Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 16. Jan. 2017 - 1 M 35/16

published on 16/01/2017 00:00
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 16. Jan. 2017 - 1 M 35/16
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Gericht

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Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 7. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.628,47 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Flurstück A sowie des Grundstücks Flurstücke B, C 1und C 2, … .

2

Jeweils durch Bescheid vom 12. August 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. August 2015 zog der Antragsgegner die Antragsteller zu Straßenbaubeiträgen für den Ausbau der Schulstraße in D. in Höhe von 3.540,16 € bzw. 2.973,73 € heran.

3

Die Antragsteller erhoben Widerspruch und beantragten die Aussetzung der Vollziehung, die der Antragsgegner ablehnte.

4

Die Antragsteller haben am 15. Oktober 2015 beim Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche beantragt.

5

Durch Beschluss vom 7. Januar 2016 hat das Verwaltungsgericht diese zu einem Verfahren verbundenen Anträge abgelehnt. Der Beschluss ist den Antragstellern am 12. Januar 2016 zugestellt worden. Am 22. Januar 2016 haben die Antragsteller Beschwerde eingelegt, die sie fristgerecht am 11. Februar 2016 ausführlich begründet haben.

II.

6

Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache unbegründet. Der Senat folgt, auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens, der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass ernstliche Zweifel im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 3 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – im vorliegenden Fall nicht zu bejahen sind.

7

Soweit die Antragsteller in ihrer Beschwerdebegründung einfordern, das Gericht habe in einem Eilverfahren der vorliegenden Art eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung oder Einholung eines Sachverständigengutachtens durchzuführen, wird dies dem Gegenstand des vorliegenden Verfahrens aus zwei Gründen nicht gerecht: Zum einen handelt es sich hier um ein Eilverfahren, das nur eine Entscheidung darüber trifft, ob entsprechend dem gesetzlichen Regelfall die vom Antragsgegner angeforderten Abgaben zunächst bezahlt werden müssen oder ob die Antragsteller von der Zahlungspflicht vorerst verschont bleiben und im Gegenzug dafür aber Aussetzungszinsen Höhe von 6 % pro Jahr zu entrichten haben werden (§ 12 KAG M-V in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung). Zum anderen steht im vorliegenden Fall die Erhebung einer Vorausleistung in Rede. Weil seit der Rechtshängigkeit des Eilverfahrens bereits mehr als ein Jahr vergangen ist, könnte sich dieser Rechtsstreit bereits dadurch erledigt haben, dass zwischenzeitlich eine endgültige Veranlagung der Antragsteller erfolgt ist, die eventuell an die Stelle der Vorausleistungsbescheide getreten ist. Dies haben die Beteiligten dem Senat allerdings nicht mitgeteilt.

8

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass im Zeitpunkt seiner Entscheidung die sachliche Beitragspflicht für den Ausbau der Schulstraße noch nicht entstanden gewesen ist, weil die Baumaßnahme zwar vollendet, die Verwendungsnachweisprüfung aber noch nicht abgeschlossen gewesen ist. Dem sind die Antragsteller auch nicht substanziiert entgegengetreten.

9

Wenn die Antragsteller die Rechtsauffassung vertreten, dass die bereits in den Jahren 1997 bzw. 1998 erstellten Teileinrichtungen Gehweg und Straßenbeleuchtung eine bereits damals abgeschlossene Baumaßnahme gewesen seien, die völlig unabhängig von den im Jahre 2014 durchgeführten Maßnahmen zu bewerten sei, folgt der Senat dem nicht. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht zu Recht auf den im Straßenbaubeitragsrecht in Mecklenburg-Vorpommern geltenden erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff hingewiesen, wonach die sachliche Beitragspflicht für einen Straßenbaubeitrag erst dann entsteht, wenn die Straße mit allen ihren Teileinrichtungen hergestellt worden ist. Dies ist erkennbar nicht der Fall gewesen, weil die Fahrbahn nach den vorliegenden Unterlagen ersichtlich erst durch einen neuen Unterbau dem heute geltenden Standard angepasst worden ist, sodass von einem „Neubau“ gesprochen worden ist. Da bezüglich der beiden zuerst genannten Teileinrichtungen die sachliche Beitragspflicht nicht entstanden ist, hat auch keine Festsetzungsverjährungsfrist beginnen können, die zwischenzeitlich abgelaufen sein könnte. Schließlich haben die Antragsteller nichts dafür vorgetragen, dass in ihrem Fall eine Verwirkung eingetreten sein könnte. Dazu fehlt es insbesondere an einer Glaubhaftmachung, welche „Vorkehrungen und Maßnahmen“ die Antragsteller so eingerichtet haben wollen, dass ihnen durch die verspätete Durchsetzung des Beitragsanspruches ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 12 Erl. 47.6, mit weiteren Nachweisen).

