Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen erfolgter Anlageberatungen.
Der Kläger verkaufte im Jahr 2003 seinen Geschäftsanteil an einem Unternehmen und hatte danach ein Vermögen in Höhe von insgesamt ... EUR zur Verfügung, welches er anzulegen beabsichtigte. Er erwarb nach Beratung durch Mitarbeiter der beklagten X. unter anderem folgende Kapitalanlagen:
Am 24.11.2003 zeichnete der Kläger eine Beteiligung in Höhe von 100.000,00 EUR an dem Schiffsfonds „A. GmbH & Co. KG“ (Anlage K1); - i. F. Schiffsfonds.
Am 13.12.2007 beteiligte er sich mit 150.000,00 EUR an der „B. GmbH & Co. KG“ (Anlage K3); -i. F. Versicherungsfonds. Die Gesellschaft handelt mit britischen Lebensversicherungen. Dabei wird in Euro eingezahltes Kapital in britischen Pfund angelegt und in Lebensversicherungen investiert.
Beide Anlagen sind mit erheblichen Risiken verbunden, ein Totalverlust ist möglich. Der Beklagten sind Rückvergütungen der Emittenten in Höhe des Agios (jeweils 5% = 5.000,00 EUR bzw. 7.500,00 EUR) zugeflossen. Hierüber wurde der Kläger von der Beklagten bzw. deren Mitarbeitern nicht aufgeklärt.
Der Kläger hat in erster Instanz behauptet, die zugrunde liegenden Beratungen seien fehlerhaft gewesen. Insbesondere seien seine Anlageziele nicht berücksichtigt worden. Er habe sich durch eine sichere, defensive Vermögensanlage ohne große Risiken auf den Ruhestand einrichten wollen. Die gewählten Anlagen seien bereits wegen des Risikos des Totalverlusts nicht zur Sicherung von Alterseinkünften geeignet, worauf es ihm allein angekommen sei. Auch über die Risiken, vor allem die Gefahr einer Rückforderung erhaltener Ausschüttungen, sei er von der Beklagten nicht hinreichend aufgeklärt worden. Zudem sei die Beratung auch deswegen fehlerhaft gewesen, weil die Beklagte ihn nicht über die von ihr erhaltenen Rückvergütungen aufgeklärt habe. Er sei davon ausgegangen, dass es sich bei der Beratung über die Kapitalanlagen um ein „Serviceangebot“ handle, für dessen Inanspruchnahme kein besonderes Entgelt erhoben werde. Stattdessen habe die Beklagte „sich für ihre Empfehlungen gegenüber dem Kläger hinter dessen Rücken schmieren lassen“ und ihn „für einen Judaslohn an den grauen Kapitalmarkt“ verraten.
Der Kläger hat weiter behauptet, er hätte bei ordnungsgemäßer Beratung sein Geld in Unternehmensanleihen europäischer Großunternehmen investiert und damit einen Gewinn von 47.677,88 EUR erzielt.
Seinen Schaden hat der Kläger wie folgt berechnet:
A. GmbH & Co.KG
Zeichnungssumme 100.000,00 EUR
Agio5.000,00 EUR
abzüglich Ausschüttungen -32.000,00 EUR
Saldo73.000,00 EUR
B. GmbH & Co.KG
Zeichnungssumme 150.000,00 EUR
Agio7.500,00 EUR
Zwischensumme 157.500,00 EUR
Entgangene Renditen47.677,88 EUR
Gesamtschaden278.177,88 EUR
Dieser Betrag nebst Zinsen und Rechtsverfolgungskosten (4.155,48 EUR) war Gegenstand des erstinstanzlichen Zahlungsantrages.
Die Beklagte ist dem Anspruch entgegen getreten und hat insbesondere vorgetragen, die streitgegenständlichen Anlagen seien Teil eines Gesamtkonzeptes gewesen, in dem Anlagen mit unterschiedlichen Risiken enthalten gewesen seien.
Der Kläger sei über die Risiken an Hand der Prospekte aufgeklärt worden und habe diese jeweils rechtzeitig erhalten.
Die von ihr erhaltenen Rückvergütungen seien für die Anlageentscheidungen des Klägers nicht von Bedeutung gewesen. Dieser hätte auch bei Kenntnis dieser Zahlungen die Fonds gezeichnet.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere der in erster Instanz gestellten Anträge, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 108-110 d. A.) ergänzend verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen.
Es ist davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien zwei Anlageberatungsverträge geschlossen worden sind. Eine der Beklagten zurechenbare Falschberatung liege aber nicht vor.
Die Beratung müsse anleger- und objektgerecht sein. Daher sei auch der Wissensstand des Kunden zu berücksichtigen. Der Kläger habe unstreitig bereits seit 1997 Erfahrung mit derartigen Kapitalanlagen gehabt. Dies ergebe aus der am 13.12.2007 unterzeichneten „Kunden-/Vermögensanalyse“ (Anlage B6).
