Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Dez. 2018 - 7 A 3205/17
Gericht
Tenor
Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren unterbrochen ist.
1
G r ü n d e :
2Der Senat entscheidet über die Unterbrechung des Berufungsverfahrens durch den Berichterstatter. Im vorbereitenden Verfahren entscheidet der bestellte Berichterstatter u. a. über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens (vgl. § 87a Abs. 1 Nr. 1 VwGO); diese Regelung gilt entsprechend für das Berufungsverfahren (vgl. § 125 Abs. 1 VwGO). Sie ist auch auf die Fälle der Unterbrechungen nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 239 ff. ZPO anwendbar.
3Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5.11.2015 - 19 A 1582/15 -; Ortloff/Riese, in: Schoch u. a., VwGO, Stand 5/2018, § 87a Rn. 28 sowie Geiger, in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 87a Rn. 7.
4Nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 240 Satz 1 ZPO wird im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Die Voraussetzungen für die Unterbrechung des Berufungsverfahrens sind danach im Hinblick auf die vom Amtsgericht Köln am 1.9.2018 beschlossene Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der beigeladenen A. GmbH - 75 IN 232/18 - erfüllt.
5Die beigeladene A. GmbH ist Partei des Verfahrens im Sinne von § 173 VwGO, § 240 ZPO. Partei im Sinne dieser Bestimmungen ist eine Beigeladene jedenfalls dann, wenn die Beiladung notwendig ist (vgl. § 65 Abs. 2 VwGO).
6Vgl. BFH, Urteil vom 7.10.1987 - II R 187/80 -, juris sowie BFH, Urteil vom 13.10.2016 - IV R 20/14 -, juris.
7Im vorliegenden - von der Klägerin als Grundstückskäuferin betriebenen - Verfahren der Anfechtung der behördlichen Ausübung des städtebaulichen Vorkaufsrechts ist die Beiladung der Verkäuferin notwendig.
8Vgl. zur notwendigen Beiladung im Anfechtungsstreit über die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts: Kronisch, in Brügelmann, BauGB, Vorbemerkung zu §§ 24-28 BauGB, Rn. 100 (Stand Juli 2016).
9Die Ausführungen der Klägerin und der Beklagten rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der Verkäuferin und Käuferin des von der Ausübung des Vorkaufsrechts erfassten Grundstücks betrifft.
10Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.11.2009 - 4 B 52/09 -, BRS 74 Nr. 130.
11Bei einer Anfechtung eines solchen Verwaltungsakts mit Doppelwirkung durch einen Adressaten ist die Beiladung des betroffenen Dritten obligatorisch.
12Vgl. etwa Schneider, in Schoch u. a., VwGO, Loseblattkommentar, § 65, Rn. 6.
13Das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren betrifft auch die Insolvenzmasse.
14Zur Insolvenzmasse gehören jedenfalls die im Schriftsatz des beteiligten Insolvenzverwalters vom 23.11.2018 genannten Grundstücke. Das Insolvenzverfahren erfasst gemäß § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen des Schuldners im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung und das während des Verfahrens erlangte Vermögen. Aus der Eintragung der vom Insolvenzverwalter genannten Grundstücke im Grundbuch ergibt sich hier derzeit mit für die vorliegend zu treffende Entscheidung hinreichender Sicherheit die Eigentümerstellung der beigeladenen A. GmbH im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung. Ist im Grundbuch für jemand ein Recht eingetragen, so wird vermutet, dass ihm das Recht zustehe (vgl. § 891 Abs. 1 BGB).
15Die Grundstücke sind durch das Berufungsverfahren auch im Rechtssinne betroffen. Ein anhängiges Verfahren betrifft die Insolvenzmasse, wenn es zu ihr in rechtlicher oder wenigstens wirtschaftlicher Beziehung steht. Es reicht ein mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse aus, da von § 240 ZPO nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch Rechtsstreitigkeiten erfasst werden, die der Vorbereitung eines aktiv oder passiv die Insolvenzmasse betreffenden Hauptanspruchs dienen. Denn der Normzweck des § 240 ZPO, sowohl dem Insolvenzverwalter als auch den Parteien Gelegenheit zu geben, sich auf die durch die Insolvenz veränderte rechtliche und wirtschaftliche Lage einzustellen und insbesondere dem Insolvenzverwalter genügend Zeit einzuräumen, um sich mit dem Gegenstand des Rechtsstreits vertraut zu machen und zu entscheiden, ob es nötig und zweckmäßig ist, das Verfahren zu betreiben, spricht gegen ein enges Verständnis des Anwendungsbereichs und damit für die Einbeziehung auch von Verfahren, in denen um Ansprüche gestritten wird, die nur mittelbar die Insolvenzmasse betreffen.
16Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.6.2018 - 6 B 1/18 -, juris.
17Eine solche mittelbare Betroffenheit der Insolvenzmasse durch das vorliegende Verfahren, dessen Erfolgsaussichten hier nicht abschließend beurteilt werden können, liegt vor. Bei einem Erfolg der mit der Berufung weiter verfolgten Anfechtungsklage hinge es von hier nicht zu klärenden zivilrechtlichen Fragen ab, welche Ansprüche die Klägerin auf der Grundlage des Kaufvertrags vom 28.12.2016 gegen die Insolvenzmasse geltend machen könnte, des Weiteren wäre bei einem Erfolg der Anfechtungsklage im Zuge der Rückabwicklung der Vertragsbeziehungen zwischen Beklagter und der beigeladenen A. GmbH gegebenenfalls mit gegen die Insolvenzmasse gerichteten Ansprüchen auf Rückgewähr bereits entrichteter Kaufpreiszahlungen zu rechnen. Für eine mittelbare Betroffenheit der Insolvenzmasse durch das Verfahren spricht zudem, dass auch bei einer Abweisung der mit der Berufung weiter verfolgten Anfechtungsklage jedenfalls wirtschaftliche Auswirkungen auf die Insolvenzmasse in Rechnung zu stellen sind. Bei einer abschließenden Abweisung der gegen die Vorkaufsrechtsausübung gerichteten Klage wäre vom Bestand des Kaufvertrags zwischen Beklagter und der beigeladenen A. GmbH auszugehen. Dann könnte sich mit Blick auf die zugunsten der Beklagten eingetragene Vormerkung vom 22.5.2017 zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung ein „insolvenzfestes“ Aussonderungsrecht ergeben, mit der Folge, dass der betroffene Grundbesitz nicht mehr als zur Insolvenzmasse gehörend anzusehen wäre (vgl. §§ 47, 106 InsO).
18Vgl. zur Insolvenzfestigkeit vormerkungsgesicherter Ansprüche für Rechte an Grundstücken: BGH, Urteil vom 24.6.2003 - IX ZR 75/01 -, BGHZ 155, 227.
19Einer Feststellung der Unterbrechung des Verfahrens steht schließlich auch nicht etwa eine zwischenzeitliche Aufnahme durch den Insolvenzverwalter oder eine Beendigung des Insolvenzverfahrens entgegen.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.
(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten.
(1) Ist zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück des Schuldners oder an einem für den Schuldner eingetragenen Recht oder zur Sicherung eines Anspruchs auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen, so kann der Gläubiger für seinen Anspruch Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Dies gilt auch, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber weitere Verpflichtungen übernommen hat und diese nicht oder nicht vollständig erfüllt sind.
(2) Für eine Vormerkung, die im Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist, gilt Absatz 1 entsprechend.