Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 18. Feb. 2016 - 10 A 985/14
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Ordnungsverfügung und der Gebührenbescheid der Beklagten vom 21. Juni 2013 werden aufgehoben.
Die Beklagte und die Beigeladenen, diese als Gesamtschuldner, tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und die Beigeladenen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 von Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks B. (Gemarkung L., Flur 10, Flurstücke 320 und 372) in H., das mit einem Einfamilienhaus bebaut ist. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 70 „B.“ der Stadt H., der für das Grundstück der Klägerin und die umgebenden Grundstücke ein Reines Wohngebiet (WR) gemäß § 3 BauNVO festsetzt.
3Sie hat in dem auf dem Grundstück aufstehenden Wohngebäude mehrere Papageienvögel gehalten. Bereits am 27. Oktober 2005 hatte ihr die Bauaufsicht der Beklagten die Haltung aller exotischen Vögel auf ihrem Grundstück bestandskräftig untersagt. Zuvor hatte das Ordnungsamt der Beklagten am 20. Oktober 2004 der Klägerin ebenfalls bestandskräftig aufgegeben, sicherzustellen, dass die acht Papageien, die sie in ihrem Haus halte, die Ruhe der Anwohner nicht störten. Um diese Störungen zu vermeiden sei die Haltung im Freien beziehungsweise bei geöffneten Fenstern und/oder Türen nur in der Zeit zwischen 10:00 Uhr und 12:00 Uhr sowie von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr zulässig. Außerhalb dieser Zeiten seien die Vögel in geschlossenen Räumen zu halten; sämtliche Fenster und Türen seien fest zu verschließen.
4Im Rahmen eines Ortstermins durch den Kreis L1. – Untere Landschaftsbehörde – am 17. Dezember 2012 wurde festgestellt, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt neun Kakadus in ihrem Wohngebäude hielt.
5Am 21. Juni 2013 erließ die Bauaufsicht der Beklagten die hier im Streit stehende Ordnungsverfügung, mit der sie die Klägerin aufforderte, bis zum 20. Juli 2013 die Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln auf ihrem Grundstück einzustellen, die sofortige Vollziehung dieser Verfügung anordnete und für den Fall, dass die Klägerin der Verfügung nicht oder nicht vollständig nachkommen sollte, ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro androhte. Zur Begründung führte sie aus, es sei festgestellt worden, dass die Klägerin auf ihrem Grundstück neun Papageienvögel halte, was nach den Festsetzungen des Bebauungsplans unzulässig sei. Wegen ihrer besonderen Eigenart sei die Haltung von exotischen Vögeln im festgesetzten Reinen Wohngebiet nur bedingt gebietsverträglich und im Übermaß unzulässig. Durch die Vögel werde die Wohnruhe in einer mit dem Charakter eines Reinen Wohngebietes nicht zu vereinbarenden Weise empfindlich gestört. Der damit von der Klägerin verursachte formell und materiell baurechtswidrige Zustand stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gemäß § 3 BauO NRW dar. Da die Haltung nur eines Papageienvogels mit den Grundsätzen des Tierschutzrechts unvereinbar wäre, werde der Klägerin die Haltung von zwei Papageienvögeln zugestanden, was noch gerade gebietsverträglich sei. Wegen der bei der Haltung von zwei Papageienvögeln zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen der Nachbarschaft müssten aber geeignete Maßnahmen getroffen werden, um diese Lärmbeeinträchtigungen zu minimieren. Ebenfalls am 21. Juni 2013 erließ die Beklagte einen Gebührenbescheid für die Ordnungsverfügung in Höhe von 400 Euro.
