A. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche nach einer Schiffskollision geltend.
Der Kläger ist Eigentümer der unter deutscher Flagge fahrenden Segelyacht (SY) „O.“, Registerhafen Hamburg, Schiffstyp Ketsch (Zweimaster), Baujahr 1980, Länge 16,15 m, Breite 4,26 m, max. Verdrängung 17.000 kg. Der Beklagte ist Eigentümer der unter deutscher Flagge fahrenden Segelyacht (SY) „S.“, Registerhafen Nürnberg, Schiffstyp Slup (Einmaster mit Großsegel und Vorsegel), Länge 12,84 m, Breite 4,19 m, max. Verdrängung: 9.550 kg.
Im Juli 2011 befanden sich sowohl der Kläger (mit seiner Ehefrau - der Zeugin G. F. - und seinem Sohn) als auch der Beklagte (mit seiner Ehefrau - der Zeugin C. H. - und seinem Hund) jeweils mit ihren Segelyachten auf Segeltörns auf der Adria vor der kroatischen Küste. Am 28.07.2011 ankerten die Parteien ihre Segelyachten in einem Abstand von ca. 300 - 350 m voneinander in der nach Nordwesten zum Meer geöffneten (vgl. Anlagen K1, K34, K35) Bucht Tiha, Gemeinde Cavtat (ca. 20 km südlich von Dubrovnik), Kroatien.
Im Zusammenhang mit einem Wetterwechsel (Winddrehung auf Nordwest, Wind mit Böen der Windstärke Beaufort 7-8, dies entspricht ca. 30-40 Knoten bzw. ca. 50-75 km/h) kam es am Morgen des 29.07.2011 zu einem Lösen des Ankers der SY S. und in der Folge zu einem Verdriften der SY S. weg von deren Ankerstelle in Richtung der SY O. sowie - ohne dass zuvor der Motor der SY S. gestartet wurde - anschließend zu einer Kollision mit dem Bugbereich der SY O.. Dabei verfing sich die Ankerkette der SY O. im Heckbereich - zwischen Ruderblatt und Propeller - der SY S., so dass deren Motor nicht mehr gestartet werden konnte und die beiden Schiffe nicht mehr voneinander loskamen. Um die Verkettung der Schiffe zu lösen, musste der Kläger seinen Anker kappen; die mit einem Fender gesicherte Ankerkette wurde von ihm später wieder aufgenommen.
Nach dem Vorfall unterzeichneten beide Parteien jeweils eine „Schadensschilderung“ (Anlage B2).
Der Hergang des Vorfalls im Einzelnen sowie die Verantwortlichkeit hierfür sind zwischen den Parteien streitig. Der Kläger sieht diesbezügliche schuldhafte Versäumnisse des Beklagten insbesondere in einer Missachtung der Wetterlage und von Wetterwarnungen, in einer nicht ordnungsgemäßen Verankerung der SY S. sowie unzureichender Überwachung der Verankerung, weiter in nautischem Fehlverhalten nach Losreißen des Ankers, insbesondere im Unterlassen eines unverzüglichen Starts der Maschine oder des Werfens einen Notankers. Im Einzelnen ist streitig,
- ob im Vorfeld - bereits am 28.07.2011 - Wetterwarnmeldungen (vgl. Anlage K36) hinsichtlich der Gefahr heraufziehender Stürme herausgegeben waren, die vom Beklagten miss- achtet wurden (Vortrag des Klägers, Anlagen K15, BK1) oder nicht (Vortrag des Beklagten),
- ob bereits am Abend des 28.07.2011 regnerisches Wetter mit Gewittern herrschte und ein anstehender Wetterwechsel mit der Gefahr heraufziehender Stürme zu befürchten war, was vom Beklagten missachtet wurde (Vortrag des Klägers) oder nicht (Vortrag des Beklagten),
- ob die SY S. des Beklagten ordnungsgemäß, insbesondere mit ausreichend langer Ankerkette, verankert war (Vortrag des Beklagten) oder nicht (Vortrag des Klägers),
- ob die Durchführung einer sog. Ankerwache auf der SY S. geboten war (Vortrag des Klägers) oder ob eine GPS-Überwachung und -warnung für den Fall des Verlassens des Ankerplatzes ausreichend war (Vortrag des Beklagten),
- ob und welche nächtlichen Kontrollmaßnahmen der Beklagte hinsichtlich der Verankerung der SY S. vorgenommen hat,
- ob dem Beklagten nach dem Losreißen der SY S. und deren Verdriften von der Ankerstelle weg vor der Kollision mit der SY O. des Klägers Pflichtverletzungen - insbesondere ein nicht unverzügliches Starten des Motors und damit ein Wiederherstellen der Steuerungsfähigkeit des Schiffes und ein Verhindern von dessen Kollision mit der SY O. - zur Last fallen (Vortrag des Klägers) oder nicht (Vortrag des Beklagten),
- insbesondere, ob der Zündschlüssel für den Motor der SY S. im Zündschloss hätte stecken müssen (Vortrag des Klägers) oder nicht (Vortrag des Beklagten),
- sowie ob die mit dem Holen des Zündschlüssels betraute Ehefrau des Beklagten diesen erst nach Minuten gefunden hat (Vortrag des Klägers) oder nicht (Vortrag des Beklagten), weiter
- ob der Beklagte nach dem Vorfall dem Kläger gegenüber geäußert hat, er habe auf 10 m Wassertiefe 30 m Ankerkette gelassen (Vortrag des Klägers) oder nicht (Vortrag des Beklagten).
Der Kläger beruft sich hinsichtlich von ihm gesehener nautischer Versäumnisse der Besatzung der SY S. insbesondere auf ein diesbezügliches Privatgutachten S. Z. & Partner GmbH (J. W. /M. von M.) (Anlage K18a).
