Oberlandesgericht München Beschluss, 30. Mai 2016 - 31 Wx 38/16

published on 30/05/2016 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 30. Mai 2016 - 31 Wx 38/16
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Amtsgericht München, HRB 148726, 28/12/2015

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Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Registergericht - vom 28.12.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I. Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, beantragt die Eintragung einer sog. Ersatzfirma für diese.

Das Registergericht hat den Antrag zurückgewiesen. Es stellt im Wesentlichen darauf ab, dass dies eine Unrichtigkeit des Registers zur Folge habe, die sich daraus ergäbe, dass der Name der Firma, der in der Satzung steht, von dem Namen abweicht, der dann im Register stünde. Außerdem sei der Insolvenzverwalter befugt, eine Änderung der Satzung vorzunehmen, so dass einer Satzungsänderung auch keine wesentlichen Hindernisse entgegenstünden.

Der Insolvenzverwalter ist hingegen der Ansicht, eine Satzungsänderung sei nicht nötig und rechtlich auch nicht möglich. Er trägt vor, die Eintragung sogenannter Ersatzfirmen entspräche der gängigen Praxis der Amtsgerichte.

II. Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend geht das Registergericht davon aus, dass die Eintragung der vom Insolvenzverwalter gebildeten Ersatzfirma eine Satzungsänderung der Gesellschaft voraussetzt.

1. In der Rechtsprechung ist seit der Entscheidung des BGH NJW 1983, 755 anerkannt, dass der Insolvenzverwalter die Firma als Namen der Gesellschaft im laufenden Insolvenzverfahren verwerten kann und zwar unabhängig von der Frage, ob es sich um eine Personen- oder Sachfirma handelt. Damit geht einher, dass die Gesellschaft, die als Formkaufmann auch im Liquidationsstadium nicht namenlos bleiben kann, einer (Ersatz-)Firma bedarf (Ulmer, NJW 1983, 1697/1702).

Ob die Bildung dieser Ersatzfirma eine Satzungsänderung der Gesellschaft erfordert, ist jedoch in der obergerichtlichen Rechtsprechung mit Ausnahme einer Entscheidung des KG nicht entschieden worden. Das KG hat den (Konkurs)verwalter für berechtigt gehalten, die Firma der (Konkurs)Schuldnerin unter gleichzeitiger Bildung einer Ersatzfirma zu veräußern. Die Bildung einer Ersatzfirma bedurfte indes nach Auffassung des KG einer Satzungsänderung (KG DNotZ 1930, 373/376). Nach OLG Karlsruhe NJW 1993, 1931 ist eine Satzungsänderung durch die Gesellschafter im Konkurs (nur) dann möglich, wenn der Konkursverwalter zustimmt. Das LG Essen hat - ohne sich mit der vorgenannten Entscheidung des KG auseinanderzusetzen - entschieden, die Bildung einer Ersatzfirma und deren Eintragung ins Register sei auch durch den Insolvenzverwalter ohne vorherige Satzungsänderung möglich. Es stützt seine Ansicht darauf, dass der Rechtsverkehr aus der Eintragung des Insolvenzvermerks im Handelsregister den Schluss ziehen könne, die relevanten Verhältnisse der Gesellschaft hätten sich geändert und würden „maßgeblich auch durch Sonderregelungen des Insolvenzrechts beeinflusst“ (LG Essen BeckRS 2009, 23101).

Das Registergericht hat in der angefochtenen Entscheidung zwar das Fehlen der Satzungsänderung beanstandet, hält aber den Insolvenzverwalter für berechtigt, eine Änderung der Satzung (ohne die Gesellschafter) vorzunehmen. Dies wird teilweise auch in der Literatur vertreten (Ulmer, a. a. O. S. 1702)

Der BGH hat sich zur Frage, ob der Insolvenzverwalter berechtigt ist, die Satzung der Insolvenzschuldnerin zu ändern, bislang jedoch nicht geäußert; zuletzt wurde die Änderung des Geschäftsjahres der Gesellschaft durch den Insolvenzverwalter nicht als Satzungsänderung angesehen (BGH NJW-RR 2015, 2457246). Nach OLG Düsseldorf BeckRS 1988, 30991561 „kann im Einzelfall die satzungsändernde Kompetenz der Gesellschafter durch eigene Kompetenzen des Konkursverwalters verdrängt [werden]“.

2. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bildung der Ersatzfirma zulässig ist, wird auch in der Literatur nicht einheitlich beantwortet. Es finden sich überwiegend Stimmen, die die Bildung einer Ersatzfirma für zulässig halten. Häufig bleibt allerdings offen, ob dabei davon ausgegangen wird, der Insolvenzverwalter könne die Ersatzfirma ohne Satzungsänderung vornehmen oder er sei zur Satzungsänderung kraft Amtes befugt (z. B. Scholz/Karsten Schmidt/Bitter, GmbHG 10. Auflage <2010> vor § 64 Rn. 100). Als wesentliches Argument, warum der Insolvenzverwalter die Befugnis haben müsse, eine Ersatzfirma - ohne vorherige Satzungsänderung - zu bilden, wird angeführt, dass die Satzungsänderung häufig am Widerstand der Gesellschafter scheitern würde (Heidinger in: MüKo/HGB 4. Auflage <2016> § 22 Rn. 89). Darüber hinaus wird auch vertreten, die Gesellschafter hätten in der Regel kein anerkennenswertes Interesse, die effektive Verwertung der insolventen Gesellschaft zu verhindern (Staub/Burgard, HGB 5. Auflage § 22 Rn. 70). Schließlich soll aus dem Recht zur Firmenveräußerung in der Insolvenz - quasi als Annex - die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Anmeldung der Ersatzfirma folgen (K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Auflage <2014> § 12 Rn. 51).

3. Der Senat ist der Ansicht, dass eine Firmenänderung im Sinne der Eintragung einer Ersatzfirma ohne zugrunde liegenden satzungsändernden Beschluss nicht ins Handelsregister eingetragen werden kann. Das ist letztendlich das Ergebnis einer Abwägung zwischen zwei unterschiedlichen Rechtspositionen, von denen keiner von vornherein der Vorrang gebührt: Die Richtigkeit des Handelsregisters einerseits und die Leichtigkeit des Insolvenzverfahrens andererseits.

a) Es erscheint dem Senat nicht fernliegend, wie dies auch in der Literatur vertreten wird, dass die Gesellschafter der insolventen Gesellschaft nicht in jedem Falle kooperationsbereit sind und es deshalb für den Insolvenzverwalter mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein kann, wenn man für die Eintragung der Ersatzfirma einerseits die Änderung der Satzung verlangt und andererseits dem Insolvenzverwalter gleichzeitig nicht die Kompetenz zur Satzungsänderung zubilligt. Dadurch kann es zu Verzögerungen des Verfahrens kommen, die eine effektive Verwertung der Masse erschweren und damit den Interessen der Allgemeinheit an der effektiven Durchführung von Insolvenzverfahren widersprechen.

b) Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass jede GmbH eine Satzung braucht (§ 3 GmbHG) und die beantragte Eintragung (ohne vorherige Satzungsänderung) das Handelsregister zwingend unrichtig macht, weil tatsächlicher und eingetragener Satzungszweck divergieren. Zudem ist nicht absehbar, wie lange diese Unrichtigkeit dauert, denn jedenfalls während der Dauer des Insolvenzverfahrens wäre das Register unrichtig. Zweck des Handelsregister ist aber gerade, dass die wichtigsten Rechtsverhältnisse der Unternehmen offenbart werden (BGH NJW 1983, 1676/1677; Baumbach/Hopt HGB 36. Auflage <2014> § 8 Rn. 1) und damit auch der Verkehrsschutz (BGH a. a. O.; BayObLG NJW-RR 2000, 1479). Erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens könnten die Gesellschafter dann ihrerseits wieder eine Firmenänderung vornehmen und die Richtigkeit des Handelsregisters herbeiführen.

