Landessozialgericht NRW Urteil, 19. März 2015 - L 6 AS 1926/14
Gericht
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.09.2014 wird geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 07.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2013 verurteilt, dem Kläger unter Abänderung der Bescheide vom 15.05.2012, 27.07.2012, 21.11.2012 und 21.01.2013 für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.05.2013 einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II in Höhe von 29,90 EUR monatlich zu gewähren. Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu einem Viertel. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten steht die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs in der Zeit von August 2012 bis Mai 2013 im Streit; der Kläger macht höhere Fahrkosten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Zusammenhang mit einer Methadon - Substitutionsbehandlung und regelmäßigen Arztterminen geltend.
3Der 1981 geborene Kläger leidet unter den Auswirkungen u.a. einer Hepatitis C -Erkrankung und einer HIV - Infektion. Seine Eltern sind verstorben, nach eigenen Angaben hat er auch keine weiteren nahen Angehörigen. Nach seiner Haftentlassung im März 2012 wohnte er im C. D. - Haus, einer stationären Einrichtung der Wohnungshilfe in Trägerschaft der Caritas. Durch Bescheid vom 15.05.2012, geändert durch Bescheid vom 27.07.2012 bewilligte der Beklagte ihm für die Zeit vom 07.05.2012 bis 30.11.2012 und durch Bescheid vom 21.11.2012, geändert durch Bescheid 21.01.2013 für die Zeit vom 01.12.2012 bis zum 31.05.2013 Arbeitslosengeld II in Höhe von 717,40 EUR monatlich (Regelbedarf 374 EUR; Mehrbedarf für Ernährung 37,40 EUR; Kosten der Unterkunft und Heizung 306,00 EUR).
4Am 29.11.2012 beantragte der Kläger die Übernahme von Fahrkosten für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 01.08.2013 im Zusammenhang mit seiner Substitutionsbehandlung. Er müsse täglich morgens zur Methadon - Ambulanz der Krisenhilfe in C., um die Substitutionsbehandlung durchzuführen. Zur Behandlung der Hepatitis C-Erkrankung und der HIV-Infektion müsse er zusätzlich alle 14 Tage in das T. K. - Hospital in C. Die Fahrkosten bezifferte er mit 144,00 EUR monatlich (7 Tage pro Woche je 4,80 EUR Hin- und Rückfahrt zur Substitution; 2 x im Monat 4,80 EUR Hin- und Rückfahrt zum T. K.-Hospital). Er bekomme vom Träger des Wohnheimes nur ein Taschengeld ausgezahlt. Die Übernahme der Fahrkosten durch einen "Taxischein" habe seine Krankenkasse nicht bewilligt. Es bestehe deshalb eine besondere Bedarfslage, die durch den Regelsatz nicht abgedeckt sei. Der Bedarf sei unabweisbar, da er auf die Behandlung angewiesen sei.
5Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vorn 07.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2013 mit der Begründung ab, die geltend gemachten Fahrkosten seien schon objektiv nicht erforderlich, da die Möglichkeit bestehe, für das Gebiet der Stadt C. ein Sozialticket zum Preis von 29,90 EUR monatlich zu erwerben. Diese Kosten seien aus der Regelleistung zu tragen. Der Kläger könne sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass die ihm bewilligten Sozialleistungen an den Träger seiner Wohneinrichtung überwiesen würden und er nur ein Taschengeld zur freien Verfügung habe. Der Träger der Wohneinrichtung könne vom Alg II nur Einbehaltungen machen, soweit er Sachleistungen erbracht habe, die ansonsten aus der Regelleistung zu tragen wären. Bei Unklarheiten sei der Träger ggf. zur Rechnungslegung verpflichtet. Die Kosten für Unterkunft und Heizung würden besonders abgerechnet und dem Träger der Einrichtung überwiesen.
6Dagegen hat der Kläger am 30.04.2013 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben. Wegen seiner Unterbringung stehe ihm nicht der gesamte Regelbedarf zur Verfügung. Von seinem Taschengeld (103,14 EUR) und Bekleidungsgeld (38,10 EUR) könne er die Kosten für ein Sozialticket nicht aufbringen. Die Kosten für das Ticket überstiegen auch den in Abteilung 7 der Verbrauchsausgaben errechneten Anteil von 6,3 % erheblich. Nachweise für angefallene Fahrtkosten könne er nicht vorlegen. Manchmal sei er ohne Fahrschein gefahren, einige Termine habe er auch ausfallen lassen müssen. Gelegentlich habe ihn ein Mitarbeiter des Hauses mit in die Stadt genommen. Konkrete Angaben könne er nicht machen.
