafür, dass es die aktuelle Sicherheitslage in den kurdischen Provinzen bzw. die Geheimdiensttätigkeiten des türkischen Staates in der Bundesrepublik Deutschland dem Urteil nicht zugrunde gelegt hat, liegen nicht vor. Dass das Gericht nicht zu erkennen gegeben habe, welche Schlüsse es aus den aktuellen politischen Entwicklungen in der Türkei ziehe, rechtfertigt gleichfalls die Zulassung der Berufung nicht. Denn es ist nicht verpflichtet, seine vorläufige Rechtsauffassung im Termin darzulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. April 1986 - 9 C 318.85 u. a. - juris; BayVGH, Beschluss vom 30. August 2006 - 9 ZB 06.30258 -, Rn. 10, juris). Ungeachtet dessen gehört eine mögliche Verletzung der dem Gericht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO obliegenden Aufklärungspflicht nicht zu den in § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 VwGO bezeichneten Verfahrensmängeln, bei deren Vorliegen die Berufung zuzulassen ist(vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Januar 2016 - 11 A 324/14.A -, juris). Eine unterbliebene, allerdings gebotene Sachverhaltsaufklärung kann allenfalls im Einzelfall einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör darstellen. Hierauf könnte sich der Kläger indes nicht mit Erfolg berufen, weil es ihm im gesamten gerichtlichen Verfahren offen gestanden hätte, förmliche Beweisanträge zu stellen, um sich so selbst vor Gericht das rechtliche Gehör zu verschaffen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1983 - 9 B 10275.83 - und vom 13. Januar 2000 - 9 B 2.00 -, beide juris).
- 10
1.2. Die Zulassung der Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach dem Vorbringen unter Ziffer II. der Antragsbegründungsschrift gerechtfertigt.
- 11
"Grundsätzliche Bedeutung" im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf(vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2016 - 4 A 2103/15.A -, juris). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 9. Oktober 2015 - 8 LA 146/15 -, juris).
- 12
Die vom Kläger für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage,
- 13
"ob auch eine nicht exponierte exilpolitische Betätigung von Kurden in Deutschland auf öffentlichen, kurdisch-patriotischen Veranstaltungen, wie Demonstrationen und Kundgebungen, nach den Parlamentswahlen am 7. Juni 2015 und der damit einhergehenden veränderten politischen Situation zu einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Falle der Abschiebung des Betroffenen führt",
- 14
rechtfertigt die Zulassung einer Grundsatzberufung nicht.
- 15
Zwar macht der Kläger geltend, dass seit den Wahlen im Juni 2015 auch Personen, die aufgrund einer einfachen Demonstrationsteilnahme als HDP- bzw. PKK-nah eingestuft würden, so dass diesen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit und damit Verfolgung i. S. v. § 3 bzw. § 4 AsylVfG drohen würde. Für diese Schlussfolgerung besteht jedoch weder nach der aktuellen Auskunftslage des Auswärtigen Amtes ein Anlass noch hat der Kläger schlüssig dargelegt, dass andere Erkenntnismittel eine solche Betrachtung zu rechtfertigen vermögen.
