Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 25. März 2010 - L 3 R 360/07
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 31. Juli 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer großen Witwenrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).
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Die am 1948 geborene Klägerin lebte seit 1987 mit dem bei der Beklagten versicherten H. H. zusammen. Die Klägerin war 1973 von ihrem ersten Ehemann, der Versicherte 1988 von seiner ersten Ehefrau geschieden worden. Die Klägerin hat eine 1972 geborene Tochter aus ihrer ersten Ehe.
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Der am 1946 geborene Versicherte war seit dem 1. Januar 2004 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in der Landschaftsgestaltung beschäftigt. Nach gelegentlichen Arztbesuchen bei der Zeugin Dipl.-Med. B., Fachärztin für Allgemeinmedizin, stellte sich der Versicherte dort am 9. November 2004 zur Untersuchung vor. Am 15. November 2004 wurde bei dem Versicherten die daraufhin sofort veranlasste Magenspiegelung durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. K. durchgeführt. Zu einer weiteren ambulanten Behandlung kam es dann nicht mehr. Der Versicherte wurde am 25. November 2005 vom Rettungsdienst auf Grund einer Synkope (sog. Ohnmacht) in einem Kaufhaus in die Kreiskliniken A. St. eingeliefert und befand sich dort bis zum 3. Dezember 2004 und vom 1. März 2005 bis zu seinem Tod am 11. März 2005 - nach dem Totenschein als Folge einer Tumorkachexie/Tumoranämie bei metastasierendem Magenkarzinom - in stationärer Krankenhausbehandlung.
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Die Klägerin bezog seit dem 1. Januar 2004 Arbeitslosenhilfe. Sie beantragte am 9. September 2004 bei der Arbeitsgemeinschaft II A.-St., im Folgenden ARGE, für sich und den Versicherten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II). Die Klägerin übersandte der ARGE mit Schreiben vom 20. Januar 2005 die an den Versicherten adressierte Krankengeldbescheinigung der Krankenkasse. Sie führte aus, der Versicherte werde "nicht mehr gesund geschrieben - Chemotherapie", was vorher nicht vorauszusehen gewesen sei. Sie bitte um unverzügliche Bearbeitung ihres Widerspruchs bzw. Neuberechnung "ihres Antrags" durch die "plötzliche Notlage", die durch die Krankheit entstanden sei. Die Klägerin heiratete den Versicherten am 9. Februar 2005.
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Sie beantragte am 21. März 2005 bei der Beklagten die Bewilligung einer Witwenrente, die nach einer Probeberechnung der Beklagten für die Zeit ab dem 1. September 2005 383,92 EUR monatlich (mit nachfolgenden Erhöhungen durch die gesetzlichen Rentenanpassungen) betragen würde.
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Die Klägerin gab auf dem Fragebogen zur kurzen Ehedauer (durch Ankreuzen) an, dass "Die tödlichen Folgen einer Krankheit [ ] bei Eheschließung nach ärztlicher Auffassung nicht zu erwarten" gewesen seien. Zu den anderen Gründen gab sie an "wegen Hartz IV" und erklärte ergänzend unter dem 21. März 2005, der Termin für die Hochzeit habe schon 2004 festgestanden. Da sei von der Krankheit noch nichts bekannt gewesen. Sie habe sich mit dem Versicherten "wegen Hartz IV zusammenschreiben lassen". Auf die Anforderung von Nachweisen durch die Beklagte für die schon im Jahr 2004 geplante Eheschließung teilte die Klägerin mit Schreiben vom 24. April 2005 u.a. mit, sie habe mit dem Versicherten 18 Jahre gemeinsam einen Haushalt geführt. Der Versicherte habe auch ein Darlehen für ihr Haus aufgenommen und die Raten "bis jetzt" bezahlt und alle erdenklichen Reparaturen, die am Grundstück entstanden seien, selbst ausgeführt. Man sei gegenseitig für einander da gewesen. "Bei Hartz IV" seien sie auch "wie verheiratet gezählt" worden. Sie könne auch Zeugen für das lange Zusammenleben benennen. Sie verweise im Übrigen auf das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15. September 2004 (- S 8 RJ 697/02 - juris), dessen Feststellungen auch für ihren Fall zuträfen. Sie fügte ihrem Schreiben eine Bescheinigung der Standesbeamtin des Standesamtes der Verwaltungsgemeinschaft A./L. vom 21. April 2005 bei. Darin wird angegeben, die Klägerin habe ca. im Monat September 2004 im Standesamt vorgesprochen und sich erkundigt, welche Unterlagen zur Anmeldung einer Eheschließung zu beschaffen seien.
