Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 27. Juni 2016 - 8 U 2633/14

published on 27/06/2016 00:00
Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 27. Juni 2016 - 8 U 2633/14
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Landgericht Nürnberg-Fürth, 2 O 2752/13, 11/11/2014

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Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.11.2014, Az. 2 O 2752/13, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I.

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 31.030,79 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.05.2013 zu zahlen.

II.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus dem Abschluss des Darlehensvertrages vom 10.11.2008 bei der V. B. AG, Konto-Nr. … freizustellen.

III.

Die Leistungen der Beklagten gemäß Ziffer I. und II. sind Zug um Zug zu erfüllen

a) gegen Übertragung sämtlicher Rechte aus der Versicherung Nr. … bei der Beklagten zu 2);

b) gegen Übertragung sämtlicher Rechte aus der Versicherung Nr. … bei der Beklagten zu 2).

IV.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten mit der Annahme der Rechte aus den Versicherungen Nr. … und Nr. … im Verzug sind.

V.

Die Beklagten sind als Gesamtschuldner verpflichtet, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Beauftragung der Rechtsanwälte M. freizustellen.

VI.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehenden Berufungen der Beklagten werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 18% und die Beklagten als Gesamtschuldner 82%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des für die Gegenseite aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 114.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger begehrt von den Beklagten im Wege des Schadensersatzes wegen Beratungsverschuldens die Rückabwicklung eines teilweise kreditfinanzierten fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrages sowie eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages und Zinsen als entgangenen Gewinn. Einen zunächst hilfsweise gegen die Beklagte zu 2) geltend gemachten Auskunftsanspruch zum Verbleib der von ihm bezahlten Beiträge verfolgt er in der Berufung nicht mehr weiter.

Der Kläger schloss bei der Beklagten zu 2) im Wege des Invitatio-Modells die streitgegenständliche fondsgebundene Lebensversicherung mit Vermögensverwaltung gegen Zahlung eines Einmalbeitrages von 100.000,00 CHF sowie die streitgegenständliche fondsgebundene Rentenversicherung mit Vermögensverwaltung gegen Zahlung eines jährlichen Beitrags von 7.000,00 CHF ab. Dazu übersandte die Beklagte zu 2) auf Anträge des Klägers vom 20.05.2008 (Anlagen B (2) 1 und 7) diesem unter dem 17.06.2008 ein Angebot für die Rentenversicherung (Anlage B (2) 2 11) und unter dem 23.03.2009 ein Angebot für die Lebensversicherung (Anlage B (2) 2). Diese Angebote nahm der Kläger mit Einverständniserklärungen vom 26.06.2008 (Anlage B (2) 14) und 27.04.2009 (Anlage B (2) 6) an. Die Anlage des Deckungskapitals beider Versicherungen sollte zu 100% im S. F. Fund erfolgen. Der Lebensversicherungsvertrag sieht eine Todesfallleistung in Höhe des Geldwertes der Deckungsrückstellung vor, mindestens 101% der Einmalprämie. Der Rentenversicherungsvertrag sieht bei Ableben der versicherten Person vor Fälligkeit der Rente die Ausbezahlung der vorhandenen Deckungsrückstellung, mindestens der eingezahlten Prämien vor.

Zur teilweisen Finanzierung der Beiträge nahm der Kläger bei der V. B. AG einen Kredit i. H. v. zunächst 60.000,00 CHF auf.

Die Vermittlung der Verträge erfolgte durch die Beklagte zu 1), die hierzu mehrere Beratungsgespräche mit dem Kläger führte.

Im Januar 2010 forderte die V. B. AG den Kläger zur Erbringung von Zahlungen zur Rückführung des Kredits in den Deckungsrahmen und zur Ermöglichung der Prämienzahlung für die fondsgebundene Rentenversicherung auf. Der Kläger kündigte daraufhin den Kreditvertrag und die Versicherungsverträge. Wegen zwischenzeitlicher Liquidation des Anlagefonds kam es nicht zu einer Auszahlung von Rückkaufswerten durch die Beklagte zu 2). Mit Anwaltsschreiben vom 16.01.2012 wurde die Beklagte zu 2) unter Fristsetzung zum 31.01.2012 zur Abrechnung und Rückzahlung der einbezahlten Beträge aufgefordert.

Der Kläger trägt vor, seinen Anträgen bei der Beklagten zu 2) seien umfassende Beratungsgespräche durch die Beklagte zu 1) vorausgegangen, wobei diese unter der Firmierung F. in eigenem Namen aufgetreten sei. Er habe für 30.000,00 € eine sichere Anlage für eine zusätzliche Altersvorsorge mit einem unbedingten Kapitalerhalt gewollt, worauf die Beklagte zu 1) die streitgegenständlichen Produkte vorgeschlagen habe. Die Produkte seien mit 100%iger Sicherheit und bestens für die Altersvorsorge geeignet beworben worden, Rückzahlungshindernisse (Verzögerung durch Liquidation des Fonds) seien trotz Nachfrage nicht erwähnt worden. Nach den Ausführungen der Beklagten zu 1) gewährleiste die Anlagestrategie unabhängig von der Marktentwicklung Ertragschancen von 10% jährlich. Es gebe eine Kapitalgarantie, die am Ende der Laufzeit nach zehn Jahren die Rückzahlung des Kapitals und eine 24%ige Verzinsung garantiere. Eine französische Bank mit AA-Rating stünde auch als Garantin dahinter, auch im schlechtesten Fall könne der Kläger also kein Geld verlieren. Prospekte oder weitere Unterlagen habe er nicht zur Ansicht erhalten. Bei Kenntnis der fehlenden Garantie und der tatsächlichen Entwicklungsmöglichkeiten wären die Verträge nicht abgeschlossen worden, da es insbesondere um die Sicherheit der Anlage ging.

Die Beklagte zu 1) trägt vor, die Produkte für die Fa. V. V. AG vermittelt zu haben, weswegen sie keine eigene Haftung aus der Beratung treffe. Außerdem erhebt sie die Einrede der Verjährung. Weiter behauptet sie, ihren Beratungspflichten nachgekommen zu sein.

Die Beklagte zu 2) bestreitet den behaupteten Inhalt der Beratungsgespräche, verweist auf den Inhalt des Beratungsprotokolls, des Antrags des Klägers und der mit der Police übersandten Unterlagen. Die von der Beklagten zu 1) verwendeten Unterlagen seien dieser von der B.S. K. AG zur Verfügung gestellt worden. Sie meint, dass sie sich etwaige Beratungsfehler der Beklagten zu 1) nicht zurechnen lassen müsse, bei wirtschaftlicher Betrachtung lägen keine Kapitalanlagen vor. Den Kläger treffe auch ein 100%iges Mitverschulden, da er das Informationsblatt zu den Fonds gekannt habe. Ein Freistellungsanspruch scheide aus, da die Finanzierung nicht notwendiger Bestandteil des Versicherungsvertrages gewesen sei.

Das Landgericht hat der Klage nach Anhörung des Klägers und der Beklagten zu 1) sowie Einvernahme der Ehefrau des Klägers als Zeugin stattgegeben. Es sah eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) aus dem mit dem Kläger bestehenden Anlageberatungsvertrag als nachgewiesen an. Die Beklagte zu 1) habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bestehende Risiken abweichend von den schriftlichen Unterlagen abgeschwächt und das gutgläubige Vertrauen des Klägers missbraucht. Dieses Verhalten der Beklagten zu 1) müsse sich die Beklagte zu 2) nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil v. 11.07.2012, IV ZR 164//11) zurechnen lassen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens in 1. Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.11.2014 Bezug genommen.

Gegen das ihnen jeweils am 09.12.2014 zugestellte Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth haben die Beklagte zu 2) mit Schriftsatz vom 18.12.2014, am 19.12.2014 beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen, und die Beklagte zu 1) mit Schriftsatz vom 08.01.2015, am selben Tag beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen, Berufung eingelegt. Die Beklagte zu 1) hat ihre Berufung in verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 05.03.2015, am 09.03.2015 beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen, begründet, die Beklagte zu 2) ebenfalls in verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 09.03.2015, am selben Tag beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen.

Die Beklagten verfolgen mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Ziel der Klageabweisung weiter.

Die Beklagte zu 1) rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Bejahung eines Beratungsfehlers der Beklagten zu 1), verweist auf die vorliegenden schriftlichen Informationen und den zeitlichen Ablauf des Vertragsschlusses, der zeige, dass dieser auf einer eigenständigen Entscheidung des Klägers und nicht auf einer Fehlberatung der Beklagten zu 1) beruhe.

