Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 21. Juni 2013 - 8 B 10517/13
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17. April 2013 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2), jedoch mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und zu 3) bis 9), die diese jeweils selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe
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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
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Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, der darauf gerichtet ist, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten,
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1. die Vorschriften betreffend die Rechte und Pflichten, die sich aus der Wahrnehmung von Grundeigentümerbefugnissen und des Jagdausübungsrechts durch die Jagdgenossenschaft und aus der diesbezüglichen Mitgliedschaft des Grundeigentümers für die Beteiligten ergeben, unter der Maßgabe möglicher Einschränkungen zur Verwirklichung von Allgemeininteressen hinsichtlich des Antragstellers und hinsichtlich im Einzelnen aufgelisteter 59 Grundstücke des Antragstellers vorläufig nicht anzuwenden, sowie
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2. die Vorschriften über die Wildfolge vorläufig hinsichtlich dieser Grundstücke des Antragstellers mit bestimmten, im Einzelnen genannten Maßgaben anzuwenden,
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zu Recht abgelehnt.
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Die zur Begründung der Beschwerde des Antragstellers dargelegten Gründe rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
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1. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz erweist sich teilweise bereits als unzulässig, weil dem Antragsteller inzwischen in Bezug auf einzelne der von ihm aufgelisteten Grundstücke bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte einstweilige Anordnung fehlt.
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So hat die Beigeladene zu 2) mit Schriftsatz vom 7. Juni 2013 mitgeteilt, dass der im gemeinschaftlichen Jagdbezirk Volksheim ausweislich nicht bestrittener Angaben des Antragsgegners alleinige Jagdausübungsberechtigte, der Beigeladene zu 3), erklärt hat, die Jagd auf den im Eigentum des Antragstellers stehenden Flächen, die in dieser Gemarkung und zugleich im gemeinschaftlichen Jagdbezirk Volksheim liegen, „bis auf weiteres“ nicht mehr auszuüben. Dies betrifft die beiden im Alleineigentum des Antragstellers stehenden, in seiner oben genannten Auflistung enthaltenen Flurstücke Gemarkung Volksheim, Flur …, Flurstück Nrn. … und … . Die Erklärung des Jagdausübungsberechtigten ist bei verständiger Würdigung so zu verstehen, dass er die Jagd auf diesen beiden, dem Antragsteller gehörenden Flächen - ohne weitere Vorbedingungen - bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr ausüben wird. Damit besteht gegenwärtig kein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für die begehrte einstweilige Anordnung mehr, soweit sie sich auch auf diese beiden Grundstücke bezieht. Der Bevollmächtigte des Antragstellers, dem der Schriftsatz des Beigeladenen zu 2) vom 7. Juni 2013 umgehend - vorab per Telefax - zur Kenntnisnahme übersandt worden war, hat hierauf nicht mit einer entsprechenden Einschränkung seines Antrags reagiert.
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2. Im Übrigen ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zwar weiterhin zulässig, insbesondere hat lediglich einer der beiden Pächter des gemeinschaftlichen Jagdbezirks Guldental (Jagdbogen Waldhilbersheim), nämlich der Beigeladene zu 7), erklärt, unter von dem Antragsteller zwar bisher nicht erfüllten, ihm aber ohne Weiteres zumutbaren Bedingungen vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache die Jagd auf den in diesen Jagdbezirk fallenden Grundstücken des Antragstellers nicht mehr ausüben zu wollen, nicht aber der Beigeladene zu 3) als weiterer Pächter. Der Antrag ist aber in der Sache nicht begründet.
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Dem Antragsteller steht zunächst ein Anordnungsanspruch nicht in dem von ihm geltend gemachten Umfang zu (a.); soweit im Hauptsacheverfahren ein durch einstweilige Anordnung sicherungsfähiger Anspruch besteht, fehlt es dem Antragsteller an einem Anordnungsgrund (b.).