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Die Beklagte holte sodann eine Stellungnahme von der Zeugin Dipl.-Med. B. zur Todesursache des Versicherten, Art der Erkrankung und Beginn der diesbezüglichen Behandlung ein. Dipl.-Med. B. teilte der Beklagten unter dem 12. Mai 2005 mit, der verstorbene Versicherte und die Klägerin hätten "vor ihrer Heirat 18 Jahre lang in guter eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt". Der erste Sprechstundenbesuch habe am 9. November 2004 stattgefunden, am 15. November 2004 sei die Diagnose "schwerer Magenkrebs" gestellt und am 13. Dezember 2004 die palliative Chemotherapie aufgenommen worden. Sie ergänzte ihre Ausführungen mit Schreiben vom 7. Juli 2005 wie folgt: "An der Schwere der Erkrankung von Herrn H. gemessen, war er sicher mindestens sechs bis acht Monate vor seinem ersten Arztbesuch am 9.11.04 ernsthaft krank und hatte entsprechende abdominelle Beschwerden. Aus Angst vor der Diagnose und vor allem vor dem Verlust der Arbeit nahm das Ganze diesen tragischen Verlauf."
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Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung einer Witwenrente mit Bescheid vom 2. September 2005 ab. Besondere Umstände, die gegen die Annahme einer so genannten "Versorgungsehe" sprächen, hätten von der Klägerin nicht ausreichend dargelegt werden können. Diesbezüglich sei ein langjähriges Zusammenleben nicht ausreichend. Die erste Vorsprache beim Standesamt sei erst ca. im September 2004, d.h. zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem nach den Ausführungen von Dipl.-Med. B. bereits eine ernsthafte Erkrankung des Versicherten vorgelegen habe.
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Die Klägerin führte zur Begründung ihres am 19. September 2005 hiergegen eingelegten Widerspruchs aus, die Voraussetzungen einer "Versorgungsehe" lägen nicht vor. Es sei ihr "selbstverständlich" nicht bekannt gewesen, dass nach Eheschließung eine tödliche Folge der Magenerkrankung eintrete. Der Versicherte habe ihr gegenüber keine konkrete Aussage getätigt. Er habe befürchtet, bei längerer Krankheit seinen Arbeitsplatz zu verlieren, und ein Darlehen auf ihr Grundstück aufgenommen. Auf Anforderung des Darlehensvertrages durch die Beklagte führte die Klägerin aus, es handele sich um das Darlehen mit Vertragsbeginn am 1. April 1993 und die Bestellung einer Grundschuld in Höhe von 30.000,- DM auf dem im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstück mit notarieller Urkunde vom 25. Mai 1993 (Stand 31. Dezember 2004 Schuld in Höhe von 3.050,75 EUR).
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Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006 als unbegründet zurück. Besondere Umstände, die gegen die Annahme einer "Versorgungsehe" sprächen, hätten von der Klägerin nicht ausreichend dargelegt werden können. Neben den Gesichtspunkten, die schon in dem ablehnenden Bescheid berücksichtigt worden seien, hätten auch die weiteren Ermittlungen nicht dazu geführt, dass die Vermutung einer Versorgungsehe als widerlegt anzusehen sei. Der Darlehensvertrag sei 1993 geschlossen worden und damit unerheblich.
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Mit ihrer am 10. März 2005 bei dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Es sei ihr nicht bekannt gewesen, dass der verstorbene Versicherte eine akute Magenerkrankung bzw. Magenkrebs gehabt habe. Aus der von Dipl.-Med. B. angegebenen Angst des verstorbenen Versicherten in Bezug auf die Diagnose ließen sich keine diesbezüglichen Rückschlüsse ziehen. Sie betone nochmals die lange Dauer ihrer Beziehung mit dem Versicherten in einer Bedarfsgemeinschaft.
