Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 13. März 2008 - 1 B 403/07

published on 13/03/2008 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 13. März 2008 - 1 B 403/07
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Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 7. September 2007 - 5 L 788/07 - wird die aufschiebende Wirkung der Klage 5 K 789/07 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 6. Juni 2007 wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 7.9.2007 ist begründet. Nach den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens wird sich der Bescheid des Antragsgegners vom 6.6.2007 aller Voraussicht nach hinsichtlich des Grundstücks des Antragstellers Gemarkung Walhausen, Flur 15, Parzelle 1, aus materiell-rechtlichen Gründen (II.1.) und hinsichtlich der Grundstücke Gemarkung Walhausen, Flur 15, Parzelle 4 (II.2.), sowie Flur 16, Parzelle 8 (II.3.), wegen mangelnder Bestimmtheit als rechtswidrig erweisen, wobei den privaten Interessen des Antragstellers im Rahmen der Abwägung der beteiligten Interessen höheres Gewicht als dem öffentlichen Vollzugsinteresse beizumessen ist.

I.

Der Antragsteller ist Landwirt und betreibt ein Pferdegestüt. 2001 hat er die genannten Grundstücke, die von dem Voreigentümer in früherer Zeit zum Teil als Ackerland und zum Teil als Grünland genutzt worden waren, erworben. Damals hatte der Voreigentümer die teilweise ackerbauliche Nutzung bereits seit einigen Jahren im Rahmen einer durch öffentliche Mittel finanzierten Stilllegungsverpflichtung eingestellt. Der Antragsteller entschied sich, die Grünlandnutzung weitere fünf Jahre fortzuführen, nahm an der entsprechenden Agrarumweltmaßnahme „Umwandlung Ackerland in Grünland“ teil und erhielt für die Grundstücksteile, die bis zur Stilllegungsverpflichtung als Ackerland genutzt worden waren, eine entsprechende Umwandlungsprämie. Unmittelbar nach Auslaufen der Agrarumweltmaßnahme im Mai 2007 hat er sodann -wie im Vorfeld angekündigt - die Teilflächen, die nach der ihm seitens der Landwirtschaftskammer erteilten Auskunft Gegenstand der Umwandlungsmaßnahme gewesen waren, umgebrochen, um sie wieder ackerbaulich zu nutzen.

Mit der verfahrensgegenständlichen Verfügung vom 6.6.2007 hat der Antragsgegner dem Antragsteller gestützt auf die dem Biotopschutz dienende Vorschrift des § 22 Abs. 4 SNG aufgegeben, auf Teilflächen der Grundstücke den vorgenommenen Umbruch des Grünlandes durch Eineggen der Flächen rückgängig zu machen, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und von einer Ansaat abzusehen, wobei er zur Verdeutlichung, um welche Flächen es sich jeweils handelt, deren Größe angegeben sowie auf vier beigefügte Kartenauszüge, in denen die Flächen schraffiert dargestellt sind, verwiesen hat. Von der Umbruchmaßnahme des Antragstellers seien Pfeifengraswiesen, seggen- und binsenreiche Nasswiesen beziehungsweise Borstgrasrasen betroffen, die gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SNG als Biotope geschützt seien. Die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 2 Nr. 2 SNG komme dem Antragsteller nicht zugute, da die Flächen, hinsichtlich derer Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verlangt werde, nicht Gegenstand der Agrarumweltmaßnahme gewesen seien. Zudem befänden die Flächen sich innerhalb des Natura 2000-Gebietes „Südlicher Teil des Nohfeldener Rhyolit-Massivs“; die FFH-Lebensraumtypen „6410 Pfeifengraswiesen“ und „6230 Borstgrasrasen“ seien wesentlicher Bestandteil der Erhaltungsziele des Gebietes.

II.

Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage trägt diese Argumentation die Verfügung des Antragsgegners nicht. Zudem leidet die Verfügung in wesentlichen Punkten an mangelnder Bestimmtheit.