- 16
Hinsichtlich der Verfolgungslage von türkischen Staatsangehörigen mit kurdischer Volkszugehörigkeit, die exilpolitisch in Erscheinung getreten sind, sind im jüngsten, nach der mündlichen Verhandlung veröffentlichten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29. September 2015, der die Sicherheitslage in der Türkei nach den Wahlen im Juni 2015 ausdrücklich beleuchtet (Eskalation des Konflikts mit der PKK erhöhe Druck auf regierungskritische Kreise [vgl. S. 8, Ziffer II.1.], militärische Einsätze gegen PKK-Stellungen im Nordirak und in der Südosttürkei [vgl. S. 5, 13 oben], gewalttätiger Konflikt zwischen türkischen Sicherheitskräften und kurdisch-nationalistischer Kämpfer der PKK [vgl. S. 12 f.]), keine Änderungen gegenüber dem vorangegangenen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15. Juli 2014 in Bezug auf den Umgang mit zurückkehrenden exilpolitisch tätigen Personen festzustellen. Danach liefen weiterhin (nur) türkische Staatsangehörige, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig seien, Gefahr, dass sich die Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen im Fall ihrer Einreise in die Türkei befassten. Insbesondere Personen, die als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteten Aktivitäten und als Anstifter oder Aufwiegler angesehen würden, müssten mit strafrechtlicher Verfolgung durch den Staat rechnen. Die Beteiligung an Demonstrationen im Ausland zur Unterstützung kurdischer Belange sei nur dann strafbar, wenn sie als Anstiftung zu konkret separatistischen und terroristischen Aktionen in der Türkei oder als Unterstützung illegaler Organisationen nach dem türkischen Strafgesetzbuch gewertet würden. Dies zugrunde gelegt, reicht allein die Teilnahme an öffentlichen, kurdisch-patriotischen Veranstaltungen (Demonstrationen und Kundgebungen) nicht aus, um von einer Verfolgungsgefahr auszugehen (vgl. Bericht vom 29. September 2015, S. 19, Ziffer II.1.9.; Bericht vom 15. Juli 2014, S. 24, Ziffer II.1.9.). In den Lageberichten wird gleichlautend dargestellt, dass türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit aufgrund ihrer Abstammung keinen staatlichen Repressionen unterworfen seien (vgl. Bericht vom 29. September 2015, S. 12, Ziffer II.1.3.; Bericht vom 15. Juli 2014, S. 15, Ziffer II.1.3.).
- 17
Auch die vom Kläger in das erstinstanzliche Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen (Bericht des Magazins „Der Spiegel“ vom 23. Januar 2015 und drei Zeitungsartikel in türkischer Sprache aus dem Monat August 2015) stehen nicht im Widerspruch zur aktuellen Auskunftslage des Auswärtigen Amtes. Nach Angaben des Klägers soll sich aus den - ausschließlich in türkischer Sprache vorgelegten - Zeitungsartikeln ergeben, dass die PKK in seiner Heimatregion Bingöl Angriffe auf türkische Sicherheitskräfte und einem im Bau befindlichen Staudamm verübt habe. Wie türkische Stellen aus dem Ausland zurückkehrende (junge) Kurden, die an kurdisch-patriotischen Veranstaltungen im Ausland teilgenommen haben, behandeln, ist schon nach Angaben des Klägers nicht Gegenstand dieser Berichterstattung. Auch der Bericht des Magazins „Der Spiegel“ beschäftigt sich mit dieser Thematik nicht. Er beschreibt vielmehr die in der Bundesrepublik Deutschland im Dezember 2014 erfolgte Festnahme dreier Personen, die für den türkischen Geheimdienst tätig geworden seien sollen. Dass der türkische Geheimdienst MIT im Ausland und somit auch in der Bundesrepublik Deutschland aktiv ist, ist schon nicht neu. Hieraus kann zudem nicht geschlossen werden, dass jeder zurückkehrende (junge) Kurde, der an kurdisch-patriotischen Veranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland teilgenommen habe, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ausgesetzt sei. Allein der Umstand, dass sich die Überwachungstechnik verbessert habe, führt nicht etwa dazu, dass der Kläger durch seine bloße Demonstrationsteilnahme in den Fokus der türkischen Sicherheitskräfte geraten sei. In den vorangegangenen Jahren war die beschriebene technische Verbesserung bereits feststellbar und hat ausgehend von den früheren Lageberichten des Auswärtigen Amtes zu keiner systematischen Verfolgung zurückkehrender Kurden geführt.
