Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 21. Nov. 2013 - 16 B 1288/13
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes im Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 4. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde, über die im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter entscheidet (§ 125 Abs. 1 iVm § 87a Abs. 2 und 3 VwGO), hat keinen Erfolg. Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung führt zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis.
3Das Beschwerdegericht nimmt zur Begründung gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen es folgt. Ergänzend ist mit Blick auf das Beschwerdevorbringen Folgendes hinzuzufügen:
4Der Antragsteller macht zu Unrecht geltend, die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 1. Juli 2013, mit welcher ihm aufgrund der Bestimmung des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG die Fahrerlaubnis entzogen worden sei, berücksichtige nicht, dass die nach dem Punktsystem für Mehrfachtäter vorab zu ergreifende Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG (Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar, Hinweis auf die Möglichkeit einer verkehrspsychologischen Beratung und Unterrichtung darüber, dass bei Erreichen von 18 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird) erst Monate nach der Kenntniserlangung der Fahrerlaubnisbehörde über den Punktestand erfolgt sei. Denn der Umstand, dass der Antragsteller erst Anfang August 2011 zur Teilnahme an einem Aufbauseminar aufgefordert worden ist, hat ‑ wie aus dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zutreffend hervorgeht ‑ dazu geführt, dass die nach dem Erreichen von 14 Punkten rechtskräftig und bekannt gewordenen weiteren Ordnungswidrigkeiten vom 16. September 2010 (Geschwindigkeitsüberschreitung um 51 km/h) und vom 21. April 2011 (Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h), die mit insgesamt fünf weiteren Punkten zu bewerten waren, über die zusätzlich zu berücksichtigenden drei Punkte wegen der Ordnungswidrigkeit vom 29. September 2009 (Geschwindigkeitsüberschreitung um 36 km/h) hinaus gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 StVG nicht zu einer weiteren Erhöhung des Punktestandes beigetragen haben. Eine noch weitergehende Besserstellung eines mit Punkten belasteten Fahrerlaubnisinhabers mit Rücksicht auf eine noch nicht beschrittene Sanktionsstufe sieht das Gesetz nicht vor, sondern geht davon aus, dass es zur Sicherstellung der abgestuften Sanktionierung genügt, wenn dem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber die Punktegutschrift nach § 4 Abs. 5 StVG zugutekommt.
5War demnach im Anschluss an das Aufbauseminar, dessen Absolvierung der Antragsteller dem Antragsgegner mit der Teilnahmebescheinigung vom 22. Oktober 2011 nachgewiesen hat, ein (gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 StVG um fünf reduzierter) Stand von 17 Punkten erreicht, führte die weitere Zuwiderhandlung des Antragstellers vom 7. November 2011 (Geschwindigkeitsüberschreitung um 37 km/h, bewertet mit drei Punkten, rechtskräftig geworden am 5. März 2003) zu einem Anwachsen der Punktezahl auf 20 und damit zum Erreichen der dritten und letzten Sanktionsstufe des § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG. Der Antragsteller kann hiergegen zunächst nicht mit Erfolg geltend machen, bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft des diesbezüglichen Bußgeldbescheides, nämlich am 5. März 2013, sei hinsichtlich der am 24. September 2007 begangenen Ordnungswidrigkeit (Geschwindigkeitsüberschreitung um 32 km/h, bewertet mit drei Punkten) die Tilgungsreife eingetreten, so dass sich keine Erhöhung des Punktestandes ergeben konnte. Dem steht entgegen, dass hinsichtlich der Berücksichtigung der Zuwiderhandlung vom 7. November 2011 das sog. Tattagprinzip greift, also bereits am Tag der Verwirklichung dieser Zuwiderhandlung der Punktestand von 20 erreicht worden ist, der zwingend zur Entziehung der Fahrerlaubnis führt.
6Die Maßgeblichkeit des Tattages folgt mit hinlänglicher Deutlichkeit insbesondere aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das im Hinblick auf die Anwendung der Bestimmung des § 4 Abs. 4 StVG (Punktabzug wegen freiwilliger Inanspruchnahme von Hilfestellungen) auf den Tattag und gerade nicht auf die Rechtskraft ahndender Entscheidungen abgestellt hat.
7BVerwG, Urteile vom 25. September 2008 ‑ 3 C 3.07 ‑, BVerwGE 132, 48 = NJW 2009, 612 = VRS 115 (2008), 443 = DAR 2009, 46 = NZV 2009, 76 = juris, Rn. 27 bis 39, und 3 C 34.07, juris, Rn. 25 bis 37.
8Diese Sichtweise ist auch zugrundezulegen, wenn es um die Frage geht, zu welchem Zeitpunkt sich ein zum Erreichen der dritten und letzten Sanktionsstufe des § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG führender Punktezuwachs ergibt. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in den o.g. Urteilen lassen erkennen, dass das Tattagprinzip über den Regelungsbereich des § 4 Abs. 4 StVG allgemein im Rahmen der Bestimmungen des Punktsystems gelten soll.