1. Hinsichtlich des Grundstücks Flur 15, Parzelle Nr. 1, begegnet die verfahrensgegenständliche Verfügung des Antragsgegners neben Bedenken betreffend ihre Bestimmtheit jedenfalls in materiell-rechtlicher Hinsicht erheblichen Zweifeln. Dem Antragsgegner wird nach dem Text der Verfügung aufgegeben, eine 70 ar große Teilfläche wieder in den vor den Umbrucharbeiten vorhandenen Zustand zu versetzen. Die auf der beigefügten Übersichtskarte und der Karte 1 schraffierte - und damit als von der Verfügung betroffen gekennzeichnete - Fläche zieht sich als Längsstreifen quer durch das Grundstück und ist bei überschlägiger Berechnung anhand des auf der Karte 1 vermerkten Maßstabs etwa 41-42 ar (ca. 165 m x 25 m) groß, weicht also größenmäßig von der Textvorgabe 70 ar deutlich ab. Die vor dem Hintergrund dieser Unstimmigkeiten aufgeworfene Frage, ob der Verfügung Genüge getan wäre, wenn die schraffierte, nur etwa 41-42 ar große Teilfläche wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt wäre, dürfte zwar mit Blick darauf zu bejahen sein, dass der Antragsteller unwidersprochen vorgetragen hat, nur den ihm von der Landwirtschaftskammer bezeichneten 320 ar großen nördlichen Grundstücksteil umgebrochen zu haben, was - ebenso wie das Fehlen diesbezüglicher Beanstandungen des Antragsgegners - dafür spricht, dass das schon vor der Stilllegung unstreitig vorhandene etwa 70 ar große Biotop im südlichen Grundstücksteil von dem Antragsteller nicht angetastet wurde. Dennoch spricht bei summarischer Prüfung aus materiell-rechtlichen Gründen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Anordnung, die schraffierte Fläche wiederherzustellen, sich im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird. Denn ausweislich der Auskunft, die die Landwirtschaftskammer des Saarlandes dem Antragsgegner am 26.6.2007 erteilt hat (Bl. 197 f. der Verwaltungsakte), gehört die schraffierte Fläche, anders als der etwa 70 ar große südliche Grundstücksteil, zu der Grundstücksfläche von 320 ar, die Gegenstand der Umwandlungsmaßnahme war. Gründe, an der sachlichen Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln, sind nicht ersichtlich, zumal sie dem Antragsteller seitens der Landwirtschaftskammer ausweislich des seinerseits vorgelegten - ihm von der Landwirtschaftskammer überlassenen - Luftbildes (Bl. 37 d.A.) inhaltsgleich erteilt wurde. Die Forderung, die etwa 42 ar große schraffierte Fläche wiederherzustellen, erklärt sich vermutlich daraus, dass der Antragsgegner anlässlich einer im Jahr 2005 durchgeführten Erfassung der FFH-Lebensraumtypen auf dem Grundstück Flur 15, Parzelle 1, insgesamt eine 112 ar große, mit Pfeifengraswiese bewachsene Teilfläche festgestellt hat. (so seine Angaben in der im Hauptsacheverfahren 5 K 789/07 vorgelegten Klageerwiderung vom 16.7.2007) Dies kann allerdings nichts daran ändern, dass sich die zu den unstreitig bereits vor der Agrarumweltmaßnahme vorhandenen 70 ar zusätzlich entstandenen 42 ar Pfeifengraswiese nach den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auf einer Fläche ausgebreitet haben, die Gegenstand der Umwandlungsmaßnahme war. Dies hat sowohl mit Blick auf den gesetzlichen Biotopschutz (1.1.) wie auch hinsichtlich des FFH-Schutzes (1.2.) rechtliche Konsequenzen.

