I.
Die Antragstellerin, gestützt auf eine behauptete ausschließliche Lizenz an dem EP 2 949 335 B1 (Verfügungspatent; Anlage ASt 5; Übersetzung in Anlage ASt 5a; Registerauszug Anlage ASt 6), nimmt die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung (Antrag 1.a und 1.b), Drittauskunft (Antrag 2) und Herausgabe an den Gerichtsvollzieher (Antrag 3) in Anspruch mit der Begründung, der von der Antragsgegnerin angekündigte Vertrieb des Glatirameracetat (nachfolgend auch GA) enthaltenden Arzneimittels „CLIFT 40mg/ml Injektionslösung in einer Fertigspritze“ (Auszug aus der DIMDI-Datenbank gemäß Anlage ASt 2) verletze ihre ausschließlichen Vertriebsrechte. Da die Benutzung der Lehre des Verfügungspatents von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt werde und im Falle des Markteintritts der Antragsgegnerin mit erheblichen Umsatzeinbußen beim Vertrieb des Medikaments der Antragstellerin „Copaxone ® 40mg/ml“ gerechnet werden müsse, sei der Erlass der einstweiligen Verfügung zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin erforderlich. Der Rechtsbestand des Verfügungspatents sei im Hinblick auf dessen Erteilung trotz der geltend gemachten Einwendungen Dritter und der Aufrechterhaltung der weitergehenden Stammanmeldung durch das Europäische Patentamt (EPA) hinreichend gesichert.
Das Verfügungspatent wurde unter Inanspruchnahme von zwei Prioritäten vom 20.8.2009 (US 274687 P) und vom 11.2.2010 (US 337612 P) am 19.8.2010 von der Y. R. & D. Co., Ltd. (Patentinhaberin) angemeldet. Es handelt sich um eine Teilanmeldung aus dem EP 2 630 962, die ihrerseits eine Teilanmeldung aus dem EP 2 405 749 (EP '749) darstellt. Die Ansprüche 1 und 2 des EP '749 lauten in der Verfahrenssprache:
1. A medicament comprising glatiramer acetate for use in treating a patient who is suffering from relapsingremitting multiple sclerosis or who has experienced a first clinical episode and is at high risk of developing clinically definite multiple sclerosis, wherein the medicament is to be administered in a regimen of the subcutaneous injections of a 40mg dose of glatiramer acetate every seven days with at least one day between each subcutaneous injection.
2. Glatiramer acetate for use in a regimen of three subcutaneous injections of a 40mg dose of glatiramer acetate every seven days with at least one day between each subcutaneous injection for use in treating a patient who is suffering from relapsingremitting multiple sclerosis or who has experienced a first clinical episode and is at high risk of developing clinically definite multiple sclerosis.
Auf Einspruch hin wurde das EP '749 mit Entscheidung des EPA vom 19.1.2016 aufrechterhalten (Anlage ASt 15; Übersetzung in Anlage ASt 15a). Im Beschwerdeverfahren, die mündliche Verhandlung war für den 14./15.11.2017 angesetzt, hat die Patentinhaberin auf das EPA '749 verzichtet.
Ansprüche 1 und 2 des Verfügungspatents lauten in der Verfahrenssprache:
1. Glatiramer acetate for use in a regimen of three subcutaneous injections of a 40mg dose of glatiramer acetate every seven days with at least one day between each subcutaneous injection for use in treating a patient who is suffering from a relapsing form of multiple sclerosis or who has experienced a first clinical episode and is at high risk of developing clinically definite multiple sclerosis and wherein the pharmaceutical composition further comprises mannitol.
2. A medicament comprosing glatiramer acetate for use in treating a patient who ist suffering form a relapsing form of multiple sclerosis or who has experienced a first clinical episode and is at high risk of developing clinically definite multiple sclerosis, wherin the medicament is to be adminstered in a regimen of three subcutaneous injections of a 40mg dose of glatiramer acetate every seven days with at least one day between each subcutaneous injection and wherin the pharmaceutical composition further comprises mannitol.
und in deutscher Übersetzung:
1. Glatirameracetat zur Verwendung in einem Behandlungsschema von drei subkutanen Injektionen von einer 40mg-Dosis Glatirameracetat alle sieben Tage mit mindestens einem Tag zwischen den einzelnen subkutanen Injektionen zur Verwendung in der Behandlung eines Patienten, der unter einer schubförmig verlaufenden Art von Multipler Sklerose leidet oder der einen ersten klinischen Schub erfahren hat und ein hohes Risiko trägt eine klinisch gesicherte Multiple Sklerose zu entwickeln und wobei die pharmazeutische Zusammensetzung zusätzlich Mannitol enthält.
2. Arzneimittel umfassend Glatirameracetat zur Verwendung in der Behandlung eines Patienten, der an einer schubförmig verlaufenden Art von Multipler Sklerose leidet oder der einen ersten klinische Schub erfahren hat und ein hohes Risiko trägt, eine klinisch gesicherte Multiple Sklerose zu entwickeln, wobei das Arzneimittel zu verabreichen ist in einem Behandlungsschema von drei subkutanen Injektionen von einer 40mg-Dosis Glatirameracetat alle sieben Tage mit mindestens einem Tag zwischen jeder subkutanen Injektion und wobei die pharmazeutische Zusammensetzung zusätzlich Mannitol enthält.
Gegen das Verfügungspatent wurden fünf Einsprüche erhoben. Wegen der Einspruchsgründe wird auf die Schutzschrift (Seite 13 ff) sowie die Beschwerdeerwiderung (Seite 21 ff.) verwiesen.
Mit Beschluss des Landgerichts vom 14.12.2017, auf den wegen des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen wird, wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, da das Bestehen eines Verfügungsgrundes nicht glaubhaft gemacht worden sei. Hinsichtlich der Anforderungen an die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents sei bei der vorliegenden Fallgestaltung, bei der sich der Antrag gegen den bevorstehenden Vertrieb eines Generikums richte, von einem hinreichenden Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht erst dann auszugehen, wenn dieses bereits Gegenstand einer Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung gewesen sei. Ausreichend, aber auch notwendig sei eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Rechtsbestand des Verfügungspatents und eine darauf gegründete subjektive Überzeugung des Verletzungsgerichts davon, dass das Verfügungsschutzrecht einen Angriff auf seinen Rechtsbestand unbeschadet überstehen werde.
Liege eine erstinstanzliche, die Schutzfähigkeit verneinende Entscheidung vor, bedürfe es der Prognose, dass diese Entscheidung im Rechtsmittelverfahren mit Sicherheit abgeändert werde. Im Falle des Vorliegens eines die Schutzfähigkeit verneinenden, sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Urteils betreffend einen anderen nationalen Teil des Verfügungspatents gelte nichts anders. Die deutschen Gerichte hätten die Entscheidungen des EPA oder anderer Gerichte anderer Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens zu beachten und sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, die zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätten. Hiervon ausgehend sei die Entscheidung des englischen High Court vom 26.10.2017 (Anlagen WKS 6, WKS 6a) zu berücksichtigen, wonach die Ansprüche 1 und 3 des britischen Teils des Verfügungspatents durch die Entgegenhaltungen US 2007/0161566, Anlage WKS 3, „Pinchasi“) und „Rebif ®“ (Anlage WKS 5) nahegelegt seien. Der Auffassung der Antragstellerin, die Entscheidung des High Court sei fehlerhaft und beruhe auf einer rückschauenden Betrachtung, vielmehr sei davon auszugehen, dass die Gründe, die das EPA dazu bewogen hätten das EP '749 unverändert aufrechtzuerhalten, auch dazu führen werden, das Verfügungspatent aufrechtzuerhalten, sei nicht zu folgen. Aufgrund der Argumentation der Antragstellerin könne nicht die Wertung getroffen werden, dass die Einschätzung des High Court, die nach einer ausführlichen mündlichen Verhandlung mit Vernehmung von Sachverständigen getroffen und unter Berücksichtigung sämtlicher auch nun vorgetragenen Argumente sorgfältig begründet worden sei, offensichtlich falsch sei. Insoweit sei festzustellen, dass die Entscheidung des High Court von der Antragstellerin nicht vorgelegt worden sei und sie sich auch mit den einzelnen Argumenten nicht auseinander gesetzt habe, sondern sich auf die Entscheidung des EPA zum EPA '749 stütze. Zudem habe die Patentinhaberin durch ihren Verzicht auf das EP '749 kurz vor der Beschwerdeverhandlung eine Überprüfung der Argumentation der Einspruchsabteilung verhindert. Dieses Verhalten müsse sich die Antragstellerin zurechnen lassen.
Unabhängig hiervon schließe sich das Landgericht der Entscheidung des High Court an. Dem Verfügungspatent fehle es jedenfalls gegenüber „Pinchasi“ an der erfinderischen Tätigkeit. Das anspruchsgemäße Behandlungsschema bestehe darin, dass genau drei Injektionen GA pro Woche mit jeweils mindestens einem Tag Abstand zwischen den Injektionen vorgesehen seien und dieses Behandlungsschema über viele Wochen hintereinander ununterbrochen durchgeführt werden müsse, weshalb ein Behandlungsschema ausgeschlossen sei, bei dem ein Patient jede zweite Woche mehr als drei Injektionen mit jeweils einem Tag Abstand erhalte. Hierdurch werde ermöglicht, dass der Patient die Infusionen immer am selben Werktag (z.B. Montag, Mittwoch und Freitag) bei einem „freien“ Wochenende bekomme. Das Verfügungspatent stelle sich die Aufgabe, die Verabreichungsfrequenz durch Erhöhung der Dosis zu verringern. Als Ausgangspunkt für die Problemlösung werde der angesprochene Fachmann, ein Klinikarzt, und zwar ein Neurologe mit mehrjähriger Erfahrung in der Behandlung von Multipler Sklerose und der Weiterentwicklung der Behandlung, die Entgegenhaltung „Pinchasi“ als nächstliegenden Stand der Technik heranziehen. Diese befasse sich mit einer Methode, die Symptome von Patienten zu lindern, die an einer schubartigen Form von MS litten.
