Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 18. Jan. 2012 - 4 KN 1/11

ECLI: ECLI:DE:OVGSH:2012:0118.4KN1.11.0A
published on 18/01/2012 00:00
Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 18. Jan. 2012 - 4 KN 1/11
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Es wird festgestellt, dass § 1 Abs. 1 Nr. 9 der Stadtverordnung über das befristete und örtlich begrenzte Verbot bestimmter Bekleidungsgegenstände und Embleme vom 15. Juni 2011 unwirksam war.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die vorläufige Vollstreckbarkeit durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Verordnung der Antragsgegnerin über das befristete und örtlich begrenzte Verbot bestimmter Bekleidungsgegenstände und Embleme vom 15.06.2011 (sog. Kuttenverordnung).

2

Der Antragsteller ist Mitglied des MC Dirty Pack 78 in B-Stadt und übt dort seit Jahren eine leitende Funktion aus. Ebenso wie bei anderen Motorradclubs ist die Mitgliedschaft zu dem MC Dirty Pack 78 durch ein Symbol für andere erkennbar. Der MC Dirty Pack ist in Freundschaft mit dem Hells Angels MC und dem Red Devils MC verbunden. Der Antragsteller drückt seine Verbundenheit zu dem Club auch in seiner Freizeit aus, indem er überwiegend Kleidung trägt, die ihn deutlich als Mitglied des MC Dirty Pack ausweisen. Darüber hinaus trägt er am Unterarm ein sog. Club-Tattoo, das seine Zugehörigkeit zu diesem Club erkennen lässt.

3

Die Verordnung vom 15.06.2011 hat auszugsweise den folgenden Wortlaut:

"§ 1

4

Für den Zeitraum vom 17. bis 26. Juni 2011 (Kieler Woche) ist es verboten, in dem in der Anlage festgelegten Gebiet Bekleidungsgegenstände zu tragen oder Embleme sichtbar mitzuführen, die sich in textlichen, bildlichen oder symbolhaften Darstellungen auf folgende so genannte Outlaw Motocycle Gangs beziehen:

5

1. …

6

2. …

7

3. …

8

4. …

9

5. …

10

6. …

11

7. …

12

8. …

13

9. MC Dirty Packs

14

10. …

15

11. …

16

12. …

17

13. …

18

14. …"

19

In der Anlage zur Verordnung wurde der räumliche Geltungsbereich ausgewiesen. Diesbezüglich wird auf Bl. 78 d. Verwaltungsakte Bezug genommen. Die Verordnung lag dem Innen- und Umweltausschuss am 07.06.2011 sowie dem Rat am 08.06.2011 vor. Nach Unterzeichnung der Verordnung durch den Oberbürgermeister am 15.06.2011 wurde die Verordnung öffentlich bekannt gemacht.

20

Der Antragsteller ist der Meinung, dass die Verordnung materiell rechtswidrig sei, weil er durch die Verordnung in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs.1 GG i.V.m. Art. 1 GG verletzt worden sei. Er habe die Kieler Woche 2011 nicht in der Kleidung besuchen können, die er üblicherweise trage. Überdies sei er durch die Verordnung gezwungen gewesen, lange Oberbekleidung zu tragen, um sein Club-Tattoo zu überdecken. Er sei darüber hinaus auch als Person diffamiert worden, da der MC Dirty Pack in der Verordnung als "Outlaw-Motocycle-Gang" bezeichnet worden sei. Dadurch sei der Eindruck erweckt worden, dass er bzw. die anderen Mitglieder des MC Dirty Pack kriminell seien, obwohl er in strafrechtlicher Hinsicht unbelastet sei. Der Antragsteller führt des Weiteren an, dass Mitglieder des Dirty Pack 78 zu keinem Zeitpunkt in irgendwelche Auseinandersetzungen verwickelt gewesen seien, die dem sog. "Rockerkrieg" zuzurechnen wären. Insbesondere gebe es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Mitglieder des MC Dirty Pack 78 und insbesondere er selbst Derartiges plane. Bisher sei es ausschließlich zu Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern des Hells Angels MC, des Bandidos MC und deren direkten Unterstützergruppen gekommen, zu denen der MC Dirty Pack 78 aber nicht gehöre. In Kiel oder in der Nähe gebe es keinen Chapter des MC Dirty Pack 78, so dass Revieransprüche von vornherein nicht in Betracht kämen. Die Antragsgegnerin habe daher von ihrem pflichtgemäßen Ermessen entweder keinen oder fehlerhaften Gebrauch gemacht, da sie eine Abwägung der öffentlichen Belange und der Interessen der einzelnen Personen entweder nicht oder fehlerhaft durchgeführt habe.