1.1. Nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 SNG ist es zulässig, die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung von Flächen, deren Nutzung aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder der Teilnahme an einem öffentlichen Programm eingeschränkt oder unterbrochen war und auf denen während der Laufzeit der Vereinbarung oder des Programms ein Biotop entstanden ist, innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf der Nutzungsbeschränkung wieder aufzunehmen. Mit dieser Vorschrift hat der Landesgesetzgeber von der ihm durch § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG eröffneten Möglichkeit, für den Fall, dass während der Laufzeit vertraglicher Vereinbarungen oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung ein Biotop entstanden ist, eine Ausnahme vom Biotopschutz vorzusehen, im Einklang mit den bundesrechtlichen Regelungen des Gesetzes zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen vom 10.7.1995, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.4.2006, - FGlG - Gebrauch gemacht. Dieses Bundesgesetz sieht vor, dass Flächen, die nach Maßgabe der Rechtsakte der Organe der Europäischen Gemeinschaften über Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik oder über sonstige Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe stillgelegt worden sind, weiterhin als landwirtschaftlich genutzte Flächen gelten (§ 1 Abs. 1FGlG), dass die für die Landwirtschaft unter anderem im Bereich des Naturschutzrechts geltenden Rechtsvorschriften auf diese Flächen weiterhin Anwendung finden (§ 1 Abs. 2 Satz 1FGlG) und dass bei der Anwendung der von Abs. 2 Satz 1 erfassten Rechtsvorschriften die infolge der Stilllegung geänderte Beschaffenheit der von Abs. 1 erfassten Flächen unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 3 Satz 1FGlG), wobei insbesondere das Recht, diese Flächen nach Beendigung der Stilllegungsperiode in derselben Art und demselben Umfang wie zum Zeitpunkt vor der Stilllegung nutzen zu können, unberührt bleibt (§ 1 Abs. 3 Satz 2FGlG).

Demgemäß war der Antragsteller in biotopschutzrechtlicher Hinsicht nach Ablauf der Umweltagrarmaßnahme berechtigt, die ackerbauliche Nutzung der nördlichen Teilfläche des Grundstücks ungeachtet dessen, ob hierdurch zwischenzeitlich auf diesem Grundstücksteil entstandene Biotope verloren gehen, wieder aufzunehmen. Nach den biotopschutzrechtlichen Vorschriften handelt es sich bei den der Regelung des § 22 Abs. 2 Nr. 2 SNG unterfallenden Biotopen mithin nicht um geschützte Biotope im Sinne der Einschreitensvorschrift des § 22 Abs. 4 SNG, so dass diese Vorschrift dem Antragsgegner nach Aktenlage hinsichtlich des Grundstücks Flur 15, Parzelle 1, keine Handhabe für den Erlass der verfahrensgegenständlichen Verfügung bietet.