Die Beklagte zu 2) rügt, dass das Landgericht ihr eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) bei der Beratung des Klägers nach § 278 BGB zugerechnet habe. Bei Einschaltung eines Versicherungsmaklers, wie vorliegend der Beklagten zu 1), treffe sie gem. § 6 Abs. 6 VVG keine eigene Beratungspflicht, so dass die Beklagte zu 1) nicht in ihrem Pflichtenkreis tätig geworden sei. Eine Zurechnung lasse sich entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.07.2012 (IV ZR 164/11) ableiten, da sich die streitgegenständlichen Versicherungsverträge bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht als Kapitalanlagegeschäfte darstellten. Schließlich habe das Landgericht dem Kläger bei nur pauschalem Vortrag zu Unrecht einen entgangenen Zinsgewinn zugesprochen.

Beide Beklagte beantragen,

das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.11.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Ersturteil. Er sieht keinen Rechtsfehler des Landgerichts bei der Feststellung eines Beratungsverschuldens der Beklagten zu 1) und meint, dass dieses der Beklagten zu 2) nach § 278 BGB zuzurechnen sei, insbesondere stellten sich die streitgegenständlichen Versicherungsverträge wirtschaftlich als Kapitalanlagen dar.

Hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat am 18.01.2016 und 21.03.2016 mündlich verhandelt, der Kläger und die Beklagte zu 1) wurden erneut angehört und die Ehefrau des Klägers als Zeugin einvernommen. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2016 Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2016 hat der Kläger seinen Klageantrag aus erster Instanz unter Rücknahme seines Antrags auf Zahlung von 14.000,00 CHF (Antrag III. gemäß dem Tatbestand des Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.11.2014, S. 5) wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch dazu verurteilt, an die Klagepartei 50.000,00 CHF nebst 4% Zinsen hieraus vom 14.07.2008 bis 31.07.2012 sowie nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 29.05.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus dem Abschluss des Darlehensvertrages vom 10.11.2008 bei der V. B. AG, Konto-Nr. … freizustellen.

3. Die Leistungen der Beklagten gemäß Ziffer 1 und 2 sind Zug um Zug zu erfüllen

a) gegen Übertragung sämtlicher Rechte aus der Versicherung Nr. … bei der Beklagten zu 2);

b) gegen Übertragung sämtlicher Rechte aus der Versicherung Nr. … bei der Beklagten zu 2).

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten mit der Annahme der Rechte aus den Versicherungen Nr. … und Nr. … im Verzug sind.

5. Die Beklagten sind als Gesamtschuldner verpflichtet, die Klagepartei von den Kosten der außergerichtlichen Beauftragung der Rechtsanwälte M. freizustellen.

Auf Hinweis des Senats vom 05.04.2016 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04.05.2016 Ziffer 1 unter Klagerücknahme im Übrigen wie folgt gefasst:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch dazu verurteilt, an die Klagepartei 31.030,79 € nebst 4% Zinsen hieraus vom 14.07.2008 bis 31.07.2012 sowie nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 29.05.2013 zu zahlen.

Mit Zustimmung der Parteien hat der Senat mit Beschluss vom 12.05.2016 Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet und den Schluss der mündlichen Verhandlung auf 09.06.2016 bestimmt.

II. Die zulässigen (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 517, 519 Abs. 1 u. 2, 520 Abs. 1 - 3 ZPO) Berufungen der Beklagten haben nach der teilweisen Klagerücknahme des Klägers nur in geringem Umfang Erfolg.

Die auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14 -, juris) hinsichtlich der Beklagten zu 2) ist gegeben. Sie leitet sich nach dem Grundsatz der Doppelfunktionalität der Gerichtsstandsvorschriften (Toussaint in Beck-OK, ZPO, Stand: 01.03.2016, § 12, Rn. 26) aus der sich aus § 215 VVG ergebenden örtlichen Zuständigkeit ab. Vorrangig unmittelbar geltende unionsrechtliche Rechtsnormen und in inländisches Recht transformierte bi- oder multinationale völkerrechtliche Verträge greifen bei der in Liechtenstein ansässigen Beklagten zu 2) nicht ein.

Materiell ist auch hinsichtlich der Beklagten zu 2) deutsches Recht anwendbar. Da die Rom I-VO nach Art. 28 dieser VO nur für Verträge anwendbar ist, die nach dem 17.12.2009 geschlossen wurden, richtet sich die Frage des anwendbaren Rechts gem. Art. 37 Nr. 4 EGBGB a. F. dem Grunde nach nicht nach dem EGBGB, da bei der streitgegenständlichen Lebensversicherung das versicherte Risiko in Deutschland belegen ist. Es sind Art. 7 Abs. 2 Nr. 4, 8 EGVVG a. F. einschlägig. Danach ist entsprechend dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Klägers in Deutschland deutsches Recht anzuwenden.

Die Beklagten sind verpflichtet, an den Kläger als Gesamtschuldner 31.030,79 € Schadensersatz nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.05.2013 zu bezahlen und ihn im Wege des Schadensersatzes von sämtlichen Verbindlichkeiten aus dem Abschluss des Darlehensvertrages vom 10.11.2008 bei der V. B. AG, Konto-Nr. … freizustellen, Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte aus den Versicherungen Nr. … und Nr. … bei der Beklagten zu 2) (1., 2. und 3.). Weiter war festzustellen, dass die Beklagten mit der Annahme der Rechte aus den Versicherungen Nr. … und Nr. … im Verzug sind (4.) und als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Beauftragung der Rechtsanwälte M. freizustellen (5.).

Einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von 4% für den Zeitraum vom 14.07.2008 bis 31.07.2012 hat der Kläger dagegen nicht, so dass die Klage insoweit abzuweisen war (6.).

1. Die Beklagte zu 1) ist dem Kläger wegen Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) des zwischen ihr und dem Kläger zu Stande gekommenen Beratungsvertrags zum Schadensersatz im vorgenannten Umfang verpflichtet.

1.1. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ist stillschweigend ein Beratungsvertrag zur streitgegenständlichen, vom Kläger gewünschten Kapitalanlage von 30.000,00 € zu Stande gekommen, indem die Beklagte zu 1) eine entsprechende Empfehlung abgegeben hat und tatsächlich eine Beratung stattgefunden hat (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08 -, juris, Rn. 15; grundlegend: BGH, Urteil vom 06. Juli 1993 - XI ZR 12/93 -, juris - Bond-Urteil). In tatsächlicher Hinsicht haben der Kläger und die Beklagte zu 1) in ihrer Anhörung vor dem Landgericht den Anlass für die geführten Gespräche und die Empfehlung der Beklagten zu 1) übereinstimmend und von der Ehefrau des Klägers als Zeugin bestätigt geschildert.

Gem. § 164 Abs. 2 BGB kommt der Mangel des Willens, in eigenem Namen zu handeln, nicht in Betracht, wenn der Wille, in fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervortritt. Den der Beklagten zu 1) damit obliegenden Beweis (BGH, Urteil vom 01.04.1992 - VIII ZR 97/91, NJW-RR 1992, 1010; Valenthin in Beck-OK, BGB, Stand: 01.11.2013, § 164, Rn. 47 m. w. N.), dass sie bei der Beratung als Vertreterin der V. V. AG gehandelt hat, hat sie nicht geführt.

Der Kläger hat unter Vorlage einer entsprechenden Visitenkarte (Anlage K 9) vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) unter der Firmierung F. in eigenem Namen aufgetreten ist. Dies hat seine Ehefrau als Zeugin vor dem Senat bestätigt. Die Beklagte zu 1) hat in ihrer Anhörung angegeben, dass sie nicht mehr sagen könne, ob sie gegenüber den Eheleuten Z. angegeben habe, für die V. V. AG zu handeln. Nach der, wenn auch erst nach der streitgegenständlichen Beratung, im August 2008 abgeschlossenen Vertriebsvereinbarung der Beklagten zu 1) mit der V. V. AG war es der Beklagten zu 1) sogar untersagt, im Namen dieser Gesellschaft nach außen aufzutreten (§ 1 Abs. 5 der Vertriebsvereinbarung, vorgelegt von der Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom 12.09.2013).

1.2. Die Beklagte zu 1) hat die sich für sie aus dem Beratungsvertrag ergebenden Pflichten verletzt.

1.2.1. Ein Anlageberater ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Über diese Umstände hat der Berater richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93 -, juris; BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10 -, juris). Dagegen muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10 -, juris m. w. N.).

1.2.2. Gemessen an diesem Maßstab war bereits die Auswahl der streitgegenständlichen Anlageprodukte durch die Beklagte zu 1) nicht anlegergerecht.

