Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 07. Okt. 2014 - 3 Bf 86/12

published on 07/10/2014 00:00
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 07. Okt. 2014 - 3 Bf 86/12
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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. März 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in zweiter Instanz.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Verfahren in der zweiten Instanz auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein früherer Student der Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg, begehrt hauptsächlich die Aufhebung einer Entscheidung der Beklagten, nach der er wegen eines Täuschungsversuchs im besonders schweren Fall die Erste Juristische Staatsprüfung nicht bestanden hat, und die Verpflichtung der Beklagten, ihn erneut zur Erbringung der Ersten juristischen Staatsprüfung im sog. Freiversuch zuzulassen.

2

1. Der Kläger nahm zum Wintersemester 2001/2002 an der Universität Halle-Wittenberg das Studium der Rechtswissenschaft auf, das er an der Universität Hamburg fortsetzte. Mit Schreiben vom 26. September 2005 ließ die Beklagte ihn auf seinen Antrag hin im Wege des sog. Freiversuchs zur Ersten Juristischen Staatsprüfung zu. Nach Abgabe der Hausarbeit im November 2005 wurde der Kläger (nach einer krankheitsbedingten Unterbrechung) des Prüfungsverfahrens für den 24., 26. und 28. April 2006 zur Anfertigung der Klausuren geladen. Nach Abgabe der Klausur am 24. April 2006 (Zivilrecht) hielten Vertreter der Beklagten laut einem dortigen Vermerk dem Kläger vor, dass in zahlreichen Eintragungen in der von ihm zum Klausurtermin mitgebrachten Gesetzessammlung „Schönfelder" nach vorläufiger Einschätzung ein Täuschungsversuch gesehen werde. Der Kläger gab laut diesem Vermerk an, dass es sich um den Text einer Bekannten handele, den er sich kurzfristig ausgeliehen habe. Der vom Kläger mitgebrachte „Schönfelder“ wurde einbehalten und dem Kläger am 16. Mai 2006 wieder ausgehändigt. Die vom Kläger am 24. April 2006 gefertigte Klausur wurde nicht mehr bewertet. Die Klausuren am 26. April 2006 und 28. April 2006 fertigte der Kläger nicht mehr an; laut seinem Vortrag wurde ihm von den Bediensteten der Beklagten am 26. April 2006, als er zur Anfertigung der Strafrechtsklausur erschien, eröffnet, dass er nicht an der Prüfung teilnehmen dürfe und nach Hause gehen solle.

3

2. Mit Bescheid vom 27. April 2006 erklärte die Beklagte die Erste Juristische Staatsprüfung im Freiversuch für nicht bestanden. Zur Begründung führte die Beklagte aus, es liege ein Täuschungsversuch in einem besonders schweren Fall vor. Der Kläger habe zur Aufsichtsarbeit am 24. April 2006 eine mit zahlreichen unzulässigen Kommentierungen versehene Gesetzessammlung „Schönfelder" mitgebracht, die unzulässigen Kommentierungen seien bei einer vor Beginn der Klausur durchgeführten Kontrolle durch Referenten des Justizprüfungsamtes entdeckt worden. Informatorisch werde mitgeteilt, dass die von dem Kläger angefertigte Hausarbeit aus dem Öffentlichen Recht von beiden Votanten übereinstimmend mit „Mangelhaft, 2 Punkte“ bewertet worden sei. Der Bescheid vom 27. April 2006 war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und wurde dem Kläger am 5. Mai 2006 zugestellt.

4

3. Der Kläger wandte sich gegen den Bescheid mit einem Widerspruchsschreiben vom (Montag, dem) 6. Juni 2006, das bei der Beklagten als Telefaxkopie am selben Tag einging, sowie mit einem weiteren auf den 6. Juni 2006 datierten Widerspruchsschreiben, das am 9. Juni 2006 als Original mit der Post einging. Am 15. Juli 2006 ging bei der Beklagten per Telefax ein von dem Kläger unterzeichnetes Schreiben vom 14. Juli 2006 ein, das einen Eingangsstempel vom 17. Juli 2006 trägt. Das Schreiben lautet: „Sehr geehrter Herr P. ……, hiermit nehme ich meinen zunächst eingelegten (fristwahrenden) Widerspruch vom 06.06.2006 gegen Ihren Bescheid vom 27.04.2006 (Nichtbestehensbescheid) zurück. Mit freundlichen Grüßen T. …….“. In der Sachakte der Beklagten zu diesem Widerspruchsverfahren befindet sich auch das Original dieses Schreibens mit einem Eingangsstempel vom 24. Juli 2006. Auf dem Telefax findet sich eine handschriftliche Verfügung (wohl) mit dem Wortlaut „austragen, weglegen“. Eine schriftliche Mitteilung an den Kläger über die Einstellung des Widerspruchsverfahrens erfolgte offenbar nicht.

5

Mit Schreiben vom 21. März 2009, bei der Beklagten als Telefax bzw. als Original eingegangen am 24. März 2009 bzw. am 26. März 2009, wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte. Es lautete: „Sehr geehrte Damen und Herren, nach Kenntnisnahme von Unterlagen des Personalärztlichen Dienstes lege ich hiermit abermals form- und fristgerecht (hilfsweise) WIDERSPRUCH gegen Ihren Bescheid (Nichtbestehensbescheid) vom 27.04.2006 ein. …“. Darüber hinaus beantragte der Kläger bei der Beklagten mit Schreiben vom 19. Mai 2009, per Telefax eingegangen am 20. Mai 2009, „abermals (hilfsweise und fristwahrend) die Wiedereinsetzung bzw. ein Wiederaufgreifen des Verfahrens (Nichtbestehensbescheid vom 27.04.2006)“.

6

Am 25. Juni 2009 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und Herrn Dr. L. …… sowie Frau G. …… von der Beklagten. Laut dem hierzu von Frau G. …… verfassten Vermerk teilte der Kläger in dem Gespräch mit, dass das Fax vom 14. Juli 2006 mit der Erklärung über die Rücknahme des Widerspruchs gegen seinen Willen von einer Freundin abgesandt worden sei. Auf die Nachfrage, warum dieses Schreiben dann auch noch unterschrieben im Original am 20. Juli 2006 zur Akte gelangt sei, habe der Kläger gesagt, dass er dieses Schreiben lediglich als Anlage zu einem weiteren Schreiben vom 16. Juli 2006 zur Post gegeben habe, mit dem er die Anfechtung der Rücknahme des Widerspruchs erklärt habe. Frau G. …… hielt dazu in dem Vermerk fest, ein solches Schreiben sei nicht zur Akte des Prüfungsamts gelangt. Der Kläger habe in dem Gespräch vom 25. Juni 2009 ein (unterschriebenes) Schreiben vom 16. Juli 2006 vorgelegt und erklärt, dass es sich dabei um das erwähnte, von ihm abgesandte Schreiben handele. Herr Dr. L. …..habe dem Kläger daraufhin mitgeteilt, dass der Bescheid vom 27. April 2006 wohl bestandskräftig geworden sei.

7

4. Die Beklagte wies den mit Schreiben vom 21. März 2009 eingelegten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2009 als unzulässig zurück. Sie führte aus, die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO sei nicht eingehalten. Der Widerspruch vom 6. Juni 2006 sei aufgrund des Schreibens vom 14. Juli 2006, das am 15. Juli 2006 per Telefax eingegangen sei, wirksam zurückgenommen worden und entfalte daher keine Rechtswirkungen mehr. Eine Anfechtung der Rücknahme sei nicht möglich. Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist könne nicht gewährt werden. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 31. Juli 2006 zugestellt.

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5. Der Kläger hat am 25. August 2009 zunächst gegen den Bescheid vom 27. April 2006 sowie gegen den Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2009 Klage erhoben. Mit klagebegründendem Schriftsatz vom 31. August 2010 hat der Kläger zusätzlich ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zum Gegenstand der Klage gemacht. Der Kläger hat vorgetragen, er habe nicht gewusst, ob die geliehene Gesetzessammlung ein zulässiges Hilfsmittel gewesen sei, und er habe sich deshalb auf dem „Flur des Prüfungsortes" an einen Bediensteten des Justizprüfungsamtes gewandt. Dieser habe ihn an eine im Prüfungsraum befindliche Referentin verwiesen. Die Referentin habe ihm die geliehene Gesetzessammlung entzogen und ihm anschließend eine Gesetzessammlung des Prüfungsamtes gebracht. Zu diesem Zeitpunkt seien die Aufgabentexte noch nicht ausgegeben worden. Die Bearbeitung der Aufsichtsarbeit habe somit zu jenem Zeitpunkt noch nicht begonnen.