1.2. Die Verfügung lässt sich auch mit Blick auf die seitens des Antragsgegners im Verlauf des Verfahrens als Rechtsgrundlage nachgeschobene Vorschrift des § 24 Abs. 2 SNG mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht aufrecht erhalten. Nach dieser Vorschrift sind Veränderungen oder Störungen, die ausgewählte Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in den für ihre Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen, verboten. Der Antragsgegner behauptet insoweit, die verfahrensgegenständlichen Grundstücke des Antragstellers seien Teil des am 27.2.2004 gemeldeten Natura 2000-Gebietes 6408-308 „Südteil des Nohfeldener Rhyolit-Massivs“, was zwar mangels Vorlage einer entsprechenden Kartierung nicht nachgewiesen, aber unbestritten ist und daher im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens als zutreffend vorausgesetzt werden kann. Nach Erlass der Verfügung vom 6.6.2007 wurde das gemeldete Gebiet mit einer Größe von 440 ha durch die Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 in die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region aufgenommen (Amtsbl. L 012 vom 15.1.2008 (2008/25/EG)) und genießt seither den Schutz der FFH-Richtlinie. Bis zur Listung richtete sich der Schutzstatus der gemeldeten Flächen nach den insoweit durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil vom 13.1.2005 - C-117/03 -, NVwZ 2005, 311 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschlüsse vom 7.9.2005 und vom 31.1.2006, jeweils 4 B 49/05, juris) für maßgeblich erachteten Kriterien und der zu deren Umsetzung im Saarland erlassenen Vorschrift des § 24 Abs. 2 SNG. Vorliegend bedarf es mangels Entscheidungserheblichkeit keines Eingehens auf Einzelheiten des Umfangs des Schutzstatus, der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon vor der Listung mit Blick auf Vorwirkungen der FFH-Richtlinie zu beachten ist. Denn unabhängig davon, ob man - wie das Bundesverwaltungsgericht befürwortet - bereits während des Zeitraumes zwischen Meldung und Listung eines FFH-Schutzgebietes die Anlegung der materiell-rechtlichen Maßstäbe des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL für angezeigt erachtet, um einen angemessenen Schutz sicherzustellen oder ob man fallbezogen darauf abstellt, dass das Gebiet zwischenzeitlich gelistet ist und die Vorschriften der FFH-Richtlinie gemäß Art. 4 Abs. 5 FFH-RL seitdem unmittelbar Anwendung finden, ist festzustellen, dass der seitens des Antragstellers vorgenommene Umbruch ehemaliger Umwandlungsflächen dem Schutzregime des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL nicht unterliegt, da die dort formulierten Voraussetzungen der Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung tatbestandlich nicht erfüllt sind. Der Umbruch ehemaliger Umwandlungsflächen unterfällt nicht dem für das Eingreifen der europarechtlichen Vorschriften maßgeblichen Projektbegriff. § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG definiert diesen Begriff unter b) als einen genehmigungs- oder anzeigepflichtigen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 18 BNatSchG. Ein solcher Eingriff liegt nicht vor. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ist die landwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff anzusehen, soweit die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden, wobei Satz 2 der Vorschrift vorsieht, dass Landwirtschaft unter Beachtung der Regeln der guten fachlichen Praxis in der Regel nicht den in Satz 1 genannten Zielen und Grundsätzen widerspricht. Ferner sieht § 18 Abs. 3 BNatSchG vor, dass die Wiederaufnahme einer landwirtschaftlichen Bodennutzung, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen oder aufgrund der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung zeitweise eingeschränkt oder unterbrochen war, nicht als Eingriff gilt, wenn sie innerhalb einer angemessenen, von den Ländern zu regelnden Frist erfolgt. Für das Saarland ist dies in § 27 Abs. 3 Nr. 3 SNG geschehen, der eine Frist von fünf Jahren nach Ablauf der Bewirtschaftungsbeschränkungen vorsieht. Im Übrigen sieht auch das saarländische Landesrecht in § 27 Abs. 3 Nr. 1 SNG vor, dass die der guten fachlichen Praxis entsprechende Landnutzung kein Eingriff in Natur und Landschaft ist. Da dem Antragsteller kein Verstoß gegen die Regeln der guten fachlichen Praxis vorgeworfen wird und er seine Umbruchmaßnahme unmittelbar nach Ablauf der Agrarumweltmaßnahme vorgenommen hat, erfüllt sein Tätigwerden nicht den Tatbestand eines Eingriffs in Natur und Landschaft, unterfällt damit nicht dem Projektbegriff und unterliegt daher weder unmittelbar noch in sinngemäßer Anwendung dem Schutzregime des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL.

Art. 6 Abs. 2 FFH-RL beziehungsweise § 24 Abs. 2 SNG als zur Zeit des Verfügungserlasses für den vorläufigen Schutz maßgebliche landesrechtliche Vorschrift können das Einschreiten des Antragsgegners ebenfalls nicht rechtfertigen. Insbesondere kann die Auffassung des Antragsgegners, dass die beanstandete Umbruchmaßnahme sich als Veränderung oder Störung eines ausgewählten Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung darstelle und daher nach § 24 Abs. 2 SNG verboten sei, unter Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht überzeugen.

Bei der Auslegung des § 24 Abs. 2 SNG ist zu beachten, dass den Möglichkeiten des Landesgesetzgebers, ausgewählte Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung, die nicht ohnehin schon nach Landesrecht als Schutzgebiete ausgewiesen sind, vor und auch nach ihrer Listung durch die Kommission vor Veränderungen oder Störungen zu schützen, inhaltliche Grenzen gesetzt werden durch den Schutzstatus, den die Gebiete infolge der Listung erhalten. Insoweit vertritt das Bundesverwaltungsgericht überzeugend die Auffassung, dass es keinen Grund gibt, ein gemeldetes FFH-Gebiet stärker vor als nach der Aufnahme in die Gemeinschaftsliste zu schützen. (BVerwG, Beschluss vom 7.9.2005 - 4 B 49/05 -, juris) Vor diesem Hintergrund ist zu berücksichtigen, dass nach der Listung das Schutzregime des Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 FFH-RL gilt und dass - wie aufgezeigt - fallbezogen die Abs. 3 und 4 dieser Vorschrift der Wiederaufnahme der ackerbaulichen Nutzung nicht entgegenstehen. Wenn während einer zugelassenen Bewirtschaftungsmaßnahme ein Biotop entstanden ist, so ist die Fläche auch im Rahmen von § 34 BNatSchG, der Art. 6 FFH-RL umsetzt, als „biotopfrei“ zu bewerten. (Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, Bundesnaturschutzgesetz, Kommentar, 2. Aufl.2003, § 30 Rdnr. 23) Dies muss auch während des Zeitraums zwischen Meldung und Listung gelten.