1.2.2.1. Zur Anlageerfahrung des Klägers hat seine Anhörung, bestätigt von seiner Ehefrau als Zeugin und auch von der Beklagten zu 1) in ihrer Anhörung, ergeben, dass sich diese auf die Anlage vermögenswirksamer Leistungen, eine im Zusammenhang mit dem Hausbau abgeschlossene Lebensversicherung und eine fondsgebundene Rentenversicherung seiner Ehefrau beschränkte.

1.2.2.2. Das Ziel der Anlage hinsichtlich der streitgegenständlichen 30.000,00 € war, dass das Kapital langfristig über etwa 20 Jahre bis zum Renteneintrittsalter des Klägers angelegt werden sollte, um dann entsprechend vermehrt für eine einmalige Auszahlung oder auch eine fortlaufende Aufstockung der Rente zur Verfügung zu stehen. Diese von der Zeugin Z. bestätigten Angaben des Klägers wurden in der Sache letztlich auch von der Beklagten zu 1) so eingeräumt, wobei offen bleiben kann, ob dieses Anlageziel unter „Altersvorsorge“ zu subsumieren ist oder, wie die Beklagte zu 1) meint, „Vermögensaufbau“. Sie stehen auch grundsätzlich im Einklang mit der tatsächlichen Anlageempfehlung als Kombination einer Kapitallebensversicherung und einer Rentenversicherung.

1.2.2.3. Zur Risikobereitschaft des Klägers ist der Senat davon überzeugt, dass diese nur sehr eingeschränkt vorhanden war und ihre Grenze in einem unbedingten Kapitalerhalt des Anlagebetrages hatte.

Der Kläger hat in seiner Anhörung hierzu angegeben, dass er eine sichere Anlage gewollt habe. Es sei darum gegangen, dass das Geld in 20 oder 25 Jahren noch da sei. Auch wegen der Kreditaufnahme habe er eine sichere Anlage gewollt, da er andernfalls um sein Haus gefürchtet habe. Dies habe er der Beklagten zu 1) auch von Anfang an gesagt.

Die Ehefrau des Klägers hat dies als Zeugin bestätigt und angegeben, dass es das ausdrückliche Verlangen ihres Mannes gewesen sei, dass die Anlage sicher ist. Dies sei in dem Sinne gemeint gewesen, dass die Kreditzinsen bedient werden können und mindestens das eingezahlte Kapital am Laufzeit ende zurückgezahlt wird.

Der Senat hat keinen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Z..

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Zeugin als Ehefrau des Klägers und damit in einer wirtschaftlichen Gemeinschaft mit diesem ein erhebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat.

Die Zeugin hat jedoch ihre Angaben sachlich und ruhig vorgetragen. Sie hat den klägerischen Sachvortrag nicht in allen Details undifferenziert bestätigt, so z. B. nicht die schriftsätzllich vorgetragene Garantie einer 24%igen Verzinsung. Die Zeugin war in der Lage, ihre Angaben auf Nachfrage spontan zu präzisieren. Dies gilt insbesondere für die plastisch am Richtertisch vorgeführte Art und Weise des Ablaufs der Unterschriftsleistung durch den Kläger auf den Antragsunterlagen. Schließlich enthielt die Aussage ihre Glaubwürdigkeit stärkende nebensächliche Details, wie die werbende Äußerung der Beklagten zu 1), dass an die angebotene Anlage eigentlich nur Großanleger herankommen würden, sie aber für den Kläger ihre Kontakte in die Schweiz nutzen könne.

Die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Z. wird nicht dadurch erschüttert, dass die vom Kläger unterzeichneten Unterlagen eine progressive Anlagestrategie mit entsprechender Risikobereitschaft aufweisen, weiter die Aufklärung über deutliche Verluste bis hin zum Totalverlust und die Kenntnisnahme des Konditionenblattes des S. F. Fund, das ebenfalls entsprechende Risikohinweise enthält.

Diese Umstände wurden vom Kläger plausibel damit erklärt, dass die Unterlagen von der Beklagten zu 1) bereits unterschriftsreif vorbereitet waren - Kreuze gesetzt -, er diese nicht gelesen und der Beklagten zu 1) insoweit vertraut habe. Die Zeugin Z. hat dies durch ihre detaillierte Schilderung des Ablaufs der Unterschriftsleistung durch den Kläger bestätigt, verbunden mit der Aussage, dass sie sich eigentlich sicher sei, dass die „Kreuzchen“ in den Unterlagen von der Beklagten zu 1) nicht im Zusammenhang mit der Unterschrift gesetzt worden seien. In gleicher Weise ist die Erklärung des Klägers plausibel, dass er auch die Einverständniserklärungen mit den Versicherungsscheinen, die im Rahmen des I.-Modells erst den Vertragsschluss bewirken, aufgrund der Vorgespräche ohne erneute Lektüre der übersandten Unterlagen unterzeichnet hat.

Schließlich wird die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Z. nicht durch die entgegenstehenden Angaben der Beklagten zu 1) in ihrer Anhörung erschüttert. Diese will die vom Kläger unterzeichneten Erklärungen in den Beratungsprotokollen (Anlage B (2) 1, S. 7 und Anlage B (2) 10) mit diesem vor Setzen der entsprechenden Kreuze Punkt für Punkt durchgegangen sein und dabei insbesondere auch auf das Totalverlustrisiko hingewiesen haben.

Der Senat hat insoweit erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beklagten zu 1). Auch die Beklagte zu 1) hat am Ausgang des Rechtsstreits ein erhebliches wirtschaftliches Interesse, da es nach ihren Angaben im Rahmen geführter Vergleichsgespräche Probleme mit der Vermögenshaftpflichtversicherung hinsichtlich der Regulierung eines etwaigen Schadens gibt. Sie war auch auf Nachfrage des Senats nicht spontan in der Lage, ihre Angaben zu präzisieren. Dies gilt insbesondere für die angegebene Aufklärung über einen möglichen Totalverlust. Hier hat sie ihre Angaben erst nach mehreren Anläufen dahin detailliert, dass sie dies mit der Frage an den Kunden mache, ob er das Risiko eingehen will, dass die Rendite aus dem Kapital nicht ausreicht, die Kreditverpflichtung zu finanzieren. Dabei will sie auch den Begriff des Totalverlustes verwenden, ohne dass sie dies dem Senat praktisch mit allgemein hierzu verwendeten konkreten Redewendungen nachweisen konnte.

Die Kreuze auf den Beratungsprotokollen sind so gesetzt, dass die Beklagte zu 1) davon ausgehen konnte, dass aufgrund des Antrags ohne Probleme ein entsprechendes Vertragsangebot der Beklagten zu 2) erfolgen wird. Damit wäre bei Ankreuzen z. B. der vom Kläger behaupteten sicherheitsorientierten Anlagestrategie nicht zu rechnen gewesen, wie sich aus dem Hinweis auf die im gewählten Fond enthaltenen Futures bereits aus dem Formular für das Beratungsprotokoll ergibt. Es bestand damit eine gewisse Notwendigkeit, wollte die Beklagte zu 1) das vorgeschlagene Produkt verkaufen, auch das Beratungsprotokoll entsprechend zu gestalten. Der Kläger ist Maurer, seine Ehefrau Buchhaltungsfachkraft. Die Beklagte zu 1) konnte deshalb nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgehen, dass diese ihr als ehemalige Bankkauffrau vertrauten und deshalb Voreintragungen im Antrag und Beratungsprotokoll vor der Unterschriftsleistung nicht hinterfragt werden.

1.2.2.4. Bei Zugrundelegung dieser Parameter in den Bereichen Wissensstand des Klägers, Anlageziel und Risikobereitschaft war das von der Beklagten zu 1) vorgeschlagene Gesamtversicherungsprodukt, bestehend aus der streitgegenständlichen fondsgebundenen Lebensversicherung und der streitgegenständlichen fondsgebundenen Rentenversicherung, zumal in erheblichem Teil kreditfinanziert, nicht anlegergerecht. Der Fonds, der beiden Versicherungen unterlegt ist, ist, wie das S. F. Konditionenblatt (Anlage B (2) 1, nach S. 8) zeigt, nicht nur durch die eingesetzten Finanzderivate hochspekulativ, sondern auch dadurch, dass die Fondsgesellschaft zur Kreditaufnahme in unbeschränkter Höhe berechtigt war. Dies steht nicht im Einklang mit der nur sehr eingeschränkten Risikobereitschaft des Klägers. Hinzu kommt, dass den Kläger ein weiteres Risiko durch die teilweise Kreditfinanzierung seiner Beiträge trifft. Auch hier widerspricht es der eingeschränkten Risikobereitschaft des Klägers massiv, dass nach der von der Beklagten zu 1) im Termin vom 26.02.2014 vor dem Landgericht vorgelegten Modellrechnung (Anlage zum Protokoll, nach Bl. 96 d. A.) das Kreditengagement zur Bedienung der Beiträge aus beiden Versicherungen nicht auf 50.000,00 CHF zur teilweisen Finanzierung der Einmalanlage in die Lebensversicherung beschränkt war, sondern bei einer Laufzeit von 25 Jahren bis auf 534.457,00 CHF anstieg. Dies zudem vor dem Hintergrund der Investition in einen Fonds mit Totalverlustrisiko. Hinzu kommt, dass der Kredit in Schweizer Franken aufgenommen wurde und damit zusätzlich dem Fremdwährungsrisiko unterliegt.

