Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 08. Juni 2012 - 2 Ws 96/12
Gericht
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers wird als unbegründet verworfen, soweit er die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät und den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher zurück zu buchen.
2. Im Übrigen werden der Beschluss des Landgerichts Stendal vom 5. März 2012 und der Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. März 2011 aufgehoben.
3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät, den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher und das in seinem Besitz befindliche Radiogerät in Höhe von insgesamt 120,00 € sowie das vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchte Entgelt für einen Kabelanschluss in Höhe von insgesamt 21,00 € zurück zu buchen.
4. Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers in beiden Rechtszügen.
5. Der Gegenstandswert wird auf 169,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt B.. Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer nutzt er mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum seit September 2010 ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher sowie seit Januar 2011 ein Radio. Vor Erteilung der Erlaubnisse hatte der Antragsteller eine „Belehrung“ unterzeichnet, wonach Gefangene eine monatliche Energiekostenpauschale von jeweils 2,00 € für die Nutzung von Fernsehgeräten, Radios, Kaffeemaschinen usw. zu entrichten haben und der Antrag auf Erteilung einer Nutzungserlaubnis zugleich das Einverständnis mit der Abbuchung des Geldbetrages beinhalte. Ohne Einverständniserklärung lehnt die Antragsgegnerin die Nutzung von Elektrogeräten in den Hafträumen der Strafgefangenen ab. Seit der Erlaubniserteilung bucht die Antragsgegnerin am 10. eines jeden Monats für jedes Gerät 2,00 € und seit Januar 2011 für den Kabelempfang 1,50 € von Hausgeld des Antragstellers ab.
- 2
Am 13. März 2011 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Rückbuchung der abgebuchten Stromkostenpauschalen und ferner des Entgelts für den Kabelanschluss. Die Nutzung der drei Geräte zähle zum Grundbedarf eines Strafgefangenen und sei kostenfrei.
- 3
Den Antrag hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21. März 2011 abgelehnt und ihre Entscheidung auf die Allgemeinverfügung (AV) des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 - (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) gestützt. Gemäß der AV sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme. Nach Ansicht der Antragsgegnerin zählten die vom Antragsteller betriebenen Geräte nicht zum Grundbedarf. Die Beteiligung sei angemessen. Ausführungen zum Entgelt für den Kabelanschluss enthält der Bescheid nicht.
- 4
Mit dem am 29. März 2011 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 22. März 2011 hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung angebracht, mit dem er die Aufhebung der behördlichen Entscheidung und die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die Beträge zurück zu buchen. Für die Erhebung von Stromkosten bestünde keine Rechtsgrundlage. Es sei unzulässig, die Erlaubnis zum Besitz von Elektrogeräten von der Einwilligung eines Strafgefangenen in die Zahlung der Stromkosten abhängig zu machen.
- 5
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung die Ausführungen aus dem angegriffenen Bescheid konkretisiert und vertieft sowie zu dem Kabelanschluss ausgeführt, dass keine Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) erhoben werde.
- 6
Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag am 5. März 2012 als unzulässig verworfen, soweit der Antragsteller die Rückbuchung der Belastungen bis zum März 2010 begehrt hat. Im Übrigen hat die Kammer den Bescheid vom 21. März 2011 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antrag auf Rückbuchung neu zu bescheiden. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom für die im Haftraum genutzten Geräte. Allerdings belegten weder die AV noch der Vortrag der Antragsgegnerin, wie die Pauschale bestimmt worden sei; sie sei deshalb nicht nachzuvollziehen. Die Pauschale entspräche nicht den eigenen Vorgaben einer angemessenen Kostenbeteiligung. Die Kammer hat für ein Fernseh- und ein Radiogerät sowie einen Wasserkocher aufgrund des von der Antragsgegnerin zu entrichtenden Entgelts von 0,18 Cent je Kilowattstunde Vergleichrechnungen durchgeführt. Danach liegen die monatlichen Stromkosten für die genannten Geräte mit 1,53 € für ein Fernsehgerät, 0,23 € für ein Radiogerät und 1,37 € für einen Wasserkocher deutlich unter den von der Antragsgegnerin veranschlagten 2,00 € je Gerät. Hinsichtlich des Entgelts für den Kabelanschluss sei bei der Neubescheidung zu berücksichtigen, dass dieser nach dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht erhoben werde.
- 7
Gegen die ihm am 9. März 2012 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde vom 4. April 2012.