9Vgl. eingehend OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Dezember 2011 ‑ 16 B 1500/11 ‑ und vom 2. Oktober 2012 ‑ 16 B 1116/12 ‑, juris, Rn. 5 bis 22, m. w. N.
10Denn das Bundesverwaltungsgericht hat seine Auffassung, bei der Anwendung des § 4 Abs. 4 StVG sei auf den Tattag abzustellen, wesentlich mit Sinn und Zweck der Regelungen über das Punktsystem begründet und dabei u. a. darauf verwiesen, dass ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Rechtskraft den Betroffenen dazu verleiten könne, offensichtlich aussichtslose Rechtmittel einzulegen, um den Eintritt der Rechtskraft hinauszuzögern und sich dadurch die Möglichkeit einer Punktereduzierung zu erhalten. Der Gesetzgeber habe die Vermeidung derartiger Verfahrensverzögerungen im Blick gehabt. Dieser Gedanke ist auf den hier maßgeblichen Zusammenhang ohne Weiteres übertragbar. Denn auch insoweit besteht die Gefahr, dass betroffene Fahrerlaubnisinhaber Rechtsmittel aus rein taktischen Überlegungen einlegen, um die Rechtskraft der die Tat ahndenden Entscheidung hinauszuzögern und so in den Genuss der Tilgungsreife zu kommen. Damit würde die gesetzliche Intention konterkariert, Personen, die eine solche Vielzahl von Verkehrsverstößen begangen haben, dass diese in der Summe trotz aller vorgeschalteten Warnungen und Hilfestellungen zum Erreichen (oder Überschreiten) von 18 Punkten führen, und dadurch gravierende Defizite dokumentieren, die mit dem Mehrfachtäter-Punktsystem sanktioniert werden sollen, rasch und effektiv von der weiteren Teilnahme am Kraftfahrverkehr auszuschließen.
11Noch eindeutiger ergibt eine neuere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, dass umfassend ‑ und nicht nur bezogen auf die spezielle Bestimmung des § 4 Abs. 4 StVG ‑ das Tattagprinzip maßgeblich sein soll. Denn auch für die in dem entschiedenen Fall in Frage stehende Erhöhung des Punktestandes durch eine neue Zuwiderhandlung (in diesem Fall rechnerisch von 12 auf 16 Punkte, die wegen § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG nachfolgend wieder auf 13 Punkte zu reduzieren waren) gelte dieser Grundsatz.
12BVerwG, Urteil vom 27. September 2012 ‑ 3 C 33.11 ‑, NJW 2013, 552 = DAR 2013, 221 = NZV 2013, 206 = Blutalkohol 50 (2013), 99 = juris, Rn. 16.
13Ein einleuchtender Grund, warum Punktezuwächse, die zum Erreichen einer der beiden ersten Sanktionsstufen des § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG führen, dem Tattagprinzip unterworfen sein sollen, während das für das Erreichen der dritten Sanktionsstufe nicht gelten solle, ist nicht erkennbar.
14Des Weiteren dringt der Antragsteller auch nicht mit seiner Ansicht durch, im Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Ordnungsverfügung vom 1. Juli 2013 sei nicht nur im Hinblick auf die schon erwähnte Zuwiderhandlung vom 24. September 2007, sondern auch im Hinblick auf eine gleichfalls mit drei Punkten bewehrte weitere Tat vom 18. Dezember 2007 (Geschwindigkeitsüberschreitung um 31 km/h) die Tilgungsreife eingetreten. Denn entscheidend für den Verlust der Fahreignung und die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG ist nur, dass sich irgendwann im zeitlichen Vorfeld der ordnungsbehördlichen Reaktion 18 oder mehr Punkte "ergeben", was mit der Verwirklichung der letzten in Rede stehenden Ordnungswidrigkeit vom 7. November 2011 (Tattag) der Fall war. Demgegenüber ist nicht erforderlich, dass dieser Punktestand noch im Zeitpunkt des Erlasses der Entziehungsverfügung Bestand hat; eine nach dem "Sich‑Ergeben" der Punkte eintretende Tilgung im Verkehrszentralregister ist für die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung ohne Bedeutung.
15Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 ‑ 3 C 21.07 ‑, BVerwGE 132, 57 = NJW 2009, 610 = VRS 115 (2008), 451 = DAR 2009, 102 = juris, Rn. 9 bis 22; OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2009 ‑ 16 B 862/09 ‑; ebenso gerade auch im Zusammenspiel mit dem Tattagprinzip Bay. VGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 ‑ 11 CS 10.377 ‑, juris, Rn. 18 bis 29, sowie VGH Bad.‑Württ., Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 ‑ 10 S 2053/10 ‑, NJW 2011, 2311 = DAR 2011, 166 = VRS 120 (2011), 103 = NZV 2011, 466 = juris, Rn. 3 bis 13, und vom 10. Mai 2011 ‑ 10 S 137/11 ‑, NJW 2011, 2456 = DAR 2011, 424 = NZV 2011, 465 = VRS 121 (2011), 361 = juris, Rn. 4.
