Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 17. Sept. 2014 - 19 B 985/14
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Senat prüft nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe. Diese rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat den Aussetzungsantrag des Antragstellers gegen seine Überweisung von der Klasse 8d in eine parallele Klasse im Bescheid der Schulleiterin der Gesamtschule der Stadt C. vom 28. März 2014 zu Recht abgelehnt. Mit diesem Bescheid hat die Schulleiterin den Antragsteller in eine parallele Klasse überwiesen und ihn vorübergehend vom 31. März 2014 bis einschließlich zum 4. April 2014 vom Unterricht ausgeschlossen. Zum Gegenstand sowohl des Aussetzungsantrags als auch der Klage 10 K 3159/14 VG Köln hat der Antragsteller ausschließlich seine Überweisung in eine parallele Klasse gemacht. Dies haben seine Prozessbevollmächtigten in der Antragsschrift mit dem Zusatz „soweit sich die Klage gegen die Verweisung in die Parallelklasse wendet“ und im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 3. Juli 2014 ausdrücklich klargestellt. Der vorübergehende Unterrichtsausschluss im Bescheid vom 28. März 2014 ist damit bestandskräftig.
3Der Aussetzungsantrag des Antragstellers gegen seine Überweisung in eine parallele Klasse ist statthaft. Eine Überweisung in eine parallele Klasse nach § 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SchulG NRW ist nach Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar, ohne dass die Schule in ihrem Bescheid eine Vollziehungsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO treffen muss.
4Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht als unbegründet angesehen. Eine Aussetzung der Vollziehung kommt in den Fällen des § 53 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW nur in Betracht, wenn im konkreten Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die gemessen am Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG ausnahmsweise eine solche Entscheidung rechtfertigen.
5OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2014
6- 19 B 679/14 ‑, juris, Rdn. 4 m. w. Nachw., und
7vom 26. Mai 2014 - 19 B 203/14 ‑, juris, Rdn. 2.
8Solche besonderen Umstände liegen hier nicht vor. Insbesondere hat der Antragsteller solche Umstände auch in seiner Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt. Ohne Erfolg bleibt sowohl sein Einwand, die streitige Schulordnungsmaßnahme widerspreche dem Zweck des § 53 Abs. 3 SchulG NRW (I.), als auch seine Rüge, das Verwaltungsgericht habe ihre Verhältnismäßigkeit zu Unrecht bejaht (II.) Auch die gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor (III.).
9I. Entgegen der Auffassung des Antragstellers steht die angefochtene Überweisung in eine parallele Klasse mit dem Zweck des § 53 SchulG NRW im Einklang. Ordnungsmaßnahmen dienen gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW der geordneten Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule sowie dem Schutz von Personen und Sachen. Diese beiden Teilzwecke qualifizieren die Ordnungsmaßnahmen als ausschließlich zukunftsgerichtete pädagogische Maßnahmen (Prävention). Sie dienen dazu, den betroffenen Schüler selbst von einer Wiederholung seines Fehlverhaltens abzuhalten, ihn in seinem künftigen Verhalten zur Erfüllung seiner schulischen Pflichten anzuhalten und bei ihm Einsicht und Besserung zu bewirken (Spezialprävention) und/oder Mitschüler davon abzuhalten, ähnliche Ordnungsverstöße zu begehen, um Störungen des Schulbetriebs künftig zu unterbinden (Generalprävention). Es steht grundsätzlich im Ermessen der Schule, ob sie eine Schulordnungsmaßnahme jeweils ausschließlich auf spezial- oder generalpräventive Gründe stützt und ob sie, wenn sie beide Gesichtspunkte heranzieht, diese kumulativ oder alternativ zugrunde legt. Insbesondere entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Schule eine Ordnungsmaßnahme grundsätzlich auf generalpräventive Gründe stützen darf. Solche Gründe sind von den in § 53 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW allgemein formulierten Zielen mit umfasst, eine geordnete Unterrichts- und Erziehungsarbeit „der Schule“ und den Schutz von Personen und Sachen zu gewährleisten.
10OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2014, a. a. O., Rdn. 15, vom 26. Mai 2014, a. a. O., Rdn. 9, und vom 11. September 2012 ‑ 19 B 935/12 ‑, S. 4 des Beschlussabdrucks m. w. N.
11Nicht überzeugend ist demgegenüber die bei
12Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rdn. 446 und Fußnote 479,
13vertretene anderslautende Auffassung, es sei generell unzulässig, generalpräventive Erwägungen in die Entscheidung über Schulordnungsmaßnahmen einfließen zu lassen. Diese Auffassung verwechselt Ursache und Wirkung, wenn sie von der unzutreffenden Prämisse ausgeht, mit einer zumindest auch generalpräventiv begründeten Ordnungsmaßnahme mache die Schule den einzelnen Schüler „ohne eigenes Zutun für das Verhalten Dritter verantwortlich“. Diese Prämisse geht jedenfalls für Nordrhein-Westfalen am geltenden Recht vorbei. Denn nach § 53 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW setzt jede Ordnungsmaßnahme gegen einen Schüler tatbestandlich voraus, dass dieser Schüler eine Pflichtverletzung zu verantworten hat. Diese Pflichtverletzung muss ihm zudem, wie Satz 5 zeigt, individuell zurechenbar sein. Beide Bestimmungen schließen es für Nordrhein-Westfalen schon vor der Stufe der Ermessensausübung zwingend aus, dass die Schule einen Schüler mit einer Schulordnungsmaßnahme für ein Fehlverhalten Dritter verantwortlich macht. Hat der Schüler hingegen, wie hier, eine ihm individuell zurechenbare Pflichtverletzung zu verantworten, darf die Schule gegen ihn eine Ordnungsmaßnahme auch mit dem Ziel der Einwirkung auf andere Schüler ergreifen.