9

Der Kläger hat behauptet, er habe ein auf den 16. Juli 2006 datiertes Schreiben an die Beklagte am 18. Juli 2006 um 16.00 Uhr bei der Post als Einschreiben mit Rückschein aufgegeben. Das hierzu vom Kläger beim Verwaltungsgericht als Kopie vorgelegte Schreiben (Anl. K 7) vom 16. Juli 2006 hat auszugsweise den folgenden Wortlaut:,, … hiermit nehme ich meine  Ihnen vorab per Fax zugegangene  (irrtümlich abgegebene) Erklärung vom 14. Juli 2006 zurück; hilfsweise fechte ich diese (mit Nichtigkeitswirkung von Anfang an) aus Ihnen bekannten Gründen an (Anfechtung der Rücknahneerklärung meines Widerspruchs vom 06.06.2006 gegen den Nichtbestehensbescheid vom 27. April 2006). Rein vorsorglich wird (hilfsweise) Wiedereinsetzung bzw. das Wiederaufgreifen beantragt. Mein Widerspruch vom 06.06.2006 gegen den Nichtbestehensbescheid vom 27. April 2006 soll aufrecht erhalten bleiben." Ein solches Schreiben befindet sich nicht in den von der Beklagten vorgelegten Sachakten. Der Kläger hat weiter behauptet, dem o. g. Schreiben vom 16. Juli 2006 sei das (in der Widerspruchsverfahrensakte der Beklagten JPA 355/05 W 34/06 mit Eingangsstempel vom 20. Juli 2006 befindliche) Original der vorab durch Telefax zugegangenen Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 als Anlage beigefügt gewesen.

10

Der Kläger hat mit dem o. g. Schriftsatz vom 31. August 2010 zu seinem Antrag, das Verfahren wieder aufzugreifen bzw. ihm Wiedereinsetzung zu gewähren, vorgetragen, durch die Rücknahme des Widerspruchs sei der Verwaltungsakt über das Nichtbestehen „rechtskräftig" geworden. Die Beklagte sei im Wege des Wiederaufgreifens zu einer erneuten Sachprüfung verpflichtet, da er, der Kläger, im Ausgangsverfahren nicht im Stande gewesen sei, den Bediensteten im Vorraum zu benennen, dessen Name ihm bis heute nicht bekannt sei. Außerdem sei ihm Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist zu gewähren. Der damalige Referent des Justizprüfungsamtes habe ihm anlässlich einer Anhörung am 24. Juni 2006 mitgeteilt, dass man „einem Prüfling nicht glaube". Darüber hinaus habe der Referent mitgeteilt, es sei „ein Frevel, gegen diese Entscheidung Widerspruch einzulegen". Nach Einlegung des Widerspruchs sei ihm von derselben Person angeraten worden, den Widerspruch zurückzunehmen, um Benachteiligungen in seinem nächsten Prüfungsdurchlauf zu vermeiden. Auf Grund dessen habe er seinen Widerspruch am 14. Juli 2006 zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund habe er mit seinem Schreiben vom 16. Juli 2006 die Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 wegen der Drohung mit einem empfindlichen Übel angefochten und dies mit der Bezeichnung „aus Ihnen bekannten Gründen“ umschrieben.

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Des Weiteren wandte sich der Kläger mit außerprozessualem Schreiben vom 16. März 2011 an die Beklagte und beantragte unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 14. Juli 2009 die Rücknahme und den Widerruf des Nichtbestehensbescheids. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 9. Januar 2012 die Anträge auf Wiederaufgreifen des Verfahrens sowie auf Widerruf oder Rücknahme des Bescheids vom 27. April 2006 ab. Zur Begründung führte sie aus, besondere Umstände, die eine Aufhebung des bestandskräftigen Nichtbestehensbescheids rechtfertigen könnten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte, insbesondere auch des weiteren Vortrags des Klägers, bestehe kein Anlass für eine andere Beurteilung der Sach und Rechtslage. Der Nichtbestehensbescheid sei weder offensichtlich rechtswidrig noch führe die Aufrechterhaltung des Bescheids zu untragbaren Ergebnissen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 31. Januar 2012 Widerspruch ein.

12

Der Kläger hat beantragt,

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1. den Bescheid vom 27. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 aufzuheben,

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2. hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Januar 2012, soweit er entgegensteht, zu verpflichten, im Wege eines Wiederaufgreifens des Verfahrens den Bescheid vom 27. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 aufzuheben,

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3. die Beklagte zu verpflichten, ihn erneut zur Erbringung der Ersten Juristischen Staatsprüfung im Freiversuch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JAO a. F. zuzulassen.

16

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat vorgetragen, es sei zu keiner Bedrohung des Klägers gekommen. Diese ehrabschneidende Behauptung des Klägers weiche im Übrigen von dessen bisheriger Darstellung zu der Rücknahme des Widerspruchs erheblich ab, wie sich aus dem Gesprächsvermerk von Frau G. ….. vom 25. Juni 2009 ergebe. Zu Recht sei der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen worden. Nur ergänzend werde darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid auch inhaltlich in vollem Umfang zu Recht ergangen sei. Die rechtliche Beurteilung des Justizprüfungsamtes, den Vorfall vom 24. April 2006 als besonders schweren Fall der Täuschung zu bewerten, sei sachlich zutreffend. Für den Fall, dass das Gericht wider Erwarten vom Vorliegen eines fristgerechten Widerspruchs des Klägers ausgehe, behalte sie sich inhaltlichen Vortrag vor.

19

6. Das Verwaltungsgericht hat den Kläger im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung vom 9. März 2012 angehört; wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Sodann hat es die Klage mit Urteil vom 9. März 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

20

Der erste, auf die Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 gerichtete Hauptantrag sei unzulässig, da der Bescheid vom 27. April 2006 bereits bestandskräftig geworden sei. Der zunächst am 6. Juni 2006 fristgemäß erhobene Widerspruch sei unwirksam, weil der Kläger ihn mit seinem Schreiben vom 14. Juni 2006 zurückgenommen habe. Diese Rücknahmeerklärung wiederum sei wirksam. Das Schreiben vom 14. Juni 2006 sei dem Kläger zuzurechnen. Es spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass dieses von dem Kläger unterzeichnete und zu den Akten der Beklagten gelangte Schreiben auch von dem Kläger in den Rechtsverkehr in Richtung der Beklagten entäußert worden sei. Der Kläger habe diese tatsächliche Vermutung nicht erschüttert. Sein Vortrag, die Rücknahmeerklärung sei irrtümlich abgegeben worden, sei auch nach der persönlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar geblieben. Außerdem widerspreche diese Darstellung seinem zugleich erfolgten Vortrag, er habe den Widerspruch zurückgenommen, da ihm dies von einem Referenten des Prüfungsamts angeraten worden sei. Die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung sei nicht rückwirkend entfallen. Dies gelte selbst dann, wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, er habe das nun als Kopie vorgelegte Schreiben vom 16. Juli 2006 mit dem von ihm behaupteten Inhalt zur Post gegeben. Zum einen sei selbst unter Anlegung zivilrechtlicher Maßstäbe nicht ersichtlich, welcher nach §§ 119, 123 Abs. 1 BGB zur Anfechtung einer Willenserklärung berechtigende Grund vorliegen könnte. Insbesondere sei die Darstellung des Klägers hinsichtlich der behaupteten Bedrohung durch einen Referenten des Prüfungsamts nicht glaubhaft; auch sei es nicht nachvollziehbar, weshalb eine Bedrohungssituation bestanden haben sollte, die den Kläger nicht daran gehindert habe, den Widerspruch fristgemäß einzulegen, ihn dann aber dazu bestimmt habe, den Widerspruch zurückzunehmen und ihn sogleich wiederum nicht daran gehindert habe, die Rücknahme ihrerseits anzufechten. Zum anderen könne aber die Rücknahme eines Widerspruchs auch gar nicht wegen eines Willensmangels angefochten werden; eine solche Rücknahmeerklärung unterliege als Verfahrenshandlung nicht den Maßstäben des Zivilrechts. Es könne dahinstehen, ob sich ein Widerspruchsführer von einer Rücknahmeerklärung lösen könne, wenn ein Wiederaufgreifensgrund nach § 580 ZPO oder zumindest ein Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 VwVfG gegeben sei, denn beides sei hier nicht der Fall. Unabhängig von alldem stehe zur Überzeugung des Gerichts aber auch nicht fest, dass das Schreiben des Klägers vom 16. Juli 2006 überhaupt der Beklagten zugegangen sei. Diese Sendung habe zumindest das der Beklagten zugegangene Original des Schreibens vom 14. Juli 2006 enthalten, mit dem der Widerspruch zurückgenommen worden sei. Es sei nicht erweislich, dass diese Sendung darüber hinaus ein Schreiben mit dem gegenteiligen Inhalt, die Rücknahme des Widerspruchs anzufechten, umfasst habe. Das Gericht schenke den Angaben des persönlich angehörten Klägers keinen Glauben, da sie auch insoweit nicht in hinreichendem Maße Wahrheitsmerkmale aufwiesen.

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Ein fristgemäßer Widerspruch liege in den weiteren Schreiben des Klägers vom 21. März 2009 und vom 20. Mai 2009 sowie in dem (vom Kläger angeführten, aber bei der Beklagten nicht aktenkundig gewordenen) Schreiben vom 16. Juli 2006 nicht vor. Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegen den Bescheid vom 27. April 2006 sei seinerzeit verstrichen gewesen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in diese Frist lägen nicht vor. Die Fristversäumnis sei auch nicht durch eine sachliche Bescheidung seitens der Beklagten geheilt worden. Die Beklagte habe mit dem Widerspruchsbescheid keine Entscheidung in der Sache getroffen, sondern den Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Auch in der Klageerwiderung habe die Beklagte sich auf die Unzulässigkeit des Widerspruchs berufen und die im Widerspruchsbescheid getroffene Verfahrensentscheidung verteidigt. Eine Einlassung der Ausgangs- und Widerspruchsbehörde auf die Klage im Verwaltungsprozess, nachdem wie im vorliegenden Fall der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen worden sei, vermöge die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht mehr zu beheben.