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a. Die von dem Antragsteller vorliegend nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO begehrte Regelungsanordnung läuft im Kern im Wesentlichen darauf hinaus, allein aufgrund seiner Geltend- und Glaubhaftmachung von Gewissensgründen für eine Ablehnung der Jagdausübung auf seinen in den gemeinschaftlichen Jagdbezirken der Beigeladenen zu 1), 2), 8) und 9) gelegenen 59 Grundstücken alle für seinen Grundbesitz einschlägigen jagdrechtlichen Vorschriften, die Rechte und Pflichten in Bezug auf diesen Grundbesitz begründen, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich außer Anwendung zu lassen. Ein so weitgehender Anspruch würde dem Antragsteller im Hauptsacheverfahren indessen weder nach Maßgabe des gegenwärtigen und künftigen nationalen Rechts noch nach Maßgabe von Art. 1 des Zusatzprotokolls I zur Europäischen Menschenrechtskonvention - im Folgenden: Art. 1 ZP I - in der verbindlichen Auslegung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zustehen:
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Wie der Antragsgegner unter Bezugnahme auf die entsprechende Einschätzung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten zutreffend ausgeführt hat, bieten zunächst die derzeit noch geltenden Vorschriften des Bundes- und Landesjagdrechts keine Möglichkeit, Grundflächen von Eigentümern deshalb zu befriedeten Bezirken zu erklären, weil diese die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, noch besteht danach die Möglichkeit, Eigentümer aus diesem Grunde aus der Jagdgenossenschaft zu entlassen.
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Zwar ist diese Rechtslage nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Entscheidung „Herrmann“ konventionswidrig, weil die Verpflichtung, die Jagd auf ihren Grundstücken zu dulden, für die Eigentümer, die die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, eine unverhältnismäßige Belastung darstellt (vgl. EGMR - Große Kammer -, Urteil vom 26. Juni 2012, Nr. 9300/07, NuR 2012, 698 und juris, insbesondere Ziff. 743).
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Indessen ergibt sich - anders als der Antragsteller offenbar annimmt - auch aus den einschlägigen Regelungen zum Eigentumsschutz im Zusatzprotokoll I zur Europäischen Menschenrechtskonvention in der für nationale Gerichte und Behörden verbindlichen (Art. 46 EMRK) Auslegung durch den EGMR kein unmittelbares, absolutes Recht der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnenden Eigentümer auf Nichtanwendung jagdrechtlicher Vorschriften auf ihren Grundbesitz bzw. auf Unterlassung der dortigen Jagdausübung allein aufgrund der Geltend- und Glaubhaftmachung ethischer Ablehnungsgründe.
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So stellt sich die nach bisherigem Recht aufgrund der Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft bestehende Pflicht zur Duldung der Jagdausübung auf zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk zählenden Grundflächen nach der Systematik des insoweit einschlägigen Art. 1 Abs. 2 ZP I als staatliche Regelung der Benutzung des Eigentums dar, nämlich als hoheitliche Maßnahme, die einen bestimmten Gebrauch des Eigentums gebietet oder untersagt (vgl. dazu Kaiser, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, 1. Aufl. 2012, Art. 1 ZP I, Rn. 31, m.w.N.; s. auch Meyer-Ladewig, EMRK, 2. Aufl. 2006, Art. 1 ZP I, Rn. 34 f., der hierzu ausdrücklich das Beispiel der Zwangsmitgliedschaft in einem Jagdverband anführt).
