Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Jan. 2016 - 1 K 30/14
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des Art. 1 Nr. 3 Buchst. a) und b) der zweiten Landesverordnung zur Änderung der Schiedsstellenlandesverordnung SGB VIII vom 13.12.2013 (GVOBl. 2013, 750), im Folgenden: Änderungsverordnung, soweit dadurch § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Kraft gesetzt und § 3 Abs. 2 der Schiedsstellenlandesverordnung aufgehoben wurde.
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Die Schiedsstellenlandesverordnung trat in ihrer ursprünglichen Fassung vom 27.05.1999 am Tag nach ihrer Verkündung im GVOBl. M-V 1999, 398 in Kraft. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 und 2 hatte bis zum Inkrafttreten der Änderungsverordnung folgende Fassung:
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„ (1) Die beteiligten Organisationen bestellen acht Mitglieder der Schiedsstelle durchschriftliche Benennung gegenüber der Geschäftsstelle.
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(2) Beteiligte Organisationen sind:
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1. für die Träger der Einrichtungen
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a) Die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Sie bestellt drei Mitglieder und deren Stellvertreter.
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b) Die Vereinigungen sonstiger freigemeinnütziger und privatgewerblicher Leistungserbringer. Sie bestellen ein Mitglied und seine Stellvertreter.
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2. für die Träger der öffentlichen Jugendhilfe
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a) Der Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern und
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b) der Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern.
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Diese Organisationen bestellen insgesamt vier Mitglieder und deren Stellvertreter. Solange von den in Nummer 1 Buchstabe b genannten Organisationen kein Mitglied bestellt wird, verringert sich diese Zahl auf drei Mitglieder und deren Stellvertreter.“
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Durch Art. 1 Nr. 3 der Änderungsverordnung wurde § 3 Abs. 1 Landesschiedsstellen-verordnung neu gefasst und erhielt folgenden Wortlaut:
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„(1) Die weiteren acht Mitglieder der Schiedsstelle (§ 2 Abs. 1 Satz 2) werden von folgenden Organisationen jeweils durch schriftliche Benennung gegenüber der Geschäftsstelle bestellt:
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1. Als Vertretung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestellen der Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern und der Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern jeweils zwei Mitglieder und deren Stellvertretungen.
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2. Als Vertretung der Träger der Einrichtungen bestellen die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege drei Mitglieder und deren Stellvertretungen und die Vereinigungen sonstiger freigemeinnütziger und privatgewerblicher Leistungserbringer ein Mitglied und dessen Stellvertretung.
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Wenn die Vereinigungen sonstiger freigemeinnütziger und privatgewerblicher Leistungserbringer bis vier Wochen vor der konstituierenden Sitzung kein Mitglied bestellen, benennt die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege ein viertes Mitglied und dessen Stellvertretung.“
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§ 3 Abs. 2 Landesschiedsstellenverordnung wurde durch Art. 1 Nr. 3 Buchst.b Änderungsverordnung aufgehoben. Die Änderungsverordnung trat am 31.12.2013 in Kraft.
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Die Antragstellerin ist eine kreisangehörige amtsfreie Gemeinde, die eine Kindertageseinrichtung betreibt. In ihrem Hoheitsbereich betreiben andere Träger eigene Kindertageseinrichtungen. Sie ist zudem als Wohnsitzgemeinde an der Finanzierung der Kosten der Betreuung der Kinder beteiligt, die in den Kindertageseinrichtungen anderer Träger betreut werden.
