Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 27. Apr. 2016 - 2 M 169/15

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2016:0427.2M169.15.0A
bei uns veröffentlicht am27.04.2016

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine ihrer Baugenehmigung beigefügte aufschiebende Bedingung.

2

Mit Baugenehmigung vom 07.01.2015 genehmigte der Antragsgegner der Antragstellerin den Neubau eines Lidl-Marktes auf dem Grundstück D. in W-Stadt. Die Baugenehmigung wurde unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner vor Beginn der Bauarbeiten ein geeignetes Sicherungsmittel (z.B. selbstschuldnerische Bürgschaft oder Bareinzahlung auf einem Verwahrkonto des Antragsgegners) zur Finanzierung der Rückbaukosten nach dauerhafter Aufgabe der Nutzung des Einzelhandelsmarktes, der Gegenstand der Baugenehmigung sei, anbiete. Die Höhe des Sicherungsmittels betrage 170.000,00 €. Mit Schreiben vom 30.01.2015 legte die Antragstellerin gegen die Bedingung Widerspruch ein. Am 02.04.2015 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Bedingung an.

3

Mit Beschluss vom 09.11.2015 – 4 B 292/15 MD – hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die aufschiebende Bedingung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der zulässige Antrag habe in der Sache keinen Erfolg, weil sich die angefochtene Nebenbestimmung in der Baugenehmigung nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig erweise, die Anordnung der sofortigen Vollziehung den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspreche und auch ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung bestehe. Rechtsgrundlage für die Nebenbestimmung sei § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA. Hiernach habe die Bauaufsichtsbehörde bei Anlagen, die ausschließlich einem Zweck dienten und bei denen üblicherweise anzunehmen sei, dass wirtschaftliche Interessen an einer Folgenutzung nicht bestünden, wie Behelfsbauten, Einzelhandelsmärkte, Windkraftanlagen, Freiflächenphotovoltaikanlagen oder vorübergehend aufzustellende Anlagen, die Erteilung der Baugenehmigung von der Leistung eines geeigneten Sicherungsmittels abhängig zu machen, durch das die Finanzierung der Kosten des Rückbaus bei dauerhafter Aufgabe der Nutzung gesichert werde. Die Regelung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Die Gesetzgebungskompetenz des Landes sei gegeben, weil die Regelung dem Bauordnungsrecht zuzuordnen sei. § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. 3 BauGB entfalte keine Sperrwirkung für eine landesrechtliche Regelung. Die Regelung sei, auch soweit Einzelhandelsmärkte in den Katalog der Anlagen aufgenommen seien, hinreichend bestimmt. Unter Einzelhandelsmärkten seien Handelsgeschäfte zu verstehen, in denen Waren verschiedener Hersteller an nicht-gewerbliche Kunden, also Endverbraucher und Letzt-Anwender, verkauft würden. Aus dem Umstand, dass § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA nicht den Begriff „Einzelhandelsbetrieb“, sondern „Einzelhandelsmarkt“ verwende, lasse sich nichts gegen die Bestimmtheit des Begriffs ableiten. Aus der fehlenden Übernahme des Begriffs „großflächig“ ergebe sich, dass eine bestimmte Größe der Verkaufsfläche nicht zu verlangen sei. Der Einwand der Antragstellerin, mit dieser Auslegung würden auch kleine Geschäfte wie Kioske, Bäcker- oder Fleischläden von der Regelung erfasst, und zwar auch dann, wenn sie in ein Büro- oder Geschäftshaus integriert seien, greife nicht durch. Es spreche viel dafür, dass die in § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA mit der Formulierung „wie“ beispielhaft aufgelisteten Arten baulicher Anlagen nur als Regelbeispiele zu verstehen seien, so dass bei diesen Anlagen (nur) im Regelfall von fehlenden wirtschaftlichen Interessen an einer Folgenutzung auszugehen sei, also in Ausnahmefällen eine Sicherheitsleistung nicht erbracht werden müsse. Jedenfalls werde bei kleineren Geschäften, die in ein anderes Gebäude integriert seien und bei denen nach der Aufgabe der Nutzung ohne weiteres von einer rechtskonformen Folgenutzung auszugehen sei, im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Auslegung geboten sein, die es ermögliche, von einer Sicherheitsleistung abzusehen. Die Einzelheiten der Auslegung des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA müssten im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden. Jedenfalls seien keine unüberwindlichen Auslegungsschwierigkeiten ersichtlich. Die Einbeziehung von Einzelhandelsmärkten in die Regelung über die Rückbausicherheit verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Ungleichbehandlung mit anderen Anlagen wie Tankstellen, Spielstätten, Wellnessanlagen und Saunaparks sei durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe sich bei der Einbeziehung der Einzelhandelsmärkte ersichtlich davon leiten lassen, dass diese Anlagen typischerweise ausschließlich zu diesem Zweck errichtet würden und in besonderem Maße nach der Nutzungsaufgabe von Leerstand, Verfall und damit verbundener Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bedroht seien. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen spreche gegen eine willkürliche Ungleichbehandlung mit anderen baulichen Anlagen auch der Umstand, dass die in der Regelung aufgeführten Anlagetypen lediglich als Beispiele genannt seien. Daher sei es nicht ausgeschlossen, dass auch für Anlagen der von der Antragstellerin angesprochenen Art eine Sicherheitsleistung zu erbringen sei. Das Erfordernis einer Rückbausicherung für Einzelhandelsmärkte erweise sich auch als zur Verfolgung des Regelungszwecks geeignet, erforderlich und angemessen. Die Annahme der Antragstellerin, es gebe praktisch keine Fälle, in denen von der Rückbausicherheit Gebrauch gemacht werden könne, weil jeder Eigentümer schon aus wirtschaftlichen Gründen bemüht sei, das Grundstück zu nutzen und das Grundstück in der Regel mehr Wert sei als die Kosten des Abbruchs ausmachten, entspreche jedenfalls nicht den Erfahrungen, die der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA zugrunde lägen. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass auch bei Einzelhandelsmärkten Situationen auftreten könnten, in denen der Bauherr oder sein Rechtsnachfolger für eine Erstattung notwendig gewordener Rückbaukosten nicht zur Verfügung stünden. Das Erfordernis einer Rückbausicherheit sei auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Sicherheit schon bei der Genehmigungserteilung fällig sei und das Risiko einer Ersatzvornahme sich möglicherweise erst zu einem weitaus späteren Zeitpunkt realisieren werde. Auch wenn die Sicherheit nur in möglicherweise seltenen Fällen benötigt werde, sei eine möglichst frühzeitige Anforderung geboten. Könnte eine Sicherheitsleistung erst verlangt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Liquiditätsschwäche des Betreibers bestünden, könnte die Anordnung regelmäßig erst ergehen, wenn der Betreiber außerstande sei, die Sicherheitsleistung zu erbringen. Der vorliegende Betrieb der Antragstellerin erfülle die Tatbestandsvoraussetzungen des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA. Es handele sich um einen Einzelhandelsmarkt und damit um einen Anlagetyp, der ausschließlich einem Zweck diene und bei dem üblicherweise anzunehmen sei, dass wirtschaftliche Interessen an einer Folgenutzung nicht bestünden. Es gebe keinen Grund, den vorliegenden Markt von dem Erfordernis einer Sicherheitsleistung auszunehmen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlange keine Einzelfallprüfung, bei der in jedem konkreten Fall das Liquiditätsrisiko des Herangezogenen untersucht werden müsse. Die Rückbausicherheit sei auch in der Höhe rechtlich nicht zu beanstanden. Den Betrag von 170.000,00 € habe der Antragsgegner mit einer plausiblen Schätzung der voraussichtlichen Kosten des vollständigen Rückbaus einschließlich der Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des Grundstücks begründet. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung entspreche den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner habe die Anordnung im Wesentlichen damit begründet, dass das Sicherungsmittel in der Zeit vor dem Baubeginn geleistet werden solle, um das Risiko zu vermeiden, dass nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens die Sicherheit nicht mehr geleistet werden könne. Es treffe zwar zu, dass diese Begründung allgemein gehalten sei und letztlich auch den Erlass der hier fraglichen Nebenbestimmung selbst rechtfertige. Eines Eingehens auf den konkreten Einzelfall bedürfe es jedoch nicht, da die frühzeitige Sicherheitsleistung nach der Intention der gesetzlichen Regelung geboten sei, weil andernfalls die Sicherheitsleistung ihren Zweck verfehlen würde. Würde die Anordnung der Sicherheitsleistung und des Sofortvollzugs voraussetzen, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Liquiditätsschwäche des Anlagenbetreibers bestünden, wäre dieser im Zeitpunkt der Anordnung nicht mehr kreditwürdig und könnte daher außerstande sein, die Sicherheitsleistung zu erbringen. Zudem müsste die Bauaufsichtsbehörde die finanzielle Lage des Betreibers ständig überwachen, was rechtlich unmöglich sei, weil sie nicht verlangen könne, dass Betreiber ihnen regelmäßig eine von einem Wirtschaftsprüfer überprüfte Unternehmensbilanz vorlege. Daher sei auch das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nebenbestimmung anzunehmen.

