Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 10. Feb. 2014 - 11 B 137/14
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird - für das Verfahren erster Instanz unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts - für beide Rechtszüge auf 35.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur im Rahmen der vom Antragsteller dargelegten Gründe befindet, ist unbegründet.
3Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Es mag auf sich beruhen, ob der von der ersten Instanz verneinte Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 27 Abs. 5 Satz 1 EEG 2009/2012 in der bis zum 31. Dezember 2012 gültigen Fassung bereits aus Gründen des materiellen Rechts nicht gegeben ist. Denn es besteht jedenfalls kein Anordnungsgrund im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO, der eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz gebieten würde.
4Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegenerin die Ausstellung der fraglichen Bescheinigung, um gegenüber dem Netzbetreiber eine um jeweils 1,0 Cent pro Kilowattstunde erhöhte Vergütung - sog. Formaldehydbonus - geltend machen zu können. Er gibt an, diese Bescheinigung bis zum 28. Februar 2014 zu benötigen, weil er gemäß § 46 Nr. 3 EEG 2009/2012 dem Netzbetreiber die für die Endabrechnung des Vorjahres erforderlichen Daten zur Verfügung stellen müsse. Der Netzbetreiber - die Stadtwerke L. GmbH - hätte ihm mit E-Mail vom 4. Dezember 2013 mitgeteilt, andernfalls „könne der Formaldehydbonus für das Jahr 2013 nicht, auch nicht nachträglich, vergütet werden (Ausschlussfrist)“. Abgesehen davon, dass in der als Ausdruck vorgelegten E-Mail des Netzbetreibers der Begriff einer „Ausschlussfrist“ keine Verwendung findet, ist die in § 46 Nr. 3 EEG 2009/2012 bestimmte Frist auch in der Sache keine solche Ausschlussfrist.
5Der (Mehr)Vergütungsanspruch eines Anlagenbetreibers einer Biogasanlage nach § 16 EEG 2009/2012 erlischt nicht dadurch, dass der Anlagenbetreiber die Frist zur Mitteilung von Abrechnungsdaten nach § 46 Nr. 3 EEG 2009/2012 (unverschuldet) versäumt hat.
6Die Fristenregelung in § 46 Nr. 3 EEG 2009/2012 geht zurück auf die wortgleiche Bestimmung des § 14a Abs. 2 Nr. 3 EEG 2004/2006. Bereits die dort normierte Frist wurde gesetzgeberisch als „Obliegenheit“ angesehen,
7vgl. BT-Drucks. 16/2455, S. 10,
8weshalb davon ausgegangen wurde, dass ein Verstoß gegen diese Pflicht den Vergütungsanspruch nicht ausschließt, sondern eine rein objektivrechtliche Ordnungsfrist ist.
9Vgl. Oschmann, in: Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 14a Rn. 11.
10Insbesondere von der obergerichtlichen Rechtsprechung wurde die Frist in § 14a Abs. 2 Nr. 3 EEG 2004/2006 nicht als Ausschlussfrist bewertet.
11Vgl. OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Dezember 2011 - 2 U 89/11 -, REE 2012, 34 = juris, Rn. 49 ff.
12Hieran hat sich durch die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes nichts geändert. Die Regelung des § 14a Abs. 2 Nr. 3 EEG 2004/2006 wurde ohne Modifikation wortgleich in § 46 Nr. 3 EEG 2009/2012 übernommen. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber der Fristenregelung einen anderen Wesensgehalt beimessen wollte. Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 18. Februar 2008 ist unter anderem ausgeführt: „Nummer 3 greift die zuvor in § 14a Abs. 2 Nr. 3 EEG normierte Obliegenheit auf, die für die Ansprüche notwendigen Daten bis zum 28. Februar des auf die Einspeisung folgenden Kalenderjahres zur Verfügung zu stellen“.
13Vgl. BT-Drucks. 16/8148, S. 68.
14Bereits die Verwendung des Begriffs „Obliegenheit“ verdeutlicht, dass für den Gesetzgeber die Folge einer Versäumnis der Frist des § 46 Nr. 3 EEG 2009/2012 erkennbar nicht von solcher Bedeutung war, dass er ihr einen Ausschlusscharakter hat zuschreiben wollen. Zudem wäre andernfalls eine eindeutigere Kennzeichnung im Gesetzestext zu erwarten gewesen, wie etwa bei der Fristenregelung in § 43 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009/2012, wo die Frist ausdrücklich als „materielle Ausschlussfrist“ bezeichnet worden ist.
15Vgl. zu der Fristenregelung in § 54 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009: BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 295/12 -, NVwZ-RR 2013, 920 (921).
16Unbeschadet der in der Literatur zu § 46 Nr. 3 EEG 2009/2012 diskutierten Folgen einer Fristversäumung, lassen sich auch insoweit keine mehrheitlichen Stimmen erkennen, die der Vorschrift einen Ausschlusscharakter zuerkennen wollten.
17Vgl. etwa Kachel, in: Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, Kommentar, 3. Aufl. 2011, § 46 Rn. 13; Posser/Altenschmidt, in: Frenz/Müggenborg, EEG, Kommentar, 2. Aufl. 2011, § 46 Rn. 8; Salje, Erneuerbaren-Energien-Gesetz 2012, 6. Aufl. 2012, § 46 Rn. 7 ff.
18Sollte der Antragsteller in dem Hauptsacheverfahren 3 K 8583/13 VG Düsseldorf obsiegen, stünde ihm also im Grundsatz der Weg offen, über § 38 Nr. 2 EEG 2009/2012 eine nachträgliche Korrektur seiner Vergütung zu verlangen.
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
20Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG, wobei mit Blick auf die der Sache nach erstrebte Vorwegnahme der Hauptsache eine Reduzierung des Streitwerts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht in Betracht kommt.
21Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.