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Hinsichtlich bloßer Nutzungsregelungen des Eigentums wird dem Konventionsstaat nach dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 ZP I ausdrücklich das Recht zugestanden, unbeschadet der in Abs. 1 normierten Eigentumsgarantie „diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse (…) für erforderlich hält“. Hierzu ist in der Rechtsprechung des EGMR anerkannt, dass die Vorschrift damit den Konventionsstaaten wegen ihrer unmittelbaren Kenntnisse der gesellschaftlichen und sonstigen Bedingungen einen weiten Beurteilungsspielraum, insbesondere in politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen, einräumt (vgl. Kaiser, a.a.O., Rn. 36, mit Rechtsprechungsbeispielen). Zugleich steht nach der Rechtsprechung des EGMR außer Frage, dass Eingriffe in die Eigentumsgarantie - auch im Wege bloßer Nutzungsregelungen - nur gerechtfertigt sind, wenn die Verhältnismäßigkeit zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel gegeben ist (vgl. Kaiser, a.a.O., Rn. 37, m.w.N.). Im Ergebnis läuft der konventionsrechtliche Eigentumsschutz bei bloßen Nutzungsregelungen daher darauf hinaus, dass die in die Nutzung des Eigentums regelnd eingreifende Maßnahme des Konventionsstaats zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und verhältnismäßig im engeren Sinne sein muss. Dabei verlangt die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne einen gerechten Ausgleich zwischen den Erfordernissen des öffentlichen Interesses bzw. des Allgemeininteresses und den Anforderungen an den Grundrechtsschutz des Einzelnen, der nach der Rechtsprechung des EGMR in erster Linie den Konventionsstaaten obliegt. Deren Organe haben eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände vorzunehmen, wobei der Konventionsstaat - wie bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses bzw. des Allgemeininteresses - über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügt, so dass die Verhältnismäßigkeit nur dann nicht gewahrt ist, wenn die Interessenabwägung offensichtlich ohne vernünftige Grundlage erscheint (vgl. zum Ganzen: Kaiser, a.a.O., m.w.N. und mit Rechtsprechungsbeispielen). Diese Grundsätze hat der EGMR auch in der Entscheidung in der Sache „Herrmann“ in Bezug auf das deutsche Jagdrecht noch einmal bekräftigt:
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„Nach gefestigter Rechtsprechung ist Art. 1 Abs. 2 des Protokolls Nr. 1 im Lichte des im ersten Satz dieses Artikels niedergelegten Grundsatzes zu sehen (…). Daher muss ein Gesetz, welches das Recht auf Achtung des Eigentums beeinträchtigt, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Erfordernissen des Allgemeininteresses der Gemeinschaft und den Anforderungen an den Schutz der Rechte des Einzelnen herbeiführen. Die Suche nach diesem Ausgleich zeigt sich in der Struktur des gesamten Art. 1 und daher auch in seinem Abs. 2. Es muss ein angemessenes Verhältnis zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel geben. Bei der Überprüfung, ob dieses Erfordernis beachtet wurde, gewährt der Gerichtshof dem Staat einen großen Ermessensspielraum. Dieser umfasst sowohl die Ausführung der Durchführungsmodalitäten als auch die Beurteilung der Frage, ob deren Folgen im Allgemeininteresse durch das Bemühen gerechtfertigt sind, das Ziel der in Rede stehenden Rechtsvorschrift zu erreichen.“ (vgl. EGMR, Urteil vom 26. Juni 2012, a.a.O., Ziff. 574).
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Vor diesem Hintergrund hat der EGMR festgestellt, das noch geltende deutsche Recht habe den gebotenen Interessenausgleich deshalb verfehlt, weil es bisher keinerlei Möglichkeit zur Berücksichtigung des Interesses eines Eigentümers, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, vorsieht (vgl. insbesondere Ziffer 732 des Urteils). Deshalb – d. h. im Hinblick auf die bisher fehlende Berücksichtigung dieses Interesses - sieht der Gerichtshof - bei gleichzeitiger grundsätzlicher Anerkennung der von der deutschen Jagdgesetzgebung verfolgten Ziele des Allgemeininteresses (vgl. Ziffer 653 des Urteils) - die nach deutschem Recht bestehende Verpflichtung auch solcher Grundstückseigentümer, die die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, die Jagd auf ihren Grundstücken dulden zu müssen, als eine unverhältnismäßige Belastung an (vgl. insbesondere Ziffer 743 des Urteils). Mit anderen Worten: Auch das Konventionsrecht in der bindenden Auslegung durch den EGMR verlangt keine unmittelbare, unbedingte Freistellung der Grundflächen solcher Eigentümer, die die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, von der Pflicht zur Duldung der Jagdausübung, sondern lediglich eine Eigentumsnutzungsregelung durch den Konventionsstaat, die die Interessen der die Jagd aus Gewissensgründen ablehnenden Grundstückseigentümer berücksichtigt und in einen angemessenen Ausgleich mit den widerstreitenden öffentlichen Interessen bringt, wobei dem nationalen Gesetzgeber für die Neuregelung ein weiter Entscheidungsspielraum eingeräumt wird.