II.

4

Die Überprüfung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, führt zu keiner Abänderung.

5

1. Die angefochtene Nebenbestimmung ist rechtmäßig.

6

1.1 Die Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA (in der Fassung des Gesetzes vom 26.06.2013, GVBl. S. 356) ist – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – nicht wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Landes nichtig. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist die Vorschrift dem Bauordnungsrecht und nicht dem Bodenrecht zuzuordnen, auf das sich nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes erstreckt. Zur Materie "Bodenrecht" i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG gehören solche Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben, also die rechtlichen Beziehungen des Menschen zum Grund und Boden regeln. Hierzu zählt das Bauplanungsrecht, nicht aber das Bauordnungsrecht. Maßgeblich für die Abgrenzung von Bauplanungs- und Bauordnungsrecht ist die gesetzgeberische Zielsetzung, nicht der Regelungsgegenstand. Regelungen des Bauplanungsrechts sind gekennzeichnet durch einen flächenbezogenen Regelungsinhalt, der die Nutzung von Grund und Boden betrifft. Sie dienen dazu, konkurrierende Bodennutzungen und Bodenfunktionen zu koordinieren und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist die Inanspruchnahme von Grund und Boden (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 – BVerwG 4 C 5.11 –, juris RdNr. 17). Regelungen des Bauordnungsrechts dienen demgegenüber der Gefahrenabwehr oder der Begründung von Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen. Nach diesen Grundsätzen ist die Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA bauordnungsrechtlicher Natur. Insoweit haben nach Art. 70 Abs. 1 GG allein die Länder das Recht zur Gesetzgebung. Die Regelung dient der Gefahrenabwehr. Zweck der Vorschrift ist es, die Träger der unteren Bauaufsichtsbehörden von dem finanziellen Risiko des Rückbaus baulicher Anlagen, die nur für begrenzte Zeiträume konzipiert werden, nach Aufgabe der Nutzung freizustellen, wenn der Bauherr oder sein Rechtsnachfolger für eine Kostenübernahme nicht zur Verfügung stehen und der Rückbau im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt werden muss (vgl. LT-Drucks. 4/1362, S. 6). Die Regelung dient damit der finanziellen Absicherung der Durchsetzung einer bauordnungsrechtlichen Beseitigungsanordnung wegen formeller und materieller Illegalität einer baulichen Anlage nach Aufgabe ihrer Nutzung im Wege der Ersatzvornahme bei Zahlungsunfähigkeit des Pflichtigen. Sie gehört damit dem Bauordnungsrecht an (vgl. Urt. d. Senats v. 12.05.2011 – 2 L 239/09 –, juris RdNr. 35).