21

Der Antragsteller beantragt,

22

festzustellen, dass die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 9 der Stadtverordnung der Stadt Kiel vom 15.06.2011 rechtswidrig ist.

23

Die Antragsgegnerin beantragt,

24

den Antrag abzulehnen.

25

Die Antragsgegnerin ist der Meinung, dass der Antrag bereits unzulässig sei, weil er sich gegen eine nicht (mehr) in Geltung befindliche Norm richte. Die angegriffene Norm sei nur bis zum 26.06.2011 wirksam gewesen und sei mittlerweile außer Kraft getreten. Eine Wiederholungsgefahr scheide aus, weil nach Einschätzung der Polizeidirektion Kiel die spezifische Gefährdungslage aufgrund der Auflösung der Gruppierung "Tigers" künftig nicht mehr vorliegen werde. Die Antragsgegnerin ist ferner der Meinung, dass eine einschlägige Gefahrenprognose für die Kieler Woche 2011 bestanden habe. Durch das Zurschaustellen der Mitgliedschaft werde in der Szene ein Vormachtsanspruch öffentlich kundgetan, welcher gegenüber den anderen Gruppierungen eine erhebliche Provokation bedeute. Die Lage sei zur Zeit der Kieler Woche 2011 angespannt gewesen, weil nach dem Verbot des Bandidos MC Neumünster und Hells Angels MC Flensburg zu erwarten gewesen sei, dass die Mitglieder anderer Chapter des Bandidos MC versuchen würden, diesen Rückschlag durch konfrontatives Verhalten auf der Kieler Woche 2011 auszugleichen. Die Gefahr sei extrem dadurch verstärkt worden, dass die neu gegründete Gruppe "Tiger‘s MC" wenige Tage vor der Kieler Woche angekündigt habe, diese als "Laufsteg" zu nutzen. Ein massives Einschreiten gegen die "Tigers" sei für die Polizei im Vorfeld nicht mehr möglich gewesen. Ohne eine Ausweitung auf die weiteren Motorclubs hätte eine Stellvertretung der Motorclubs, deren Kutten verboten wurden, durch die Motorclubs, gegenüber deren Zeichen kein Verbot ausgesprochen wurde, gedroht. Die in der Verordnung genannten Motorclubs seien jeweils für ihre Unterstützung für die Hells Angels bzw. die Bandidos bekannt. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre und den Entwicklungen im Bereich der Rockerkriminalität seien tätliche Auseinandersetzungen auch zu erwarten gewesen. Erfahrungsgemäß seien in einer solchen Situation erhebliche Mengen an Einsatzkräften vor Ort erforderlich, die dann an anderer Stelle gefehlt hätten. Überdies wäre das Areal für die restlichen Besucher und die Veranstalter nicht nutzbar gewesen und das Image dieses Festes würde durch solch einen Zwischenfall erheblichen Schaden nehmen. Die Bezeichnung als "Outlaw Motocycle Gangs" sei auch keine Beleidigung, weil dieser Terminus von einem durchschnittlichen Leser nicht unmittelbar mit Kriminalität gleichgesetzt werde. Im Übrigen seien Tattoos von der Verordnung bereits nach dem Wortlaut nicht umfasst, so dass der Antragsteller das Club-Tattoo nicht hätte verdecken müssen.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Behördenakte und auf die Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

27

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

28

Der Antrag ist zulässig.