Es gehe also um die Behandlung der gleichen Patienten wie im Verfügungspatent, wobei sogar ausdrücklich auf die PRMS verwiesen werde (Anlage WKS 3 Abs. 0022), die nach der Stammanmeldung des Verfügungspatents behandelt werden solle. Die Behandlung erfolge durch periodische subkutane Injektionen einzelner Dosen einer pharmazeutischen Zusammensetzung, die 40 mg GA enthalte. Es werde vorgeschlagen, entweder tägliche Dosen GA zu verabreichen oder eine Verabreichung jeden zweiten Tag vorzunehmen, also mit einem Tag zwischen jeder subkutanen Injektion. Werde das Verabreichungsschema „every other day“ gewählt, erhalte der Patient z.B. in der ersten Woche Montag, Mittwoch, Freitag und Sonntag eine Injektion (also in jedem Fall drei) und in der zweiten Woche Dienstag, Donnerstag und Samstag (also genau drei). Dieses Schema wiederhole sich, so dass der Patient innerhalb jeder Woche, in der er behandelt werde, auf jeden Fall drei Injektionen erhalte und in jeder zweiten Wochen genau drei, also immer drei Injektionen alle sieben Tage. Auch der Zusatz von Mannitol in der pharmazeutischen Zusammensetzung werde durch diese Entgegenhaltung offenbart. Die Lehre des Verfügungspatents unterscheide sich von der Entgegenhaltung „Pinchasi“ nur darin, dass anstelle von sechs Injektionen innerhalb von 14 Tagen bei der Entgegenhaltung sieben Injektionen vorgesehen seien. Soweit die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zum EP '749 die Entgegenhaltung „Pinchasi“ als nächstliegenden Stand der Technik abgelehnt habe, weil diese keine Berichte über klinische Tests enthalte, die die Wirksamkeit von 40 mg GA jeden zweiten Tag belegen würden, überzeuge dies schon deswegen nicht, weil auch das Verfügungspatent davon ausgehe, dass Änderungen der Dosis und der Frequenz klinisch erprobt werden müssten (Abs. 0113). In der Entgegenhaltung „Pinchasi“ würden verschiedene Vorteile der vorgestellten Behandlungsart berichtet. Die berichteten Nachteile, wie eine leichte Tendenz zu mehr Fällen von IPIR, werde der Fachmann in die stets vorzunehmende Gesamtabwägung der Vorteile und Nachteile einbeziehen. Immerhin verspreche „Pinchasi“ eine Reduzierung der Infektionshäufigkeit um die Hälfte. Mithin würde sich der Fachmann wegen angeblich fehlender klinischer Belege nicht von der Entgegenhaltung „Pinchasi“ abwenden. Gehe der Fachmann von diesem nächstliegenden Stand der Technik aus, so entnehme er diesem zunächst den Behandlungsplan, entweder Einzeldosen von 40 mg GA jeden Tag oder jeden zweiten Tag zu spritzen. Er erfahre dabei aus der Zusammenfassung der klinischen Tests zu 40 mg GA jeden Tag in Abs. 0062, dass die therapeutische Wirkung von 40 mg GA gegenüber 20 mg GA besser sei. So werde z.B. über eine 38% bessere Reduzierung von Läsionen berichtet. Auch sei festgestellt worden, dass die Wirkung von GA drei Monate früher einsetze als bei GA 20 mg. Auch werde festgestellt, dass das Sicherheitsprofil der 40 mg Dosis pro Tag grundsätzlich ähnlich zu der täglichen 20 mg Dosis pro Tag sei und nicht etwa wegen der höheren Dosis schlechter. Andererseits habe sich eine leichte Tendenz zu mehr Fällen von IPIR, also mehr unmittelbar nach der Injektion auftretenden Nebenwirkungen, gezeigt. Dies werde den Fachmann dazu veranlassen, auf das Behandlungsschema einer 40 mg GA Dosis jeden zweiten Tag zurückzugreifen. Dieses Behandlungsschema werde unmittelbar beschrieben und es vermöge offensichtlich Nebenwirkungen, die bei der Injektion auftreten könnten, zu reduzieren. Schließlich werde die Injektionsrate gegenüber täglichen Injektionen halbiert. Allerdings sei die Umsetzung des Behandlungsschemas „jeden zweiten Tag“ für den Patienten in der Praxis nicht ohne Schwierigkeiten möglich. Anzustreben sei es demnach, einen Behandlungsplan möglichst einfach zu gestalten und die Häufigkeit der Verabreichung zu verringern. Im Prioritätszeitpunkt sei dem Fachmann aber bereits ein anderes, deutlich einfacheres Behandlungsschema in Gestalt der Patientenanleitung für das Medikament „Rebif(R)“ aus dem Jahr 2002 (Anlage WKS 5) bekannt gewesen. „Rebif ®“ sei für die Verwendung in der Behandlung von Patienten mit MS bestimmt. Dem Fachmann sei auch das vorgesehene Behandlungsschema - subkutane Injektionen an den gleichen drei Tagen einer Wochen, z.B. Montag, Mittwoch und Freitag - bekannt. Dieses Behandlungsschema von drei subkutanen Injektionen jede Woche mit einem Abstand von mindestens 48 Stunden sei für den Patienten einfach, weil er die erforderlichen drei Spritzen immer an den gleichen Wochentagen und möglichst zur gleichen Uhrzeit setzen soll. Damit könne der Patient eine Routine entwickeln und müsse sich nicht daran erinnern, wann er die letzte Spritze gesetzt habe. Der Fachmann habe sogar eine konkrete Veranlassung, dieses sehr einfache Behandlungsschema auf „Pinchasi“ zu übertragen, wobei es nach der Rechtsprechung des EPA auf eine solche Veranlassung gar nicht ankomme. Soweit man demgegenüber eine Rechtfertigung für die Wahl von „Pinchasi“ als Ausgangspunkt der Problemlösung fordere, so sei diese darin zu sehen, dass „Pinchasi“ das Problem bereits teilweise löse.
Hinsichtlich der Schutzfähigkeit von Anspruch 2 gelte nichts anderes, da sich dieser von Anspruch 1 nur dadurch unterscheide, dass ein Medikament mit den Merkmalen von Anspruch 1 beansprucht werde.
Der Streitwert wurde abweichend von der Streitwertangabe der Antragstellerin (€ 5 Millionen) im Hinblick auf deren Ausführungen zu den befürchteten Umsatzeinbußen (Antragsschrift, Seite 25 ff., eidesstattliche Versicherung gemäß Anlage ASt 14) auf € 30 Millionen festgesetzt.
Gegen die Zurückweisung des Verfügungsantrags sowie die Streitwertfestsetzung wendet sich die Antragstellerin mit den Beschwerden vom 3.1.2018. Sie macht geltend:
Der rechtliche Ansatz des Landgerichts, die Entscheidung des britischen High Courts betreffend den britischen Teil des Verfügungspatents stehe dem Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung grundsätzlich entgegen, wenn es sich hierbei um keine „offensichtlich falsche“ Entscheidung handele sei, sei verfehlt. Der in der Rechtsprechung für Urteile des Bundespatentgerichts und für Entscheidungen des EPA entwickelte Grundsatz könne auf die Entscheidung des UK High Court nicht übertragen werden. Der Rechtsprechung, wonach Entscheidungen Gerichte anderer Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens zu beachten seien und sich das Gericht mit einer abweichenden Entscheidung auseinandersetzen müsse, besage nicht, dass hiervon nur im Falle einer „evidenten Unrichtigkeit“ abgewichen werden könne. Es sei zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des UK High Court nicht nur aufgrund eines anderen materiellen Rechts, sondern auch aufgrund eines völlig abweichenden Verfahrens getroffen worden sei. Auffällig sei, dass das Landgericht der vorliegend viel maßgeblicheren Entscheidung des EPA zum EP '749 keine auch nur ansatzweise vergleichbare Beachtung geschenkt habe. Der richtige und entscheidende Prüfungsmaßstab könne folglich nur sein, ob die Einspruchsabteilung das Verfügungspatent im anhängigen Einspruchsverfahren (oder zu einem späteren Zeitpunkt das Bundespatentgericht) als rechtsbeständig erachten werde.
Ebenso fehlerhaft sei die Einschätzung, das Vorliegen einer nationalen Nichtigerklärung eines ausländischen Teils des Verfügungspatents stehe dem Erlass einer einstweiligen Verfügung per se entgegen - selbst wenn man nicht den Maßstab anlege, es könne einzig bei „offensichtlicher Unrichtigkeit“ überwunden werden. Vielmehr habe das Verletzungsgericht eine selbständige und eigenverantwortliche Ermittlung zugrunde zu legen, ob der Sachvortrag der Antragsgegnerin ernsthafte Anhaltspunkte dafür biete, dass das Verfügungspatent sich nicht als rechtsbeständig erweisen werde. Folglich stehe die Nichtigerklärung eines Verfügungspatents durch eine ausländische Instanz nicht per se dem Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegen. Bei seiner hauptsächlich auf das UK-Urteil abstellenden Bewertung verkenne das Landgericht, dass - wie vorliegend - bei Verletzungshandlungen von Generikaunternehmen in der Regel ein Sachverhalt vorliege, bei dem es für den Verfügungskläger ausnahmsweise nicht zumutbar sei, den Ausgang des Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren abzuwarten. Es habe deswegen eine Verbotsverfügung zu ergehen, auch wenn für das Verletzungsgericht mangels einer fachkundigen Rechtsbestandsentscheidung keine endgültige und eindeutige Sicherheit über den Rechtsbestand gewonnen werden könne, sofern es (aufgrund der ihm angesicht der betroffenen technischen Materie möglichen eigenen Einschätzung) für sich die Überzeugung (im Sinne hinreichender Glaubhaftmachung) davon gewinne, dass das Verfügungsschutzrecht rechtsbeständig sei, weil sich die mangelnde Patentfähigkeit seines Erfindungsgegenstandes nicht feststellen lassen werde. Hierfür müssten aus der Sicht des Verletzungsgerichts entweder die besseren Argumente für die Patentfähigkeit sprechen, so dass sich diese positiv bejahen lasse. Mit Rücksicht auf die im Rechtsbestandsverfahren geltende Beweislastverteilung reiche es aber sogar, wenn die Frage der Patentfähigkeit des erteilten Patents mindestens ungeklärt bleibe, sodass das Verletzungsgericht, wenn es anstelle des Patentamtes oder des BPatG selbst in der Sache zu befinden hätte, dessen Rechtsbestand zu bejahen hätte. Demgegenüber versuche die Antragsgegnerin zu Unrecht, eine Beweislastumkehr zu postulieren. Daraus folge, dass eine Unterlassungsverfügung erst recht ergehen könne, wenn eine dem Antragsteller günstige erstinstanzliche Rechtsbestandsentscheidung ergangen sei, möge ihr auch eine gleichrangige, gegenläufige Erkenntnis einer anderen technisch kompetenten Instanz entgegenstehen. Nach diesen Grundsätzen lasse das Urteil des UK High Court nicht zwingend den Schluss zu, das Verfügungspatent werde unter dem Gesichtspunkt der mangelnden erfinderischen Tätigkeit durch einen anderen Spruchkörper vernichtet werden. Es bestehe zwar eine Diskrepanz zur technisch fachkundigen Entscheidung des UK High Courts und es sei in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass der Erlass einer Unterlassungsverfügung grundsätzlich nicht in Betracht komme, wenn sich gleichrangige technische Spruchkörper uneins über die Bewertung des Standes der Technik und dessen Konsequenzen für die Beurteilung der Erfindungshöhe des Verfügungspatents seien, weil das Verletzungsgericht mangels technischer Kompetenz nicht diejenige Instanz sein könne, die den Expertenstreit entscheide. Davon sei aber die vorliegende Fallgestaltung aufgrund der Interessenlage bei der Vermarktung von Nachfolgeprodukten zu unterscheiden. Bei dieser Konstellation bestehe kein Anlass, von einer einstweiligen Unterlassungsanordnung abzusehen, wenn das Verletzungsgericht selbst, hätte es über den Rechtsbestand des Verfügungspatents zu entscheiden, von eben diesem überzeugt sei.