6Die Klägerin hat am 15. Juli 2013 Klage erhoben und diese im Wesentlichen folgendermaßen begründet: Es sei nicht ersichtlich, warum die Haltung von neun Papageienvögeln in einem Reinen Wohngebiet unzulässig sein sollte. Es liege insbesondere keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor. Lediglich in den vom Ordnungsamt festgelegten Zeiten zwischen 10:00 Uhr und 12:00 Uhr sowie zwischen 17:00 Uhr und 19:00 Uhr würden die Vögel ins Freie gelassen beziehungsweise die Fenster der Räume geöffnet, in denen sie sich aufhielten. Bei einer solchen Handhabung störten die Vögel die Wohnruhe nicht. Die Haltung der Papageienvögel sei sozialadäquat und baugebietskonform. Lediglich ein Raum ihres Hauses werde dafür genutzt. Die anderen Räume dienten ausschließlich Wohnzwecken. Ferner sei die in der Ordnungsverfügung genannte Frist zur Aufgabe der Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln deutlich zu kurz bemessen. Die Ordnungsverfügung sei auch unverhältnismäßig, da sie, die Klägerin, nur noch für eine Übergangszeit mit ihren Vögeln in dem Haus wohne und dieses ab Anfang 2014 vermieten werde.
7Den ebenfalls am 15. Juli 2013 gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 20. September 2013 (11 L 1286/13) abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Nutzungsuntersagung finde ihre Rechtsgrundlage in § 61 Abs. 1 und 2 BauO NRW. Eine Baugenehmigung, die der Klägerin die Nutzung ihres Wohnhauses zur Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln erlaube, liege nicht vor. Die ausgeübte Nutzung sei auch nicht mehr von der bauaufsichtlichen Genehmigung zur Wohnnutzung umfasst, weil sie bauplanungsrechtlich keine der Wohnnutzung zu- und untergeordnete Nebennutzung darstelle. Die Haltung der Papageienvögel sei vielmehr materiell baurechtswidrig, weil sie gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts verstoße. In einem Reinen Wohngebiet seien gemäß § 3 Abs. 2 BauNVO Wohngebäude und gemäß § 14 Abs. 1 BauNVO auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienten und die seiner Eigenart nicht widersprächen. Hierzu gehörten grundsätzlich auch Anlagen zur Kleintierhaltung, jedoch nur, wenn die gehaltenen Kleintiere in dem betreffenden Baugebiet üblich und ungefährlich seien und die Kleintierhaltung den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitgestaltung nicht überschreite. Zur Beantwortung der Frage der Üblichkeit sei regelmäßig eine typisierende Betrachtungsweise maßgeblich. Neben der Art der gehaltenen Tiere seien auch deren Zahl und das jeweils damit verbundene Störpotenzial zu berücksichtigen. Gemessen hieran sei die von der Klägerin ausgeübte Nutzung in dem maßgeblichen Reinen Wohngebiet unzulässig, weil sie nicht als üblich anzusehen sei. Eine vergleichbare Tierhaltung mit entsprechendem Störpotenzial sei in dem Gebiet ansonsten nicht vorhanden. Die Wohnruhe in der Umgebung werde durch die gehaltenen Papageienvögel erheblich beeinträchtigt. Papageienvögel zeigten ein erhebliches, überdurchschnittlich hohes Geräuschverhalten, so dass die Haltung von mehr als zwei Tieren in einem Reinen Wohngebiet nicht hinnehmbar sei. Die hier beanstandete Nutzung gehe über eine als sozialadäquat und dem Wohnen untergeordnete Haustierhaltung im Sinne einer typischen Freizeitbetätigung hinaus. Die für eine annähernd artgerechte Haltung von Papageienvögeln dieser Art und in dieser Anzahl mindestens erforderliche Nutzung eines ganzen Raumes zur Unterbringung der Tiere entziehe diesen Raum dem eigentlichen Wohnzweck gänzlich. Damit trete die Tierhaltung gegenüber der zulässigen Wohnnutzung deutlich hervor und überschreite den Rahmen, der für eine typische Freizeitgestaltung angemessen erscheine. Die Antragsgegnerin habe das ihr zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Nutzungsuntersagung sei auch nicht unverhältnismäßig. Auch der Gebührenbescheid sei rechtmäßig.
8Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 8. Januar 2014 (2 B 1196/13) die hiergegen am 7. Oktober 2013 eingelegte Beschwerde zurückgewiesen.
9Die Klägerin zog im weiteren Verlauf des Verfahrens aus ihrem Haus aus und meldete sich am 27. Oktober 2014 mit neuem Wohnsitz in der Stadt S. an. Im Sommer 2015 zog sie zurück in ihr Haus und meldete sich am 1. August 2015 wieder in H. an. Seit dieser Zeit hält sie dort keine Papageienvögel.
