Oberlandesgericht München Beschluss, 12. Juli 2017 - 21 U 2777/14

published on 12/07/2017 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 12. Juli 2017 - 21 U 2777/14
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Oberlandesgericht München, 21 U 2777/14, 16/03/2015

Gericht

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Tenor

Bei der Streitwertfestsetzung vom 16.03.2015 hat es sein Bewenden.

Gründe

I.

Der Senat hat mit Beschluss vom 16.03.2015 den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 48.106,10 € festgesetzt. Der Festsetzung zugrunde gelegt wurde die Schadensberechnung der Klagepartei im Schriftsatz vom 25.09.2014, S. 5, allerdings ohne den entgangenen Gewinn von 25.173,18 €. Den Feststellungsantrag hat der Senat entsprechend dem Schriftsatz der Klagepartei vom 25.09.2014, S. 7 mit 5.112,92 € bewertet.

Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens erheben die Beklagtenvertreter aus eigenem Recht mit Schriftsatz vom 09.05.2017 Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung. Sie meinen, der entgangene Gewinn müsse bei der Bewertung des Streitwertes berücksichtigt werden.

II.

Zwar ist die Gegenvorstellung in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft und auch innerhalb der analog geltenden sechsmonatigen Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt worden (vgl. BGH vom 07.02.2017, Az. XI ZR 366/15).

Sie ist aber unbegründet. Das Vorbringen der Beklagtenvertreter rechtfertigt keine Abänderung der Streitwertfestsetzung.

Es mag sein, dass andere Gerichte, so etwa das Landgericht Berlin und das Kammergericht entgangenen Gewinn, wie ihn die Kläger berechnen, nicht als Nebenforderung qualifizieren. Der Senat orientiert sich demgegenüber trotz der von beiden Parteivertretern vorgebrachten Kritik an der Rechtsprechung des BGH, insbesondere an der Spruchpraxis des für das streitgegenständliche Verfahren zuständigen 3. Senats des BGH (vgl. etwa BGH vom 27.06.2016, III ZR 257/12 und vom 03.11.2016, III ZR 213/16 m.w.N.). Demnach ist geltend gemachter entgangener Gewinn dann als streitwertneutral gemäß § 4 ZPO zu qualifizieren, wenn es sich um eine von der Hauptforderung abhängige Nebenforderung handelt und - so wörtlich der BGH in ständiger Rechtsprechung - der Schaden „wie Zinsen als gleich bleibender Hundertsatz einer bestimmten Summe“ geltend gemacht wird. Die Klagepartei hat es nicht in der Hand, dem geltend gemachten Anspruch durch Berechnung bzw. Bezifferung den Charakter einer Nebenforderung zu nehmen (vgl. BGH a.a.O. - auch dort war der entgangene Gewinn in den Zahlungsantrag eingerechnet worden). Ob der Anspruch - gemessen an der Hauptforderung - besonders hoch oder niedrig sind, ist ebenfalls unerheblich.

Vorliegend verlangen die Kläger - so der Vortrag in der Berufungsbegründung - neben dem Ersatz der erbrachten Zahlungen auch Ersatz des Schadens, der ihnen durch die entgangene Möglichkeit der anderweitigen Anlage des hier aufgewandten Kapitals entstanden ist. Haben die Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung der auf die Kapitalanlage erbrachten Zahlungen (= Hauptforderung), haben sie auch keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn aus diesen Beträgen (vgl. BGH vom 27.06.2016, III ZR 257/12: Verzug oder Rechtshängigkeit ist nicht erforderlich). Der Anspruch auf den geltend gemachten entgangenen Gewinn hängt mithin denklogisch und unmittelbar von der Hauptforderung ab. Hätten die Kläger vorgetragen, sie hätten die geleisteten Zahlungen stattdessen bei einer Bank für einen bestimmten Zinssatz angelegt, wäre dieser Schaden eine klassische Nebenforderung im Sinne der Rechtsprechung.

Der Umstand, dass die Klagepartei für die Berechnung des entgangenen Gewinns statt üblicher Bankzinsen im Jahresdurchschnitt erzielbare Renditen heranzieht, macht keinen relevanten Unterschied. Wie dargelegt, heißt es in den Entscheidungen des BGH ausdrücklich „wie“ Zinsen. Abgesehen davon ist eine Rendite begrifflich nichts anderes als der in Prozent eines Bezugswerts ausgedrückte Effektivzins einer Kapitalanlage. Die Klagepartei hat ausweislich der Anlage BK 2 auch nicht laufend variierende Berechnungsfaktoren, sondern pro Jahr einen durchschnittlichen, mithin gleichbleibenden Hundertsatz errechnet, den sie als “Ertragswert in Prozent“ ihrer Berechnung zugrunde gelegt hat. Mit Hilfe dieses Ertragswertes hat sie anhand bestimmter Summen (nämlich des ohne die getätigte Anlage verfügbaren Kapitals) ihren Schaden ermittelt. Dass die Prozentsätze von Jahr zu Jahr variieren, ist ebenfalls kein stichhaltiges Argument gegen die Annahme einer Nebenforderung. Der Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank ändert sich jährlich (früher sogar halbjährlich), ohne dass jemand auf die Idee käme, Verzugszinsen, die mit einem bestimmten Prozentsatz über dem Basiszinssatz gefordert werden, bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen.

Für eine höhere Streitwertfestsetzung besteht damit keine Veranlassung.

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,
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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,
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Annotations

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.