14Zu Unrecht beruft sich die zitierte Gegenauffassung im Übrigen auf die obergerichtliche Rechtsprechung insbesondere des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des OVG Rheinland-Pfalz. Beide Gerichte haben vielmehr ausdrücklich oder sinngemäß ebenfalls festgestellt, dass die Schule eine Schulentlassung insbesondere wegen Drogenmissbrauchs nach dem dort jeweils einschlägigen Landesrecht auch auf generalpräventive Gesichtspunkte stützen und diesen Gesichtspunkten erhebliches Gewicht bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung beimessen darf.
15BayVGH, Beschlüsse vom 14. April 2014 ‑ 7 CS 14.553 ‑, juris, Rdn. 18, und vom 14. Juni 2002
16‑ 7 CS 02.776 ‑, BayVBl. 2002, 671, juris, Rdn. 53 (Marihuana); OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. August 2013 ‑ 2 A 10251/13 ‑, juris, Rdn. 29
17(Legal Highs).
18Die vorliegend angefochtene Überweisung in eine parallele Klasse hat die Schulleiterin der Gesamtschule C. kumulativ sowohl auf spezial- als auch auf generalpräventive Gründe gestützt. Das ergibt sich sowohl aus der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2014 (S. 4: „Ziel der Maßnahme ist es, Einsicht und Besserung der betroffenen Schüler zu bewirken und andere Schüler davon abzuhalten, die gleichen Ordnungsverstöße zu begehen.“) als auch aus der Antragserwiderung der Schulleiterin („Neuanfang für M. “, „Es ging und geht mir auch darum, dass ein solches Verhalten eindeutig als nicht akzeptabel in unserer Schulgemeinschaft benannt wird.“). Sowohl die spezial- als auch die generalpräventiven Gründe hat die Schulleiterin im vorliegenden Fall zu Recht angenommen.
19Zutreffend hat die Schulleiterin zunächst ein spezialpräventives Bedürfnis gesehen. Der Antragsteller lässt eine konsequente Einsicht in sein Fehlverhalten bis heute vermissen, das in der Veröffentlichung einer kompromittierenden Videoaufnahme von seiner Klassenlehrerin Frau I. im Unterricht auf seiner Facebook-Seite bestand. Schon in seiner Anhörung durch die Schulleiterin am 24. März 2014 gab er zu, er wisse aus den zahlreichen Informationen im Unterricht über den Umgang mit sozialen Netzwerken, dass sein Verhalten sowohl gegen alle schulischen Regeln verstoße als auch strafrechtliche Folgen habe, „er aber die Situation witzig gefunden habe und ihm das egal gewesen sei“. Zudem hat er Frau I. bis heute nicht um Entschuldigung für sein Fehlverhalten ihr gegenüber gebeten. Bezeichnend für seine fehlende Unrechtseinsicht ist seine in der Beschwerdebegründung weiterverfolgte Taktik, seine Bemerkung „War dumm“ in dem Gespräch mit Frau I. am Tag des Bekanntwerdens seines Facebook-Videos bei der Schulleitung nachträglich auf sein dieses Video zu beziehen. Denn für ihn war erkennbar, dass Frau I. zu diesem Zeitpunkt noch nichts von diesem Video wissen konnte und sie daher seine Bemerkung nur auf das Foto bei WhatsApp beziehen konnte, von dem bis dahin ausschließlich die Rede gewesen war. Die Aktenlage spricht dafür, dass er das Missverständnis bei Frau I. aus Angst vor einer Strafanzeige bewusst in Kauf genommen hat, um den wahren Sachverhalt ihr gegenüber nicht offenbaren zu müssen. Hierin läge ein weiterer schwerwiegender Vertrauensbruch gegenüber Frau I. .
20Sollte er, wie er nunmehr behauptet, irrig angenommen haben, Frau I. habe bereits von Dritten von seinem Facebook-Video erfahren, so war es seine Aufgabe, das entstandene Missverständnis aufzuklären, und Frau I. in einem erneuten Gespräch ernsthaft um Entschuldigung zu bitten. Stattdessen hat er es bei einer im Konjunktiv formulierten handschriftlichen Erklärung belassen, von der offen bleibt, ob, wie und wo er sie an Frau I. übermittelt hat („Hätte ich von dem Missverständnis gewusst, hätte ich noch einmal mit ihnen geredet, um ihnen zu sagen, dass es mir Leid tut.“). Der Senat wertet diesen Brief als den ausschließlich verfahrensangepassten Versuch, den Ausgang des Beschwerdeverfahrens günstig zu beeinflussen. Seine Beteuerung in der Beschwerdebegründung, er wolle sein Fehlverhalten nicht relativieren, ist vor diesem Hintergrund ein reines Lippenbekenntnis.