22

Der auf eine Verpflichtung der Beklagten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens gerichtete Hilfsantrag sei als Untätigkeitsklage zulässig, aber unbegründet. Zu Recht habe die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 9. Januar 2012 ein Wiederaufgreifen abgelehnt.

23

Der weitere, auf eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger erneut die Erbringung der Ersten Juristischen Staatsprüfung im Freiversuch zu ermöglichen, gerichtete Hauptantrag bleibe ebenfalls ohne Erfolg. Der Kläger könne dies jedenfalls deshalb nicht beanspruchen, weil der Bescheid vom 27. April 2006 bestandskräftig sei.

24

7. Nach Zustellung des Urteils am 20. März 2012 hat der Kläger dagegen am 17. April 2012 die Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am (Montag, dem) 21. Mai 2012 begründet. Er hat dort u. a. vorgetragen, am 18. Juli 2006 an die Beklagte per Einschreiben mit Rückschein das die „Anfechtungserklärung“ enthaltene Schreiben vom 16. Juli 2006 nebst dem Original des Rücknahmeschreibens vom 14. Juli 2006 versendet zu haben, und als Beleg hierfür eine Übersicht „POSTAUSGANG 2006 / L. …….“ (Anl. K 14) sowie eine schriftliche „Bestätigung“ eines Herrn G. …. L. ….. vom 6. März 2012 (Anl. K 15) vorgelegt, wonach „der per Post an das JPA gesandten Rücknahmeerklärung vom 14.07.2006 zugleich dessen Rücknahmeschreiben/Wiedereinsetzungsantrag vom 16.07.2006 beigefügt war. Beide Schreiben wurden in demselben Briefumschlag zur Post gebracht und an das JPA-Hamburg gesandt.“.

25

8. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 7. Januar 2013, dem Kläger zugestellt am 14. Januar 2013, die Berufung zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die beiden Hauptanträge abgewiesen hat, und den Zulassungsantrag im Übrigen abgelehnt. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss vom 7. Januar 2013 Bezug genommen.

26

Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2013, beim Berufungsgericht am selben Tag vorab per Telefax eingegangen, hat der Kläger seine Berufung begründet. Er hält an den beiden o. g. Hauptbegehren aus der ersten Instanz fest. Zur Begründung trägt er vor:

27

Das Anfechtungsbegehren hinsichtlich des Bescheids vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 sei zulässig und begründet. Die Zulässigkeit fehle nicht im Hinblick auf das Erfordernis eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Vorverfahren u. a. dann entbehrlich, wenn eine anderweitige Prüfung durch die Widerspruchsbehörde erfolgt und damit der Zweck des Vorverfahrens nicht mehr erreichbar erscheine oder bereits auf anderem Wege erreicht sei. Gleiches gelte, wenn die Beklagte zwar das Fehlen eines Vorverfahrens rüge, jedoch zumindest hilfsweise eine Klagabweisung auch aus sachlichen Gründen beantrage oder wenn die Widerspruchsbehörde selbst am Verfahren beteiligt sei und nach einer Sachprüfung zum Ausdruck bringe, dass sie einen künftigen Widerspruch zurückweisen würde. Nach diesen Maßstäben scheitere das Anfechtungsbegehren hier nicht am Erfordernis des Vorverfahrens. Die Beklagte habe sich sowohl im Rahmen des Verwaltungsverfahrens als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gleich mehrfach zur Sache eingelassen und dabei zu erkennen gegeben, dass sie an dem angefochtenen Verwaltungsakt festhalten werde. Insgesamt habe die Beklagte als Herrin des Vorverfahrens ihre ablehnende Haltung mehrfach verdeutlicht und trotz der von ihr selbst zutage gebrachten materiellen Mängel zum Ausdruck gebracht, an den fehlerhaften Entscheidungen dauerhaft festzuhalten. Damit seien Sinn und Zweck eines Vorverfahrens ausreichend erfüllt.

28

Die Anfechtungsklage sei auch begründet. Die Voraussetzungen eines Täuschungsversuchs im besonders schweren Fall gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 JAO seien nicht gegeben. Dem Bescheid vom 27. April 2006 liege offensichtlich ein unzutreffender Sachverhalt zugrunde, denn der Kläger habe die Klausur am 24. April 2006 von Anfang an unter Nutzung einer Gesetzessammlung des Prüfungsamts geschrieben, also gerade nichts Unzulässiges „verwendet“ oder „benutzt“. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten die später beanstandeten Anmerkungen in der vom Kläger mitgebrachten Gesetzessammlung entgegen der Darstellung in dem Bescheid vom 27. April 2006 auch nicht „entdeckt“. Der Kläger habe nichts verborgen gehalten und die Beklagte habe nichts Verborgenes gefunden. Vielmehr hätten freiwillige, hilfesuchende, an die Mitarbeiter der Beklagten gerichtete Anfragen des Klägers vor Prüfungsbeginn und vor Betreten des Prüfungsraums der Klarstellung und Aufklärung dienen sollen, und zwar vor dem Hintergrund der unbestimmten Vorgaben der Beklagten hinsichtlich der Hilfsmittel.

29

Auch das Verpflichtungsbegehren nach Maßgabe des zweiten Hauptantrags sei zulässig und begründet. Für die Beseitigung der negativen Prüfungsentscheidung bestehe das Rechtsschutzbedürfnis schon wegen des Makels, ein „Wiederholer“ oder „Durchfallkandidat“ zu sein. Der Kläger habe auch einen Folgenbeseitigungsanspruch auf erneute Prüfung im Freiversuch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JAO a. F., also nach dem zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Prüfung geltenden Recht. Der Anspruch beziehe sich auf die Durchführung der gesamten Prüfung, weil die Prüfungsentscheidung vom 27. April 2006 rechtswidrig sei und mit deren Aufhebung die zuvor geltenden Rechtszustände wieder auflebten. Dementsprechend sei der Kläger so zu stellen, wie er vor Ergehen der angefochtenen Entscheidung vom 27. April 2006 gestanden habe.

30

Ergänzend nimmt der Kläger Bezug auf seine sonstigen Ausführungen in beiden Instanzen und macht diese zum Gegenstand des Berufungsverfahrens.

31

Der Kläger beantragt:

32

1. den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. März 2012 aufzuheben;

33

2. die Beklagte unter Abänderung des vorbezeichneten Urteils zu verpflichten, den Kläger erneut zur Erbringung der Ersten Juristischen Staatsprüfung im Freiversuch gemäß „§ 4 Abs. 1 Satz 1 JAO a. F.“ zuzulassen;

34

3. hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt;

35

4. äußerst hilfsweise, die Revision zuzulassen.

36

Die Beklagte beantragt,

37

die Berufung zurückzuweisen.

38

Sie trägt vor:

39

Die Anfechtungsklage sei unzulässig, weil der Bescheid vom 27. April 2006 bestandskräftig geworden sei. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine zunächst unzulässige Klage durch hilfsweises Einlassen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren zulässig werden könne, folge nichts anderes. Sie, die Beklagte, habe sich nicht zur Sache eingelassen. Dies ergebe sich aus dem insoweit allein maßgeblichen Widerspruchsbescheid; auf die Ausführungen in der Klageerwiderung vom 30. September 2010 könne nicht abgestellt werden. Auch die dortigen Ausführungen stellten im Übrigen kein Einlassen zur Sache dar. Die dort „nur ergänzend“ unter „5.“ erfolgten Ausführungen seien allein den Sorgfaltsanforderungen eines vollständigen prozessualen Vortrags geschuldet. Die Beklagte sei damit aber nicht in eine neue Sachprüfung des Widerspruchs eingetreten, sondern sie habe, wie sich aus der Zusammenschau von Widerspruchsbescheid und Klageerwiderung ergebe, die Rechtsmittel des Klägers allein als unzulässig angesehen.

40

Außerdem sei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens bei Einlassen zur Sache nicht auf die vorliegende Fallkonstellation anwendbar. In den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen hätten die Kläger gar keinen Widerspruch eingelegt; dort habe sich das Bundesverwaltungsgericht bei Einlassung zur Sache von dem Gedanken leiten lassen, dass die Abweisung der Klage wegen fehlenden Vorverfahrens einen schwer verständlichen Formalismus bedeute. Im vorliegenden Fall hingegen sei das Vorverfahren, dem der Widerspruch vom 21. März 2009 zu Grunde gelegen habe, ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen worden. In dieser Konstellation die Klage als zulässig anzusehen, liefe darauf hinaus, die Dogmatik der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ins Uferlose zu erweitern. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Gründe zur Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens – Prozessökonomie und Sinn des Vorverfahrens – trügen die Zulässigkeit der hier vorliegenden Klage nicht; vielmehr sprächen beide Gesichtspunkte hier gerade gegen die Zulässigkeit der Klage.

41

Auch der zusätzlich gestellte Verpflichtungsantrag müsse erfolglos bleiben.

42

Der Berufungssenat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 28. August 2014 darauf hingewiesen, dass er erwäge, gemäß § 130 a VwGO über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, und den Beteiligten unter Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Anhörungsschreibens Bezug genommen. Die Beklagte hat sich hierzu mit Schriftsatz vom 28. August 2014 zustimmend geäußert. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 29. September 2014 vorgetragen, er sei mit einer Entscheidung im Beschlusswege nicht einverstanden, ergänzende Ausführungen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage gemacht und seine Anträge um die o. g. Hilfsanträge zu 3. und 4. erweitert; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug genommen.