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Von diesem Entscheidungsspielraum hat der Bundesgesetzgeber im Übrigen inzwischen Gebrauch gemacht, indem er mit Art. 1 des Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften vom 29. Mai 2013, das am 6. Juni 2013 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde (vgl. BGBl. I 1386), wegen Art. 72 Abs. 3 Nr. 2 GG allerdings erst am 6. Dezember 2013 in Kraft tritt, in das Bundesjagdgesetz einen neuen § 6 a eingefügt hat. Danach besteht gemäß § 6 a Abs. 1 Satz 1 BJagdG n.F. zwar grundsätzlich ein Anspruch eines Grundeigentümers, der glaubhaft gemacht hat, die Jagdausübung aus ethischen Gründen abzulehnen, auf Erklärung seiner zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörenden Grundflächen zu befriedeten Bezirken. Dieser Anspruch steht jedoch nach § 6 a Abs. 1 Satz 2 BJagdG n.F. unter dem Vorbehalt der zwingenden Ablehnung der Befriedung („ist zu versagen, soweit“), wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass ein Ruhen der Jagd auf der beantragten Fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen Jagdbezirk die in den Nrn. 1 bis 5 der Regelung im Einzelnen aufgeführten öffentlichen Belange gefährdet. Ob dies der Fall ist, hat die (nach Landesrecht) zuständige Behörde gemäß § 6 a Abs. 1 Satz 5 BJagdG n.F. nach Durchführung eines umfangreichen Anhörungsverfahrens unter Abwägung der Belange des Allgemeinwohls sowie der geschützten Interessen des Antragstellers an einer Befriedung zu entscheiden (vgl. zur Intention des Gesetzgebers, die Behörde zu einer entsprechenden Abwägungsentscheidung zu verpflichten, die Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes, BT-Drs. 17/12046, S. 8). Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Einschätzung ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die Neuregelung die genannten Vorgaben aus der Rechtsprechung des EGMR offensichtlich verfehlt.
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Ist danach im vorliegenden Eilverfahren davon auszugehen, dass dem Antragsteller sowohl nach dem Konventionsrecht als auch nach dem künftigen nationalen Recht im Hauptsacheverfahren nur ein Anspruch auf Berücksichtigung seines Interesses an einer jagdrechtlichen Befriedung seiner in gemeinschaftlichen Jagdbezirken gelegenen Grundflächen im Rahmen einer Abwägungsentscheidung zusteht, so kann er im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine darüber hinausgehende Regelung im Sinne einer unbedingten Freistellung seiner Grundflächen von der Anwendung jagdrechtlicher Rechte und Pflichten verlangen. Denn es ist weder nach dem Vorbringen des Antragstellers noch sonst ersichtlich, dass die gebotene Abwägung der aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles betroffenen öffentlichen Belange und privaten Interessen zwingend zur Befriedung aller Grundstücke des Antragstellers führen muss. An dem Fehlen eines dahingehenden Anordnungsanspruchs ändert auch die vom Antragsteller bei der Fassung seiner Antrags zu 1. gemachte Einschränkung nichts, wonach die sofortige vorläufige Nichtanwendung der entsprechenden Vorschriften „unter der Maßgabe möglicher Einschränkungen zur Verwirklichung von Allgemeininteressen“ stehen soll. Zum einen ist danach völlig unbestimmt, welche konkreten Maßgaben aus Sicht des Antragstellers akzeptabel sein sollen, so dass es der von ihm begehrten Regelungsanordnung an einem vollstreckungsfähigen Inhalt fehlen würde. Zum anderen würde der Ausspruch einer solchen Regelungsanordnung nichts daran ändern, dass dem Antragsteller - über die Verpflichtungen des Konventionsrechts hinausgehend - zunächst eine unbedingte Freistellung seiner Grundflächen von der Anwendung jagdrechtlicher Vorschriften gewährt würde und der Antragsgegner bzw. die Beigeladenen gezwungen wären, über einen Antrag nach §§ 123 i.V.m. 80 Abs. 7 VwGO erst nachträglich eine Abänderung der einstweiligen Anordnung auf ein gesetzes- und konventionsrechtskonformes Maß zu erreichen, wenn sich die Befriedung aller oder eines Teils der Flächen des Antragstellers nach Abwägung seiner Interessen mit den gegenläufigen öffentlichen Belangen als mit den anerkannten öffentlichen Interessen unvereinbar herausstellt. Auch dies liefe darauf hinaus, dem Antragsteller im Eilverfahren deutlich mehr zu gewähren, als er im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach maximal erreichen kann.