Außerdem habe der Kläger im Jahr 2003 ohne Zutun der Beklagten mindestens eine weitere ähnliche Beteiligung in Höhe von ca. 500.000,00 EUR gezeichnet sowie Depots mit Aktienfonds und Aktien angelegt. Seine Behauptung, er verfüge „über keinerlei Kenntnisse in Fragen der Kapitalanlage“, sei offensichtlich falsch.
Zu berücksichtigen sei auch, dass durch die beiden streitgegenständlichen Beteiligungen lediglich ca. 8% des Vermögens des Klägers betroffen seien. Es sei nichts dagegen einzuwenden, für einen so geringen Teil hochriskante, dafür aber chancenreiche Anlageformen zu empfehlen. Der Vorwurf einer unangemessenen Diversifikation des anzulegenden Kapitals sei nicht nachvollziehbar.
Anlageziel des Klägers sei die Vermögensmehrung und Steuerersparnis und nicht eine risikofreie Absicherung für das Alter gewesen. Dies ergebe sich aus dem Gesamtkonzept und der vom Kläger unterzeichneten Kunden-/Vermögensanalyse. Aus dieser sei auch zu entnehmen, dass der Kläger bezüglich der beiden Anlagen keine erhöhte Kapitalsicherheit wünschte.
Angesichts dieser unstreitigen Tatsachen sei davon auszugehen, dass der Kläger über die Chancen und Risiken der beiden unternehmerischen Beteiligungen hinreichend aufgeklärt worden ist.
Geeignete Beweise für die gegenteiligen Behauptungen seien nicht angeboten. Eine Vernehmung des Klägers scheitere am fehlenden Einverständnis der Beklagten. Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung von Amts wegen seien nicht gegeben. Fest stehe allerdings auch, dass eine Aufklärung über die der Beklagten zugeflossenen Rückvergütungen (5.000,00 EUR bzw. 7.500,00 EUR) nicht erfolgt sei. Eine solche sei grundsätzlich nötig. Diesbezügliche Versäumnisse seien aber unbeachtlich, wenn der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung gewählt hätte.
Davon sei hier auszugehen. Der Kläger habe einen weiteren Betrag von 500.000,00 EUR in eine geschlossene Beteiligung investiert und halte hieran fest, obwohl auch dort eine entsprechende Aufklärung unterblieben sei.
Die Behauptung des Klägers, er habe die Beratung in Kapitalanlagen für ein „Serviceangebot“ gehalten, sei als abwegig anzusehen.
Im Übrigen seien die aus der Beteiligung am Versicherungsfonds resultierenden Ansprüche verjährt. Maßgeblich sei § 37a WpHG in der bis zum04.08.2009 geltenden Fassung, der eine Verjährung binnen drei Jahren vorsehe.
Das Urteil des Landgerichts vom 16.06.2014 (Bl. 107 ff. d. A.) wurde dem Kläger am 23.06.2014 zugestellt. Er hat am 16.07.2014 Berufung eingelegt (Bl. 137 d. A.) und diese am 19.08.2014 begründet (Bl. 154 d. A.).
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung seine Ansprüche in vollem Umfang weiter. Hierbei wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen.
Insbesondere trägt er vor, die Beratungen der Beklagten seien fehlerhaft und nicht anleger- und objektgerecht gewesen. Er habe ausdrücklich den Wunsch geäußert, keine Risiken mit Kapitalanlagen einzugehen zu wollen, die den Bestand des Kapitals mehr als unwesentlich gefährden. Auch habe er Wert auf regelmäßige Ausschüttungen gelegt.
Die Beklagte habe versäumt, auf die mit den empfohlenen Beteiligungen verbundenen Risiken hinzuweisen. Bei diesen habe stets das Risiko bestanden, erhaltene Ausschüttungen zurückzahlen zu müssen.
Ferner habe die Beklagte erhaltene Rückvergütungen verschwiegen und bei ihren Empfehlungen gegen das Gebot der Diversifikation verstoßen.
Der Kläger beanstandet insbesondere eine unzureichende Beachtung seines Sachvortrags durch das Landgericht.
Dieses habe zu Unrecht angenommen, dass dem Kläger Inhalt und Bedeutung geschlossener Fonds bereits seit dem Jahr 1997 bekannt gewesen seien. Dabei habe es den Vortrag des Klägers übergangen, wonach ihm auch in der Vergangenheit bereits riskante Anlagen entgegen seinen expliziten und inhaltsgleichen Vorgaben empfohlen worden waren. Aus diesen fehlerhaften Beratungen könne sich keine Vorkenntnis des Klägers ergeben.
Die als Anlage B6 vorgelegte „Kunden-/Vermögensanalyse“ habe denknotwendig nur begrenzte Aussagekraft.
Die dort angegebenen Erfahrungen mit geschlossenen Fonds hätten sich offensichtlich nur auf die unzutreffenden Angaben der Beklagten in früheren Beratungsgesprächen bezogen und könnten nicht zum Nachweis umfassender Produktkenntnisse dienen. Die gegenteilige Annahme des Landgerichts verstoße gegen Denkgesetze und missachte den Sachvortrag des Klägers.