21Auch das generalpräventive Bedürfnis für die Überweisung des Antragstellers in eine parallele Klasse hat die Schulleiterin zu Recht bejaht und dieses Bedürfnis auch mit dem ihm zukommenden Gewicht in ihre pädagogische Ermessensentscheidung eingestellt. Ein solches Bedürfnis besteht in aller Regel, wenn ein Schüler ein kompromittierendes Foto oder Video von einem Lehrer mit bedingtem Vorsatz oder gar der erkennbaren Absicht in ein soziales Netzwerk einstellt, dessen Ansehen vor der Schulöffentlichkeit und gegebenenfalls auch außerhalb der Schule herabzuwürdigen.
22Vgl. dazu VG Augsburg, Urteil vom 5. Februar 2013 ‑ Au 3 K 12.969 ‑, juris, Rdn. 41 (Schulentlassung wegen Facebook-Eintrag).
23Dieses generalpräventive Bedürfnis hat im vorliegenden Fall besonderes Gewicht, weil weite Kreise der Gesamtschule C. das Handyvideo auf der Facebook-Seite des Antragstellers auch tatsächlich zur Kenntnis genommen haben. Das lässt sich aus der Mitteilung der Schulleiterin rückschließen, Frau I. habe über Tage hinweg unangemessene Bemerkungen von Schülern der eigenen Klasse und aus anderen Jahrgangsstufen anhören müssen, ohne das Video selbst gesehen zu haben und ohne zu wissen, ob nicht doch noch eine Kopie des Videos im Netz kursiert. Die Richtigkeit dieser Mitteilung hat der Antragsteller weder erstinstanzlich noch im Beschwerdeverfahren angezweifelt.
24Auch in diesem Zusammenhang bagatellisiert der Antragsteller sein Fehlverhalten, wenn er in der Beschwerdebegründung die Auffassung vertritt, das Video zeige lediglich eine von ihm „unkommentierte Schulsituation, die weder beleidigend noch sonst ein Angriff auf die Lehrerin“ gewesen sei. Tatsächlich zeigt das Video Frau I. , wie sie den Mitschüler O. L. laut und heftig maßregelt, ohne dass der Anlass für diese Erziehungsmaßnahme, nämlich dass O. Frau I. unerlaubt mit dem Handy fotografiert hatte, aus dem Video selbst erkennbar wird.
25Vor diesem Hintergrund liegt der Einwand des Antragstellers neben der Sache, es stehe fest, „dass die Funktionsfähigkeit des Schulbetriebes nicht infrage gestanden“ habe. Hierauf kommt es nicht an. Eine Überweisung in eine Parallelklasse setzt nicht voraus, dass das Fehlverhalten des Schülers die Funktionsfähigkeit des Schulbetriebes in Frage stellt. Nur die Schulentlassung oder deren Androhung nach § 53 Abs. 3 Nrn. 4 oder 5 SchulG NRW setzen nach dessen Abs. 4 Satz 1 voraus, dass der Schüler durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten die Erfüllung der Aufgaben der Schule oder die Rechte anderer ernstlich gefährdet oder verletzt hat. Eine Überweisung in eine parallele Klasse oder Lerngruppe nach § 53 Abs. 3 Nr. 2 SchulG NRW darf die Schule hingegen auch unterhalb dieser Schwelle ergreifen, nämlich schon dann, wenn das Fehlverhalten des Schülers im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW die geordnete Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule beeinträchtigt. Der in diesem Sinn verstandene „Schulfrieden“ war entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht bereits dadurch wiederhergestellt, dass seine Eltern seine Facebook-Seite vor Ergehen der Ordnungsmaßnahme deaktiviert hatten. Das generalpräventive Bedürfnis bestand vielmehr fort, wie auch die über Tage hinweg andauernden unangemessenen Bemerkungen von Schülern verschiedener Jahrgangsstufen gegenüber Frau I. belegen.
26II. Ohne Erfolg bleibt auch der weitere Einwand des Antragstellers in der Beschwerdebegründung, die Schulleitung habe die Prüfung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit unterlassen, ob die unbefristete Überweisung in eine Parallelklasse überhaupt erforderlich war und ob nicht der vorübergehende Unterrichtsausschluss oder eine befristete Überweisung ausgereicht hätte. Dieser Vorwurf ist unzutreffend. Entgegen seiner Behauptung hat die Schulleiterin vielmehr im Rahmen ihrer Ermessensausübung durchaus das Gewicht seines Pflichtverstoßes einerseits und andererseits die daraus resultierenden Folgen für die Lehrerin sowie für die Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule berücksichtigt.