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Demzufolge ist im Hauptsacheverfahren nur ein Anspruch des Antragstellers auf Berücksichtigung seiner Interessen auf jagdrechtliche Befriedung seiner Grundflächen im Rahmen einer Abwägungsentscheidung anzuerkennen, der durch einstweilige Anordnung vorläufig gesichert werden könnte.
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b. Für eine danach im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allenfalls in Betracht kommende Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Bescheidung des Antrags des Antragstellers auf Befriedung seiner Grundflächen steht dem Antragsteller indessen kein Anordnungsgrund zur Seite.
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Denn dem Antragsteller drohen weder wesentliche Nachteile, wenn eine solche einstweilige Anordnung nicht ergeht, noch erscheint der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung aus anderen Gründen nötig.
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Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Antragsteller angesichts des Inkrafttretens der Neuregelung des § 6 a BJagdG erst am 6. Dezember 2013 sowie aufgrund der in § 6 a Abs. 2 BJagdG n.F. getroffenen Bestimmung, wonach die Befriedung grundsätzlich erst mit Wirkung zum Ende des Jagdpachtvertrages und lediglich, soweit dies dem Antragsteller unter Abwägung mit den schutzwürdigen Belangen der Jagdgenossenschaft nicht zuzumuten ist, frühestens zum Ende des Jagdjahres erfolgen kann, eine Erklärung seiner Grundflächen zu befriedeten Bezirken frühestens mit Wirkung ab dem 1. April 2014 erreichen kann. Die Hinnahme zumindest einer Übergangszeit bis zum 1. April 2014 erscheint dem Senat jedoch aus folgenden Gründen für den Antragsteller nicht unzumutbar:
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Zunächst erscheint nach derzeitiger Sachlage völlig offen, ob der Antragsteller mit seinem Begehren auf Befriedung seiner Grundflächen überhaupt oder gegebenenfalls auch nur teilweise Erfolg haben kann. Wie erwähnt, begehrt der Antragsteller die Befriedung hinsichtlich von 59 Grundflächen in vier verschiedenen gemeinschaftlichen Jagdbezirken, die - soweit aus den bisher vorgelegten Unterlagen ersichtlich - zudem offenbar noch sehr verstreut liegen und für die im vorgelegten Auszug aus den Geobasisinformationen mindestens fünf verschiedene Nutzungsarten und ganz unterschiedliche Flächengrößen angegeben sind. Es erscheint danach völlig offen und kann erst nach Durchführung des im neuen § 6 a Abs. 1 Satz 5 BJagdG vorgesehenen Anhörungsverfahrens der Betroffenen und der Träger öffentlicher Belange zuverlässig beurteilt werden, ob überhaupt und ggf. hinsichtlich welcher dieser Grundflächen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Ruhen der Jagd auf der entsprechenden Fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen Jagdbezirk die in Nrn. 1 bis 5 der Vorschrift genannten öffentlichen Belange gefährden würde. Immerhin deuten die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegten, fachkundigen Stellungnahmen des Kreisjagdmeisters und des Jagdpächters des gemeinschaftlichen Jagdbezirks Hackenheim darauf hin, dass zumindest hinsichtlich der großen Mehrzahl der Grundstücke, die in der Gemarkung Hackenheim gelegen sind, erhebliche Bedenken gegen eine Befriedung wegen der Erschwerung oder gar Vereitelung von großräumigen Bewegungsjagden sowie wegen der Gefahr eines erheblichen Ansteigens von Wildschäden bestehen. Beide Gesichtspunkte sind im Regierungsentwurf des Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften ausdrücklich als Beispiele für eine Unvereinbarkeit der Befriedung von Grundstücken mit geschützten Gemeinwohlbelangen aufgeführt worden (vgl. BT-Drs. 17/12046, S. 9).
