Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Feb. 2015 - 12 E 103/15
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat eine Beiladung des Beschwerdeführers zu Recht abgelehnt.
3Der Beschwerdeführer ist nicht nach § 65 Abs. 2 VwGO beizuladen. Eine Beiladung ist im Sinne dieser Vorschrift notwendig, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil ein Klageerfolg den Beschwerdeführer lediglich begünstigen würde. Denn nach dem Sinn und Zweck des § 65 Abs. 2 VwGO kommt eine notwendige Beiladung immer nur dann in Betracht, wenn der klägerische Antrag und damit das Klageziel den Dritten in negativer Weise betrifft. Kann sich dagegen ein Obsiegen des Klägers allenfalls zugunsten des Dritten auswirken, so mag unter Umständen eine einfache Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO angezeigt sein; ein Fall der notwendigen Beiladung liegt nicht vor. Nur wenn das Ergebnis des Rechtsstreits für einen Dritten möglicherweise belastend sein kann, weil es seine Rechtsstellung in irgendeiner Weise beeinträchtigt, besteht vor dem Hintergrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Notwendigkeit, den Dritten zwingend am Verfahren zu beteiligen.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 1995
5- 3 C 11.94 -, NVwZ-RR 1996, 299, juris; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 65 Rn. 113; Kintz, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Auflage 2014, § 65 Rn. 12.
6Es besteht auch keine Veranlassung zu einer Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO. Eine einfache Beiladung nach dieser Norm, die tatbestandlich voraussetzt, dass rechtliche Interessen eines Dritten durch die Entscheidung berührt werden, steht im Ermessen des Gerichts, wobei das Beschwerdegericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen hat, also nicht auf eine Nachprüfung der Erwägungen der Vorinstanz beschränkt ist.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2013
8- 7 E 650/13 -, juris, m. w. N.
9Unter Berücksichtigung der mit dem Rechtsinstitut der Beiladung verfolgte Zwecke,
10im Wesentlichen: Wahrung der Interessen des Dritten, umfassende Sachaufklärung, Prozessökonomie und Rechtskrafterstreckung, vgl. dazu nur Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2014, § 65 Rn. 4 ff.,
11erscheint es hier ermessensgerecht, von einer Beiladung des Beschwerdeführers abzusehen. Dafür spricht vor allem der Umstand, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit hatte, im eigenen Interesse gegen die an ihn adressierten, hier streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 18. November 2013 und 6. Januar 2014 fristgerecht Klage zu erheben, er aber davon abgesehen hat. In einem solchen Fall besteht regelmäßig kein Anlass, dem Dritten im Wege der Beiladung nachträglich zur Stellung eines Verfahrensbeteiligten zu verhelfen.
12Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1997 - 11 A 17.97, 11 VR 5.97 -, juris; Bier, a. a. O., Rn. 10 u. 29; eingehend: Roth, NVwZ 2003, 691 ff.
13Dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich eine Überprüfung der vorgenannten Bescheide nach § 44 SGB X beantragt hat, führt hierbei zu keinem anderen Ergebnis. Denn das Überprüfungsverfahren verleiht ihm keine der originären Anfechtung vergleichbare Rechtsposition, weil eine Rücknahme der Bescheide mit Wirkung für die Vergangenheit nur auf der Grundlage des § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X erreichbar ist, welcher der Behörde auf der Rechtsfolgenseite Ermessen einräumt („kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden“). Eine Anwendung der bindenden Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X („ist … mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen“) kommt hier nicht in Betracht, weil das Pflegewohngeld keine Sozialleistung im Sinne des Sozialgesetzbuches ist.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. November 2011 - 12 A 741/11 -; Urteil vom 22. August 2007
15- 16 A 2203/05 -, NWVBl 2008, 109, juris.
16Auch im Übrigen sind keine Umstände zu ersehen, die es geboten erscheinen lassen könnten, den Beschwerdeführer beizuladen. Von einer verfahrensfördernden Wirkung der Beiladung ist hier nicht auszugehen. Das Argument der Beschwerde, ein im vorliegenden Verfahren erstrittenes Pflegewohngeld würde den Betrag der im Zivilrechtsweg geltend zu machenden Forderung des Heimträgers immerhin verringern, zielt letztlich nicht auf die Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits, sondern nur auf eine Reduzierung des in einem solchen Prozess anzusetzenden Streitwerts. Das aber ist von vornherein kein Aspekt der Prozessökonomie, der hier relevant sein könnte.
17Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
18Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.