Dagegen kann auch nicht eingewendet werden, der Rechtsverkehr könne aus dem Register ersehen, dass über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet sei und sich deswegen über die relevanten Gegebenheiten informieren (so aber LG Essen a. a. O.). Zweck des Registers als öffentliches Register ist es gerade, dass aus ihm alle relevanten Informationen für den Rechtsverkehr entnommen werden können (Baumbach/Hopt a. a. O.). Das ist aber dann nicht mehr der Fall, wenn der Rechtsverkehr auf andere Quellen verwiesen wird. Der BGH hat die Zurückweisung von Eintragungen gebilligt, wenn unzulässigerweise Umstände außerhalb der Satzung und des Handelsregisters herangezogen werden (müssen), die dem Rechtsverkehr in der Regel nicht zugänglich sind (BGH NJW 1983, 1676/1677). Insofern hält es der Senat für vorzugswürdig, dass die Eintragung einer Ersatzfirma ohne vorherige Satzungsänderung - was zwangsläufig die Unrichtigkeit des Handelsregisters nach sich ziehen würde - unzulässig ist.

4. Die beantragte Eintragung wurde daher vom Registergericht zurecht verweigert. Da der Insolvenzverwalter die vom Registergericht für möglich gehaltene Satzungsänderung selbst nicht vorgenommen hat, muss der Senat nicht darüber befinden, ob eine solche zulässig wäre und eine Eintragung dann erfolgen könnte.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 22 Abs. 1 GNotKG.

IV. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Der Senat kann nicht erkennen, dass die zu beantwortende Rechtsfrage über den konkreten Einzelfall hinaus in einer quantitativ nicht überschaubaren Anzahl von Fällen auftreten und das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt oder die Auswirkungen der Rechtssache auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren (Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Auflage <2014> § 70 Rn. 21). Auch aus der (veröffentlichten) Rechtsprechung der Instanzgerichte lässt sich derartiges nicht ablesen. Der Umstand, dass die aufgeworfene Rechtsfrage bislang weder vom Bundesgerichtshof, noch von einem anderen Oberlandesgericht behandelt worden ist, heißt nicht, dass sie über den konkreten Einzelfall hinaus durch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes klärungsbedürftig wäre, so dass auch aus Gründen der Fortbildung des Rechts keine Zulassung der Rechtsbeschwerde in Betracht kommt (§ 70 Abs. 2 Nr. FamFG).

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 30.05.2016.

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22/09/2016 19:51

Die Eintragung einer sog. Ersatzfirma im Handelsregister durch den Insolvenzverwalter bedarf einer Änderung der SatzuGesellschaftsrecht: Zur Satzungsänderung bei Eintragung einer Ersatzfirma
22/09/2016 19:51

Die Eintragung einer sog. Ersatzfirma im Handelsregister durch den Insolvenzverwalter bedarf einer Änderung der SatzuGesellschaftsrecht: Zur Satzungsänderung bei Eintragung einer Ersatzfirma
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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic
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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

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(1) Der Gesellschaftsvertrag muß enthalten:

1.
die Firma und den Sitz der Gesellschaft,
2.
den Gegenstand des Unternehmens,
3.
den Betrag des Stammkapitals,
4.
die Zahl und die Nennbeträge der Geschäftsanteile, die jeder Gesellschafter gegen Einlage auf das Stammkapital (Stammeinlage) übernimmt.

(2) Soll das Unternehmen auf eine gewisse Zeit beschränkt sein oder sollen den Gesellschaftern außer der Leistung von Kapitaleinlagen noch andere Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft auferlegt werden, so bedürfen auch diese Bestimmungen der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag.

(1) In gerichtlichen Verfahren, die nur durch Antrag eingeleitet werden, schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.

(2) Der Beschluss enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
die Beschlussformel.

(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.

(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit

1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist,
2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder
3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.

(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:

1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung;
2.
in Abstammungssachen;
3.
in Betreuungssachen;
4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.

(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.