10

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die sachliche Beitragspflicht für eine einzelne Teileinrichtung (z. B. Gehweg oder Straßenbeleuchtung) - auch nach der Rechtsprechung des Senates - nur dann mit der Fertigstellung dieser Teileinrichtung entstehen kann, wenn ein Kostenspaltungsbeschluss ergangen ist. Die Antragsteller haben zwar behauptet, die seinerzeit selbstständige Gemeinde D. habe einen solchen Beschluss gefasst, eventuell auch konkludent, indem sie ihren Bürgern versprochen habe, dass keine Kosten für den Gehweg bzw. die Straßenbeleuchtung erhoben würden. Belege für einen Kostenspaltungsbeschluss bzw. einen Verzicht auf eine Beitragserhebung oder eine hierauf gerichtete schriftliche Zusicherung sind im Eilverfahren nicht vorgelegt worden (vgl. hierzu Aussprung, a. a. O., § 7 Erl. 2.5, mit weiteren Nachweisen). Eine weitere Aufklärung diesbezüglich hat allenfalls in einem späteren Verfahren der Hauptsache zu erfolgen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang aber, dass ein Beitragsverzicht rechtlich unzulässig sein dürfte. Besteht eine Straßenbaubeitragssatzung, so ist diese auch anzuwenden. Wird auf einen Beitrag ohne gesetzliche Grundlage verzichtet, so kann ein solches Vorgehen eine Amtsverletzung der verantwortlich handelnden Personen darstellen.

11

Der Vortrag der Antragsteller, ihr Gutshausgrundstück S.-Straße habe keinen Zugang zu dem infrage stehenden Teil der Schulstraße, ist dies nach der vorliegenden Karte, die das Abrechnungsgebiet wiedergibt, nicht nachvollziehbar. Vielmehr ist es so, dass die herangezogenen Grundstücke der Antragsteller (Flurstücke B, C1, C 2 und C3 allesamt unmittelbar an die Straße (C4) angrenzen.

12

Nicht nachvollziehbar ist für den Senat der Vortrag der Antragsteller über die Bedeutung der Rückwirkung der Änderungssatzung vom 9. September 2014, die die Straßenbaubeitragssatzung des Antragsgegners vom 21. Mai 2001 rückwirkend auf den 1. Januar 2012 ändert. Da im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden ist, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Satzung in der Fassung der Änderungssatzung vom 9. September 2014 unmittelbar Gültigkeit beansprucht, ohne dass es auf deren Rückwirkung ankommt. Nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Greifswald (grundlegend: Beschl. vom 29. Juli 1997 – 6 M 93/97 –, DVBl 1998 S. 56 = NordÖR 1989 S. 267) ist es zwar so, dass eine Straßenbaubeitragssatzung sich gegebenenfalls Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage beimessen muss. Der Rückwirkungszeitraum ist aber im vorliegenden Fall keineswegs zu lang bemessen worden. Im Jahre 2013 ist die Straße nicht einmal technisch fertig gestellt, geschweige denn abrechnungsfähig gewesen. Der Rückwirkungszeitraum der Straßenbaubeitragssatzung ist deutlich kürzer als die maßgebliche vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist (§ 12 Abs. 2 KAG M-V Fassung 2005 in Verbindung mit §§ 169 Abs. 2 Nr. 1, 170 Abs. 1 Abgabenordnung).