43

Wegen weiterer Einzelheiten nimmt der Berufungssenat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsverfahrensakte sowie auf den Inhalt der Prüfungsakte (JPA 355/05) und der beiden Widerspruchsverfahrensakten (W 34/06 und W 28/09), die Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sind.

II.

44

Der Berufungssenat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a VwGO über die Berufung durch Beschluss, da er einstimmig die Berufung des Klägers für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Einer mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bedarf es nicht; der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist geklärt, und die Beteiligten haben ihre rechtlichen Standpunkte abschließend ausgetauscht.

45

Die Berufung ist zulässig, bleibt aber ohne Erfolg.

46

Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Berufungen sind erfüllt. Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft (§ 124 Abs. 1 VwGO) und fristgemäß gemäß § 124 a Abs. 6 VwGO begründet worden. Die Begründungsschrift genügt den Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO.

47

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der erste Hauptantrag (Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 27.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.7.2009) ist unzulässig (1.). Der zweite Hauptantrag (Verpflichtungsklage hinsichtlich eines erneuten Freiversuchs des Klägers) ist unbegründet (2.). Der Hilfsantrag (Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 27.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.7.2009) ist unzulässig (3.). Über die „äußerst hilfsweise beantragte“ Zulassung der Revision hat das Berufungsgericht im Rahmen der Nebenentscheidungen von Amts wegen zu befinden.

48

1. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 ist unzulässig, weil der Kläger kein ordnungsgemäßes Widerspruchsverfahren durchgeführt hat.

49

Zu den grundsätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage gehört es gemäß § 68 VwGO, dass der Kläger gegen den Ausgangsbescheid ein Vorverfahren betrieben hat und der Widerspruch seinerseits zulässig war. Ein wegen Versäumung der Widerspruchsfrist unzulässiger Widerspruch bewirkt im Fall der späteren Klagerhebung auch deren Unzulässigkeit; die Wahrung der Widerspruchsfrist ist (grundsätzlich) im gerichtlichen Verfahren eine von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeitsvoraussetzung der Anfechtungsklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.12.1988, 8 C 38.86, juris Rn. 8; Urt. v. 8.3.1983, NJW 1983, 1923; Urt. v. 14.9.1998, 8 B 154.98, NVwZ-RR 1999, 538, juris Rn. 6). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

50

Der zunächst fristgemäß erhobene Widerspruch vom 6. Juni 2006 hat seine Wirksamkeit durch die Rücknahmeerklärung des Klägers vom 14. Juli 2006 verloren (a). Der somit allein maßgebliche, vom Kläger am 21. März 2009 „abermals“ eingelegte Widerspruch ist wegen Versäumung der Widerspruchsfrist unzulässig gewesen; die Unzulässigkeit des Widerspruchs vom 21. März 2009 ist nicht durch die hilfsweise Einlassung der Beklagten in der Klageerwiderung vom 30. September 2010 geheilt worden (b). Auch die sonstigen vom Kläger angeführten Gesichtspunkte und Beispiele aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führen nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage (c).

51

a) Für durchgreifende Zweifel an der Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Es spricht alles dafür, dass der Kläger diese Erklärung mit Rechtsbindungswillen abgegeben hat (aa). Die Wirksamkeit dieser Erklärung ist auch nicht durch das Schreiben vom 16. Juli 2006 entfallen, das der Kläger an die Beklagte gesendet zu haben behauptet (bb). Die Rücknahmeerklärung ist auch nicht etwa deswegen unerheblich, weil der Kläger „zwei verschiedene Widersprüche“ gegen den Bescheid vom 27. April 2006 eingelegt und sie sich nur auf einen der beiden Widersprüche bezogen hätte (cc).

52

aa) Die Erklärung vom 14. Juli 2006 ist vom Kläger persönlich unterschrieben worden. Bereits die an jenem Tag erfolgte Übermittlung dieser Erklärung per Telefax an die Beklagte hat der Schriftform (ebenso wie die auf gleiche Weise am 6. Juni 2006 erfolgte Erhebung des Widerspruchs) genügt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Erklärung vom 14. Juli 2006 ohne oder gegen den Willen des Klägers zu der Beklagten gelangt sein könnte und sie deshalb für ihn nicht bindend wäre. Soweit der Kläger im Laufe des Verfahrens persönlich zweimal (im Gespräch mit der Beklagten am 25.9.2009 und in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht am 9.3.2012) andeutungsweise vorgetragen hat, das Fax mit der Rücknahmeerklärung sei gegen seinen Willen bzw. versehentlich abgesendet worden, führt dies nicht weiter. Diese Behauptung ist vom Kläger hinsichtlich der Umstände der Faxübermittlung nie substantiiert worden. Sie findet sich in keinem der anwaltlichen Schriftsätze (auch nicht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zweiter Instanz), und auch die vom Kläger selbst verfassten Schreiben enthalten dazu keinerlei konkreten Tatsachenvortrag. Zuletzt (vgl. den Schriftsatz vom 29.9.2014) hat der Kläger in seiner abschließenden Stellungnahme sich nicht mehr auf eine gegen seinen Willen erfolgte Absendung des Fax-Rücknahmeschreibens vom 14. Juli 2006 berufen, sondern vorgetragen, er habe von diesem Schreiben wieder Abstand nehmen dürfen, weil er von Mitarbeitern der Beklagten „bedroht“ worden sei (a. a. O., S. 2).

53

bb) Die Wirksamkeit der Erklärung vom 14. Juli 2006 ist nicht durch das Schreiben vom 16. Juli 2006 entfallen, das der Kläger an die Beklagte gesendet zu haben behauptet.

54

aaa) Ein Zugang dieses behaupteten Schreibens vom 16. Juli 2006 bei der Beklagten ist bereits nicht erwiesen; in den Sachakten der Beklagten findet es sich nicht.

55

Der Kläger will den Beweis für den Zugang dadurch führen, dass er unter Beweisantritt (Anl. K 13 – K 15) vorträgt, am 18. Juli 2006 in demselben Briefumschlag sowohl das Original-Schreiben vom 14. Juli 2006 als auch das Schreiben vom 16. Juli 2006 als Einschreiben mit Rückschein an die Beklagte abgeschickt zu haben. Ausweislich des Rückscheins sei die Sendung am 20. Juli 2006 bei der Beklagten eingegangen (das Original-Schreiben vom 14. Juli 2006 befindet sich in der Sachakte der Beklagten mit Eingangsstempel vom 20. Juli 2006). Daher müsse die Beklagte auch das Schreiben vom 16. Juli 2006 erhalten haben. Dieser Vortrag des Klägers läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass die Beklagte nach Erhalt der Sendung am 20. Juli 2006 nur das Original-Schreiben vom 14. Juli 2006 zur Akte genommen und das Schreiben vom 16. Juli 2006 auf ungeklärte Weise nicht in die Sachakte gelangt sei. Das Berufungsgericht braucht dem allerdings nicht nachzugehen, weil, wie die nachstehenden Ausführungen (unter „bbb)“) ergeben, auch ein Zugang des Schreibens vom 16. Juli 2006 bei der Beklagten am 20. Juli 2006 der zuvor per Fax übermittelten Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 nicht ihre Wirksamkeit nehmen würde.

56

Dementsprechend ist schon wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit auch kein Beweis durch Vorlage eines „Posteingangsbuchs“ oder „Postbuchs“ (vgl. die Schriftsätze vom 21.5.2012, S. 3, und vom 29.9.2014, S. 3 Mitte) zu erheben. Insoweit weist das Berufungsgericht ergänzend darauf hin, dass eine generelle Pflicht von Verwaltungsbehörden, in einem „Posteingangsbuch“ alle eingehenden Schriftstücke (mit genauer Bezeichnung und Beschreibung des Inhalts) zu vermerken, nicht ersichtlich ist. Die hierfür vom Kläger als Rechtsgrundlage angeführte Schriftgutaufbewahrungsverordnung ist nicht einschlägig. Sie betrifft ausweislich § 2 des zugrunde liegenden Hamburgischen Justizschriftgutaufbewahrungsgesetzes vom 23. Juni 2010 (HmbJSchrAufbG, HmbGVBl. S. 430) „Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Fachgerichtsbarkeiten, der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsbehörden sowie der Justizverwaltung, das für das Verfahren nicht mehr erforderlich ist“, und normiert für jene Bereiche das Ziel, nach Abschluss der betreffenden Verfahren die Dauer der Aufbewahrung zu begrenzen.

57

bbb) Das Schreiben vom 16. Juli 2006 enthält die Erklärung des Klägers, er nehme seine „irrtümlich abgegebene“ Erklärung vom 14. Juli 2006 zurück, und hilfsweise fechte er diese „aus Ihnen bekannten Gründen an“. Damit konnte der Kläger schon aus Rechtsgründen (den tatsächlichen Zugang bei der Beklagten unterstellt) die Wirksamkeit der am 15. Juli 2006 per Fax übermittelten Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 nicht beseitigen. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen und begründet (UA S. 9). Eine „Rücknahme der Rücknahme“ ist nicht möglich (1). Als Verfahrenshandlung kann die Rücknahme eines Widerspruchs auch nicht nach den Regeln des Zivilrechts angefochten werden (2). Die ansonsten vom Ansatz her möglichen Fallgruppen, in denen sich ein Verfahrensführer von einer Rücknahmeerklärung lösen kann, sind hier nicht einschlägig (3).