Die Beklagte habe gegen das Diversifikationsgebot verstoßen, als sie dem Kläger im November 2003 empfohlen habe, 100.000,00 EUR in nur einem Anlageprodukt anzulegen. Er meint, das Landgericht hätte das hierzu angebotene Sachverständigengutachten einholen oder seine eigene Sachkunde dartun müssen. Die Frage der gebotenen Diversifikation sei auch fachlich fehlerhaft behandelt worden.
Auch die Anlageziele des Klägers seien nicht beachtet worden. Das Landgericht habe diese zu Unrecht nicht in der sicheren und risikofreien Absicherung des Alters, sondern einer Vermögensmehrung und Steuerersparnis gesehen. Dies könne aus dem Anlagekonzept (Anlage B1) nicht abgeleitet werden. Aus der „Kunden-/Vermögensanalyse“ (Anlage B6) gehe lediglich die Anlagezielsetzung der Vermögensmehrung hervor.
Die getroffene Feststellung einer steuerlich geprägten Anlagezielsetzung sei verfahrensfehlerhaft erfolgt, weil der Kläger für die Darstellung, steuerliche Gesichtspunkte hätten keine Rolle gespielt, seinen Steuerberater als Zeugen angeboten habe. Der Kläger sei auch über die Verlustrisiken des Versicherungsfonds nicht hinreichend aufgeklärt worden. Der Mitarbeiter Z. der Beklagten habe gegenüber dem Kläger mit E-Mail vom 21.11.2007 (Anlage K2) ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger im Falle einer vorzeitigen Kündigung dieser Kapitalanlage jedenfalls eine Rückzahlung erhalten würde, die allenfalls knapp unter 100% des eingesetzten Kapitals liege. Damit sei das tatsächlich mit dieser Kapitalanlage verbundene (Total-)Verlustrisiko verschwiegen und eine falsche Auskunft erteilt worden. Diesen Sachvortrag habe das Landgericht nicht gewürdigt.
Auch die Frage der Kausalität der unterlassenen Aufklärung über Rückvergütungen habe das Landgericht fehlerhaft beurteilt. Es habe verkannt, dass nach der in Bezug genommenen Entscheidung des BGH vom 08.05.2012 die Beweislast für eine fehlende Kausalität beim Anlageberater liege. Das Verhalten des Klägers sei lediglich ein Indiz, das aber einen erforderlichen Vollbeweis gerade nicht ersetzen könne. Das Landgericht habe es versäumt, die angebotene Parteivernehmung des Klägers durchzuführen.
Hinsichtlich der Anlageberatung in Zusammenhang mit dem Versicherungsfonds sei rechtsirrig eine Verjährung bejaht worden. Beteiligungen an geschlossenen Fonds würden entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht in den Anwendungsbereich des WpHG fallen.
Der Kläger beantragt daher,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Bamberg vom 16. Juni 2014
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 282.333,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. August 2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte und Ansprüche des Klägers an den Beteiligungen an der
- A. GmbH & Co. KG über nominal 100.000,00 EUR und der
- B. GmbH & Co. KG über nominal 150.000,00 EUR,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1 genannten Beteiligungen in Verzug befindet,
3. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger von künftigen Schäden aus der unter Ziffer 1 genannten Beteiligungen freizustellen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Parteivernehmung des Klägers von Amts wegen komme nicht in Betracht. Dieser sei schon durch die unstreitig unterzeichneten Anlagen B5 und B6 über die als verschwiegen gerügten Risiken informiert gewesen. Eine Verletzung des Diversifikationsgebotes liege nicht vor. Dem Kläger sei es „sehr wohl“ um steuerliche Aspekte gegangen. Zur Steuerersparnis geeignete Beteiligungen würden generell mit vergleichbaren Rückvergütungen arbeiten. Aus dem weiteren Anlageverhalten des Klägers ergebe sich, dass Provisionen nicht relevant gewesen seien. Der Kläger habe eine weitere geschlossene Beteiligung über 500.000,00 EUR erworben und halte an dieser trotz der Rückvergütungsthematik fest. Damit sei die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt.
Hinsichtlich des Versicherungsfonds sei unwidersprochen geblieben, dass dieser als Wertpapier verbrieft sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend verwiesen.
Der Senat hat den Kläger persönlich angehört. Er hat sich zu der angesprochenen weiteren Beteiligung in Höhe von 500.000,00 EUR geäußert und erklärt, er habe bei dieser ein Agio bezahlt, wisse aber nicht, wem dieses zugeflossen sei. Die Beteiligung sei über die D. Filiale der Y. gezeichnet worden. Mit der Y. habe ein Vermögensverwaltungsvertrag bestanden, wofür auch eine Vergütung ausgehandelt worden sei. Wegen der getroffenen Vereinbarung habe er nicht nachgefragt, ob der Y. zusätzlich Provisionen zugeflossen seien.
Aus dem Versicherungsfonds habe er Ausschüttungen in Höhe von 7.000,00 EUR für das Jahr 2012 und 12.000,00 EUR für das Jahr 2013 erhalten.
Beim Schiffsfonds habe er im Jahr 2013 12.000,00 EUR nachschießen müssen. Diese Zahlung hat die Beklagte bestritten.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.04.2015 (Bl. 219-222 d. A.) ergänzend verwiesen.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 24.04.2015 hat der Kläger ergänzend zu erhaltenen Ausschüttungen und einer an den Schiffsfonds geleisteten Zahlung vorgetragen.