In rechtlicher Hinsicht ist zwischen den Parteien weiter streitig, ob bzw. in welchem Umfang hinsichtlich einzelner Umstände die Grundsätze des Anscheinsbeweises eingreifen.
Die SY O. des Klägers wurde bei dem Vorfall beschädigt. Zwischen den Parteien ist insoweit weiter streitig,
- ob sämtliche Schäden durch die Kollision mit der SY S. sowie das anschließende Kappen und Wiederaufnehmen der Ankerkette entstanden sind, insbesondere weitere Schiffe nicht beteiligt waren (Vortrag des Klägers) oder teilweise auch durch die Kollision mit einer weiteren grünen neuseeländischen Yacht (Vortrag des Beklagten),
- ob die vom Kläger im Einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen jeweils substanziiert dargelegt, zur Schadensbehebung erforderlich sowie ersatzfähig sind.
Der Kläger beruft sich insoweit insbesondere auf Schadensfotos (Anlagen K13, B1), auf ein eingeholtes Privatgutachten (Anlagen K2 und K16) sowie auf eine Vielzahl sonst vorgelegter Urkunden (Anlagen K3-K14, K17-K18, K17a, K20-K32).
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat Beweis erhoben gemäß Verfügung vom 31.03.2014 (Bl. 107-108 d. A.) durch Vernehmung der Zeuginnen G. F. und C. H. am 01.07.2014 (Bl. 111-121 d. A.).
Zur Darstellung des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird ergänzend auf das angefochtene Urteil vom 12.09.2014 (Bl. 143-152 d. A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit diesem Urteil die Klage vollumfänglich abgewiesen, da der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme schuldhafte Pflichtverletzungen des Beklagten nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen habe.
Gegen dieses, ihm am 18.09.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, den 20.10.2014 beim Oberlandesgericht eingegangene und - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - mit am 23.12.2014 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz begründete Berufung des Klägers, mit der dieser sein Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt.
Der Kläger hat zuletzt in der Berufungsinstanz - nach einer Neuberechnung mit geringfügiger Reduzierung des zuvor geltend gemachten Gesamtschadens - folgende Anträge gestellt:
1. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.09.2014, Az. 1 O 7436/12, wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 44.339,59 EUR zu bezahlen nebst Zinsen
- in Höhe von 16%
aus 835,00 EUR seit dem 16.03.2012
aus 9.579,00 EUR seit dem 16.03.2012
aus 3.500,00 EUR seit dem 30.04.2012
aus 9.346,00 EUR seit dem 14.05.2012
aus 9.702,00 EUR seit dem 08.07.2012
- in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins
aus 10.521,84 EUR seit dem 01.06.2012
aus 855,75 EUR seit Rechtshängigkeit am 04.06.2013.
2. Der Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten zu bezahlen in Höhe von 709,60 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit.
3. Hilfsweise,
die Sache an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückzuverweisen.
Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der Berufungsinstanz haben die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.
Der Senat hat keinen Beweis erhoben.
Im Übrigen wird hinsichtlich des beiderseitigen Parteivortrags auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
B. Auf die zulässige Berufung des Klägers ist - entsprechend dem insoweit gestellten Hilfsantrag - das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
I. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch sonst zulässig.
II. Die Klage ist jedenfalls nach Neuberechnung des Gesamtschadens und Formulierung eines entsprechenden, leicht reduzierten Klageantrags zulässig.
Zwar korrelierte die Höhe der ursprünglichen Klageforderung von zuerst 46.313,67 EUR und später 44.449,42 EUR nicht mit der Summe der geltend gemachten Schadensteilbeträge und war diesen nicht zuordenbar. Auf entsprechenden Hinweis des Senats hin hat der Kläger indes mit Schriftsatz vom 13.02.2015 eine Neuberechnung der Klageforderung vorgenommen. Diese als Summe der geltend gemachten Teilbeträge ist nunmehr rechnerisch nachvollziehbar. Diese Teilbeträge sind jetzt auch einzelnen, in der Klageschrift dargelegten Schadenspositionen zuordenbar.
Die Prozessvoraussetzung der ordnungsgemäßen Klageerhebung erfordert eine Individualisierung des Streitgegenstandes. Entsprechende Mängel sind indes auch in der Berufung noch heilbar, wenn der Kläger die in den Vorinstanzen unterlassene Klarstellung seines Klagebegehrens nachgeholt und die Klagesumme ziffernmäßig auf die einzelnen Ansprüche verteilt oder einen Anspruch als Hauptanspruch und die übrigen in ganz bestimmter Reihenfolge als Hilfsansprüche geltend macht. Nachträgliche Abgrenzung und Individualisierung heilen den Mangel rückwirkend ab Klageerhebung (BGH, Urteil vom 03.12.1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192; Urteil vom 08.12.1989 - V ZR 174/88, NJW 1990, 2068; Urteil vom 18.11.1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164; Urteil vom 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urteil vom 19.06.2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718; Urteil vom 17.07.2008 - IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142; Beschluss vom 24.03.2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 - TÜV I m. w. N.; Zöller/Greger, ZPO 31. Aufl. § 253 Rn. 15).
Soweit der Kläger im Rahmen der Neuberechnung des Schadens den zuvor höheren Klageantrag (konkludent) zurückgenommen hat, hat der Beklagte dem zugestimmt.
III. Auf die Berufung des Klägers war das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit gemäß dem insoweit gestellten Hilfsantrag an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
Hinsichtlich des beanspruchten Schadensersatzes kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, ob dem Kläger die klagegegenständlichen Ansprüche zustehen oder nicht. Insoweit ist die Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme erforderlich, die das Landgericht verfahrensfehlerhaft unterlassen hat.