16Der Antragsteller kann schließlich auch nichts daraus zu seinen Gunsten ableiten, dass die angefochtene Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 1. Juli 2013 von einer den maßgeblichen Punktewert beeinflussenden Tilgung beider im Jahr 2007 begangener Geschwindigkeitsüberschreitungen ausgeht. Die vom Antragsteller insoweit reklamierte Feststellungswirkung ist schon deshalb im Ausgangspunkt Zweifeln ausgesetzt, weil eine Entscheidung des Antragsgegners über die Punktezahl ‑ läge sie denn vor ‑ bisher ebenso wenig wie die im selben Bescheid getroffene Sachentscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis selbst Bestandskraft erlangt hätte. Vor allem aber trifft es nicht zu, dass eine Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde über eine der Sanktionsstufen des Punktsystems ‑ sei es in der Form eines Verwaltungsakts, sei es als einfache Unterrichtung wie im Falle des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG ‑ zugleich eine bindende Entscheidung über den aktuellen Punktestand darstellt bzw. beinhaltet.
17Vgl. für die Unterrichtung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2012 ‑ 3 B 49.06 ‑, NJW 2007, 1299 = DAR 2007, 344 = NZV 2007, 486 = juris, Rn. 5, und im Anschluss daran OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Juli 2009 ‑ 16 E 1001/08 ‑ und vom 30. April 2013 ‑ 16 A 2691/12 ‑; für sonstige Mitteilungen des Punktestandes vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2011 ‑16 A 2032/09 ‑.
18Abgesehen davon kann die (unzutreffende) Annahme des Antragsgegners, der Eintritt der Tilgungsreife im Hinblick auf die beiden 2007 begangenen Ordnungswidrigkeiten komme dem Antragsteller bei der Ermittlung der für das Ergreifen der dritten Sanktionsstufe des Punktsystems maßgeblichen Punktezahl zugute, nicht isoliert betrachtet werden. Denn auf der anderen Seite hat der Antragsgegner diejenigen (fünf) Punkte berücksichtigt, die aus den Übertretungen vom 16. September 2010 und dem 21. April 2011 (jeweils Tattage) resultierten, und ist so letztlich zu einer Anzahl von 19 Punkten gelangt. Diese Übertretungen hat der Antragsgegner nach seinen Ausführungen in der angefochtenen Ordnungsverfügung "zunächst" mit Blick auf eine ansonsten mögliche frühere Entziehung der Fahrerlaubnis außer Betracht gelassen, dann aber, nach der Begehung einer weiteren Ordnungswidrigkeit durch den Antragsteller am 7. November 2011, doch wieder verwertet, weil die diesbezüglichen Eintragungen im Verkehrszentralregister bestehen geblieben seien. Diese Verwertung erfolgte zwar zu Unrecht, da die Nichtberücksichtigung der Sache nach auf § 4 Abs. 5 StVG beruhte ‑ auch wenn der Antragsgegner diese Bestimmung, die allein und abschließend die Rechtsfolge beim Anwachsen des Punktestandes über die anstehende Sanktionsstufe hinaus regelt, nicht für einschlägig gehalten hat ‑ und es sich dabei um eine tatsächliche, d.h. insbesondere nicht nachfolgend wieder entfallende oder mit späteren Tilgungen zu verrechnende Punktereduzierung handelt.
19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2005 ‑ 16 B 2710/04 ‑, VRS 109 (2005), 312 = juris, Rn. 4 bis 16; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 20. Juli 2007 ‑ 5 S 13.07 ‑, NZV 2007, 645 = juris, Rn. 24 bis 26; Bay. VGH, Beschluss vom 15. Mai 2008 ‑ 11 CS 08.69 ‑, juris, Rn. 13 bis 20; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 42. Aufl. 2013, § 4 StVG Rn. 50.
20Dem Antragsteller kann aber nicht zugestanden werden, sich einerseits unter Hinweis auf die Begründung der angefochtenen Ordnungsverfügung auf die Nichtberücksichtigung der Zuwiderhandlungen aus dem Jahr 2007 zu berufen, andererseits aber den Umstand auszublenden, dass der Antragsgegner gleichwohl zur Annahme einer Punktezahl des Antragstellers gelangt ist, der die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG trägt.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 sowie 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.
(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz
- 1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder - 2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:
- 1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten, - 2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und - 3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn
- 1.
die Fahrerlaubnis entzogen, - 2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder - 3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
- 1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3, - 2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis, - 3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis, - 4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder - 5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.
(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.
(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:
- 1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen; - 2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen; - 3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
- 1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind, - 2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.
(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach
- 1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches, - 2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder - 3.
den §§ 24a oder 24c
(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.
(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.