Oberlandesgericht München Schlussurteil, 16. Dez. 2014 - 9 U 491/14 Bau

published on 16/12/2014 00:00
Oberlandesgericht München Schlussurteil, 16. Dez. 2014 - 9 U 491/14 Bau
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Landgericht München I, 11 O 15076/13, 16/01/2014

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Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 16.01.2014, Az. 11 O 15076/13, aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 76.049,82 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beklagte wollte sein Haus umbauen und beauftragte mit den Aufgaben der Leistungsphasen 1 bis 5 das Architekturbüro A, das die zu erwartenden Baukosten zunächst grob auf 408.000 € schätzte. Im weiteren Verlauf informierte der Beklagte das Büro AI darüber, dass er für das Vorhaben insgesamt 600.000 € zur Verfügung habe. Unter dem 28.07.2006 fertigte das Büro A eine Kostenberechnung, die 816.750 € brutto auswies (Anlage K 10).

Mit den Architektenleistungen der Phasen 6 bis 8 beauftragte der Beklagte Ende 2005 den Kläger. Der Kläger bereitete Leistungsverzeichnisse vor, auf deren Grundlage der Beklagte einige Handwerker beauftragte; diese begannen mit der Ausführung ihrer Leistungen vor Ort. Durch anwaltliches Schreiben vom 22.03.2007 (Anlage K 5) kündigte der Beklagte wegen mangelhafter Leistungen den Architektenvertrag mit dem Kläger aus wichtigem Grund. Der Beklagte kündigte auch die bereits erteilten Bauhandwerkeraufträge und führte den begonnenen Umbau bis heute nicht fort, beließ das Haus in unbewohnbarem Zustand und ließ es nun abbrechen. Unter anderem rügt der Beklagte, dass bei Fortführung des Bauvorhabens sein Kostenrahmen von maximal 600.000 € bei weitem überschritten worden wäre. Den daraus abgeleiteten Schaden hat er in seiner Klage gegen die planenden Architekten und den hiesigen Kläger beim Landgericht München I geltend gemacht (Az.: 24 O 24494/09). Mit einem Teil dieses Schadensersatzanspruchs in Höhe von 73.372 € hat er im vorliegenden Honorarprozess hilfsweise aufgerechnet und bestreitet vor allem Grund und Höhe des behaupteten Honoraranspruchs.

Durch Endurteil vom 16.01.2014 hat das Landgericht die Klage als zulässig und voll begründet angesehen. Für eine außerordentliche Kündigung des Beklagten habe der wichtige Grund gefehlt. Die Schlussrechnung des Klägers vom 17.12.2012 (Anlage K 6) sei prüfbar und sachlich richtig. Der Kläger habe nach § 649 BGB auch Anspruch auf Honorar für nicht erbrachte Leistungen. Der Honoraranspruch sei nicht verjährt oder verwirkt. Die Hilfsaufrechnung habe keinen Erfolg, weil der ursprünglich zwischen dem Beklagten und dem planenden Architekt verabredete Kostenrahmen von 600.000 € schon bei Beginn der Tätigkeit des Beklagten obsolet gewesen sei. Im Vertrag mit dem Kläger sei jedenfalls kein Kostenrahmen genannt. Der vom Beklagten vermisste Kostenanschlag des Klägers hätte erst nach Beauftragung aller Handwerker erarbeitet werden können und sei bis zur Kündigung nicht geschuldet gewesen. Die Klageerwiderung des Beklagten sei verspätet eingereicht worden und daher nicht mehr zu berücksichtigen. Überdies ergäbe sich auch aus ihr kein Grund, der den Klageanspruch zu Fall bringen könnte.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er beantragt:

I.

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München vom 16.01.2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Hilfsweise: Das Urteil des Landgerichts München I vom 16.01.2014 wird aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung seiner Berufung bringt der Beklagte vor, das rechtliche Gehör sei verletzt, weil sein Klageerwiderungsvorbringen im Schriftsatz vom 15.10.2013 zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen worden sei und weil das Landgericht in der ersten mündlichen Verhandlung vom 07.11.2013 auf die Replik des Klägers durch Schriftsatz vom 04.11.2013 keine Schriftsatzfrist gewährt habe und dennoch das Vorbringen in der Replik verwertet habe. Der entscheidende Sachvortrag des Beklagten habe im Vortrag einer Beschaffenheitsvereinbarung mit dem Kläger hinsichtlich der maximalen Baukosten bestanden. Diesen Sachvortrag habe das Landgericht übergangen. Im Rahmen der Leistungsphase 7 habe der Kläger einen Kostenanschlag und eine Kostenkontrolle im Hinblick auf die Kostenberechnung des planenden Architekten geschuldet. Diese Pflichten habe der Kläger nicht erfüllt. Andernfalls wäre die drohende Kostenüberschreitung rechtzeitig erkannt worden und wären Bauaufträge unterblieben. Nach der Begutachtung der zu erwartenden Kosten durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen im Parallelverfahren (Landgericht München I, Az.: 24 O 24494/09) sei mit Kosten des Bauvorhabens bei weiterer Durchführung in Höhe von mindestens 910.191,95 € zu rechnen gewesen.

