Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 04. Sept. 2015 - 4 B 247/15
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Köln vom 19. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-
ren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Anordnung unter 1.1. der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2014 im Ergebnis zu Recht abgelehnt. In der Anordnung hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller aufgegeben, es zu unterlassen, in dem Betrieb des Antragstellers in der G. Straße 664, L. , der sich in einem Gebäude befinde, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde, und der aufgrund der Verwendung von Milchglasscheiben nicht gut einsehbar sei, Sportwetten zu bewerben, zu vermitteln oder in sonstiger Weise – z. B. durch Bereitstellen von Onlinewettautomaten – die Teilnahme an solchen Sportwetten zu ermöglichen. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
4Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung auf die Annahme gestützt, Überwiegendes spreche dafür, dass der Erlaubnisfähigkeit der Sportwettenvermittlungsstelle des Antragstellers das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV entgegen stehe. Im gleichen Gebäude G. Straße 664, L. , befinde sich bereits eine Spielhalle. Das Gebäude weise nach den sich in den Verwaltungsvorgängen befindenden Lichtbildern und nach dem Gebäudegrundriss noch nicht die Dimensionen auf, die es rechtfertigen könnten, das Gebäude ungeachtet des einheitlichen Baukörpers als Gebäudekomplex einzustufen. Eine stärkere Untergliederung des Baukörpers, die eine trennende Wirkung entfalten könnte, fehle. Der Umstand, dass sich der Eingang der Spielhalle an der zur G. Straße ausgerichteten Gebäudeseite befinde, während der Eingang zum Betrieb des Antragstellers an der Gebäuderückseite liege, hebe die erforderliche Nähebeziehung nicht auf, da zwischen beiden Eingängen nur ca. 50 Meter lägen.
5Demgegenüber lässt sich nach Ansicht des Senats aufgrund der nicht zuletzt vom Antragsteller erhobenen Einwände und der derzeit erkennbaren tatsächlichen Umstände nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass sich die angefochtene Verfügung als rechtmäßig erweisen wird. Die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren stellen sich vielmehr als offen dar (dazu unten 1.). Vor diesem Hintergrund bedarf es einer allgemeinen Interessenabwägung (dazu unten 2.).
61. Gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV dürfen Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, nicht vermittelt werden. Aufgrund der Belegenheit der Sportwettannahmestelle des Antragstellers und der Spielhalle im Haus G. Straße 664, L. , – die Spielhalle befindet sich im vorderen Gebäudeteil, die Wettvermittlung im hinteren Gebäudeteil – dürfte zwar der Tatbestand des § 21 Abs. 2 GlüStV seinem Wortlaut nach erfüllt sein. Ausweislich des im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin befindlichen Auszugs aus dem Liegenschaftskataster der Stadt L. und der dort vorgenommenen Markierung bestehen keine Zweifel, dass es sich um dasselbe Flurstück handelt und beide Spielstätten in demselben Baukörper untergebracht sind.
7Allerdings dürfte das Trennungsgebot – wie der Antragsteller zu Recht geltend macht – im Sinne der Intention des Gesetzgebers und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht in allen Anwendungsfällen, die der § 21 Abs. 2 GlüStV seinem zu weiten Wortlaut nach erfasst, anzunehmen sein, sondern nur dann, wenn tatsächlich beide Angebote im selben Geschäftslokal erfolgen oder ein vergleichbar enger örtlicher Zusammenhang vorliegt. Bei der Anwendung des gesetzlichen Verbots dürfte daher eine entsprechende verfassungskonforme, einschränkende Auslegung erforderlich sein. Der Senat legt jedenfalls für das vorliegende Eilverfahren die Möglichkeit einer solchen verfassungskonformen Handhabung des Verbotstatbestandes zugrunde.
