Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 19. Nov. 2012 - L 5 AS 803/12 B ER

ECLI: ECLI:DE:LSGST:2012:1119.L5AS803.12BER.0A
published on 19/11/2012 00:00
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 19. Nov. 2012 - L 5 AS 803/12 B ER
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Gericht

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Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die den Antragsteller entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

Den Antragstellern wird zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin G. bewilligt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom Antragsgegner die vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).

2

Die am ... 1970 geborene Antragstellerin zu 1) und ihre Kinder, die Antragsteller zu 2) bis 4) sind estnische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 1) zog am 5. November 2011 nach D. Die Antragsteller zu 2) bis 4) folgten später nach. Der Ausländerbehörde gegenüber gab die Antragstellerin zu 1) an, der Aufenthalt diene der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit. Dem Jobcenter D. teilte sie in einem persönlichen Gespräch am 6. März 2012 mit, sie sei mit dem Zweck der Arbeitsuche eingereist. Sie lebte zunächst mit ihrem Lebensgefährten zusammen, bevor sie wegen häuslicher Gewalt in ein Frauenhaus in D. floh.

3

Das Jobcenter D. bewilligte den Antragstellern in Ausführung eines Beschlusses des Sozialgerichts Duisburg vom 6. Juli 2012 in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 11. Juli bis 30. September 2012.

4

Am 13. August 2012 zog sie zusammen mit ihren Kindern nach B. in das dortige Frauen- und Kinderschutzhaus um. Das teilte sie mit Schreiben vom 15. August 2012 dem Jobcenter D. mit. Am 14. August 2012 stellte sie beim Antragsgegner einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für sich und ihre Kinder, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 11. September 2012 mit der Begründung ablehnte, es greife der Leistungsausschuss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller fristgerecht Widerspruch. Die Antragstellerin zu 1) bezieht für ihre Kinder Kindergeld. Über ihren Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschuss liegt, soweit ersichtlich, noch keine Entscheidung vor.

5

Am 18. September 2012 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Magdeburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Oktober 2012 bis März 2013, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.

6

Das Sozialgericht hat diesem Antrag mit Beschluss vom 28. September 2012 in vollem Umfang stattgegeben. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt: Seit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Oktober 2010 (B 14 AS 23/10 R) sei klargestellt, dass der Leistungsschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf Ausländer nicht anwendbar sei, deren Aufenthaltsrecht sich aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe. Die Antragsteller könnten sich mithin auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 des europäischen Fürsorgeabkommens (EFA), das sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch Estland unterzeichnet hätten, berufen. Allerdings werde die Anwendbarkeit des EFA dadurch infrage gestellt, dass die Bundesregierung beim Europarat einen Vorbehalt bezüglich der Anwendung des Abkommens auf die Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende erklärt habe. Gemäß Art. 2 Abs. b EFA seien die Rechtsvorschriften, die in den Gebieten der Vertragschließenden, auf die dieses Abkommen Anwendung finde, in Kraft seien sowie die von den Vertragschließenden formulierten Vorbehalte im Anhang I und II aufgeführt. Gemäß Art. 16 Abs. a EFA hätten die Vertragschließenden den Generalsekretär des Europarats über jede Änderung ihrer Gesetzgebung zu unterrichten, die den Inhalt von Anhang I und III berühre. Gleichzeitig mit der Mitteilung könne der Vertragschließende Vorbehalte hinsichtlich der Anwendung dieser neuen Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten machen. Am 19. Dezember 2011 habe die Bundesrepublik Deutschland einen Vorbehalt beim Europarat dahingehend erklärt, sie übernehme keine Verpflichtung, den Staatsangehörigen der übrigen Vertragsstaaten in gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen die im SGB II in der jeweils geltenden Fassung vorgesehene Leistung zu gewähren. In der sozialgerichtlichen und landessozialgerichtlichen Rechtsprechung sei umstritten, ob dieser Vorbehalt die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. b Satz 2 EFA erfülle. Insbesondere werde die Frage, ob es sich bei den Regelungen des SGB II deswegen um "neue" Vorschriften in diesem Sinne handele, weil sie zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten seien, als das EFA bereits gegolten habe, kontrovers diskutiert. Da die Kammer zudem Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vorbehaltes habe, sei im Wege der Folgenabwägung dem Antrag stattzugeben gewesen. Da eine längerfristige Herausnahme der Antragsteller zu 3) und 4) aus dem Haushalt der Antragstellerin zu 1) nicht ersichtlich sei, gehe die Kammer davon aus, dass die Antragsteller weiterhin zusammen in einem Haushalt lebten.