1. Allerdings ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass nach der maßgeblichen Kollisionsnorm in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung) deutsches Recht anwendbar ist, da sowohl der geschädigte Kläger als auch der in Anspruch genommene Beklagte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
2. Im Streitfall kommen damit Schadensersatzansprüche sowohl nach § 823 BGB wie auch nach der in § 735 HGB a. F. i. V. m. §§ 481, 484 HGB a. F. geregelten adjektizischen (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.1957 - II ZR 88/57, BGHZ 26, 152 zur Reederhaftung gemäß § 485 HGB a. F.; Rabe, Seehandelsrecht 4. Aufl. § 735 Rn. 37) Haftung des Reeders in Betracht.
Das Seehandelsrecht (Fünftes Buch HGB) wurde durch das Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts vom 20.04.2013 (BGBl. 2013 Teil I Seite 831) wesentlich geändert. Nach der diesbezüglichen Übergangsvorschrift in Art. 71 Abs. 2 Satz 1 EGHGB sind auf ein im Fünften Buch HGB geregeltes Schuldverhältnis, das vor dem 25.04.2013 entstanden ist, die bis zu diesem Tag geltenden Gesetze weiter anzuwenden. Da der strgg. Unfall bereits 2011 geschehen ist, sind im Streitfall somit noch die Regelungen des Seehandelsrechts (Fünftes Buch HGB) in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Seehandelsrechts vom 20.04.2013 anzuwenden (im Folgenden als HGB a. F. bezeichnet).
Die im Seeverkehr einzuhaltenden Pflichten sind in der „Verordnung zu den Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See - SeeStrOV“ vom 13.06.1977 (BGBl. 1977 Teil I Seite 813) sowie in den in Anlage zu § 1 dieser Verordnung enthaltenen „Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (Kollisionsverhütungsregeln - KVR)“ vom 13.06.1977 (BGBl. 1977 Teil I Seite 816) geregelt. Diese sind (unstreitig) aufgrund völkerrechtlicher Vorgaben seit 08.10.1991 auch in Kroatien in Kraft (vgl. Anlage K14a).
Wesentliche Regelung ist hierbei die (§ 1 StVO vergleichbare) in § 3 Abs. 1 SeeStrOV enthaltene Sorgfaltspflichtregel, nach der sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten hat, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet ist und dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird sowie insbesondere die Vorsichtsmaßregeln zu beachten hat, die Seemannsbrauch oder besondere Umstände des Falles erfordern.
3. Das Landgericht hat jedoch verfahrensfehlerhaft bereits die anzusetzenden Beweismaßstäbe verkannt.
a) Zwar hat es im Ansatz zutreffend richtig angenommen, dass grundsätzlich jede Partei für die ihr günstigen Behauptungen die Darlegungs- und Beweislast trägt. Der Kläger muss deshalb die von ihm vorgetragenen anspruchsbegründenden Tatsachen hinsichtlich einer Pflichtverletzung des Beklagten darlegen und ggf. beweisen. Insoweit unterliegt der Nachweis des Haftungsgrundes gemäß § 286 ZPO den strengen Anforderungen des „Vollbeweises“. Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245).
b) Das Landgericht hat auch die Möglichkeit einer erleichterten Beweisführung nach den Regeln des Anscheinsbeweises gesehen. Ein Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) setzt einen typischen Geschehensablauf voraus, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf ein bestimmtes schuldhaftes Verhalten hinweist und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, dass die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten. Insoweit handelt es sich um einen Nachweis ohne exakte Tatsachengrundlage aufgrund von Erfahrungssätzen. Voraussetzung des Anscheinsbeweises ist allerdings, dass der typische Geschehnisablauf entweder unstreitig oder seitens des Anspruchstellers mit Vollbeweis bewiesen ist. Der vom Beweispflichtigen zu führende Anscheinsbeweis kann vom Gegner durch einen vereinfachten Gegenbeweis erschüttert werden, indem die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs dargelegt und bewiesen wird (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.1987 - IVa ZR 205/85, BGHZ 100, 214; Urteil vom 03.07.1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231; Urteil vom 13.12.2011 - VI ZR 177/10, BGHZ 192, 84; Zöller/Greger, ZPO 31. Aufl. Vor § 284 Rn. 29)
c) Im Bereich der Schifffahrt kann ein Anscheinsbeweis für eine fehlende ausreichende Sicherung eines abtreibenden Schiffes bestehen. Treibt ein Stilllieger ab und richtet er hierbei Schaden an, so besteht zugunsten des Geschädigten ein Anscheinsbeweis dahin, dass der Stilllieger nicht genügend gesichert war (BGH, Urteil vom 24.06.1971 - II ZR 105/69, VersR 1971, 856; OLG Köln TranspR 2001, 405; OLG Köln VersR 2011, 415). Dies gilt grundsätzlich auch bei stürmischer Wetterlage; Sturmwarnungen sind für eine sichere Befestigung zu berücksichtigen (OLG Köln VersR 2011, 415).
Als Stilllieger wird dabei ein Schiff bezeichnet, das vertäut ist (etwa an Uferanlagen oder Dalben), vor Anker liegt, aufgrund liegt oder im Eis festsitzt (Rabe, Seehandelsrecht 4. Aufl. § 735 HGB Rn. 32).
Dieser Anscheinsbeweis kann durch Darlegung der ernsthaften, ebenfalls in Betracht kommenden Möglichkeit entkräftet werden, dass das Abtreiben des Stillliegers durch andere Umstände verursacht worden ist (BGH, Urteil vom 24.06.1971 - II ZR 105/69, VersR 1971, 856). Dafür reicht indes die bloße Denkmöglichkeit, dass ein Schadensereignis auch durch andere Ursachen ausgelöst worden sein kann, nicht aus, sondern es müssen weitere Umstände hinzukommen und gegebenenfalls bewiesen werden, die einen solchen Geschehensablauf als ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit nahe legen (OLG Köln TranspR 2001, 405).