Zu Unrecht habe das Landgericht die Entscheidung des EPA betreffend das Elternpatent EP '749 weder hinreichend berücksichtigt noch sich damit in ausreichendem Maße auseinandergesetzt. Das Landgericht habe sich maßgeblich auf die Wiedergabe des Urteils des UK High Court beschränkt, anstatt, wie geboten, eine eigenständige Einschätzung der Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents vorzunehmen. Das Landgericht verkenne, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung ganz deutlich dafür spreche, dass im derzeit anhängigen Einspruchsverfahren ebenfalls zugunsten der Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents entschieden werde. Wie sich aus der vorläufigen Meinung des EPA (Anlage ASt 24, 24a) ergebe, sei die Entscheidung zum Stammpatent unter sorgfältiger Auseinandersetzung der Einwände ergangen. Sobald eine positive streitige Entscheidung zu einem Patent aus derselben Patentfamilie vorliege, sei grundsätzlich von einem gesicherten Rechtsbestand auszugehen. Die Beurteilung des EPA könne ohne weiteres auf das Verfügungspatent übertragen werden, wie sich u.a. daraus ergebe, dass im Prüfungsverfahren bereits im ersten Prüfungsbescheid (Anlage ASt 16, 16a) auf das Einspruchsverfahren Bezug genommen worden sei. Wenn, wie vorliegend, in dem das Verfügungspatent betreffenden Erteilungsverfahren Dritte beteiligt gewesen seien, sei eine Ausnahme von dem Erfordernis einer kontradiktorischen Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung zu machen. Das Landgericht hätte daher berücksichtigen müssen, dass die Einspruchsabteilung das 'EP 749 nach sorgfältiger und ausführlicher Begründung sowohl unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung als auch im Hinblick auf die ausreichende Offenbarung, Neuheit und die erfinderische Tätigkeit für rechtsbeständig erachtet habe. Zu Unrecht stütze sich das Landgericht darauf, dass die Patentinhaberin an dem EP '749 im Beschwerdeverfahren an dem Schutzrecht nicht mehr festgehalten habe und auf diese Weise eine Überprüfung der Argumentation der Einspruchsabteilung verhindert habe. Inwiefern die Antragstellerin sich dieses Verhalten zurechnen lassen müsse, werde nicht begründet. Es stehe der Patentinhaberin frei, auf aufwändige Gerichts- und/oder EPA-Verfahren zu verzichten, wenn deren Verfolgung nicht durch hinreichende, vor allem auch wirtschaftliche, Gründe gerechtfertigt sei. Daher biete das Verhalten der Patentinhaberin als solches keine Aussage über die Validität des Verfügungspatents oder lasse gar eine eigene Rechtsbestandsprüfung durch das Verletzungsgericht entbehrlich werden. Es sei vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich erteilten Verfügungspatents nicht erforderlich gewesen, länger an dem EP '749 festzuhalten, um das Originalprodukt zu schützen. Die engeren Ansprüche des Verfügungspatents bildeten das Produkt „Coxapone ® 40mg/ml“ und dessen medizinisiche Verwendung deutlich besser ab. Daher erscheine es vielmehr durchaus sinnvoll, sich selbst auf Seiten der Patentinhaberin nicht auf die offenbare verfolgte aggressive Streitführung des Gegners einzulassen und sich mit kostspieligen, zeit- und ressourcenaufwändigen Verfahren vor dem EPA und in den Niederlanden aufzuhalten, ohne dass der Fortbestand des Stammpatents in wirtschaftlicher Hinsicht für das Originalprodukt von besonderer spezifischer Bedeutung gewesen sei. Aus einem solchen zulässigen Vorgehen könne keine Beweislastumkehr in Bezug auf den Rechtsbestand des Verfügungspatents hergeleitet werden. Folglich sei die einmal ergangene Einschätzung des EPA über den Rechtsbestand weiterhin zu berücksichtigen.
Unabhängig hiervon seien die auf das Urteil des High Courts gestützten Erwägungen auch inhaltlich feherhaft. Ihnen liege die fehlerhafte Annahme bezüglich des Ausgangspunktes der Überlegungen des Fachmanns zugrunde, wobei die im vorliegenden Fall einschlägigen Ausnahmesachverhalte bezüglich des Arzneimittels Glatirameracetat völlig ignoriert würden. Stattdessen sei im britischen Verfahren auf sachlich unbegründete mündliche Aussagen von technischen Experten im Kreuzverhör Bezug genommen worden und vom Landgericht keine entsprechende Gewichtung der tatsächlichen Lehren aus dem Stand der Technik vorgenommen worden. Insoweit sei auf die eingelegte Berufung gegen das Urteil des UK High Court (Anlage ASt 25, 25a) zu verweisen.
In Bezug auf die Aufgabenstellung des Verfügungspatents sei die zu erhaltende „Gesamtwirksamkeit“ in hohem Maße von dem tatsächlich in der Therapie eingesetzten Wirkstoff und seinem therapeutischen Potential sowie seinen spezifischen pharmakokinetischen Eigenschaften abhängig. Insoweit sei es falsch, anzunehmen, dass es tatsächlich möglich sei, etwa die Dosierung in der Einzeldosis zu verdoppeln und gleichzeitig die Frequenz der Dosierung zu halbieren, ohne dass der therapeutische Erfolg gefährdet werde, da eine derartige Maßnahme bekanntermaßen leicht zu einer temporären Über- bzw. Unterdosierung und den damit verbundenen therapeutischen Nachteilen führen könne.
Zu Unrecht habe das Landgericht bei der Wahl des Fachmanns nur auf den Kliniker abgestellt, der die Versuche in der Praxis durchführe. Stelle man, wie geboten, mit auf die Balance der Wirkungen und Nebenwirkungen ab, so sei klar, dass sich der reine Praktiker in jedem Fall der Unterstützung durch einen Pharmakologen mit Erfahrung auf dem Gebiet der Biopharmazie bzw. Therapieoptimierung sichern werde.
Zu Unrecht sei die Entgegenhaltung „Pinchasi“ als Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit zugrunde gelegt worden. Wenn das Landgericht die ausführlichen und überzeugenden Erwägungen der Einspruchsabteilung zur Wahl des Ausgangspunktes (unter 17.2 der Entscheidung) unter Hinweis auf die Expertenmeinung im englischen Verfahren für unzutreffend halte, sei zu unterstreichen, dass die Pharmakokinetik von Glatirameracetat nicht hinreichend genau bekannt gewesen sei, um hier anhand eines „klassischen“ pharmakokinetischmathematischen Modells Vorhersagen treffen zu können, wie sich ein geändertes Dosierungsschema auf den therapeutischen Erfolg auswirken könne. Somit habe für den Fachmann nicht die geringste Veranlassung für die Annahme bestanden, er könne hier andere Therapieschemata ohne Weiteres erfolgreich zur Anwendung bringen. Es sei somit prima facie unmöglich gewesen, eine qualifizierte Aussage darüber zu treffen, ob es für Glatirameracetat jenseits der literaturbekannten Beispiele überhaupt noch weitere, geeignete Therapieschemata gebe. Der Fachmann habe bei etwaigen Änderungen des Therapieschemas keine hinreichende Erfolgserwartung haben können. Dies bedeute, dass die in der Publikation von „Pinchasi“ genannten Dosierschemata als Ausgangspunkte nicht gleichwertig seien. Für die Praxis kämen nur solche in Frage, die klinisch überprüft und als wirksam bestätigt worden seien. Dies sei jedoch für das meistzitierte Schema von 40 mg jeden zweiten Tag nicht der Fall.
Soweit das Landgericht darüber hinaus auf die Rechtsprechung des BGH abstelle, sei dies in mehrfacher Hinsicht unzutreffend. Zum einen verspreche „Pinchasi“ keine Reduktion der Injektionshäufigkeit um die Hälfte. Zum anderen fehle gerade aufgrund der darin offenbarten Beobachtung von erhöhten Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der höheren 40 mg Dosierung jeder Anreiz, just dies als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines besser verträglichen Dosierschemas heranzuziehen. Letztlich müsse auch berücksichtigt werden, dass das 40QOD Regime nur beiläufig in „Pinchasi“ erwähnt werde, und in keiner Weise besonders hervorgehoben werde.
Wenn das Landgericht im Hinblick auf die in der Entgegenhaltung „Pinchasi“ mitgeteilten klinischen Daten davon ausgehe, der Fachmann habe Veranlassung gehabt, auf das 40QOD Behandlungsschema zurückzugreifen, widerspreche es der Lebenserfahrung, dass ein Arzt Patienten einer höheren Dosierung mit einem erhöhten Risiko für schwere Nebenwirkungen aussetzen werde, ohne damit eine höhere Wirksamkeit zu erreichen. Zudem sei unbekannt und auch unvorhersehbar gewesen, ob sich dieser Befund bei 40QOD verbessern werde. Denn realistischerweise sei anzunehmen gewesen, dass die erhöhten Nebenwirkungen durch die erhöhte Anfangskonzentration des Wirkstoffs hervorgerufen würden, und eine solche wäre aufgrund der gleichen hohen Dosis auch beim 40QOD-Schema gegeben. Noch weniger sei eine qualifizierte Voraussage zu dem erfindungsgemäßen Therapieschema von 40TIW möglich. Unter Berücksichtigung der tatsächlich im Stand der Technik verfügbaren Informationen habe die Einspruchsabteilung zu Recht geschlossen, dass der Fachmann sich zum Prioritätszeitpunkt auch mehr am 40QD Ansatz als 40QOD Ansatz orientiert hätte. Da zum damaligen Zeitpunkt bereits Daten von klinischen Phase III Studien verfügbar gewesen seien, wonach die höhere tägliche Dosis von 40QD daran scheiterte, eine verbesserte Wirksamkeit bei der höheren Dosierung zu demonstrieren und es bestätigt worden sei, dass die tägliche Dosierung von 20QD die optimale Behandlungsmethode bleibe, sei die Einspruchsabteilung zu der Beurteilung gelangt, dass es sich dabei um den erfolgversprechendsten Ausgangspunkt und den nächstliegenden Stand der Technik gehandelt habe. In Bezug auf die Reduktion der Verabreichungshäufigkeit sei bekannt gewesen, dass ein Therapieschema für Glatirameracetat mit 20 mgQOD nicht die gewünschte, konstante Wirkung gezeigt habe und darüber hinaus keine Verringerung in der Nebenwirkungsquote mit sich gebracht habe. Wenn demgegebenüber das Landgericht davon ausgehe, dass stattdessen das 40QD-Schema im Fokus des Fachmanns gestanden hätte, und dass dieser in der Hoffnung, Nebenwirkungen reduzieren zu können, indem er den Dosierungsabstand verdoppele - in Richtung des 40QOD-Schemas weitergearbeitet hätte, dann werde hierbei nicht nur die Unberechenbarkeit der Pharmakokinetik von Glatirameracetat ignoriert, sondern darüber hinaus auch die negativen Erfahrungen mit dem 20QOD-Schema übergangen. Erschwerdend komme hinzu, dass der Gegenstand der Erfindung nicht in der Anwendung des 40QOD-Schemas bestehe, welches ja wenigstens theoretisch einmal erwähnt worden sei, sondern in der Anwendung des TIW-Schemas, für das in der Literatur zu Glatirameracetat jeder Hinweis fehle.
Auch die Einbeziehung des Therapieschemas für Rebif, auf die das Landgericht im Anschluss an das Urteil des UK High Court abstelle, entbehre einer tragfähigen Grundlage. Im relevanten Stand der Technik habe es hierfür keinen Hinweis gegeben. Ein Rückschluss von einem Wirkstoff auf einen anderen sei auf dem Gebiet der Findung eines geeigneten Therapieschemas bereits prima facie unzulässig. Die Ausgestaltung eines Therapieschemas für einen gegebenen Wirkstoff nehme auf dessen pharmakokinetische Eigenschaften einen ganz entscheidenden Einfluss. Dazu gehörten generell u.a. die minimale therpeutische Plasmakonzentration, die minimale toxische Plasmakonzentration, die Geschwindigkeit der Wirkstoffaufnahme und -eliminierung, und damit verbunden auch die Applikationsroutine und die Galenik der applizierten Wirkstoffzusammensetzung. Da grundsätzlich davon auszugehen sei, dass sich diese Parameter für verschiedene Wirkstoffe in nicht vorhersagbarer Weise unterschieden, sei eine Vorhersage der Pharmakokinetik eines Wirkstoffs aus der Kenntnis einer anderen Pharmakokinetik - und erst recht die Vorhersage einer Anwendung dieser Pharmakokinetik, etwa im Sinne eines Therapieschemas - schlicht unmöglich und für den Fachmann vollkommen unglaubwürdig. Eine Ähnlichkeit der pharmakokinetischen Eigenschaften zwischen Glatirameracetat und Interferon - dem Wirkstoff von „Rebif“, die ausnahmsweise einen Rückschluss auf eine übereinstimmende Pharmakokinetik zulassen könnte, sei niemals gezeigt worden.
Die Lehre des Verfügungspatents sei auch ausführbar (Beschwerdebegrünung, Seite 34/39). Auch eine unzulässige Erweiterung sei zu verneinen (Beschwerdebegründung, Seite 39/41).
Es sei davon auszugehen, dass das Urteil des UK High Court im Wege der Berufung (Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß Anlage ASt 25) korrigiert werde und - viel entscheidender - die maßgebliche Einspruchsabteilung des EPA das Verfügungspatent aufrechterhalten werde.