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Das Sozialgericht hat zunächst die Entlassungsberichte der Kreiskliniken A.-St. eingeholt. Nach dem Bericht vom 28. Januar 2005 wog der Versicherte bei seiner ersten stationären Aufnahme 54 kg bei einer Körpergröße von 165 cm. Ihm sei eine Woche zuvor die Diagnose eines ausgedehnten Adenokarzinoms mitgeteilt worden. Nach der am 1. Dezember 2004 durchgeführten chirurgisch-gastro-enterologischen-onkologischen Konferenz sei eine adjuvante Radiochemotherapie besprochen worden. Die Frage der Operation habe später je nach Ansprechen auf die Therapie entschieden werden sollen. Poststationär sei am 7. Dezember 2004 ein Termin für die Anlage eines Portsystems vereinbart worden. Nach dem Entlassungsbericht vom 19. April 2005 über die mit dem Tod des Versicherten endende stationäre Behandlung erfolgte im Februar 2005 auf Grund des progredienten Verlaufs der Erkrankung ein Wechsel des in der Chemotherapie eingesetzten Arzneimittels. Seitdem habe der Versicherte u.a. unter abdominellen Beschwerden mit wechselnden Schmerzen im gesamten Abdomen, Schleimerbrechen und eine Zunahme der Inappetenz gelitten. Zum Untersuchungszeitpunkt habe sich der Versicherte in reduziertem allgemeinen Körperzustand befunden. Bei dem bereits stenosierenden Magenkarzinom vom intestinalen Typ habe sich die orale Nahrungsaufnahme mit ausreichender Kalorienzufuhr als unmöglich dargestellt. Seit zwei bis drei Tagen vor der Krankenhausaufnahme sei eine Nahrungsaufnahme nicht mehr erfolgt, da diese sofort zum Erbrechen geführt habe. Der Versicherte sei auf Grund des zunehmend kachektischen und geschwächten Körperzustands im Rahmen seiner fortgeschrittenen Grunderkrankung verstorben.
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In dem am 25. August 2006 bei dem Sozialgericht eingegangenen Befundbericht hat die Zeugin Dipl.-Med. B. ausgeführt, der Versicherte habe über Magenbeschwerden, Übelkeit, Völlegefühl, Aufstoßen und Gewichtsabnahme geklagt. Er sei sich sicher der Schwere seiner Krankheit nicht bewusst gewesen und habe die Hoffnung auf Gesundung bis zum Schluss behalten. Er selbst und seine "Lebenskameradin" hätten sicher nichts von der nur noch geringen Lebenserwartung bei dem metastasierenden Magen-Karzinom gewusst. Die Praxisnachfolgerin von Dipl.-Med. B. hat dem Sozialgericht den Arztbrief von Dr. K. über die am 15. November 2004 durchgeführte Gastroskopie übersandt. Als Diagnose geht daraus ein polypöses, teilweise ulzeriertes Karzinom in Magenmitte mit Tendenz zur Ausbreitung in das obere Magendrittel hervor. Bei dem Befund im rechten Leberlappen handele es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Metastase.
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Das Sozialgericht hat den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides mit Urteil vom 31. Juli 2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten Witwenrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Dem Anspruch der Klägerin auf diese Rente stehe nicht die Regelung in § 46 Abs. 2 a SGB VI entgegen. Der Vollbeweis für innere Beweggründe sei nahezu aussichtslos, sodass hier die objektiven Umstände des Einzelfalles zugrunde gelegt worden seien. Nach dem Gesamtbild, das sich aus den einzelnen Indizien zusammensetze, seien die Hinterbliebenrentenansprüche hier nicht der alleinige oder überwiegende Grund für die Heirat gewesen. Die Klägerin habe sich bereits im September 2004 über die Voraussetzungen einer Eheschließung erkundigt. Damals habe sie weder Kenntnis davon gehabt, dass der Versicherte an einer Erkrankung litt, noch wie schwer er erkrankt war. Die Angaben von Dipl.-Med. B. gegenüber der Beklagten bezüglich der seit ca. sechs bis acht Monaten vor ihrer Konsultation bestehenden Kenntnis des Versicherten von der Ernsthaftigkeit seiner Erkrankung seien reine Spekulation. Diese Angaben habe sie auch gegenüber dem Sozialgericht revidiert und von einer Hoffnung des Versicherten auf Genesung berichtet. Aus der Überweisung zur Gastrokopie durch Dipl.-Med. B. sei zu erkennen, dass sie anlässlich der Untersuchung am 9. November 2004 selbst die Schwere der Erkrankung nicht abschließend erkannt habe. Bezüglich der Motivation zur Eheschließung wegen der Hartz IV-Regelungen ergebe sich eine zeitliche Übereinstimmung zur Rechtsänderung. Es sei davon auszugehen, dass eine Entlastung der Sozialkassen habe bezweckt werden sollen. Auf eine tatsächliche rechtliche Relevanz der Eheschließung komme es insoweit nicht an. Die lange Dauer der nichtehelichen Lebensgemeinschaft spreche nicht gegen die Klägerin.