Eine Entkräftung des Anscheinsbeweises ist auch durch den Vollbeweis des Gegenteils, also einer ordnungsgemäßen Befestigung des abgetriebenen Stillliegers, möglich (OLG Köln TranspR 2001, 405; OLG Köln VersR 2011, 415).
d) Im Bereich der Schifffahrt kann ein Anscheinsbeweis auch für ein schuldhaftes nautisches Fehlverhalten bestehen. Bei Kollision eines in Bewegung befindlichen Schiffes mit einem Stilllieger oder Ankerlieger spricht ein Anscheinsbeweis für ein ursächliches Verschulden der Besatzung des in Bewegung befindlichen („anrennenden“) Schiffes (BGH, Urteil vom 21.03.1957 - II ZR 326/55, VersR 1957, 312; Urteil vom 01.02.1982 - II ZR 77/81, VersR 1982, 491; OLG Hamburg VersR 1974, 1200; OLG Naumburg Hamburger Seerechts-Report 2008, 56; Rabe, Seehandelsrecht 4. Aufl. § 735 HGB Rn. 33; jeweils m. w. N.).
Als Ankerlieger wird dabei ein Schiff bezeichnet, das vor Anker liegt bzw. schwoit. Auch vor dem Anker schwoiende Schiffe gelten als nicht in Fahrt befindlich und damit als Stilllieger, da auch ein solches Schiff entweder zeitweilig manövrierunfähig ist oder die zur Abwendung von Kollisionen meist erforderlichen schnellen Manöver nicht ausführen kann (BGH, Urteil vom 24.05.1962 - II ZR 57/61, VersR 1962, 716; Rabe, Seehandelsrecht 4. Aufl. § 735 HGB Rn. 32).
Dieser Anscheinsbeweis kann durch Darlegung der ernsthaften Möglichkeit entkräftet werden, dass die Kollision durch andere Umstände, etwa das Ankern an unerlaubter Stelle im Fahrwasser (OLG Hamburg VersR 1974, 1200) oder die nicht rechtzeitige Erkennbarkeit des angefahrenen Schiffes, insbesondere bei Fehlen vorschriftsmäßiger Beleuchtung (BGH, Urteil vom 01.02.1982 - II ZR 77/81, VersR 1982, 491), verursacht worden ist.
e) Das Landgericht hat „erhebliche Zweifel“ an der Anwendbarkeit entsprechender Anscheinsbeweise geäußert, da sich das Abtreiben der SY S. und deren Kollision mit der SY O. nicht auf einem Binnengewässer, sondern auf dem Meer ereignet haben, die Frage aber letztlich offen gelassen (Seite 8 der Urteilsgründe unter aa). Die Berufung rügt zu Recht, dass der Anscheinsbeweis auch im Seerecht eingreife.
Zwar betrifft die oben zitierte Rechtsprechung weitgehend Sachverhalte, die sich auf Binnenwasserstraßen ereignet haben. Es kann indes für das Bestehen des jeweiligen Anscheinsbeweises keinen Unterschied machen, ob sich das Abtreiben eines Schiffes bzw. die Schiffskollision auf einem Binnengewässer oder auf dem Meer, jedenfalls im ufernahen Bereich wie im Streitfall, ereignet hat. Die Typizität einer Ursache bzw. eines schuldhaften Verhaltens für einen bestimmten Geschehensverlauf ist hier in gleicher Weise zu bejahen. Soweit auf dem Meer - wenn überhaupt - andere Wetterverhältnisse herrschen können, rechtfertigt dies keine Ungleichbehandlung, insbesondere, nachdem der Anscheinsbeweis auf Binnengewässern auch bei stürmischer Wetterlage gilt (siehe oben B III 3 c). Insbesondere muss auch bei den im Streitfall herrschenden Windverhältnissen mit Böen der Windstärke Beaufort 7-8 ein Schiff sicher verankert und vor dem Losreißen des Ankers geschützt werden können; für die sichere Befestigung eines Schiffes sind die Wetterverhältnisse sowie etwaige Sturmwarnungen zu berücksichtigen. Diese Wetterverhältnisse waren auch nicht so ungewöhnlich, dass hiermit nicht gerechnet werden musste; derartige Windverhältnisse sind sogar auf Binnengewässern anzutreffen (vgl. OLG Nürnberg VersR 2009, 1645).
f) Das Landgericht hat weiter verfahrensfehlerhaft ausgeführt, jedenfalls sei ein (etwaiger) Anscheinsbeweis durch die (welche?) Aussage der Zeugin H. und durch das im Unfallzeitpunkt herrschende sehr turbulente Wetter mit Regen, heftigem Wind und heftigem Wellengang erschüttert, weswegen die ernsthafte Möglichkeit bestehe, dass der Anker der SY S. sich nicht wegen unzureichender Befestigung (oder Überwachung) gelöst habe, sondern wegen des stürmischen Wetters (Seite 8 der Urteilsgründe unter bb).
Insoweit verkennt das Landgericht, dass die Aussage der Zeugin F. im Hinblick auf die diametral entgegengesetzte Aussage der Zeugin H. - die vom Landgericht beide in gleichem Maße für glaubwürdig erachtet wurden - für sich bereits zur Widerlegung der genannten Anscheinsbeweise nicht geeignet ist. Die zum Unfallzeitpunkt herrschenden Wetterverhältnisse stehen, wie ausgeführt (siehe oben B II 3 e), der Geltung dieser Anscheinsbeweise nicht entgegen.
Hinsichtlich einer Widerlegung des Anscheinsbeweises für ein schuldhaftes nautisches Fehlverhalten bei Kollision eines in Bewegung befindlichen Schiffes mit einem Ankerlieger (siehe oben B II 3 d) lässt das Landgericht jede Begründung vermissen.