8Während ein „Gebäude“ regelmäßig einen das Trennungsgebot rechtfertigenden engen räumlichen Zusammenhang zwischen dem Angebot einer Spielhalle und eines Wettbüros implizieren dürfte,
9vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -, NWVBl 2014, 190 f. = juris Rn. 17 f. m. w. N.,
10gilt dies nicht ohne weiteres für einen „Gebäudekomplex“. Zumindest dieser gesetzlich nicht definierte und auch in den Gesetzesmaterialien nicht erläuterte Begriff erfasst vielmehr im Tatsächlichen heterogene Fallgestaltungen und bedarf deshalb der – einschränkenden und entgegen der Auffassung des Antragstellers auch möglichen – Auslegung.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -, NWVBl 2014, 190 f. = juris Rn. 19 ff. ; Nds. OVG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 11 ME 211/14 -, ZfWG 2015, 62 = juris Rn. 8 ff.; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2012, GlüStV § 21 Rn. 38 ff., § 25 Rn. 10; im Ergebnis auch Bay. VGH, Beschluss vom 27. Mai 2014 ‑ 10 CS 14.503 -, GewArch 2014, 403 = juris Rn. 18.
12In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist etwa ein Einkaufszentrum als ein Gebäudekomplex angesehen worden.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 2007 - 4 B 29.07 -, BauR 2007, 2023 = juris, Rn. 3.
14Bahnhöfe oder Flughafengebäude können ebenfalls solche Gebäudekomplexe sein.
15Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, a. a. O., § 21 Rn. 38 ff., § 25 Rn. 10.
16Architektonisch wird von einem Gebäudekomplex bereits dann gesprochen, wenn eine Gruppe oder ein Block von Gebäuden, die baulich miteinander verbunden sind, als Gesamteinheit wahrgenommen werden. Dies kann möglicherweise – worauf der Antragsteller hinweist – ganze Bereiche von Innenstädten erfassen, soweit sie in geschlossener Bauweise bebaut sind. Die Größe solcher baulichen Räume kann damit jedenfalls stark variieren. Angesichts dessen stellte es einen Wertungswiderspruch dar, allein auf das Bestehen eines Gebäudekomplexes ohne weitere, einschränkende Voraussetzungen abzustellen. Denn es ist letztlich auch unter Einbeziehung einer zulässigen typisierenden Betrachtung nicht nachzuvollziehen, warum eine Spielhalle und ein Sportwettbüro zwar in benachbarten, baulich getrennten Gebäuden untergebracht sein dürfen, nicht jedoch beispielsweise an entgegengesetzten Enden eines Gebäudekomplexes in Form eines Einkaufszentrums, die unter Umständen mehrere 100 m auseinander liegen. Dies gilt umso mehr, als – worauf auch der Antragsteller zutreffend verweist – die nordrhein-westfälische Glücksspielverordnung keinen generellen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Sportwettbüros statuiert und die zwischen zwei Spielhallen bzw. zwei Sportwettbüros liegenden Mindestabstände lediglich 350 (§ 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW) und 200 Meter (§ 22 GlüSpVO NRW) betragen.
17Für eine einschränkende Anwendung spricht zudem der systematische Vergleich mit der Regelung des § 25 Abs. 2 GlüStV, die mehrere Spielhallen verbietet, die in einem „baulichen Verbund“ miteinander stehen, wobei dieser Begriff als Oberbegriff für das beispielhaft genannte „gemeinsame Gebäude“ oder den „Gebäudekomplex“ verwendet wird, auf die auch § 21 Abs. 2 GlüStV abstellt. Unter den Oberbegriff des „baulichen Verbunds“ dürften im Wesentlichen die Fallgestaltungen fallen, in denen sich Betriebe innerhalb eines Gebäudes oder Gebäudekomplexes befinden. Dies bringt die aus den genannten Gründen korrekturbedürftige Weite und Vielgestaltigkeit der vom Wortlaut erfassten Konstellationen in diesem anderen Kontext sprachlich noch klarer zum Ausdruck. Noch deutlicher in diese restriktive Hinsicht deutet die Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag, die beispielsweise in Bayern und Niedersachsen in die Gesetzgebungsmaterialen zu den jeweiligen Ausführungsgesetzen aufgenommen worden ist (Bay LT-Drs. 16/11995, S. 16 ff.; Nds. LT-Drs. 16/4795, S. 66 ff.). Danach dient „das Verbot der Vermittlung von Sportwetten in (Hervorhebung durch den Senat) Spielhallen und Spielbanken (des § 21 Abs. 2 GlüStV) der Vermeidung einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs“ (Bay LT-Drs. 16/11995 S. 30). Ungeachtet des Umstandes, dass diese Begründung dem Gesetzeswortlaut letztlich widerspricht, lässt sich ihr entnehmen, dass der Gesetzgeber zumindest vorrangig ein Angebot im gleichen Betrieb im Auge hatte (vergleichbar mit der früheren Regelung in § 5 Abs. 3 GlüStV AG NRW; jetzt § 13 Abs. 5 AG GlüStV NRW und § 20 Abs. 1 GlüSpVO NRW).