Die Berufung der Klägers ist statthaft (§ 511 ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). Sie hat auch weitgehend Erfolg und führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Abänderung des Ersturteils.
Der Kläger hat Anspruch auf Schadenersatz gemäß den § 280 Abs. 1 BGB.
1. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus den mit dem Kläger zustande gekommenen Anlageberatungsverträgen verletzt, weil sie den Kläger pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt hat, dass ihr in beiden Fällen - zumindest - das vom Kläger gezahlte Agio zufließt.
a) Die Beklagte ist, insbesondere durch ihren Mitarbeiter Z., auf Wunsch des Klägers anlageberatend tätig geworden.
Sowohl nach der eigenen Darstellung des Klägers wie auch der der Beklagten wollte der Kläger nicht nur eine bestimmte Kapitalanlage vermittelt erhalten, sondern unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und seiner Anlageziele - ergebnisoffen - beraten werden. Dies ergibt sich aus dem als Anlage B1 vorgelegten „Anlagekonzept“ und der als Anlage B6 vorgelegten „Kunden-/Vermögensanalyse“ vom 13.12.2007.
Angesichts eines zeitlichen Abstandes der streitgegenständlichen Beteiligungen von ca. 4 Jahren geht der Senat - insoweit in Übereinstimmung mit dem Landgericht - von zwei eigenständigen Beratungsverträgen aus. Für einen als Dauerschuldverhältnis fortlaufenden einheitlichen Beratungsvertrag im Jahr 2003 liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Das wohl im Jahr 2003 erstellte Anlagekonzept (Anlage B1) rechtfertigt eine solche Annahme nicht. Es berücksichtigt lediglich Mittelzuflüsse bis zum Januar 2004.
Als Anlageberaterin war die Beklagte zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. In Bezug auf Inhalt und Umfang der Beratungspflichten waren dabei einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Klägers und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben, zu berücksichtigen. In Bezug auf das jeweilige Anlageobjekt hatte sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben könnten (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2013 - III ZR 182/12, veröffentlicht u. a. NJW 2013, 2343-2344).
Ferner war die Beklagte verpflichtet, den Kläger über erhaltene Rückvergütungen von sich aus aufzuklären. Solche liegen vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (BGH, Urteil vom 27.10.2009 - XI ZR 338/08, veröffentlicht u. a. WM 2009, 2306 dort Rdnr. 31 zit. n. JURIS).
b) Diesen Verpflichtungen hat die Beklagte nicht genügt.
Sie hat unstreitig in erheblichem Umfang (5.000,00 EUR bzw. 7.500,00 EUR) Rückvergütungen im Sinne der vorgenannten BGH-Rechtsprechung erhalten. Über diese war der Kläger zu informieren.
Das ist nicht geschehen.
Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger die Emissionsprospekte so rechtzeitig vor der Zeichnung erhalten hat, dass er ihren Inhalt zur Kenntnis nehmen konnte und sie somit als Mittel der Aufklärung geeignet waren (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20.06.2013 - III ZR 293/12, veröffentlicht in JURIS). Darauf kommt es hier nicht an, weil der Kläger selbst bei sorgfältiger Lektüre aus rechtzeitig übergebenen Emissionsprospekten nicht hätte entnehmen können, dass die Beklagte solche Vergütungen erhält. Aus dem Emissionsprospekt des Schiffsfonds (Anlage B4) ergibt sich lediglich, dass das Agio für Marketing und Emissionskosten verwendet wird (a. a. O. Seiten 52, 59, 67, 74, 81, 88 und 94). Beim Versicherungsfonds ist aus Seite 44 des Emissionsprospektes (Anlage B7) lediglich zu entnehmen, dass die C. GmbH u. a. das Agio „für die Beschaffung des Eigenkapitals sowie die damit verbundenen Nebenleistungen“ erhält. Dass und gegebenenfalls im welchem Umfang das Agio oder andere Geldleistungen eines Anlegers an die Beklagte zurückfließen, ist den Emissionsprospekten nicht zu entnehmen. Allein die Information des Klägers, dass Kosten für die Beschaffung des Eigenkapitals - wozu auch Provisionen zählen - in einer bestimmten Höhe anfallen, reicht nicht aus, um die Aufklärungspflichten der Beklagten zu erfüllen. Anders als beim Vertrieb eigener Produkte (hierzu BGH, Urteil vom 22.03.2011 - XI ZR 33/10, veröffentlicht BGHZ 189, 13-32) ist ein Interessenkonflikt dann nicht offenkundig, wenn - wie hier - Anlageprodukte Dritter vermittelt werden, also ein Dreipersonenverhältnis (Anleger, Bank, Emittent) besteht. Daher muss über die Rückvergütung und ihre Höhe aufgeklärt werden (BGH, Beschluss vom 19.07.2011 - XI ZR 191/10, veröffentlicht u. a. in NJW 2011, 3229-3231). Nur so kann der Anleger mögliche sachfremde Erwägungen der Bank bei der von ihm zu treffenden Anlageentscheidung berücksichtigen (BGH, Urteil vom 19.12.2006 - XI ZR 56/05, veröffentlicht u. a. in BGHZ 170, 226-235 dort Rdnr. 23 zit. n. JURIS).