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Die Antragstellerin hat am 28. Dezember 2014 mit anwaltlichem Schriftsatz Normenkontrollantrag gestellt. Sie ist der Auffassung, eine Gemeinde, die sowohl als Träger von Kindertageseinrichtungen wie auch als Beteiligte an den Kosten der Kindertageseinrichtungen anderer Träger somit Beteiligte an dem Beziehungsgeflecht von Land, Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Eltern und Gemeinden sei, hätte daraus abgeleitet einen Anspruch auf Mitentscheidung im schiedsgerichtlichen Verfahren, soweit in diesem Vereinbarungen nach § 16 Abs. 1 Kindertagesförderungsgesetz M-V (KiföG M-V) festgelegt würden. Dieser Anspruch beruhe auf der gebotenen Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der es bei der durch die Regelung des KiföG M-V erfolgten Zurückzonung der Aufgabe „kollektive Kinderbetreuung“ gebiete, dass auch die Gemeinden als zum einen Träger von Kindertageseinrichtungen wie auch als Kostenträger am schiedsgerichtlichen Verfahren beteiligt werden. Es fehle an einem sachlichen Grund, dass den Gemeinden weder ein Sitz noch ein Benennungsrecht für die Besetzung der Schiedsstelle gewährt würde. Aus diesem Grund seien sowohl die kommunale Selbstverwaltungshoheit wie der allgemeine Gleichheitssatz im Sinne des Willkürverbotes verletzt. Bei Letzterem sei zu berücksichtigen, dass die Gemeinde als Träger von Kindertageseinrichtungen keine öffentliche Aufgaben wahrnehme, was nach der abzulehnenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Berufung auf Grundrechte durch die Gemeinde ausschließe, sondern nur einen öffentlichen Zweck im Sinne des Kommunalrechts, insbesondere des kommunalen Wirtschaftsrechts verfolge. Die Disparität und die Vermeidung von Interessenkonflikten in der Besetzung der Schiedsstelle, die der Antragsgegner als wesentlichen Grund für das fehlende Recht auf Benennung eigener Vertreter der Gemeinden auf Seiten der Träger der Einrichtungen nenne, sei durch geeignete organisatorische Maßnahmen innerhalb der Gemeinden aufzufangen. Sie sei auch rechtlich nicht maßgeblich, weil es um die Vermeidung eines Demokratiedefizits gehe, das durch die mangelnde Beteiligung von Vertretern der Gemeinden in der Schiedsstelle bewirkt werde.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die zweite Landesverordnung zur Änderung der Schiedsstellenlandesverordnung SGB VIII vom 13. Dezember 2013 (GVOBl. M-V S. 750) insoweit für unwirksam zu erklären, als sie in Art. 1 Nr. 3 Buchst. a) den neuen Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 sowie Buchst b) in Kraft setzt.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Er weist darauf hin, dass nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schiedsstellenverordnung eine Eingrenzung des Personenkreises, der von den in dieser Bestimmung benannten Organisationen vorgeschlagen werden kann, nicht besteht. Es stehe diesen Organisationen frei, auch Vertreter kreisangehöriger Gemeinden vorzuschlagen, was auch praktiziert worden sei. Die Schiedsstelle sei zwingend paritätisch zu besetzen, was eine Besetzung auch durch Vertreter der Gemeinden auf Seiten der Betreiber der Einrichtung ausschließe. Denn diese ständen in einem unauflöslichen Interessenkonflikt, weil die Gemeinden nach dem KiföG M-V auch Kostenträger seien. Als solche sei ihr Interesse auf ein möglichst geringes Entgelt gerichtet, während sie als Träger der Einrichtung auf eine möglichst hochwertige und damit teure Einrichtung drängen müssten.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg, weil er unzulässig ist. Er ist zum einen nicht fristgerecht gestellt worden (1.) und zum anderen fehlt der Antragstellerin die erforderliche Antragsbefugnis (2.).
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1. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist der Normenkontrollantrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Rechtsvorschrift zu stellen. Die angegriffene Änderungsverordnung ist am 31.12.2013 in Kraft getreten, so dass der am 28.12.2014 gestellt Normenkontrollantrag auf den ersten Blick innerhalb der Jahresfrist gestellt worden ist. Im vorliegenden Fall ist aber die Besonderheit zu beachten, dass es sich bei der angegriffenen Norm um eine Änderungsvorschrift zu einer seit 1999 geltenden Bestimmung handelt. In einem solchen Fall gilt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass Änderungen oder Neuregelungen einer Rechtsvorschrift die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (nur) erneut in Lauf setzen, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen oder wenn die Neuregelung selbst eine neue Beschwer enthält. Dies trifft insbesondere für lediglich redaktionelle Änderungen, die keine neue oder zusätzliche Beschwer des Antragstellers zur Folge haben, nicht zu (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Beschl. v. 13.02.2013 – 4 K 16/10 –, juris Rn. 18; Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 14; Beschl. v. 16.01.2004 – 4 K 16/03 –, juris; vgl. auch OVG Bautzen, Urt. v. 20.08.2008 – 5 D 24/06 –, juris Rn. 18; VGH München, Urt. v. 02.10.2001 – 23 N 01.723 –, BayVBl. 2002, 531 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 21.01.2004 – 8 CN 1.02 –, BVerwGE 120, 82 – zitiert nach juris
). Soweit nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch klarstellende Änderungen einer Vorschrift, die eine Rechtslage eindeutiger zum Ausdruck bringen und damit präzisieren, die Antragsfrist neu beginnen lassen können, ist jedenfalls in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung erforderlich, dass die Normänderung auch eine neue Beschwer der Antragsteller begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.2009 – 8 CN 1.08 –, NVwZ-RR 2010, 578 – zitiert nach juris ); aus der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.1993 – P.St. 1158 e.V. – (NVwZ-RR 1993, 654) folgt nichts Abweichendes. An dieser erforderlichen neuen bzw. zusätzlichen Beschwer fehlt es nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen in Ansehung von Art. 1 Nr. 3 der Änderungsverordnung im Verhältnis zur schon zuvor geltenden Rechtslage.