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. April 2015 ‑ 4 B 1376/14 ‑, juris Rn. 16, m. w. N.
19Ähnlich wie § 25 Abs. 2 GlüStV darauf abzielt, das gewerbliche Spiel auf das Maß von Unterhaltungsspielen und damit als harmloses Zeitvergnügen zurückzuführen und die Entstehung spielbankähnlicher Großspielhallen zu verhindern,
20vgl. Bay LT-Drs. 16/11995 S. 31,
21soll durch § 21 Abs. 2 GlüStV verhindert werden, dass die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet wird, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Zahl anfällig für die Entwicklung einer Spiel- oder Wettsucht ist. Es ist davon auszugehen, dass das Automatenspiel die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervorbringt. Die räumliche Verknüpfung von gewerblichem Spiel mit einer Annahmestelle für Sportwetten würde daher für Automatenspieler einen nach der Zielsetzung des GlüStV unerwünschten Anreiz bieten, sich dem Wetten zuzuwenden. Ebenso könnten durch eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden unerwünschter Weise dazu animiert werden, sich dem Automatenspiel zuzuwenden.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2011 - 4 A 1965/07 -, NWVBl. 2012, 271 = juris Rn. 49 ff.; Saarl. OVG, Beschluss vom 6. Dezember 2012 – 3 B 268/12 ‑, juris Rn. 12.
23Die Auslegung der Norm hat sich jedenfalls auch an ihrer spielsuchtpräventiven und spielerschützenden Funktion zu orientieren. Nach übereinstimmenden wissenschaftlichen Forschungsergebnissen ist die Verfügbarkeit bzw. „Griffnähe“ der Glücksspiele ein wesentlicher Faktor der Entwicklung und des Auslebens der Spielsucht. Das Trennungsgebot zwischen Spielhallen/Spielbanken und Sportwettvermittlungsbüros verlangt daher einen solchen Abstand zwischen den jeweiligen Glücksspielangeboten, dass die sogenannte „Griffnähe“ nicht mehr vorliegt. Als Kriterien hierfür kommen im Hinblick auf die Spielsuchtprävention in Betracht, ob zwischen der Spielhalle und der Wettannahmestelle eine räumliche Verbindung besteht, ob das Wechseln von einer Spielstätte in die andere kurzläufig ohne Verlassen des Gebäudes möglich ist oder ob der jeweilige Spieler die andere Spielstätte im Blick hat und daher schon dadurch ein besonderer Anreiz besteht, zur anderen Spielstätte zu wechseln.
24Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 11. Juni 2014 - 10 CS 14.505 ‑, juris Rn. 18; Begründung zu § 21 Abs. 2 GlüStV, z. B. Bay. LT-Drs. 16/11995, S. 30.
25Legt man die „Griffnähe“ als Kriterium für die vom Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 21 Abs. 2 GlüStV bezweckte Suchtprävention zugrunde, so sind auch bei einer Belegenheit einer Annahmestelle und einer Spielhalle in einem Gebäude Konstellationen denkbar, in denen selbst der Begriff „Gebäude“ im dargelegten Sinn einschränkend ausgelegt werden muss, wenn es sich zum Beispiel um ein sehr großes, gegebenenfalls noch stark untergliedertes Gebäude mit mehreren Etagen und Zugängen handelt.
26Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 11. Juni 2014 - 10 CS 14.505 ‑, juris Rn. 18.