Liegt - wie hier - ein Beratungsfehler vor, so besteht nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die unrichtige oder unvollständige Aufklärung für die Entscheidung, die Anlage zu tätigen, ursächlich war (BGH, Beschluss vom 19.07.2011 - XI ZR 191/10 a. a. O. mit zahlr. w. Nachw.). Dementsprechend ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte (st. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2012 -XI ZR 262/10, veröffentlicht u. a. in BGHZ 193, 159-183, dort Rdnr. 28 zit. n. JURIS).
Diese zur Beweislastumkehr führende Kausalitätsvermutung kann zwar widerlegt werden. Dies ist der Beklagten vorliegend aber nicht gelungen.
a) Die Beklagte geht zutreffend und auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung davon aus, dass sich relevante Indizien für eine fehlende Kausalität sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben können (BGH a. a. O. Rdnr. 50).
In Betracht kommt insoweit das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds im Jahr 2003 über die Y. ... Management in Höhe von 500.000,00 EUR zuzüglich 3% Agio (unbestrittener Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 18.11.2013 Seite 4 = Bl. 38 d. A.), hinsichtlich derer ebenfalls Rückvergütungen geflossen seien (Schriftsatz der Beklagten vom 22.04.2014 Seite 6 = Bl. 87 d. A.).
Der Senat vermag aus dem Sachvortrag der Beklagten schon nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass auch in diesem Fall das Agio der vermittelnden Bank (Y.) wieder zugeflossen ist. Die Beklagte spricht lediglich von Rückvergütungen bzw. einer „Rückvergütungsthematik“ (Berufungserwiderung vom 01.04.2015 Seite 7 = Bl. 189 d. A.), ohne den oder die Begünstigte zu benennen. Das Vorbringen erweckt damit den Eindruck einer Behauptung „ins Blaue hinein“.
Selbst wenn aber zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass tatsächlich auch in diesem Fall Rückvergütungen an die vermittelnde Bank geflossen sind, würden sich daraus Rückschlüsse in Bezug auf die Bedeutung dieser Rückflüsse für den Kläger nur dann ziehen lassen, wenn der Kläger hiervon zu irgendeinem Zeitpunkt Kenntnis erlangt hat und gleichwohl an der Beteiligung festhält.
Das kann hier nicht festgestellt werden. Der Senat hat den Kläger angehört. Dieser hat nachvollziehbar und glaubhaft erklärt, er habe bei dieser Beteiligung ein Agio bezahlt, wisse aber nicht, wem dieses zugeflossen sei. Er habe mit der Y. eine Vereinbarung über Provisionen ausgehandelt, weil dort weitere Gelder im Rahmen einer vergütungspflichtigen Vermögensverwaltung angelegt worden seien. Er habe deshalb auch nicht nachgefragt, ob der Y. über die ausgehandelte Vergütung zusätzlich Provisionen zugeflossen seien. Angesichts dieser Angaben des Klägers ist offen, ob in diesem Fall (einer vereinbarten kostenpflichtigen Vermögensverwaltung) tatsächlich zusätzlich - und versteckt -Rückvergütungen an die vermittelnde Bank (Y.) geflossen sind. Jedenfalls hatte der Kläger angesichts der getroffenen Vergütungsvereinbarung keinen Anlass, dies anzunehmen. Aus seinem Festhalten an dieser Beteiligung kann daher nicht der Schluss gezogen werden, dass er die streitgegenständlichen Beteiligungen auch dann gezeichnet hätte, wenn ihm die nicht offengelegten Rückflüsse an die Beklagte bekannt gewesen wären.
b) Auch der Sachvortrag der Beklagten zu den Anlagezielen des Klägers ist nicht geeignet, die Kausalitätsvermutung zu erschüttern.
Die Beklagte trägt in diesem Zusammenhang vor, dem Kläger sei es auf steuerliche Vorteile der Investition angekommen (Schriftsatz vom 18.11.2013 Seite 19 = Bl. 53 d. A.). Vergleichbare Beteiligungen seien mit vergleichbaren Rückvergütungen verbunden gewesen. Stets sei ein Agio zwischen 3% und 7% zu zahlen gewesen und vom Kunden seien keine gesonderten Kosten erhoben worden (a. a. O. Seite 14 = Bl. 48 d. A.).
Selbst wenn unterstellt wird, dass es dem Kläger auf „steueroptimierte“ Anlagen ankam, was dieser bestritten hat, kann dies der Verteidigung der Beklagten nicht zum Erfolg verhelfen. Allein der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, steht für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 53 m. w. Nachw.). Nur dann, wenn die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen ist, kann das den Schluss darauf zulassen, dass die geflossenen Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren.
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ist die Höhe des Agios unterschiedlich und bewegt sich in einer Bandbreite zwischen 3 und 7%. Ihr Vorbringen ist so zu verstehen, dass auch die hieraus bezahlten Rückvergütungen unterschiedlich hoch sind.