Die Antragstellerin beantragt,
I. der Antragsgegnerin wird aufgegeben,
1. es bei Meidung (näher bezeichneter Ordnungsmittel) zu unterlassen, Glatirameracetat, sinnfällig hergerichtet zur Verwendung in einem Behandlungsschema von drei subkutanen Injektionen von einer 40mg-Dosis Glatirameracetat alle sieben Tage mit mindestens einem Tag zwischen den einzelnen subkutanen Injektionen zur Verwendung in der Behandlung eines Patienten, der unter einer schubförmig verlaufenden Art von Multipler Sklerose leidet oder der einen ersten Schub erfahren hat und ein hohes Risiko trägt, eine klinisch gesicherte Multiple Sklerose zu entwickeln und wobei die pharmazeutische Zusammensetzung zusätzlich Mannitol enthält,
(Anspruch 1) und Arzneimittel umfassend Glatirameracetat, sinnfällig hergerichtet zur Verwendung in der Behandlung eines Patienten, der unter einer schubförmig verlaufenden Art von Multipler Sklerose leidet oder der einen ersten klinischen Schub erfahren hat und ein hohes Risiko trägt, eine klinisch gesicherte Multiple Sklerose zu entwickeln, wobei das Arzneimittel zu verabreichen ist, in einem Behandlungsschema von drei subkutanen Injektionen von einer 40mg-Dosis Glatirameracetat alle sieben Tage mit mindestens einem Tag zwischen jeder subkutanen Injektion und wobei die pharmazeutische Zusammensetzung zusätzlich Mannitol enthält,
(Anspruch 2) in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
2. der Antragstellerin innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung Auskunft über den Umfang der vorstehend unter Ziffer I.1 wiedergegebenen Handlungen seit dem 4.1.2017 zu erteilen und zwar unter Angabe der
a. Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und b. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
3. die in Deutschland im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Antragsgegnerin befindlichen, unter Ziffer I.1 bezeichneten Produkte an einen von der Antragstellerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zur Sicherung des Vernichtungsanspruchs zum Zwecke der Verwahrung auf ihre - der Antragsgegnerin - Kosten herauszugeben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 14.12.2017 wird zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das Landgericht habe bei der Prüfung des Verfügungsgrundes keinen unzutreffenden Maßstab angelegt. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Patentinhaber eine rechtzeitige Klärung des Rechtsbestands des EP '749 verhindert habe. Wenn sich die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung des Rechtsbestandes des Verfügungspatents maßgeblich auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung zum Stammpatent berufe und die Auffassung vertrete, der Antragsgegnerin obliege es, dazutun, dass diese Entscheidung evident unrichtig sei, verkenne sie, dass sich die Antragsgegnerin (und andere Einsprechende) darum bemüht hätten, rechtzeitig eine Klärung des Rechtsbestands des Stammpatents herbeizuführen. Da der Gegenstand des Verfügungspatents gegenüber dem Stammpatent nur unwesentlich geändert worden sei, wäre im Falle der Zurückweisung der Beschwerde nicht nur das Stammpatent, sondern ggf. auch das Verfügungspatent verfügungstauglich gewesen. Es gebe nur eine Erklärung dafür, warum die Antragstellerin das Stammpatent habe fallen lassen, bevor es zu einer Entscheidung der Beschwerdekammer gekommen sei. Sie habe befürchten müssen, dass die Beschwerdekammer das Stammpatent vernichte und dies auch Auswirkungen auf andere Mitglieder der Patentfamilie haben werde, nämlich zum Beispiel auf die Durchsetzbarkeit des Verfügungspatents. Die Gründe, die die Antragstellerin für die Rücknahme des Streitpatents anführe, seien offensichtliche Schutzbehauptungen, um die Strategie der Antragstellerin zu kaschieren, die sie, wie in der Schutzschrift ausgeführt, ganz bewusst und regelmäßig einsetze, um endgültige Klärungen über die Schutzfähigkeit ihrer Rechte zu verhindern. Es sei nicht nachvollziehbar, warum es einen Vorteil darstellen solle, die Ansprüche des Verfügungspatents zur besseren Abbildung des Originalprodukts gegenüber der Stammanmeldung durch die Aufnahme des zusätzlichen Merkmals Mannitol einzuengen und das Stammpantent fallen zu lassen. Es sei auch nicht verständlich, warum die überschaubaren Aufwendungen, die für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens beim EPA erforderlich seien, wirtschaftlich nicht gerechtfertigt gewesen sein sollen, wenn das von der Antragstellerin behauptete Ergebnis des Beschwerdeverfahrens die Durchsetzbarkeit des Stammpatents ultimativ gewährleistet und damit einen angeblich sehr wertvollen Markt monopolisiert hätte. Dies gelte insbesondere angesichts der für eine Teilanmeldung anfallenden Kosten und Gebühren, zumal das von dem EP '749 abgezweigte und im Wesentlichen inhaltsgleiche Gebrauchsmuster gegen die entsprechende Löschungsklage in Deutschland nach wie vor verteidigt werde. Bei der als „divisional game“ bekannten Strategie zur Verzögerung der Klärung der Rechtsbeständigkeit einer Patentfamilie handele es sich um ein bekanntes Problem, welches vielfach zur Verzögerung generischen Markteintritts führe. Das Landgericht habe daher zu Recht festgestellt, dass die Verhinderung der Überprüfung der Einspruchsentscheidung der Antragstellerin zuzurechnen sei und dies entsprechenden Einfluss auf den Maßstab bezüglich der Rechtsbestandsprognose und die Gewichtung der Einspruchsentscheidung haben müsse.
Das Verfügungspatent sei von der Antragstellerin nach einem zunächst negativen Hinweis der Prüfungsabteilung durch Vorlage der Einspruchsentscheidung zum EP '749 zur Entscheidung gebracht worden. Die gegen die Patentfähigkeit angeführten Gründe seien im Erteilungsverfahren des Verfügungspatents erst mit der Eingabe vom 6.12.2016 (Anlage ASt 17, 17a) vorgebracht worden, nachdem die Prüfungsabteilung am 27.10.2016 den Hinweis über die Mitteilung der beabsichtigten Patenterteilung erlassen habe. Die Eingabe sei jedoch vor der Erteilung des Verfügungspatents nicht mehr berücksichtigt worden, wie sich aus der Mitteilung vom 25.1.2017 ergebe (Anlage WKS 11). Nachdem das Verfügungspatent erteilt worden sei und das Stammpatent prompt fallen gelassen worden sei, habe sich die Muttergesellschaft der Antragsgegnerin und die Synthon BV umgehend um eine Klärung des Rechtsbestands des Verfügungspatents in England und in den Niederlanden bemüht. Der in den Niederlanden eingereichten Nichtigkeitsklage sei durch den Verzicht auf den niederländischen Teil des Stammpatents sowie aller weiteren Mitglieder der Patentfamilie durch die Patentinhaberin die Grundlage entzogen worden.
Die im Oktober 2017 von der Muttergesellschaft der Antragsgegnerin und der Synthon BV eingereichten Einsprüche (Anlagen WKS 12 und 13) stützten sich sowohl auf die Argumente, die im Einspruchsverfahren gegen das Stammpatent vorgebracht worden seien, als auch auf die Argumente und Unterlagen, die in den Beschwerden gegen die Einspruchsentscheidungen zum Stammpatent ergänzend eingereicht worden seien. Die Entscheidung des High Court, die inzwischen rechtskräftig sei (Anlagen WKS 14/WKS 14a), die auf der Grundlage einer aufwendigen Sachverhaltsanalyse ergangen und sorgfältig begründet worden sei, sei der Argumentationslinie der Antragsgegnerin gefolgt.
Hiervon ausgehend sei der Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht als hinreichend gesichert anzusehen. Die Rechtsprechung des Senats, wonach der Erlass einer einstweiligen Verfügung auch ohne eine erstinstanzliche Rechtsbestandsentscheidung in Betracht komme, sei vorliegend nicht einschlägig, da die Antragstellerin die Möglichkeit, das Verfügungspatent verfügungstauglich zu machen, bewusst ausgelassen habe. Auch auf die Düsseldorfer „Ausnahme“-Rechtsprechung könne sich die Antragstellerin vorliegend nicht berufen, da es sich nicht um einen typischen Fall des Markteintritts eines Generikums handele. Für die Zulassung der angegriffenen Ausführungsform im Wege der sogenannten hybriden Marktzulassung seien klinische Studien und somit erheblich höhere Investitionen erforderlich gewesen als bei einem „normalen“ Generikum“.
Unabhängig hiervon könne der Rechtsbestand schon deshalb nicht als hinreichend gesichert angesehen werden, da es der Antragstellerin nicht gelungen sei, die durch die Entscheidung des High Court belegten Zweifel an der Rechtsbeständigkeit auszuräumen. Verbleibende Zweifel gingen zu Lasten des Antragstellers. Entscheidungen ausländischer Gerichte betreffend parallele ausländische nationale Schutzrechte seien zu beachten und seien auch geeignet, im Verfügungsverfahren Zweifel bezüglich des Rechtsbestands hervorzurufen. Die von diesen Entscheidungen ausgehende Indizwirkung beruhe darauf, dass dem jeweiligen Spruchkörper zur Ermittlung und Beurteilung des technischen Sachverhalts eigene technische Sachkunde und/oder die Möglichkeit der Anhörung von technischen Sachverständigen zur Verfügung gestanden hätten. Es sei nicht dargetan, dass der High Court den Sachverhalt unzutreffend ermittelt habe. Insbesondere sei nicht ersichtlich, wieso an der Glaubwürdigkeit der im englischen Verfahren angehörten Sachverständigen Zweifel bestehen sollten, da sich der Vortrag der Antragstellerin in der pauschalen Kritik erschöpfe, die Sachverständigen hätten lediglich „private Meinungen“ ohne technische Basis geäußert. Es treffe auch nicht zu, dass der High Court blindlings den Aussagen der Privatsachverständigen im Kreuzverhör vertraut habe, vielmehr habe sich der High Court über die Anhörung der Sachverständigen hinaus intensiv mit dem Stand der Technik befasst. Auf der Grundlage des vom High Court ermittelten Sachverhalts würde auch das EPA bei fehlerfreier Prüfung die erfinderische Tätigkeit verneinen. Dies sei durch die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung belegt, wonach keine erfinderische Tätigkeit vorliege, wenn man bei der Prüfung „Pinchasi“ als nächstliegenden Stand der Technik wähle. Wenn das EPA bei seiner Entscheidung dann darauf abgestellt habe, dass der Fachmann sich von dem dort offenbarten Behandlungsschema 40QOD abwenden werde, weil dessen Wirksamkeit nicht belegt sei, sei diese Argumentation bereits deshalb falsch, weil bei Anlegegung dieses Maßstabes, dass nur glaubwürdig sei, was empirisch belegt sei, auch die Lehre des Verfügungspatents mangels klinischer Daten im Verfügungspatent nicht glaubwürdig sei, sodass es bei Anlegung dieses Maßstabes bereits an einer ausreichenden Offenbarung mangele.