Für diese am späteren Schutzstatus eines FFH-Gebietes orientierte Auslegung des § 24 Abs. 2 SNG sprechen auch folgende Überlegungen: Es kommt immer wieder vor, dass inmitten schutzwürdiger Flächen einzelne ackerbaulich genutzte Grundstücke liegen. Im Falle der Schutzgebietsausweisung haben die betroffenen Landwirte die Möglichkeit, ihre Interessen im Rahmen der Anhörung in das Verfahren einzubringen und dadurch darauf hinzuwirken, dass ihnen aus Gründen des Eigentumsschutzes durch die Schutzverordnung im Rahmen des durch Art. 14 GG Gebotenen Bestandsschutz gewährt wird, was dadurch geschehen kann, dass die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung im bisherigen Umfang im Grundsatz von den ansonsten geltenden Verbotsregeln ausgenommen wird, wobei Beschränkungen - etwa hinsichtlich der Düngung - sachangemessen sein können. Fallbezogen gehörte der Antragsteller zur Zeit des Meldeverfahrens nur deshalb nicht zur Gruppe der innerhalb eines ausgewählten Schutzgebietes Ackerbau betreibenden Landwirte, weil er sich veranlasst durch öffentliche Förderprogramme bereiterklärt hatte, das ehemalige Ackerland für einen bestimmten Zeitraum als Grünland zu nutzen. Allerdings hatte er als Konsequenz seiner freiwilligen Verpflichtung - wie aufgezeigt - kraft Gesetzes die Option erworben, das in Grünland umgewandelte Ackerland nach Ablauf der Bewirtschaftungsmaßnahme wieder als Ackerland nutzen zu dürfen. Sein verfahrensgegenständliches Grünland war daher - soweit es Gegenstand der Agrarumweltmaßnahme war - zur Zeit des Meldeverfahrens rechtlich mit dieser eigentumsrechtlich relevanten Option belastet. Wenngleich diese Option den Antragsgegner nicht zwingend hindert, die umgewandelten Flächen in das Meldeverfahren einzubeziehen, so sprechen doch rechtsstaatliche Gesichtspunkte wie der Vertrauensschutz und der Schutz des Eigentums dafür, dass er die dem Antragsteller aus der Option, die frühere landwirtschaftliche Nutzung wieder aufnehmen zu dürfen, erwachsene Rechtsposition nicht - praktisch mit einem Federstrich - gegenstandslos machen kann, indem er die mit der Option behafteten Grundstücke als Teil des FFH-Gebietes meldet. Dies gilt insbesondere, da die Grundstückseigentümer an dem FFH-Meldeverfahren nicht beteiligt sind, ihre Belange daher erstmals im Rahmen der späteren Schutzgebietsausweisung geltend machen können und daher ihrer Rechtsstellung nicht bereits vor der Einleitung dieses Verfahrens infolge der Meldung beziehungsweise Listung verlustig gehen dürfen.

Für die dargelegte Auffassung des Senats, dass die Option des Antragstellers, die in die Agrarumweltmaßnahme eingebrachten Flächen nach Ablauf der Maßnahme wieder im bisherigen Umfang als Ackerland nutzen zu dürfen, bei der Ermittlung des nach der FFH-Richtlinie geltenden Schutzregimes zu berücksichtigen ist, spricht schließlich auch die seitens des Antragstellers in Bezug genommene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil vom 28.4.1988 - 170/86 -, juris) , in der dieser anhand einer den Milchmarkt betreffenden Nichtvermarktungsverpflichtung aufgezeigt hat, dass das Vertrauen der Erzeuger, nach Ablauf einer zeitlich begrenzten Verpflichtungsdauer wieder Referenzmengen zugeteilt zu bekommen, schutzwürdig und eine dieses Vertrauen missachtende EG-Verordnung daher insoweit rechtswidrig ist.

Nach alledem bleibt hinsichtlich des Grundstücks Flur 15, Parzelle 1, zusammenfassend festzustellen, dass die bei einem Vergleich der textlichen Anordnung (70 ar) mit dem Inhalt der sich aus den beigefügten Karten ergebenden Anordnung (42 ar) auftretende Unstimmigkeit zwar im Wege der Auslegung dahin verstanden werden kann, dass dem Antragsteller die Wiederherstellung der etwa 42 ar großen, während der Umwandlung zusätzlich entstandenen Pfeifengraswiese aufgegeben werden sollte, dass die so zu verstehende Anordnung sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird, da sie nach den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens weder mit den europarechtlichen Vorgaben noch mit innerstaatlichem Recht zu vereinbaren ist. Wägt man hiervon ausgehend die beteiligten Interessen gegeneinander ab, so überwiegt mit Blick auf den gesetzlich vorgegebenen Schutz des Rechtes, eine frühere Nutzung nach Ablauf einer Bewirtschaftungsmaßnahme wiederaufzunehmen, eindeutig das eigentumsrechtlich geschützte Interesse des Antragstellers, seine Wiese bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens unter Beachtung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis ackerbaulich nutzen zu dürfen.

2. Der sich auf das Grundstück Flur 15, Parzelle 4, beziehende Teil der Verfügung des Antragsgegners ist mangels Bestimmtheit rechtswidrig.

Nach dem Verfügungstext soll der Antragsteller eine 80 ar große Teilfläche des knapp 4,05 ha großen Grundstücks wiederherstellen. Wegen der Lage dieser Teilfläche wird auf die beigefügte Übersichtskarte und die Karte 2 verwiesen, wobei auf der Übersichtskarte die gesamte Parzelle schraffiert dargestellt ist, während abweichend hiervon auf Karte 2 nur ein schmaler - etwa 38 ar großer - Grundstücksstreifen inmitten der Parzelle sowie eine kleine in etwa quadratische und ca. 1,5 ar große Teilfläche schraffiert sind. Insoweit bieten auch die Angaben des Antragsgegners in der Klageerwiderung, in der von 130 ar Pfeifengraswiese und 17 ar Borstgrasrasen die Rede ist, und das vorgelegte Luftbild von 1989 keine Auslegungshilfe. Auf letzterem sind ein etwa zwei Fünftel der Grundstücksfläche ausmachender, im südlichen Teil befindlicher Längsstreifen sowie ein schmaler, gut ein Zehntel der Grundstücksfläche ausmachender, im nördlichen Teil befindlicher Längsstreifen als Grünland erkennbar, während sich der gesamte mittlere Grundstücksteil als Acker darstellt. Verglichen mit diesem Luftbild dürfte sich die auf Karte 2 der Anlagen zur Verfügung des Antragsgegners ausgewiesene schraffierte Fläche etwa zur Hälfte im Bereich des südlichen Grünstreifens und der mittleren Ackerfläche befinden, so dass die Kriterien, nach denen der Antragsgegner die schraffierte Fläche festgelegt hat, nicht erkennbar sind. Weitere Unklarheit betreffend den Verfügungsinhalt stiftet schließlich das im Verlauf des Verfahrens eingeführte Vorbringen des Antragsgegners, eigentlich seien nicht 280 ar, sondern nur 80 ar Gegenstand der Umwandlungsmaßnahme gewesen, das den Angaben der Landwirtschaftskammer über den Gegenstand der mit dem Antragsteller vereinbarten Umwandlungsmaßnahme eindeutig widerspricht, und aus Sicht des Antragsgegners zur Folge haben soll, dass der Umbruch in größerem Umfang als zunächst angenommen gegen naturschutzrechtliche Vorgaben verstoße.

Ist auch unter Heranziehung des gesamten Akteninhalts nicht nachvollziehbar, welcher Grundstücksteil Gegenstand der Anordnung sein soll, so muss bereits bei summarischer Prüfung davon ausgegangen werden, dass der sich auf das Grundstück Flur 15, Parzelle 4, beziehende Verfügungsteil offensichtlich rechtswidrig ist, insoweit also ein vorrangiges Vollzugsinteresse des Antragsgegners von vornherein ausscheidet.

3. Hinsichtlich des das Grundstück Flur 16, Parzelle 8, betreffenden Verfügungsteils ist nach den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ebenfalls davon auszugehen, dass die Anordnung sich als rechtswidrig erweisen wird.

Hinsichtlich dieses Grundstücks ist strittig, ob es vor Ergehen der Stilllegungsverpflichtung des Voreigentümers überhaupt in Teilbereichen als Acker genutzt wurde. Der Antragsgegner verneint dies und verweist insoweit auf das zur Akte gereichte Luftbild von 1989, auf dem bezüglich dieses Grundstücks keine Ackerflächen verzeichnet sind. Für diese Darstellung spricht auch die Mitteilung der unteren Naturschutzbehörde vom 1.6.2007 an den Antragsgegner über ein Telefonat mit dem örtlichen Naturschutzbeauftragten (Bl. 179 der Verwaltungsakte), der gesagt haben soll, dass die Flächen der Parzelle 8 der Flur 16 noch nie als Acker genutzt worden seien. Indes war ein 3 ha großes Teilstück dieses rund 4,4 ha großen Grundstücks ausweislich der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom 26.6.2007 (Bl. 197 f. der Verwaltungsakte) Gegenstand der Umwandlungsmaßnahme und ist entsprechend gefördert worden, was schwerlich nachvollziehbar wäre, wenn die Fläche seit jeher als Grünland bewirtschaftet worden wäre.

Abgesehen von dieser Unklarheit verlangt der Antragsgegner im Textteil seiner Verfügung die Wiederherstellung von 100 ar und hat in der beigefügten Übersichtskarte und der Karte 3 eine nahe der westlichen Grundstücksgrenze befindliche Teilfläche des Grundstücks schraffiert, die bei überschlägiger Berechnung anhand des vorgegebenen Maßstabs eine Größe von ca. 30 ar aufweist. In seiner Klageerwiderung im Verfahren 5 K 789/07 gibt er an, dass sich auf dem Grundstück im Jahr 2005 etwa 35 ar Borstgrasrasen befunden hätten. Dass deren Lage in etwa mit der schraffierten, ca. 30 ar großen westlichen Teilfläche übereinstimmt, erscheint allerdings nach Aktenlage fraglich. Denn in diesem westlichen Grundstücksteil befand sich ausweislich der Eintragung „EC“ in dem Luftbild von 1989, das nach Angabe des Antragsgegners Grundlage der Biotopkartierung des Saarlandes ist, Feucht- und Nassgrünland, das auf feuchten und nassen Böden anzutreffen ist. (Erläuterungsbericht zur Biotopkartierung Saarland 1989, Bl. 137 d.A.) Demgegenüber siedelt sich Borstgrasrasen (Kennzeichnung „DE“) auf basen- und nährstoffarmen, mäßig trockenen bis trockenen Böden an (Erläuterungsbericht zur Biotopkartierung Saarland 1989, Bl. 135 d.A.) , was es wenig wahrscheinlich macht, dass die schraffierte Fläche vor dem Umbruch mit Borstgrasrasen bewachsen war. Vor diesem Hintergrund mag es zwar durchaus sein, dass sich auf dem Grundstück Flur 16, Parzelle 8, schon zur Zeit des Voreigentümers schützenswerte Biotopstrukturen - welcher Art auch immer - befanden -, es ist aber der Verfügung schon anhand der unterschiedlichen Größenvorgaben von 100 ar beziehungsweise 30 ar sowie in Anbetracht der Unklarheit, ob nun das ehemals vorhandene Feucht- und Nassgrünland und/oder der trockene Böden bevorzugende Borstgrasrasen wiederhergestellt werden soll, nicht zu entnehmen, welche Teilfläche(n) des Grundstücks konkreter Gegenstand der Verfügung sein soll(en). Damit gilt auch insoweit, dass die Verfügung nach derzeitigem Erkenntnisstand an mangelnder Bestimmtheit leidet.