- 8
In ihrer Gegenerklärung vom 23. April 2012 hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass alle entscheidungsrelevanten Tatsachen von der Strafvollstreckungskammer zutreffend gewürdigt worden seien. Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt erachtet die Rechtsbeschwerde für unzulässig i.S.d. § 116 Abs. 1 StVollzG. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die kostenfreie Bereitstellung von Strom in seinem Haftraum. Er werde durch die Antragsgegnerin entsprechend dem gesetzlichen Maßstab umfassend versorgt. Die AV werde gegenwärtig in Anlehnung an die gegenwärtige Rechtsprechung auf Nachvollziehbarkeit und Angemessenheit überprüft.
II.
1.
- 9
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zu den Anforderungen an die Bestimmung einer angemessenen Beteiligung an den Energiekosten für im Haftraum genutzte Elektrogeräte Stellung zu nehmen und die hierzu bereits aufgestellten Leitsätze zu festigen und zu konkretisieren.
2.
a)
- 10
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das Fernsehgerät und den Wasserkocher zurück zu buchen.
- 11
Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen ab Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe eingelegt werden. Ohne schriftliche Bekanntgabe oder bei Erlass eines Realaktes kann in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 3 StVollzG der Antrag nur bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden (OLG Frankfurt/M. NJW 2003, 2843, 2844; OLG Jena bei Matzke NStZ 2001, 414; Schuler/ Laubenthal a.a.O., § 112 Rn. 2; Arloth, StVollzG, 3.Aufl., § 109 Rn. 3; Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 112 Rn. 1). Gesonderte schriftliche Bescheide über die Abbuchungen sind nicht ergangen. Ausgehend von der nicht zu beanstandeten landgerichtlichen Feststellung, dass die Abbuchungen jeweils am 10. eines Monats erfolgten, war die Frist bei Antragstellung bis einschließlich März 2010 abgelaufen.
b)
- 12
Die Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, die von seinem Hausgeld im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten zurück zu buchen.
aa)
- 13
Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) werden die Rechte der Strafgefangenen in Sachsen-Anhalt bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes weiterhin durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt (§ 125 a Abs. 1 GG). Das Strafvollzugsgesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten.
- 14
Auch ohne gesetzliche Regelung oder Ermächtigung ist es grundsätzlich zulässig, Strafgefangene auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an den Stromkosten für die Nutzung solcher Elektrogeräte zu beteiligen, deren Nutzung nicht zu dem Grundbedarf gehört, der einem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt kostenfrei zu gewähren ist. Der rechtliche Ansatz des Landgerichts zur Kostenbeteiligung des Antragstellers entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach neben den Haftkosten für Unterkunft und Verpflegung für Leistungen der Vollzugseinrichtung, die über den Grundbedarf des Strafgefangenen hinausgehen - wie die Stromversorgung im Haftraum genutzter elektrischer Geräte - Pauschalbeiträge in angemessenem Umfang erhoben werden können, wenn die jeweilige Leistung nicht zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung keinem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (OLG Celle NStZ 2005, 288; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; 2006 179; OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Nürnberg Forum Strafvollzug 2009, 40; OLG Dresden StV 2008, 89; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; Arloth a.a.O., § 50 Rn. 2). Die Geltendmachung von Stromkosten über die Grundversorgung hinaus entspricht auch den grundsätzlichen Prinzipien des Strafvollzugsgesetzes, insbesondere dem Angleichungsgrundsatz des § 3 StVollzG.Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Ansicht (Calliess/Müller-Dietz a.a.O., § 19 Rn. 7 m.w.N.; Kellermann/Köhne in: AK-StVollzG, 6. Aufl., § 19 Rn. 7 und Däubler/Spaniol in AK-StVollzG, § 50 Rn. 13ff.; Köhne NStZ 2009, 130, 133), auf die der Antragsteller seine Rechtsbeschwerde stützt, folgt der Senat nicht.
- 15
Nicht anderes folgt daraus, dass nunmehr in den Strafvollzugsgesetzen der Länder Bayern (Art. 73 BayStVollzG), Hamburg (§ 49 Abs. 3 HambStVollzG), Hessen (§ 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG) und Niedersachsen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG) eine Beteiligung der Strafgefangenen an den Strom- und Betriebskosten für von ihnen genutzten Elektrogeräte, die über den Grundbedarf hinausgehen, gesetzlich geregelt ist. Die jeweiligen Gesetzgeber haben damit nur die bisherige, durch richterliche Rechtsanwendung geprägte Rechtslage gesetzlich fortgeschrieben.
