I. Die Kläger fordern von der Beklagten Schadensersatz nach dem Scheitern von Vertragsverhandlungen über den Erwerb eines Grundstücks.
Die Kläger sind Gesellschafter der A. GmbH, B.. Sie hatten seit 2003 Interesse an der Errichtung eines neuen Betriebsgebäudes auf dem im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstück Fl.Nr. .../... in B., das sich - wie den Klägern bekannt war - in einem Wasserschutzgebiet und teilweise auf dem Gelände einer verfüllten Kiesgrube befindet. 2004 oder 2005 schalteten die Kläger zu diesem Zweck beratend und als möglichen Planer den ortskundigen Architekten Dipl.-Ing. N. (künftig auch: Architekt) ein, der an Gesprächen über den Erwerb des Grundstücks mit der Beklagten auf Seiten der Kläger teilnahm.
Der Kiesabbau war aufgrund eines Bescheids des Landratsamts S. vom 11.03.1975 (Anlage B 1, Bl. 449 d. A.) erfolgt, in dem verfügt worden war, dass bei Abschluss der Ausbeute die Grube „mit Bauschutt und sonstigem Erdmaterial (kein Müll)“ wieder aufzufüllen ist (Ziffer 9 des Bescheids). Nach einer ersten Aufforderung vom 24.07.1989 zur Rekultivierung hatte die Beklagte mit Schreiben vom 18.02.1993, unterzeichnet vom damaligen Bauamtsleiter D., dem Kiesgrubenbetreiber, der Fa. C., eine Frist bis 30.11.1993 zur Vornahme der Rekultivierungsmaßnahmen gemäß Ziffer 9 des Genehmigungsbescheids gesetzt. Nach Abschluss der Rekultivierung 1996 hatte schließlich die Beklagte mit Schreiben vom 10.03.1997 die Freigabe der vom Kiesgrubenbetreiber gestellten Bankbürgschaft erklärt.
Im Jahr 2000 war die baurechtliche Zuständigkeit für das Kiesgrubengelände auf das Landratsamt S. übergegangen.
Mit Schreiben vom 20.10.2005 teilte die Beklagte der Fa. A. GmbH mit:
„Bezugnehmend auf Ihren Antrag vom 15.06.2005 und die anschließend mit der Verwaltung geführten Gespräche freuen wir uns Ihnen nunmehr die Zusicherung zur einer Flächenübertragung nach rechtskräftigem Abschluss der Baulandumlegung „E. - Straße im Sinne des Aufteilungsplanes des Architekturbüros N. geben zu können. Wir weisen ausdrücklich daraufhin, dass die Konditionen für einen späteren Erwerb heute noch nicht feststehen und jegliche Vorplanungen Ihrerseits nur auf eigenes Risiko erfolgen können.“ (Bl. 13 d. A.).
Im Anschluss an dieses Schreiben beauftragten die Kläger im Januar 2006 den Architekten mit der Planung des Bauvorhabens. Dieser stellte gemäß Rechnung vom 12.06.2007 Leistungen in der Zeit vom 15.01.2006 bis 12.06.2007 mit einem Betrag von 78.435,53 € netto in Rechnung. Hinsichtlich der weiteren von den Klägern vor dem 30.05.2007 beauftragten Leistungen, die den Klägern in Rechnung gestellt wurden, wird auf die Aufstellung in der Klageschrift (S.33) und die beigefügten Anlagen NE 8 - NE 17 Bezug genommen. Hieraus ergeben sich - inklusive Architektenhonorar - Gesamtkosten in Höhe von 102.138,66 €.
Am 07.05.2007 erteilte das Landratsamt S. den Klägern die baurechtliche Genehmigung für den geplanten Bau des H.
Am 23.05.2007 stellte das Wasserwirtschaftsamt F. bei einem Ortstermin fest, dass die Kläger zum Zwecke der Baugrunduntersuchung Probebohrungen durchführten.
Am 29.05.2007 fand ein Verhandlungsgespräch zwischen dem Kläger zu 2), dem Architekten und Vertretern der Beklagten, u. a. dem nunmehrigen Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes D., zur geplanten Grundstücksveräußerung statt. Der Kläger zu 2) und der Architekt erklärten, bei der Festlegung des Kaufpreises müssten u. a. Mehrkosten für eine Pfahlgründung in Höhe von 140.000,00 € berücksichtigt werden. Zudem sei nicht auszuschließen, dass das Erdreich mit Bauschutt belastet sei. Deshalb müsse in den Kaufvertrag eine Altlastenklausel aufgenommen werden, die den Käufer von jeglichen Verpflichtungen aus einer Sanierung von Grund und Boden freistelle. Die Vertreter der Beklagten teilten in dem Gespräch mit, dass ein Abschlag für erhöhte Gründungskosten abgelehnt werde, die Aufnahme einer Altlastenklausel vorbehaltlich der Genehmigung des Finanzausschusses aber erfolgen könne.
Am 30.05.2007 übersandte das Landratsamt S. die Bauakte der Kiesgrube auf Anforderung an die Beklagte (Anlage B 15). Die Rücksendung erfolgte am 08.06.2007 (Anlage B 16).
Am 01.06.2007 unterbreiteten die Kläger der Beklagten ein Kaufangebot, das folgende Klausel vorsah:
„Der Vertragsgrundbesitz liegt teilweise/ganz im Bereich verfüllter Sandgruben; Art und Umfang des Auffüllmaterials sind noch nicht abschließend geklärt. (...) Sollte die Errichtung des Bauwerks aus Gründen, die in dem eingebrachten Auffüllmaterial, insbesondere in der Kontaminierung des Untergrundes liegen, tatsächlich oder rechtlich nicht möglich sein oder nicht abgeschlossen werden können (...) verpflichtet sich der Veräußerer, dem Erwerber den gesamten dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.“ (Anlage NE3)
Ebenfalls am 01.06.2007 fand das Wasserwirtschaftsamt bei einer Nachkontrolle Bohrgut aus der Probebohrung der Kläger vor, das Anteile von Bauschutt aufwies. In der Folge wurde eine behördliche Untersuchung des Baugrundes veranlasst.