- 18
Zudem ist - auch aktuell - in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass eine verfolgungsrelevante Rückkehrgefährdung nur bei Personen besteht, bei denen Besonderheiten vorliegen, etwa weil sie in das Fahndungsregister eingetragen sind, gegen sie ein Ermittlungs- oder Strafverfahren anhängig ist oder sie sich in besonders exponierter Weise exilpolitisch betätigt haben und deshalb in das Visier der türkischen Sicherheitsbehörden geraten sind, weil sie als potentielle Unterstützer etwa der PKK oder anderer als terroristischer Organisationen angesehen werden (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 7. April 2016 - 3 A 557/13.A -, juris). Eine bloße Teilnahme an prokurdischen Demonstrationen genügt auch hiernach nicht; es bedarf einer herausgehobenen exilpolitischen Betätigung, die der Kläger für sich schon nicht beansprucht. Gegenteiliges zeigt das Antragsvorbringen nicht schlüssig auf.
- 19
2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.
- 20
3. Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylG, 152 Abs. 1 VwGO).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Mai 2016 - 3 L 177/15
Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Mai 2016 - 3 L 177/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Mai 2016 - 3 L 177/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.
Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn
- 1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Der Senat legt seiner Entscheidung das Asylgesetz in der Fassung des nach seinem Art. 15 Abs. 1 am 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) zu Grunde (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG).
41. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG/AsylVfG a. F.) führt nicht zur Zulassung der Berufung.
5Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufgeworfen werden, die entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 ‑ 9 C 46.84 ‑, BVerwGE 70, 24 ff. (zu § 32 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG a. F.), und Beschlüsse vom 2. Oktober 1984 ‑ 1 B 114.84 ‑, InfAuslR 1985, 130 f., sowie vom 19. Juli 2011 ‑ 10 B 10.11, 10 PKH10 PKH 4.11 ‑, juris, Rdnr. 3.
7Die vom Kläger formulierte Frage,
8„ob Homosexuellen in Guinea wegen ihrer sexuellen Neigung Verfolgung droht“,
9rechtfertigt nicht die Durchführung eines Berufungsverfahrens, weil sie sich im Sinne des erstinstanzlichen Urteils ohne Weiteres verneinen lässt.
10Wenn man mit dem Verwaltungsgericht und mit der auch im Zulassungsantrag vertretenen Auffassung annimmt, dass Homosexuelle eine bestimmte soziale Gruppe im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG/AsylVfG a. F. darstellen,
11vgl. zu Art. 10 Abs. 1 lit. d) der Richtlinie 2011/95/EU: EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-199/12, C-200/12 und C-201/12 -, InfAuslR 2014, 17 (18),
12würde dem Kläger - dessen Angaben zu seiner Homosexualität als wahr unterstellt - nur dann eine im Sinne des Asylrechts bzw. des Flüchtlingsschutzrechts relevante Verfolgung drohen, wenn er im Falle der Rückkehr in sein Heimatland bei verständiger objektiver, Würdigung der gesamten Umstände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre.
13Vgl. zum Asylrecht und Art. 1 A Nr. 2 GK: BVerwG, Urteil vom 15. März 1988 - 9 C 278.86 -, BVerwGE 79, 143 (150).
14Nach den bereits in erster Instanz in das Verfahren eingeführten und im angefochtenen Urteil zitierten Erkenntnissen ist gemäß Art. 325 des guineischen Strafgesetzbuches jede homosexuelle Handlung mit einer Geldstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren und einer Geldstrafe zwischen 100.000,00 und 1.000.000,00 guineischen Francs unter Strafe gestellt.
15Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 10. Januar 2012 an das VG Düsseldorf; amnesty international, Auskunft vom 3. Februar 2012 an das VG Düsseldorf.
16In Bezug auf die vom Kläger beanspruchten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - nichts anderes gilt für die von ihm ebenfalls beanspruchte Anerkennung als Asylberechtigter - folgt aus § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG/AsylVfG a. F. in Verbindung § 60 Abs. 1 AufenthG, dass einem Ausländer - unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben - die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland Bedrohungen seines Lebens, seiner Freiheit oder anderer in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (zuvor: Richtlinie 2004/83/EG) geschützter Rechtsgüter wegen unter anderem seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt ist.