Der Kläger tritt dem entgegen. Er bringt vor, die Baukostensteigerung sei auf zahlreiche zusätzliche Wünsche des Beklagten zurückzuführen. Der Kläger habe seine sämtlichen Pflichten erfüllt. Insbesondere habe das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass ein Kostenanschlag bis zur Kündigung und Einstellung des Bauvorhabens durch den Beklagten gar nicht habe erbracht werden können.

Im Wesentlichen wiederholen die Parteien ihr bisheriges tatsächliches und rechtliches Vorbringen.

Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, das angefochtene Urteil vom 16.01.2014 und das Protokoll vom 25.11.2014 samt Hinweisen des Einzelrichters wird zur Sachverhaltsdarstellung ergänzend Bezug genommen.

II.

Auf die zulässige Berufung des Beklagten war das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Denn das Verfahren im ersten Rechtszug leidet an wesentlichen Mängeln, aufgrund derer eine umfangreiche weitere Beweisaufnahme notwendig ist nach gegebenenfalls von den Parteien noch zu ergänzendem Sachvortrag.

1. Das Landgericht hätte den Klageerwiderungsschriftsatz vom 15.10.2013 nicht als verspätet zurückweisen dürfen (LGU Seite 16, Ziffer 6). Die mit Verfügung vom 19.07.2013 gesetzte Klageerwiderungsfrist von 2 Wochen war angesichts der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage zu kurz und daher unwirksam (Zöller/Greger, ZPO, 14. Aufl. 2014, § 277 Rdnr. 4). Demzufolge hätte das Landgericht dem nach Ablauf dieser Frist am 04.09.2013 eingegangenen Antrag des Beklagten auf Verlängerung der Klageerwiderungsfrist bis 08.10.2013 entsprechen müssen, statt ihn abzulehnen, zumal inzwischen der Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 07.11.2013 verlegt worden war. Über dies ist die Annahme einer Verzögerung des Rechtsstreits durch die am 18.10.2013 eingegangene Klageerwiderungsschrift vom 15.10.2013 rechtsmissbräuchlich, weil sie selbst bei Eingang innerhalb der ursprünglich gesetzten zweiwöchigen Frist zu keinem anderen Verlauf und Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2013 geführt hätte. Ein Sachverständigengutachten zur Berechtigung der außerordentlichen Kündigung und zu Grund und Höhe der Aufrechnungsforderung hätte vor dem Termin ohne hin nicht mehr eingeholt werden können (Zöller/Greger, a. a. O., § 296 Rdnr. 22 „Überbeschleunigung“), wäre aber bei Berücksichtigung des streitigen Vorbringens einzuholen gewesen.

Eine weitere Gehörsverletzung des Landgerichts liegt darin, dass es entgegen eigenem Bekunden in den Urteilsgründen die 41 Seiten umfassende Replik des Klägers vom 04.11.2013 auf die Klageerwiderung berücksichtigt hat (etwa durch Berücksichtigung des durch Anlage K 10 unter Beweis gestellten höheren Kostenrahmens von „über 800.000 €“) und durch Beschluss vom 07.11.2013 dennoch dem Beklagten keine (auch keine zu kurze) Frist zur Erwiderung auf die Replik gewährt hat (LGU Seite 8 unten). Entgegen seinen Ausführungen (LGU Seite 17, lit c) hätte das Landgericht den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 07.01.2014 (eingegangen am 13.01.2014) berücksichtigen und gegebenenfalls nach § 156 ZPO die Verhandlung wiedereröffnen müssen.

2. Diese Verfahrensfehler sind zumindest entscheidungserheblich in zwei Punkten:

Sollte die Pflichtverletzung des Klägers hinsichtlich des „Kostenanschlags“ und der „Kostenkontrolle“ in der Leistungsphase 7 vorliegen, dürfte die außerordentliche Kündigung begründet sein (so dass kein Anspruch des Klägers wegen der nicht erbrachten Leistungen bestünde) und hätte die Hilfsaufrechnung des Beklagten mit einem noch festzustellenden Betrag Erfolg. Beide Berufungsangriffe sind hinreichend deutlich vom Beklagten vorgebracht und die Sache nicht entscheidungsreif.