1.2.3. Die Beklagte zu 1) hat zudem nicht objektgerecht über das bei der vorgeschlagenen Anlage bestehende Totalverlustrisiko aufgeklärt und die im S. F. Konditionenblatt enthaltenen Risikohinweise entwertet.

Der Kläger hat in seiner Anhörung hierzu angegeben, dass die Beklagte zu 1) die Anlage als sicher bezeichnet habe, auch durch die Kreditaufnahme nichts passieren könne. Es sei nie davon die Rede gewesen, dass die Anlage ein Risiko für ihn sei, die Lebensversicherung decke alles ab.

Die Ehefrau des Klägers hat dies als Zeugin bestätigt und angegeben, dass es das ausdrückliche Verlangen ihres Mannes gewesen sei, dass die Anlage sicher ist. Die Beklagte zu 1) habe mit der „Modellrechnung“ demonstriert, dass die Anlage mehr Geld bringe als der Kredit koste. Es könne zwar sein, dass sich die Zinsen etwas schlechter entwickelten als in der „Modellrechnung“, dass aber trotzdem jedenfalls der Kredit damit bezahlt werden könne. Die Beklagte zu 1) habe sicher nicht erklärt, dass deutliche Verluste entstehen könnten oder sogar ein Totalverlust.

Der Senat hat trotz der entgegenstehenden Angaben der Beklagten zu 1), wie unter Ziffer 1.2.2.3. dargelegt, keinen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Zeugin Z.

Ob die Antragsunterlagen, insbesondere das S. F. Konditionenblatt, über das Totalverlustrisiko ausreichend aufklären, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Der Umstand, dass ein Prospekt oder sonstige Unterlagen Chancen und Risiken der Anlage hinreichend verdeutlichen, ist kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise und Erläuterungen in den Unterlagen entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (BGH, Urteil vom 14. April 2011 - III ZR 27/10 -, juris, Rn. 7; BGH, Beschluss vom 26. September 2012 - IV ZR 71/11 -, juris, Rn. 21).

1.3. Sachvortrag für ein mangelndes, nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB jedoch vermutetes Vertretenmüssen der Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) haben die Beklagten nicht unterbreitet.

1.4. Der Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung der Beratungspflicht durch die Beklagte zu 1) und dem Vertragsabschluss der streitgegenständlichen Versicherungsverträge ist gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung i. S. eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung, die nicht nur dann eingreift, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte, er sich also nicht in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte (BGH, Urteil vom 08. Mai 2012 - XI ZR 262/10 -, juris, Rn. 28 ff; BGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11 -, juris, Rn. 19).

Danach ist zu vermuten, dass der Kläger bei pflichtgemäßer Aufklärung über das Totalverlustrisiko oder Hinweis auf die Ungeeignetheit der Anlageempfehlung bei seiner eingeschränkten Risikobereitschaft die streitgegenständlichen Verträge nicht abgeschlossen hätte. So trägt er dies auch vor.

Der Kläger hat aufgrund der Beratung der Beklagten zu 1) am 20.05.2008 die Antragsunterlagen für Angebote der Beklagten zu 2) zu den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen unterzeichnet (Anlagen B (2) 1 und 7). Mit den daraufhin erfolgten Angeboten hat er sich bzgl. der Rentenversicherung am 26.06.2008 (Anlage B (2) 14) und bzgl. der Lebensversicherung am 27.04.2009 (Anlage B (2) 6) einverstanden erklärt. Nach seinem Vortrag ist dies ohne Lesen der Angebotsunterlagen aufgrund der mit der Beklagten zu 1) geführten Beratungsgespräche geschehen.

Diesen Sachvortrag haben die Beklagten nicht widerlegt. Alleine die Zeiträume von nahezu 10 Monaten bis zum Angebot der Beklagten zu 2) hinsichtlich der Lebensversicherung und weiterer ca. 5 Wochen bis zur Einverständniserklärung des Klägers unterbrechen den Zurechnungszusammenhang nicht.

1.5. Art und Höhe des Schadensersatzes aufgrund der Verletzung (vor-)vertraglicher Aufklärungspflichten richten sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB (BGH, Urteil vom 08. Mai 2012 - XI ZR 262/10 -, juris, Rn. 64).

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist gem. § 249 BGB darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er die Anlageentscheidung nicht getroffen. Geschützt wird das Recht des Anlegers, in freier Willensentscheidung zutreffend informiert unter Abwägung der bestehenden Chancen und Risiken über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen. Der Anleger kann grundsätzlich Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner im Zusammenhang mit dem Vertrag stehenden Aufwendungen verlangen (BGH, Urteil vom 20. September 2011 − II ZR 277/09 -, juris, Rn. 26).

Dementsprechend stehen dem Kläger 31.030,79 € entsprechend seinem Auslandszahlungsauftrag vom 14.07.2008 sowie Freistellung von den sich aus dem Darlehensvertrag bei der V. B. AG vom 10.11.2008 ergebenden Verbindlichkeiten zu, jeweils Zug um Zug gegen die Übertragung der im Tenor angeführten Rechte aus den streitgegenständlichen Versicherungen.

1.6. Den Kläger trifft kein bei der Schadensberechnung gem. § 254 Abs. 1 BGB mindernd zu berücksichtigendes Mitverschulden.

Ein Verschulden im Sinne des § 254 BGB liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn der Geschädigte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Allerdings verdient das Vertrauen desjenigen, der sich von einem anderen, der für sich Sachkunde in Anspruch nimmt, beraten lässt, besonderen Schutz. Deshalb kommt im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten der Einwand des Mitverschuldens nur unter besonderen Umständen zum Tragen, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf; alles andere widerspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der in § 254 BGB lediglich eine besondere Ausprägung erhalten hat. Eine Ausnahme hiervon ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Geschädigte über eigene Sachkunde oder über zusätzliche Informationen von dritter Seite verfügt (BGH, Urteil vom 19. Februar 2015 - III ZR 90/14 -, juris, Rn. 13).

Gemessen an diesem Maßstab rechtfertigt bei dem nicht sachkundigen Kläger allein der für ein Mitverschulden in Betracht kommende Umstand, dass der Kläger weder die Risikohinweise in den Antragsunterlagen vor der Unterzeichnung noch in den übersandten Vertragsunterlagen vor der Unterzeichnung der Einverständniserklärung gelesen hat, ein solches nicht. Der Kläger durfte hier ohne Verschulden gegen sich selbst auf die Auskünfte der Beklagten zu 1) vertrauen und davon ausgehen, dass die schriftlichen Unterlagen ihrer mündlichen Auskunft entsprechen.

1.7. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt.

1.7.1. Der von der Beklagten zu 1) für die Einrede der Verjährung herangezogene § 37a WpHG i. d. F. v. 09.09.1998 ist vorliegend nicht anwendbar, da weder die Beklagte zu 1) noch die Beklagte zu 2) ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen i. S. v. § 2 Abs. 4 WpHG ist.

1.7.2. Der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch des Klägers verjährt gem. § 195 BGB in drei Jahren (BGH, Urteil vom 09. November 2007 - V ZR 25/07 -, juris).

Gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

Die Beklagte zu 1) hat nicht dargelegt, dass der Kläger vor Schluss des Jahres 2009 die Beratungsfehler der Beklagten zu 1) gekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat, § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Damit wurde die Verjährung durch die Zustellung der streitgegenständlichen Klage im Mai 2013 gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.

Die beim Kläger allein in Betracht kommende grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. So ist es etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von Verschulden gegen sich selbst, vorgeworfen werden können. Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben. Vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (BGH, Urteil vom 08. Juli 2010 - III ZR 249/09 -, juris, Rn. 28).