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Die Beklagte hat gegen das ihr am 10. August 2007 zugestellte Urteil am 10. September 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, in der Gesamtabwägung der Einzelfallumstände sei die Versorgungsabsicht des verstorbenen Versicherten zu Gunsten der Klägerin das überwiegende Heiratsmotiv gewesen. Der Versicherte sei sich der Schwere seiner Erkrankung bewusst gewesen. Das lasse sich der am 15. November 2004 gestellten Diagnose - deren Kenntnis des Versicherten bei seiner stationären Aufnahme am 25. November 2004 bestätigt worden sei - und der Dokumentation des weiteren Krankheitsverlaufs entnehmen. Die Vorsprache der Klägerin bei dem Standesamt stehe in einem signifikanten zeitlichen Zusammenhang zu dem von der Zeugin Dipl.-Med. B. im Rahmen des Verwaltungsverfahrens angegebenen Gesundheitszustand des Versicherten vor der Absicherung der Diagnose durch sie. Die vom Sozialgericht angenommene Zweckrichtung der Eheschließung, das Sozialsystem zu entlasten, sei nicht nachvollziehbar. Tatsächlich habe die Eheschließung bei Zuerkennung der Witwenrente hier eine Besserstellung der Klägerin durch höhere Sozialleistungen zur Folge.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 31. Juli 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf ihr Vorbringen in der Vorinstanz.
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Seit dem 1. Oktober 2008 bezieht die Klägerin von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Altersrente für Frauen aus eigener Versicherung mit einem Zahlbetrag in Höhe von 570,27 EUR monatlich.
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Der Senat hat die Klägerin mit ihrem Einverständnis zu den Umständen ihres Zusammenlebens mit dem Versicherten und der Hochzeit am 9. Februar 2005 befragt. Der Senat hat sodann Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Dipl.-Med.-B. zum Verlauf der Erkrankung des verstorbenen Versicherten an einem Adenokarzinom. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung des Senats vom 25. März 2010 Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die vom Senat beigezogenen Leistungsakten der ARGE SGB II Landkreis A.-St. - BGNr. 04706BG0002191 - verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist begründet.
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Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2006 zu Unrecht aufgehoben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Witwenrente.
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Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht nach Satz 2 dieser Vorschrift längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, da der Versicherte zum Zeitpunkt seines Todes die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllte und die Klägerin - seine Witwe - nicht wieder geheiratet hat. Unter den genannten Voraussetzungen haben Witwen nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung einen Anspruch auf die unbefristet geleistete große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Die Witwenrente wird nach § 99 Abs. 2 Satz 1 SGB VI von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die im September 1948 geborene Klägerin erfüllt die genannten Voraussetzungen einer großen Witwenrente damit ab dem 1. April 2005.