10Während des laufenden Klageverfahrens wurden durch - mittlerweile bestandskräftige - Verfügung des Kreises L1. vom 24. Juni 2011 in Gestalt des Bescheides vom 14. Oktober 2011 vier der im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung von der Klägerin gehaltenen Papageienvögel aus artenschutzrechtlichen Gründen beschlagnahmt. Die noch verbliebenen Papageienvögel der Klägerin sind derzeit bei Dritten untergebracht.
11Die Klägerin hat beantragt,
12die Bescheide der Beklagten vom 21. Juni 2013 aufzuheben.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie hat zur Begründung auf die Ordnungsverfügung und den Gebührenbescheid verwiesen.
16Die Beigeladenen haben beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie haben sich im Wesentlichen dem Vortrag der Beklagten angeschlossen.
19Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die in dem Eilverfahren ergangenen Beschlüsse Bezug genommen.
20Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt vertiefend vor, dass die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu § 14 Abs. 1 BauNVO nicht heranzuziehen sei, da die Papageienvögel hier nicht in einer untergeordneten Nebenanlage, sondern in dem Wohnhaus selbst gehalten würden. Auch eine analoge Anwendung der Rechtsprechung zu § 14 Abs. 1 BauNVO scheide aus. Unzulässigen Immissionen jeglicher Art, die durch die Haltung von Tieren in Wohngebäuden entstünden, könne allein mit den Mitteln des allgemeinen Ordnungsrechts begegnet werden. Ferner sei die Begrenzung auf die Haltung von lediglich zwei Vögeln willkürlich und im baurechtlichen Sinn auch nicht erforderlich. Damit sei die Ordnungsverfügung auch unverhältnismäßig.
21Die Klägerin beantragt,
22das angefochtene Urteil zu ändern und die Ordnungsverfügung sowie den Gebührenbescheid der Beklagten vom 21. Juni 2013 aufzuheben.
23Die Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Die Beigeladenen beantragen,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1-4) Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29Die zulässige Berufung ist begründet.
30Die Klage ist zulässig.
31Die Klägerin ist durch die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 21. Juni 2013, mit der ihr aufgegeben worden ist, die Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln auf ihrem Grundstück einzustellen, nach wie vor beschwert und daher klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Die Ordnungsverfügung hat ihre Wirksamkeit nicht verloren. Ein Verwaltungsakt bleibt nach § 43 Abs. 2 VwVfG NRW wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Ein Verwaltungsakt erledigt sich im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, wenn die mit der Anfechtungsklage bekämpfte, den Kläger beschwerende Regelung wegfällt. Ob ein Wegfall der Beschwer eingetreten ist, ist nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsakts und nicht nach dem Klägerinteresse zu beurteilen.
32Vgl.OVG NRW, Urteil vom 19. Dezember 1995 – 11 A 2734/93 –, juris, Rn. 23.
33Nach diesen Maßstäben hat sich die Ordnungsverfügung nicht erledigt. Sie dient nach ihrem objektiven Regelungsgehalt weiterhin der dauerhaften Verhinderung der Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln auf dem Grundstück der Klägerin. Diese Nutzung ist weder dadurch, dass die Klägerin nach Erlass der Ordnungsverfügung zeitweise nicht mehr auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück gewohnt hat, auf das sich Ordnungsverfügung bezieht, noch dadurch, dass sie derzeit, um der Ordnungsverfügung zu entsprechen, keine Papageienvögel auf diesem Grundstück hält, dauerhaft aufgegeben worden. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Befragen erklärt, es sei für sie nicht ausgeschlossen, dass sie ‑ wenn sie mit ihrer Klage Erfolg habe ‑ auf ihrem Grundstück wieder mehr als zwei Papageienvögel halten werde.
34Die Klage ist auch begründet.
35Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 21. Juni 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
36Gemäß § 61 Abs. 1 BauO NRW haben die Bauaufsichtsbehörden unter anderem bei der Nutzung baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden und in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Eine auf diese Vorschrift gestützte Nutzungsuntersagung setzt zumindest voraus, dass die untersagte Nutzung formell baurechtswidrig ist oder dass sie materiell baurechtswidrig ist und der Nutzungsuntersagung keine bauaufsichtliche Genehmigung entgegensteht.
37Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die für das Wohnhaus der Klägerin im Jahre 2000 erteilte Baugenehmigung steht der Nutzungsuntersagung, die auch die Haltung von Papageienvögeln in der Wohnung der Klägerin erfasst, entgegen. Zudem ist die Ordnungsverfügung in einer zu ihrer Aufhebung führenden Weise ermessensfehlerhaft.
38Die der Klägerin untersagte Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln auf ihrem Grundstück ist, soweit die Papageienvögel in ihrer Wohnung gehalten werden, im Rahmen der Variationsbreite der Baugenehmigung von der genehmigten Wohnnutzung umfasst und damit formell legal. Die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung steht damit der angefochtenen Ordnungsverfügung entgegen. Da sich die mit der Ordnungsverfügung ausgesprochene Nutzungsuntersagung angesichts des in ihr zum Ausdruck gebrachten einheitlichen Regelungswillens nicht dahingehend aufspalten lässt, dass sie sich einerseits auf die Nutzung des Wohnhauses der Klägerin und andererseits auf die Nutzung ihres Grundstücks im Übrigen beziehen soll, ist sie insgesamt rechtswidrig.
39Die Haltung von Haustieren in einer Wohnung entspricht grundsätzlich üblicher Wohnnutzung und lässt sich von der sonstigen Wohnnutzung nicht trennen. Die Zulässigkeit dieser Form der Tierhaltung ist Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit, die den Einzelnen im Rahmen der Gesetze berechtigt, das Wohnen als bedeutenden Teil seiner Existenz nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Haustiere, die in einer Wohnung gehalten werden, leben typischerweise gemeinsam mit den Tierhaltern in mehreren oder allen auch im Übrigen zum Wohnen genutzten Räumen. Diese Art der Nutzung von zum Wohnen genehmigten Räumen auch für die Haltung von Haustieren ist von der Genehmigung zur Wohnnutzung gedeckt, solange die Tierhaltung nicht gewerblich motiviert und dem Wohnen zu- und untergeordnet ist. Einer gesonderten Baugenehmigung zur Haltung von Haustieren in der beschriebenen Weise bedarf es nicht. Zu den Haustieren, die traditionell und häufig in der Wohnung gehalten werden, gehören neben beispielhaft zu nennenden Hunden und Katzen auch Vögel einschließlich der Papageienvögel, zu denen unter anderem auch Wellensittiche zählen.
40Die Haltung von Haustieren in der Wohnung liegt erst dann außerhalb der Variationsbreite einer Baugenehmigung zur Wohnnutzung, wenn das Wohnen im Übrigen gegenüber der Tierhaltung in den Hintergrund tritt. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht generell bestimmen, sondern muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls festgestellt werden.
41Die Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln in der Wohnung der Klägerin hält sich grundsätzlich innerhalb der Variationsbreite der genehmigten Wohnnutzung. Diese Variationsbreite wäre nur verlassen, wenn das Wohnen mit mehr als zwei Papageienvögeln – also bereits mit drei Papageienvögeln – baurechtlich ein aliud im Vergleich zum Wohnen mit bis zu zwei Papageienvögeln oder zum Wohnen ohne Papageienvögel wäre. Ein aliud liegt nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts immer dann vor, wenn sich das tatsächlich verwirklichte Vorhaben in Bezug auf baurechtlich relevante Kriterien von dem genehmigten Vorhaben baulich oder im Hinblick auf die Nutzung unterscheidet. Ein solcher baurechtlich relevanter Unterschied zwischen dem verwirklichten und dem genehmigten Vorhaben ist anzunehmen, wenn sich für das abweichend von der Baugenehmigung verwirklichte Vorhaben die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen neu stellt. Das ist hier nicht der Fall. Dass die Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln in der Wohnung der Klägerin – unabhängig von der Art und der Zahl der gehaltenen Tiere sowie der konkreten Umstände der Haltung – das Wohnen im Übrigen gegenüber der Tierhaltung derart in den Hintergrund treten lassen würde, dass die Nutzung insgesamt nicht mehr von der für das Wohnhaus erteilten Baugenehmigung gedeckt sein könnte, ist fernliegend.