Der hier in Betracht kommende Umstand, dass der Kläger weder die Risikohinweise in den Antragsunterlagen vor der Unterzeichnung noch in den übersandten Vertragsunterlagen vor der Unterzeichnung der Einverständniserklärung gelesen hat, begründet eine grobe Fahrlässigkeit im Hinblick auf das zulässige Vertrauen auf die mündlichen Angaben der Beklagten zu 1) nicht (BGH, a. a. O., Rn. 33 ff).

Weitere, für eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers vor dem Jahr 2010 sprechende Umstände hat die Beklagte zu 1) nicht vorgetragen. Das Schreiben der V. B. AG, mit dem der Kläger über die Kreditüberschreitung informiert wurde, datiert vom 05.01.2010.

2. Die Beklagte zu 2) ist dem Kläger gesamtschuldnerisch (vgl. Werber, VersR 2008, 285) mit der Beklagten zu 1) gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB im tenorierten Umfang zum Schadensersatz verpflichtet.

2.1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Lebensversicherer nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklärung bei Anlagegeschäften verpflichtet, einen potentiellen Versicherungsnehmer bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für seinen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind, wenn sich der Vertragsschluss bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11 -, juris, Rn. 53). Zur richtigen und vollständigen Information über ein Anlageprodukt gehört die zutreffende Beschreibung der damit verbundenen Chancen und Risiken, nicht jedoch deren Bewertung, die nur im Rahmen eines Beratungsvertrages geschuldet wird (BGH, Beschluss vom 26. September 2012 - IV ZR 71/11 -, juris, Rn. 26 m. w. N.).

2.1.1. Diese Rechtsprechung ist zu vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Versicherungsverträgen ergangen, es besteht jedoch keine Veranlassung, sie nicht auch auf ab dem 01.01.2008 unter der Geltung des VVG 2008 abgeschlossene Versicherungsverträge anzuwenden.

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der VVG-Reform 2008 fondsgebundene Lebensversicherungen in allen ihren Bestandteilen, und dabei durchaus unter Beachtung ihrer Besonderheiten, zum genuinen Bestandteil einer versicherungsrechtlichen Regelung gemacht. So findet diese Versicherungsart in einer dies bestätigenden Weise ausdrückliche Behandlung in § - 169 Abs. 4 VVG (Werber, VersR 2014, 412, 414). Auch wurde bewusst von einer Trennung zwischen Versicherungsschutz und Sparvorgang bei den Regelungen über die Lebensversicherung abgesehen (BT-Drs. 16/3945, S. 51). Diese unterfallen daher grundsätzlich nicht den Vorschriften des Kapitalanlagerechts. Dies entsprach aber auch bereits vor der VVG-Reform 2008 der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 -, juris, Rn. 22; Werber, a. a. O.).

Durch die Feststellung, es handele sich bei einer Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um ein Anlagegeschäft, wird dieser der Charakter eines Versicherungsvertrages nicht abgesprochen. Vielmehr wird damit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages wirtschaftlich das Ziel der Kapitalbildung verfolgt wird und dieser Zielsetzung gegenüber die Versicherungsleistung nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 05. Juli 2013 - 24 U 131/11 -, juris, Rn. 69). Zutreffend spricht die Beklagte zu 2) deshalb selbst von einer „Mantelfunktion“ der Versicherung (Schriftsatz vom 09.05.2016, S. 3 unten, Bl. 266 d. A.).

Zwar ist der Versicherer nach neuem Recht gem. § 6 Abs. 6 VVG im Fall der Mitwirkung eines Maklers von seinen Beratungspflichten nach § 6 Abs. 1 VVG dispensiert (Werber, VersR 2014, 412, 416). Die wirtschaftliche Einordnung eines Versicherungsvertrages als Anlagegeschäft rechtfertigt es jedoch, die für Anlagegeschäfte geltenden Regeln inklusive derjenigen über die Zurechnung des Fehlverhaltens von Anlagevermittlern und -beratern anzuwenden (Werber, VersR 2014, 412, 415). Es handelt sich damit um in §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB begründete Pflichten, die neben die in § 6 Abs. 1 VVG nicht abschließend (Rixecker in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl., § 6, Rn. 2) geregelten Pflichten als Versicherer treten, sie überlagern (Schaaf/Winkens, VersR 2016, 360, 361).

2.1.2. Die streitgegenständliche Lebensversicherung gegen Einmalprämie stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Kapitalanlage dar, da die vereinbarte Versicherungsleistung gegenüber der Renditeerwartung von untergeordneter Bedeutung ist.

Der Senat verkennt hierbei nicht, dass für die Vertragslaufzeit eine Todesfallleistung von mindestens 101% der Einmalprämie vereinbart ist und die Beklagte zu 2) insofern das Verlustrisiko bezüglich des Deckungskapitals trägt. Hierin liegt ein Unterschied zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.07.2012 (IV ZR 164/11, juris) zugrunde lag. Dort war die Versicherungsleistung im Todesfall auf das Deckungskapital beschränkt. Dies führt bei der gebotenen Gesamtwürdigung aber nicht dazu, dass damit eine nur untergeordnete Bedeutung der vereinbarten Versicherungsleistung ausgeschlossen ist (Senat, Urteil vom 28. Oktober 2013 - 8 U 1254/13 -, nicht veröffentlicht; OLG München, Urteil vom 13. November 2013 - 27 U 1969/13 -, zitiert nach Werber, VersR 2014, 412, 415, FN 18). Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung die vereinbarte Todesfallleistung lediglich als ein, im dortigen Fall alleinig ausreichendes Argument, für die wirtschaftliche Einordnung des Versicherungsvertrages als Kapitalanlage benutzt.

Der Senat verkennt weiter nicht, dass jeder kapitalbildenden Lebensversicherung per se eine Gewinnerzielungsabsicht und damit eine Renditeerwartung innewohnt (vgl. Feuchter/Bauer, BKR 2015, 271). Insofern mag es durchaus richtig sein, dass sich die Einordnung fondsgebundener Lebensversicherungen als Kapitalanlagegeschäfte auf Ausnahmefälle beschränkt (OLG Köln, Urteil vom 31. Juli 2014 - 20 U 156/13 -, BeckRS 2014, 11994; Schaaf/Winkens, a. a. O.).

Es sprechen mehrere Gesichtspunkte dafür, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung der streitgegenständlichen Lebensversicherung die vereinbarte Versicherungsleistung gegenüber der Renditeerwartung von untergeordneter Bedeutung war: Der Versicherungsvertrag wurde auf unbestimmte Laufzeit geschlossen, Kapitalentnahmen waren nach § 6 AVB jederzeit möglich. Die kapitalbildende Lebensversicherung ist eine Kombination von bedingter Todesfallversicherung und Erlebensfallversicherung (Schneider in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Vorbemerkung zu §§ 150-171, Rn. 15) Hinsichtlich der Versicherungsleistung im Erlebensfall trägt die Beklagte keinerlei Risiko. Anders als hinsichtlich der Todesfallleistung ist für keinen Zeitpunkt eine garantierte Ablaufleistung, auch nur im Sinne eines Kapitalerhalts, vereinbart. Der vom Kläger geleistete Einmalbeitrag war teilweise kreditfinanziert. Dieser Umstand war für die Beklagte zu 2) bei lebensnaher Betrachtungsweise aufgrund der im Antrag angegebenen Verpfändung der Versicherung (Anlage B (2) 1, S. 5) auch erkennbar. Die Beklagte zu 2) räumt dies letztlich auch ein (Schriftsatz vom 09.05.2016, S. 3 oben, Bl. 266 d. A.). Lebensversicherungsverträge mit kreditfinanzierten Beiträgen werden aber aufgrund des dahinter stehenden Hebelmodells typischerweise zum Zweck der Kapitalanlage abgeschlossen (Schneider, a. a. O., Rn. 28 b). Weiter kann bei einer wirtschaftlichen Betrachtung auch der hochspekulative Charakter des Fonds, mit dem die Lebensversicherung unterlegt war, nicht ohne Berücksichtigung bleiben. Schließlich gehörte die Absicherung des Todesfallrisikos nicht zu den Anlagezielen des Klägers.

2.1.3. Auch die streitgegenständliche Rentenversicherung stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Kapitalanlage dar, da die vereinbarte Versicherungsleistung gegenüber der Renditeerwartung von untergeordneter Bedeutung ist.

Der Senat verkennt auch insoweit nicht, dass für den Zeitraum bis zum vereinbarten Rentenbeginn am 01.07.2033 im Todesfall eine Beitragsrückerstattung vorgesehen ist, so dass die Beklagte zu 2) in diesem Fall ein etwaiges Verlustrisiko trägt.

Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist aber auch bei dieser Versicherung zu sehen, dass es sich bei der Versicherung um eine Kombination von bedingter Todesfallversicherung und Erlebensfallversicherung handelt (Winter in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., Einführung v. § 150, Rn. 48, 51). Hinsichtlich der Versicherungsleistung im Erlebensfall trägt die Beklagte keinerlei Risiko. Anders als hinsichtlich der Todesfallleistung ist für den Zeitpunkt des Rentenbeginns keine Leistung garantiert, es kann also auch sein, dass keinerlei Rente bezahlt wird. Die vom Kläger zu zahlenden Beiträge waren nach der Modellrechnung kreditfinanziert. Schließlich kann auch hier bei einer wirtschaftlichen Betrachtung der hochspekulative Charakter des Fonds, mit dem die Lebensversicherung unterlegt war, nicht ohne Berücksichtigung bleiben.

2.2. Der Beklagten zu 2) ist die festgestellte Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) jedenfalls insoweit gem. § 278 BGB zuzurechnen, als diese den Kläger nicht objektgerecht über das bestehende Totalverlustrisiko aufgeklärt und die im S. F. Konditionenblatt enthaltenen Risikohinweise entwertet hat.

Übernimmt ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler - unabhängig von seiner etwaigen Selbstständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner - in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten. Eine solche umfassende Aufgabenübertragung liegt vor, wenn ein Versicherer seine Lebensversicherung unter Verzicht auf ein eigenes Vertriebssystem im Rahmen eines so genannten Strukturvertriebs über rechtlich selbstständige Vermittler, die ihrerseits Untervermittler eingesetzt haben, veräußert, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Er überlässt es damit den Vermittlern, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen. (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11 -, juris, Rn. 51).

Der Kläger hat, unbestritten von der Beklagten zu 2), vorgetragen, dass diese kein eigenes Vertriebssystem unterhält und es rechtlich selbstständigen Vertretern wie der B.S. K. AG mit weiteren Untervermittlern - wie der Beklagten zu 1) - überlässt, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten zu 2) nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Produkt zu geben.

Die Beklagte zu 2) hat sich zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufklärungspflichen (vgl. oben Ziffer 2.1.) der jeweils handelnden Vermittler bedient. Durch die Gestaltung des ihr Logo tragenden Antragsformulars (Anlage B 2 (2) 1, S. 8) hat sie zum Ausdruck gebracht, dass ihr bewusst ist, dass die Aufklärung des potentiellen Versicherungsnehmers nicht nur durch schriftliche Unterlagen erfolgt, sondern weiter durch ein Beratungsgespräch. Insofern heißt es dort ausdrücklich: „ERKLÄRUNG DER VERSICHERUNGSNEHMER ZUM BERATUNGSGESPRÄCH“.

In der genannten „ERKLÄRUNG“ bestätigt der Kläger durch Ankreuzen der jeweiligen vorgedruckten Kästchen, „dass ich über folgende Punkte und Risiken aufgeklärt wurde“. Damit hat sich die Beklagte zu 2) die Risikoaufklärung im Beratungsgespräch zu Eigen gemacht. Sie hat sich für die von ihr selbst vorgesehene Risikoaufklärung der Beklagten zu 1) bedient, die damit in diesem Rahmen als ihre Erfüllungsgehilfin zu betrachten ist (§ 278 BGB). Die Beklagte zu 2) muss sich deshalb auch solche in diesem Gespräch abgegebenen Erklärungen zu Chancen und Risiken zurechnen lassen, die im Widerspruch zu ihren schriftlichen Informationen stehen und vom Vermittler pflichtwidrig abgegeben wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 - IV ZR 71/11 -, juris, Rn. 29).

Der Zurechnung der Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nach § 278 BGB steht nicht entgegen, dass die Versicherungsverträge im Invitatio-Modell geschlossen wurden. Dies bedeutet zwar, dass die Beklagte zu 2) vor dem Vertragsschluss selbst mit dem Kläger in Verbindung getreten ist, indem sie ihm die Vertragsangebote direkt zugesandt hat (Anlagen B (2) 2 und 9) und die Einverständniserklärungen auch ihr wieder zu übermitteln waren (Anlagen B (2) 6 und 14). Die Beklagte zu 2) konnte sich auf diesen Schriftverkehr nur deshalb beschränken, weil ihre Aufklärungspflichten bereits im Vorfeld des Antrags auf Abgabe eines Angebots durch die Beklagte zu 2) (Anlagen B (2) 1 und 7) unter Einschaltung der Beklagten zu 1) erfolgt waren. So erfolgt in diesem Dokument etwa auch bereits die Identitätsfeststellung des Versicherungsnehmers. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sind Versicherungsverträge, auch wenn sie nach dem I.-Modell geschlossen werden, mit seinem Antrag abschlussreif.

3. Der Zahlungsanspruch des Klägers ist seit 29.05.2013 gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

4. Die Beklagten befinden sich aufgrund des sich aus seinem Klageantrag ergebenden wörtlichen Angebots des Klägers mit der Annahme der Übertragung der Rechte aus den streitgegenständlichen Versicherungen gem. §§ 295 S. 1, 298 BGB in Annahmeverzug (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1996 - V ZR 292/95 -, juris, Rn. 11). Dies war aufgrund des sich aus § 756 Abs. 1 ZPO ergebenden Interesses des Klägers (§ 256 Abs. 1 ZPO) festzustellen.

5. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers gehören zu dem von den Beklagten gem. § 249 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Schaden, so dass der Kläger entsprechende Freistellung beanspruchen kann (BGH, Urteil vom 30. April 1986 - VIII ZR 112/85 -, juris).

6. Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da der Kläger die begehrten Zinsen für den Zeitraum vom 14.07.2008 bis 31.07.2012 nicht beanspruchen kann.

Der geschädigte Anleger kann auch Ersatz des entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB verlangen. Ihm kommt hierbei die Beweiserleichterung des § 252 Satz 2 BGB zugute. Der geschädigte Anleger kann sich auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird. Zur Feststellung der Höhe des allgemein üblichen Zinssatzes kann das Gericht von der Möglichkeit einer Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO Gebrauch machen. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme eines (zu schätzenden) Mindestschadens unabhängig vom konkreten Parteivortrag. Der Anleger muss also darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre (BGH, Urteil vom 08. Mai 2012 - XI ZR 262/10 -, juris, Rn. 64).

Einen entsprechenden Sachvortrag hat der Kläger nicht unterbreitet, er hat dies auch trotz ausdrücklicher Rüge der Beklagten zu 2) in der Berufungsinstanz nicht nachgeholt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Die Streitwertfestsetzung für beide Instanzen (§ 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG) beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Nach den zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Umrechnungskursen (§ 40 GKG) bemisst sich der Wert des Klageantrags Ziffer I. 1. auf 41.000,00 € (50.000,00 CHF), des Klageantrags Ziffer I. 2. auf 62.000,00 € (Darlehensstand: 76.000,00 CHF) und des Klageantrags I 3. auf 11.000,00 € (14.000,00 CHF), während Ziffer III. kein eigenständiger Wert zukommt.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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published on 20/09/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 277/09 Verkündet am: 20. September 2011 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n
published on 09/11/2007 00:00

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published on 27/09/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 182/10 Verkündet am: 27. September 2011 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
published on 11/07/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 164/11 Verkündet am: 11. Juli 2012 Bott Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja AVB Lebensvers
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Annotations

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.

(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.

(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.

(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere

1.
Aktien,
2.
andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten,
3.
Schuldtitel,
a)
insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten,
b)
sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach den Nummern 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Geldmarktinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, insbesondere Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate, Commercial Papers und sonstige vergleichbare Instrumente, sofern im Einklang mit Artikel 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565

1.
ihr Wert jederzeit bestimmt werden kann,
2.
es sich nicht um Derivate handelt und
3.
ihre Fälligkeit bei Emission höchstens 397 Tage beträgt,
es sei denn, es handelt sich um Zahlungsinstrumente.

(3) Derivative Geschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte:
a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente,
b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die in Artikel 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Voraussetzungen erfüllt, oder Rechnungseinheiten,
c)
Zinssätze oder andere Erträge,
d)
Indices der Basiswerte der Buchstaben a, b, c oder f, andere Finanzindizes oder Finanzmessgrößen,
e)
derivative Geschäfte oder
f)
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes,Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate);
2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie
a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist,
b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden und nicht über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte im Sinne von Absatz 20 sind, die effektiv geliefert werden müssen, oder
c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind;
3.
finanzielle Differenzgeschäfte;
4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate);
5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.