Die gravierende Überschreitung der vom Bauherrn vorgegebenen maximalen Kosten des Bauvorhabens würde einen wichtigen Grund für die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrags mit dem bauüberwachenden Architekten begründen. Dabei ist ein Nachschieben von Gründen, die in der schriftlichen Kündigungserklärung nicht genannt sind, zulässig (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl. 2015, § 314 Rn. 10). Die Gründe müssen nur bestanden haben.

Entgegen der Ansicht des Klägers und des Landgerichts kann es den bauüberwachenden Architekten nicht entlasten, wenn in seinem Vertrag kein „maximales Baukostenlimit“ ausdrücklich vereinbart ist und er lediglich auf den Ergebnissen des planenden Architekten aufbauen soll. Zu diesen hätte in der Leistungsphase 3 die Erarbeitung einer „Kostenberechnung“ gehört. Nach der „Kostenberechnung“ hätte der Kläger im Rahmen der Leistungsphase 7 den Beklagten fragen müssen, um die von ihm schon vor der Erteilung von Bauaufträgen geschuldete „Kostenkontrolle“ ausführen zu können und dem Bauherrn eine realistische Kostenprognose bieten zu können. § 15 Abs. 2 Ziffer 7 HOAI (2002) sieht als Grundleistung vor:

„Kostenanschlag nach DIN 276 aus Einheits- und Pauschalpreisen der Angebote. Kostenkontrolle durch Vergleich des Kostenanschlags mit der Kostenberechnung“.

Danach sollten dem Kostenanschlag die Angebotspreise zugrunde liegen, das heißt Preise vor Abschluss eines Vertrages. Durch die Gegenüberstellung der Summe der Angebotspreise und der Summe der Kostenberechnung wird eine Kostenkontrolle schon vor der Auftragsvergabe bezweckt. Die Frage nach dem Kostenlimit des Beklagten war für den Kläger zumindest dann veranlasst, wenn am Ende der Leistungen des Büros A zwei verschiedene Kostenlimits (600.000 € bzw. 816.750 €) im Raum standen und somit eine unklare Ausgangslage für den Kläger bestand. Insoweit mag der Kläger ergänzend vortragen, welche Vorgaben er konkret vom Bauherrn bekommen hat, und wie er selbst aktiv geworden ist, um dem Bauherrn eine Kostenkontrolle (durch Vergleich von Ziel und Prognose) zu bieten. Entgegen der Ansicht des Landgerichts entlastet es den Kläger nicht, dass dieser die mutmaßliche Auftragssumme der 3 erteilten Bauaufträge leicht selber addieren hätte können, denn eine effektive Orientierung des Bauherrn über die Kostenfolgen zu erteilender Aufträge setzt eine Prognose der zu erwartenden Gesamtkosten voraus. Soweit noch keine Angebote vorlagen, hätte mit Werten aus der Kostenberechnung gearbeitet werden müssen. Nur mit einer solchen Gesamtprognose vor Augen kann der Bauherr verantwortlich und ausreichend orientiert entscheiden, ob er einen Bauauftrag überhaupt erteilen will oder nicht. Dass für den bauüberwachenden Architekten eine Pflicht zur Initiative im Zusammenhang mit der fortlaufend geschuldeten „Kostenkontrolle“ besteht, legt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.03.2013 nahe (BGHZ 197, 93). Entgegen der Ansicht des Landgerichts entlastet es den bauüberwachenden Architekten daher nicht, wenn der mit ihm geschlossene Vertrag zur Frage maximaler Kosten schweigt. Die inhaltlichen Anforderungen der Kostenkontrolle dürfen „nicht übertrieben werden. Es geht um die konkrete Information des Bauherrn unter Berücksichtigung von dessen Kenntnissen“ (so wörtlich Locher/Koeble/Frik, HOAI, 12. Aufl. 2014, § 34 Rdnr. 183). Hätte der Kläger den Beklagten nach dessen Verständnis des aktuell anzustrebenden Kostenlimits gefragt, hätte der Beklagte geantwortet und der Kläger wäre über die beim Bauherrn vorhandenen Kenntnisse informiert gewesen (zur Abklärungspflicht des Architekten: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. 2015, Rdnr. 2290). Nur ausgehend von den Kenntnissen des Bauherrn hätte der Kläger die weitere Informationsbedürftigkeit des Bauherrn im Rahmen der Kostenkontrolle beurteilen können.

3. Ein Grundurteil konnte nicht ergehen, weil auch insoweit der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif ist.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung.

Streitwert: §§ 63 Abs. 2, 45, 47, 48 GKG.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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published on 25/02/2015 00:00

Tenor 1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 570.462,56 Euro zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz seit 19.01.2010. 2. Der Beklagte zu 1) wird fer
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Annotations

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.