Das Wasserwirtschaftsamt F. teilte mit Schreiben vom 09.07.2007 mit, dass organische Belastungen festzustellen seien, die auf eine Verunreinigung des Grundwassers durch Auffüllungen hinwiesen, dass aber eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung derzeit weder bestätigt noch ausgeschlossen werden könne. Es seien weitere Untersuchungen erforderlich.
In einem Gutachten vom 15.10.2010 wurden Belastungen aus teerhaltigen Schwarzdeckenresten festgestellt, ohne dass aus den gewonnenen Daten ein Sanierungsbedarf abgeleitet werden konnte. Es wurde ein Grundwassermonitoring empfohlen (S. 23 der Klageschrift, Bl. 23 d. A.).
Nachdem die Kläger aufgrund dieser Erkenntnisse zunächst eine Verlängerung der Baugenehmigung erwirkt hatten, nahmen sie im Frühjahr 2011 vom Erwerb des Grundstücks Abstand und machten mit Schreiben vom 14.03.2011 Schadensersatz in Höhe von insgesamt 102.138,66 € gegenüber der Beklagten geltend.
Die Kläger behaupten, die Beklagte habe während der Vertragsverhandlungen Kenntnis davon gehabt, dass auf dem Grundstück eine Verfüllung mit Bauschutt erfolgt sei. Dies sei neben der allgemeinen Altlastenproblematik, die sich bei einer verfüllten Kiesgrube stelle, ein massiv gefahrerhöhender Umstand, auf den die Beklagte die Kläger hätte hinweisen müssen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 102.138,66 € und auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weitere Schäden gerichtete Klage nach durchgeführter Beweisaufnahme abgewiesen. Es hat ausgeführt, zwar sei ab der Zusicherung im Schreiben der Beklagten vom 20.10.2005 von der Durchführung von Vertragsverhandlungen auszugehen. Dieses Schreiben sei auch ursächlich für die Beauftragung des Architekten gewesen. Die durchgeführte Beweisaufnahme, insbesondere die Aussage des Zeugen D., habe jedoch ergeben, dass diesem zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen der – grundsätzlich aufklärungsbedürftige - Umstand einer Verfüllung der Kiesgrube mit Bauschutt nicht bewusst gewesen sei. Es fehle daher an einem Verschulden der Beklagten, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Zwar habe der Zeuge selbst das Schreiben vom 18.02.1993 (sowie ein weiteres Schreiben vom 30.03.1993) an den Kiesgrubenbetreiber unterzeichnet. Er habe jedoch glaubhaft dargelegt, dass es ihm 1993 an einer näheren Ortskenntnis gemangelt habe, um die Lage der Kiesgrube einzuordnen. Es habe für ihn nach der Freigabe der Bürgschaft auch kein Anlass mehr bestanden, auf den Vorgang noch ein besonderes Augenmerk zu richten. Zudem sei im Jahr 2000 die Bauaufsicht auf das Landratsamt übergegangen. Das Landgericht hat weiter ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung der Verhandlung zum Zwecke der erneuten Vernehmung des Architekten und der Zeugin T., wie von den Klägern beantragt, lägen nicht vor.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Kläger, die ihre erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiterverfolgen. Sie beanstanden die Beweiswürdigung des Erstgerichts. Der Zeuge D. habe 2007 gewusst, dass mit Bauschutt verfüllt worden sei, wie sich aus dem Schreiben des Landratsamts vom 06.06.2007 (Bl.19 d. A.) ergebe. Dass er die Kiesgrube nicht dem geplanten Kauf der Kläger zugeordnet habe, sei nicht glaubhaft.
Es liege eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, da der Vortrag der Kläger zur durchgeführten Beweisaufnahme nicht berücksichtigt worden sei. Das Gericht wäre gehalten gewesen, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, da das Aussageverhalten des Zeugen D. zu seiner Ortskenntnis im Termin vom 29.07.2014 nicht vorhersehbar gewesen sei und der in diesem Termin präsente Zeuge N. (erneut) hätte vernommen werden müssen. Die Beweiswürdigung des Gerichts sei zudem überraschend.
Schließlich liege eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor. Der Vortrag der Beklagten reiche nicht für eine Exkulpation. Sie sei beweisbelastet dafür, dass die weiteren Verhandlungsvertreter nicht im naheliegenden Besitz aufklärungsbedürftiger Kenntnisse gewesen waren. Auch das behauptete Nichtwissen des Zeugen D. exkulpiere sie nicht. Der Verkäufer dürfe sich seiner Offenbarungspflicht nicht entziehen, indem er vor aufklärungspflichtigen Tatsachen die Augen verschließe oder zuvor gewonnene Erkenntnisse durch einfachste Recherchen nicht beiziehe. Es sei daher in zweiter Instanz eine neue Tatsachenfeststellung geboten.
Die Kläger behaupten, dass bis heute keine vollständige Akteneinsicht gewährt worden sei. Dies indiziere, dass sich aus den Akten die bestrittene Kenntnis ergebe. Auch der Umstand, dass der Zeuge D. am 06.06.2007 der Sachbearbeiterin des Landratsamts, der Zeugin T., telefonisch mitteilte, es handele sich bei dem im Bohrgut festgestellten Material um Auffüllungen der ehemaligen Kiesgrube C., belege dessen Kenntnis.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 07.12.2015 Bezug genommen.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 07.12.2015 haben die Kläger den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung beantragt. Sie tragen vor, ihr anwaltlicher Vertreter habe im unmittelbaren Anschluss an den Termin mit einer im Umfeld des Betriebes des Rathauses der Beklagten tätigen Person zu tun gehabt, die darauf hingewiesen habe, dass von der Beklagten oder dem Zeugen D. möglicherweise zu der Frage, wer wann welche Akten besessen habe, falsche Angaben gemacht und falsche Urkunden vorgelegt wurden. Die Kläger behaupten unter Beweisantritt (Sachverständigengutachten), das von der Beklagten in Kopie vorgelegte Schreiben der Beklagten an das Landratsamt S. vom 12.07.2001 (Übersendung von Bauakten) sei nicht authentisch; sie regen eine Anordnung des Senats auf Vorlage des Originalschreibens an. Weiter verweisen sie auf ihr Angebot des Zeugen N. zum Beweis für den Standort der Akten von 1999 bis 2004.
II. Die Berufung ist zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1, 517, 519 f. ZPO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Verfahrensfehler noch rechtfertigen die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).
1. Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung zum Zwecke der von den Klägern beantragten Vernehmung des Zeugen N. war in erster Instanz nicht geboten.
Die Anordnung der erneuten Vernehmung eines in derselben Instanz bereits vernommenen Zeugen steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, § 398 Abs. 1 ZPO. Sie ist zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit in der Regel dann erforderlich, wenn die erste Vernehmung nicht vom erkennenden Gericht durchgeführt wurde oder ein Wechsel in der Gerichtsbesetzung stattgefunden hat (Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl., § 398, Rn. 5; Damrau in MüKo/ZPO, 4. Aufl., § 398, Rn. 5). Sie kann auch dann geboten sein, wenn der Zeuge selbst eine Berichtigung seiner Aussage für notwendig erachtet und seine bereits getätigte Aussage schriftlich berichtigt (Damrau a. a. O., unter Berufung auf § 344 Österr. ZPO).
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht die Klageabweisung damit begründet, dass es aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der Angaben des Zeugen D., davon überzeugt sei, auf Seiten der Beklagten habe keine Kenntnis über eine Verfüllung der Kiesgrube mit Bauschutt bestanden. Es fehle somit an einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten.
Die Klägerseite hatte den im Termin vom 08.04.2014 bereits vernommenen Architekten (vgl. S. 3-5 des Protokolls, Bl. 123-125 d. A.) mit Schriftsatz vom 16.07.2014 nochmals als Zeugen dafür benannt, dass er sich nun nach seiner ersten Zeugniseinvernahme sicher sei, dass er den Klägern im Falle der Kenntnis einer Verfüllung mit Bauschutt von einer Planung abgeraten hätte. Er sei sich zum Zeitpunkt der Vernehmung nicht mehr im Klaren darüber gewesen, wie sein Wissensstand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewesen sei und was er seinerzeit über eine Verfüllung mit Bauschutt gedacht hätte (S. 5 des Schriftsatzes vom 16.07.2014, Bl. 153 d. A.). Die beantragte Vernehmung betraf daher die Frage der Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung für den entstandenen Schaden. Dieser Frage musste das Landgericht nicht mehr nachgehen, nachdem es bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung verneinte. Eine wiederholte Vernehmung des Zeugen war daher nicht geboten.
2. Das Erstgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte aus Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht (§§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB) im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Denn nach den vom Landgericht - für den Senat bindend - festgestellten Tatsachen fehlt es an einer Pflichtverletzung der Beklagten.
a) Eine generelle Aufklärungspflicht der künftigen Vertragsparteien untereinander ist dem deutschen Recht fremd, da es ureigenste Pflicht jeder Partei ist, sich über die Umstände, die für ihre Vertragsentscheidung von Bedeutung sind, Klarheit zu verschaffen (BGH, Urteil vom 15.04.1997, IX ZR 112/96, Rz. 25, zitiert nach juris). Eine Aufklärungspflicht einer Partei der anderen gegenüber kommt daher ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalles davon auszugehen ist, dass der künftige Vertragspartner nicht ausreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH a. a. O.). Erforderlich ist daher, dass die besonderen Umstände allein der einen Partei bekannt sind und sie gleichzeitig weiß oder jedenfalls wissen muss, dass diese den Vertragszweck gefährden und für die Entscheidung der anderen Partei von wesentlicher Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 08.06.1978, III ZR 48/76, Rz. 18; Urteil vom 08.11.2007, IX ZR 5/06, Rz. 13). Eine zentrale Rolle spielen hierbei das Ausmaß des Informationsgefälles und die Frage, ob der Vertragspartner nach der Verkehrsauffassung eine Information erwarten kann (Emmerich in MüKo/BGB, 7. Aufl., § 311, Rn. 66, 68 m. w. N.).
Ein wesentlicher Punkt ist weiter, dass sich Aufklärungspflichten grundsätzlich auf präsentes Wissen beschränken. Eine Nachforschungs- und Untersuchungspflicht kann nur in deutlich engeren Grenzen als bei positiv bekannten Tatsachen angenommen werden (Emmerich a. a. O., Rn. 69).
Besonderheiten bestehen bei arbeitsteilig organisierten juristischen Personen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts. Hier ist die Frage der Wissenszurechnung von Organvertretern nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des BGH in wertender Betrachtung zu entscheiden (grundlegend BGH, Urteil vom 08.12.1989, V ZR 246/87, Rz. 13, 14). Aus Gründen des Verkehrsschutzes ist es geboten, der Gemeinde das ihr durch Organvertreter einmal vermittelte, „typischerweise aktenmäßig festgehaltene“ Wissen auch weiterhin zuzurechnen. Denn der Bürger, der mit der Gemeinde einen wirtschaftlich bedeutenden Vertrag schließe und ihr dabei im Zweifel sogar erhöhtes Vertrauen entgegenbringe, dürfe im Prinzip nicht schlechter gestellt werden, als wenn er es nur mit einer natürlichen Person zu tun hätte (BGH a.a.O, Rz. 14). Der BGH hat diese 1989 begründete Rechtsprechung dahingehend fortentwickelt, dass sich aus dem Gedanken des Verkehrsschutzes eine Pflicht der Behörde oder Gesellschaft zur ordnungsgemäßen Organisation der behörden- oder gesellschaftsinternen Kommunikation ergibt. Gleichzeitig dürfe die Wissenszurechnung nicht zu einer Fiktion entarten, die die juristische Person weit über jede menschliche Fähigkeit hinaus belaste. Vielmehr müsse für denjenigen Menschen, für den die Zurechnung gelten solle, eine reale Möglichkeit und auch ein Anlass bestehen, sich das Wissen aus dem eigenen Gedächtnis, aus Speichern oder von anderen Menschen zu beschaffen (BGH, Urteil vom 02.02.1996, V ZR 239/94, Rz. 22, 23). Eine Gemeinde würde schlechter gestellt, wenn man jedes theoretisch verfügbare Wissen des einen Amtes mit der Begründung, es habe eine Nachforschungspflicht bestanden, dem anderen Amt zurechnen wollte (BGH, Urteil vom 01.10.1999, V ZR 218/98, Rz. 12).
b) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte zu verneinen.
Eine Aufklärungspflicht darüber, dass es sich bei dem Kaufgrundstück um das Gelände einer ehemaligen Kiesgrube handelte, die sich in einem Wasserschutzgebiet befand und die nach dem Abbau wieder verfüllt worden war, bestand nicht. Denn dieser Umstand war auch den Klägern und dem von ihnen eingeschalteten Architekten bekannt. Bereits aus diesem Umstand ergab sich ein beiden Seiten bekannter allgemeiner Altlastenverdacht.
Ob der Umstand, dass eine Verfüllung der Kiesgrube mit Bauschutt stattgefunden hat, den Klägern vor einer Beauftragung des Architekten durch die Kläger überhaupt hätte mitgeteilt werden müssen, kann dahinstehen. Denn die Kläger tragen die Beweislast für eine Kenntnis der Beklagten von diesem Umstand (aa). Den Nachweis positiver Kenntnis bei einzelnen Vertretern der Beklagten können die Kläger nicht führen (bb). Eine Nachforschungspflicht im Hinblick auf die konkrete Art der Verfüllung bestand nicht (cc). Auch aus sonstigen Umständen kann eine Aufklärungspflicht der Beklagten nicht abgeleitet werden (dd).
aa) Die Beweislast für die Kenntnis der Verfüllung mit Bauschutt auf Seiten der Beklagten tragen die Kläger.
(1) Der Nachweis einer Pflichtverletzung obliegt regelmäßig dem Gläubiger, § 280 Abs. 1 S. 1 BGB. Dies gilt grundsätzlich auch für die Verletzung einer verhaltensbezogenen Pflicht wie der Aufklärungspflicht vor Abschluss eines Kaufvertrags (Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 280, Rn. 36). Da es sich bei der unterbliebenen Aufklärung um eine negative Tatsache handelt, kommen zwar Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast in Betracht (BGH, Urteil vom 11.11.2011, V ZR 245/10, Rz. 10). Der Verkäufer muss deshalb darlegen, in welcher Weise er aufgeklärt hat oder aufgrund welcher Umstände er von einer Kenntnis des Käufers ausgegangen ist (BGH a. a. O.). Dies betrifft jedoch nicht den Nachweis der eine Aufklärungspflicht des Verkäufers erst begründenden Kenntnis der aufklärungspflichtigen Tatsache. Denn die Pflichtverletzung selbst, für die der Gläubiger die Beweislast trägt, ist von ihrem Vertretenmüssen, für das der Schuldner die Beweislast trägt (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB), streng zu unterscheiden (BeckOK-Unberath, BGB, § 280, Rn. 81). Ohne den aus einer Kenntnis des aufklärungspflichtigen Umstandes resultierenden Informationsvorsprung des Verkäufers fehlt es bereits an der Entstehung einer Aufklärungspflicht. Die Kenntnis ist daher, anders als vom Erstgericht angenommen, keine Frage des Vertretenmüssens gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Prüfung ist auch nicht zwangsläufig dieselbe. Denn trotz Kenntnis des aufklärungspflichtigen Umstands ist es denkbar, dass die unterbliebene Aufklärung vom Schuldner nicht zu vertreten ist, etwa wenn die Übermittlung der Information aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen scheitert.
(2) Die bloße Erkennbarkeit aufklärungspflichtiger Tatsachen steht der positiven Kenntnis nicht gleich. Dies ist nur dann ausnahmsweise der Fall, wenn sich die Erkenntnis nach den Umständen des Einzelfalles aufdrängen musste, so dass es treuwidrig gewesen wäre, sich dieser Erkenntnis zu verschließen (BGH Urteil vom 29.04.2008, XI ZR 221/07, Rz. 20). Diese Konstellation ist hier nicht gegeben.
(3) Der Umstand, dass dem Zeugen D. die aufklärungspflichtigen Tatsachen im Jahr 1993 bekannt waren, führt nicht dazu, dass die Beklagte das Vergessen dieser Kenntnisse nachweisen müsste.
Die Kläger sind der Auffassung, eine Partei, die sich auf das Vergessen einer zuvor bekannten Tatsache berufe, trage gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB die Beweislast für jenes Vergessen. Hierbei verkennen die Kläger, dass dem Gläubiger der Nachweis einer Kenntnis des Schuldners zu dem Zeitpunkt, in dem eine Aufklärung geboten gewesen wäre, obliegt. Ohne diesen Nachweis ist der Anwendungsbereich des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht eröffnet, da es auch bei fahrlässiger Unkenntnis an einer Aufklärungspflichtverletzung fehlt. Dies gilt ebenso im Bereich der von den Klägern angesprochenen Anzeigepflichten im Versicherungsrecht gemäß § 19 Abs. 1 VVG (BGH, Urteil vom 11.02.2009, IV ZR 26/06, Rz. 11; OLG Oldenburg, NJW-RR 1991, 1185, 1186; Armbrüster in Prölls/Martin, VVG, 29. Aufl., § 19, Rn. 26). Ob beim Schuldner eine frühere Kenntnis fortbestand oder in Vergessenheit geraten ist, ist daher eine Frage der Beweiswürdigung, die an der Beweislastverteilung nichts ändert. Das erkennende Gericht kann aufgrund der Umstände des Einzelfalles, auch aufgrund des bloßen Zeitablaufs, zu der Überzeugung gelangen, dass ein Vergessen ausgeschlossen werden kann. Ein praktisches Bedürfnis für eine Änderung der Beweislast besteht daher nicht. Hinzu kommt, dass das Vergessen von Vorkommnissen ebenso wie die Unkenntnis von diesen eine innere Tatsache ist, für deren Nachweis dem Schuldner objektive Aufklärungsmöglichkeiten praktisch nicht zur Verfügung stehen (BayLSG, Beschluss vom 11.05.2015, L 15 RF 14/15, Rz. 60, zur behaupteten Unkenntnis eines Fristlaufs). Demgegenüber hat der Gläubiger die Möglichkeit, den Nachweis einer positiven Kenntnis durch entsprechende Beweisangebote (Zeugen, Urkunden) im Wege des Indizienbeweises zu führen.
Soweit die Kläger auf die Rechtsprechung zu den Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers (§ 19 Abs. 1 VVG) verweisen, wonach die Möglichkeit, sich bei zumutbarer Anspannung des Gedächtnisses zu erinnern, einer Berufung des Versicherungsnehmers auf ein Vergessen entgegenstehen soll (BGH a. a. O., Rz. 11; Armbrüster in Prölls/Martin, a. a. O., § 19, Rn. 26 m. w. N.), fehlt es an einer vergleichbaren Konstellation, um diese pauschal auf den Bereich vorvertraglicher Aufklärungspflichten zu übertragen. Denn anders als beim Ausfüllen eines Versicherungsantrags ist ein Anlass zur Anspannung des Gedächtnisses bei vorvertraglichen Gesprächen nicht ohne weiteres gegeben.
Soweit die Kläger weiter darauf abstellen, dass die in der Vergangenheit belegte Kenntnis sogar aktenkundig ist, greifen die oben dargestellten Grundsätze der Wissenszurechnung bei arbeitsteilig handelnden Organisationen. Die Kläger sind demnach nicht darauf angewiesen, die positive Kenntnis von Tatsachen bei einer bestimmten Person nachzuweisen. Vielmehr kann es genügen, wenn relevantes Wissen in Akten niedergelegt war und für die Beklagte die Möglichkeit aber auch der Anlass bestand, sich dieses Wissen zu beschaffen. Die von den Klägern geforderte Beweislastumkehr ist daher weder dogmatisch zu begründen, noch aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes geboten.
bb) Eine positive Kenntnis von der Verfüllung der Kiesgrube mit Bauschutt von Mitarbeitern der Beklagten in der Zeit vom ersten Kontakt mit den Klägern bis zur Beiziehung der Akten am 30.05.2007 ist nicht nachgewiesen.
(1) Der Umstand, dass eine Verfüllung der Kiesgrube auch mit Bauschutt erfolgte, war zwar aus den Bauakten der Kiesgrube ersichtlich. In diesen befand sich zum einen der Genehmigungsbescheid vom 11.03.1975 mit der betreffenden Rekultivierungsklausel. In diesen befand sich auch das Schreiben der Beklagten vom 18.02.1993, das vom Zeugen D. in seiner Eigenschaft als Abteilungsleiter unterzeichnet worden war. Gleichzeitig besteht im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass der bereits 1993 im Bauamt tätige Zeuge D. im Jahr 2005 für die Beklagte, allerdings nunmehr als Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes, an den Gesprächen teilnahm.
Bereits aufgrund des Zeitablaufs lässt eine Kenntnis im Jahr 1993 aber noch nicht den Schluss auf eine Kenntnis im Jahr 2005 zu. Denn es handelte sich im Jahr 1993 um einen behördlichen Standardvorgang, der keine Besonderheit aufwies. Der komplette Verwaltungsvorgang wurde im Jahr 1997 mit der Rückgabe der Bürgschaft abgeschlossen.
Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte für eine positive Kenntnis des Zeugen D. oder anderer Mitarbeiter ergeben. Der Zeuge D. selbst hat in Abrede gestellt, dass ihm bei den Gesprächen mit den Klägern oder deren Architekten noch bewusst gewesen sei, dass es sich um die Kiesgrube gehandelt habe, bei der eine Verfüllung mit Bauschutt und sonstigem Erdmaterial angeordnet wurde. Bezüglich des Schreibens vom 18.02.1993 könne er aus dem Handzeichen schließen, dass das Schreiben von seinem Mitarbeiter L. verfasst worden und ihm zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Er habe an den Inhalt des Schreibens aber keine positive Erinnerung mehr (S. 3 des Protokolls vom 29.07.2014, Bl. 160 d. A.).
Diese Angaben sind nachvollziehbar und vom Erstgericht bereits eingehend und zutreffend gewürdigt worden. Es entspricht der üblichen Praxis in Verwaltungsbehörden, dass Schreiben vom Sachbearbeiter aufgesetzt und dann dem Sachgebietsleiter einer Behörde - hier: dem Leiter des Bauamts - nur zur Unterzeichnung vorgelegt werden. Soweit es sich um einen Routinevorgang ohne außergewöhnliche Bedeutung handelt - wie es bei dem fraglichen Schreiben der Fall war - ist nicht zu erwarten, dass dem Unterzeichner - hier dem Zeugen D. -der Inhalt des Schreibens über mehrere Jahre im Gedächtnis bleibt oder dass er sich an diesen bei zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses ohne weiteres erinnern kann.