58

(1) Verfahrensbeendende Erklärungen wie Rücknahmen können nicht ihrerseits durch „Rücknahmeerklärungen“ aus der Welt geschaffen werden (vgl. Schmid in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 92 Rn. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 92 Rn. 2, 11).

59

(2) Auf Klagen und Widersprüche bezogene Rücknahmeerklärungen können nicht nach den Regeln des bürgerlichen Rechts angefochten werden.

60

Das Berufungsgericht folgt insoweit der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu diesem Thema. Mit Urteil vom 21. März 1979 (BVerwGE 57, 342, juris Rn. 19) hat es ausgeführt:

61

„Die Unanwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Regeln über die Anfechtung von Willenserklärungen auf Prozesshandlungen hat ihren Grund darin, dass Prozesshandlungen eine prozessuale Gestaltungswirkung entfalten (…). Im Interesse der Rechtssicherheit sollen die Handlungen, die unmittelbar den Prozess betreffen (Einleitung, Führung und Beendigung), ausschließlich den strengen förmlichen Regeln des Prozessrechts unterliegen. Um jeden Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit von Prozesshandlungen auszuschließen, kommt es daher nur auf den in der Erklärung verkörperten Willen an (…). Demgegenüber würde jede vom Gesetz nicht ausdrücklich gestattete Auslegung, Bedingung oder Anfechtung einer Prozesshandlung eine eindeutige, für Gericht und Beteiligte verbindliche Beurteilung der Prozessentwicklung erschweren oder gar unmöglich machen und damit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwiderlaufen. Diese Überlegungen treffen auch auf die Einlegung und Rücknahme des Widerspruchs zu (vgl. hierzu Urteil vom 13. April 1978 - BVerwG 2 C 5.74 - (Buchholz 237.2 § 79 LBG Berlin Nr. 2)). Der Widerspruch löst zwar keine gerichtliche Überprüfung aus, sondern eine nochmalige Prüfung durch die Verwaltung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes. Dennoch ist er mit einer Prozesshandlung insoweit vergleichbar, als er einerseits bestimmten Förmlichkeiten (vgl. § 70 VwGO) unterliegt und andererseits von der Wirksamkeit des Widerspruchs die Bestandskraft des ihm zugrunde liegenden Bescheides berührt ist: Nur der ordnungsgemäß eingelegte Widerspruch begründet für den Betroffenen einen Anspruch auf nochmalige sachliche Überprüfung durch die Verwaltung. Außerdem eröffnet in der Regel erst die Einlegung des Widerspruchs die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung (§ 68 VwGO). Auch wenn die Einlegung und Rücknahme des Widerspruchs noch nicht Teile des durch die Klageerhebung eröffneten Verwaltungsrechtsstreits sind, so sind sie doch für die Möglichkeit, einen Prozess zu führen, von bestimmender Bedeutung. Dass aufgrund der Einlegung des Widerspruchs eine im Vergleich zum Verwaltungsprozess weitergehende Überprüfung - nämlich auch hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der behördlichen Entscheidung - durchgeführt wird, steht der entsprechenden Anwendung der für Prozesshandlungen geltenden Vorschriften und Grundsätze auf die Rücknahme des Widerspruchs nicht entgegen. Nach alledem kann die Rücknahme des Widerspruchs nicht wegen Willensmängeln angefochten werden.“

62

(3) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht allerdings in bestimmten Fällen ausnahmsweise die Möglichkeit, sich von einer Rücknahmeerklärung durch deren Widerruf zu lösen und die Rücknahme damit unwirksam zu machen. Eine solche Fallkonstellation ist hier jedoch nicht ersichtlich.

63

(3.1) Eine Ausnahme gilt in Fällen, in denen ein Wiederaufnahmegrund (vgl. § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 580 ZPO) gegeben ist; dies betrifft insbesondere den Fall, dass die Rücknahmeerklärung durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.1.1971, Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 3; Urt. v. 21.3.1979, a. a. O., Rn. 18; Urt. v. 6.12.1996, a. a. O., Rn. 13). Hierfür bietet der Vortrag des Klägers keinen hinreichenden Anhaltspunkt. Soweit er meinen sollte, dass der Referent des JPA P. …. ihn zur Rücknahmeerklärung in strafbarer Weise genötigt (§ 240 StGB) hat, ergibt sich dies nicht aus seinem Tatsachenvortrag. In diesem Zusammenhang hat er im Rahmen der Klagebegründung vom 31. August 2010 (S. 10) vortragen lassen, anlässlich „einer Anhörung vom 24.06.2006 zum vermeintlichen Täuschungsversuch“ sei ihm von dem damaligen Referenten des Prüfungsamts P. ….. mitgeteilt worden, dass man „einem Prüfling nicht glaube“ und dass es „ein Frevel (sei), gegen diese Entscheidung Widerspruch einzulegen“, und dass dieselbe Person dem Kläger geraten habe, seinen Widerspruch zurückzunehmen, um Benachteiligungen im nächsten Prüfungsdurchlauf zu vermeiden.

64

Für diese, von der Beklagten ausdrücklich bestrittene und als „ehrabschneidend“ bezeichnete (Schriftsatz vom 30.9.2010, S. 2) Anschuldigung gibt es bereits keine greifbaren Anhaltspunkte. In der betreffenden Widerspruchsverfahrensakte ist nicht dokumentiert, dass überhaupt ein Gespräch oder eine „Anhörung“ des Klägers am 24. Juni 2006 stattgefunden hat. In dem „Anfechtungs-“ Schreiben vom 16. Juli 2006, in dem es naheliegend gewesen wäre, einen „Anfechtungsgrund“ in Gestalt einer „Bedrohung“ näher zu beschreiben, findet sich kein dahingehender Vortrag; die dortige Wendung „aus Ihnen bekannten Gründen“ ist nichtssagend. Der Kläger selbst hat sich in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht vom 9. März 2012 dem Protokoll nach auch nicht in dieser Weise eingelassen (sondern erklärt, das Rücknahme-Fax sei versehentlich abgegangen). Von alldem abgesehen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb eine Bedrohungssituation bestanden haben sollte, die den Kläger dazu bestimmt hätte, den Widerspruch zurückzunehmen, ohne ihn jedoch daran zu hindern, kurz darauf die Rücknahmeerklärung anzufechten.

65

Jedenfalls aber ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht schlüssig, dass der JPA-Referent P. ….. im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB – unterstellt, er hätte sich tatsächlich so geäußert wie vom Kläger behauptet - den Kläger rechtswidrig mit einem empfindlichen Übel zur Abgabe der Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 genötigt hätte. Die dem JPA-Referenten zugeschriebenen Äußerungen, es sei „ein Frevel“, in der vorliegenden Sache Widerspruch einzulegen, und einem Prüfling „glaube man nicht“, enthalten eine Wertung bzw. eine (offenbar auf gerichtliche Verfahren bezogene) diffuse Prognose, lassen aber keine dem Prüfungsamt zur Verfügung stehende Möglichkeit erkennen, dem Kläger ein „empfindliches Übel“ zuzufügen. Der dem JPA-Referenten zugeschriebene „Rat“, den Widerspruch zurückzunehmen, um im nächsten Prüfungsdurchlauf „Benachteiligungen zu vermeiden“, liefe ggf. ebenfalls nicht auf eine Bedrohung des Klägers mit einem dem Prüfungsamt zur Verfügung stehenden empfindlichen Übel hinaus. Willkürlich schlechte, gleichsam aus „Rache“ erfolgende Bewertungen von Prüfungsleistungen des Klägers in einem neuen Prüfungsverfahren hätte das Prüfungsamt nicht veranlassen können, weil die schriftlichen Leistungen des Klägers anonym unter einer Kennziffer zu bewerten und Leistungen des Klägers in einer mündlichen Prüfung von einer sachlich unabhängigen mehrköpfigen Prüfungskommission zu beurteilen gewesen wären, was derartige sachwidrige Einflussnahmen des Prüfungsamts schon vom Ansatz her unmöglich gemacht hätte. Was ansonsten unter dem Prüfungsamt möglichen „Benachteiligungen“, die als „empfindliches Übel“ im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB zu werten sein könnten, gemeint gewesen sein könnte, ist weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.

66

Den zuletzt mit Schriftsatz vom 29. September 2014 (S. 2 unten und S. 3 oben) in diesem Zusammenhang angebotenen Beweismitteln war somit nicht nachzugehen, da sie auf eine unzulässige Beweisausforschung „ins Blaue hinein“ hinauslaufen würden.

67

(3.2) Eine weitere Ausnahme erkennt die Rechtsprechung bei Rücknahmeerklärungen in Gerichtsverfahren an, wenn die Rücknahmeerklärung für das Gericht und den Prozessgegner sogleich als Versehen offenbar und deshalb nach Treu und Glauben als unwirksam zu behandeln ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.12.1996, a. a. O., Rn. 14; Urt. v. 15.6.2005, NVwZ-RR 2005, 721, juris Rn. 15 f.). Übertragen auf den vorliegenden Fall der Rücknahme eines Widerspruchs in einem Widerspruchsverfahren ohne weitere Beteiligte (vgl. § 13 HmbVwVfG) bedeutet dies, dass der Kläger die Rücknahmeerklärung hätte widerrufen können, wenn diese zum Zeitpunkt ihres Eingangs für die Mitarbeiter des JPA „sogleich als Versehen offenbar“ gewesen wäre. Auch hierfür spricht nichts. Die Erklärung bezog sich eindeutig auf das mit Schreiben vom 6. Juni 2006 eingeleitete Widerspruchsverfahren; eine Verfahrensverwechselung (zu einem solchen Fall vgl. BVerwG, Urt. v. 15.6.2005, a. a. O.) war ausgeschlossen. Für ein sonstiges „Versehen“ bot das Schreiben vom 14. Juli 2006 keinerlei Anhaltspunkte.