Im Übrigen habe das Landgericht zu Recht eine eigene negative Prognose betreffend den Rechtsbestand des Verfügungspatents getroffen. Die von der Beschwerde hiergegen vorgebrachten Einwendungen könnten nicht überzeugen. Hinsichtlich der Kritik an der Bestimmung des angesprochenen Fachmanns sei auch von der im Verfahren vor dem High Court von der dort beklagten Patentinhaberin ein Pharmakologe als Mitglied des fachmännischen Teams nicht gefordert worden. Hinsichtlich der Wahl von „Pinchasi“ als nächstliegenden Stand der Technik sei vor dem High Court offenbar der Einwand, dass „Pinchasi“ kein geeigneter Ausgangspunkt sei, gar nicht erhoben worden. Zu Recht habe sich das Landgericht hierbei an der Rechtsprechung des EPA orientiert. Die in den Richtlinien für die Prüfung im EPA (Teil G, Kap. VII, Abschnitt 5.1) niedergelegten Kriterien seien durch „Pinchasi“ unzweifelhaft erfüllt. Wenn demgegenüber die Einspruchsabteilung auf das Kriterium der Eignung abgestellt habe und diese verneint habe, weil das von Pinchasi vorgeschlagene 40QOD-Behandlungsschema keine klinischen Daten offenbare, sei dabei aus dem Blick verloren worden, dass auch das vom Verfügungspatent beanspruchte Behandlungsschema keinerlei klinische Daten enthalte, sondern im Gegenteil darauf verweise (Abs. 0113), dass jede Änderung des Behandlungsschemas empirisch getestet werden müsse. Die Resultate derartiger Tests seien aber erst drei Jahre nach dem Prioritätsdatum verfügbar gewesen. Auf diesen Punkt habe auch das US-Gericht in seiner Entscheidung zutreffend abgestellt (Anlage WKS 7, S. 32; WKS 7a, Seite 8). Auf diesen Aspekt gehe die Antragstellerin in der Beschwerde überhaupt nicht ein. Sie erkläre nicht, wieso der Fachmann das vom Verfügungspatent beanspruchte Behandlungsschema 40TIW für plausibel (ausführbar) gehalten hätte, nicht aber das 40QOD-Behandlungsschema nach „Pinchasi“, obwohl keines der beiden auf klinischen Daten beruhe, sondern beide Vorschläge durch empirische Tests weiter zu erproben gewesen seien.
Wenn die Antragstellerin argumentiere, aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Pharmakokinetik und der daher notwendigen empirischen Überprüfung von alternativen Behandlungsschemata für GA hätte der Fachmann keine qualifizierten Aussagen ohne empirische Tests treffen können, sodass als realistischer Ausgangspunkt für seine Überlegungen nur solche Behandlungsschemata in Betracht kämen, die durch klinische Daten als wirksam bestätigt seien, widerspreche dies schon der Herangehensweise des Fachmanns. Die Ersetzung eines Behandlungsschemas durch ein anderes für denselben Zweck werde als Routinemaßnahme angesehen und erfordere keine erfinderische Tätigkeit. Allein dadurch, dass vorher keine sicheren Aussagen zur Wirksamkeit bzw. Sicherheit eines alternativen Behandlungschemas möglich seien, werde sich der Fachmann nicht von der Heranziehung eines Vorschlages im Stand der Technik abhalten lassen. Die gegenteilige Behauptung stehe auch im Widerspruch zur Beweisaufnahme vor dem High Court (vgl. Anlage WKS 6a Rn. 182). Wenn die Antragstellerin im Hinblick auf das durch „Pinchasi“ offenbarte 40QOD-Behandlungsschema behaupte, der Fachmann werde auch das 40QOD-Behandlungsschema nicht als geeigneten Ausgangspunkt heranziehen, weil er bei der Verabreichung einer 40mg Dosis das Risiko schwerer Nebenwirkungen habe befürchten müssen, widerspreche dies der Aussage in „Pinchasi“ selbst (Abs. 0062 a.E.). Wenn die Antragstellerin weiter einwende, der Fachmann hätte das 40QOD-Behandlungsschema nicht als geeigeten Ausgangspunkt angesehen, weil er von der Halbierung der Injektionshäufigkeit keine Reduktion der Nebenwirkungen des 40QOD-Behandlungsschema erwartet hätte, stehe dies im Widerspruch zu den eigenen Angaben der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift (Rn. 70 und 71), wenn sie davon ausgehe, dass die lokale Nebenwirkungsquote durch die geringe Anzahl an Injektionen beeinflusst werde. Hinsichtlich der Argumentation, dass aus „Fletcher“ (ASt 19) bekannt sei, dass ein Behandlungsschema für GA mit 20mg QOD nicht die gwünschte konstante Wirkung zeige und darüber hinaus keine Verringerung der Nebenwirkungsquote einhergehe, sei auf die Schlussfolgerung der Autoren dieser Veröffentlichung zu verweisen (wiedergegeben in Anlage WKS 6a Rn. 130), aus der sich gerade kein Vorurteil gegenüber einem Behandlungsschema mit einer reduzierten Verabreichung herleiten lasse.
Nehme man das 40QOD-Behandlungsschema aus „Pinchasi“ als Ausgangspunkt der erfinderischen Tätigkeit, so bestehe der einzige Unterschied zwischen „Pinchasi“ und dem beanspruchten Behandlungsschema darin, dass nach der Lehre des Verfügungspatents innerhalb von zwei Wochen sechs Injektionen und nach „Pinchasi“ sieben Injektionen gegeben würden. Irgendwelche technische Vorteile in Bezug auf Wirksamkeit oder Verträglichkeit des beanspruchten Behandlungschemas gegenüber dem 40QOD-Behandlungsschema seien bis heute nicht belegt. Wie sich auch aus der vorläufigen Stellungnahme der Einspruchsabteilung zum Stammpatent EP '749 ergebe, beruhe die Bereitstellung eines alternativen Behandlungsschemas nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn kein überraschender technischer Effekt gezeigt werde. In der Verringerung der Zahl der Injektionen liege aber kein überraschender Vorteil, wie von den Experten vor dem High Court übereinstimmend bestätigt worden sei (Anlage WKS 6a Rn. 111), zumal es sich bei dem TIW-Behandlungsschema um ein auf dem einschlägigen Gebiet geläufiges Behandlungsschema gehandelt habe. Soweit die Antragstellerin die Einbeziehung des Behandlungsschemas aus „Rebif“ (Anlage WKS 5) als weiteren schweren Fehler rüge, liege dies neben der Sache. Von der Antragsgegnerin sei nie geltend gemacht worden, dass der Fachmann ausgehend von „Rebif“ dieses Behandlungsschema einfach auf GA übertragen hätte. „Rebif“ diene nur als Beleg dafür, dass das Behandlungsschema TIW dem Fachmann aus seinem allgemeinen Fachwissen bekannt war und daher bei Erwägung zur möglichen Verbesserung des 40QOD-Behandlungsschemas unter Compliance-Gesichspunkten als mögliche Alternative im Fokus des Fachmanns gestanden hätte.
Hinsichtlich der fehlenden Ausführbarkeit sei auf den Vortrag in der Schutzschrift zu verweisen. Wenn das EPA hierin kein Problem gesehen habe, so sei dies darauf zurückzuführen, dass es die unstreitige Tatsache aus dem Blick verloren habe, dass das Stammpatent (ebenso wie das Verfügungspatent) keinerlei konkrete Daten enthalte, die eine Wirkung des beanspruchten Behandlungsschemas belegten. Wie in dem Gutachten (Anlage WKS 2a) ausgeführt sei, hätte dies zur Aufhebung der Entscheidung geführt. Die Beurteilung des High Court (WKS 6a Rn. 191 ff., 195) - die von der Antragstellerin herangezogene Rn. 113 befasse sich nicht mit dem angegriffenen Patent - besage lediglich, dass dann, wenn bestimmte Aspekte der Wirksamkeit oder der Verträglichkeit wesentliche Merkmale des beanspruchten Behandlungsschemas seien, wie von der Antragstellerin geltend gemacht, der Hauptanspruch des Verfügungspatents nicht plausibel und daher nicht ausführbar sei. Gehe man dagegen, wie von der Antragsgegnerin vertreten, davon aus, dass der Hauptanspruch lediglich ein alternatives, allenfalls unter Compliance-Gesichtspunkten verbessertes Behandlungsschema lehre, welches in Bezug auf die Wirksamkeit keine anderen Anforderungen stelle als dass es wirksam gegenüber einem Placebo und damit zur Behandlung geeignet sei, sei der Anspruch plausibel und damit ausführbar, aber eben nicht erfinderisch.
Die Antragstellerin könne auch den Einwand der unzulässigen Erweiterung nicht erschüttern. Anspruch 1 des Verfügungspatents enthalte eine Merkmalskombination, die in der Stammanmeldung WKS 1 nicht offenbart sei. Dabei gehe es um die Kombination dreier Merkmale, von denen zwei im Anspruch des Stammpatents EP '749 nicht enthalten seien, sodass die Einspruchsentscheidung bereits deshalb keine Aussagekraft habe (Beschwerdeerwiderung, Seite 37 ff.).
Mit der Streitwertbeschwerde erstrebt die Antragstellerin eine Herabsetzung des Streitwerts. Für die Bemessung des Streitwerts könne es nicht allein auf die von dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform ausgehenden befürchteten Umsatzeinbußen bis einschließlich 2030 ankommen. Zwar sei grundsätzlich auch die bei Antragstellung noch gegebene Restlaufzeit des Verfügungsschutzrechts mit heranzuziehen. Noch entscheidender sei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch eine jeweils relevante Rechtsbestandsentscheidung.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei nicht die Einbeziehung von sämtlichen der erwähnten befürchteten Umsatzeinbußen zur Streitwertermittlung geboten. Denn das Streitwertinteresse werde im Falle einer einstweiligen Verfügung in Patenverletzungsstreitigkeiten regelmäßig durch die jeweilige erstinstanzliche Rechtsbestandsentscheidung bedingt sein. Bestätige die Einspruchsabteilung erwartungsgemäß die Validität des Verfügungspatents, könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der beantragte Erlass einer einstweiligen Verfügung auch gewährt werde. Werde das Verfügungspatent dagegen in erster Instanz widerrufen, werde regelmäßig keine einstweilige Verfügung erlassen, so dass auch über den Zeitpunkt hinaus befürchtete Umsatz- und insbesondere Gewinneinbußen für die Streitwertbemessung nicht ins Gewicht fielen. Vorliegend sei voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2018 mit einer Entscheidung über das Verfügungspatent beim EPA zu rechnen. Am 8.12.2017 habe die Antragstellerin von der Vorankündigung der Listung des angegriffenen Produkts in der Lauer-Taxe Kenntnis erlangt. Dieses werde nicht zu einem ganz so günstigen Preis, wie ursprünglich befürchtet angeboten, sodass eine Anpassung der Prognose angezeigt sei. Danach sei für 2018 mit einer Umsatzeinbuße der Antragstellerin in Höhe von € 58,5 Millionen zur rechnen. Auch wenn die Laufzeit des Verfügungspatents zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags noch eine Laufzeit von ca. 12 Jahre besessen habe, sei lediglich der Zeitraum bis ca. Ende 2018 relevant. Es sei somit sachgerecht von einem Wert von 3/4 der befürchteten Umsatzeinbußen für das gesamte Jahr 2018 auszugehen. Unter Berücksichtigung der erwarteten deutlich geringen Umsätze der Antragsgegnerin und bei Zugrundelegung eines fiktiven Lizenzsatzes von 10% sei auch die Streitwertangabe in der Antragsschrift nicht überhöht. Stelle man demgegenüber auf den entgangenen Gewinn der Antragstellerin ab, sei zu berücksichtigen, dass der Gewinnanteil am Umsatz schätzungsweise ein Drittel betrage. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Eilverfahrens sei der Streitwert zu addieren, so dass sich ein Streitwert von € 11 Millionen ergebe.
Die Antragstellerin beantragt,
die Streitwertfestsetzung gemäß Ziffer 3. Des Beschlusses des Landgerichts München I vom 14.12.2017 aufzuheben und den Streitwert auf den mit der Antragsschrift vorgeschlagenen Wert von € 5 Millionen, allenfalls aber € 11 Millionen herabzusetzen.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 30.1.2018 nicht abgeholfen.
II.
A. Sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und, da form- und fristgerecht eingelegt, auch zulässig. In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Die Beurteilung des Landgerichts, die Antragstellerin habe einen Verfügungsgrund (§ 940 ZPO) nicht glaubhaft gemacht, ist nicht zu beanstanden.