17Zwar kann eine Verfolgung, die an eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG/AsylVfG a. F. respektive in Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU genannten Merkmale anknüpft, bereits in dem strafrechtlich bewehrten Verbot einer bestimmten Verhaltensweise liegen, wobei allerdings die strafrechtliche Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, d. h. eine tatsächliche Gefahr („real risk“) bestehen muss.
18Vgl. zur Verletzung der Religionsausübungsfreiheit: BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 (77 und 80 f.).
19Von einem vergleichbaren Ansatzpunkt geht auch die vom Verwaltungsgericht bereits herangezogene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu der Frage einer strafrechtlichen Verfolgung wegen homosexueller Handlung aus. Hiernach stellt allerdings der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, als solcher keine Verfolgungshandlung dar. Dagegen ist eine Freiheitsstrafe, mit der homosexuelle Handlungen bedroht sind und die im Herkunftsland, das eine solche Regelung erlassen hat, tatsächlich verhängt wird, als unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung zu betrachten und stellt somit eine Verfolgungshandlung dar.
20Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013- C-199/12, C-200/12 und C-201/12 -, InfAuslR 2014, 17 (19).
21Bereits nach den vom Verwaltungsgericht herangezogenen und vorstehend bereits zitierten Erkenntnismitteln besteht für einen Homosexuellen trotz der Strafandrohung in Art. 325 des guineischen Strafgesetzbuches nicht die tatsächliche Gefahr („real risk“) einer strafrechtlichen Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Weder das Auswärtige Amt noch amnesty international konnten positiv von Fällen einer Bestrafung wegen Homosexualität berichten. Auch der jüngste Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Guinea, den der Senat den Beteiligten übermittelt hat, vermeldet nur, dass in den letzten Jahren Stimmen lauter geworden seien, welche die staatlichen Institutionen dazu aufforderten, verstärkt Maßnahmen gegen das zunehmende Auftreten von Schwulen und Lesben zu ergreifen. Obwohl strafbar, sei kein Fall der Strafverfolgung homosexuellen Verhaltens bekannt.
22Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Guinea (Stand: November 2015) vom 21. November 2015, S. 9.
23Die hieran geäußerte Kritik des Klägers verfängt nicht. Gegenteilige Erkenntnisse, die positiv über eine tatsächliche Bestrafung homosexuellen Verhaltens berichten würden, werden nicht benannt. Selbst wenn konservative muslimische Stimmen ein strengeres Vorgehen fordern, belegt gerade das vom Auswärtigen Amt betonte „zunehmende Auftreten von Schwulen und Lesben“ auch ein verstärkt gesellschaftlich wahrnehmbares Leben geschlechtlichen Andersseins nach außen hin, in dessen Folge eine Strafverfolgung angesichts der Präsenz von (internationalen) Menschenrechtsorganisationen in Guinea
24- vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Guinea (Stand: November 2015) vom 21. November 2015, S. 5 und 9 ‑
25hätte bekannt werden müssen.
26Der weitere bereits im Zulassungsantrag vorgetragene Einwand des Klägers, es komme „nicht darauf an, dass die im Gesetz vorgesehene Strafe tatsächlich auch verhängt wird“, weil es ausreiche, dass bereits das Gesetz „diskriminierend“ im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylG/AsylVfG a. F. ist, verfängt ebenfalls nicht. § 3a AsylVfG a. F. wurde durch das Gesetz vom 28. August 2013 zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU, BGBl. I S. 3474, in das damals geltende Asylverfahrensgesetz eingefügt und entspricht wörtlich dem Art. 9 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2011/95/EU. Entgegen der Auffassung des Klägers ist daher das zu Art. 9 der Richtlinie 2011/95/EU ergangene und weiter oben zitierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 - C-199/12, C-200/12 und C-201/12 - im vorliegenden Fall sehr wohl für die Beurteilung relevant, dass nicht das bloße Bestehen von Rechtsvorschriften, nach denen homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, als Maßnahme betrachtet werden kann, die den Ausländer in so erheblicher Weise beeinträchtigt, dass der Grad an Schwere erreicht ist, der erforderlich ist, um diese Strafbarkeit als Verfolgung ansehen zu können.