68

cc) Die Rücknahmeerklärung ist auch nicht etwa deswegen unerheblich, weil der Kläger „zwei verschiedene“ Widersprüche gegen den Bescheid vom 27. April 2006 eingelegt und sich die Rücknahmeerklärung nur auf einen der beiden Widersprüche bezogen hätte (vgl. den Schriftsatz vom 21.5.2012, S. 3 f.). Dieses Argument ist bereits vom rechtlichen Ansatz her abwegig. Es versteht sich von selbst, dass zwei textlich identische Widerspruchsschreiben gleichen Datums, die sich gegen denselben Verwaltungsakt richten, nicht zu zwei verschiedenen Widerspruchsverfahren führen. Im Übrigen würde sich selbst dann nicht erschließen, weshalb die Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 nicht „beide Widersprüche“ vom 6. Juni 2006 erfassen sollte.

69

b) Der somit allein maßgebliche, am 21. März 2009 „abermals“ eingelegte Widerspruch ist wegen Versäumung der Widerspruchsfrist unzulässig gewesen. Dies führt zur Unzulässigkeit der daran anknüpfenden Anfechtungsklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.12.1988, 8 C 38.86, juris Rn. 8; Urt. v. 8.3.1983, NJW 1983, 1923; Urt. v. 14.9.1998, 8 B 154.98, NVwZ-RR 1999, 538, juris Rn. 6).

70

aa) Der vom Bundesverwaltungsgericht wiederholt angenommene Fall einer Heilung dieses Zulässigkeitsmangels durch die trotz Verfristung erfolgende sachliche Bescheidung des Widerspruchs durch die Behörde (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.8.1982, NVwZ 1983, 162, juris Rn. 11 ff.; Urt. v. 28.10.1982, NVwZ 1983, 311, juris Rn. 10; Urt. v. 20.6.1988, NVwZ-RR 1989, 85, juris Rn. 9) ist hier nicht einschlägig, denn die Beklagte hat den verfristeten Widerspruch vom 21.3.2009 mit dem Widerspruchsbescheid nicht in der Sache beschieden, sondern ihn schlicht als unzulässig zurückgewiesen.

71

bb) Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage ist auch nicht dadurch geheilt und die Klage nicht dadurch zulässig geworden, dass die Beklagte in ihrer Klagerwiderung vom 30. September 2010 (S. 5) „nur ergänzend“ darauf hingewiesen hat, „dass der Widerspruchsbescheid auch inhaltlich in vollem Umfang zu Recht ergangen ist …“. Die (frühere) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der ein fehlendes Vorverfahren u. U. durch eine hilfsweise Einlassung der Beklagten zur Sache im Klagverfahren geheilt werden kann, führt hier nicht zur Zulässigkeit der Klage.

72

aaa) Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Achtzigerjahren wiederholt entschieden, dass eine an sich wegen fehlenden Vorverfahrens unzulässige Klage dadurch zulässig werden kann, dass die Beklagte sich im Klagverfahren zur Sache einlässt, selbst wenn sie hauptsächlich die Unzulässigkeit der Klage rügt und nur hilfsweise zu erkennen gibt, dass sie auch in der Sache an der angegriffenen Entscheidung festhält (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.1980, DVBl. 1981, 502, juris Rn. 20; Urt. v. 2.9.1983, NVwZ 1984, 507, juris Rn. 8; Urt. v. 9.5.1985, NVwZ 1986, 374, juris Rn. 21; a. A. B. v. 26.9.1989, Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 35, juris Rn. 4). Begründung hierfür war, dass in solchen Fällen die Abweisung der Klage „einen nur schwer verständlichen Formalismus“ bedeute oder dass der Zweck des Vorverfahrens im Sinne einer ergebnisoffenen Selbstkontrolle der Behörde nicht mehr erreicht werden könne.

73

In seiner neuen Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 30.10.2013, BVerwGE 148, 217) hat das Bundesverwaltungsgericht (ebenfalls in einem Fall eines vom Kläger übergangenen Widerspruchsverfahrens) seine Position zur Frage der Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens nunmehr folgendermaßen präzisiert (a. a. O., juris Rn. 36 – 38):

74

„Das Widerspruchsverfahren kann seinen Zweck nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde. Daher wird es regelmäßig nicht entbehrlich sein, wenn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde nicht identisch sind oder gar unterschiedlichen Rechtsträgern angehören (Urteil vom 21. September 2010 a. a. O. Rn. 26). Auch wird das Widerspruchsverfahren regelmäßig durchzuführen sein, wenn die Widerspruchsbehörde einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum wahrzunehmen hat. In diesen Fällen geht deren Nachprüfung inhaltlich über die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hinaus (§ 114 Satz 1 VwGO).

75

Im Übrigen kommt es vor allem auf den Inhalt der vorgerichtlichen Erklärungen der Beklagten an. Ergibt deren Gesamtwürdigung, dass sich die Beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtsschutzbegehren abzulehnen, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Eine derartige Festlegung setzt voraus, dass die Beklagte zu erkennen gegeben hat, sie habe sich ihre Auffassung gebildet und gedenke daran auf jeden Fall festzuhalten. Hat der Betroffene daraufhin Klage erhoben, kann die Beklagte im Klageverfahren nicht dadurch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens erreichen, dass sie auf dessen Fehlen verweist und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt. Dadurch setzt sie sich in Widerspruch zu ihren vorgerichtlichen Erklärungen, aus denen der Kläger zu Recht den Schluss zog, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

76

Hat der Betroffene Klage erhoben, ohne dass ihm die Beklagte hierzu Anlass gegeben hat, kann diese das Widerspruchsverfahren entbehrlich machen, wenn sie sich im Klageverfahren vorbehaltlos zur Sache einlässt. Dagegen bringt sie in diesen Fällen durch eine nur hilfsweise Einlassung regelmäßig zum Ausdruck, dass sie den Kläger an der Durchführung des Widerspruchsverfahrens festhalten will. Dieses Verhalten ist dann auch nicht widersprüchlich, weil sich die Beklagte vorgerichtlich gerade nicht endgültig auf die Ablehnung des Klagebegehrens festgelegt hat.“

77

Somit stellt das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens in Fällen der Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde und gebundener Entscheidung darauf ab, ob die Beklagte dem Kläger vor Erhebung der Klage durch eine endgültige negative Festlegung in der Sache Anlass zur Klageerhebung geboten hat, weil er daraus „zu Recht den Schluss zog, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos“.

78

Keine vergleichbare Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es dagegen zu der hier vorliegenden Konstellation, dass der Kläger nicht das Widerspruchsverfahren überspringt, sondern Widerspruch nach Ablauf der Widerspruchsfrist einlegt, die Beklagte den Widerspruch ohne Ausführungen zur Sache als unzulässig zurückweist, der Kläger Klage erhebt, die Beklagte mit ihrer Erwiderung hauptsächlich die Unzulässigkeit der Klage rügt und „nur ergänzend“ bemerkt, sie halte die angefochtene Entscheidung auch inhaltlich für rechtmäßig.

79

bbb) Das Berufungsgericht teilt bereits die Zweifel der Beklagten (vgl. die Berufungserwiderung vom 16.4.2013, S. 6 f.), ob sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens auf die hier gegebene Konstellation übertragen lässt.

80

In der Tat ist es nicht ersichtlich, inwiefern der Grundsatz der Prozessökonomie es gebieten sollte, eine wegen Unzulässigkeit des zuvor eingelegten Widerspruchs unzulässige Klage wegen einer von der Beklagten in der Klagerwiderung hilfsweise gemachten Äußerung zur Sache für zulässig zu halten, wenn die Beklagte den Widerspruch ohne jegliche inhaltliche Prüfung wegen dessen Verfristung als unzulässig zurückgewiesen und damit zu verstehen gegeben hat, dass sie sich über die fehlende Einhaltung der Widerspruchsfrist nicht hinwegsetzen will. In diesem Fall ist das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und mit der Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig abgeschlossen worden. „Prozessökonomisch“ ist es dann, eine dagegen erhobene Klage als unzulässig abzuweisen; dies gilt jedenfalls, wenn sich die Beklagte (wie hier) mit der Klagerwiderung als Hauptargument auf die Unzulässigkeit der Klage beruft.

