I.
In der vorliegenden Arzthaftungssache hat die klagende Patientin gegen das beiden Parteien jeweils am 14. April 2016 zugestellte Endurteil des Landgerichts vom 13.04.2016 mit vorab per Telefax an diesem Tag übermittelten Schriftsatz vom 17.05.2016 (= Dienstag nach Pfingstmontag) Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 15.06.2016, eingegangen an diesem Tage vorab als Telefax, haben die Klägervertreter beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung um einen Monat bis zum 15. Juli 2016 zu verlängern. Auf den mit Vorsitzendenverfügung vom 16.06.2016 ergangenen Hinweis, dass innerhalb der am 14.06.2016 abgelaufenen Frist keine Berufungsbegründung vorgelegt worden sei (Bl. 167), sind am 28. Juni 2016 - jeweils mit Telefax - ein Antrag auf Wiedereinsetzung sowie eine Berufungsbegründung der Klägerseite von diesem Tage beim Oberlandesgericht eingegangen (Bl. 168ff. bzw. Bl. 180ff.).
Die Beklagtenseite ist in ihrer Stellungnahme vom 11.07.2016 dem Wiedereinsetzungsgesuch entgegengetreten (Bl. 203 ff.).
1. Dem Wiedereinsetzungsantrag kann nicht stattgegeben werden, weil die Klägerseite die Berufungsbegründungsfrist nicht unverschuldet versäumt hat. Denn die Klägerin muss sich ein eigenes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Fristversäumung zurechnen lassen (§ 85 II ZPO).
a) Nach den Grundsätzen zur anwaltlichen Fristenkontrolle hat der sachbearbeitende Rechtsanwalt alles ihm Zumutbare zu tun und zu veranlassen, damit die Fristen zur Einlegung bzw. zur Begründung eines Rechtsmittels eingehalten werden. Hiernach ist der Rechtsanwalt zur Prüfung des Fristablaufs jedes Mal verpflichtet, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt wird. Hierbei beschränkt sich bereits die Überwachungspflicht des Rechtsanwalts, dem die Handakten zur Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, nicht nur auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist zutreffend notiert ist, sondern erstreckt sich diese Kontrollpflicht zugleich auf die ordnungsgemäße Notierung der Berufungsbegründungs-frist, deren Ablauf im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits feststeht. Mit dieser Verpflichtung, sämtliche zumutbare Vorkehrungen gegen ein Fristversäumnis zu treffen, wäre es nicht zu vereinbaren, wenn sich der Anwalt im Zusammenhang mit der Aktenvorlage auf die Nachprüfung der Fristnotierung auf die Berufungsfrist beschränken und die Kontrolle der bereits feststehenden Berufungsbe-gründungsfrist aussparen wollte. Er hat daher bei der Vorlage der Handakte zur Fertigung der Berufungsschrift zugleich zu prüfen, ob die Berufungsbegründungsfrist richtig notiert worden ist (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BGH NJW-RR 2015, 1468, Rn.7 m.w.N.).
Nach diesen Vorgaben muss dem sachbearbeitenden Klägervertreter ein Kontrollversäumnis bezüglich der nach dem Vorbringen in der Antragsbegründung längst notierten Begründungsfrist bereits bei der Bearbeitung der Berufungsschrift vom 17.5.2016 unterlaufen sein, in der das - zutreffende - Zustellungsdatum, nämlich der 14.04.2016, ausdrücklich ausgeführt ist (vgl. Bl.155ff.).
b) Vor allem aber ist die erneut und - erst recht - gebotene Kontrolle der Fristnotierung im Zusammenhang mit der Bearbeitung des verspätet eingegangenen Verlängerungsantrags vom 15.06.2016 unterblieben. Hierzu wird auf S. 3 des Wiedereinsetzungsgesuchs auszugsweise ausgeführt (Bl. 170/176):
„Für den Unterfertigten war aufgrund des doch sehr umfangreichen Sachverhalts und der Notwendigkeit weiterer Recherchen von Anfang an klar, dass er nicht im Stande sein wird, die Berufungsbegründung innerhalb der 2 Monatsfrist abschließend fertigen zu können. Als die Akte dann am 08.06.16 zur Vorfrist auf den Schreibtisch des Unterfertigten gelegt worden ist, hatte dieser das entsprechende Fristverlängerungsgesuch diktiert mit der Arbeitsanweisung, das Fristverlängerungsgesuch sodann zum Fristablauf… per Telefax zu übersenden.“
Es versteht sich von selbst, dass die strengen Vorgaben zur anwaltlichen Fristenkontrolle bei der Bearbeitung einer Rechtsmittelsache nach Gegenstand und Umfang im gleichen Maße aktualisiert sind, wenn es um die fristgebundene Prozesshandlung eines Verlängerungsantrags für die Begründungsfrist geht. Insbesondere auch dazu dient die rechtzeitige Vorlage der Handakte im Zeitpunkt der notierten Vorfrist, die vorliegend auch erfolgt war. Zu einer (erneuten) sorgfältigen Nachkontrolle der notierten Begründungsfrist hätte umso mehr Anlass bestanden, als dem Klägervertreter „von Anfang an klar1 war, dass er wegen des sich abzeichnenden Bearbeitungsum-fangs eine Fristverlängerung benötigen werde. Demnach hätte der Klägervertreter spätestens aufgrund der Wiedervorlage des Vorgangs zum Zeitpunkt der Vorfrist (allein schon beim Abgleich mit dem in der Berufungsschrift festgehaltenen - zutreffenden - Zustellungsdatum mit den Eintragungen im Termins- und Fristenkalender) die Notierung der Begründungsfrist auf den 15.06.2016 als fehlerhaft erkennen und dementsprechend zugleich den ohnehin bestimmungsbedürftigen Schlusstag der „um ein Monat“ angestrebten Verlängerungsfrist zutreffend auf den 14. Juli 2016 (statt des beantragten 15.07.2016) festlegen müssen.
Soweit sich das auszugsweise wiedergegebene Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag dahin versteht, dass die Fertigung des Fristverlängerungsgesuchs ausdrücklich mit der „Arbeitsanweisung“ verbunden worden war, den Verlängerungsantrag erst (?) „zum (notierten) Fristablauf“ an das Oberlandesgericht per Telefax zu übermitteln, kann offen bleiben, ob darin ein weiterer Sorgfaltsverstoß des Prozessbevollmächtigten zu sehen ist.
Hiernach ist nicht nur die Möglichkeit eines eigenen Sorgfaltsverstoßes des klägerischen Bevollmächtigten nicht ausgeräumt (was für die Annahme eines im Sinn des § 85 II ZPO zurechenbaren Verschuldens des Anwalts ausreichen würde), sondern führt an der zwingenden Annahme eines solchen Versäumnisses bei der (wiederholt) gebotenen Fristenkontrolle kein Weg vorbei.
2. Infolgedessen erweist sich der Antrag auf Wiedereinsetzung als offensichtlich unbegründet mit der Folge, dass die klägerische Berufung wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig und mit der Kostenfolge des § 97 I ZPO zu verwerfen war.