13

Der Hinweis der Antragsteller auf den stattgebenden Kammerbeschluss des BVerfG, 2. Kammer, Beschl. vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 -, LKV 2016 S. 25 ff., geht fehl. Im dortigen Fall war eine Quasifestsetzungverjährung eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt war nach der damaligen Rechtslage in Brandenburg eine Abgabenerhebung nicht mehr zulässig. Erst durch eine gesetzliche Änderung des dortigen Kommunalabgabengesetzes ist dieser Sachverhalt nachträglich anders geregelt worden, was eine Abgabenerhebung wieder hat möglich machen sollen. Auf einer solchen Sachverhaltslage hat das Bundesverfassungsgericht Vertrauensschutz bejaht. Im hier einschlägigen Fall gilt das Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern. Dieses hat der Senat, anders als wohl in Nordrhein-Westfalen, stets dahingehend ausgelegt, dass - wenn kein Kostenspaltungsbeschluss gefasst worden ist - erst mit der Herstellung der auszubauen Straße mit allen ihren Teileinrichtungen die sachliche Beitragspflicht entstehen kann und damit die Festsetzungsverjährungsfrist beginnt. Anders gesagt: Es ist zu keinem Zeitpunkt nach Lage der Akten ein schutzwürdiges Verfahren darauf begründet worden, dass die Erneuerung der Straßenbeleuchtung und des Gehweges vollständig aus öffentlichen Mitteln getragen werden soll.

14

Fragen des Vergaberechts werden gegebenenfalls in einem Verfahren der Hauptsache geklärt werden müssen.

15

Nach dem Stand der Akten sieht der Senat keine ernstlichen Zweifel daran, dass es im Rahmen des ortsgesetzgeberischen Ermessens liegt, das von der Straße abfließende Niederschlagswasser nicht in den Dorfteich einzuleiten, sondern mittels einer Rohrleitung der Vorflut zuzuführen, auch wenn dadurch eine längere und damit eventuell teurere Rohrleitung gewählt worden ist.

16

Ob eine straßenverkehrsordnungswidrige Benutzung der alten Straße durch Schwerlastverkehr im Rahmen des Baus einer Gaspipeline zu einem vorzeitigen Verschleiß geführt hat, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Klärung. Die Fahrbahn ist wohl erst im Zuge der jetzt abgerechneten Maßnahme mit einem ausreichenden Unterbau versehen worden. Zudem ist für den Senat nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsgegner Schadensersatzansprüche hat realisieren können, die seine Baukosten gemindert hätten.

17

Der Hinweis auf den Verkauf der Pflastersteine, die die Antragsteller selbst erworben haben, geht fehl. Die diesbezüglichen Kosten, die die Antragsteller aufgewandt haben, sind nicht der Gemeinde zugeflossen, sondern die Antragsteller haben dem dort tätigen Bauunternehmer die diesbezüglichen Pflastersteine abgekauft.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO.

19

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG.

20

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 16/10/2017 00:00

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2013 – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2015 und des Änderungsbescheides vom 15. Januar 2015 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten aufer
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent. Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz. Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung.

(1a) In den Fällen des § 233a betragen die Zinsen abweichend von Absatz 1 Satz 1 ab dem 1. Januar 2019 0,15 Prozent für jeden Monat, das heißt 1,8 Prozent für jedes Jahr.

(1b) Sind für einen Zinslauf unterschiedliche Zinssätze maßgeblich, ist der Zinslauf in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen. Die Zinsen für die Teilverzinsungszeiträume sind jeweils tageweise zu berechnen. Hierbei wird jeder Kalendermonat unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage mit 30 Zinstagen und jedes Kalenderjahr mit 360 Tagen gerechnet.

(1c) Die Angemessenheit des Zinssatzes nach Absatz 1a ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wenigstens alle zwei Jahre zu evaluieren. Die erste Evaluierung erfolgt spätestens zum 1. Januar 2024.

(2) Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.