7

Der Antragsgegner hat gegen den Beschluss am 2. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt und die einstweilige Aussetzung der Vollziehung beantragt. Er ist der Ansicht, der seitens der Bundesregierung erklärte Vorbehalt sei wirksam, so dass die Antragsteller von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung verweist der Senat auf Blatt 74 ff. der Gerichtsakte. Eine Folgenabwägung gehe zu seinen Gunsten aus. Die Antragstellerin zu 1) sei aus D. vor ihrem Partner geflohen. Soziale Bindungen im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners seien nicht bekannt. Dagegen bestünden weiterhin Bindungen zur Großmutter in Estland. Eine Ausreise könne nicht ausgeschlossen werden, so dass eine mögliche Rückforderung der Leistungen ggf. nur erschwert möglich sei.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. Oktober 2012 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

10

Die Antragsteller beantragen,

11

die Beschwerde zurückzuweisen und ihnen zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

12

Sie sind der Ansicht, sie seien von den Leistungen nach dem SGB II nicht ausgeschlossen, da der von der Bundesregierung erklärte Vorbehalt nicht europarechtskonform sei.

13

Mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 hat der Vorsitzende des erkennenden Senats den Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Beschlusses zurückgewiesen.

14

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

15

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Die Verpflichtung des Antragsgegners, an die Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit von Oktober 2012 bis März 2013 zu zahlen, überschreitet allein durch die an die Antragstellerin zu 1) zu zahlende Regelleistung den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG heranzuziehenden Berufungswert i.H.v. 750 EUR.

16

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antragsgegner wie oben beschrieben zur vorläufigen Leistung verpflichtet.

17

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.

18

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.

19

Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 86b, Rn. 16b).

20

Ein Anordnungsgrund ist vorliegend gegeben. Die Antragsteller verfügen nach ihren glaubhaft gemachten Angaben über keine bereiten Mittel, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

21

Der Senat kann nach der in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen nur summarischen Prüfung allerdings abschließend nicht klären, ob die Antragsteller auch einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben, insbesondere ob der von der Bundesrepublik Deutschland erklärte Vorbehalt rechtswirksam ist. Diese Rechtsfrage ist umstritten und kann grundsätzlich in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund der Komplexität der Rechtslage nicht abschließend entschieden werden. Insoweit macht sich der Senat die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts nach eigener Prüfung zu Eigen und verweist auf diese.

22

Es ist deswegen im Wege der Folgenabwägung zu entscheiden. In Anbetracht ihrer wirtschaftlichen Situation muss das Risiko des Antragsgegners im Falle seines Obsiegens im Hauptsacheverfahren, die vorläufig zu gewährenden Leistungen nur unter Schwierigkeiten zurückerhalten zu können, hinter dem Begehren der Antragsteller auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zurücktreten. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner einen Anspruch auf Ersatz der gewährten Leistungen nach § 36a SGB II gegen das Jobcenter D. als örtlich zuständigem Leistungsträger hat. Sucht danach eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes zu erstatten. (vgl. dazu näher BSG, Urteil vom 23. Mai 2012, B 14 AS 156/11 R).

23

Den Antragstellern war unabhängig von den Erfolgsaussichten nach § 119 Abs. 1 ZPO Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen. Sie sind nach § 73 a SGG, § 114 ZPO wirtschaftlich nicht in der Lage die Prozesskosten, auch nicht teilweise, zu tragen.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

25

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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published on 23/05/2012 00:00

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Juli 2011 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln
published on 19/10/2010 00:00

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. November 2009 wird zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.

(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.