Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Juli 2014 - 8 A 1678/13.A
Gericht
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. Mai 2013 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Der Rechtssache kommt nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG).
4Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.
5Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 ‑ 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 (zu § 132 VwGO).
6Dies legt der Kläger nicht dar. Die von der Antragsschrift als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,
7„ob einem (gegebenenfalls auch unverfolgt ausgereisten) türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit insbesondere auf dem Hintergrund der aktuellen Unruhen in der Türkei aufgrund der Asylantragstellung allein oder in Verbindung mit tatsächlichen oder auch nur von den Heimatbehörden vermuteten regierungsfeindlichen bzw. exilpolitischen Aktivitäten gegen die türkische Regierung, insbesondere bei vermuteter Zugehörigkeit zur kurdischen Exil-PKK bei freiwilliger oder unfreiwilliger Rückkehr, insbesondere Abschiebung, in sein Heimatland gemäß Art. 16a GG, §§ 60 Abs. 1 und Abs. 2 bis 7 AufenthG relevante Repressalien wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Regimegegnerschaft mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, und ob diesem bei Rückkehr insbesondere durch Befragung und Inhaftierung am Flughafen eine menschenunwürdige Behandlung im Sinne des §§ 60 Abs. 2-7 AufenthG droht,“
8war in ihrem wesentlichen Kern für die angefochtene Entscheidung nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat den Angaben des Klägers zu einem politischen Engagement in der Türkei keinen Glauben geschenkt, weil dieser bei seiner Anhörung beim Bundesamt angegeben hatte, er sei nicht politisch tätig gewesen und habe auch keine Probleme mit den staatlichen Behörden in der Türkei gehabt.
9Im Übrigen ist in der Rechtsprechung geklärt, dass zwar vorverfolgt ausgereiste Asylbewerber und solche Personen, die durch Nachfluchtaktivitäten als exponierte Gegner des türkischen Staates in Erscheinung getreten sind und sich dabei nach türkischem Strafrecht strafbar gemacht haben, im Falle ihrer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanten Übergriffen rechnen müssen.
10Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 13. November 2013 - 8 A 2228/07.A -, UA S. 15 ff., m.w.N.
11Hiervon sind jedoch türkische Staatsangehörige nicht allein wegen ihrer kurdischen Volkszugehörigkeit betroffen, auch wenn sie einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass Kurden in keinem Landesteil der Türkei einer Gruppenverfolgung unterliegen und ihnen dessen ungeachtet in der West-Türkei trotz der auch dort problematischen Sicherheitslage und der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen eine inländische Fluchtalternative offen steht.
12Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. April 2005 ‑ 8 A 273/04.A -, vom 24. April 2006 - 8 A 4518/05.A und 8 A 2194/05.A -, vom 15. Oktober 2008 - 8 A 40/08.A - und vom 25. März 2009 - 8 A 1558/08.A - sowie Beschlüsse vom 9. Juli 2008 - 8 A 1398/08.A ‑, vom 17. Juni 2009 - 8 A 920/09.A -, vom 26. Mai 2010 - 8 A 962/10.A -, vom 6. August 2010 - 8 A 2707/09.A - und vom 16. April 2012 - 8 A 280/12.A -.
13Ebenso wenig ist allein deshalb ein Abschiebungsverbot gegeben, weil ein in die Türkei zurückkehrender Asylbewerber kurdischer Volkszugehöriger ist. Dabei hat der Senat insbesondere die Foltergefahr und die Menschenrechtslage in der Türkei auch mit Blick auf das türkische Strafrecht sowie das zeitweilige Wiederaufflammen der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen und den türkischen Sicherheitskräften in den letzten Jahren umfassend gewürdigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Sicherheitslage sich seither in einer Weise verändert hat, dass von einer asylrechtlich erheblichen Gruppenverfolgung oder einem generellen Abschiebungsverbot auszugehen wäre, sind nicht ersichtlich.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylVfG.
15Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.