27Der Senat teilt ihre Bewertung auch in der Sache. Die Pflichtverletzung des Antragstellers war in mehrfacher Hinsicht schwerwiegend, weil er verbotswidrig im Unterricht eine Videoaufnahme von seiner Klassenlehrerin gemacht hat, indem er die Situation der lauten und heftigen Maßregelung des Mitschülers O. L. wegen dessen Verletzung ihres Rechts am eigenen Bild, also bewusst und direkt konträr gegen das schulische Verbot und dessen Durchsetzung, aufgezeichnet und dadurch die Zurechtweisung durch die Klassenlehrerin der Lächerlichkeit preisgegeben hat; darüber hinaus hat er durch die Veröffentlichung des Videos auf seiner Facebook-Seite das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen schwer verletzt.
28Angesichts der Schwere des Pflichtverstoßes entspricht die angefochtene Überweisung in eine parallele Klasse gerade auch in der Kombination mit dem bestandskräftigen Unterrichtsausschluss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 53 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW. Insbesondere ist die Überweisung in eine parallele Klasse neben dem bestandskräftigen Unterrichtsausschluss erforderlich. Die Schulleiterin musste sich mit dieser milderen Ordnungsmaßnahme nicht begnügen, weil sie insbesondere den bereits erwähnten generalpräventiven Zweck mit der Überweisung in eine parallele Klasse wirksamer erreichen kann als mit dem auf eine Woche befristeten Unterrichtsausschluss. Dieser ist für die interessierte Schulöffentlichkeit heute allenfalls noch aus der Erinnerung heraus wahrnehmbar, während der Klassenwechsel des Antragstellers langfristig bei Schülern, Lehrern und Eltern das Bewusstsein dafür schärft, dass die Gesamtschule C. gegen unerlaubte kompromittierende Facebook-Veröffentlichungen konsequent einschreitet und damit dem Persönlichkeitsrecht Betroffener Priorität einräumt. Der Klassenwechsel ist auch im engeren Sinne verhältnismäßig (angemessen). Die Schulleiterin hat überzeugend ausgeführt, dass sich der Antragsteller gut in die neue Klasse integriert hat und sichtbare Nachteile in seinem Lern- und Leistungsverhalten ausgeblieben sind. Die Einwände des Antragstellers hiergegen erschöpfen sich im Wesentlichen in dem Hinweis auf den Wegfall von Gruppenarbeiten und Referaten sowie gemeinsamen Ausflüge mit seinen früheren Klassenkameraden. Diese hat er als Folgen seines Fehlverhaltens hinzunehmen.
29III. Schließlich liegen auch die gerügten Verfahrensfehler nicht vor. Die Schulleiterin hat die Eltern des Antragstellers am 28. März 2014 angehört und dabei entgegen seiner Auffassung keinen dringenden Fall im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 4 SchulG NRW angenommen. Zu Unrecht wirft der Antragsteller der Schulleiterin schließlich eine fehlerhafte Sachverhaltsermittlung vor. Sie hat nie behauptet, dass er über WhatsApp verfüge.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 17. Sept. 2014 - 19 B 985/14
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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 17. Sept. 2014 - 19 B 985/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 6. November 2012 wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Keiner der vom Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe liegt vor.
- 2
1. Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils begegnet keinen ernstlichen Zweifeln im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –. Die vom Beklagten gegen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwendungen, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 184, 186), lassen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung in einem späteren Berufungsverfahren erwarten.
- 3
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die bislang dargelegten Erwägungen der Gesamtkonferenz, welche auf der Annahme beruhen, der Kläger habe in der Schule Marihuana erworben, anderen Schülern angeboten sowie in der Klasse vorgezeigt, den Schulausschluss des Klägers nicht tragen (a). Allerdings begründen nicht nur der Verkauf illegaler Drogen, sondern auch das bewusste Erwecken eines dahingehenden Anscheins sowie der Handel mit sogenannten „Legal Highs“ eine ernstliche Gefahr für die Erziehung der anderen Schülerinnen und Schüler und können nach den Umständen des Einzelfalls auch ohne vorherige Androhung den dauerhaften Ausschluss von der bisher besuchten Schule rechtfertigen (b). Die Entscheidung hierüber ist jedoch zunächst der Gesamtkonferenz vorbehalten (c).
- 4
a) Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 Schulgesetz – SchulG –, § 99 Abs. 1 Schulordnung für die öffentlichen Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen, Gymnasien, Kollegs und Abendgymnasien – ÜSchulO – kann ein Schüler auf Dauer von der bisher besuchten Schule ausgeschlossen werden, wenn der dortige Verbleib eine ernstliche Gefahr für die Erziehung, die Sicherheit oder die Unterrichtung der anderen Schülerinnen und Schüler bedeutet.