(2) Dabei kommt dem Umstand, wo sich die Bauakten in der Zeit bis 2005 befunden haben, keine wesentliche Bedeutung zu. Denn der Vorgang um die Verfüllung der Kiesgrube war seit dem Jahr 1997 mit der Herausgabe der Bürgschaft an den Kiesgrubenbetreiber abgeschlossen. Die Herausgabe der Bürgschaft zeigt, dass man auf Seiten der Beklagten von einer ordnungsgemäßen Verfüllung ausgegangen war. Es ist daher jedenfalls nach dem Jahr 2000, als die Zuständigkeit für Bauverfahren auf das Landratsamt überging, kein konkretes Wissen der involvierten Bediensteten über den Vorgang der Verfüllung mehr zu erwarten, soweit nicht aus einem besonderen Anlass eine Beschäftigung mit der Materie stattfand. Eine solche Beschäftigung ist erst für Juni 2007 belegt: Ausweislich des Schreibens des Landratsamts vom 06.06.2007 fand am selben Tag ein Telefonat zwischen der Sachbearbeiterin am Landratsamt, Frau T., und dem Zeugen D. statt, in dem Herr D. in Bezug auf das Bohrgut mitteilte, es handele sich um Auffüllungen der Fa. C. (Bl.19 d. A.). Der Zeuge hat hierzu ausgeführt, er sei von Frau T. am 05.06.2007 über problematische Stoffe im Bohrgut informiert worden und habe daraufhin durch Ziehen der Akte Nachforschungen angestellt (S. 5 des Protokolls vom 29.07.2014, Bl. 162 d. A.). In Übereinstimmung damit steht der unstreitige und durch die Anlagen B 15 und B 16 belegte Vortrag der Beklagten, die Bauakte betreffend die Kiesgrube sei am 30.05.2007 aufgrund der Forderung der Klägerseite in der Besprechung vom 29.05.2007 nach Aufnahme einer Altlastenklausel beim Landratsamt angefordert und am 08.06.2007 dorthin zurückgesandt worden. Aus der nachgewiesenen Kenntnis des Zeugen D. am 06.06.2007 kann daher kein Rückschluss auf eine etwaige Kenntnis vor dem 30.05.2007 (Aktenbeiziehung) gezogen werden.
(3) Der Hinweis der Kläger auf den Umstand, dass der Zeuge D. in der Gemeinde B. geboren wurde und es sich - nach Behauptung der Kläger - um die einzige Kiesgrube am Ort handele, vermag eine Kenntnis nicht zu belegen. Hieraus kann noch nicht der Schluss gezogen werden, dass er sich 2005 an die konkrete Art der Verfüllung der Kiesgrube erinnerte.
Ebenso wenig kann eine Kenntnis der Beklagten über die konkrete Art der Verfüllung daraus geschlossen werden, dass in den Jahren vor 2007 ein Bodenordnungsverfahren durchgeführt wurde. Insoweit hatte der Stadtkämmerer der Beklagten den Klägern mit Schreiben vom 15.06.2004 mitgeteilt, dass das Staatliche Vermessungsamt B. mit der Bodenordnung beauftragt worden sei und mit einem Abschluss erst Ende 2004/2005 gerechnet werden könne (Bl. 402/403 d. A.). Hieraus ergibt sich kein konkreter Anhaltspunkt für eine Kenntnis des Zeugen D.. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, in welcher Funktion der Zeuge in die Bodenordnung eingebunden gewesen sein soll und inwiefern er hierbei den Akteninhalt über die Verfüllung der Kiesgrube mit Bauschutt zur Kenntnis genommen haben soll.
Gleiches gilt für die Änderungen des am 10.09.1995 beschlossenen Bebauungsplanes mit Beschlüssen vom 21.01.2004 und 18.02.2005. Der Zeuge D. war in diesem Zeitraum nicht mehr in der Bauabteilung tätig. Leiter der Bauabteilung war nach dem Ergebnis der in ersten Instanz durchgeführten Beweisaufnahme bereits ab 2003 der Bedienstete J. (S. 2 des Protokolls vom 29.07.2014, Bl. 159 d. A.). Es ist daher eine bloße Vermutung der Kläger ins Blaue hinein, dass der Zeuge D. anlässlich der Änderungen des Bebauungsplans mit der Thematik der Verfüllung der Kiesgrube mit Bauschutt befasst war.
Der Frage, wo die Kiesgrubenakten in der Zeit von 2000 bis 2005 aufbewahrt wurden, kommt auch aus diesem Grund keine Bedeutung zu.
(4) Auch eine von den Klägern proklamierte Indizwirkung aus der behaupteten Weigerung, Akten herauszugeben, führt zu keinem anderen Beweisergebnis. Zunächst ergibt sich aus dem Vortrag der Kläger, die umfangreich aus der Bauakte der Kiesgrube zitieren, dass ihnen die Bauakte zur Verfügung stand. Dem entspricht auch der Vortrag in der Klageschrift, wonach Mitarbeiter der Kanzlei des Klägervertreters 2010 Akteneinsicht bei der Beklagten und beim Landratsamt S. erhielten und dabei eine „eingehende Aktenrecherche“ vornahmen (S. 23 der Klageschrift, Bl. 23 d. A.). Woraus sich ergeben soll, dass den Klägern tatsächlich nur Fragmente zur Verfügung standen, bleibt unklar. Obwohl die Kläger ihren Anspruch bereits spätestens seit März 2011 verfolgen, haben sie zudem bislang keine rechtlichen Schritte unternommen, ihren Anspruch auf Akteneinsicht verwaltungsrechtlich durchzusetzen (mit der Möglichkeit, soweit erforderlich, eine Aussetzung des Zivilprozesses gemäß § 148 ZPO zu beantragen). Die bloße Behauptung, es seien nicht alle relevanten Akten herausgegeben worden, begründet daher keine Beweiserleichterungen für die Kläger. Im Übrigen bleibt auch unklar, welche Indizien sich aus den Akten des Bebauungsplanverfahrens der Beklagten im Hinblick auf Kenntnisse einzelner Beteiligter über die im Jahr 1993 angeordnete Verfüllung ergeben sollen.
Eine Nachforschungspflicht der Beklagten vor dem 29.05.2007 bestand nicht.