Daraus folgt, dass es zur Erreichung eines - unterstellten - Anlageziels der Steueroptimierung nicht zwangsläufig notwendig war, eine Rückvergütung in Höhe von 5% der Anlagesumme in Kauf zu nehmen. Der Kläger hat dementsprechend bei seiner Anhörung auch nachvollziehbar und glaubhaft angegeben, er hätte im Falle einer Offenlegung der Rückvergütung angesichts der bestehenden guten Geschäftsverbindung versucht, über eine Aufteilung der Rückvergütung zu verhandeln. Demnach waren die Rückvergütungen und insbesondere auch deren Höhe für den Kläger gerade nicht ohne Bedeutung (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2015 - 23 U 112/14, veröffentlicht in JURIS).
Entgegen der seitens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht ergibt sich aus dieser grundsätzlich gegebenen Verhandlungsbereitschaft des Klägers in Bezug auf Rückvergütungen gerade nicht eine Widerlegung der Vermutung aufklärungspflichtigen Verhaltens. In diesem Zusammenhang ist nochmals der Grund für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen in den Blick zu nehmen. Dieser liegt - wie bereits ausgeführt - weniger darin, als Anleger die Werthaltigkeit der ins Auge gefassten Anlage richtig einschätzen zu können. Zweck der Information ist vielmehr, dass der Anleger mögliche sachwidrige Motive des Beraters in seine Überlegungen einbeziehen kann. Solange nicht feststeht, dass Rückvergütungen für den Anleger (hier den Kläger) völlig bedeutungslos waren, ist daher seine Bereitschaft, bei der gebotenen Aufklärung über die Höhe einer Vergütung zu verhandeln, nicht geeignet, die Vermutung aufklärungspflichtigen Verhaltens zu widerlegen.
c) Der weitere - nicht nachgelassene - Sachvortrag im Schriftsatz vom 07.05.2015 (Bl. 226 - 237 d. A.) gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
aa) Ein Verfahrensfehler im Sinne des § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegt nicht vor. Die Einräumung einer Schriftsatzfrist war nicht hier nach der gegebenen Prozesslage nicht geboten. Nach der Rechtsprechung des BGH darf zwar der siegreiche Berufungsbeklagte darauf vertrauen, rechtzeitig darauf hingewiesen zu werden, dass und aufgrund welcher Erwägungen das Berufungsgericht der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will. Er muss dann auch Gelegenheit erhalten, seinen Tatsachenvortrag sachdienlich zu ergänzen oder weiteren Beweis anzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2011 - VI ZR 300/09, veröffentlicht u. a. in NJW 2011, 1947-1949 Rdnr. 12 ; BGH, Urteil vom 09.10.2009 - V ZR 178/08; veröffentlicht in NJW 2010, 363 Rdrn. 25).
Diese Hinweispflicht ist aber nicht Selbstzweck, sondern Ausdruck des Gebots eines fairen Verfahrens, welches Überraschungsentscheidungen verbietet. Eines Hinweises bedarf es dann nicht, wenn sich die Partei angesichts der Prozesslage auf die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung einstellen konnte und auch tatsächlich eingestellt hat. So ist es hier.
Der Senat hat mit Verfügung vom 20.08.2014 (Bl. 174 d. A.) die Parteien darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit einer Berufungszurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO prüfe, in der Folgezeit aber dann Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Bereits angesichts dieses
Verfahrensablaufes musste die Beklagte die Möglichkeit einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung ernsthaft in Erwägung ziehen und konnte sich darauf einstellen. Das hat die Beklagte auch getan. Von beiden Parteien wurde insbesondere eingehend zu der Frage vorgetragen, ob das Verhalten des Klägers in Bezug auf die über die Y. erworbene Beteiligung geeignet ist, die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens in Bezug auf die streitgegenständlichen Beteiligungen zu widerlegen.
Dementsprechend zeigt die Beklagte auch nicht auf, was sie weiter vorgetragen hätte, wenn sie früher auf die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung der Kausalitätsfrage hingewiesen worden wäre.
bb) Eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO ist hier nicht sachgerecht, da alle wesentlichen Argumente ausgetauscht sind und eine entscheidungserhebliche weitere Sachaufklärung nicht in Betracht kommt. Die abweichende Bewertung der Angaben des Klägers durch die Beklagte hat der Senat zur Kenntnis genommen, betrachtet sie aber als nicht durchgreifend.
d) Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang schließlich auch, dass nach den Angaben des Klägers bei seiner Anhörung zwischen ihm und der Beklagten vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligungen bereits eine Geschäftsbeziehung bestand. Angesichts dessen ist die behauptete damalige Vorstellung, die Beklagte erbringe ihre Beratungsleistungen im Rahmen eines „Serviceangebotes“ und ohne Inanspruchnahme eines Entgelts, nicht so fernliegend, wie das Landgericht annimmt.
