Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 15. Jan. 2019 - 1 OLG 8 Ss 169/18

published on 15/01/2019 00:00
Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 15. Jan. 2019 - 1 OLG 8 Ss 169/18
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Amtsgericht Nürnberg, 44 Ds 419 Js 65519/16 (2), 28/02/2018

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28.02.2018 mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts Nürnberg zurückverwiesen.

Gründe

I.

Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 02.02.2017 wurde der Angeklagte wegen Hehlerei zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15,00 € verurteilt. Dieses Urteil hat der Senat mit Beschluss vom 14.06.2017 auf die Revision des Angeklagten mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts Nürnberg zurückverwiesen.

Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28.02.2018 wurde der Angeklagte sodann wegen versuchter Hehlerei zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15,00 € verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers ... vom 07.03.2018, eingegangen beim Amtsgericht Nürnberg am selben Tage, das Rechtsmittel der Berufung eingelegt. Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg wurde am 18.04.2018 an den Verteidiger zugestellt, woraufhin der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 18.05.2018, eingegangen bei Gericht am selben Tage, von der Berufung auf eine Revision überging und diese im selben Schriftsatz auch begründete. Die Sachrüge begründete ergänzend der weitere Verteidiger ... mit Schriftsatz vom 21.06.2018. Zum Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 31.08.2018 äußerten sich die Verteidiger mit Schriftsätzen vom 20.09.2018 (Rechtsanwalt ...) und vom 24.10.2018 (Rechtsanwalt ...). Auf die jeweiligen Ausführungen wird Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 333, 335, 337, 341 Abs. 1, 344, 345 Abs. 1 StPO zulässige Revision hat mit der erhobenen Verfahrensrüge zu § 231 Abs. 2 StPO Erfolg. Es liegt ein absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 5 StPO vor, da der Angeklagte im Termin vom 02.02.2018 vorschriftswidrig abwesend war.

Die Generalstaatsanwaltschaft ging in ihrem Vorlageschreiben vom 31.08.2018 vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers aus, da angesichts des vom Angeklagten vorgelegten Attests des Dr. ... vom 01.02.2018 nicht von einem unerlaubtem Fernbleiben des Angeklagten im Termin vom 02.02.2018 ausgegangen werden könne. Dem schließt sich der Senat an.

Darüber hinausgehend erachtet der Senat den Revisionsvortrag, in Abwesenheit des Angeklagten sei die Verhandlung mit einer Zeugenvernehmung fortgesetzt worden, ausreichend für die Feststellung, dass der Angeklagte in einem wesentlichen Teil der Hauptverhandlung abwesend war, nachdem die Beweisaufnahme einen wesentlichen Teil der Hauptverhandlung darstellt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 338 Rn. 37). Darauf, worüber der Zeuge vernommen wurde, und ob seine Aussage in die Urteilsgründe eingegangen ist, kommt es nicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 21.08.2018, 2 StR 172/18, Rn. 6, zitiert nach juris). Das Gericht hätte am 02.02.2018 die Beweisaufnahme nicht ohne den Angeklagten durchführen dürfen.

Deswegen ist das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28.02.2018 auf die Revision des Angeklagten mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Das widerrufene Geständnis des Angeklagten vom 02.02.2017 kann im Rahmen einer Beweisaufnahme verwertet werden. Wird ein Urteil, das sich im Rahmen des zugesicherten Verständigungsrahmens bewegt, einzig vom Angeklagten angefochten, ist dieser zureichend durch das Verschlechterungsverbot geschützt. Ein Verwertungsverbot bezüglich seines Geständnisses besteht dann nicht (vgl. Moldenhauer/Wenske in: Karlsruher Kommentar, 7. Aufl., § 257 c Rn. 38). Dieses kann auch nach § 254 StPO verlesen werden.