7

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ergibt sich aus § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB keine Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber. Zwar entfaltet § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB grundsätzlich Vorrangwirkung gegenüber Landesrecht. Dieser Anwendungsvorrang schließt aber die Auferlegung einer Sicherheitsleistung auf der Grundlage einer landesrechtlichen Vorschrift nicht aus. Der Bundesgesetzgeber hat dem Landesgesetzgeber Raum gelassen für landesrechtliche Vorschriften, die die Bauaufsichtsbehörde aus Gründen der Gefahrenabwehr zur Auferlegung einer Rückbausicherheit ermächtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 – BVerwG 4 C 5.11 –, a.a.O. RdNr. 25 ff.). § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA steht auch nicht im Widerspruch zur Vorrangwirkung des § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 – BVerwG 4 C 5.11 –, a.a.O. RdNr. 29). Die Verpflichtung zur Erbringung einer Sicherheitsleistung nach § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA setzt auch – anders als die Antragstellerin meint – nicht voraus, dass der Antragsteller eine Verpflichtungserklärung i.S.d. § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB abgegeben hat, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen. Eine derartige Verpflichtungserklärung ist lediglich Voraussetzung für eine nach § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB angeordnete Rückbausicherheit. Die über den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB hinausgehende Sicherheitsleistung nach § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA dient demgegenüber – wie ausgeführt – der finanziellen Absicherung der Durchführung einer bauordnungsrechtlichen Beseitigungsverfügung bei dauerhafter Aufgabe der Nutzung und nicht der Sicherstellung der Einhaltung einer Verpflichtung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB.

8

1.2 Die Erteilung der Baugenehmigung unter der aufschiebenden Bedingung der Leistung einer Rückbausicherheit ist auch nicht wegen fehlender Ermessensausübung fehlerhaft. § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA enthält – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – auch im Hinblick auf Einzelhandelsmärkte keinen Ermessensspielraum der Behörde. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift "hat" die Bauaufsichtsbehörde bei Anlagen im Sinne dieser Vorschrift die Erteilung der Baugenehmigung von der Leistung einer Rückbausicherheit abhängig zu machen. Dazu gehören auch Einzelhandelsmärkte. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Auch bei Einzelhandelsmärkten i.S.d. § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA steht der Behörde kein (Beurteilungs-)Spielraum zu; vielmehr ist die Erteilung der Baugenehmigung auch insoweit gemäß § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA zwingend von der Leistung einer Rückbausicherheit abhängig zu machen. Sachgerechte Ergebnisse lassen sich über die Auslegung des Begriffs "Einzelhandelsmärkte" erzielen. Der Begriff erfasst freistehende Gebäude, die von einem oder mehreren Handelsgeschäften zu Verkaufs- und ggf. zu Lagerzwecken genutzt werden. Hiernach hat der Antragsgegner die Baugenehmigung zu Recht unter der aufschiebenden Bedingung der Leistung einer Rückbausicherheit i.S.d. § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA erteilt. Bei dem Bauvorhaben der Antragstellerin "Neubau Lidl Markt" handelt es sich um einen idealtypischen Einzelhandelsmarkt i.S.d. § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA. Bei diesen geht der Gesetzgeber gemäß § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA davon aus, dass sie ausschließlich einem Zweck dienen und dass bei ihnen üblicherweise anzunehmen ist, dass wirtschaftliche Interessen an einer Folgenutzung nicht bestehen, so dass die Erteilung der Baugenehmigung von der Leistung einer Rückbausicherheit abhängig zu machen ist. Ein "Spielraum" für die Bauaufsichtsbehörde im Einzelfall besteht nicht.