- 16
Grundsätzlich ist daher gegen die Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten nichts einzuwenden, wobei in Sachsen-Anhalt als Rechtsgrundlage ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Strafgefangenen auf der Grundlage der AV vom 15. November 2002 in Betracht kommt (Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11).
bb)
- 17
Das Landgericht ist der Ansicht, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom zum Betrieb eines Fernseh- sowie Radiogerätes sowie eines Wasserkoches habe, weil er seinen Grundbedarf an Information, Bildung und Unterhaltung (§ 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVollzG) sowie an Heißgetränken auf andere Weise befriedigen könne. Die Antragsgegnerin sei berechtigt, die Nutzungserlaubnisse von der Zahlung einer gerätebezogenen Stromkostenpauschale abhängig zu machen.
- 18
Im Ergebnis bedarf es keiner Entscheidung, ob die Nutzung der betreffenden Geräte dem Grundbedarf zuzurechnen ist. Die Vereinbarung über die Stromkostenpauschale entfaltet schon aus anderen Gründen keine Bindungswirkung gegenüber dem Antragsteller.
- 19
Die von der Antragsgegnerin herangezogene Allgemeinverfügung vom 15. November 2002 lässt nur die Vereinbarung einer angemessenen Kostenbeteiligung, nicht aber eine vollständige Kostenübernahme zu (vgl. Nummer 1 der AV vom 15. November 2002; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; vgl. auch: OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 - zitiert in Juris).
- 20
Nach den - von der Antragsgegnerin nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden - Feststellungen des Landgerichts entspricht die Höhe der Stromkostenpauschale nicht den Voraussetzungen einer angemessenen Kostenbeteiligung. Mit der aufgrund der AV des Ministeriums der Justiz vereinbarten Pauschale von 2,00 € pro Elektrogerät werden die Stromkosten nicht nur vollständig gedeckt. Die Pauschale übersteigt sogar die der Antragsgegnerin durch den Energieverbrauch entstehenden Kosten beträchtlich, teilweise - für das Radiogerät - um ein Vielfaches. Die Pauschale führt somit zu einer rechtlich unzulässigen mittelbaren Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten. Selbst wenn sich im konkreten Einzelfall die Pauschale bezogen auf ein bestimmtes Gerät mit anderen Nutzungs- und Leistungsparametern als angemessen erweisen sollte, ist die einheitliche Pauschale von 2,00 € je Gerät unangemessen. Eine für alle Elektrogeräte einheitlich geltende Stromkostenpauschale, die sich maßgeblich an den Gerätearten mit dem höchsten Energieverbrauch orientiert, verfehlt den mit einer pauschalen Beteiligung verfolgten Zweck und ist unverhältnismäßig.
- 21
Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Stromkostenpauschale von 1,75 € (OLG Celle NStZ 2005, 288, 289) oder 2,00 € gebilligt worden ist (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177, 179; 2006, 179, 181), bezog sich die Pauschale auf die Nutzung mehrerer Elektrogeräte.
- 22
Aufgrund welcher Erwägungen die Stromkostenpauschale festgesetzt wurde, hat die Strafvollstreckungskammer nicht explizit festgestellt. Offenkundig - und insoweit maßgeblich - liegt der Pauschale aber keine Kalkulation zugrunde, mit der gerätebezogen der von den Strafgefangenen tatsächlich verursachte durchschnittliche Elektroenergieverbrauch ermittelt wurde, soweit er über den Grundbedarf hinausgeht (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11). Bereits die absolute Höhe und die unterschiedslos für alle Gerätearten einheitlich festgesetzte Pauschale sprechen dagegen. Die Festsetzung der Stromkostenpauschale auf 2,00 € pro Gerät stellt sich daher als willkürlich und die AV insoweit aus diesem Grund als rechtswidrig dar.
- 23
Eine Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten über die im Strafvollzugsgesetz geregelten Fälle hinaus ist von der Rechtsordnung nicht gedeckt. Die auf eine willkürlich vorgenommene einseitige Leistungsbestimmung gestützte Vereinbarung über die zu entrichtenden Stromkostenpauschale ist nichtig, denn die vom Antragsteller versprochene Leistung des Antragstellers ist deutlich überhöht und damit unangemessen (vgl. §§ 54 Satz 2, 56 Abs. 1 Satz 2, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).