(4) Finanzinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1,
2.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs,
3.
Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 2,
4.
derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3,
5.
Emissionszertifikate,
6.
Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und
7.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes sowie Namensschuldverschreibungen, die mit einer vereinbarten festen Laufzeit, einem unveränderlich vereinbarten festen positiven Zinssatz ausgestattet sind, bei denen das investierte Kapital ohne Anrechnung von Zinsen ungemindert zum Zeitpunkt der Fälligkeit zum vollen Nennwert zurückgezahlt wird, und die von einem CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes erteilt worden ist, oder von einem in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95; L 212 vom 3.7.2020, S. 20; L 436 vom 28.12.2020, S. 77), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/338 (ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14) geändert worden ist, namentlich genannten Kreditinstitut, das über eine Erlaubnis verfügt, Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes zu betreiben, ausgegeben werden, wenn das darauf eingezahlte Kapital im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts nicht erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird.

(5) Waren im Sinne dieses Gesetzes sind fungible Wirtschaftsgüter, die geliefert werden können; dazu zählen auch Metalle, Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom.

(6) Waren-Spot-Kontrakt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vertrag im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.

(7) Referenzwert im Sinne dieses Gesetzes ist ein Kurs, Index oder Wert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 29 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.

(8) Wertpapierdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft),
2.
das
a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten an den Finanzmärkten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals (Market-Making),
b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung),
c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere (Eigenhandel) oder
d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik im Sinne von Absatz 44, auch ohne Dienstleistung für andere (Hochfrequenzhandel),
3.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten in fremdem Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung),
4.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung),
5.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft),
6.
die Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft),
7.
die Verwaltung einzelner oder mehrerer in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung),
8.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems),
9.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems),
10.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen im Sinne des Artikels 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).
Das Finanzkommissionsgeschäft, der Eigenhandel und die Abschlussvermittlung umfassen den Abschluss von Vereinbarungen über den Verkauf von Finanzinstrumenten, die von einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einem Kreditinstitut ausgegeben werden, im Zeitpunkt ihrer Emission. Ob ein häufiger systematischer Handel vorliegt, bemisst sich nach der Zahl der Geschäfte außerhalb eines Handelsplatzes (OTC-Handel) mit einem Finanzinstrument zur Ausführung von Kundenaufträgen, die von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen für eigene Rechnung durchgeführt werden. Ob ein Handel in erheblichem Umfang vorliegt, bemisst sich entweder nach dem Anteil des OTC-Handels an dem Gesamthandelsvolumen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens in einem bestimmten Finanzinstrument oder nach dem Verhältnis des OTC-Handels des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zum Gesamthandelsvolumen in einem bestimmten Finanzinstrument in der Europäischen Union; nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 12 bis 17 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565. Die Voraussetzungen der systematischen Internalisierung sind erst dann erfüllt, wenn sowohl die Obergrenze für den häufigen systematischen Handel als auch die Obergrenze für den Handel in erheblichem Umfang überschritten werden oder wenn ein Unternehmen sich freiwillig den für die systematische Internalisierung geltenden Regelungen unterworfen und eine Erlaubnis zum Betreiben der systematischen Internalisierung bei der Bundesanstalt beantragt hat. Als Wertpapierdienstleistung gilt auch die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die keine Dienstleistung für andere im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 darstellt (Eigengeschäft). Der Finanzportfolioverwaltung gleichgestellt ist hinsichtlich der §§ 63 bis 83 und 85 bis 92 dieses Gesetzes sowie des Artikels 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014, des Artikels 26 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Artikel 72 bis 76 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 die erlaubnispflichtige Anlageverwaltung nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 11 des Kreditwesengesetzes.

(9) Wertpapiernebendienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Verwahrung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten für andere, einschließlich Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder die Verwaltung von Sicherheiten mit Ausnahme der Bereitstellung und Führung von Wertpapierkonten auf oberster Ebene (zentrale Kontenführung) gemäß Abschnitt A Nummer 2 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 (Depotgeschäft),
2.
die Gewährung von Krediten oder Darlehen an andere für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen, sofern das Unternehmen, das den Kredit oder das Darlehen gewährt, an diesen Geschäften beteiligt ist,
3.
die Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie sowie die Beratung und das Angebot von Dienstleistungen bei Unternehmenskäufen und Unternehmenszusammenschlüssen,
4.
Devisengeschäfte, die in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehen,
5.
das Erstellen oder Verbreiten von Empfehlungen oder Vorschlägen von Anlagestrategien im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlagestrategieempfehlung) oder von Anlageempfehlungen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlageempfehlung),
6.
Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Emissionsgeschäft stehen,
7.
Dienstleistungen, die sich auf einen Basiswert im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 oder Nr. 5 beziehen und im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen stehen.

(9a) Umschichtung von Finanzinstrumenten im Sinne dieses Gesetzes ist der Verkauf eines Finanzinstruments und der Kauf eines Finanzinstruments oder die Ausübung eines Rechts, eine Änderung im Hinblick auf ein bestehendes Finanzinstrument vorzunehmen.

(10) Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, nach § 53 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen und Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

(11) Organisierter Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.

(12) Drittstaat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Staat, der weder Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist.

(13) Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, sind

1.
Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1 000 Euro oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert in einer anderen Währung oder von Aktien,
a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder
b)
die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind und die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat nach § 4 Absatz 1 gewählt haben,
2.
Emittenten, die andere als die in Nummer 1 genannten Finanzinstrumente begeben und
a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder
b)
die ihren Sitz nicht im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind
und die die Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des § 4 Absatz 2 als Herkunftsstaat gewählt haben,
3.
Emittenten, die nach Nummer 1 Buchstabe b oder Nummer 2 die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen können und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, solange sie nicht wirksam einen Herkunftsmitgliedstaat gewählt haben nach § 4 in Verbindung mit § 5 oder nach entsprechenden Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(14) Inlandsemittenten sind

1.
Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. EU Nr. L 390 S. 38) unterliegen, und
2.
Emittenten, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.

(15) MTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,

1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf multilateralen Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, oder
2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur an multilateralen Handelssystemen im Inland gehandelt werden.

(16) OTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,

1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf organisierten Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem Staat den Anforderungen des Artikels 21 der Richtlinie 2004/109/EG unterliegen, oder
2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente nur eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben.

(17) Herkunftsmitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
im Falle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens,
a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens befindet;
b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich ihr Sitz befindet;
c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
2.
im Falle eines organisierten Marktes der Mitgliedstaat, in dem dieser registriert oder zugelassen ist, oder, sofern für ihn nach dem Recht dieses Mitgliedstaats kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
3.
im Falle eines Datenbereitstellungsdienstes,
a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Datenbereitstellungsdienstes befindet;
b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich der Sitz des Datenbereitstellungsdienstes befindet;
c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für den Datenbereitstellungsdienst maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet.

(18) Aufnahmemitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Mitgliedstaat, in dem es eine Zweigniederlassung unterhält oder Wertpapierdienstleistungen im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs erbringt;
2.
für einen organisierten Markt der Mitgliedstaat, in dem er geeignete Vorkehrungen bietet, um in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Marktteilnehmern den Zugang zum Handel über sein System zu erleichtern.

(19) Eine strukturierte Einlage ist eine Einlage im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Einlagensicherungsgesetzes, die bei Fälligkeit in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wobei sich die Zahlung von Zinsen oder einer Prämie, das Zinsrisiko oder das Prämienrisiko aus einer Formel ergibt, die insbesondere abhängig ist von

1.
einem Index oder einer Indexkombination,
2.
einem Finanzinstrument oder einer Kombination von Finanzinstrumenten,
3.
einer Ware oder einer Kombination von Waren oder anderen körperlichen oder nicht körperlichen nicht übertragbaren Vermögenswerten oder
4.
einem Wechselkurs oder einer Kombination von Wechselkursen.
Keine strukturierten Einlagen stellen variabel verzinsliche Einlagen dar, deren Ertrag unmittelbar an einen Zinsindex, insbesondere den Euribor oder den Libor, gebunden ist.

(20) Energiegroßhandelsprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Energiegroßhandelsprodukt im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1), sowie der Artikel 5 und 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(21) Multilaterales System im Sinne dieses Gesetzes ist ein System oder ein Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt.

(22) Handelsplatz im Sinne dieses Gesetzes ist ein organisierter Markt, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem.