1. Verfügungsanspruch
a. Die Antragstellerin hat unter Bezugnahme auf die im Register eingetragene ausschließliche Lizenz durch Vorlage der „Confirmation …“ der Patentinhaberin vom 30.11.2017 und der eidesstattlichen Versicherung des Vizepräsidenten der Patentinhaberin vom 22.10.2017 (Anlage ASt 7) glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO; zu den Anforderungen vgl. BGH, Beschluss vom 1.12.2015 - II ZB 7/15 Tz. 17 mwN), dass sie an dem Verfügungspatent eine ausschließliche Lizenz besitzt und folglich berechtigt ist, Ansprüche aus dem Verfügungspatent geltend zu machen.
b. Dass die angegriffene Ausführungsform von den Ansprüchen 1 und 2 des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch macht, steht zwischen den Parteien nicht in Streit, sodass hinsichtlich des Bestehens eines Verfügungsanspruchs (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 Satz 1, § 140b Abs. 1 und 3, § 140a Abs. 1 PatG) keine weiteren Ausführungen veranlasst sind.
2. Verfügungsgrund
a. Neben der Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs setzt der Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der ein Unterlassungsanspruch (§ 139 Abs. 1 PatG) sowie ein Vernichtungsanspruch (§ 140a Abs. 1 PatG) gesichert werden soll, voraus, dass ein Verfügungsgrund (§ 940 ZPO) glaubhaft gemacht wird (§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO; hinsichtlich der zusätzlichen Anforderungen bei der Drittauskunft siehe nachfolgend unter b.). Das Erfordernis der Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes umfasst auch die Darlegung und Glaubhaftmachung, dass die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents hinreichend gesichert ist, d.h. ein bereits anhängiger oder ein noch möglicher Rechtsbehelf gegen das Verfügungspatent voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die Rechtsprechung des Senats zu dieser Frage wurde vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss eingehend und zutreffend dargestellt (Seite 6 f.), sodass lediglich folgende weitere Ausführungen veranlasst sind:
Ist in einem zweiseitigen Verfahren bereits eine Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage oder einen Einspruch gegen das Verfügungspatent ergangen, in der das Verfügungspatent aufrechterhalten wurde, so wird in der Regel davon auszugehen sein, dass der Rechtsbestand des Verfügungspatents hinreichend gesichert ist (Senat, Urt. v. 18.5.2017 - 6 U 3039/16, BeckRS 2017, 118983 = Pharmarecht 2017, 402 und juris, dort Tz. 113 betreffend die das Verfügungspatent aufrechterhaltende Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA). Eine andere Beurteilung wird in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn es dem Antragsgegner gelingt, die Indizwirkung der Entscheidung des Bundespatentgerichts bzw. der Einspruchsabteilung zu entkräften. Ein hinreichend gesicherter Rechtsbestand des Verfügungspatents kann ggf. aber auch in Fallgestaltungen bejaht werden, bei denen es an einer die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents bejahenden Entscheidung des Bundespatentgerichts oder des Europäischen Patentamts fehlt. In derartigen Fallgestaltungen hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, dass ein bereits anhängiger Rechtsbehelf oder ein noch möglicher Angriff gegen das Verfügungspatent voraussichtlich keinen Erfolg haben kann. Diese vom Verletzungsgericht vorzunehmende Prüfung wird in der Regel nur aufgrund einer mündlichen Verhandlung erfolgen können, da dem Antragsgegner Gelegenheit gegeben werden muss, die Einwendungen gegen die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents aufzubereiten und im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vorzutragen (Senat, Urt. v. 31.8.2017 - 6 U 4683/16, S. 39). Kann sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass sich das Verfügungspatent als rechtsbeständig erweisen wird, geht dies zu Lasten des Antragstellers und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen. Im Rahmen dieser Prognose hinsichtlich der Rechtsbeständigkeit sind auch Entscheidungen anderer Spruchkörper betreffend andere nationale Teile des Verfügungspatents bzw. andere Patente derselben „Patentfamilie“ zu berücksichtigen, insbesondere wenn diese Spruchkörper (auch) mit technisch sachkundigen Mitgliedern besetzt sind oder wenn in diesen Verfahren, anders als im Verfügungsverfahren, unter Einbeziehung von Sachverständigen entschieden wurde. Der Rekurs auf solche Entscheidungen kann aber eine eigenständige Prüfung durch das angegangene Gericht nicht ersetzen.
b. Die Durchsetzung eines Anspruchs auf Drittauskunft im Wege der einstweiligen Verfügung setzt gemäß § 140b Abs. 7 PatG das Vorliegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung voraus. Eine offensichtliche Rechtsverletzung liegt nach allgemeiner Auffassung dann vor, wenn die Rechtsverletzung so eindeutig ist, dass eine ungerechtfertigte Belastung des Antragsgegners ausgeschlossen erscheint, also keine Zweifel in rechtlicher Hinsicht vorliegen. Der Verletzungstatbestand und auch die Schutzrechtslage müssen sich so eindeutig darstellen, dass eine Fehlentscheidung oder eine andere Beurteilung kaum möglich ist (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 32; OLG Hamburg InstGE 8, 11; Grabinski/Zülch, in Benkard, PatG, 11. Aufl., § 140b Rn. 20; Kaess, in Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 140b Rn. 12, 30). D.h. der Antragsteller hat auch glaubhaft zu machen, dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents besteht (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 1993, 818, 821), was ohne das Vorliegen einer die Schutzfähigkeit bejahenden Entscheidung besonders sorgfältiger Prüfung bedarf und nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen dürfte.
c. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Beurteilung des Landgerichts, die Antragstellerin habe den Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht hinreichend glaubhaft gemacht, nicht zu beanstanden. Erst Recht hat die Antragstellerin einen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit (siehe vorstehend unter b.) nicht glaubhaft gemacht.
aa. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die mit den Einsprüchen vorgebrachten Einwendungen gegen die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents voraussichtlich keinen Erfolg haben werden, weil diese Einwendungen im Rahmen des Erteilungsverfahrens als Einwendungen Dritter (Art. 115 EPÜ) bereits Berücksichtigung gefunden und nicht für durchgreifend erachtet wurden. Vielmehr ergibt sich aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Mitteilung der Prüfungsabteilung des EPA vom 25.1.2017 (Anlage WKS 11) das Gegenteil. Danach wurden die mit Eingabe vom 6.12.2016 erhobenen Einwendungen (Anlage ASt 17) nicht mehr berücksichtigt, weil sie erst nach dem maßgeblichen Stichtag („internal decisionmaking process“) eingereicht wurden.
bb. Auch der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass auf der Grundlage der Entscheidung der Einspruchsabteilung betreffend das EP '749 davon ausgegangen werden kann, dass die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents hinreichend gesichert ist.
(1) Die Parteien gehen allerdings übereinstimmend davon aus, dass die Aufrechterhaltung des EP '749 durch die Einspruchsabteilung auch Rückschlüsse auf die Schutzfähigkeit des Verfügungspatents zulässt, denn mit Ausnahme der Frage der unzulässigen Erweiterung (Beschwerdeerwiderung, Seite 36 ff.) wurden gegen das EP '749 dieselben Einwendungen wie nunmehr gegenüber dem Verfügungspatent erhoben. Das Verfügungspatent unterscheidet sich von der Lehre des EP '749 lediglich dadurch, dass die pharmazeutische Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 bzw. Anspruch 2 jeweils zusätzlich Mannitol enthält, wobei nicht dargetan noch sonst ersichtlich ist, inwiefern dieser zusätzliche Bestandteil für die Bejahung der Schutzfähigkeit von entscheidungserheblicher Bedeutung sein könnte.
Es kann dahinstehen, inwiefern das Landgericht der (nach Zurückweisung des Antrags auf Zulassung der Berufung (Anlage WKS 14, 14a) zwischenzeitlich rechtskräftigen) Entscheidung des UK High Court, wie mit der Beschwerde gerügt, eine zu große Aussagekraft beigemessen hat, wenn es davon ausgeht, dass dieses Urteil der Bejahung der Schutzfähigkeit ebenso wie eine die Schutzfähigkeit verneinende Entscheidung der Einspruchsabteilung bzw. des Bundespatentgerichts nur dann nicht entgegenstehen könne, wenn es evident unrichtig sei und deshalb prognostiziert werden könne, dass die Beschwerde bzw. die Berufung mit Sicherheit zur Aufrechterhaltung des Verfügungspatents führen werde (Seite 8 unten/9 oben, Seite 19 unter 5.a; a.A. offensichtlich das OLG Düsseldorf in dem von der Antragstellerin mitgeteilten Urt. v. 14.12.2017 - 2 U 17/17 betreffend u.a. eine Entscheidung des Schweizer Bundespatentgerichts, Bericht gemäß Anlage ASt 23). Auch wenn der vom Landgericht angelegte Maßstab nicht zugrunde gelegt wird, vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Einsprüche gegen das Verfügungspatent mit der zu fordernden hohen Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben werden und das Verfügungspatent aus denselben Gründen wie das EP '749 vom EPA aufrechterhalten wird, da die Aussagekraft der Einspruchsentscheidung vom 19.1.2016 durch das eigene Verhalten der Patentinhaberin und die nach Anhörung von Sachverständigen ergangene, sorgfältig begründete Entscheidung in Frage gestellt wird.
(2) Das Verfügungspatent
Die Verwendung von Glatirameracetat bei der Behandlung von schubförmig remittierender Multipler Sklerose war zum Prioritätszeitpunkt im Stand der Technik in Gestalt des von der Antragstellerin vertriebenen Medikaments „Copaxane ®“ bereits bekannt (Anlage ASt 5a Abs. 0009). Ein signikanter Nachteil einer Behandlung mit Glatirameracetat wird darin gesehen, dass tägliche Injektionen erforderlich sind, was mit Unbequemlichkeiten für den Patienten verbunden sein kann. Bei den durchgeführten klinischen Versuchen gehörten zu den am häufigsten genannten Reaktionen an der Injektionsstelle, die öfter bei mit Glatirameracetat behandelten Patienten gegenüber mit Placebo behandelten auftraten, Erytherm, Schmerz, Zusammenziehung, Juckreiz, Ödeme, Entzündungen und Überempfindlichkeiten (Abs. 0112). In der Beschreibung des Verfügungspatents wird ausgeführt, dass sich der Fachmann bei der Verbesserung des Behandlungsschemas mehreren Hindernissen und Einschränkungen ausgesetzt sah (Abs. 0113). Insbesondere wird die Variation bei der Häufigkeit der Verabreichung wegen des komplexen pharmakokinetischen Verhaltens des Arzneimittels nicht als vorhersehbar eingestuft und erfordere empirische Untersuchungen. Obwohl kontrollierte klinische Tests zum Beispiel die Wirksamkeit und Verträglichkeit von IFNß-1b bei der Behandlung von Multipler Sklerose gezeigt hätten, würden Patienten-Compliance, Wirksamkeit und Verträglichkeit vom verwendeten Dosierungsschema beeinflusst. Es sei nicht ausreichend, lediglich die Dosis von IFNß-1b zu erhöhen, um die Wirksamkeit zu erhöhen. Die Häufigkeit der Verabreichung müsse ebenfalls erhöht werden (Abs. 0113). Vor diesem Hintergrund stellt die Lehre des Verfügungspatents ein wirksames Dosierungsschema von Glatirameracetat mit niedriger Verabreichungshäufigkeit bei Patienten, die an einer schubförmig verlaufenden Art Multpiler Sklerose leiden, einschließlich von Patienten, die einen ersten klinischen Schub erfahren haben und MRT-Kennzeichen aufweisen, die denen der Multiplen Sklerose entsprechen, zur Verfügung. Je nach Wirksamkeit des Dosierungsschemas in diesen Studien werde erwartet, dass die Verabreichung von drei subkutanen Injektionen über einen Zeitraum von sieben Tagen mit mindestens einem Tag zwischen jeder Injektion auch bei der Behandlung von Patienten wirksam sein werde, die ein klinisch isoliertes Syndrom erfahren hätten. Dies basiere auf der Tatsache, dass sich die tägliche subkutane Injektion von 20 mg Glatirameracetat als wirksam herausgestellt habe (Abs. 0114). Es habe sich herausgestellt, dass die patentgemäße Glatirameracetat-Therapie mindestens die gleiche Effektivität aufweise wie die bisherige Glatirameracetat-Therapie unter Gabe einer täglichen Dosis von 20 mg Glatirameracetat (Abs. 0109 - 0111). Ferner habe sich gezeigt, dass diese modifizierte Therapie nicht nur den Vorteil einer verminderten Injektionszahl mit sich bringe, sondern darüber hinaus auch die Häufigkeit und Schwere der Reaktionen an der Injektionsstelle reduziere, und sich damit insgesamt als besser verträglich erweise (Abs. 0019, 0020, 0047 - 0052, 0061, 0063).