- 5
Hierüber entscheidet gemäß § 99 ÜSchulO i.V.m. § 27 Abs. 6 Satz 1 SchulG die Gesamtkonferenz. Ihr steht bei der Auswahl der Ordnungsmaßnahme ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 30. Mai 1997 – 7 S 33/97 –, juris Rn. 6), welcher verwaltungsgerichtlich nur daraufhin zu überprüfen ist, ob die Behörde diesen Spielraum erkannt, seine Grenzen gewahrt, seiner Ausfüllung einen vollständigen und zutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe beachtet sowie keine sachfremden Erwägungen angestellt hat. Danach erweist sich die angefochtene Maßnahme bislang als fehlerhaft.
- 6
aa) Allerdings ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass eine Gefährdung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 SchulG ohne weiteres durch ein Verhalten bewirkt wird, welches den Konsum von Rauschgiften propagiert, fördert oder verbreitet.
- 7
Der Handel mit Suchtstoffen im schulischen Umfeld sowie deren Zur-Schau-Stellen sind gerade in einem von vielzähligen Unsicherheiten geprägten Alter geeignet, Mitschülerinnen und -schüler anzuregen, Drogen zumindest einmal auszuprobieren. Schüler haben jedoch einen Anspruch darauf, dass ihre Entwicklung innerhalb des – aufgrund der allgemeinen Schulpflicht letztlich erzwungenen – staatlichen Obhutsverhältnisses nicht gefährdet wird. Auch den Eltern ist nicht zuzumuten, ihre Kinder in die Obhut einer Schule zu geben, die ein drogenfreies Umfeld nicht gewährleisten kann (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 – 2 B 10386/12.OVG –). Das der Schule anvertraute Rechtsgut der Erziehung würde beträchtlichen Schaden erleiden, wenn der erwiesene Umgang eines Schülers mit Rauschgift, insbesondere innerhalb des Verantwortungsbereiches der Anstalt, die Schule nicht zur Ergreifung geeigneter Ordnungsmaßnahmen veranlassen würde. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass der Konsum von Rauschgift, die Herstellung von Kontakten zum Erwerb von Rauschgift und dessen Weitergabe an Mitschüler einen Schulausschluss rechtfertigen (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 7. Februar 1996 – 2 B 10106/96 –, NJW 1996, 1690, sowie vom 7. Mai 1996 – 2 B 11101/97.OVG –, n.v.; BayVGH, Beschlüsse vom 10. Juni 1997 – 7 ZS 97.1403 –, NVwZ-RR 1998, 239 [240]; vom 14. Juni 2002, 7 CS 02.776 –, BayVBl. 2002, 671; vom 28. April 2003 – 7 ZB 02.2230 –, juris Rn. 9; einschränkend OVG Berlin, Beschluss vom 30. Mai 1997 – 7 S 33.97 –, juris Rn. 8).
- 8
bb) Ausweislich des von OStR X. unter dem 11. Dezember 2011 verfassten Vermerks „Begründung Schulausschluss gegen A., Klasse 9e“
- 9
(„Die Schule hält es für erwiesen, dass […] A. versucht hat Marihuana an Mitschüler zu verkaufen [Angebot erfolgte an B.]. In mindestens einem Fall hat er selbst Marihuana von C. gekauft. Auch bei A. lässt der zeitliche Ablauf der Vorfälle darauf schließen, dass es sich hier nicht um einen einmaligen Vorfall, sondern um mehrere Vorfälle bestehend aus Verkaufsangebot an Mitschüler, Ankauf und Vorzeigen von Joints handelt.“),
- 10
des Einladungsschreibens an die Eltern des Klägers zur Sitzung der Gesamtkonferenz vom 6. Dezember 2011
- 11
(„[W]ir legen Ihrem Sohn zur Last, vor und nach den Herbstferien Drogen gekauft und anderen Schülern zum Kauf angeboten zu haben.“),
- 12
des im Protokoll der Gesamtkonferenz vom 14. Dezember 2011 wiedergegebenen Berichts des Mittelstufenteams
- 13
(„Glaubwürdige Mitschüler berichten von der Vermittlung und dem Verkaufsangebot von Marihuana durch A. vor den Herbstferien und im November, was von diesem aber bestritten wird.“)
- 14
sowie des angefochtenen Bescheids vom 15. Dezember 2011
- 15
(„A. wird von mehreren glaubhaften Zeugen mit Angaben von Ort und Zeit beschuldigt, an der Schule während der Schulzeit Drogen [2 Joints] gekauft und anderen Schülern vor den Herbstferien zum Kauf angeboten zu haben. Nach den Herbstferien hat er Joints von C. im Schulgebäude auf der Jungentoilette gekauft. In einer anderen Situation hat er Mitschülern seine Joints im Klassenraum gezeigt. Daher kommen wir zu dem Schluss, dass er nicht nur selbst Drogen konsumiert, sondern diese auch Mitschülern aktiv zum Kauf angeboten hat.“)
- 16
hat die Gesamtkonferenz ihrer Entscheidung, den Kläger von der Schule auszuschließen, allein die Annahme zugrunde gelegt, er habe nachweislich mit illegalen Drogen gehandelt. Auch der Widerspruchsbescheid vom 3. April 2012 stellt ausschließlich darauf ab, der Kläger habe