4. Das Landgericht hat gleichfalls verfahrensfehlerhaft gebotene Hinweise nicht erteilt sowie angebotene Beweise nicht erhoben, damit entsprechenden Sachvortrag und Beweisanträge nicht zur Kenntnis genommen, sondern übergangen und auf diese Weise das rechtliche Gehör des Klägers verletzt.
Der Beklagte hatte erstinstanzlich für den Fall eines Eingreifens der diskutierten Anscheinsbeweise explizit um einen gerichtlichen Hinweis gebeten, „da ansonsten Gegenbeweisangebote zu erfolgen hätten“ (Seite 2 des Schriftsatzes vom 28.10.2013 = Bl. 102 d. A.). Richtigerweise wäre ein diesbezüglicher richterlicher Hinweis gemäß § 139 ZPO geboten gewesen, der vom Senat nachgeholt wurde. Das Landgericht wird im weiteren Verfahren den Parteien hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren haben.
Das Landgericht hätte zudem weitergehenden Beweisanträgen der Parteien nachgehen müssen.
a) Insoweit wäre zunächst - im Rahmen der Prüfung einer Pflichtverletzung durch Missachtung von Wetterwarnmeldungen bzw. eines ersichtlichen Wetterumschwungs - eine weitere Beweiserhebung zur Wetterlage am Unfalltag und am Vortag des Unfalls veranlasst gewesen.
Die Argumentation des Landgerichts, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei im Hinblick auf die widersprüchlichen Aussagen der Zeuginnen nicht bewiesen, dass das Wetter am Vorabend bereits auf heftige Stürme schließen ließ (Seite 6 der Urteilsgründe unter a) sowie dass Wetterinformationsquellen Stürme ankündigten (Seite 6 der Urteilsgründe unter b), ist ungenügend. Der Kläger hatte erstinstanzlich hinsichtlich der Wetterlage am Unfalltag und am Vortag Sturmwarnungen des Seewetterinformationssystems NAVTEX (Anlagen K15, BK1) sowie des Amtlichen Seewetteramtes Kroatien vorgelegt und diesbezüglichen Beweisantrag gestellt (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes vom 07.02.2013 = Bl. 39 d. A.; Seite 7 des Schriftsatzes vom 27.05.2013 = Bl. 62 d. A.; Seite 3 des Schriftsatzes vom 30.09.2013 = Bl. 83 d. A.), die Maßgeblichkeit dieses NAVTEX-Seewetterinformationssystems vorgetragen (vgl. Anlage K36) sowie die Einholung einer amtlichen Auskunft des Seewetteramtes in Hamburg und über dieses des kroatischen Seewetteramtes in Split hinsichtlich des Wetters am Unfallort auch bereits am Vortag beantragt (Seite 10 des Schriftsatzes vom 07.02.2013 = Bl. 47 d. A.; Seite 8 des Schriftsatzes vom 27.05.2013 = Bl. 63 d. A.). Auch der Beklagte hat die Einholung eines meteorologischen Sachverständigengutachtens beantragt (Seite 6 des Schriftsatzes vom 17.12.2012 = Bl. 25 d. A.). Diesbezügliche Beweiserhebungen hat das Landgericht ohne Begründung unterlassen.
Eine entsprechende Beweiserhebung wäre insbesondere auch im Hinblick auf die widersprüchlichen Aussagen der vernommenen Zeuginnen erforderlich gewesen, um den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen und damit die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen beurteilen zu können.
b) Weiter wären - im Rahmen der Prüfung einer Pflichtverletzung durch nicht ordnungsgemäße Verankerung der SY S. - diesbezügliche Beweiserhebungen veranlasst gewesen.
aa) Das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Verankerung ist zwischen den Parteien unstreitig; zu den insoweit im Einzelfall zu stellenden Anforderungen wird auf Anlage B3 verwiesen. Danach muss ein für die Untergrundverhältnisse geeigneter Anker verwendet werden. Unstreitig ist hierzu weiter erforderlich, die Ankerkette in ausreichender Länge auszulegen („zu stecken“). Nach in der Sache nicht bestrittenem Vortrag des Klägers soll hierbei erforderlich sein, zur Vermeidung eines Ausbrechens des Ankers aus dem Grund mehr als die 3fache Wassertiefe, nämlich wenigstens die 5-6fache Wassertiefe an Ankerkette zu stecken (Seite 6 des Schriftsatzes vom 13.09.2012 = Bl. 6 d. A.; Seite 6 des Schriftsatzes vom 27.05.2013 = Bl. 61 d. A.), d. h. bei der behaupteten Wassertiefe von 10 m mindestens 50 m Ankerkette.
bb) Das Landgericht hat ausgeführt, im Hinblick auf die Aussage der Zeugin H. sei nicht davon auszugehen, dass der Beklagte hiergegen verstoßen hätte (Seite 7 der Urteilsgründe unter a). Auf die Aussage der Zeugin F. [der Beklagte habe im Gespräch geäußert, er habe (nur) 30 m Ankerkette gesteckt], geht es nicht ein. Ebenfalls geht es nicht auf den Umstand ein, dass die Zeugin H. ausgesagt hatte, der Beklagte sei „vorne an der Ankerkette gestanden“ und sie selbst sei „dann leicht zurückgefahren“. Ausgehend davon, dass sich der Steuerstand, von dem aus die Zeugin zurückgefahren sein will, wohl am Heck der SY S. befand (und die Sicht auf die Ankerkette vom Bug verdeckt war), stellt sich dann die Frage, woher die Zeugin erkannt haben will, wie viele Meter der Ankerkette gesteckt waren. Diesbezügliche Aufklärung hat das Landgericht nicht veranlasst. Von daher war die vorgenommene Beweiswürdigung bereits unzureichend.
cc) Da die SY S. unstreitig abgedriftet ist, weil ihr Anker nicht gehalten hat, spricht der Anscheinsbeweis für eine nicht genügende Sicherung. Es ist deshalb Sache des Beklagten, diesen zu entkräften. Hierfür fehlt es bislang bereits an erforderlichen Darlegungen. Der Beklagte hat weder zur Art des Ankers der Segelyacht S. noch zur Beschaffenheit des Ankergrundes vorgetragen, obwohl der Kläger das Fehlen diesbezüglichen Vortrags ausdrücklich gerügt hatte (Seite 3 des Schriftsatzes vom 07.02.2013 = Bl. 40 d. A.). Die Ordnungsgemäßheit der Verankerung kann so nicht überprüft werden, da nicht jeder Anker für jeden Untergrund geeignet ist (vgl. Anlage B3).