Das Landgericht hat seiner Entscheidung die von der Antragstellerin vorgelegten Merkmalsanalysen von Anspruch 1 und Anspruch 2 (Anlage ASt 8) zugrunde gelegt:
Anspruch 1:
1. Glatirameracetat
2. zur Verwendung in einem Behandlungsschema
a. von drei subkutanen Injektionen
b. von einer 40mg-Dosis Glatirameracetat
c. alle sieben Tage
d. mit mindestens einem Tag zwischen den einzelnen subkutanen Injektionen
3. zur Verwendung in der Behandlung eines Patienten, der unter einer schubförmig verlaufenden Art von Multipler Sklerose leidet,
-
4.wobei die pharmazeutische Zusammensetzung zusätzlich Mannitol enthält. Anspruch 2:
-
1.Arzneimittel umfassende Glatirameracetat
-
2.zur Verwendung in der Behandlung eines Patienten, der an einer schubförmig verlaufenden Art von Multipler Sklerose leidet,
-
3.wobei das Arzneimittel zu verabreichen ist in einem Behandlungsschema
a. von drei subkutanen Injektionen
b. von einer 40mg-Dosis Glatirameracetat
c. alle sieben Tage
d. mit mindestens einem Tag zwischen jeder subkutanen Injektion und
4. wobei die pharmazeutische Zusammensetzung zusätzlich Mannitol enthält.
(3) Ob eine erfinderische Tätigkeit (Art. 56 Satz 1 EPÜ) zu bejahen ist, bedarf einer wertenden Entscheidung unter Berücksichtigung der Kriterien des Standes der Technik als Ausgangspunkt für die Beurteilung sowie des Fachwissens des Durchschnittsfachmanns in der Frage des Naheliegens (vgl. Kinkeldey/Karamanli, in Benkard, EPÜ, 2. Aufl., Art. 56 Rn. 7 mwN). Eine Maßnahme kann als „naheliegend“ angesehen werden, wenn der Fachmann sie in der Erwartung einer gewissen Verbesserung oder eines Vorteils vorgenommen hätte. Maßgeblich ist eine angemessene Erfolgserwartung, so dass es nicht auf eine absolute Gewissheit im Hinblick auf das Eintreten vorteilhafter Effekte ankommt, andererseits aber auch nicht genügt, dass auf Seiten des Fachmanns die bloße Hoffnung auf ein gutes Gelingen besteht. Die angemessene Erfolgserwartung erfordert über den bloßen Wunsch nach Verbesserung hinaus eine vernünftige wissenschaftliche Bewertung der vorliegenden Tatsachen (vgl. BGH GRUR 2012, 803 Tz. -Calcipotriol-Monohydrat; GRUR 2016, 1027, 1029 - Zöliakiediagnoseverfahren; Kinkeldey/Karamanli aaO Rn. 74 f. mwN).
aaa. In Bezug auf die Entgegenhaltung „Pinchasi“ sind die Parteien unterschiedlicher Auffassung darüber, ob diese Entgegenhaltung als Ausgangspunkt für die Überlegungen des Fachmanns herangezogen werden kann.
Die Einspruchsabteilung hat in ihrer vorläufigen Stellungnahme vom 23.4.2015 (Anlage ASt 24a, Seite 6 f unter 5.) hierzu zunächst die Auffassung vertreten, dass die erteilten Ansprüche des EP '749 nicht erfinderisch sind. D1 (= „Pinchasi“) könne als nächster Stand der Technik betrachtet werden, denn D1 befasse sich mit der Behandlung von RRMS mittels der subkutanen Injektion von Glatiramer, das entweder täglich oder an jedem zweiten Tag verabreicht werde. In Absatz 0070 werde angemerkt, dass 40 mg/Tag eine höhere Wirksamkeit habe im Vergleich zu 20mg/Tag. Deshalb wurde diese Entgegenhaltung als besserer Ausgangspunkt angesehen als jene Dokumente, die 20mg/Tag Glatiramer offenbarten. Von „Pinchasi“ ausgehend wurde der Unterschied zum Anspruch 1 von EP '749 in der Variation der Verabreichung gesehen. Die zu lösende Aufgabe könne dahingehend formuliert werden, dass ein alternatives Dosierungsschema für 40 mg Glatiramer zur subkutanen Behandlung von RRMS bereitgestellt werde. Ein Vergleich der beiden Dosierungschemata ergebe erwartungsgemäß weder Unterschiede bei der Compliance noch bei der Wirksamkeit noch etwaige andere Effekte, denn die beiden Schemata unterschieden sich im Hinblick auf sechs Verabreichungen im Vergleich zu sieben Verabreichungen je 14 Tage, was scheinbar keinen neuen technischen Effekt darstelle. Die Einspruchsabteilung vertrat die Auffassung, dass es sicherlich eine Veranlassung dafür gegeben habe, die Häufigkeit der Verabreichung zu verringern, aber jede bestehe bei beiden Schemata.
In der Entscheidung vom 19.1.2016 (Anlage ASt 15a, Seite 7 f unter 17.2) bejahte die Einspruchsabteilung demgegenüber die erfinderische Tätigkeit. Die Einspruchsabteilung lehnte D1 als nächst kommenden Stand der Technik ab. D1 veranschauliche weder ein Behandlungsschema einer Verabreichung von 40 mg Glatiramer jeden zweiten Tag („40QOD“), noch liefere es überzeugende Argumente dafür, dass das vorgeschlagene Behandlungsschema die gewünschten klinischen Ergebnisse liefern würde. Tatsächlich mache dies nicht mehr als einen Satz in der Beschreibung aus und sei auch nicht ausgeführt worden. Es gebe keine Daten im Hinblick auf die Verabreichung von 40QOD, dies sei nur ein Vorschlag, der angesichts der Hauptoffenbarung der D1, einer Verabreichung von 40 mg Glatiramer jeden Tag („40QD“), gemacht werde. Da die D1 einen Anmeldetag vom 9.1.2007 aufweise, sei zu erwarten gewesen, dass dieser Ansatz früher verfolgt worden wäre, wenn er als vielversprechender Ansatz angesehen worden wäre. D1 könne auch nicht als erfolgversprechender Ausgangspunkt angesehen werden. Es werde angegeben, dass das Sicherheitsprofil von 40QD dem von 20QD ähnele (Abs. 0062), wobei häufiger sofortige Reaktionen nach der Injektion aufträten. Wenn diese Ausführungsform als vielversprechender Ansatz betrachtet werden würde, so müsste der Fachmann motiviert sein, basierend auf 20QD ein 40QD Behandlungsschema zu entwickeln, was am Prioritätstag des EP '749 die anerkannte klinische Anwendung gewesen sei und zum Prioritätstag als optimale Behandlungsdosis gegolten habe. Insbesondere ergebe sich aus D8 (Pressemitteilung einer Phase-III-Studie, die 40 QD mit dem anerkannten 20 QD vergleiche), dass Copaxone 20 mg weiterhin die optimale Behandlungsdosis sei, ein Vorteil von 40QD gegenüber 20QD werde nicht festgestellt. Wenn man in Betracht ziehe, dass in Tabelle 4 der D1 mehr Nebenwirkungen verzeichnet würden, so würde dies den Fachmann nicht dazu bewegen, die tägliche Dosis auf 40 mg zu erhöhen, da D8 zeige, dass es keinen offensichtlichen therapeutischen Nutzen gegenüber der anerkannten Therapie gebe. Dementsprechend wurde von der Einspruchsabteilung das zum Prioritätszeitpunkt anerkannte Behandlungsschema (Verabreichung von 20 mg Glatiramer pro Tag) als nächstliegender Stand der Technik angesehen.
Der UK High Court ist in dem zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteil vom 27.10.2017 (Anlage WKS 6, 6a; auszugsweise wiedergegeben im angefochtenen Beschluss, Seite 11 ff.) der Auffassung der dortigen Klägerinnen gefolgt und ist zu der Beurteilung gelangt, dass die Ansprüche 1 und 3 des parallelen nationalen Patents nicht erfinderisch sind. Der angesprochene Fachmann wurde darin als Neurologe mit klinischer Erfahrung in der Behandlung von Multipler Sklerose definiert (Anlage WKS 6a Rn. 78). In dem Verfahren wurden ein von den Klägern und zwei von der Beklagten benannte Sachverständige (Anlage WKS 6a Rn. 79 ff.) angehört. Der High Court hat die Entgegenhaltung „Pinchasi“ (Anlage WKS 6a Rn. 146 - 151) nicht als neuheitsschädlich (Anlage WKS 6a Rn. 168 ff.), aber als der Erfindungshöhe entgegenstehend angesehen. Der einzige Unterschied zwischen „Pinchasi“ und Anspruch 1 des Streitpatents wurde insoweit in Übereinstimmung mit der Auffassung der Einspruchsabteilung darin gesehen, dass „Pinchasi“ ein Therapieschema von 40 mg QOD offenlegt, während der Anspruch 1 ein Therapieschema von 40 mg TIW beansprucht. Dabei ist der High Court dem Ansatz der dortigen Beklagten, der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, ein 40 mg TIW-Therapieschema in Betracht zu ziehen, da er bei Interesse an der Herabsetzung der Verabreichungshäufigkeit sich dem 20mg QOD-Therapieschema zugewandt hätte, nicht gefolgt (Anlage WKS 6a Rn. 180); Gleiches gilt für das Argument der dortigen Beklagten, der Fachmann hätte von einer Dosierung von 40 mg Abstand genommen (Anlage WKS 6a Rn. 181). Auch wurde der Auffassung der dortigen Beklagten, der Fachmann sei nicht in der Lage, den Gesamteffekt einer Erhöhung der Dosis von 20 mg auf 40 mg und einer Verringerung der Verabreichungshäufigkeit vorherzusagen, eine Absage erteilt (Anlage WKS 6a Rn. 182 - 184).
bbb. Die gegen die Beurteilung des High Court und dieser folgend des Landgerichts gerichteten, unter I. zusammengefassten Rügen der Beschwerde sind nicht geeignet, dem Senat die Überzeugung zu verschaffen, dass die Einsprüche gegen das Verfügungspatent mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit voraussichtlich keinen Erfolg haben werden.
Wie sich auch aus der vorläufigen Stellungnahme der Einspruchsabteilung zum EP '749 ergibt, erscheint das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit keinesfalls als hinreichend gesichert, wenn „Pinchasi“ der Prüfung als nächstliegender Stand der Technik zugrunde gelegt wird.