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„durch sein Handeln mit Drogen den Schulbetrieb massiv gestört und darüber hinaus das Zusammenleben in der Schule erheblich erschwert und gefährdet“, die Schule könne jedoch „auf dem Schulgelände in keinem Fall Drogen, Drogenkonsum oder den Handel mit Drogen dulden.“
- 18
Diesen vom Kläger bestrittenen Sachverhalt hat die vor dem Verwaltungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme jedoch nicht bestätigt. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, weshalb hierauf gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen wird. Zwar sprechen die Übergabe selbstgedrehter Zigaretten auf der Toilette, die vom Kläger im September 2011 an C. gesendeten Kurznachrichten
- 19
(„Ey du hast doch gesagt das dir jemand was besorgt Kannst du mir auch was holen??“; „Ja kannst du morgen nochmal mitnehmen?? Da bin ich sicher da Wieviel muss ich dir nochmal dafür geben??:-*“)
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sowie dessen Antwort
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(„Ja okay… Ja geb einfach 8 Euro passt schon :)… 1. Große pause auf dem Klo <3“)
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ebenso für eine Übergabe illegaler Drogen wie die verzögerten und in ihrer Glaubhaftigkeit zumindest zweifelhaften Erklärungen des Klägers (vgl. auch AG Mainz, Urteil vom 27. April 2012 – 3331 Js 4081/12 jug.407Ds –). Insbesondere ergibt sich aus den vorstehenden Kurznachrichten, dass der Kläger an C. Geld nicht lediglich zur Begleichung von Schulden aus Supermarkteinkäufen übergeben hat. Auch haben die Schulleiterin sowie der Mittelstufenleiter übereinstimmend bekundet, der Vater des Klägers habe ihnen gegenüber die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe eingeräumt, ohne dass Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, warum beide Lehrer ungeachtet drohender straf- und disziplinarrechtlicher Sanktionen wahrheitswidrige Angaben machen sollten. Die vom Kläger veranlasste Haaranalyse ist schließlich aufgrund der mit ihr verbundenen Ungereimtheiten gleichfalls nicht geeignet, die Bedenken an der Wahrheitsgemäßheit seiner Darstellung zu zerstreuen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 – 2 B 10386/12.OVG –).
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Letztlich verbleiben jedoch – wenn auch nur geringe – Zweifel, ob die „selbstgedrehten Zigaretten“ tatsächlich illegale Substanzen enthielten oder ob der dahingehende erhebliche Verdacht nicht lediglich – wie vom Kläger vorgetragen – durch „pubertäres Imponiergehabe“ verursacht wurde. Zum Inhalt der von C. erworbenen sowie der den Mitschülern vorgezeigten Zigaretten konnten weder B. noch D. Angaben machen. LOStDir’in Y. und OStR X. wiederum haben nur bezeugen können, dass sie die Ausführungen des Vaters des Klägers als Eingeständnis verstanden haben. Die Schulleiterin hat hingegen angegeben, über die Inhaltsstoffe sei nicht gesprochen worden. Ob sich die Ausführungen des Vaters des Klägers hinsichtlich des Erwerbs, Angebots und Vorzeigens von „Joints“ damit tatsächlich auf Marihuana oder Haschisch oder lediglich auf die äußere Erscheinung der Zigaretten bezogen und ob dieser wiederum den Inhalt des Gesprächs mit dem Kläger vollständig wiedergegeben hat, wird damit nicht belegt. Auch insoweit bestehen zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass es tatsächlich um Betäubungsmittel ging. Wegen der vorgenannten Zweifel kann jedoch nicht mit der für eine Urteilsfindung erforderlichen Gewissheit festgestellt werden, dass der Kläger in der Schule mit Rauschgift gehandelt hat.
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b) Vielmehr kann aufgrund der vorliegenden Beweismittel sowie der Einlassungen der Beteiligten im Straf- und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der schulrechtlichen Bewertung derzeit lediglich zugrunde gelegt werden, dass der Kläger von C. „Shisha-Tabak“, „Legal Highs“ und „Kräutermischungen“ erworben hat, die Übergabe (auch) auf der Schultoilette erfolgte (Schriftsatz vom 27. April 2012, S. 2 und 3; Kurznachrichten vom 20. September 2011), er in der Schule wie „Joints“ aussehende selbstgedrehte Zigaretten mit „Shisha-Tabak“ und „Legal Highs“ bei sich führte (Klageschrift vom 30. April 2012, S. 5) und dem Mitschüler B. gegenüber – wenn auch auf dessen Nachfrage nach Drogen hin – angegeben hat, er könne ihm möglicherweise etwas besorgen.
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Auch ein solches Verhalten begründet allerdings eine ernstliche Gefahr für die Erziehung der anderen Schülerinnen und Schüler im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 SchulG und kann einen – auch dauerhaften – Schulausschluss rechtfertigen.