Zudem fehlt es insoweit - auch im Hinblick auf die widersprüchlichen Ausführungen der Zeuginnen - hinsichtlich der erforderlichen Länge der gesteckten Ankerkette an dem vom Beklagten zu führenden Beweis einer ausreichend gesteckten Länge. Es ist vom Beklagten nicht einmal vorgetragen, wie lange die Ankerkette der SY S. überhaupt war. Der Beweisantrag des Beklagten, für die „ordnungsgemäße Sicherung des Bootes“ ein Sachverständigengutachten einzuholen (Seite 5 des Schriftsatzes vom 17.12.2012 = Bl. 24 d. A.; Seite 2 des Schriftsatzes vom 28.10.2013 = Bl. 102 d. A.), ist ins Blaue hinein gestellt und deshalb unbeachtlich, da insoweit kein sachverständig zu beurteilender Sachverhalt feststeht.
dd) Zudem wäre selbst bei einer vom Landgericht möglicherweise gesehenen Beweislast des Klägers dessen entsprechenden weitergehenden Beweisangeboten nachzugehen gewesen. Der Kläger hatte ausdrücklich bezüglich des nautischen Fehlverhaltens des Beklagten die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt (Seite 10 des Schriftsatzes vom 07.02.2013 = Bl. 47 d. A.; Seite 2 des Schriftsatzes vom 02.07.2013 = Bl. 71 d. A.). Die Argumentation des Landgerichts, ein solches Gutachten sei nicht geboten, da kein feststehender Sachverhalt vom Gutachter überprüft werden könne (Seiten 9-10 der Urteilsgründe unter 4) überzeugt nicht. Jedenfalls könnte der (insoweit zumindest sekundär darlegungspflichtige) Beklagte in Anwesenheit des Sachverständigen detailliert die von ihm vorgenommene Verankerung schildern und der Sachverständige dann beurteilen, ob die behauptete Art der Verankerung ausreichend war.
c) Weiter wären - im Rahmen der Prüfung einer Pflichtverletzung durch das Unterlassen einer Ankerwache an Bord der SY S. - diesbezügliche Beweiserhebungen veranlasst gewesen.
aa) Die Ankerwache ist ein Teil der Wache, wenn ein Schiff vor Anker liegt. Sie dient der Sicherheit des Wasserfahrzeuges, der Besatzung und anderer Wasserfahrzeuge. Die Ankerwache trägt hierfür Sorge durch Peilung und Beobachtung der Umgebung. Sie dient insbesondere der Abwendung folgender Gefahren: Durch Wind, Strömung und/oder Seegang kann sich der Anker vom Grund lösen und das Fahrzeug abtreiben. Bei drehenden Winden können unter Umständen auch Hindernisse (Felsen, verlorene Container, andere ankernde Fahrzeuge etc.) im Schwojkreis zur Gefahr werden. Nicht immer sind andere Rudergänger aufmerksam, so dass sie ein ankerndes Fahrzeug rechtzeitig erkennen. Die Ankerwache stellt daher durch Augenlicht und ggf. Radar Kollisionskurse mit anderen Fahrzeugen fest. Die Ankerwache ist verpflichtet, durch Alarmierung Gefahren vom Schiff und dessen Besatzung abzuwenden, z. B. durch ein neues Ankermanöver. Hierbei müssen nachts Teile der Besatzung geweckt werden, um die Manöver durchzuführen. Ankerwachen sind vor allem in der Seeschifffahrt üblich bzw. vorgeschrieben.
bb) Der Kläger hatte vorgetragen und unter Sachverständigenbeweis gestellt, dass, insbesondere im Hinblick auf die Wetterlage und auf Wetterwarnungen, eine Ankerwache geboten gewesen sei; die vom Beklagten allein vorgenommene Überwachung der Ankerposition mittels GPS sei nicht ausreichend gewesen. Bei Durchführen einer solchen Ankerwache hätte der Beklagte das Verdriften der SY S. alsbald erkennen und eine Kollision mit der SY O. verhindern können (Seiten 6, 9-10 des Schriftsatzes vom 13.09.2012 = Bl. 6, 9-10 d. A.; Seiten 4, 10 des Schriftsatzes vom 07.02.2013 = Bl. 41, 47 d. A.; Seite 2 des Schriftsatzes vom 02.07.2013 = Bl. 71 d. A.; Seite 5 des Schriftsatzes vom 30.09.2013 = Bl. 85 d. A.). Der Beklagte hat lediglich eine Überwachung des Ankerplatzes mittels GPS vorgetragen (Seite 3 des Schriftsatzes vom 17.12.2012 = Bl. 22 d. A.).
Das Landgericht hat ausgeführt, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Hinblick auf die widersprüchlichen Aussagen der Zeuginnen nicht bewiesen sei, dass das Wetter am Vorabend bereits auf heftige Stürme schließen ließ sowie dass Wetterinformationsquellen Stürme ankündigten, sei auch die Notwendigkeit einer Ankerwache nicht nachgewiesen (Seite 7 der Urteilsgründe unter b). Im Hinblick auf die Aussage der Zeugin H., der Beklagte sei in der Nacht an Deck gewesen und habe Wetter und Anker überprüft, sei auch eine nicht ordnungsgemäße Überwachung nicht nachgewiesen (Seite 7 der Urteilsgründe unter d).