29

Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Bei § 1 Abs. 1 Nr. 9 der Stadtverordnung vom 15.06.2011 handelt es sich um eine Vorschrift einer Verordnung, deren Überprüfung im Wege der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle durch das Landesrecht vorgesehen ist (§ 47 Abs.1 Nr.2 VwGO, § 5 AGVwGO SH).

30

Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr nach Bekanntmachung der Verordnung ist gewahrt.

31

Der Antragsteller ist auch hinsichtlich § 1 Abs. 1 Nr. 9 der Verordnung antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Antragssteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in seinen subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt erst, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Antragsstellers verletzt sein können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.08.2005 - 6 BN 1.05 -, NVwZ-RR 2006, 36 m. w. N.). Der Umstand, dass eine Rechtsverletzung in der Vergangenheit eingetreten ist, ändert an der Antragsbefugnis für eine Normenkontrolle nichts (Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 90). Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass dem Antragsteller im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit i.S.d. Art. 2 Abs. 1 GG, welche auch das Tragen von Bekleidungsstücken mit Abzeichen und Emblemen von Motorclubs sowie solcher Schriftzüge auf Veranstaltungen in der Öffentlichkeit umfasst, ein subjektives Recht darauf zusteht, dass bei hoheitlichen Eingriffen und Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit die einschlägigen Vorschriften des formellen und materiellen Rechts beachtet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinne. Geschützt ist jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.05.1980 - 2 BvR 854/79 -, BVerfGE 54, 143 und Beschl. v. 06.06.1989 - 1 BvR 921/85 -, BVerfGE 80, 137). Der Antragsteller trägt in seiner Freizeit überwiegend Bekleidung, die seine Verbundenheit zum MC Dirty Pack 78 zum Ausdruck bringt. Im Juni 2011 wollte er die Kieler Woche besuchen und dabei seine gewohnte Kleidung tragen. Bei dieser Gelegenheit wollte er auch sein Club-Tattoo nicht verdecken müssen. Damit gehörte der Antragsteller zum Kreis der von § 1 Abs. 1 Nr. 9 der Verordnung Betroffenen. Ferner ist durch die Bezeichnung "Outlaw Motocycle Gangs" in der Verordnung auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Antragsteller in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 GG verletzt wurde, da es möglich ist, dass er durch diese Bezeichnung zu Unrecht von anderen mit kriminellen Kreisen in Verbindung gebracht wird.

32

Der Antragsteller hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis. In Fällen, in denen eine Rechtsvorschrift bereits außer Kraft getreten ist, ist das Rechtsschutzbedürfnis u.a. dann gegeben, wenn der Antragsteller ein Interesse an der Feststellung hat, dass die Rechtsvorschrift rechtswidrig und unwirksam war. Das ist bei einer nach § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 VwGO initiierten Normenkontrolle entsprechend den i.V.m. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO anerkannten Grundsätzen anzunehmen (Kopp/ Schenke, VwGO, § 47 Rn. 90). Eine Widerholungsgefahr ist im vorliegenden Fall gegeben. Der Antragsteller hat einen konkreten Anlass, mit der Wiederholung zu rechnen. Die Szene der "Rocker" ist geprägt durch stetige Veränderungen, sei es durch ein Verbot eines Motorclubs, einer Neugründung, eine angeordnete Vereinsheimschließung o.ä., auf die die einzelnen Mitglieder der Motorclubs reagieren. Wegen der Vielzahl von verschiedenen Motorclubs sowie der damit nicht vorherzusagenden Gefahren auf Großveranstaltungen liegt es nahe, dass die Antragsgegnerin vor anderen Veranstaltungen zu einer ähnlichen Gefahreneinschätzung gelangt und eine erneute Verordnung erlässt, die mit der streitgegenständlichen vergleichbar ist. Überdies hat der Antragsteller ein Feststellungsinteresse aus dem Gedanken des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Dies wird bei Normen angenommen, deren Geltung typischerweise zeitlich kurz befristet ist (Kopp/ Schenke, VwGO, § 47 Rn. 90). Die Verordnung war auf den Zeitraum der Kieler Woche 2011 begrenzt und trat daher bereits nach 10 Tagen außer Kraft. Aufgrund dieser kurzen Befristung muss dem Antragsteller die nachträgliche Überprüfung möglich sein.