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Den Darlegungen der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass die angegriffene Änderungsvorschrift gegenüber der Vorläuferregelung eine neue Beschwer enthält. Die die Antragstellerin aus ihrer Sicht beschwerende Nichtaufnahme der Gemeinden in den Kreis der Organisationen, die Mitglieder in die Schiedsstelle entsenden können, war sowohl in der Fassung des § 3 Abs. 1 Schiedsstellenlandesverordnung SGB VIII 1999 enthalten wie sie auch in der Fassung enthalten ist, die durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. a) Änderungsverordnung bewirkt worden ist. Insoweit hat sich die bisherige, hier unterstellte, Beschwer der Antragstellerin durch die Änderungsverordnung nicht geändert. Der Verordnungsgeber hat sie weder klargestellt noch in anderer Form rechtlich geändert, insbesondere sie weder erweitert noch verringert. Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin genügt der Umstand allein, dass der Antragsgegner sich mit der Zusammensetzung der Schiedsstelle erneut befasst hat, nicht aus, eine inhaltliche Neubefassung mit der Folge einer neuen Beschwer anzunehmen. Eine solche liegt nicht in der Perpetuierung einer bislang geltenden Rechtslage, hier der Nicht-Beteiligung der Gemeinden bei der Zusammensetzung der Schiedsstelle. Denn diese Rechtslage hat sich gerade nicht geändert, selbst wenn hier unterstellt wird, der Verordnungsgeber habe sich mit der bisherigen Rechtslage der Nicht-Beteiligung der Gemeinden als Mitglied der Schiedsstelle auf Seiten der Träger der Einrichtungen befasst und entschieden, dies unverändert beizubehalten. Die von der Antragstellerin vertretene Rechtsauffassung würde das Erfordernis der erneuten Beschwer und damit die Fristbestimmung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Regelfall entfallen lassen, denn dann würde regelmäßig die Beibehaltung einer bestehenden Beschwer bei Änderung einer Norm im Übrigen eine neue Frist auslösen. Das ist nicht Sinn und Zweck der Fristregelung, die Rechtssicherheit bewirken soll.
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Die durch die Änderungsverordnung erfolgte Neufassung des bisherigen § 3 Abs. 1 und die Aufhebung des bisherigen § 3 Abs. 2 Landesschiedsstellenverordnung SGB VIII 1999 beschweren die Antragstellerin ebenfalls nicht neu. Die Änderungsverordnung fasst die bisherigen Absätze 1 und 2 des § 3 Landesschiedsstellenverordnung SGB VIII 1999 unter Abänderung des Wortlautes und der internen Systematik in dem neugefassten § 3 Abs. 1 zusammen. Durch diese Zusammenfassung wird zum einen die Regelung über die Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle, die durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt werden, zu denen die Antragstellerin nicht gehört, systematisch an die erste Stelle der Auflistung gestellt und in der Weise klargestellt, als die beiden in der Norm genannten Spitzenverbände jeweils zwei Mitglieder und zwei Stellvertreter benennen. Dies mag gegenüber der Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 2 Landesschiedsstellenverordnung SGB VIII 1999 eine inhaltliche Änderung darstellen; eine neue Beschwer der Antragstellerin ergibt sich daraus nicht. Die Umstellung und Umformulierung der in der Sache ansonsten unverändert gebliebenen Bestimmungen des § 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Landesschiedsstellenverordnung SGB VIII 1999 durch die Änderungsverordnung ist eine rein redaktionelle und hat auch bei systematischer oder am Zweck der Norm ausgerichteter Betrachtung keine inhaltliche Änderung bewirkt. Die Änderung des § 3 Abs. 2 Satz 3 Landesschiedsstellenverordnung SGB VIII 1999 durch Art. 1 Nr. 3 Änderungsverordnung enthält keine Beschwer der Antragstellerin, weil sich dadurch nur die Besetzung der Schiedsstelle durch die Träger der Einrichtungen verändert, die Antragstellerin aber weder in der Landesschiedsstellenverordnung SGB VIII 1999 noch in der Änderungsverordnung als Mitglied der Schiedsstelle vorgesehen war; ebenso wenig ein Spitzenverband der Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern.
