Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 30. Apr. 2015 - 2 E 332/15
Gericht
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert. Der Streitwert für das Klageverfahren wird auf 12.000,00 EUR festgesetzt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
Gründe:
2Die von dem Kläger erhobene Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung erster Instanz, über die der Berichterstatter des Senats gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 HS. 2 GKG als Einzelrichter entscheidet, ist zulässig. Mit ihr verfolgt der Kläger eine Herabsetzung des von dem Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 9 K 6765/13 - für das auf die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung (Ladenlokal in Wettbüro mit einer Nutzfläche von 78,98 m²) gerichtete Klageverfahren festgesetzten Streitwertes. Zur Begründung des auf insgesamt 47.388,00 EUR festgesetzten Streitwerts hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Streitwertentscheidung orientiere sich an dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05/.01.06.2012 und am 18. 07.2013 beschlossenen Änderung (NVwZ-Beilage 2/2013, S. 57 ff.), der in Ziffer 9.1.2.2 bei Spielhallen einen Streitwert von 600,00 EUR je Quadratmeter Nutzfläche (ohne Nebenräume) vorsehe; dieser Wert könne für Wettbüros entsprechend herangezogen werden. Nach Auffassung des Klägers wäre der Streitwert in Anlehnung an den für Einzelhandelsbetriebe einschlägigen Tatbestand der Ziffer 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit) zu bemessen gewesen.
3Die Beschwerde hat insoweit Erfolg, als sie im Ergebnis die Änderung des angefochtenen Beschlusses und Festsetzung des Streitwertes für das Klageverfahren auf 12.000,00 EUR begründet.
4Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist dabei, welchen Streitgegenstand der Kläger dem Gericht mit seinem Klageantrag zur Entscheidung unterbreitet und welche wirtschaftliche Bedeutung dieser für ihn hat. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Sichtweise des Klägers, sondern auf eine objektive Beurteilung an. Mit der Befugnis, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstandes zu schätzen; eine weitgehende Schematisierung und Typisierung für gleichartige Streitigkeiten ist zulässig und geboten.
5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. April 2012 - 2 E 293/12 -, NVwZ-RR 2012, 742 = juris Rn. 2, m.w.N.
6In baurechtlichen Streitigkeiten wie hier entspricht es dabei der Streitwertpraxis der Bausenate des beschließenden Gerichts, den Streitwert in Orientierung an ihrem Streitwertkatalog vom 17. September 2003 (BauR 2003, 1883ff.) festzusetzen.
7Ausgehend davon ist der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 12.000,00 EUR herabzusetzen.
8Nach Ziffer 3a des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts kommt es für die Bemessung des Streitwerts bei Streitigkeiten, in denen es – wie hier – um die Erteilung einer Baugenehmigung für gewerbliche Bauten geht, maßgeblich auf den (zu erwartenden) Jahresnutzwert an.
9Wird die Genehmigung für die Nutzung von Räumen als Wettbüro verfolgt, kann als Hilfskriterium für die Bestimmung des Nutz- oder Mietwerts dieser Räume allerdings nicht Ziffer 3c des Streitwertkatalogs der Bausenate herangezogen werden, wonach im Genehmigungsstreit für Spielhallen ein Streitwert von 500,00 EUR je Quadratmeter Nutzfläche angenommen wird. Die Ziffern 3b und 3c des Streitwertkatalogs der Bausenate stellen, wie auch die im Ansatz vergleichbaren Ziffern 9.1.2.1 und 9.1.2.2 des vom Verwaltungsgericht herangezogenen Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Sonderregelungen dar. Geht es im Genehmigungsstreit um Handelsbetriebe oder Spielhallen ist es möglich, die Bewertung des mit der Klage oder mit dem Antrag verfolgten Interesses typisierend an ihrer Verkaufs- beziehungsweise Nutzfläche zu orientieren. Bei Spielhallen ergibt sich dies daraus, dass der mit ihnen jeweils zu erzielende Umsatz von der jeweiligen Zahl der aufgestellten Geldspielgeräte abhängt, die wiederum nach gewerberechtlichen Vorschriften durch die Nutzfläche vorgegeben ist. Diese Möglichkeit der Interessenbewertung lässt sich auf ein Wettbüro mangels eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen dessen Nutzfläche und den mit der Nutzung als Wettbüro zu erzielenden Umsätzen nicht verallgemeinernd übertragen.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Februar 2013- 10 B 12/13 -; a.A. für eine streitwertmäßige Gleichstellung von Spielhallen und Wettbüros: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. September 2014- 10 S 8.13 -, juris Rn. 21, und Hessischer VGH, Beschluss vom 25. August 2008 - 3 ZU 2566/07 -, juris Rn. 22, jeweils ohne weitere Erläuterung.
11Kommt es danach für die Bewertung des Interesses des Klägers auf den geschätzten Jahresnutzwert der Räume an, deren Umnutzung als Wettbüro er verfolgt, erscheint es mangels anderer Anhaltspunkte sowie unter Einbeziehung der von dem Kläger erfolgten Eigenschätzung seines Nutzungsinteresses - auch wenn er sich an der Sonderregelung des Streitwertkatalogs für Handelsbetriebe orientiert - mit 12.000,00 EUR angemessen bewertet. Eine weitere Reduzierung des Streitwerts, sollte der Kläger eine solche mit der Beschwerde überhaupt verfolgt haben, ist nicht angebracht.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
13Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.