(1) Nach den dargelegten Grundsätzen der Wissenszurechnung bei arbeitsteiligen Organisationen ist eine wertende Betrachtung geboten. Als Wissen kann man den Inhalt von Speichern (hier: Akten) nur dann zurechnen, soweit ein besonderer Anlass besteht, sich seiner in der konkreten Situation zu vergewissern (BGH, Urteil vom 02.02.1996, V ZR 239/94, Rz. 26). Dabei ist auch zu berücksichtigen, in welchem Umfang ein Informationsgefälle zwischen den Vertragspartnern besteht und wie schutzwürdig das Vertrauen des Vertragspartners auf das Nichtvorhandensein des gefahrerhöhenden Umstands ist (vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2007, X ZR 34/04, Rz. 8, 16).
(2) Im vorliegenden Fall wussten beide Seiten, dass sich das zu veräußernde Grundstück auf dem Gelände einer wiederverfüllten Kiesgrube befand. Der von den Klägern hinzugezogene Architekt schloss daher aufgrund seiner Berufserfahrung nicht aus, dass unzulässigerweise umweltgefährdende Stoffe eingebaut wurden, selbst wenn die Verfüllung behördlich angeordnet und überwacht war, und rechnete mit möglichen punktuellen Kontaminationen (vgl. S. 14 der Klageschrift, Bl. 14 d. A.; S. 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 12.08.2014, Bl. 170 d. A.).
Dieses Wissen des Architekten ist den Klägern entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Denn Wissensvertreter im Sinne dieser Vorschrift ist jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls weiterzuleiten. Er braucht dabei weder zum rechtsgeschäftlichen Vertreter noch zum „Wissensvertreter“ ausdrücklich bestellt zu sein. Es ist ausreichend, dass sich der Geschäftsherr seiner nicht nur intern, sondern im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedient (OLG München, Urteil vom 13.02.2013, 7 U 2616/12, Rz. 56). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Kläger schalteten den Architekten beim Erwerb des Grundstücks mit ein. Er führte bereits 2004/2005 ein Gespräch mit der Beklagten über den Erwerb des Grundstücks, bei dem er seitens der Beklagten auf die besondere Lage (wiederverfüllte Kiesgrube) hingewiesen wurde (S. 11 des Schriftsatzes vom 12.08.2014, Bl. 178 d. A.). Er war auch später gegenüber der Beklagten an allen wesentlichen Gesprächen beteiligt, so dass er auch nach außen als Wissensvertreter der Kläger auftrat.
Ein Informationsgefälle zwischen den künftigen Vertragsparteien bestand somit nicht. Den Klägern war bekannt, dass die Gefahr einer Verfüllung mit umweltgefährdenden Stoffen bestand. Von den Klägern war daher zu erwarten, dass sie vor eigenen Investitionen entweder von der Beklagten Aufklärung über die konkrete Art der Verfüllung verlangen oder selbst Nachforschungen hierüber anstellen, wie sie dies später - vor Eigentumsübergang und noch vor Einigung auf einen Vertragsentwurf - durch Vornahme einer Probebohrung getan haben. Eine Nachfrage der Kläger über die konkrete Zusammensetzung des verfüllten Materials hätte eine Nachforschungspflicht der Beklagten ausgelöst. Denn die Beklagte wäre zu einer wahrheitsgemäßen Beantwortung verpflichtet gewesen und sie hätte aufgrund der Nachfrage gewusst, dass es den Klägern auf eine genaue Kenntnis der Zusammensetzung des Materials ankommt.
(3) Dies gilt umso mehr, als die Beklagte mit Schreiben vom 20.10.2005 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Konditionen für einen späteren Erwerb noch nicht feststünden und jegliche Vorplanungen seitens der Kläger nur auf eigenes Risiko erfolgen könnten. Für die Beklagte bestand folglich kein Anlass, ohne konkrete Nachfrage der Kläger Nachforschungen zur Zusammensetzung des Auffüllmaterials anzustellen. Es ist vielmehr plausibel, wenn der Zeuge D. angibt, erst durch die Forderung der Kläger im Besprechungstermin vom 29.05.2007, eine Altlastenklausel aufzunehmen, sei der Inhalt der Auffüllung für ihn relevant geworden (S. 3 des Protokolls vom 29.07.2014, Bl. 160 d. A.). Dies erklärt die Aktenanforderung vom 30.05.2007 beim Landratsamt. Es erklärt auch, warum der Zeuge D. der Sachbearbeiterin des Landratsamts am 06.06.2007 Auskunft darüber geben konnte, dass auf dem Gelände der ehemaligen Kiesgrube eine Verfüllung mit Bauschutt stattgefunden hatte.
Es überrascht dagegen, dass die Kläger trotz Kenntnis des Altlastenverdachts Investitionen von über 100.000,00 € vorgenommen haben, ohne dass überhaupt nur der konkrete Entwurf eines Kaufvertrags vorlag oder auch nur verhandelt worden war. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung ist daher auch zu berücksichtigen, dass man vor dem 29.05.2007 noch nicht in konkrete Verhandlungen über den beabsichtigten Kaufvertrag eingetreten war. Wenn in diesem Stadium die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Vertragskonditionen (etwa das Altlastenrisiko) noch nicht feststehen und daher Vorplanungen auf eigenes Risiko erfolgen, so spricht dies gegen eine Nachforschungspflicht im Hinblick auf die Verfüllung der Kiesgrube. Wenn sie in dieser Situation von einer Probebohrung vor Durchführung einer aufwändigen Planung absahen, gleichzeitig aber auch bei der Beklagten nicht um Aufklärung nachsuchten, so können sie die aufgrund der späteren Abstandnahme vom Vertrag entstandenen Planungskosten nicht auf die Beklagte abwälzen.
dd) Eine Aufklärungspflicht ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerseite, 1993 habe eine Verfüllung mit Bauschutt nicht mehr stattfinden dürfen. Zwar kann sich unter dem Gesichtspunkt der Ingerenz eine Aufklärungspflicht ergeben, wenn der Verkäufer aufgrund eigenen Verhaltens eine Fehlvorstellung beim Käufer auslöst (Emmerich in MüKo/BGB, a. a. O., Rn. 68). Er hat dann, wenn er dies erkennt, die Pflicht, den Käufer über den Irrtum aufzuklären. Die Verfüllung im Jahr 1993 stand jedoch in keinem Zusammenhang mit den 12 Jahre später stattfindenden Vertragsgesprächen. Zudem fehlt es gerade am Nachweis, dass die Beklagte 2005 eine zurechenbare Kenntnis von den Umständen der Verfüllung hatte.