42Die von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerte Auffassung, die Haltung von Papageienvögeln sei eine Nutzung, die bei der in Anwendung der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung gebotenen typisierenden Betrachtung wegen ihres Störpotenzials in einem Reinen Wohngebiet nicht gebietsverträglich sei, teilt der Senat nicht.
43In welchen Baugebieten das Wohnen zulässig, eingeschränkt zulässig oder unzulässig ist, bestimmen die §§ 2 bis 9 BauNVO. Einer darüber hinausgehenden willkürfreien Differenzierung nach einer bestimmten, typisierenden Ausgestaltung des Wohnens, etwa nach der Art und der Zahl der in der Wohnung gehaltenen Haustiere, an die das Kriterium der Gebietsverträglichkeit der Art der Nutzung anknüpfen könnte, ist die Wohnnutzung angesichts der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten, der sie unterliegt, nicht zugänglich.
44Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 4 B 60.07 –, juris, Rn. 9, zur Gebietsverträglichkeit freiberuflicher Nutzungen.
45Ein derart kleinteiliger Eingriff in die den Kernbereich der Privatsphäre betreffende Gestaltungsfreiheit des Einzelnen bei Verwirklichung seiner Wohnvorstellungen ist mit den auf die Nutzung des Bodens ausgerichteten Baugebietsvorschriften auch nicht bezweckt.
46Im Übrigen wäre, wollte man die Haltung von Papageienvögeln im Reinen Wohngebiet typisierend als gebietsunverträglich ansehen, auch die Haltung eines Papageienvogels dort nicht zulässig. Dass eine typisierende Betrachtung dann trotzdem dazu führen könnte, die Haltung von zwei Papageienvögeln im Reinen Wohngebiet – wie in der Begründung der Ordnungsverfügung ausgeführt – als noch gebietsverträglich zu erachten, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Zur mündlichen Verhandlung ist auch kein Bediensteter der Beklagten erschienen, um dem Senat die Überlegungen zu erläutern, die dieser in der Ordnungsverfügung vertretenen Rechtsauffassung zugrunde liegen.
47Ob die mit der Haltung von Haustieren in einer Wohnung im Einzelfall verbundenen Emissionen sozialadäquat sind oder die in einem Reinen Wohngebiet besonders schützenswerte Wohnruhe in einer unzumutbaren Weise stören, ist für die Beantwortung der Frage, ob die Tierhaltung als Teil des Wohnens von der für das Wohngebäude erteilten Baugenehmigung gedeckt ist, ohne Bedeutung. Solchen Störungen kann ‑ wie anderen Störungen, die von einer dem Wohnen unterfallenden und davon untrennbaren Nutzung ausgehen, beispielsweise lauter Musik oder dem Rauch eines Grills ‑ auf der Grundlage von Rechtsvorschriften außerhalb des Baurechts, beispielsweise des Immissionsschutzrechts, begegnet werden. So sind nach § 12 LImSchG NRW Tiere so zu halten, dass durch den von ihnen verursachten Lärm Dritte nicht mehr als nur geringfügig belästigt werden. Diesen Weg hatte die Beklagte selbst mit ihrer Ordnungsverfügung vom 20. Oktober 2004 gewählt.
48Auf die Beantwortung der in den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts und des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts in den Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes aufgeworfenen Frage, ob durch die Nutzung eines Raumes in einer Wohnung allein zur Haltung von Haustieren dieser Raum dem Wohnen gänzlich entzogen wird und welche rechtlichen Folgen dies gegebenenfalls hätte, kommt es hier schon deswegen nicht an, weil die Ordnungsverfügung die Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln auf dem Grundstück generell untersagt und nicht etwa nur dann, wenn Räume des Wohngebäudes durch die Tierhaltung dem Wohnen möglicherweise gänzlich entzogen werden.