Auch diese Beweiswürdigung war unzureichend und rechtsfehlerhaft. Hinsichtlich der Wetterlage am Vorabend des Unfallgeschehens sowie etwaiger Unwetterwarnungen wäre eine weitergehendere Beweiserhebung erforderlich gewesen (siehe oben B III 4 b aa). Stehen nach entsprechender Beweisaufnahme eine bestimmte Wetterlage bzw. entsprechende Wetterwarnungen fest, wäre weiter Beweis zu erheben, ob in dieser konkreten Wettersituation eine Überwachung des Ankerplatzes mittels GPS ausreichend war oder eine Ankerwache geboten war. Insoweit haben sowohl der Beklagte (Seite 5 des Schriftsatzes vom 17.12.2012 = Bl. 25 d. A.) als auch der Kläger (Seite 5 des Schriftsatzes vom 30.09.2013 = Bl. 85 d. A.; Seite 3 des Schriftsatzes vom 06.08.2014 = Bl. 124 d. A.) für ihren jeweiligen Sachvortrag die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.
Hinsichtlich der in der Nacht durchgeführten Kontrollmaßnahmen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts gleichfalls unzureichend. Die Zeugin H. hat zwar bekundet, der Beklagte habe in der Nacht „nochmal geschaut, ob alles in Ordnung ist. Vor allem wie das Wetter ist und ob die Abstände noch passen.“ Dies konnte sie indes nicht aus eigener Wahrnehmung bestätigen, da sie weiter ausführte, nicht dabei gewesen zu sein. Die Zeugin H. hat zudem ausweislich ihrer protokollierten Aussage nicht geäußert, dass der Beklagte den Anker überprüft habe, wie das Landgericht behauptet.
cc) Selbst bei einer vom Landgericht möglicherweise gesehenen Beweislast des Klägers hätte das Gericht auch hier dessen entsprechenden weitergehenden Beweisangeboten nachgehen müssen. Der Kläger hatte ausdrücklich bezüglich des nautischen Fehlverhaltens des Beklagten die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt (Seite 10 des Schriftsatzes vom 07.02.2013 = Bl. 47 d. A.; Seite 2 des Schriftsatzes vom 02.07.2013 = Bl. 71 d. A.). Auch insoweit überzeugt die Argumentation des Landgerichts, ein solches Gutachten sei nicht geboten, da kein feststehender Sachverhalt vom Gutachter überprüft werden könne (Seiten 9-10 der Urteilsgründe unter 4) nicht, da zumindest der (insoweit jedenfalls sekundär darlegungspflichtige) Beklagte in Anwesenheit des Sachverständigen detailliert die behaupteten Überwachungsmaßnahmen sowie die GPS-Überwachung schildern könnte. Auf dieser Grundlage sowie auf Basis vorliegender weiterer Wetterauskünfte könnte dann ein Sachverständiger beurteilen, ob die behauptete Art der Überwachung ausreichend war.
d) Weiter wären - im Rahmen der Prüfung einer Pflichtverletzung durch das Unterlassen von Maßnahmen zur Verhinderung einer Kollision nach Beginn des Verdriftens der SY S., insbesondere des unverzüglichen Startens des Motors zur Wiederherstellung der Steuerungsfähigkeit des Schiffes - diesbezügliche Beweiserhebungen veranlasst gewesen.
aa) Das Landgericht hat ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es nicht davon überzeugt, dass der Beklagte das „Losreißen“ seines Ankers zu spät bemerkt oder nicht schnell genug reagiert habe; hierbei hat es wesentlich auf die Aussage der Zeugin H. abgestellt (Seiten 8-9 der Urteilsgründe unter 3).
bb) Auch diese Beweiswürdigung ist ungenügend und rechtsfehlerhaft.
Da von einem Anscheinsbeweis hinsichtlich eines kollisionsursächlichen Verschuldens der Besatzung der in Bewegung befindlichen, mit der vor Anker liegenden SY O. kollidierenden SY S. auszugehen ist, ist es Sache des Beklagten, diesen zu entkräften (siehe oben B III 3 d). Soweit das Landgericht insoweit meint, es fehle schon am Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung, ist dies unverständlich; nicht der Kläger hat einen entsprechenden Nachweis zu führen, vielmehr hat der Beklagte den Anscheinsbeweis zu entkräften. Soweit das Landgericht weiter meint, der Anscheinsbeweis sei wegen der extrem heftigen Wetterverhältnisse entkräftet, da wegen des Windes mit erheblichem Wellengang die ernsthafte Möglichkeit bestanden habe, dass auch das sofortige Starten des Motors der Segelyacht S. den Zusammenstoß nicht verhindert hätte, ist diese Würdigung nicht nachvollziehbar. Stürmische Wetterverhältnisse sind zur Entkräftung des Anscheinsbeweises bereits nicht geeignet (siehe oben B III 3 e).
cc) Jedenfalls waren die beiden Schiffe unstreitig 300 - 350 m voneinander entfernt verankert. In diesem Fall erschließt sich nicht, dass ein Verdriften mit der Folge einer Kollision derart schnell erfolgen soll, dass nicht einmal der Motor des verdriftenden Schiffes gestartet werden könnte. Der Kläger behauptet - vom Beklagten in der Sache nicht bestritten - mit der Berufung ein Verdriften mit maximal 4 km/h, so dass es frühestens 5 min nach Beginn des Verdriftens zur Kollision gekommen sein könne (Seiten 17-18 des Schriftsatzes vom 23.12.2014 = Bl. 192-193 d. A.). Dass ein Segelschiff mit eingeholten Segeln und über Grund treibendem Anker nicht sonderlich schnell verdriften kann, leuchtet ein. Von daher bestehen ernsthafte Zweifel an der Annahme des Landgerichts, die Kollision habe unvermeidbar sein können. Es besteht vielmehr die nahe liegende weitere Möglichkeit, dass die Schiffsbesatzung der SY S. das Verdriften zu spät bemerkt hat, nämlich erst unmittelbar vor der Kollision mit der SY O. (möglicherweise bedingt dadurch, dass evtl. der GPS-Alarm zu spät ausgelöst hat).