Die Einspruchsabteilung hat, wie vorstehend bereits ausgeführt, in der Entscheidung vom 19.1.2016 die von ihr vorläufig vertretene Auffassung revidiert, u.a. mit dem Argument, der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, ausgehend von dem von „Pinchasi“ offenbarten Behandlungsschema Überlegungen in Richtung eines verbesserten Behandlungsschemas anzustellen. Wenn hierfür mit entscheidend darauf abgestellt wird, dass das Behandlungsschema nicht weiter verdeutlicht werde und keine überzeugenden Argumente dafür geliefert würden, dass das vorgeschlagene Behandlungsschema die gewünschten klinischen Ergebnisse liefern würden, zumal keine Untersuchungen durchgeführt worden seien, macht die Antragsgegnerin zutreffend geltend, dass bei Anlegung dieser Anforderungen an eine angemessene Erfolgserwartung zur Bestimmung des nächstkommenden Standes der Technik ein Widerspruch darin zu sehen sei, dass das EP '749 keiner diesbezüglichen Überprüfung zugeführt wurde und Gleiches auch für das Verfügungspatent zu gelten habe. Insoweit ist der Vortrag der Antragsgegnerin unwidersprochen geblieben (§ 138 Abs. 3 ZPO), dass in Bezug auf die Lehre des Verfügungspatents zum Prioritätszeitpunkt keine Untersuchungen vorlagen, obwohl in der Beschreibung (Abs. 0113) selbst darauf hingewiesen wird, dass jede Änderung des Behandlungsschemas empirisch getestet werden muss (vgl. auch UK High Court WKS 6a Rn. 71). Hiervon ausgehend wird mit den Einsprüchen gegen das Verfügungspatent u.a. geltend gemacht, dass der Begründung der Einspruchsabteilung betreffend die Bestimmung des nächst liegenden Standes der Technik nicht gefolgt werden kann. Die Antragsgegnerin macht geltend, die Antragstellerin vermöge nicht zu begründen, wieso der Fachmann das vom Verfügungspatent beanspruchte Schema 40TIW für plausibel (ausführbar) gehalten habe, nicht aber das 40 QOD-Behandlungsschema nach Pinchasi, obwohl keines der beiden auf klinische Daten beruhe, sondern beide Vorschläge durch empirische Tests weiter erprobt werden müssten.
Wenn man insoweit der Sichtweise der Einspruchsabteilung folgen wollte, wonach der Fachmann, wie von der Beschwerde geltend gemacht, nur solche Behandlungsschemata in seine Überlegungen einbeziehe, die durch klinische Daten als wirksam bestätigt wurden, wurde mit der Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung und wird mit den Einsprüchen gegen das Verfügungspatent unter Bezugnahme auf das als Anlage WKS 2a vorgelegte Sachverständigengutachten geltend gemacht (Schutzschrift, Seite 16 ff; Beschwerdeerwiderung, Seite 33 ff.), dass weder das EP '749 noch das Verfügungspatent konkrete Daten beinhalten, die eine Wirkung des beanspruchten Behandlungsschemas belegen, sodass es an einer ausführbaren Lehre (Art. 83 EPÜ) mangele. Hierzu wird in dem vorgelegten Gutachten unter Analyse der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA zur Frage der „Plausibiltät“/„plausibilityapproach“ die Auffassung vertreten, dass die Ausführungen in den Absätzen 97 bis 108 der Beschreibung des Verfügungspatents lediglich das Konzept beschrieben, wie das beanspruchte Therapieschema wirken solle, jedoch keine Daten verfügbar gemacht würden, die eine Nacharbeitbarkeit im Sinne der Rechtsprechung (T 609/02 vom 17.10.2014; T 1592/12 vom 15.10.2016) belegen würden. In Bezug auf das EP '749 wird die Auffassung vertreten, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung sich bei der Erörterung des Problem-Lösungs-Ansatzes nicht mit der Frage befasse, ob die Aufgabe, wie sie die Einspruchsabteilung definiere - Zurverfügungstellung einer alternativen Dosierungsanweisung auch tatsächlich gelöst werde.
Davon, dass diese Angriffe gegen das Verfügungspatent keinen Erfolg haben werden, kann sich der Senat nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit überzeugen. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Einsprüche gegen das Verfügungspatent hat das Landgericht zu Recht auch in die Beurteilung einbezogen, dass die Patentinhaberin das EP '749 nicht mehr verteidigt hat und es deshalb nicht mehr zu einer Entscheidung über die Beschwerde gegen die Einspruchsentscheidung vom 19.1.2016 gekommen ist. Ebenso wie das Landgericht geht der Senat davon aus, dass die Patentinhaberin eine Beschwerdeentscheidung aufgrund des bestehenden Risikos, dass im Falle eines Widerrufs des EP '749 damit auch eine „Entwertung“ des Verfügungspatents verbunden gewesen wäre, aus taktischen Gründen verhindern wollte und das Patent nicht lediglich aus Gründen der „Lästigkeit“ bzw. aus Kostengesichtspunkten nicht mehr gegen die Beschwerde verteidigt hat. Dass ein Patent, das eine „Blockbuster“-Technologie mit abdeckt (vgl. Antragsschrift, Seite 4) und das auf den Einspruch von Konkurrenten, die mit einem Generikum auf den Markt kommen wollen, aufrechterhalten worden war, aus wirtschaftlichen Überlegungen, weil die Patentinhaberin die Zeit und die Kosten für eine Verteidigung nicht aufbringen will, fallen gelassen wird, ist für den Senat mehr als fernliegend. Insbesondere, wenn man sich hierzu die Marktstellung der Patentinhaberin bzw. der Antragstellerin (siehe hierzu die Ausführungen in der Antragsschrift Seite 5) vor Augen führt, ist das Vorbringen der Antragsgegnerin glaubhaft, dass die Aufgabe des EP '749 maßgeblich von taktischen Überlegungen beeinflusst war. Dem steht auch die Argumentation der Antragstellerin nicht entgegen, das Medikament „Copaxone ®“ der Antragstellerin sei nach der Erteilung des Verfügungspatents besser durch dieses geschützt gewesen. Unabhängig davon, dass für den Senat nicht ersichtlich ist, inwiefern das engere Verfügungspatent hierfür besser geeignet sein soll, musste die Patentinhaberin auch mit einem Angriff auf das Verfügungspatent rechnen und es war mehr als naheliegend, den zu erwartenden Einsprüchen mit dem Hinweis auf die Beschwerdeentscheidung zum Stammpatent zu begegnen bzw. sich bei dessen Durchsetzung auf die Beschwerdeentscheidung zu stützen.
Soweit die Antragstellerin rügt, die Entscheidung der Patentinhaberin, das EP '749 nicht mehr zu verteidigen, könne ihr nicht zugerechnet werden, greift dies nicht durch. Unabhängig davon, dass die Antragstellerin selbst nicht geltend macht, dass diese Entscheidung gegen ihren Willen getroffen wurde bzw. nicht mit ihr abgestimmt war, ist ein solches Verhalten der Patentinhaberin bei der Prognose in Bezug auf die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents mitzuberücksichtigen, auch wenn nicht die Patentinhaberin, sondern die ausschließliche Lizenznehmerin aus dem Verfügungspatent gerichtlich vorgeht. Selbst wenn die Antragsgegnerin in die Entscheidung der Partentinhaberin nicht eingebunden gewesen sein sollte, ist deren Entscheidung, eine Entscheidung über die Beschwerde gegen das EP '749 zu verhindern, nach Überzeugung des Senats Ausdruck der Einschätzung, dass ein nicht zu vernachlässigendes Risiko bestand, dass das Stammpatent nicht aufrechterhalten wird. Diese eigene Einschätzung der Patentinhaberin kann bei der Beurteilung, ob die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents als hinreichend gesichert angesehen werden kann, nicht unberücksichtigt bleiben, auch wenn der Antragstellerin selbst entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kein treuwidriges Verhalten angelastet werden kann.
3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 2 GKG (siehe hierzu nachfolgend unter B.).
4. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt in Verfahren der einstweiligen Verfügung nicht in Betracht (§ 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 ZPO).
B. Streitwertbeschwerde
Die statthafte und zulässige Streitwertbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Der Streitwert des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bemisst sich nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG gemäß § 3 ZPO nach dem vom Antragsteller verfolgten Interesse. Bei der geltend gemachten Verletzung eines Patents ist auf die Nachteile des Antragstellers abzustellen, mit denen dieser bei der Fortsetzung des angegriffenen Verhaltens bis zum Ablauf des Schutzrechts zu rechnen hat. Diese Prognose hat sich maßgeblich an den Verhältnissen des Antragstellers (Umsatz, Größe und Marktstellung) und des Antragsgegners zu orientieren, inwiefern die vom Antragsteller voraussichtlich erzielten Umsätze durch die angegriffene Verhaltensweise beeinträchtigt werden können (vgl. BGH GRUR 2014, 206 -Einkaufskühltasche; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10. Aufl., J 120). Hierbei ist auf den Zeitpunkt der Einreichung des Verfügungsantrags (6.12.2017) abzustellen (§ 40 GKG).
2. Von diesen Grundsätzen ausgehend ergibt sich, dass bereits die Bewertung des mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu sichernden Unterlassungsanspruchs die Streitwertgrenze des § 39 Abs. 2 GKG erreicht, sodass es auf die Bewertung der gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addierenden Werte für den Anspruch auf Drittauskunft und Herausgabe an den Gerichtsvollzieher nicht mehr ankommt. Dies gilt auch dann, wenn man auf die mit der Beschwerde vorgenommene niedrigere Prognose der Antragstellerin zu ihren Umsatzeinbußen aufgrund des bevorstehenden Markteintritts der Antragsgegnerin mit dem streitgegenständlichen Arzneimittel abstellt, wie das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss zutreffend ausgeführt hat.
a. Nach der in der Beschwerde abweichend von den Angaben in der Antragsschrift vorgenommenen Prognose zu der zu erwartenden negativen Umsatzentwicklung auf Seiten der Antragstellerin im Falle des Vertriebs des angegriffenen Produkts der Antragsgegnerin wird für Dezember 2017 mangels tatsächlicher Verfügbarkeit des angegriffenen Produkts keine Umsatzeinbuße mehr angesetzt. Für das Jahr 2018 wird mit einer Umsatzeinbuße auf Seiten der Antragstellerin in Höhe von € 58,5 Millionen gerechnet. Unter Berücksichtigung der Restlaufzeit des Verfügungspatents bis 2030 errechnen sich danach Umsatzverluste im dreistelligen Millionenbereich selbst dann, wenn sich in den Folgejahren die Umsatzverluste geringer darstellen sollten. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist ihr Interesse an der Unterbindung des Marktzutritts der Antragsgegnerin nicht vorrangig nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie anhand der Umsätze der Antragsgegnerin zu bestimmen, vielmehr ist auf die Gewinneinbußen auf Seiten der Antragstellerin abzustellen, da es keinem Zweifel unterliegt, dass sie ggf. den ihr entstandenen Schaden nicht nach der Lizenzanalogie ausgehend von einem Lizenzsatz in der Größenordnung von 10% aufgrund des (geringeren) Umsatzes der Antragsgegnerin berechnen wird, sondern nach dem ihr entgangenen Gewinn, den sie mit 1/3 ihres Umsatzes ansetzt, sodass sich selbst bei einer Ermäßigung des Streitwerts um 50% aufgrund des vorläufigen Charakters des Verfahrens der einstweiligen Verfügung, wie von der Antragstellerin angestrebt (in dem vom Landgericht in Bezug genommenen Verfahren 6 W 1/18 wurde im Anwendungsbereich des § 51 Abs. 4 UWG ein Abschlag von 25% vorgenommen, in dem Verfahren 6 W 1403/16 betreffend eine Patentverletzung hat der Senat die vom Landgericht vorgenommene Ermäßigung von lediglich 25% nicht beanstandet), ein Wert ergeben würde, der die Wertgrenze des § 39 Abs. 2 GKG deutlich übersteigt.
b. Die von der Antragstellerin vorgenommene Beschränkung ihres Interesses auf den Zeitraum bis Herbst 2018 unter Hinweis darauf, dass für Ende 2018 mit einer Entscheidung des EPA über die Einsprüche gegen das Verfügungspatent zu rechnen sei, findet im Gesetz keine Stütze (vgl. § 40 GKG). Die Bewertung ist auf der Grundlage des Vortrags der Antragstellerin bei Einleitung des Verfahrens vorzunehmen unabhängig davon, ob ihrem Antrag in der Sache entsprochen wird und ob und wann über die gegen das Verfügungspatent erhobenen Einsprüche eine Entscheidung ergeht. Wie die Antragsgegnerin zutreffend anmerkt, ist Gegenstand des Antrags kein bis zur Entscheidung des EPA zeitlich befristetes Verbot.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG).