Oberlandesgericht Dresden Beschluss, 6. Aug. 2020 - 8 U 1086/16
Gericht
Oberlandesgericht Dresden
Zivilsenat
Aktenzeichen: 8 U 1086/16
Landgericht Leipzig, 01 HK 0 828/15
Verkündet am: 15.10.2020
_____, _____
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
_____, _____Straße __, _____ _____ _______________
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Mulansky + Kollegen Rechtsanwälte GmbH, Lortzingstraße 35, 01307 Dresden, Gz.: 60442-16/THM/AZ
gegen
_____, _____ Straße __, _____ _____
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- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Israel & Hübner, Helgolandstraße 9 b, 01097 Dresden, Gz.: 84/15
Prozessbevollmächtigte:
Kanzlei Streifler, Oranienburger Straße 69, 10117 Berlin, Gz.: 15/00371
Dipl.-Kfm. Berthold Hußendörfer, Haydnstraße 21, 01309 Dresden
- Streithelfer -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Heuking, Kühn, Lüer, Wojtek, Prinzregentenstraße 48, 80538 Mün chen, Gz.: 81355-16/8010
Andreas Kison, Erich-Ollenhauer-Straße 29, 61440 Oberursel (Taunus), derzeit: Frank furter Straße 26, 61476 Kronberg
- Nebenintervenient -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Flick Gocke Schaumburg, Fritz-Schäffer-Straße 1, 53113 Bonn, Gz.: 2277223v1
Marcel Stübner, Steuerbüro, Wehlener Straße 46, 01279 Dresden
- Streithelfer -
Prozessbevollmächtigte:
CSC. Cramer von Clausbruch RAe PartGmbB, Königstraße 9, 01097 Dresden, Gz.: 10291/15
wegen Feststellung
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Hantke,
Richter am Oberlandesgericht Dr. Umbach und
Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schönknecht
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2020
beschlossen:
I.
1. Die Sachverständige Dr. Eva Jahn hat im Anhörungstermin am 06.08.2020 zu zuvor nicht ausgewerteten, über die Policenbestandsliste erschlossenen Lebens- oder Rentenversiche rungspolicen umfangreiche tabellarische Analysen zu den Akten gereicht. Nach den grund sätzlich plausiblen Berechnungen des Streithelfers Stübner erfassen die neuen Analysen zu den Haltezeiten von Versicherungspolicen wertmäßig einen etwa hälftigen Anteil am jeweiligen Gesamtpolicenbestand erstmals (zum 31.03.2010 angabegemäß 54,14%; zum 31.03.2011 angabegemäß 51 ,68%). Im Hauptgutachten vom 30.11.2018 finden sich - zunächst auftrags gemäß - zu diesem signifikanten Versicherungsanteil keine Auswertungen.
Vertiefte sachverständige Erläuterungen zu den neu ermittelten Policendaten konnten im Rah men des Anhörungstermins nicht erfolgen. Ebenso wenig fanden unter Berücksichtigung des neuen Datenmaterials fundiert begründete Ableitungen zu den Beweisfragen, insbesondere im Hinblick auf den nunmehr annähernd vollständig analysierten Gesamtversicherungsbestand (4.065 plus 1.156 Verträge) statt. Aufgrund der Vorlage umfangreicher neuer tabellarischer Analysen im Termin war es weder dem Senat noch den Verfahrensbeteiligten eröffnet, die vor gelegten Daten unmittelbar zu bewerten und die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die Zuordnung der am jeweiligen Bilanzstichtag gehaltenen Versicherungspolicen zum Anlage- oder Umlaufvermögen (vgl. § 247 Abs. 2 HGB), im Hinblick auf dauerhafte Wertminderungen (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB a.F.) oder einen sonstigen Abwertungsbedarf nachzuvollziehen. Wegen des Umstands, dass zu einem wertmäßig hohen Policenanteil erst im Zuge des Anhö rungstermins konkrete Einzelerkenntnisse offengelegt wurden, bedarf es einer gesamtheitli chen und abschließenden Bewertung in Bezug auf den genannten Gesamtpolicenbestand und das diesbezügliche Verwertungsverhalten der Beklagten in einem sachverständigen Ergän zungsgutachten.
Die Sachverständige Dr. Eva Jahn wird daher beauftragt, in einer zusammenfassenden Gut achtendarstellung zu erläutern, welche Feststellungen sich bezogen auf die jeweiligen Bilanz stichtage zum Anlage-, Halte- und Verwertungsverhalten der beklagten Gesellschaft im Hin blick auf klassische kapitalbildende und fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungs policen des nunmehr ausgewerteten Gesamtpolicenbestands ergeben.
Dabei wird die Sachverständige nicht nur herauszuarbeiten haben, welcher zahlenmäßige An teil des Policenbestands von unterjährigen oder kurzfristigen Verwertungshandlungen der Be klagten in den maßgebenden Zeiträumen, auch unter Beachtung von Entwicklungen im ein schlägigen Werterhellungszeitraum, jeweils betroffen war. Von Bedeutung für die bilanziellen Konsequenzen sind insbesondere die wertmäßigen Relationen, also in welchem anteiligen Wertumfang welche Veränderungen im jeweiligen Gesamtpolicenbestand eintraten. In die zu sammenfassenden Betrachtungen sind - ggfls. auch im Zuge einer gesonderten Auswer tung - die festgestellten Policenreduzierungen aufgrund von Teilrückkäufen einzubeziehen.
2. Es wird gebeten, die Ergebnisse im Ergänzungsgutachten möglichst nicht in Tabellenfor men zu präsentieren, sondern diese textlich zu erläutern. Zu konkretisieren ist im Ergänzungs gutachten eingangs, auf welche Datenbasis, insbesondere auf welche der eingereichten Ta bellenübersichten, die Sachverständige ihre Feststellungen zu den Beweisfragen bezogen auf den Gesamtpolicenbestand im Ergebnis stützt.
Nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme geht der Senat davon aus, dass die Da tenerhebungen und -analysen eine tragfähige Grundlage für sachverständige Aussagen zu den Beweisthemen bilden. Die Sachverständige hat bei der Anhörung eingehend ihre Heran gehensweise bei der Ermittlung und Auswertung der im Hauptgutachten vom 30.11.2018 be rücksichtigten Versicherungspolicen erläutert; sie hat vollständige Analysen der betreffenden Buchhaltungsunterlagen, einschließlich der Papierlage, d.h. nicht nur „Stichproben", vorge nommen. Soweit sich die Sachverständige im Nachgang des Hauptgutachtens den Anteil der
zunächst nicht betrachteten Versicherungspolicen anhand der Angaben in der Policenbe standsliste erschlossen hat, ist hiergegen aus Sicht des Senats grundsätzlich nichts zu erin nern. Aufgrund der Aussage der Zeugin Schlesinger ist davon auszugehen, dass es sich bei der von der Sachverständigen herangezogenen Policenbestandsliste um eine von der Beklag ten herrührende aussagekräftige Dokumentation handelt, die durch den Kläger nicht manipu liert, sondern lediglich in wenigen Punkten (doppelte Buchkreisnummern) berechtigt korrigiert
wurde.
Der vom Streithelfer Stübner u.a. im Schriftsatz vom 23.09.2020 zu bestimmten Betragsanga ben oder zu einzelnen Policen angesprochene Korrekturbedarf, etwa zur doppelten Ansetzung einzelner großvolumiger Versicherungen (vgl. z.B. Seite 20 des Schriftsatzes), ist zu prüfen und erforderlichenfalls zu berücksichtigen.
II.
Die Beauftragung der Sachverständigen Dr. Jahn mit der Erstellung eines Ergänzungsgutach tens wird davon abhängig gemacht, dass der Kläger innerhalb von zwei Wochen einen weite ren Kostenvorschuss von 8.000,00 Euro einzahlt, wobei 3.000,00 Euro auf rückständige Aus lagen für Sachverständigenkosten und 5.000,00 Euro auf die vorliegend beauftragte Erstellung eines Ergänzungsgutachtens entfallen.
III.
Neuer Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wird nach Eingang des Ergän zungsgutachtens von Amts wegen bestimmt.
Hantke Dr. Umbach Dr. Schönknecht
Für die Richtigkeit der Abschrift: Dresden, 16.10.2020
_____
_____
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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Annotations
(1) In der Bilanz sind das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern.
(2) Beim Anlagevermögen sind nur die Gegenstände auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen.
(3) (weggefallen)
(1) Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen nach den Absätzen 3 bis 5, anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Soweit sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren im Sinn des § 266 Abs. 2 A. III. 5 bestimmt, sind Rückstellungen hierfür zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, soweit er einen garantierten Mindestbetrag übersteigt. Nach § 246 Abs. 2 Satz 2 zu verrechnende Vermögensgegenstände sind mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a) dürfen eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert nur vornehmen, wenn sie von keiner der in § 264 Absatz 1 Satz 5, § 266 Absatz 1 Satz 4, § 275 Absatz 5 und § 326 Absatz 2 vorgesehenen Erleichterungen Gebrauch machen. Macht eine Kleinstkapitalgesellschaft von mindestens einer der in Satz 5 genannten Erleichterungen Gebrauch, erfolgt die Bewertung der Vermögensgegenstände nach Satz 1, auch soweit eine Verrechnung nach § 246 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist.
(2) Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind abzuzinsen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und im Falle sonstiger Rückstellungen aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren ergibt. Abweichend von Satz 1 dürfen Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für auf Rentenverpflichtungen beruhende Verbindlichkeiten, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Der nach den Sätzen 1 und 2 anzuwendende Abzinsungszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich bekannt gegeben. In der Rechtsverordnung nach Satz 4, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt das Bundesministerium der Justiz im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank das Nähere zur Ermittlung der Abzinsungszinssätze, insbesondere die Ermittlungsmethodik und deren Grundlagen, sowie die Form der Bekanntgabe.
(3) Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Kann in Ausnahmefällen die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen. Satz 3 findet auf einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert entsprechende Anwendung. Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden.
(4) Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben.
(5) Ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 3 Satz 5 oder 6 und Absatz 4 darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Ein niedrigerer Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes ist beizubehalten.
(6) Im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren in jedem Geschäftsjahr zu ermitteln. Gewinne dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens dem Unterschiedsbetrag nach Satz 1 entsprechen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist in jedem Geschäftsjahr im Anhang oder unter der Bilanz darzustellen.