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Nach § 46 Abs. 2 a SGB VI besteht ein Anspruch auf Witwenrente nicht, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, nach den besonderen Umständen des Falles ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
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Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat hier vom 9. Februar bis zum 1. März 2005, d.h. nicht mindestens ein Jahr, angedauert. Auf Grund der gesetzlichen Vermutung in § 46 Abs. 2 a SGB VI wird damit zunächst unterstellt, dass die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war und somit ein Anspruch auf Witwenrente ausscheidet. Dieser mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung des kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens vom 21. März 2001 (BGBl. I S. 403) eingeführten Regelung entsprechen vergleichbare Regelungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, der Kriegsopferversorgung sowie in den Vorschriften über die Beamtenversorgung (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 20. September 2007 - L 3 RJ 126/05 - NZA-RR 2008, 207, 208). Hierdurch soll ein Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen sein, wenn zumindest überwiegendes Ziel der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung ist. Dabei wird unterstellt, dass dieser Zweck der Eheschließung regelmäßig anzunehmen ist, wenn ein Ehegatte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstirbt (Bundestags-Drucksache 14/4595 S. 44). Die Versorgung des überlebenden Ehegatten soll auch für die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgeschlossen sein, die sich vor der Erkrankung bewusst gegen eine Eheschließung entschieden hatten. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist nach dem Gesetz allein, ob der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat die Hinterbliebenenversorgung war.
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Nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) (vgl. Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R - juris), die der Senat teilt und auch seinen bisherigen Entscheidungen zugrunde gelegt hat, ist die Ausschlussregelung in § 46 Abs. 2 a SGB VI nicht verfassungswidrig. Sie schützt die Ehe, indem sie hilft, die missbräuchliche Verwendung dieser Rechtsbeziehung zur Erlangung von Sozialleistungen zu verhindern. Die Hinterbliebenenversorgung gehört nicht zu den von Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützten Rechtspositionen. Auch das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) werden durch die Ausschlussregelung nicht verletzt. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, alle Ehen unterschiedslos vom ersten Tage ihres Bestehens mit einem Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung auszustatten (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, a.a.O., juris, Rn. 31).
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Da hier die Voraussetzungen der gesetzlichen Vermutung vorliegen, dass die Eheschließung der Klägerin überwiegend unter Versorgungsgesichtspunkten erfolgte, sind von Amts wegen die besonderen Umstände des Falles zu ermitteln gewesen. Die Klägerin als Hinterbliebene trägt die objektive Beweislast hinsichtlich der Widerlegungsgründe, wobei von ihr nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) der volle Beweis des Gegenteils verlangt wird (BSG, Urteil vom 3. September 1986 - B 9a RV 8/84 - BSGE 60, 204, 206 = SozR 3100 § 38 Nr. 5). Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung geeignete Umstände sind z.B. der Unfalltod des Ehepartners, die Sicherstellung des Sorgerechts für gemeinsame Kinder, die Legitimation einer vorher nach deutschem Eherecht ungültigen Ehe etc. (vgl. Urteil des Senats vom 20. September 2007, a.a.O.). Auch religiöse Motive für eine Legitimation des Zusammenlebens (vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg, Beschl. v. 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 - NVwZ-RR 2006, 196) oder der Wunsch, dem Partner neuen Lebensmut in der Überwindung einer Erkrankung zu geben (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. März 2007 - L 8 R 207/06 - NZS 2007, 665 (nur Leitsatz), juris; Urteil des Senats vom 20. September 2007 - L 3 RJ 126/05 - NZA-RR 2008, 207, 209) können ausreichend sein.
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Der Senat ist davon überzeugt, dass nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten zum überwiegenden Zweck der Hinterbliebenversorgung geschlossen wurde. Der Begriff der "besonderen Umstände" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der von den Rentenversicherungsträgern mit einem bestimmten Inhalt ausgefüllt werden muss und der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986, a.a.O. m.w.N.). Als "besondere Umstände" sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 1973, BSGE 35, 272, 274 = SozR Nr. 2 zu § 594 RVO).
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Der Leistungsträger und die Gerichte können sich - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - nicht nur auf die Ermittlung äußerer Umstände beschränken, wenn der Antragsteller sich über innere Umstände äußern will. Andernfalls würde die Möglichkeit des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten. Der hinterbliebene Ehegatte hat selbst abzuwägen, ob er private Details seiner höchstpersönlichen Gründe für die Eheschließung preisgeben will, um die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe zu entkräften (BSG, Urteil vom 28. März 1973, a.a.O., und Urteil vom 3. September 1986, a.a.O.). Sind diese Angaben glaubhaft, so sind auch diese persönlichen Gründe in die abschließende Gesamtbetrachtung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falls zu würdigen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R - juris, Rn. 23).