(23) Liquider Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Markt für ein Finanzinstrument oder für eine Kategorie von Finanzinstrumenten,

1.
auf dem kontinuierlich kauf- oder verkaufsbereite vertragswillige Käufer oder Verkäufer verfügbar sind und
2.
der unter Berücksichtigung der speziellen Marktstrukturen des betreffenden Finanzinstruments oder der betreffenden Kategorie von Finanzinstrumenten nach den folgenden Kriterien bewertet wird:
a)
Durchschnittsfrequenz und -volumen der Geschäfte bei einer bestimmten Bandbreite von Marktbedingungen unter Berücksichtigung der Art und des Lebenszyklus von Produkten innerhalb der Kategorie von Finanzinstrumenten;
b)
Zahl und Art der Marktteilnehmer, einschließlich des Verhältnisses der Marktteilnehmer zu den gehandelten Finanzinstrumenten in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument;
c)
durchschnittlicher Spread, sofern verfügbar.
Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 1 bis 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/567 der Kommission vom 18. Mai 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Begriffsbestimmungen, Transparenz, Portfoliokomprimierung und Aufsichtsmaßnahmen zur Produktintervention und zu den Positionen (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 90), in der jeweils geltenden Fassung.

(24) Zweigniederlassung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Betriebsstelle, die

1.
nicht die Hauptverwaltung ist,
2.
einen rechtlich unselbstständigen Teil eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens bildet und
3.
Wertpapierdienstleistungen, gegebenenfalls auch Wertpapiernebendienstleistungen, erbringt, für die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Zulassung erteilt wurde.
Alle Betriebsstellen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens mit Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat, die sich in demselben Mitgliedstaat befinden, gelten als eine einzige Zweigniederlassung.

(25) Mutterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Mutterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86) geändert worden ist.

(26) Tochterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Tochterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU, einschließlich aller Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens des an der Spitze stehenden Mutterunternehmens.

(27) Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist eine Gruppe im Sinne des Artikels 2 Nummer 11 der Richtlinie 2013/34/EU.

(27a) Überwiegend kommerzielle Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist jede Gruppe, deren Haupttätigkeit nicht in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder in der Erbringung von in Anhang I der Richtlinie 2013/36/EU aufgeführten Tätigkeiten oder in der Tätigkeit als Market Maker in Bezug auf Warenderivate besteht.

(28) Eine enge Verbindung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen wie folgt miteinander verbunden sind:

1.
durch eine Beteiligung in Form des direkten Haltens oder des Haltens im Wege der Kontrolle von mindestens 20 Prozent der Stimmrechte oder der Anteile an einem Unternehmen,
2.
durch Kontrolle in Form eines Verhältnisses zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, wie in allen Fällen des Artikels 22 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2013/34/EU oder einem vergleichbaren Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen; Tochterunternehmen von Tochterunternehmen gelten ebenfalls als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens, das an der Spitze dieser Unternehmen steht oder
3.
durch ein dauerhaftes Kontrollverhältnis beider oder aller Personen, das zu derselben dritten Person besteht.

(29) Zusammenführung sich deckender Kundenaufträge (Matched Principal Trading) im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschäft, bei dem

1.
zwischen Käufer und Verkäufer ein Vermittler zwischengeschaltet ist, der während der gesamten Ausführung des Geschäfts zu keiner Zeit einem Marktrisiko ausgesetzt ist,
2.
Kauf- und Verkaufsgeschäfte gleichzeitig ausgeführt werden und
3.
das zu Preisen abgeschlossen wird, durch die der Vermittler abgesehen von einer vorab offengelegten Provision, Gebühr oder sonstigen Vergütung weder Gewinn noch Verlust macht.

(30) Direkter elektronischer Zugang im Sinne dieses Gesetzes ist eine Vereinbarung, in deren Rahmen ein Mitglied, ein Teilnehmer oder ein Kunde eines Handelsplatzes einer anderen Person die Nutzung seines Handelscodes gestattet, damit diese Person Aufträge in Bezug auf Finanzinstrumente elektronisch direkt an den Handelsplatz übermitteln kann, mit Ausnahme der in Artikel 20 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Fälle. Der direkte elektronische Zugang umfasst auch Vereinbarungen, die die Nutzung der Infrastruktur oder eines anderweitigen Verbindungssystems des Mitglieds, des Teilnehmers oder des Kunden durch diese Person zur Übermittlung von Aufträgen beinhalten (direkter Marktzugang), sowie diejenigen Vereinbarungen, bei denen eine solche Infrastruktur nicht durch diese Person genutzt wird (geförderter Zugang).

(31) Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind und die ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen Emittenten mit Sitz im Ausland gehandelt werden können.

(32) Börsengehandeltes Investmentvermögen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs, bei dem mindestens eine Anteilsklasse oder Aktiengattung ganztägig an mindestens einem Handelsplatz und mit mindestens einem Market Maker, der tätig wird, um sicherzustellen, dass der Preis seiner Anteile oder Aktien an diesem Handelsplatz nicht wesentlich von ihrem Nettoinventarwert und, sofern einschlägig, von ihrem indikativen Nettoinventarwert abweicht, gehandelt wird.

(33) Zertifikat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das auf dem Kapitalmarkt handelbar ist und das im Falle der durch den Emittenten vorgenommenen Rückzahlung einer Anlage bei dem Emittenten Vorrang vor Aktien hat, aber nicht besicherten Anleiheinstrumenten und anderen vergleichbaren Instrumenten nachgeordnet ist.

(34) Strukturiertes Finanzprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das zur Verbriefung und Übertragung des mit einer ausgewählten Palette an finanziellen Vermögenswerten einhergehenden Kreditrisikos geschaffen wurde und das den Wertpapierinhaber zum Empfang regelmäßiger Zahlungen berechtigt, die vom Geldfluss der Basisvermögenswerte abhängen.

(34a) Make-Whole-Klausel im Sinne dieses Gesetzes ist eine Klausel, die den Anleger schützen soll, indem sichergestellt wird, dass der Emittent im Falle der vorzeitigen Rückzahlung einer Anleihe verpflichtet ist, dem Anleger, der die Anleihe hält, einen Betrag zu zahlen, welcher der Summe des Nettogegenwartwertes der verbleibenden Kuponzahlungen, die bis zur Fälligkeit erwartet werden, und dem Kapitalbetrag der zurückzuzahlenden Anleihe entspricht.

(35) Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3 sowie Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe b.

(36) Warenderivate im Sinne dieses Gesetzes sind Finanzinstrumente im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 30 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(36a) Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind Derivatkontrakte in Bezug auf die Erzeugnisse, die in Artikel 1 und Anhang I Teil I bis XX und XXIV/1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671; L 189 vom 27.6.2014, S. 261; L 130 vom 19.5.2016, S. 18; L 34 vom 9.2.2017, S. 41; L 106 vom 6.4.2020, S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/2220 (ABl. L 437 vom 28.12.2020, S. 1) geändert worden ist, sowie in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/560 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11) geändert worden ist, aufgeführt sind.

(37) Genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(38) (weggefallen)

(39) Genehmigter Meldemechanismus im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigter Meldemechanismus im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(40) Datenbereitstellungsdienst im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
ein genehmigtes Veröffentlichungssystem,
2.
ein genehmigter Meldemechanismus.

(41) Drittlandunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen, das ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wäre, wenn es seinen Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum hätte.

(42) Öffentliche Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Emittenten von Schuldtiteln:

1.
die Europäische Union,
2.
ein Mitgliedstaat einschließlich eines Ministeriums, einer Behörde oder einer Zweckgesellschaft dieses Mitgliedstaats,
3.
im Falle eines bundesstaatlich organisierten Mitgliedstaats einer seiner Gliedstaaten,
4.
eine für mehrere Mitgliedstaaten tätige Zweckgesellschaft,
5.
ein von mehreren Mitgliedstaaten gegründetes internationales Finanzinstitut, das dem Zweck dient, Finanzmittel zu mobilisieren und seinen Mitgliedern Finanzhilfen zu gewähren, sofern diese von schwerwiegenden Finanzierungsproblemen betroffen oder bedroht sind,
6.
die Europäische Investitionsbank.

(43) Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1.
es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine Dauer, die für die Zwecke der Informationen angemessen ist, einsehen kann, und
2.
die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.
Nähere Bestimmungen enthält Artikel 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(43a) Elektronische Form im Sinne dieses Gesetzes ist ein dauerhaftes Medium, das kein Papier ist.

(44) Hochfrequente algorithmische Handelstechnik im Sinne dieses Gesetzes ist ein algorithmischer Handel im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1, der gekennzeichnet ist durch

1.
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder einen direkten elektronischen Hochgeschwindigkeitszugang,
2.
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und
3.
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen.

(45) Zentrale Gegenpartei im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der jeweils geltenden Fassung.

(46) Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, deren durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 200 Millionen Euro betrug. Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 77 bis 79 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(47) Öffentlicher Schuldtitel im Sinne dieses Gesetzes ist ein Schuldtitel, der von einem öffentlichen Emittenten begeben wird.

(48) PRIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.

(49) PRIIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.