Zur Strafbarkeit wegen Hehlerei kommt es auf den Zeitpunkt des sportlichen Ereignisses an, auf das gewettet wurde:

Lag dieses Ereignis sowohl nach dem Einbruchsdiebstahl als auch nach jenem Zeitpunkt, in dem sich der Angeklagte den Wettschein verschafft hatte, so liegt eine vollendete Hehlerei vor. Denn bis zu jenem Ereignis verbriefte der Wettschein einen aufschiebend bedingten Anspruch (§ 808 BGB) und hatte dadurch einen gewissen Wert. Folglich war der Einbruch dann eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat - das Einbruchsopfer erlitt einen Vermögensschaden - und der Angeklagte hat sich die durch jene Tat erlangte Sache verschafft, vorausgesetzt, der Angeklagte hatte bereits eine vom Vortäter unabhängige Verfügungsgewalt.

In allen anderen Fällen hat sich der Angeklagte eines Versuches der Hehlerei schuldig gemacht. Dies jeweils schon durch das Sichverschaffen des Wettscheins und nicht erst durch das versuchte Einlösen. Letzteres lässt sich zwar als weitere Versuchshandlung betrachten, sowohl als versuchtes Absetzen (vgl. zu einem Scheck OLG Zweibrücken OLGSt § 257 Nr. 1, S. 2) als auch als versuchtes Drittverschaffen. Diese Versuchshandlung verschmilzt aber mit dem vorausgegangenen Sichverschaffen zu einer Tat im Rechtssinne (vgl. Walter in LK, 12. Aufl., § 259 Rn. 106 m.w.N.).

Es handelt sich jeweils um einen untauglichen Versuch. Am deutlichsten, wenn schon zum Zeitpunkt des Einbruchs das Sportereignis stattgefunden hatte, denn dann war der Wettschein bereits zu jener Zeit wertlos und sein Diebstahl mithin keine gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat (vgl. Walter, a.a.O., Rn. 17).

Ferner ist der Wettschein selbst in den Blick zu nehmen. Nachdem dieser im Original dem Verfahren nicht zur Verfügung steht, ist von Interesse, welche (aufgedruckten) Informationen der Wettschein selbst enthielt und welche Fakten erst durch dessen elektronische Prüfung im Wettbüro offenbar wurden. Welche maximale Gewinnchance hat im Übrigen ein entsprechender Wettschein?

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Lastenausgleichsgesetz - LAG

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 21/08/2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 172/18 vom 21. August 2018 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. ECLI:DE:BGH:2018:210818B2STR172.18.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Gene
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

Gegen die Urteile der Strafkammern und der Schwurgerichte sowie gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte ist Revision zulässig.

(1) Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden.

(2) Über die Revision entscheidet das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt worden wäre.

(3) Legt gegen das Urteil ein Beteiligter Revision und ein anderer Berufung ein, so wird, solange die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist, die rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form eingelegte Revision als Berufung behandelt. Die Revisionsanträge und deren Begründung sind gleichwohl in der vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis 347). Gegen das Berufungsurteil ist Revision nach den allgemein geltenden Vorschriften zulässig.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Der erschienene Angeklagte darf sich aus der Verhandlung nicht entfernen. Der Vorsitzende kann die geeigneten Maßregeln treffen, um die Entfernung zu verhindern; auch kann er den Angeklagten während einer Unterbrechung der Verhandlung in Gewahrsam halten lassen.

(2) Entfernt der Angeklagte sich dennoch oder bleibt er bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden, wenn er über die Anklage schon vernommen war, das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet und er in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass die Verhandlung in diesen Fällen in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden kann.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Erklärungen des Angeklagten, die in einem richterlichen Protokoll oder in einer Bild-Ton-Aufzeichnung einer Vernehmung enthalten sind, können zum Zweck der Beweisaufnahme über ein Geständnis verlesen beziehungsweise vorgeführt werden.

(2) Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder behoben werden kann.

(1) Wird eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, dass die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen.

(2) Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so kann sie, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Die in § 802 für die Verjährung gegebenen Vorschriften finden Anwendung.