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Hier hat sich ein mindestens gleichwertiges anderes Motiv für die Eheschließung als die Versorgung der Klägerin als Witwe zur Überzeugung des Senats nicht feststellen lassen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass insoweit die Motive beider Ehegatten zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 8/84 - BSGE 60, 204, 206). Somit kommt es auf die ggf. voneinander abweichende Motivlage und Zielvorstellung beider Ehegatten an, es sei denn, dass der hinterbliebene Ehegatte den Versicherten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasst hat (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 1973, a.a.O., S. 275 f. und Urteil vom 3. September 1986, a.a.O., S. 208). Die "Annahme" des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe ist nach dem Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder - da der Wortlaut auf den "alleinigen oder überwiegenden Zweck der Heirat abhebt" - zumindest gleichwertig sind. Gleichwertig in diesem Sinne sind Beweggründe, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R - juris, Rn. 21 mwN).
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Die Heirat eines offenkundig an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist als ein Umstand anzusehen, der die gesetzliche Vermutung in § 46 Abs. 2 a SGB VI bestätigt, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung dann vieles dafür spricht, dass die Ehe zu Versorgungszwecken geschlossen wurde. Unerheblich ist, ob der Zeitpunkt des Todes genau oder begrenzt auf einen bestimmten Zeitraum feststeht. Jedoch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus einem anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit steigt zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen (inneren oder äußeren) Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme ("Vermutung") einer Versorgungsehe angeführt werden (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R - a.a.O.).
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist hier auf die Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen. Aus ihrer Vorsprache in dem örtlich zuständigen Standesamt "ca." im September 2004 lässt sich kein konkreter Hochzeitstermin entnehmen, der den Zeitpunkt für die maßgebende Prüfung vorverlagern könnte. Die Klägerin hat auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt, Einladungen zu einer Hochzeitsfeier oder Ähnliches nicht vorgenommen zu haben.
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Zum Zeitpunkt der Hochzeit war die Erkrankung des Versicherten weit fortgeschritten bei einem zunehmenden körperlichen Verfall. Der Versicherte war seit Wochen, nämlich seit November 2005, arbeitsunfähig. Die Klägerin selbst übersandte der ARGE die Krankengeldbescheinigung des Versicherten, war also über die den Versicherten betreffenden Umstände informiert. Da die Klägerin selbst arbeitslos war, bekam sie den Zustand des Klägers, seine Probleme beim Essen, seine Arztbesuche etc. auch mit. Insbesondere sein erheblicher Gewichtsverlust war ihr bekannt.
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Der Versicherte hatte seit dem 15. November 2004 positive Kenntnis von der Diagnose. Das geht aus dem Krankenhausentlassungsbericht über die seine stationäre Behandlung ab dem 25. November 2005 hervor. Die Klägerin ging spätestens seit Ende Januar 2005 von der nicht mehr zu erwartenden Genesung des Versicherten aus. Sie hat mit Schreiben vom 20. Januar 2005 gegenüber der ARGE ausgeführt, der Versicherte werde wegen der Chemotherapie nicht mehr gesund geschrieben. Der Versicherte verfiel sichtlich und war im November 2004 in einem Kaufhaus zusammengebrochen und seit Dezember 2004 mit einem Portsystem versorgt. Eine Operation war nicht mehr geplant. Die Vernehmung der Zeugin Dipl.-Med. B. hat diese Einschätzung bestätigt. Die Zeugin hat deutlich gemacht, dass den nur noch palliativ Behandelten grundsätzlich ein Rest an Hoffnung belassen werde, um ihnen die Kraft zu geben, sich den notwendigen ärztlichen Maßnahmen zu unterziehen. Gleichzeitig wüssten die Betroffenen selbst in diesen Fällen genau, wie es um sie steht.
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Die Angaben der Klägerin, sie habe vom Zustand des Versicherten keine Kenntnis gehabt, sind aus den genannten Gründen nicht glaubhaft. Der Senat hat zudem aus den übrigen Umständen Zweifel im Hinblick auf ihre Glaubwürdigkeit gewonnen. Die Klägerin hat dem Senat u.a. mitgeteilt, angeblich nicht genau zu wissen, in welcher Höhe ihr Leistungen aus der privaten Lebensversicherung des Versicherten zugeflossen seien ("zwischen 8.000,00 und 10.000,00 EUR"). Vergleicht man diese Angaben mit dem Vorbringen der Klägerin gegenüber der ARGE im Übrigen, wird hier deutlich, dass insgesamt erhebliche Zweifel an den Angaben der Klägerin begründet sind. Gegenüber der ARGE hat die Klägerin stets auch die Auszahlung kleinerer Beträge verfolgt und mehrfach - erfolgreich - Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung der ihr bewilligten Leistungen durchgeführt. Sie hat damit hinreichend deutlich gemacht, dass sie über detaillierte Kenntnisse hinsichtlich ihrer Ein- und Ausgaben verfügt. Darüber hinaus widersprechen sich ihre Angaben im vorliegenden Verfahren und ihr Vorbringen gegenüber der ARGE in ihrem Schreiben vom 20. Januar 2005. Auf Vorhalt dieses Schreibens im Senatstermin hat die Klägerin diesen Widerspruch nicht aufklären können.
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Auch aus dem Umgang der Klägerin mit Finanzen und Vermögen und ihrer Bedarfslage ergeben sich hier Indizien dafür, dass die Klägerin den Versicherten aus Versorgungsgründen geheiratet hat.
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Die Klägerin hat mit dem Versicherten langjährig zusammengelebt ohne zu heiraten, weil sie im Fall einer Hochzeit den Versicherten nicht vollständig von der Erbfolge hätte ausschließen können. Das Vermögen der Klägerin bildet im Wesentlichen ihr Eigenheim. Dies hätte sie bei einem vor dem Tod des Versicherten eintretenden eigenen Ableben nach einer Eheschließung nicht mehr ausschließlich an ihre Tochter vererben können. Auf die entsprechende Anspruchshaltung ihrer Tochter hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Insoweit hat der Senat keine Bedenken, ihre Angaben hier als zutreffend zu berücksichtigen. Dieser Hinderungsgrund für die Eheschließung entfiel erst, als auf Grund der schweren Erkrankung des Versicherten nicht mehr anzunehmen war, dass er die Klägerin überleben würde.
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Die Klägerin hat den Versicherten bereits nach ihren eigenen Angaben im Rahmen des Verwaltungsverfahrens "wegen Hartz IV" geheiratet. Der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II datiert vom 9. September 2004. Sie befand sich nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt der Eheschließung in der Situation, sich krankenversichern zu müssen. Sie war sich nach Einholung von Informationen darüber im Klaren, dass sie nur nach einer Eheschließung mit dem Versicherten über diesen Krankenversicherungsschutz in der Familienversicherung würde erlangen können. Der ARGE hatte die Klägerin unter dem 20. Januar 2005 mitgeteilt, sie sehe sich in einer finanziellen Notlage. Die Deutung des Sozialgerichts, die Klägerin habe durch die Hochzeit einen Anspruch auf Sozialleistungen "zur Entlastung der Sozialkassen" bewirken wollen, ist damit nicht zutreffend.
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Die Klägerin hat auch für die Zukunft ein besonderes finanzielles Interesse an der Witwenrente. Sie verfügt seit dem 1. Oktober 2008 über eine Rente in Höhe von 570,27 EUR monatlich und wird wohl - mit Ausnahme der ab dem Jahr 2014 anfallenden kleinen Rente aus einer privaten Lebensversicherung - zukünftig keine weiteren Einkünfte mehr erzielen können. Sie wohnt in einem nicht mehr mit Schulden belasteten Eigenheim und liegt damit knapp unter dem Bedarf für einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Mit der begehrten Witwenrente stünden ihr demgegenüber - unter Berücksichtigung der Rentenanpassungen seit 2005 - nun Sozialleistungen in Höhe von annähernd 1.000,00 EUR monatlich zur Verfügung.
- 44
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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Annotations
(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.
(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
- 1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, - 2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder - 3.
erwerbsgemindert sind.
- 1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind, - 2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.
(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).
(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.
(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.
(2) Eine Hinterbliebenenrente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Sie wird bereits vom Todestag an geleistet, wenn an den Versicherten eine Rente im Sterbemonat nicht zu leisten ist. Eine Hinterbliebenenrente wird nicht für mehr als zwölf Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.