27Hiernach kommt nach Aktenlage ernsthaft in Betracht, dass vorliegend – unabhängig davon, ob von einem Nebeneinander von Spielhalle und Wettbüro innerhalb eines Gebäudes oder innerhalb eines (auch von der Antragsgegnerin nicht ausgeschlossenen) Gebäudekomplexes ausgegangen wird – eine den Verbotstatbestand auch bei der gebotenen einschränkenden Auslegung ausfüllende räumliche Nähebeziehung besteht und die Antragsgegnerin deshalb zu Recht von einer fehlenden Erlaubnisfähigkeit des Betriebs der Sportwettenvermittlung des Antragstellers ausgegangen ist. Beide Betriebe befinden sich im Erdgeschoß des (Mehrfamilien-)hauses G. Straße 664. Es ist einem Spieler möglich, zeitnah und teilweise sogar im Schutz vorkragender Gebäudeteile von einer – Einrichtung ‑ zur anderen zu wechseln, ohne dabei einen trennenden Verkehrsweg queren zu müssen. Mit Blick darauf besteht zudem die ernsthafte Möglichkeit, dass ortskundige Spieler das Haus G. Straße 664 bewusst aufsuchen, um von der Nähe der Betriebe zueinander zu profitieren. Auch ortsunkundigen Besuchern, die die Wettannahmestelle des Antragstellers erstmals aufsuchen, wird vielfach die Existenz der Spielhalle nicht verborgen bleiben. Zwar befinden sich die beiden Betriebe an unterschiedlichen Gebäudeseiten. Die Spielhalle liegt an der der G. Straße zugewandten vorderen Gebäudeseite, die Wettvermittlungsstelle des Antragstellers an der rückwärtigen Seite des Gebäudes. Für die Besucher der Wettvermittlungsstelle des Antragstellers liegt die Spielhalle in Sichtweite, wenn sie die Wettvermittlungsstelle über die – von der G. Straße aus gesehen – rechts neben dem Gebäude befindliche Zuwegung/Zufahrt erreichen und dabei auch die beiden an der Gebäudevorderseite in beachtlicher Größe angebrachten Schriftzüge „SPIELHALLE“ passieren.
28Trotz dieser Nähebeziehung ist bei der voraussichtlich gebotenen verfassungskonformen einschränkenden Auslegung allerdings auch nicht fernliegend, dass der erforderliche enge örtliche Zusammenhang nicht gegeben ist, weil zwischen den Spielstätten keine direkte Verbindung besteht und ein Wechsel deshalb nur durch Verlassen und Wiederbetreten des Gebäudes sowie unter – kurzzeitigem – Betreten öffentlichen Verkehrsraums erfolgen kann. Es ist nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass dieser Umstand die Anreizwirkung, die von dem Nebeneinander von Wettbüro und Spielhalle im Gebäude G. Straße 664 ausgehen könnte, erheblich reduziert. Denn der Anreiz für einen Spieler, von einem Betrieb zum anderen zu wechseln, besteht vorrangig darin, dass der Wechsel „bequem“ ist und ein Verlassen des Gebäudes jedenfalls im Regelfall nicht voraussetzt. Mit Blick darauf und vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) erschließt sich jedenfalls nicht ohne weiteres, warum der Umstand, dass sich die Betriebe hier in einem Gebäude oder Gebäudekomplex befinden, als zureichendes Unterscheidungskriterium herangezogen werden könnte, obwohl etwa die Nutzung eines gegenüber liegenden oder direkt benachbarten, aber baulich getrennten Gebäudes in gleicher oder geringerer Entfernung und vergleichbarer oder sogar noch besserer Sichtbeziehung zulässig wäre. Deshalb könnte die Frage, ob ein Betreten des öffentlichen Verkehrsraums für einen Wechsel zwischen den Einrichtungen erforderlich ist, ein taugliches Abgrenzungskriterium zur Bestimmung der erforderlichen engen Nähebeziehung sein, die Angeboten innerhalb desselben Geschäftslokals vergleichbar ist. Ob dies zur Vermeidung der bezeichneten Wertungswidersprüche sachgerecht und erforderlich ist, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. April 2015 - 4 B 1376/14 ‑, juris Rn. 19, unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 ‑, NWVBl. 2014, 190 f. = juris Rn. 30; Bay. VGH, Beschluss vom 25. Juni 2013 - 10 CS 13.145 ‑, ZfWG 2013, 338 = juris Rn. 22; Beschluss vom 27. Mai 2014 - 10 CS 14.503 ‑, GewArch 2014, 403 = juris Rn. 18; gegen eine Erheblichkeit Nds. OVG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 11 ME 211/14 -, ZfWG 2015, 62 = juris Rn. 9, das auf den kurzläufigen Wechsel bzw. Sichtkontakt zwischen den Einrichtungen abstellt.