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aa) Insoweit kommt es nicht darauf an, ob „Legal Highs“ und „Kräutermischungen“ in den Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes fallen und ob ihr unerlaubtes Inverkehrbringen strafbar ist (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 7. März 2013 – 3 StR 437/12 –, juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 10. Dezember 2012 – 1 St OLG Ss 246/12 –, juris; Patzak/Volkmer, NStZ 2011, 498; Nobis, NStZ 2012, 422). Schulische Ordnungsmaßnahmen sind weder Strafen noch bezwecken sie eine (zusätzliche) Sanktionierung strafbaren Verhaltens. Vielmehr dienen sie der Wahrung des schulischen Erziehungsauftrags. Trotz ihres repressiven und reaktiven Charakters steht nicht der Sühne- oder Vergeltungsgedanke, sondern der erzieherische Aspekt im Vordergrund (vgl. Tangermann, BayVBl. 2008, 357 [358]).
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Ungeachtet der Strafbarkeit nach dem Betäubungs- oder dem Arzneimittelgesetz gefährden „Legal Highs“ und ähnliche Produkte die schulische Erziehung. Ihre Propagierung und Verbreitung in der Schule bedeuten daher eine ernstliche Gefahr für die Schülerinnen und Schüler. „Legal Highs“ sind synthetische Drogen, die als angeblich legale Alternativen zu illegalen Drogen vermarktet werden. Sie enthalten in der Regel jedoch ebenfalls Betäubungsmittel oder chemische, psychoaktive Substanzen (oftmals synthetische Cannabinoide) aus der Pharmaforschung und können eine ähnliche Wirkung wie illegale Drogen haben. Die Substanzen werden in illegalen Labors gemischt, wobei die Hersteller auf die Unterstellung einzelner Stoffe unter das Betäubungsmittelgesetz in der Regel umgehend dadurch reagieren, dass diese durch neue Inhaltsstoffe ersetzt werden. Ihre Neuheit sowie die Geschwindigkeit und Vielzahl, in der sie angeboten werden, machen eine angemessene und zeitnahe betäubungsmittelrechtliche Kontrolle dieser Drogen äußerst schwierig (vgl. BT-Drucks. 17/7706, S. 2; Warnung des Bundeskriminalamts und der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vor dem Konsum von „Legal Highs“ vom 20. Dezember 2010, http://www.bka.de/nn_206064/DE/ThemenABisZ/Kriminalpraevention/Warnhinweise/101220__legalHighs.html; Drogenreferat der Stadt Frankfurt/Main, Informationen zu „Legal Highs“, http://www.frankfurt.de/sixcms/media.php/738/infopapier_legal_%20high.pdf).
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„Legal Highs“ werden danach zu Rauschzwecken als (vermeintlich) legale Alternative zu illegalen Drogen konsumiert. Sie sind bewusst darauf angelegt, vergleichbare Wirkungen zu erzielen sowie die Restriktionen des Betäubungsmittelrechts zu umgehen. Eine solche Flucht in psychoaktive Substanzen am Rande der Legalität widerspricht der staatlichen Erziehung zu einem bewussten und eigenverantwortlichen Leben; sie fördern zudem selbst dann, wenn sie im Einzelfall nicht unter betäubungs- und arzneimittelrechtliche Verbote fallen, die Bereitschaft, auch einmal „echte“ Drogen auszuprobieren, und senken damit – gerade im Hinblick auf ihre vermeintliche Legalität – die Hemmschwelle für einen Einstieg in den Drogenkonsum. Ihr Gefährdungspotential für die Entwicklung von Schülern steht vor diesem Hintergrund demjenigen illegaler Drogen wie Haschisch oder Marihuana letztlich nicht nach. Hinzu kommen erhebliche unkalkulierbare gesundheitliche Risiken. Es wurden Fälle aus ganz Deutschland bekannt, in denen es nach dem Konsum von „Legal High“-Produkten zu teilweise schweren, mitunter lebensgefährlichen Intoxikationen kam und die meist jugendlichen Konsumenten mit Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen, Muskelzerfall bis hin zu drohendem Nierenversagen in Krankenhäusern notfallmedizinisch – einschließlich künstlicher Beatmung und Reanimation – behandelt werden mussten (vgl. BT-Drucks. 17/7706, S. 2; Warnung des Bundeskriminalamts und der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vor dem Konsum von „Legal Highs“ vom 20. Dezember 2010).
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bb) Darüber hinaus bedeutet auch das Vorspiegeln der Verfügbarkeit von Drogen eine Propagierung von deren Konsum und ist damit geeignet, andere Schüler zu derartigen „Experimenten“ zu verleiten. Selbst wenn der Kläger daher in der Schule nicht mit illegalen Drogen gehandelt haben sollte, so hat er doch bewusst – nach seinem Vortrag aufgrund jugendlichen Imponierbedürfnisses – den gegenteiligen Anschein erweckt. Berücksichtigt man die Aussagen von B., D. und E., so glaubten mehrere Schüler, der Kläger habe Zugang zu Drogen. Die Aufgabe der Schule, ein drogenfreies Umfeld zu gewährleisten, wird hierdurch erheblich erschwert und ihre Erfüllung gegenüber sowohl Mitschülern als auch deren Eltern nachhaltig in Zweifel gezogen.