81

Auch der vom Bundesverwaltungsgericht angeführte Sinn des Vorverfahrens, der Verwaltung Gelegenheit zu geben, den angefochtenen Verwaltungsakt selbst zu überprüfen und ggf. dem Widerspruch abzuhelfen, der auch bei fehlendem Vorverfahren erfüllt sein könne, wenn die Verwaltung im gerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringe, dass es bei ihrer Entscheidung bleiben solle, dürfte es nicht gebieten, bei einem tatsächlich durchgeführten Vorverfahren, in dem der Widerspruch zu Recht wegen Verfristung als unzulässig zurückgewiesen worden ist, die an sich gegebene Unzulässigkeit der Klage als geheilt anzusehen, weil die Beklagte in ihrer Klagerwiderung (hilfsweise) auch noch etwas zur Sache vorträgt. Es geht in dieser Konstellation nicht darum, dass die Beklagte im gerichtlichen Verfahren durch eine Einlassung zur Sache das vom Kläger übersprungene Vorverfahren gleichsam nachholt. Denn die Beklagte hat hier das Vorverfahren vor der Klagerhebung tatsächlich bereits durchgeführt und es mit der Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig ordnungsgemäß und rechtmäßig abgeschlossen. Es leuchtet nicht ein, weshalb der „Sinn des Vorverfahrens“ dazu führen sollte, dieses nach seiner tatsächlich vor der Klagerhebung erfolgten Durchführung im Rahmen des anschließenden Gerichtsverfahrens gleichsam als „erneut durchgeführt“ anzusehen, nunmehr aber im gegenteiligen Sinne wegen der hilfsweisen Einlassung zur Sache, und dadurch die an sich schon ausgeschlossene sachliche Überprüfung im Gerichtsverfahren zu eröffnen.

82

ccc) Die oben genannten Zweifel brauchen hier nicht endgültig geklärt zu werden. Denn selbst dann, wenn man gleichwohl die zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht in seinem o. g. Urteil vom 30. Oktober 2013 dargestellten Maßstäbe zur Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens auf die vorliegende Konstellation überträgt bzw. zu übertragen versucht, führt dies hier nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage.

83

(1) Das Bundesverwaltungsgericht stellt entscheidend auf das vorgerichtliche Erklärungsverhalten der Verwaltung in dem Sinne ab, ob dieses Verhalten dem Kläger Anlass dazu gegeben hat, unmittelbar Klage zu erheben und auf das Vorverfahren zu verzichten, weil dieses angesichts einer offensichtlich endgültigen inhaltlichen Festlegung der Verwaltung sinnlos sei. Liegt es so, dann kann sich die Verwaltung im Klagverfahren nicht mit Erfolg auf eine Unzulässigkeit der Klage berufen, indem sie auf das Fehlen des Vorverfahren verweist „und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt“ (a. a. O., Rn. 37, Unterstreichung durch das Berufungsgericht). In solchen Fällen beruht also die Zulässigkeit der Klage nicht auf einer hilfsweise im Gerichtsverfahren erfolgten Einlassung der Beklagten zur Sache, sondern auf dem vorgerichtlichen Erklärungsverhalten der Verwaltung, an dessen Maßgeblichkeit sich selbst dann nichts ändert, wenn die Verwaltung sich mit der Klagerwiderung „gar nicht“ zur Sache einlässt und auf die Rüge des fehlenden Vorverfahrens beschränkt.

84

Hat hingegen der Betroffene Klage erhoben, ohne dass ihm die Beklagte hierzu Anlass gegeben hätte, so soll es laut dem Bundesverwaltungsgericht (a. a. O., Rn. 38) darauf ankommen, ob sich die Beklagte im Klagverfahren vorbehaltlos oder nur hilfsweise zur Sache einlässt: Eine vorbehaltlose Einlassung führt zur Zulässigkeit der Klage, weil die Beklagte damit deutlich macht, dass sie den Kläger nicht am (fehlenden) Widerspruchsverfahren festgehalten will; bei einer bloß hilfsweisen Einlassung zur Sache bleibt es dagegen bei der Unzulässigkeit der Klage.

85

Damit lässt sich diese neue Entscheidung insoweit zusammenfassen, dass eine hilfsweise Einlassung der Beklagten zur Sache im Rahmen der Klagerwiderung bei fehlendem Vorverfahren für sich genommen in keinem Fall zur Zulässigkeit der Klage führt: Hat die Beklagte dem Kläger im o. g. Sinn Anlass zur Klagerhebung geboten, so ist die Klage unabhängig davon zulässig, ob sich die Beklagte überhaupt noch zur Sache einlässt. Hat sie dem Kläger keinen solchen Anlass geboten, so bleibt die Klage auch bei einer hilfsweisen Einlassung zur Sache unzulässig.

86

(2) Maßgeblich wäre somit, ob die Beklagte dem Kläger vor der Erhebung der Klage am 25. August 2009 durch offenkundige endgültige Festlegungen in der Sache Anlass zu der Annahme gegeben hat, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

87

Dagegen spricht zum einen bereits der Umstand, dass der Kläger vor der Klagerhebung tatsächlich (zweimal, am 6.6.2006 und am 21.3.2009) Widerspruch eingelegt (und das Ergehen des Widerspruchsbescheids vom 22.7.2009 abgewartet) hat. Zum anderen hat sich die Beklagte nach dem Erlass des Bescheids vom 27. April 2006 bis zur Klagerhebung – jedenfalls schriftlich - gar nicht mehr zur Sache geäußert, wozu sie auch keinen Anlass hatte: Den ersten Widerspruch vom 6. Juni 2006 hat der Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 2006 zurückgenommen; in der Zwischenzeit hatte die Beklagte dem Kläger nur mit Schreiben vom 9. Juni 2006 mitgeteilt, er erhalte zur Begründung des Widerspruchs eine Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens. Den zweiten Widerspruch vom 21. März 2009 hat die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2009 ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig zurückgewiesen, obwohl der Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 2009 ausführlich (und ausschließlich) zur Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 27. April 2006 vorgetragen hatte. Auch der von Frau G. …. gefertigte Gesprächsvermerk vom 25. Juni 2009 lässt nicht erkennen, dass sich die Referenten des Prüfungsamts bei der Vorsprache des Klägers an jenem Tag in irgendeiner Weise zur Sache geäußert hätten; vielmehr heißt es dort (nur), Herr Dr. L. ….. habe dem Kläger erklärt, dass „der Bescheid vom 27. April 2006 wohl bestandskräftig sein dürfte …“.

88

c) Auch die sonstigen vom Kläger angeführten Gesichtspunkte und Hinweise zur (früheren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führen nach den vorstehend dargestellten Maßstäben nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage.

89

aa) Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid unter „Gründe“ klargestellt, dass der Kläger „für die Klausurbearbeitung eine Gesetzessammlung des Justizprüfungsamtes“ erhalten habe, und damit entgegen ihrer Darstellung im Bescheid vom 27. April 2006 deutlich gemacht, dass gerade keine „Verwendung“ eines unzulässigen Hilfsmittels vorliege, erschließt es sich nicht, inwiefern in dieser (gerade im Widerspruchsverfahren erfolgten) Äußerung eine endgültige negative Festlegung liegen sollte, die dem Kläger den Eindruck hätte vermitteln können, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

90

bb) Soweit der Kläger einwendet, dass sich die Beklagte mit ihrer Klageerwiderung vom 30. September 2010 erneut zur Sache eingelassen habe, indem sie sich nunmehr, abweichend von bisherigen Begründungen, auf eine angebliche „Benutzung“ unzulässiger Hilfsmittel stütze und damit plötzlich neue Kriterien zugrunde lege, und sich mit der ausführlichen Darstellung ihrer Auffassung und dem Zurückweisen des klägerischen Begehrens auch dem Inhalt nach zur Sache eingelassen habe, woran die einleitend verwendete Formulierung „nur ergänzend“ nichts ändere, führt dies nicht weiter. Es bleibt dabei, dass es sich hierbei nur um Hilfseinlassung gehandelt hat, die nach dem o. g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2013 die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage nicht heilen kann.

91

cc) Weiter trägt der Kläger vor, die Tatsache, dass sich die Beklagte mit der Klageerwiderung vom 30. September 2010 zur Sache einlasse, verdeutlichten in der Gesamtschau ferner die Umstände der Verfügung der Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht vom 8. November 2000 betreffend Weisungen für die aufsichtführenden Richter/Staatsanwälte und die eingeteilten Wachtmeister bei den Klausurterminen des Landesjustizprüfungsamts (Anl. K 24): Mit dem erstmaligen Stützen auf eine angebliche „Benutzung“ werde deutlich, dass sich die Beklagte auf interne Vorgaben der Verfügung der Präsidentin betreffend die „Benutzung“ unzulässiger Hilfsmittel beziehe, die die Beklagte erst Mitte des Jahres 2012 in Kopie vorgelegt habe und die dem Berufungsgericht mit klägerischen Schreiben vom 12. Juni 2012 und vom 27. Juli 2012 zugeleitet worden seien. Gemäß Punkt „I.6. Ermahnung“ dieser Verfügung seien Prüflinge dahingehend zu ermahnen, dass unerlaubte Hilfsmittel nicht „benutzt“ werden dürften und Verstöße dagegen ggf. sanktioniert werden könnten. Gemäß Punkt „III.3. Rundgänge“ sei darauf zu achten, dass unzulässige Hilfsmittel nicht „benutzt“ würden. Damit werde deutlich, dass sich die Beklagte auch inhaltlich einlasse, indem sie sich ab dem 30. September 2010 begrifflich auf interne Vorgaben der Präsidentin beziehe und die Klageerwiderung nunmehr auf eine „Benutzung“ stütze, obwohl dieser Begriff bis dahin nicht verwendet worden sei.

92

Auch dieses (nur schwer nachvollziehbare) Vorbringen ändert nichts daran, dass die Beklagte sich mit der Klagerwiderung vom 30. September 2010 nur hilfsweise zur Sache eingelassen hat.

