Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 15. Sept. 2015 - 3 Nc 201/14
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,– Euro festgesetzt.
Gründe
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Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der für den Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Anordnungsgrund bei der Antragstellerin nicht mehr gegeben. Dies folgt daraus, dass die Antragstellerin zuletzt nicht mehr glaubhaft gemacht hat, die über das Vergabeverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung zumutbaren Anstrengungen zum Erlangen eines Studienplatzes im Fach Humanmedizin unternommen zu haben.
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1. Das Beschwerdegericht nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zwecks vorläufiger Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität zur Vermeidung wesentlicher Nachteile des jeweiligen Antragstellers nur dann geboten ist, wenn dieser seinerseits das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um einen Studienplatz in dem betreffenden Fach zu erhalten, und dementsprechend der nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Anordnungsgrund fehlt, wenn der betreffende Antragsteller dieser Obliegenheit nicht genügt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.1991, NVwZ-RR 1992, 22 f.). In Studiengängen, die in das zentrale Vergabeverfahren nach der Vergabeverordnung einbezogen sind, hat das Beschwerdegericht es (im Sinne der Erforderlichkeit eines Abwendens wesentlicher Nachteile im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO) stets für grundsätzlich zumutbar gehalten, (auch für Folgesemester während eines weiterhin laufenden gerichtlichen Eilverfahrens) bei der Stiftung für Hochschulzulassung (früher: ZVS) für den betreffenden Studiengang einen Zulassungsantrag zu stellen und einen zugeteilten Studienplatz auch anzunehmen.
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Das Beschwerdegericht hat diese Rechtsprechung nach erneuter Prüfung (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 23.4.2008, HmbJVBl. 2009, 2 ff.) im Hinblick auf diejenigen Antragsteller bestätigt, die – wie die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens – in erster Instanz erfolglos waren und mit der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht ihr Ziel weiter verfolgen. Das Beschwerdegericht hat u. a. ausgeführt:
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„ aaa) Das Beschwerdegericht bleibt insoweit dabei, dass das Vorliegen eines Anordnungsgrundes für den Erlass einer einstweiligen Anordnung über die vorläufige Zuweisung eines Studienplatzes in einem Studiengang, der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen ist, im Regelfall eine aktuelle und ordnungsgemäße ZVS-Bewerbung des betreffenden Antragstellers erfordert. Zur Vermeidung wesentlicher Nachteile ist eine solche Anordnung nur dann geboten, wenn der betreffende Antragsteller seinerseits die ihm möglichen und zumutbaren Verfahrensschritte unternommen hat, um den gewünschten Studienplatz vorrangig im Vergabeverfahren zu erhalten; andernfalls ist er zur weiteren Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Ein solcher Schritt wird erst mit einem aktuellen und ordnungsgemäßen Zulassungsantrag bei der ZVS getan. […]
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Mit der Obliegenheit, das ZVS-Vergabeverfahren zu durchlaufen, wird den Antragstellern keine gleichsam schikanöse, weil erkennbar aussichtslose Anforderung auferlegt. […]
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ccc) Ausgehend von diesem Grundsatz präzisiert das Beschwerdegericht die zumutbaren Anforderungen an die Bewerbung im ZVS-Verfahren gemessen an dem derzeit geltenden Vergaberecht wie folgt:
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Zunächst einmal sind die Antragsteller gehalten, sich überhaupt bei der ZVS um einen Studienplatz in dem betreffenden Studiengang zu bewerben; da die Bewerbung zum Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung aktuell zu sein hat, gilt diese Obliegenheit nicht nur für das Semester, auf den sich der im Eilverfahren materiell geltend gemachte Anordnungsanspruch kapazitätsrechtlich bezieht, sondern – sofern das gerichtliche Eilverfahren über dieses Semester hinaus andauert – auch für Folgesemester. Die Bewerbung hat ordnungsgemäß zu sein, darf also nicht bereits an vermeidbaren formellen Fehlern (z. B. Fristversäumnisse, Unvollständigkeit der Unterlagen) scheitern.
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Da nach den Regelungen des ZVS-Vergabeverfahrens 60 v. H. der Studienplätze im Auswahlverfahren der Hochschule vergeben werden und dort diejenigen Studienbewerber nicht mehr vertreten sind, die bereits über die Quoten der Abiturbesten und der längsten Wartezeit zugelassen worden sind, ist es im Hinblick auf die dort potentiell eröffneten Chancen zumutbar, von den Antragstellern auch zu verlangen, dass sie sich an diesem Auswahlverfahren überhaupt beteiligen. Um ihre Erfolgsaussichten möglichst günstig zu gestalten und diese nicht selbst einzuschränken, ist es dabei für die Antragsteller in der Regel – zusätzlich – ebenfalls möglich und zumutbar, von der Option Gebrauch zu machen, den Regelungen des ZVS-Verfahrens gemäß hierfür insgesamt sechs (und nicht weniger) Studienorte anzugeben […] “
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2. Nach Maßgabe der vorstehend dargestellten Grundsätze, an denen das Beschwerdegericht weiter festhält (siehe auch Beschl. v. 1.6.2012, 3 Nc 51/11, NVwZ-RR 2012, 887; v. 22.10.2013, 3 Nc 37/13), muss die vorliegende Beschwerde der Antragstellerin mangels Anordnungsgrundes ohne Erfolg bleiben. Denn die Antragstellerin hat sich, wie sich aus den mit Schriftsatz vom 11. August 2015 eingereichten Unterlagen ergibt, zum Sommersemester 2015 für das Auswahlverfahren der Hochschulen nur an 5 und nicht an 6 möglichen Hochschulen beworben. Gründe, die dies ausnahmsweise unschädlich erscheinen lassen könnten (vgl. Beschl. v. 1.6.2012, 3 Nc 51/11, NVwZ-RR 2012, 887 f.), hat die Antragstellerin nicht dargelegt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.