9

1.3 Die Einbeziehung der Einzelhandelsmärkte in die Vorschrift des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA verstößt – wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung untersagt. Ebenso wenig ist er gehalten, Ungleiches unter allen Umständen ungleich zu behandeln. Der Gesetzgeber verletzt aber das Gleichheitsgrundrecht, wenn er bei Regelungen, die unmittelbar oder mittelbar Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Das Gleiche gilt, wenn der Gesetzgeber es unterlässt, tatsächliche Ungleichheiten des zu ordnenden Lebenssachverhalts zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.03.2004 – 1 BvR 1778/01 –, juris RdNr. 92). Dem Gesetzgeber kommt bei der Beurteilung der Ausgangslage und der möglichen Auswirkungen der von ihm getroffenen Regelung regelmäßig eine Einschätzungsprärogative zu. Für die Überprüfung solcher Prognosen gelten differenzierte Maßstäbe, die von der bloßen Evidenzkontrolle bis zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen. Dabei sind insbesondere die Eigenart des jeweiligen Sachverhalts und die Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter zu berücksichtigen; außerdem hängt der Prognosespielraum auch von der Möglichkeit des Gesetzgebers ab, sich im Zeitpunkt der Entscheidung ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden (vgl. BVerfG, Urt. v. 02.03.1999 – 1 BvL 2/91 –, juris RdNr. 85). Handelt es sich um die Regelung komplexer Lebenssachverhalte, so kann dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen eingeräumt werden. In dieser Zeit darf er sich mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen. Damit einhergehende Härten und Ungerechtigkeiten geben erst dann Anlass zur verfassungsrechtlichen Beanstandung, wenn der Gesetzgeber seine Regelungen nicht anhand inzwischen möglicher Erkenntnisse und Erfahrungen überprüft und auf den Versuch einer sachgerechteren Lösung verzichtet (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.04.1999 – 1 BvL 22/95, 1 BvL 31 BvL 34/95 –, juris RdNr. 163).

10

Gemessen daran kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch die Einbeziehung der Einzelhandelsmärkte in die Vorschrift des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA nicht festgestellt werden. Insbesondere die Gleichbehandlung von Einzelhandelsmärkten mit Behelfsbauten, Windkraftanlagen, Freiflächenphotovoltaikanlagen und vorübergehend aufzustellenden Anlagen ist – jedenfalls derzeit – verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, hat sich der Gesetzgeber bei der Einbeziehung der Einzelhandelsmärkte ersichtlich davon leiten lassen, dass derartige bauliche Anlagen typischerweise ausschließlich zu diesem Zweck errichtet werden und in besonderem Maße nach der Nutzungsaufgabe von Leerstand, Verfall und damit verbundener Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bedroht sind. Die dem Gesetzgeber bei der (Neu-)Regelung der Vorschrift über die Rückbausicherheit gemäß § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA zustehende Einschätzungsprärogative bei der Beurteilung der Ausgangslage ist damit nicht überschritten. Sie wird von den Ausführungen in dem von der Antragstellerin im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 27.02.2015 übersandten Aufsatz von Grziwotz, Rückbau von Lebensmittelmärkten, KommJur 2009, 175, gestützt, wonach leerstehende Lebensmittelmärkte, die nicht vermietbar seien, zunehmend ein Problem der Kommunen darstellten. Insbesondere große Lebensmittelketten errichteten in einer Kommune oft mehr Lebensmittelmärkte, als die dort vorhandene Kaufkraft hergebe. Der Spielraum, der dem Gesetzgeber im vorliegenden Zusammenhang bei der Beurteilung der Ausgangslage zusteht, ist als hoch einzustufen, da die Möglichkeit, sich im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Rückbausicherheit für Einzelhandelsmärkte ein sicheres Urteil zu bilden, im Zeitpunkt der Neufassung des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA durch das Gesetz vom 26.06.2013 begrenzt waren. Dem Gesetzgeber ist insoweit eine angemessene Zeit zu Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen einzuräumen. Derzeit ist der dem Gesetzgeber zustehende Spielraum nicht überschritten, soweit er davon ausgeht, dass Einzelhandelsmärkte im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Rückbausicherheit mit den anderen in § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA genannten baulichen Anlagen gleichzustellen ist. Ein Gleichheitsverstoß liegt auch nicht deshalb vor, weil die vom Antragsteller genannten – nach seinen Angaben bautechnisch weitestgehend gleichen – bauliche Anlagen einer Lager-, Fitness- oder Bowlinghalle, eines Schwimmbades oder eines Großhandelsmarktes nicht auch in die Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA einbezogen wurden. Einerseits ist derzeit nichts dafür ersichtlich, dass auch bei diesen baulichen Anlagen – wie bei Einzelhandelsmärkten – typischerweise nach relativ kurzer Zeit ein Leerstand droht. Andererseits ist zu berücksichtigten, worauf bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, dass die Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA nicht abschließend ist, sondern dass im Einzelfall auch für die von der Antragstellerin genannten Anlagen die Leistung einer Rückbausicherheit erforderlich sein kann.

