Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 22. Sept. 2014 - 1 Ws 276/14
Gericht
Principles
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Sicherungsverwahrten gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 02.06.2014 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Ergänzend zur Begründung des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer bemerkt der Senat:
a) Das Gutachten des Sachverständigen Dr. N... vom 20.12.2013 bildet eine ausreichende und tragfähige Grundlage. Es entspricht den Anforderungen, die an die Erstellung von Prognosegutachten zu stellen sind. Behauptete Unrichtigkeiten bei der vorangegangenen Begutachtung wurden im letzten Prüfungsverfahren geklärt und größtenteils widerlegt. Der 2. Strafsenat hat die Ausführungen des Sachverständigen überprüft und, da sie sich jedenfalls nach ergänzender Stellungnahme des Sachverständigen als zutreffend und überzeugend erwiesen haben, seinem Beschluss vom 14.03.2013 (Az.: 2 Ws 400/12) zugrunde gelegt. Die nunmehrige Begutachtung gibt das vorangegangene Gutachten nicht einfach wortgleich wieder, wie die Beschwerdebegründung vorträgt, sondern führt dieses unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Entwicklung fort. Dass sich im Ergebnis keine positivere Beurteilung ergeben hat, liegt alleine daran, dass sich seitdem die relevanten Umstände nicht zugunsten des Sicherungsverwahrten geändert haben, insbesondere dass der Sicherungsverwahrte hinsichtlich angebotener Therapien eine Verweigerungshaltung einnimmt und auch keine sonstigen ihm günstigen Erkenntnisse aus einer persönlichen Exploration gewonnen werden konnten, die er ebenfalls verweigert hat.
b) Unerheblich ist, worauf die fehlerhafte Ausführung im angefochtenen Beschluss zurückzuführen ist, wonach am 28.03.2014 auch der Verurteilte mündlich angehört worden sei. Zum einen hat sich die Strafvollstreckungskammer in der Begründung ihrer Entscheidung an keiner Stelle auf angebliche Äußerungen des Sicherungsverwahrten in diesem Anhörungstermin oder den dabei gewonnenen persönlichen Eindruck vom Sicherungsverwahrten gestützt. Zum anderen entscheidet der Senat jetzt als Tatsacheninstanz in der Sache selbst und misst dem genannten Umstand für das Ergebnis vorliegender Entscheidung keine Bedeutung zu.
c) Schließlich ist die Sicherungsverwahrung auch nicht deshalb zu beenden, weil dem Sicherungsverwahrten keine ausreichenden Therapieangebote unterbreitet worden seien und der weitere Vollzug der Sicherungsverwahrung deshalb unverhältnismäßig sei. Der Sicherungsverwahrte lehnt nämlich in der Sicherungsverwahrungseinrichtung generell alle Angebote ab und verlangt - jetzt erstmals - eine Therapie außerhalb dieser Einrichtung. Das hinsichtlich der Teilnahme an Therapien widersprüchliche Verhalten des Sicherungsverwahrten hat bereits der 2. Strafsenat in seinem Beschluss vom 14.03.2013 (Az.: 2 Ws 400/12) eindrucksvoll dargestellt. Der Sicherungsverwahrte trägt keine substantiellen Gründe vor, warum die Therapie in der Sicherungsverwahrungseinrichtung nicht und diejenige außerhalb dieser Einrichtung für ihn besser geeignet sei bzw. warum das Vertrauen gegenüber der Einrichtung erschüttert sei. Da die Sicherungsverwahrungseinrichtung selbst über ausreichendes und qualifiziertes Personal verfügt, hat der Sicherungsverwahrte grundsätzlich an den dort angebotenen Therapien teilzunehmen. Ein Anspruch auf therapeutische Behandlung außerhalb dieser Einrichtung ist allenfalls ausnahmsweise in ganz besonders gelagerten Einzelfällen anzuerkennen. Dies erfordert jedoch eine detaillierte und nachvollziehbare Begründung durch den Sicherungsverwahrten.
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Annotations
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.
(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.