ee) Nur hilfsweise ist daher darauf hinzuweisen, dass sich aus der Kenntnis einer Verfüllung mit Bauschutt nur ein weiterer Altlastenverdacht ergeben hätte, nicht jedoch die Kenntnis einer tatsächlichen Kontaminierung. Denn eine Verfüllung mit Bauschutt führt noch nicht zwingend zu einer aufwändigen Sanierung samt Entfernung des Materials vom Grundstück wie dies bei Altlasten wie Sondermüll der Fall ist (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 24.11.2010, 4 U 120/19, Rz. 43). Dementsprechend hat die Sachbearbeiterin des Landratsamts T. in ihrer Einvernahme angegeben, sie hätte aus der Kenntnis einer Verfüllung mit „Bauschutt - kein Müll“ noch nicht das Erfordernis abgeleitet, sofort tätig zu werden (S. 10 des Protokolls vom 08.04.2014, Bl. 130 d. A. - auch der Architekt gab als Zeuge an, nicht kontaminierter Bauschutt könne zu einer Verfüllung geeignet sein, S. 5 des Protokolls vom 08.04.2014, Bl. 125 d. A.). Die Konsequenzen einer entsprechenden Verfüllung hängen daher von der konkreten Zusammensetzung des Bauschutts ab. Diese wurde beiden Parteien erst durch die nach dem 01.06.2007 angeordneten Untersuchungen im Jahr 2009 bekannt. Eine Aufklärung über eine tatsächliche Kontamination konnte zuvor noch nicht erfolgen.
3. Soweit die Kläger zur Begründung einer Aufklärungspflichtverletzung im Berufungsverfahren darauf hinweisen, die Verfüllung der Kiesgrube mit Bauschutt hätte bereits in den Bebauungsplan aufgenommen werden müssen, können sie hieraus keinen Anspruch auf Schadensersatz ableiten. Ein etwaiger Anspruch aufgrund einer Pflichtverletzung der Beklagten bei der Aufstellung des Bebauungsplans würde einen eigenständigen Streitgegenstand darstellen, der vom Gegenstand des Rechtsstreits nicht erfasst wird. Eine Haftung der Beklagten - losgelöst von einer Aufklärungspflichtverletzung - schon aus einer Pflichtverletzung im Bauleitplanungsverfahren ist in diesem Rechtsstreit nicht geltend gemacht, geschweige denn schlüssig vorgetragen worden.
4. Auf eine Aufklärungspflichtverletzung ab dem 06.06.2007 (nachgewiesene Kenntnis des Zeugen D. von einer Verfüllung mit Bauschutt) kann der klägerische Anspruch bereits deshalb nicht gestützt werden, weil ein ab diesem Zeitpunkt unterbliebener Hinweis für die den Klägern entstandenen Kosten nicht kausal geworden ist. Auf einen entsprechenden Hinweis des Senats vom 14.04.2015 (Bl. 312 d. A.) haben die Kläger nichts Gegenteiliges dargelegt.
5. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren (§§ 525, 156 ZPO) aufgrund des Vortrags im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 07.12.2015 ist nicht geboten. Das in Kopie vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 12.07.2001 ist für die Beurteilung des Falles ohne Bedeutung. Denn es kommt - wie bereits dargelegt - nicht darauf an, ob die Bauakten der Kiesgrube vor 2005 beim Landratsamt oder bei der Beklagten aufbewahrt wurden. Die Anordnung einer Vorlage des Schreibens durch den Senat war daher nicht geboten. Eine Beweiserhebung über die Richtigkeit der Urkunde konnte unterbleiben. Gleiches gilt für die Frage, wo Akten, welche die Kiesgrube betrafen, von 1999 bis einschließlich 2004 aufbewahrt wurden. Denn unabhängig vom konkreten Aufbewahrungsort hätten die Akten erst bei Anlass für eine Einsichtnahme aus der eigenen Registratur der Beklagten beigezogen oder beim Landratsamt angefordert werden müssen.
Was den Vorwurf einer Fälschung des Schreibens vom 12.07.2001 anbelangt, so fehlt es an konkreten Behauptungen, worin die Fälschung bestehen soll. Es bleibt unklar, warum das laut Kopie von einem Herrn K. unterzeichnete Schreiben nicht authentisch sein soll. Wurde die Unterschrift gefälscht? Wurde der Inhalt des Schreibens nachträglich manipuliert? Handelt es sich um einen falschen Briefkopf? Es fehlt an der Benennung konkreter Anhaltspunkte, aus denen sich nach den Angaben der „im Umfeld des Betriebes des Rathauses“ tätigen Person der Nachweis einer Fälschung ergeben soll. Ohne derartige Anhaltspunkte stellt sich die Anordnung einer Vorlage des Originalschreibens, um eventuell für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen D. relevante Erkenntnisse zu erlangen, als unzulässige Ausforschung dar. Eine hinreichende Grundlage für ein Wiedereröffnen der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO oder § 156 Abs. 1 ZPO liefert der klägerische Vortrag somit nicht.
Eine erneute Vernehmung des Zeugen N. zur Frage, ob er den Klägern im Falle einer Kenntnis der Verfüllung mit Bauschutt vom Kauf abgeraten hätte, war auch im Berufungsverfahren nicht geboten. Denn entsprechend der obigen Darlegungen kommt es mangels Pflichtverletzung auf die Beantwortung dieser Frage nicht an. Vielmehr erweist sich das angefochtene Urteil als zutreffend. Die Berufung der Kläger ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Der Senat weicht weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, noch von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der besonderen Umstände des entschiedenen Falles, ohne dass eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden gewesen wäre.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 GKG.