Die hinsichtlich der Grundstücke Flur 15, Parzelle 4, und Flur 16, Parzelle 8, festgestellte, zur Rechtswidrigkeit führende mangelnde Bestimmtheit der Verfügung schließt nicht aus, dass der Antragsgegner nach ergänzender Sachverhaltsermittlung eine neue Verfügung erlässt, die unter Beachtung der Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes und der aufgezeigten materiell-rechtlichen Gegebenheiten nur Flächen erfasst, die mangels Eingreifen des § 22 Abs. 2 Nr. 2 SNG dem Biotopschutz unterliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 47 Abs. 1 GKG und berücksichtigt die Vorläufigkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erh
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published on 31/01/2018 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger ist seit dem 01.04.1999 Eigentümer des 23.780 m² großen Grundstücks der Gemarkung (N.), Flur A, Flurstück 43/22, und wendet sich gegen eine naturschutzrechtliche Verfügung, mit der ihm die Einstellung der Ackernutzung und d
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Annotations

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die überörtlichen konkretisierten Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege werden für den Bereich eines Landes im Landschaftsprogramm oder für Teile des Landes in Landschaftsrahmenplänen dargestellt. Die Ziele der Raumordnung sind zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(2) Landschaftsprogramme können aufgestellt werden. Landschaftsrahmenpläne sind für alle Teile des Landes aufzustellen, soweit nicht ein Landschaftsprogramm seinen Inhalten und seinem Konkretisierungsgrad nach einem Landschaftsrahmenplan entspricht.

(3) Die konkretisierten Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind, soweit sie raumbedeutsam sind, in der Abwägung nach § 7 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes zu berücksichtigen.

(4) Landschaftsrahmenpläne und Landschaftsprogramme im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 sind mindestens alle zehn Jahre fortzuschreiben. Mindestens alle zehn Jahre ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine Aufstellung oder Fortschreibung sonstiger Landschaftsprogramme erforderlich ist.

(5) Die landschaftsplanerischen Inhalte werden eigenständig erarbeitet und dargestellt. Im Übrigen richten sich die Zuständigkeit, das Verfahren der Aufstellung und das Verhältnis von Landschaftsprogrammen und Landschaftsrahmenplänen zu Raumordnungsplänen nach § 13 des Raumordnungsgesetzes nach Landesrecht.

(1) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen oder von Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 des Baugesetzbuches Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten, ist über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zu entscheiden.

(2) Auf Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches, während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches und im Innenbereich nach § 34 des Baugesetzbuches sind die §§ 14 bis 17 nicht anzuwenden. Für Vorhaben im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches sowie für Bebauungspläne, soweit sie eine Planfeststellung ersetzen, bleibt die Geltung der §§ 14 bis 17 unberührt.

(3) Entscheidungen über Vorhaben nach § 35 Absatz 1 und 4 des Baugesetzbuches und über die Errichtung von baulichen Anlagen nach § 34 des Baugesetzbuches ergehen im Benehmen mit den für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden. Äußert sich in den Fällen des § 34 des Baugesetzbuches die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde nicht binnen eines Monats, kann die für die Entscheidung zuständige Behörde davon ausgehen, dass Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege von dem Vorhaben nicht berührt werden. Das Benehmen ist nicht erforderlich bei Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen und während der Planaufstellung nach den §§ 30 und 33 des Baugesetzbuches sowie in Gebieten mit Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 des Baugesetzbuches.

(4) Ergeben sich bei Vorhaben nach § 34 des Baugesetzbuches im Rahmen der Herstellung des Benehmens nach Absatz 3 Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben eine Schädigung im Sinne des § 19 Absatz 1 Satz 1 verursachen kann, ist dies auch dem Vorhabenträger mitzuteilen. Auf Antrag des Vorhabenträgers hat die für die Erteilung der Zulassung zuständige Behörde im Benehmen mit der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde die Entscheidungen nach § 15 zu treffen, soweit sie der Vermeidung, dem Ausgleich oder dem Ersatz von Schädigungen nach § 19 Absatz 1 Satz 1 dienen; in diesen Fällen gilt § 19 Absatz 1 Satz 2. Im Übrigen bleibt Absatz 2 Satz 1 unberührt.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.