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2. Der Antragstellerin fehlt des Weiteren die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO verlangt die Darlegung der Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten. Dafür ist ausreichend, dass es nicht offensichtlich ausgeschlossen erscheint, dass ein der Antragstellerin zustehendes Recht durch die angegriffene Norm verletzt sein könnte. Diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt.
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a) Soweit sich die Antragstellerin auf eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG beruft, ist es offensichtlich ausgeschlossen, dass ihr dieses Grundrecht zusteht. Die Antragstellerin ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls dann nicht grundrechtsfähig sind, soweit sie öffentliche Aufgaben erfüllen (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 GG BVerfG, Beschl. v. 2. Mai 1967 – 1 BvR 578/63, BVerfGE 21, 362 [372 ff.]). Juristische Personen des öffentlichen Rechts befinden sich als in den Staatsaufbau eingebundene, wenn auch eigenständige Rechtspersönlichkeiten grundsätzlich nicht in einer privaten Rechtssubjekten vergleichbaren rechtlichen Position gegenüber dem Staat, die es rechtfertigen würde, ihnen die als Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe konzipierten Grundrechte zur Seite zu stellen. Juristischen Personen des öffentlichen Rechts fehlt es an der grundrechtstypischen Gefährdungslage, weil sie Teil des Staates sind, gegen dessen Handeln die Grundrechte Schutz bieten. Anderes kann nur dann gelten, wenn ausnahmsweise die Rechtsordnung selbst die Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts begründet, in dem diese unmittelbar dem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind. Der allgemeine Gleichheitssatz oder das Willkürverbot erfassen keinen solchen besonderen Lebensbereich, sondern stellen einen allgemeinen Rechtsgrundsatz dar, der juristischen Personen des öffentlichen Rechts keine Grundrechtsposition einräumt; insoweit ist es ausreichend, dass dieser Rechtsgrundsatz innerhalb der Staatsorganisation und –verwaltung objektivrechtlich Geltung beansprucht (BVerfG, a.a.O., S. 372 f.). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an; die Ausführungen der Antragstellerin geben keinen Anlass davon abzuweichen.
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Die Antragstellerin erfüllt als Trägerin einer Kinderbetreuungseinrichtung und als die Kosten der Kinderbetreuung mittragende Gemeinde im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine öffentliche Aufgabe. Die Sicherung und Förderung eines bedarfsgerechten öffentlichen Angebots an Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen gehört nach § 2 Abs. 2 Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern zu den Aufgaben des öffentlichen Wirkungskreises der Gemeinden. Die Auffassung der Antragstellerin, dass eine Gemeinde als Betreiberin einer Kinderbetreuungseinrichtung wie ein privater Marktteilnehmer auftritt, ist damit bereits aus Rechtsgründen unzutreffend. Dies gilt unabhängig von der Regelung des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Kommunalverfassung M-V, wonach eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde nur dann zulässig ist, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt, so dass die Frage offen bleiben kann, ob der in § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Kommunalverfassung M-V vorausgesetzte öffentliche Zweck im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gleichbedeutend mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist.