Insoweit fehlt es bereits an erforderlichen Darlegungen des Beklagten zur Entkräftung des Anscheinsbeweises, etwa zur Unmöglichkeit, vor der Kollision erneut Anker zu setzen, einen Notanker zu werfen oder den Motor zu starten, um damit die Steuerungsfähigkeit der SY S. wiederherzustellen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Umstandes, dass der Zündschlüssel zum Schiffsmotor nicht im Zündschloss steckte, sondern erst unter Deck geholt werden musste (wobei offen bleiben kann, wie lange dieser Holvorgang dauerte). Ob dem Einwand des Beklagten, wegen Gefahr der Piraterie habe der Zündschlüssel abgezogen werden dürfen, zu folgen ist, bedarf zudem der weiteren Klärung.
e) Auch der Umfang des dem Kläger entstandenen Schadens ist völlig ungeklärt; das Landgericht hat hierzu, aus seiner Sicht folgerichtig, keine Feststellungen getroffen. Falls die noch vorzunehmende Beweisaufnahme einen Schadensersatzanspruch des Klägers dem Grunde nach rechtfertigt, wäre insoweit weitergehend Beweis zu erheben.
5. Die Berufung des Klägers erhebt zu Recht die Verfahrensrüge der unterbliebenen Beweiserhebung. Das Übergehen des entsprechenden Sachvortrags und Beweisangebots des Klägers wie auch des Beklagten stellt zugleich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und damit einen wesentlichen Verfahrensmangel (im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) dar. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen (BVerfG NJW 2000, 131) und erhebliche Beweisantritte zu berücksichtigen (BVerfG NJW 2005, 1487 und NJW 1991, 285, 286). Die Nichtberücksichtigung eines entscheidungserheblichen Beweisangebotes verletzt den Anspruch der betroffenen Partei auf rechtliches Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfGE 50, 32, 36; 60, 250, 252; 65, 305, 307; 69, 141, 144; BGH, Beschluss vom 11.07.2007 - IV ZR 112/05).
Das angefochtene Urteil stellt zudem eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar, weil das Landgericht hierin ohne entsprechenden vorherigen Hinweis ohne weitere Beweiserhebung in der Sache entschieden hat.
6. Der Rechtsstreit war deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils auf entsprechenden (Hilfs-)Antrag des Klägers an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen, da das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist.
Nach § 538 Abs. 1 ZPO hat zwar grundsätzlich das Berufungsgericht die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. Die Entscheidung zwischen der Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO und der eigenen Sachentscheidung gemäß § 538 Abs. 1 ZPO steht im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Zurückverweisung in der Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits und zu weiteren Nachteilen führt und dies den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann (BGH, Urteil vom 10.03.2005 - VII ZR 220/03). Im vorliegenden Fall steht jedoch diesem maßgeblichen Gesichtspunkt der Prozessökonomie entgegen, dass eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme erforderlich wird und der mit einer Zurückverweisung verbundene zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand bei Abwägung gegen den Verlust einer Tatsacheninstanz hier ausnahmsweise zurücktritt.
Das Landgericht wird zunächst aufgrund des vom Senat erteilten Hinweises zur Geltung des Anscheinsbeweises den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen haben. Sodann wird es - ggf. unter Berücksichtigung neuen Sachvortrags - gemäß den entsprechenden Beweisangeboten eine weitere Klärung der Wetterlage, etwaiger Wetterwarnmeldungen sowie eines etwaigen nautischen Fehlverhaltens des Beklagten durch Missachtung von Wetterwarnmeldungen bzw. eines ersichtlichen Wetterumschwungs, durch nicht ordnungsgemäße Verankerung des SY S., durch Unterlassen einer Ankerwache sowie durch Unterlassen kollisionsverhindernder Maßnahmen nach Beginn des Verdriftens der SY S. zu prüfen haben (vgl. die obigen Ausführungen unter B III 4). In diesem Zusammenhang wird das Landgericht aufgrund der Ergebnisse der weiteren Beweiserhebung auch erneut die Glaubwürdigkeit der bereits vernommenen Zeuginnen zu beurteilen haben.
Das Landgericht wird sodann unter Berücksichtigung des Ergebnisses der noch ausstehenden Beweisaufnahme im Rahmen der Beweiswürdigung die Frage des Bestehens eines Schadens- ersatzanspruchs des Klägers dem Grunde nach zu entscheiden haben. Bei Bejahung dieses Umstandes wird es ggf. (zur Klärung der Höhe der dann in Betracht kommenden Ansprüche) weitere Beweise zu erheben haben.
Bei dieser Sachlage, insbesondere im Hinblick auf die Komplexität des Sachverhalts, die Schwierigkeit der Beweiserhebung sowie die Problematik der Aufklärung und Nachvollziehbarkeit seemännischer Sachverhalte scheint die Zurückverweisung sachdienlich, da das Interesse an einer schnellen Entscheidung nicht gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz überwiegt.
Der Rechtsstreit war deshalb gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
IV. 1. Die Kostenentscheidung bleibt, auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens, der Endentscheidung vorbehalten.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
2. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine solche wäre lediglich dann anzunehmen, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwerfen würde, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat. Dies ist nicht der Fall.
Die Fortbildung des Rechts erfordert keine höchstrichterliche Entscheidung. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht geboten; widersprüchliche Entscheidungen zu den maßgeblichen Rechtsfragen liegen nicht vor.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.