49Ebenso wenig kommt es hier darauf an, ob die Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln auf dem Grundstück der Klägerin nach § 14 BauNVO zulässig wäre und den von der Rechtsprechung hierzu aufgestellten Kriterien genügen würde. Die Vorschrift behandelt allein die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen. Die Ordnungsverfügung regelt jedoch nicht, jedenfalls nicht konkret, die Haltung von Papageienvögeln in einer solchen Nebenanlage, sondern untersagt die Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln auf dem gesamten Grundstück und damit auch – und das ist hier mit Blick auf die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung ausschlaggebend – für die Wohnung der Klägerin. Dass gegebenenfalls bestimmte Nutzungen im Rahmen der Hauptnutzung zulässig, in einer untergeordneten Nebenanlage oder Einrichtung aber unzulässig sein können, ergibt sich aus der in § 14 BauNVO getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung, hinsichtlich der Zulässigkeit von Hauptanlagen und Nebenanlagen zu differenzieren. So können Nebenanlagen unter Umständen auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden. Zudem dienen sie zwar dem Nutzungszweck des Grundstücks oder dem des Baugebiets, erfüllen diesen Nutzungszweck aber regelmäßig nicht selbst. Sie müssen daher gegebenenfalls anderen baurechtlichen Anforderungen genügen als die Hauptnutzung und bedürfen – je nach Anlage – einer eigenständigen Baugenehmigung.
50Schließlich ist die Ordnungsverfügung auch deshalb aufzuheben, weil die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt hat. Sie hat nicht erkannt, dass die Haltung von Haustieren – auch die von Papageienvögeln – in der Wohnung als Teil des Wohnens grundsätzlich der Gestaltungsfreiheit des Einzelnen unterliegt. Sie hätte gerade wegen dieser grundsätzlich gegebenen Gestaltungsfreiheit der Klägerin trotz der festgestellten Belästigungen der Nachbarn durch den Lärm, der von den auf dem Grundstück der Klägerin gehaltenen neun Kakadus verursacht wurde, prüfen müssen, ob die von ihr gewählte zahlenmäßige Einschränkung der Haltung von Papageienvögeln aller Arten zwingend für das gesamte Grundstück ausgesprochen werden musste oder ob auch ein milderes, gleichermaßen geeignetes und die Gestaltungsfreiheit der Klägerin angemessen berücksichtigendes Mittel, etwa eine Anordnung, die auf die Änderung der konkreten Form der Haltung der Kakadus abzielte, in Betracht gekommen wäre. Denkbar wäre beispielsweise, anzuordnen, dass die Haltung von Kakadus und bestimmter anderer Arten von Papageienvögeln auf dem Grundstück der Klägerin nur in deren Wohnhaus zulässig ist, verbunden mit der Verpflichtung, durch näher bestimmte Maßnahmen baulicher oder sonstiger Art sicherzustellen, dass Dritte durch den von den Vögeln verursachten Lärm nicht mehr als nur geringfügig belästigt werden. Ebenso hätte die Beklagte prüfen müssen, ob der Erlass dieser weiteren Ordnungsverfügung anstelle einer Durchsetzung der beiden bestandskräftigen Ordnungsverfügungen zweckmäßig und geboten war. Weder der Ordnungsverfügung noch den Verwaltungsvorgängen ist zu entnehmen, dass die Beklagte solche oder vergleichbare Erwägungen angestellt und weshalb sie die Wahl eines anderen Mittels verworfen hat. Sie hat sich vielmehr den Weg zu einer fehlerfreien Ermessensausübung verstellt, indem sie undifferenziert jegliche Haltung von mehr als zwei Papageienvögeln in einem Reinen Wohngebiet ungeachtet der konkreten Papageienart und der konkreten Umstände der Haltung für gebietsunverträglich und sich daher für berechtigt gehalten hat, ohne die Legalisierungswirkung der für das Wohnhaus der Klägerin erteilten Baugenehmigung in den Blick zu nehmen, die Haltung von Papageienvögeln losgelöst von der konkret beanstandeten Nutzung entsprechend ihrer Ausgangsüberlegung für das gesamte Grundstück einzuschränken.
51Die Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung führt zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Gebührenbescheids, der die Klägerin ebenfalls in ihren Rechten verletzt und daher nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben ist.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
53Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.
(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.
(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.
(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.
(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.