3. Das Verschulden wird bei Vorliegen einer Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Der Aufklärungspflichtige muss danach darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. In Betracht käme in Bezug auf die Aufklärungspflicht wegen Rückvergütungen allenfalls ein Rechtsirrtum, der nach der Rechtsprechung des BGH unvermeidbar gewesen sein müsste. Ein solcher Fall liegt nicht vor. Jedenfalls für die Zeit nach 1990 kann sich eine Bank oder Sparkasse hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen (BGH, Beschluss vom 19.07.2011 - XI ZR 191/10, a. a. O. Rdnr. 12 m. w. Nachw.).
Ein Schadenersatzanspruch des Klägers ist daher dem Grunde nach gegeben.
4. Der Kläger hat Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie wenn er die streitgegenständlichen Beteiligungen nicht gezeichnet hätte. Er hat also Anspruch auf Rückzahlung der Beteiligungsbeträge einschließlich Agio. Allerdings muss er sich aus Gründen der Vorteilsausgleichung erhaltene Ausschüttungen anrechnen lassen und die Beteiligungen auf die Beklagte übertragen.
Dies führt hier zu einem Anspruch in Höhe von 211.500,00 EUR Zug um Zug gegen Übertragung der streitgegenständlichen Beteiligungen.
a) Bei dem streitgegenständlichen Schiffsfonds ergibt sich entsprechend der erstinstanzlichen Darstellung des Klägers unter Berücksichtigung der Ausschüttungen ein Anspruch in Höhe von 73.000,00 EUR.
Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung des Senats einen weiteren Schaden in Höhe von 12.000,00 EUR wegen einer Nachschusszahlung geltend gemacht hat, war dieser Sachvortrag bestritten worden. Mit diesem Vorbringen ist der Kläger daher schon gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Zulassungsgründe sind nicht dargelegt worden. Zudem waren für die bestrittene Zahlung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung auch keine Beweise angeboten.
Soweit dies durch den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.04.2015 nachgeholt worden ist, ist der diesbezügliche Vortrag gemäß § 296a ZPO unbeachtlich.
Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung erfolgt nicht. Zwingende Gründe im Sinne des § 156 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 156 Abs. 1 ZPO war zu berücksichtigen, dass nach dem Inhalt des vorgenannten Schriftsatzes die für die behauptete Nachschusszahlung erforderliche Entscheidung der Anleger offenbar bereits Ende 2011 und damit mehr als 1 V Jahre vor Rechtshängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits gefallen ist. Der entsprechende Vortrag hätte daher ohne weiteres bereits in erster Instanz erfolgen können. Angesichts dessen, dass auch das nicht nachgelassene Vorbringen aller Voraussicht nach gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert wäre, ist eine Wiedereröffnung der Verhandlung nicht sachgerecht.
b) Bei dem streitgegenständlichen Versicherungsfonds sind unstreitige und bislang nicht berücksichtigte Ausschüttungen in Höhe von 19.000,00 EUR zu berücksichtigen, so dass sich ein Schadensbetrag in Höhe von 138.500,00 EUR ergibt.
Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass sich aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 24.04.2015 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 19.691,99 EUR ergeben.
Der Differenzbetrag in Höhe von 691,99 EUR kann ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigt werden. § 296a ZPO ist zwar nicht einschlägig, weil es sich bei dem Vorbringen des Klägers nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel handelt. § 296a ZPO ist aber lediglich die Konsequenz des Verhandlungsgrundsatzes, wonach der Entscheidung des Gerichts ein Schluss der mündlichen Verhandlung vorausgeht (Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage. § 296a Rdnr. 1) und danach erfolgendes Vorbringen grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen ist.
Auch insoweit ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht veranlasst. Zwingende Gründe bestehen nicht. Bei der Ausübung des Ermessens im Rahmen des § 156 Abs. 1 ZPO hat der Senat unter anderem berücksichtigt, dass die Beklagte hinreichend die Möglichkeit hatte, die Schadensberechnung des Klägers anzugreifen. Der fragliche Fonds wurde von der Beklagten vermittelt, sie hat auch den zugehörigen Emissionsprospekt vorgelegt. Damit ist davon auszugehen, dass die Beklagte auch in der Lage war festzustellen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Ausschüttungen erfolgt sind und hierzu substantiiert vorzutragen.
c) Nicht begründet ist der geltend gemachte Anspruch des Klägers wegen entgangener Anlagezinsen.
Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages umfasst nach § 252 S.1 BGB auch den entgangenen Gewinn, der grundsätzlich entgangene Anlagezinsen beinhalten kann.
Dabei kann sich der Geschädigte gemäß § 252 Satz 2 BGB auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, wonach Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (BGH, Urteil vom 28.05.2013 - XI ZR 148/11, veröffentlicht in GWR 2013, 338). Er trägt allerdings weiter die Darlegungs- und Beweislast dafür, ob und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein Gewinn entgangen ist. Er kann sich lediglich darauf beschränken, Anknüpfungstatsachen vorzutragen, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung aufgrund einer alternativen Investitionsentscheidung und deren Umfang kann aber nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (BGH a. a. O.).
Der Kläger hat insoweit vorgetragen, er hätte bei sachgerechter Beratung in Unternehmensanleihen europäischer Großunternehmen investiert und eine Rendite von mindestens 3,5% p. a. erzielt. Die Wertentwicklung werde vom REX-Index abgebildet und weise entsprechende Renditen aus.