11

1.4 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, die in § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA vorgesehene Rückbausicherheit sei zur Durchsetzung einer Beseitigungsanordnung ungeeignet. Die Vorschrift diene dazu, die Finanzierung der Kosten des Rückbaus der Anlagen bei dauerhafter Aufgabe der Nutzung zu sichern. Die Behörde habe aber keine Befugnis, die Beseitigung einer Anlage allein bei dauerhafter Nutzungsaufgabe anzuordnen. Eine solche Befugnis ergebe sich weder aus § 71 noch aus § 79 BauO LSA. Eine Beseitigungsanordnung nach § 79 BauO LSA setze vielmehr eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit voraus. Die Rückbausicherheit nach § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA sei aber zur Finanzierung derartiger Beseitigungsanordnungen nicht gedacht. Diese Ausführungen können nicht überzeugen. Eine Inanspruchnahme der Rückbausicherheit nach § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA kommt vielmehr immer dann in Betracht, wenn die Behörde befugt ist, den Rückbau im Wege der Ersatzvornahme durchzuführen (vgl. LT-Drs. 4/1362, S. 6). Das setzt gemäß § 55 Abs. 1 SOG LSA eine bestandskräftige oder sofort vollziehbare Beseitigungsverfügung bzw. gemäß § 53 Abs. 2 SOG LSA die Befugnis zum Erlass einer solchen voraus. Die Zulässigkeit einer bauordnungsrechtlichen Beseitigungsverfügung richtet sich nach § 57 Abs. 2 Satz 2 bzw. nach § 79 Satz 1 BauO LSA und setzt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung voraus. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine derartige Beseitigungsverfügung, die zu einer Inanspruchnahme der Rückbausicherheit i.S.d. § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA führen kann, bei Einzelhandelsmärkten ausgeschlossen ist. Die Antragstellerin missversteht die Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA, soweit sie meint, eine Inanspruchnahme der Rückbausicherheit komme nur bei einem Rückbau der Anlage allein wegen dauerhafter Aufgabe der Nutzung in Betracht, die jedoch nach geltendem Bauordnungsrecht nicht angeordnet werden dürfe. Ein derartig restriktives Verständnis des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA ist weder plausibel noch geboten.

12

2. Es besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung i.S.d. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung damit begründet werden kann, dass nach der gesetzgeberischen Intention eine möglichst frühzeitige Leistung der Sicherheit geboten ist, da nach Erteilung der Baugenehmigung die Gefahr des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit zunimmt. Eine Prüfung der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Sicherheit im Einzelfall ist nicht geboten und angesichts der beschränkten Befugnisse der Behörde zur Überprüfung der Liquidität des Antragstellers auch gar nicht möglich.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung folgt der Senat der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 27. Apr. 2016 - 2 M 169/15

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Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.