- 24
Die Antragsgegnerin kann daher aus dieser Vereinbarung keinen Anspruch auf Zahlung einer Stromkostenpauschale ableiten. Die Nichtigkeit umfasst die gesamte Vereinbarung über die vom Antragsteller zu entrichtenden Stromkostenpauschale. Sie ist nicht, wovon das Landgericht dem Anschein nach aber ausgegangen ist, auf die Höhe der Pauschale beschränkt. Anders als in den Strafvollzugsgesetzen der Länder, die eine Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten vorsehen und damit selbst eine Rechtsgrundlage enthalten (vgl. Art. 73 BayStVollzG; § 49 Abs. 3 HambStVollzG; § 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG; § 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG), existiert in Sachsen-Anhalt keine gesetzliche Regelung. Dies schließt zwar die Erhebung von Stromkostenpauschalen aufgrund öffentlich-rechtlicher vertraglicher Vereinbarung nicht aus (dazu oben). Da sich indes die einzig als Rechtsgrundlage in Betracht kommende AV vom 15. November 2002 als rechtswidrig und die darauf beruhende Vereinbarung als nichtig erwiesen haben, ist für eine rückwirkende einseitige Vertragsanpassung oder Vereinbarung über die Stromkostenpauschale kein Raum.
cc)
- 25
Infolge der Nichtigkeit der Vereinbarung besteht zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis, die Antragsgegnerin ist zur Rückgewähr der empfangenen Stromkostenpauschalen verpflichtet (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 59 Rn. 31; Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 59 Rn. 65).
- 26
Die vom Landgericht für den Zeitraum von April 2010 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge von 2,00 € je Gerät ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 120,00 €.
c)
- 27
Gleichfalls Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, das im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchten Entgelt für den Kabelanschluss zurück zu buchen.
- 28
Die Abbuchung erfolgte ohne Rechtsgrund. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Stellungnahme vom 16. Juni 2011 angegeben, dass „eine separate Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) in keinem Fall erhoben“ werde. Eines Rechtsgrundes für die Erhebung des Kabelentgeltes hat sich die Antragsgegnerin weder im angegriffenen Bescheid vom 21. März 2011 noch in ihrer Antragserwiderung berühmt. Durch ihre Erklärung vom 16. Juni 2011 hat sie vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass ihr kein Rechtsgrund zur Abbuchung des Kabelentgeltes zusteht. Dies hat auch die Strafvollstreckungskammer, wenngleich mit anderer Formulierung, so festgestellt.
- 29
Das Landgericht hat - von der Antragsgegnerin unangegriffen - ferner festgestellt, dass die Antragsgegnerin entgegen ihrer obigen Erklärung im Zeitraum von Januar 2011 bis zur gerichtlichen Entscheidung jeweils am Monatszehnten vom Hausgeld des Antragstellers 1,50 € abgebucht hat. Die vom Landgericht für den Zeitraum von Januar 2011 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 21,00 €.
- 30
Der Anspruch auf Rückbuchung des zu Unrecht abgebuchten Entgelts war damit aufgrund der getroffenen Feststellungen bereits bei Erlass der angefochtenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer entscheidungsreif. Dem Antragsteller steht insoweit ein Anspruch auf Folgenbeseitigung (§ 115 Abs. 2 Satz 2 StVollzG) zu.
d)
- 31
Da die Sache spruchreif ist (§ 119 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 StVollzG), verpflichtet der Senat die Antragsgegnerin zur Rückbuchung der Belastungsbeträge.
III.
- 32
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO. Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich eines geringen Teils unterlegen ist, erachtet der Senat es für unbillig, ihn mit anteiligen Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen zu belasten.
- 33
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG und ergibt sich aus der Summe der vom Beschwerdeführer begehrten Rückzahlungen.
moreResultsText
Annotations
(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(1) Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe der Maßnahme oder ihrer Ablehnung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts gestellt werden.
(2) War der Antragsteller ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(4) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(1) Wendet sich der Antragsteller gegen das Unterlassen einer Maßnahme, kann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme der Maßnahme gestellt werden, es sei denn, daß eine frühere Anrufung des Gerichts wegen besonderer Umstände des Falles geboten ist.
(2) Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß die beantragte Maßnahme noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Die Frist kann verlängert werden. Wird die beantragte Maßnahme in der gesetzten Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
(3) Der Antrag nach Absatz 1 ist nur bis zum Ablauf eines Jahres seit der Stellung des Antrags auf Vornahme der Maßnahme zulässig, außer wenn die Antragstellung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles unterblieben ist.
(1) Der Gefangene kann am Hörfunkprogramm der Anstalt sowie am gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilnehmen. Die Sendungen sind so auszuwählen, daß Wünsche und Bedürfnisse nach staatsbürgerlicher Information, Bildung und Unterhaltung angemessen berücksichtigt werden. Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerläßlich ist.
(2) Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte werden unter den Voraussetzungen des § 70 zugelassen.
Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.
(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.
(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.
(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.
(2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.
(3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet.
(4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
(5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.
(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.
(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.
(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.
(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.
(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.
In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.
Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.