93

dd) Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte mache mit dem als Anlage K 18 vorgelegten Schreiben vom 15. Juni 2010 das Gespräch vom 25. Juni 2009 zum Gegenstand des Rechtsstreits, in dem unstreitig über den Tatbestand der Täuschung diskutiert worden sei und – „mit den Worten der Beklagten“ - alle Fragen des Klägers ausnahmslos beantwortet worden seien, führt auch dies nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage. Das (vom Kläger, nicht von der Beklagten zum Gegenstand des Verfahrens gemachte) Schreiben der Beklagten vom 15. Juni 2010 ist zum einen nicht vor der Klageerhebung erfolgt (enthält selbst also keine vorgerichtliche Erklärung der Beklagten), und zum anderen beschränkt es sich auf einen Verweis auf das Gespräch vom 25. Juni 2009. Die Formulierung in diesem Schreiben, dass in jenem Gespräch „all Ihre Fragen umfänglich diskutiert und ausnahmslos beantwortet wurden“, ist als solche ohne Aussagewert. Hinzu kommt, dass dieses Schreiben seinem Betreff nach eine Reaktion ist auf ein Schreiben des Klägers vom 10. Juni 2010, dessen Anliegen der Beklagten „unverständlich geblieben“ sei, wobei der Kläger jenes Schreiben vom 10. Juni 2010 nicht mit vorgelegt hat, so dass der Kontext des Beklagtenschreibens vom 15. Juni 2010 nicht wirklich deutlich wird.

94

ee) Der Kläger macht geltend, überdies habe die Beklagte mit ihrem unter identischem Aktenzeichen (JPA 355/05) ergangenen Bescheid vom 9. Januar 2012 endgültig und unmissverständlich deutlich gemacht, welche Position sie nach neuerlicher Überprüfung einnehme. Der Umstand, dass diese Bescheidung im Rahmen des vom Kläger beantragten Rücknahme-/Wiederaufgreifensbegehrens erfolgt sei, schade der inhaltlichen Einlassung nicht. Es sei nachrangig, auf welchem Weg die Beklagte nochmals geprüft bzw. sich mit der Entscheidung auseinander gesetzt habe, wenn wie vorliegend dem Sinn und Zweck des Vorverfahrens bereits dadurch Rechnung getragen sei, dass die Beklagte ihre ablehnende Haltung erneut verdeutliche. Denn auch eine Überprüfung bei anderer Gelegenheit wie etwa im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde stehe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer Einlassung nicht entgegen. Dies gelte erst recht im Fall der erneuten Bescheidung in derselben Sache. In dem Bescheid vom 9. Januar 2012 erkenne die Beklagte abermals, dass der Kläger für die Klausurbearbeitung am 24. April 2006 eine Gesetzessammlung des Prüfungsamts erhalten habe und die dem Bescheid vom 27. April 2006 zugrunde gelegte „Verwendung“ nicht zutreffe, ohne allerdings daraus Konsequenzen zu ziehen. Vielmehr erachte sie diesen Bescheid trotz der Sachlage nicht als „offensichtlich rechtswidrig“ und sie bestreite, dass die Aufrechterhaltung dieses Bescheids zu unerträglichen Ergebnissen führen könne.

95

Auch dieses Argument greift nicht durch. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 9. Januar 2012 – der bezogen auf die vorliegende Anfechtungsklage wiederum kein vorgerichtliches Verhalten darstellt - nicht gleichsam das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 27. April 2006 erneut durchgeführt und mit einem Zweitbescheid abgeschlossen. Der Bescheid vom 9. Januar 2012 betrifft den Antrag des Klägers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bzw. auf Rücknahme des Bescheids vom 27. April 2006; beide Begehren setzen begrifflich gerade voraus, dass dieser Bescheid bestandskräftig geworden ist. Auch sind die Prüfungsmaßstäbe des § 51 HmbVwVfG einerseits und eines Antrags auf Rücknahme nach § 48 HmbVwVfG andererseits nicht identisch mit den Maßstäben bei der normalen inhaltlichen Überprüfung eines Verwaltungsakt im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens. Des Weiteren verhält sich die Beklagte nicht widersprüchlich oder gar treuwidrig, indem sie trotz des Bescheids vom 9. Januar 2012 im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage weiter auf deren Unzulässigkeit besteht. Dies ist vielmehr konsequent, da, wie soeben ausgeführt, die Unanfechtbarkeit des Bescheids vom 27. April 2006 tatbestandliche Voraussetzung für das vom Kläger gestellte Wiederaufgreifens- bzw. Rücknahmebegehren ist. Der Umstand, dass die Beklagte hinsichtlich des Rücknahmebegehrens – gleichsam schulmäßig – auch ausgeführt hat, eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 27. April 2006 sei nicht ersichtlich, ändert an alldem nichts. Andernfalls hätte es der Adressat eines Verwaltungsakts, falls er die Widerspruchsfrist versäumt und dann Klage erhebt, in der Hand, durch das zusätzliche Stellen eines Antrags auf Rücknahme des Verwaltungsakts die Behörde gleichsam zu der Äußerung zu zwingen, der Bescheid sei nicht offenkundig rechtswidrig, um daraus den Schluss zu ziehen, nunmehr sei die Anfechtungsklage zulässig geworden, da die Behörde sich durch die Ablehnung des Rücknahmeantrags inhaltlich festgelegt habe und damit der Zweck des Vorverfahrens nachträglich im Rahmen des Klagverfahrens erfüllt worden sei.

96

ff) Schließlich meint der Kläger, die Beklagte habe dadurch, dass sie im Widerspruchsbescheid, in der Klageerwiderung und in dem Bescheid vom 9. Januar 2012 einen anderen Sachverhalt zugrunde gelegt habe als im Bescheid vom 27. April 2006 (Benutzung einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Gesetzessammlung anstatt Verwendung unzulässiger Hilfsmittel), Zweitbescheide mit neuem Regelungsgehalt erlassen, an denen sie im gerichtlichen Verfahren sachlich festhalte.

97

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb aus der gegenüber dem Bescheid vom 27. April 2006 in den o. g. späteren Schreiben der Beklagten präziser formulierten Sachverhaltsdarstellung zu folgern sein soll, die Beklagte habe damit „Zweitbescheide mit neuem Regelungsgehalt“ erlassen. Die Beklagte ist gegenüber dem Bescheid vom 27. April 2006 nicht mehr in eine erneute Sachprüfung eingetreten und hat dementsprechend keine „Zweitbescheide“ erlassen. Worin (bei unverändert gebliebenen Rechtsfolgen) der „neue Regelungsgehalt“ bestehen soll, erschließt sich nicht. Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

98

d) Die vom Kläger zuletzt (Schriftsatz vom 29.9.2014, S. 3/4) formulierten Anträge zum Thema „Unvollständige Akteneinsicht (Dienstliche Stellungnahmen)“ ändern nichts an der Entbehrlichkeit einer Berufungsverhandlung. Auch hierbei handelt es sich um Beweisausforschungsbegehren „ins Blaue hinein“; die Beklagte hat erklärt, dass sie über keine weiteren Sachakten verfügt. Außerdem beziehen sich diese Anträge offenbar auf den Prüfungsablauf am 24. April 2006 und damit auf die Frage der Begründetheit der Klage, auf die es wegen ihrer Unzulässigkeit nicht ankommt.

99

2. Der auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtete Antrag, dem Kläger die erneute Prüfung im Wege des sog. Freiversuchs zu ermöglichen, ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids Bestand hat und es dabei bleibt, dass der Kläger die Erste Prüfung im ersten Anlauf nicht bestanden hat.

100

3. Der zuletzt (Schriftsatz vom 29.9.2014, S. 9) angefügte Hilfsantrag, festzustellen, dass der Bescheid vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze, ist unzulässig. Dieser Antrag könnte allenfalls auf § 43 VwGO gestützt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist jedenfalls deshalb nicht einschlägig, weil sich der Verwaltungsakt vom 27.4.2006 nicht erledigt hat). Einer solchen Feststellung steht aber schon gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen, dass der Kläger hinsichtlich des Bescheids vom 27. April 2006 seine Rechte durch die – im vorliegenden Fall unzulässige - Anfechtungsklage hätte verfolgen können bzw. müssen. Die mit dem Ablauf von Rechtsbehelfsfristen verbundene Bestandskraft von Verwaltungsakten und Unzulässigkeit von dagegen gerichteten Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklagen darf nicht durch Feststellungsklagen unterlaufen werden, deren Gegenstand die Rechtswidrigkeit der betreffenden Verwaltungsakte sein soll.

101

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

102

Es besteht kein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 VwGO. Die hier getroffene Entscheidung mit der dafür gegebenen Begründung führt zu keiner Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Sie wirft auch keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen von fallübergreifender Bedeutung auf, so dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die hier aufgegriffene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt, um im Wege der einzelfallbezogenen Anwendung der dort aufgestellten Maßstäbe über die vorliegende Berufung entscheiden zu können.

103

Die Festsetzung des Streitwerts für das Verfahren in zweiter Instanz beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG (vgl. die Streitwertkataloge für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 und 2013, jeweils Abschnitt 36.1). Der im Zulassungsverfahren erfolglos gebliebene Hilfsantrag, der Verpflichtungsantrag und der zuletzt hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sind wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Anfechtungsantrag bzw. gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht streitwerterhöhend.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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published on 30/01/2017 00:00

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Mai 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig
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(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozeßordnung wiederaufgenommen werden.

(2) Die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage steht auch dem Vertreter des öffentlichen Interesses, im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug auch dem Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht zu.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.