27Soweit der Kläger noch auf „die Gefahr nichtstaatlicher Verfolgung“ verweist, weil er - wie bereits in erster Instanz vorgetragen - befürchtet: „Wenn ich in mein Viertel gehe, dann werden sie mich dort umbringen“, wird nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass es ihm nicht möglich oder zuzumuten ist, in Guinea außerhalb „seines Viertels“ seinen Aufenthalt zu nehmen, um einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG/AsylVfG a. F. zu entgehen.
282. Die erhobene Verfahrensrüge, das angefochtene Urteil sei „nicht mit Gründen versehen“ im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG/AsylVfG a. F. in Verbindung mit § 138 Nr. 6 VwGO greift ebenfalls nicht durch.
29Das Urteil des Verwaltungsgerichts verstößt nicht gegen die Begründungspflicht des § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Der Kläger macht nicht geltend, der erstinstanzlichen Entscheidung fehle generell eine Begründung, sondern meint nur, dass die Begründung zu der Frage einer drohenden Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure unzureichend sei.
30Der "grobe Formmangel" einer fehlenden Begründung liegt allerdings nur vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass die angeführten Gründe unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen.
31Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 5. März 2003 – 4 B 70.02 –, juris, Rdnr. 3 (insoweit nicht in NuR 2004, 520, veröffentlicht), m. w. N.
32"Nicht mit Gründen versehen" im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO ist ein Urteil allerdings nicht schon dann, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind. Eine Pflicht, sich mit jedem Detail des klägerischen Vorbringens auseinander zu setzen, besteht nicht.
33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 1998 – 9 B 412.98 -, Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32.
34Das Verwaltungsgericht hat in der Gesamtschau bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalles des Klägers das aus seiner Sicht Notwendige dargelegt. Es hat insbesondere auch darauf verwiesen, dass die allgemeine gesellschaftliche Ächtung der Homosexualität in der Republik Guinea nicht die von § 3a AsylVfG beschriebene Schwere erreicht, so dass im Übrigen der Frage nicht weiter nachzugehen sei, ob die Voraussetzungen der durch § 3c Nr. 3 AsylVfG geregelten nichtstaatlichen Verfolgung vorlägen (vgl. Urteilsabdruck S. 10). Das Urteil lässt daher erkennen, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend waren. Eine Pflicht, sich mit jedem Detail des klägerischen Vorbringens auseinander zu setzen, bestand nicht. Angesichts der nicht ausgeschlossenen und zumutbaren Möglichkeit einer Aufenthaltnahme außerhalb des früher vom Kläger bewohnten „Viertels“ und dem auch in der Gesellschaft vorhandenen Auftreten von Homosexuellen waren weitere Erwägungen zu einer nichtstaatlichen Verfolgung im Urteil erster Instanz entbehrlich.
353. Die schließlich geltend gemachte Gehörsrüge (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG/AsylVfG a. F. in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) führt gleichfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
36Auf seine Rüge, das Verwaltungsgericht habe es „versäumt, die Strafrechtspraxis in Guinea aufzuklären“, ist der Kläger zunächst darauf hinzuweisen, dass die Verfahrensrüge einer nicht ordnungsgemäßen Aufklärung des Sachverhalts kein Berufungszulassungsgrund im asylverfahrensrechtlichen Sinn ist. Eine mögliche Verletzung der dem Gericht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO obliegenden Aufklärungspflicht gehört nicht zu den in § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 VwGO bezeichneten Verfahrensmängeln, bei deren Vorliegen die Berufung zuzulassen ist.
37OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2003 - 11 A 3518/02.A -, juris, m. w. N.
38Eine unterbliebene, allerdings gebotene Sachverhaltsaufklärung kann allenfalls im Einzelfall einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör darstellen. Hierauf könnte sich der Kläger indes nicht mit Erfolg berufen, weil es ihm im gesamten gerichtlichen Verfahren offen gestanden hätte, förmliche Beweisanträge zu stellen, um sich so selbst vor Gericht das rechtliche Gehör zu verschaffen.
39Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1983 - 9 B 10275.83 -, Buchholz 340 § 3 VwZG Nr. 9, S. 4, und vom 13. Januar 2000 - 9 B 2.00 -, Buchholz 310 § 133 (n. F.) VwGO Nr. 53, S. 13 f.
40Ein entsprechender Beweisantrag wurde ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung durch den anwaltlich vertretenen Kläger aber nicht gestellt, obwohl die dem Verwaltungsgericht vorliegenden Erkenntnisse infolge der Übersendung der Erkenntnismittelliste vor der mündlichen Verhandlung bekannt waren. Die nunmehr erhobene Aufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat.
41Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2001 - 4 B 41.01 -, NVwZ-RR 2001, 713 (714), und vom 21. Mai 2014 - 6 B 24.14 -, juris, Rn. 9.
42Dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, wäre nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Rüge muss allerdings insoweit schlüssig aufzeigen, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung hätte sehen müssen. Es muss ferner dargelegt werden, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer günstigeren Entscheidung hätte führen können.
43Vgl. BVerwG, Beschluss 21. Mai 2014 - 6 B 24.14 -, juris, Rn. 11.
44Die hiernach erforderlichen Darlegungen enthält der Zulassungsantrag indes nicht, so dass die Verfahrensrüge auch aus diesem Grund ins Leere geht.
45Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.
46Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
47Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 12.8.2015 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Für die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.
3Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.11.2014 – 13 A 1631/14.A –, juris, Rn 2, sowie zu § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Beschluss vom 7.11.2011 – 5 A 1352/10 –, DÖV 2012, 160 = juris, Rn. 10, m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 30.6.2006 – 5 B 99.05 –, juris Rn. 3 (zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Antragsbegründung nicht. Die aufgeworfene Frage,
5ob Personen, die in den sicheren Landesteilen von Pakistan über keine Familienmitglieder und über keine finanziellen Mittel verfügen, bei Rückkehr in ihr Heimatland mit Verelendung und als Folge davon mit erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen rechnen müssen,
6rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Insoweit ist eine über den Einzelfall hinausgehende Klärungsbedürftigkeit nicht dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat lediglich einzelfallbezogen angenommen, der Kläger sei jung und gesund und könne sich in anderen Landesteilen Pakistans mit Unterstützung seiner Großfamilie und seiner Arbeitskraft eine wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen. Der Kläger wendet hiergegen ebenfalls einzelfallbezogen ein, er sehe für sich keine Möglichkeit, dies umzusetzen. Generell führt er lediglich an, in Pakistan sei der Schutz und die Unterstützung der Familie überlebenswichtig. Aus diesem nicht näher ausgeführten pauschalen Vorbringen ergibt sich nicht, weshalb unabhängig vom jeweiligen Einzelfall für alle Personen – einschließlich junger und gesunder arbeitsfähiger Männer –, die in sicheren Landesteilen Pakistans über keine Familienmitglieder und über keine finanziellen Mittel verfügen, die Prognose gerechtfertigt sein könnte, sie müssten generell bei Rückkehr in ihr Heimatland mit Verelendung und als Folge davon mit erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen rechnen. Insbesondere sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür bezeichnet, dass in Pakistan eine finanzielle Unterstützung – etwa im Wege regelmäßiger Geldtransfers – durch die Familie generell für jemanden ausgeschlossen sein könnte, der sich in anderen Landesteilen ansiedelt.
7Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
8Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.