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Hinzu kommt, dass es der Schule in diesen Fällen regelmäßig nicht oder nur äußerst schwer möglich ist, den positiven Nachweis eines Handelns mit illegalen Drogen zu führen. Ein Schulausschluss als die auch in der Rechtsprechung als angemessen anerkannte Reaktion im Falle der Einbringung von Betäubungsmitteln in das schulische Umfeld käme daher in der Regel nur gegenüber geständigen oder gegenüber solchen Schülern in Betracht, in deren Besitz auf dem Schulgelände Drogen gefunden werden. Selbst bei gewichtigen, dem Schüler zurechenbaren Verdachtsmomenten zusätzlich den uneingeschränkten Nachweis des Einbringens „echter“ Drogen zu verlangen, erweckte angesichts der generell erschwerten Nachweisbarkeit derartiger Verstöße – Drogenhandel, bei dem sich alle Beteiligten strafbar machen und daher kein Interesse an der Offenlegung haben, findet meist im Verborgenen statt, wobei Absatzmöglichkeiten andererseits davon abhängen, dass Bezugsquellen gerüchteweise bekannt sind – den Anschein, im Vertrauen darauf, sich notfalls in die (Schutz-)Behauptung von „Scheindrogen“ zu flüchten, könnten Drogen gefahrlos im schulischen Umfeld lanciert oder zumindest zur Steigerung des Ansehens unter Mitschülern verwendet werden. Einen Schulausschluss nur unter der Bedingung des unzweifelhaften Nachweises des Handelns mit illegalen Drogen für rechtmäßig zu erachten, würde zudem die negative Vorbildfunktion, die schon durch den bewusst erweckten Anschein des Drogenhandels ausgelöst wird, ebenso ignorieren wie den Umstand, dass auch ein solches Verhalten den Konsum von Rauschgiften propagiert.
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cc) Derartige Verhaltensweisen können daher einen Schulausschluss rechtfertigen, und zwar nach den Umständen des Einzelfalls – insbesondere unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Schülers, seiner Einsichtsfähigkeit sowie der Einwirkung der Eltern – auch ohne vorherige Androhung gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 SchulG, § 99 Abs. 2 ÜSchulO. Insofern verweist der Senat auf seine Ausführungen im Beschluss vom 16. Juli 2012 – 2 B 10386/12.OVG –, S. 6 ff.
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c) Hierauf hat die hierzu allein berufene Gesamtkonferenz den Schulausschluss des Klägers bislang jedoch nicht gestützt. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der dahingehende Vortrag des Beklagten eine bloße Ergänzung der Ermessenserwägungen im Sinne des § 114 Satz 2 VwGO oder eine Auswechselung der Begründung darstellt.
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Gemäß § 99 ÜSchulO entscheidet die Gesamtkonferenz darüber, ob ein Schüler von der Schule ausgeschlossen oder ob gegen ihn eine andere Ordnungsmaßnahme ausgesprochen wird. Ihr Beschluss wiederum ist für die Schulleitung nach § 27 Abs. 6 Satz 1 SchulG bindend. Wie vorstehend dargelegt, hat die Gesamtkonferenz des Gymnasiums … ihrer Entscheidung über die gegen den Kläger zu treffende Maßnahme ausschließlich zugrunde gelegt, er habe mit Haschisch oder Marihuana gehandelt. Anderweitige Überlegungen der Konferenz bzw. der Mehrheit ihrer Teilnehmer sind nicht, insbesondere nicht aus den Sitzungsprotokollen, erkennbar. Eine „Erweiterung“ der Ausschlussgründe auf den Anschein des Drogenhandels erfolgte vielmehr erst durch die Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie – allerdings widersprüchlich – in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung durch den Bevollmächtigten des Beklagten. Ohne eine dahingehende Beschlussfassung der zuständigen Gesamtkonferenz können jedoch die bislang erkennbar gewordenen Erwägungen weder durch die Schulleitung noch durch die Aufsichtsbehörde ergänzt werden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 7. Februar 1996 – 2 B 10106/96.OVG –, NJW 1996, 1690).
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2. Darüber hinaus liegt auch kein Verfahrensfehler vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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Die Rüge, das Verwaltungsgericht hätte auch D. als Zeugen vernehmen müssen, ist bereits deshalb unbegründet, weil es der Beklagte unterlassen hat, in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts einen dahingehenden förmlichen Beweisantrag zu stellen. Darüber hinaus mussten sich dem Verwaltungsgericht die vom Beklagten angemahnten Ermittlungen nicht aufdrängen, da auch dieser Schüler keine Angaben zum Inhalt der vom Kläger vorgezeigten Zigaretten machen konnte.
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Der Einwand, der Bevollmächtigte habe in der mündlichen Verhandlung aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten zitiert, ohne dass das Verwaltungsgericht oder der Beklagte den Wahrheitsgehalt der Vorhaltungen hätten prüfen können, wird schließlich dadurch widerlegt, dass der Klägerbevollmächtigte ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung Kopien der wiedergegebenen Passagen verteilt hat.
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3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.