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Darüber hinaus sieht der Senat keinen Anlass, im Eilverfahren die gesetzgeberische Wertung in Frage zu stellen, dass es den Grundstückseigentümern grundsätzlich zumutbar ist, zumindest den Ablauf des laufenden Jagdjahres (vorliegend zum 31. März 2014) abzuwarten, bis eine ihnen gewährte Befriedung wirksam wird. Es ist jedenfalls im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht offensichtlich, dass der Gesetzgeber damit den ihm nach der Rechtsprechung des EGMR zustehenden weiten Entscheidungsspielraum überschritten hat. Vielmehr erscheinen die in der Begründung des Regierungsentwurfs genannten gesetzgeberischen Motive für den sich ergebenden Übergangszeitraum, wonach eine unmittelbare Wirksamkeit der Befriedung während des laufenden Jagdpachtvertrages angesichts der Auswirkungen, die die Befriedung auf die praktische Jagdausübung haben kann, nicht sachgerecht wäre, durchaus nachvollziehbar (vgl. BT-Drs. 17/12046, S. 9). Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichthof in dem vom Antragsteller mehrfach zitierten Beschluss vom 30. Januar 2013 - 19 AE 12.2122 -, juris, Rn. 5 einen Anordnungsgrund unter wesentlich anderen Rahmenbedingungen bejaht hat, weil nämlich seinerzeit noch fraglich war, ob die Novellierung des Bundesjagdgesetzes zur Umsetzung der Entscheidung des EGMR noch in der laufenden Legislaturperiode verwirklicht werden konnte oder der parlamentarischen Diskontinuität anheimfallen würde, so dass der BayVGH eine Fortdauer der Grundrechts- und Konventionsrechtsverletzung über das Ende des ablaufenden Jagdjahres hinaus mit letztlich offenem Ende als mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar ansah.
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Zudem hat der Antragsteller vorliegend keine besonderen persönlichen Härtegründe für eine Unzumutbarkeit eines Zuwartens zumindest bis zum 1. April 2014 geltend zu machen vermocht, sondern sich nur pauschal auf den „fortdauernden Grundrechts- und Konventionsverstoß“ berufen, ohne allerdings zu erkennen, dass dieser lediglich in der bisher fehlenden Abwägungsentscheidung unter angemessener Berücksichtigung seiner Interessen besteht.
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Der danach allenfalls in Betracht kommenden Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung, bereits jetzt die Bearbeitung des Antrags des Antragstellers auf Befriedung seiner Grundstücke wieder aufzunehmen und dadurch eine zeitnah nach Inkrafttreten des § 6 a Abs. 1 BJagdG n.F. zu treffende Abwägungsentscheidung vorzubereiten, bedarf es indessen nicht. Denn der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 14. Juni 2013 erklärt, einer entsprechenden Empfehlung des Ministeriums folgend die Bearbeitung der bei ihm vorliegenden Anträge auf Befriedung wieder aufzunehmen und bereits jetzt in das Prüfverfahren nach § 6 a BJagdG n.F. einzusteigen. Dadurch ist bereits hinreichend gewährleistet, dass über das Begehren des Antragstellers zeitnah nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung entschieden werden wird. Da dem Antragsteller durch ein Zuwarten bis dahin nach dem oben Gesagten keine besonderen Nachteile drohen, besteht für eine einstweilige Anordnung, die weitergehende Regelungen trifft, um etwa eine noch frühzeitigere Entscheidung zu gewährleisten, kein Anordnungsgrund.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:
- 1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine); - 2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes); - 3.
die Bodenverteilung; - 4.
die Raumordnung; - 5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); - 6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse; - 7.
die Grundsteuer.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.