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b) Die Antragstellerin kann für ihre Antragsbefugnis auch nicht eine mögliche Verletzung ihres in Art 28 Abs. 2 Satz 1 GG verwurzelten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung anführen. Dafür wäre erforderlich, dass sie eine Verletzung in ihrer konkreten Rechtsstellung, abgeleitet aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, darlegt. Sie muss also geltend machen, dass sie in ihrer eigenen kommunalen Selbstverwaltungsgarantie verletzt sein könnte. Daran mangelt es vorliegend. Die Antragstellerin macht nur geltend, die Gemeinden allgemein als Träger von Einrichtungen und als Kostenträger würden willkürlich benachteiligt, weil sie, d.h. ihre Spitzenverbände, weder auf der Seite der Einrichtungsträger noch als Kostenträger in der Schiedsstelle vertreten seien. Dies würde sich für sie als Antragstellerin in jedem Einzelfall auswirken, in dem die Schiedsstelle über eine Vereinbarung entscheiden würde, an der die Antragstellerin beteiligt sei. Damit macht die Antragstellerin aber keine Verletzung einer ihr selbst zustehenden Rechtsposition geltend, denn sie behauptet nicht, dass sie selbst einen Anspruch auf einen Sitz in der Schiedsstelle hat. Sie macht vielmehr ein allgemeines Beteiligungsrecht der Gemeinden, abgeleitet aus dem Demokratieprinzip geltend, dass ihr selbst in dieser Form aber nicht zusteht. Die Antragstellerin macht sich zum Wahrer der von ihr behaupteten Interessen der Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern, macht also eine besondere Form der Popularklage geltend. Das genügt für § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht.
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Eine Antragsbefugnis kann die Antragstellerin auch nicht aus der Überlegung ableiten, die Zusammensetzung der Schiedsstelle sei willkürlich, weil nicht alle an den Kosten der Kindertageseinrichtung Beteiligten, jedenfalls aber nicht die Gemeinden als Kostenträger und zugleich Träger der Einrichtungen, auch in der Schiedsstelle repräsentiert seien. Aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie folgt offenkundig nicht, dass an jeder eine Gemeinde möglicherweise belastenden Entscheidung die Gemeinde in der Weise beteiligt sein muss, dass sie – wenigstens mittelbar über ihre Spitzenverbände – Sitz und Stimme im Entscheidungsgremium hat. Es steht im weiten Ermessen des Gesetzgebers zu entscheiden, durch wen solche eine Gemeinde möglicherweise belastenden Entscheidungen getroffen werden (vgl. Mehde in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand November 2012, Art. 28 Abs. 2 Rn. 45). Auch dieses Ermessen ist nicht in dem Sinne völlig frei, dass es willkürlich ausgeübt werden kann, doch ist die Grenze zur Willkür nicht schon dann überschritten, wenn an der Schiedsentscheidung nicht alle faktisch Betroffenen wenigstens mittelbar beteiligt sind. Denn es ist gerade die Aufgabe einer Schiedsstelle, unter Berücksichtigung aller Interessen der konkret von der Entscheidung Betroffenen eine Entscheidung zu treffen (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 20.10.2015 – LVG 2/14 –, juris Rn. 128). Ist erkennbar, dass die Schiedsstelle unter diesem Aspekt jedenfalls fachkundig besetzt und grundsätzlich in der Lage ist, unter Berücksichtigung aller beteiligten Interessen eine Entscheidung zu treffen, ist eine willkürliche Zusammensetzung ausgeschlossen. Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass die vom Verordnungsgeber gewählte und von der Antragstellerin angegriffene Zusammensetzung der Schiedsstelle diese Anforderungen nicht erfüllt. Unter diesen Umständen kann erst die Entscheidung als solche einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung darstellen, nicht aber die Zusammensetzung der die Entscheidung treffenden Stelle. Gegen diese Entscheidung steht für die davon betroffene Gemeinde der Verwaltungsrechtsweg offen (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, a.a.O.).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO, 708 ff. ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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(1) Das Bundesministerium für Gesundheit kann Mitglieder und ihre Stellvertreter auf Antrag einer Vertragspartei aus wichtigem Grunde abberufen. Die beteiligten Verbände sind vorher zu hören.
(2) Die Mitglieder haben die Niederlegung des Amtes den für die Benennung zuständigen Verbänden oder Vertragsparteien, dem Vorsitzenden der Schiedsstelle sowie dem Bundesministerium für Gesundheit zu erklären.
(3) Für die Bestellung von Mitgliedern und ihren Stellvertretern in der Nachfolge von während einer Amtsperiode Ausgeschiedenen gilt § 1 entsprechend.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.