Dieses Vorbringen kann eine Gewinnwahrscheinlichkeit nicht begründen. Zunächst ist festzustellen, dass der REX-Index einen repräsentativen Ausschnitt des Marktes für deutsche Staatsanleihen (und nicht Unternehmensanleihen) abbildet (Kurzinformation der Deutschen Börse - abrufbar über http://www.dax-indices.com/DE/MediaLibrary/Document/REX_REXP_I_1_2_d.pdf).
Dementsprechend ist auch die angegebene Rendite nicht nachvollziehbar, zumal der Kläger nicht angibt, welche konkreten Anleihen er erworben hätte. Dies ist aber nach der Rechtsprechung des BGH und auch der ständigen Rechtsprechung des Senats erforderlich, um eine entsprechende Gewinnwahrscheinlichkeit darzulegen.
d) Nach nicht bestrittenem Klägervortrag wurde die Beklagte mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27.12.2012 zur Rückabwicklung aufgefordert, was diese mit Schreiben vom 02.08.2012 zurückgewiesen habe. Damit ist gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB mit Zugang dieses Schreibens Verzug anzunehmen und die begründete Forderung gemäß § 288 Abs. 1 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Angesichts üblicher Postlaufzeiten ist von einem Zugang des Schreibens der Beklagten spätestens am Montag, dem 06.08.2012 auszugehen und eine Verzinsung daher ab 07.08.2012 auszusprechen.
Zum zu ersetzenden Schaden gehören auch die Rechtsverfolgungskosten, allerdings nur auf der Grundlage des Gegenstandwertes, der zu diesem Zeitpunkt zu Recht verfolgt worden ist. Da Ausschüttungen auf den Versicherungsfonds zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt waren, ist ein Gegenstandswert von 230.500,00 EUR (73.000,00 EUR + 157.500,00 EUR) zugrunde zulegen.
Ersatzfähig ist nur eine 1,3-Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG aus dem Streitwert der begründeten Klage nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, mithin ein Betrag von 3.198,24 EUR. Dieser ist ab Rechtshängigkeit zu verzinsen. Ein früherer Verzugseintritt ist nicht ersichtlich.
5. Die außerdem begehrte Feststellung des Annahmeverzugs war auszusprechen, nachdem der Kläger unstreitig vorgerichtlich ein wörtliches Angebot auf Übertragung der Fondsbeteiligungen gemacht hat, welches seitens der Beklagten abgelehnt worden ist.
6. Auch der Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger Schäden ist zulässig und begründet.
Zwar genügt für die Annahme eines in der Verjährungsunterbrechung bestehenden
Feststellungsinteresses gemäß § 256 ZPO die bloß theoretische Möglichkeit eines Schadenseintritts nur, wenn es um die Verletzung eines absoluten Rechts geht. Bei reinen Vermögensschäden - wie hier - hängt dagegen bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der gewissen Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab.
Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag in der Klageschrift ist der Schiffsfonds von der Insolvenz bedroht. Dem Kläger droht daher die Rückforderung erhaltener Ausschüttungen. Dies begründet hinreichend ein Feststellungsinteresse.
7. Die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts erweist sich auch nicht etwa deswegen als im Ergebnis teilweise zutreffend, weil auf das Verschweigen von Rückvergütungen gestützte Schadensersatzansprüche beim Versicherungsfonds verjährt wären.
Der Senat teilt nicht die Auffassung des Landgerichts, wonach Ansprüche der dreijährigen kenntnisunabhängigen Verjährung nach § 37a WpHG in der bis zum04.08.2009 geltenden Fassung unterliegen.
Die Vorschrift ist nicht anwendbar, da Kommanditbeteiligungen keine Wertpapiere im Sinne des WpHG sind (OLG München, Urteil vom 22.09.2005 - 19 U 2529/05; OLG Stuttgart, Urteil vom 23.04.2007 - 5 U 157/06; OLG Frankfurt, Urteil vom 14.05.2008 - 23 U 225/06, alle veröffentlicht in JURIS). Dies gilt auch, wenn - wie hier - der Kommanditanteil treuhänderisch gehalten wird.
II. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Der Gebührenstreitwert beträgt auch im Berufungsverfahrens 256.100,00 EUR. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Beschluss des Oberlandesgerichts zum erstinstanzlichen Streitwert vom 22.07.2014 (Bl. 144-147 d. A.) verwiesen. Bei der Ermittlung der Kostenquoten war allerdings auch der abgewiesene, für den Gebührenstreitwert unbeachtliche Anspruch auf entgangene Anlagezinsen zu berücksichtigen, was zu einem (fiktiven) Streitwert von 303.777.88 EUR führt. In Bezug auf diesen Streitwert obsiegt der Kläger in Höhe von 225.600,00 EUR. Davon entfallen 211.500,00 EUR auf den Zahlungsanspruch und 25.600,00 EUR auf die beantragte Feststellung einer Freistellungspflicht.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO) liegen nicht vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte ab. Es liegt weder ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vor noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.