33

Der Antrag ist auch begründet.

34

In formeller Hinsicht bestehen keine Bedenken bzgl. der Wirksamkeit der Verordnung. Das Verfahren der §§ 53 – 63 LVwG wurde eingehalten.

35

§ 1 Abs. 1 Nr. 9 der Verordnung vom 15.06.2011 war materiell rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die Verordnung war § 175 LVwG. Danach kann die Ordnungsbehörde als Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit Verordnungen erlassen. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Im vorliegenden Fall lag nach den vorliegenden Feststellungen jedoch keine Gefahr durch die Mitglieder des MC Dirty Pack für die öffentliche Sicherheit vor. Es bestand lediglich ein solcher Verdacht. Ein bloßer Gefahrenverdacht rechtfertigt aber kein Einschreiten der Sicherheitsbehörden in Form einer Rechtsverordnung auf der Grundlage der polizeilichen Generalermächtigung. Vielmehr müssen Eingriffe der staatlichen Verwaltung in die Freiheitssphäre des Einzelnen zum Zwecke der Gefahrenvorsorge nach rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen in einem besonderen Gesetz vorgesehen sein (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, 6 CN 8.01, BVerwGE 116, 347).

36

Eine Gefahr ist eine nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen mögliche Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit eintreten wird. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissenstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein "Besorgnispotential" (Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1985, 7 C 65.82, BVerwGE 72, 300). Das allgemeine Gefahrenabwehrrecht bietet keine Handhabe, derartigen Schadensmöglichkeiten im Wege der Vorsorge zu begegnen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O). Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (BVerwG, Urteil vom 26.02.1974, 1 C 31.72, BVerwGE 45, 51). Eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt (OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011, 1 B 162/11 -, NordÖR 2012, 38). Danach verlangt mithin auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose, das heißt es müssen bei abstrakt-genereller Betrachtung hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und /oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls – eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.). Die Verordnungsermächtigung in § 175 LVwG gilt aber nicht für die mögliche Gefahr oder den Gefahrenverdacht, denn es wäre mit dem Grundsatz der Bestimmtheit gesetzlicher Ermächtigungen zu Rechtsverordnungen der Exekutive und des Vorbehaltes des Gesetzes nicht vereinbar, wenn die Exekutive ohne strikte Bindung an den überlieferten Gefahrenbegriff kraft eigener Bewertung über die Notwendigkeit oder Vertretbarkeit eines Verordnungserlasses entscheiden könnte. Vielmehr ist es Sache des zuständigen Gesetzgebers, sachgebietsbezogen darüber zu entscheiden, ob, mit welchem Schutzniveau und auf welche Weise Schadensmöglichkeiten vorsorgend entgegen gewirkt werden soll, die nicht durch ausreichende Kenntnisse belegt, aber auch nicht auszuschließen sind (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).

37

Nach dem Maßstab der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze lagen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das Tragen von Bekleidungsgegenständen oder Emblemen von Mitgliedern des MC Dirty Pack, die auf die Zugehörigkeit zu ihrem Motorradclub hinweisen, während der Kieler Woche 2011 in dem aus der Anlage zur Verordnung bezeichneten räumlichen Bereich regelmäßig und typischerweise tätliche Auseinandersetzungen bzw. sonstige erhebliche Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit zur Folge hat.

38

Es ist zunächst voranzustellen, dass das Tragen von Bekleidungsstücken oder Emblemen des MC Dirty Pack, die auf die Zugehörigkeit zu diesem Motorclub hinweisen, nicht generell verboten ist. Das von der Antragsgegnerin als gefahrbegründend empfundene Verhalten (Machtdemonstration; Geltendmachung eines Vormachtsanspruches/ Revierverteidigung; Provozierung der verfeindeten Motorclubs; Einschüchterung) kann grundsätzlich zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Mitgliedern der Motorclubs, aber auch gegenüber Unbeteiligten führen. Wenn sich dieses Anschlussverhalten realisiert, liegt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor, da mit tätlichen Auseinandersetzungen gegen die objektive Rechtsordnung verstoßen wird (z.B. §§ 185, 223 ff., 240, 303 StGB).

39

Die Antragsgegnerin bezieht sich in ihrer Begründung überwiegend auf den Gefahrprognosebericht der Polizeidirektion Kiel. Aus dem gesamten Bericht ergaben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass Mitglieder des MC Dirty Pack sich in entsprechender Bekleidung /Emblemen auf der Kieler Woche gemeinsam positionieren würden, um Macht zu demonstrieren und verfeindete Motorclubs zu provozieren. Der MC Dirty Pack wurde in dem Bericht gar nicht erwähnt. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass zu befürchten gewesen sei, dass die MC Hells Angels sowie Bandidos aufgrund der vorherigen Verbote der Chapter in Flensburg und Neumünster Vormachtsansprüche auf der Kieler Woche 2011 geltend machen würden und es dadurch zu tätlichen Auseinandersetzungen mit den verfeindeten Motorclubs gekommen wäre, ist dies nicht ausreichend, um eine Gefahr ausgehend von Mitgliedern des MC Dirty Pack zu begründen. Es wurden keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen, aus denen sich ergibt, wie die Mitglieder des MC Dirty Pack sich beteiligen würden. Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aus der Neugründung des Motorclubs "Tiger's" in Kiel. Aus dem Gefahrprognosebericht selbst ergibt sich, dass "das Verhalten abzuwarten bleibt". In diesem Zusammenhang wurde wiederum nicht berücksichtigt, inwieweit Mitglieder des MC Dirty Pack sich verhalten würden, wenn Mitglieder der Tiger's die Kieler Woche als "ihren Laufsteg nutzen" würden. Es fehlen im Ergebnis gefahrbegründende Umstände in Bezug auf die Mitglieder des MC Dirty Pack.

40

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ergibt sich eine Gefahr in Bezug auf den MC Dirty Pack auch nicht aus einer möglichen drohenden Stellvertretung. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass ohne ihre Einbeziehung eine Verlagerung auf die weiteren Motorclubs in der Form stattgefunden hätte, dass die Mitglieder von den nicht von der Verordnung betroffenen Motorclubs die Machtansprüche der Mitglieder geltend gemacht hätten, die von der Verordnung betroffen sind. Dafür müssen aber ebenfalls tatsächliche Anhaltspunkte gegeben sein, die vorliegend fehlten. Es handelte sich dabei lediglich um eine Vermutung, die nicht auf eine vorherige Ankündigung bzw. auf Erfahrungen in der Vergangenheit gestützt werden konnte. Die Antragsgegnerin hat den Mitgliedern des MC Dirty Pack ein solches Verhalten unterstellt, ohne auf die genauen Beziehungen zueinander und bisheriges kooperatives Verhalten einzugehen. Eine freundschaftliche Verbindung zwischen dem MC Hells Angels und dem MC Dirty Pack ist nicht ausreichend, um davon auszugehen, dass eine Unterstützungshandlung in diesem Sinn vorgenommen werde. Anhaltspunkte dafür aus der Vergangenheit wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

41

Die Entscheidungsformel ist nach § 47 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO im Amtsblatt der Antragsgegnerin zu veröffentlichen.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

30

44

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.

45

Rechtsmittelbelehrung

46

Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim

47

Schleswig-Holsteinischen

48

Oberverwaltungsgericht,

49

Brockdorff-Rantzau-Straße 13,

50

24837 Schleswig,

51

durch Beschwerde schriftlich angefochten werden. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht einzureichen. In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Im Beschwerdeverfahren muss sich der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt oder Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.


Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 29/08/2018 00:00

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 3. Kammer - vom 16. August 2018 wird zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen
published on 24/08/2016 00:00

Tenor Es wird festgestellt, dass die Ziffer 5 der Allgemeinverfügung vom 16. Dezember 2015 rechtswidrig gewesen ist. Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentsche
published on 31/07/2015 00:00

Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 16 K 3088/15 wird bezüglich Ziffer 5 der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2015 angeordnet.Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragssteller. 2. De
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.