30Diese komplexen Fragen können im vorliegenden Eilverfahren aufgrund seines vorläufigen Charakters nicht abschließend beantwortet werden. Ihnen wird ggfs. im Hauptsacheverfahren näher nachzugehen sein.
31Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen merkt der Senat im Übrigen an, dass sich dem vom Antragsteller zitierten Urteil des Senats vom 8. Dezember 2011 - 4 A 1965/07 -, NWVBl 2012, 271 = juris Rn. 59, keine Aussage dahingehend entnehmen lässt, der Senat halte gerade die benachbarte Betriebsführung von Spielhallen und Sportwettbüros für sinnvoll, jedenfalls aber für unbedenklich. Zu einer solchen Einschätzung bestand auf der Grundlage des damals geltenden Rechts (§ 5 Abs. 3 AG GlüStV NRW a. F.) keine Veranlassung. Der Senat hat sich vielmehr darauf beschränkt, den gesetzlichen Verweis auf eine zwingend getrennte Betriebsführung als zumindest unter wirtschaftlichen Aspekten unbedenklich zu qualifizieren. Weitergehende Aussagen, welcher Art die getrennte Betriebsführung zu sein hätte, enthält die Entscheidung nicht. Auch auf der Grundlage des geltenden Rechts stellt sich nicht die generelle Frage, ob die benachbarte Betriebsführung von Spielhallen und Sportwettbüros sinnvoll ist. Wegen des Fehlens einer Mindestabstandsregelung bedarf es lediglich einer Abgrenzung, unter welchen Voraussetzungen benachbarte Betriebe ohne Verstoß gegen das Trennungsgebot nach § 21 Abs. 2 GlüStV zulässig sind.
322. Vor diesem Hintergrund lässt sich weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Anordnung unter 1.1. der angegriffenen Ordnungsverfügung sowie der zu ihrer Umsetzung unter 2. getroffenen Folgeentscheidungen im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens feststellen. Die damit erforderliche allgemeine Interessenabwägung fällt zum Nachteil des Antragstellers aus. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hätte zur Folge, dass der Antragsteller bis zur endgültigen Klärung der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin die ihm untersagten Tätigkeiten fortsetzen dürfte. Dies würde jedoch dem § 21 Abs. 2 GlüStV und § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV zugrunde liegenden Ziel des Gesetzgebers zuwiderlaufen, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern (§ 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) und sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt werden (§ 1 Satz 1 Nr. 4 GlüStV).
33Vgl. auch: Bay. VGH, Beschluss vom 25. Juni 2013 - 10 CS 13.145 ‑, juris Rn. 29.
34Demgegenüber hat das Interesse des Antragstellers, die ihm untersagten Tätigkeiten bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren einstweilen fortsetzen zu dürfen, zurückzutreten. Hierbei berücksichtigt der Senat den Umstand, dass der Antragsteller sein Gewerbe erst nach Inkrafttreten des Änderungsvertrags zum Glücksspielstaatsvertrag und damit zumindest in Kenntnis des bestehenden Untersagungsrisikos aufgenommen hat, auf das ihn im Übrigen die Antragsgegnerin bereits mit Schreiben vom 8. April 2014 hingewiesen hat. Jedenfalls ist die Wettvermittlung durch den Antragsteller nicht offensichtlich erlaubnisfähig. Derartige Unsicherheiten gehen bei der in Rede stehenden grundsätzlich erlaubnisbedürftigen Betätigung selbst dann zu Lasten des Betroffenen, wenn er – wie hier – aus anderen Gründen derzeit keine Erlaubnis erhalten kann. Damit verbleibt es bei der in § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung, wonach die Untersagungsverfügung sofort vollziehbar ist.
35Vgl. auch: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013
36‑ 4 B 574/13 ‑, juris Rn. 31.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
38Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Annotations
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.