7Das SG hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden und die Klage durch Urteil vom 12.09.2014 abgewiesen. Angefochten sei der Bescheid des Beklagten vom 07.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2013. Der Kläger habe den Streitgegenstand insoweit beschränkt, als Kosten der Unterkunft nicht im Streit stünden. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Übrigen ließen sich in rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Gegenstände aufspalten, so dass die Gewährung eines Mehrbedarfs allein nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könne. Die Klage sei für den Zeitraum von Juni 2013 bis August 2013 unzulässig. Der angefochtene Bescheid lasse zwar keine ausdrückliche Bezugnahme auf einen bestimmten Bewilligungsabschnitt erkennen. Der Beklagte habe aber nur eine Entscheidung über Bewilligungsabschnitte getroffen, die zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung in der Vergangenheit bzw. der Gegenwart lagen. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Beklagte habe zu Recht auf den Antrag vom 29.11.2012 hin die Gewährung eines Mehrbedarfs nach §.48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm dem SGB II für die Zeit vom 01.12.2012 bis 31.05.2013 abgelehnt. Der vom Kläger geltend gemachte Bedarf sei nicht unabweisbar iSv § 21 Abs. 6 SGB II, da in Bochum die Möglichkeit zum Erwerb eines Sozialtickets bestehe. Das Sozialticket koste monatlich 29,90 EUR. Da dieses Ticket für das gesamte Stadtgebiet C. gelte, seien höhere Kosten nicht übernahmefähig. Der Regelbedarf berücksichtige bereits Ausgaben für den Verkehr. Auf die Verbrauchsausgaben für den Verkehr entfielen ca. 6,3 % des Regelbedarfs. Dies bedeute, dass im Jahr 2011 ca. 23,56 EUR und im Jahr 2012 ca. 24,07 EUR aus dem Regelbedarf auf die Ausgaben für den Verkehr entfielen. Die tatsächlichen Kosten für ein Sozialticket überstiegen diesen Betrag nur unerheblich. Die Unterschreitung betrage rechnerisch weniger als 2 % des Regelbedarfs. Damit weiche der "ungedeckte" Bedarf nicht erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf ab. Der Kläger müsse die Fahrkosten schließlich ungeachtet seiner Wohnsituation aus dem Regelsatz bestreiten. Es sei insbesondere nicht beachtlich, dass ihm nicht der komplette Regelsatz, sondern lediglich das vom Einrichtungsträger ausgezahlte Taschengeld zur Verfügung stehe. Die Einbehaltung führe nicht zu einem ungedeckten Bedarf. Sollte der ausgezahlte Betrag nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts reichen, sei der Kläger gehalten, sich an den Träger der Wohneinrichtung zu wenden.
8Nach Zustellung des Urteils am 23.09.2014 hat der Kläger am 15.10.2014 Berufung eingelegt. Sein im Berufungsverfahren anfänglich weiter verfolgtes Begehren auf Zahlung eines Mehrbedarfs in Höhe von 144,00 EUR hat er in der mündlichen Verhandlung auf Übernahme der Kosten für ein Sozialticket (29,90 EUR) beschränkt. Er sieht weiterhin eine besondere Bedarfslage, die der Regelsatz nicht abdecke. Die Besonderheit liege darin, dass er seit der Haftentlassung im Caritas-Übergangswohnheim "D.-Haus" in C. lebe und den Bewohnern dort nicht der Regelsatz gemäß § 21 SGB II, sondern monatlich nur ein Taschen- und Bekleidungsgeld zur Verfügung stehe. Der Bedarf sei unabweisbar, da er medizinisch auf die Substitutionsbehandlung angewiesen sei. Das monatliche Taschengeld setze er für Gegenstände des persönlichen Bedarfes ein, wie z.B. Zahnpasta, besondere Lebensmittel in Bezug auf seine Erkrankungen, Hygieneartikel und Medikamente, die nur auf Privatrezept erhältlich seien. Der Betrag ermögliche ihm ferner in geringem Umfang eine Teilnahme am kulturellen Leben. Er bezahle davon Eintrittsgelder zu Veranstaltungen oder für einen Freibadbesuch. Als Mensch mit Behinderung habe er zudem einen erhöhten Bedarf zur Deckung seiner persönlichen Bedürfnisse. Zudem überstiegen die Kosten des Sozialtickets den Anteil, der in Abteilung 7 der Verbrauchsausgaben für Mobilität errechnet worden sei. Bei 6,3 % vom Regelsatz sei das möglicherweise nur eine geringfügige Differenz, nicht aber unter Berücksichtigung des ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Teils der Regelsatzleistung.
9Der Kläger beantragt,
10das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.09.2014 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 07.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2013 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.05.2013 einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II in Höhe von 29,90 EUR monatlich zu gewähren.
11Der Beklagte beantragt,
12die Berufung zurückzuweisen
13Er hält seine Verwaltungsentscheidung weiterhin für zutreffend und verweist ergänzend auf die ihn überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil.
14Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen einschließlich des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte des Beklagten; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
15Entscheidungsgründe:
16Die bei Einlegung des Rechtsmittels statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet.
17Das Sozialgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 12.09.2014 die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 07.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2013 ist, soweit er noch zur gerichtlichen Überprüfung steht, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger neben dem Regelbedarf auch einen Mehrbedarf zu zahlen. Ein solcher Mehrbedarf steht ihm für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.05.2013 in Höhe von 29,90 EUR zu.
18Dabei kann es hier dahinstehen, ob angesichts des bei Antragstellung am 29.11.2012 bereits bekannt gegebenen Bescheides vom 21.11.2012 ein positiver Bescheid nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erteilen oder ob einer eingetretenen (tatsächlichen oder rechtlichen) Änderung durch einen Bescheid gem. § 48 GB X Rechnung zu tragen war (vgl BSG, 20.07.2005 - B 13 RJ 37/04 R - juris Rn.2; zur Prozessökonomie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2104, § 96 Rn. 1 ff.). Jedenfalls hat der Beklagte sowohl nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 SGB X. als auch gem. § 48 Abs. 1 SGB X zu Unrecht die dem Kläger zustehenden Leistungen um einen Mehrbedarf von 29.90 EUR monatlich zu niedrig festgesetzt.
19Nach § 21 Abs. 6 SGB II erhalten Leistungsberechtigte einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht (Satz 1). Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen (Leistungsberechtigten) gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (Satz 2).
20Diese Voraussetzungen sind für die Fahrkosten des Klägers zur Methadonbehandlung und zu den Klinik-Terminen dem Grunde nach erfüllt.
21Es handelt sich um einen laufenden Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II, denn die Fahrkosten innerhalb des Bewilligungszeitraum fielen - auch prognostisch aus damaliger Sicht (vgl zu den Anforderungen BSG Urteile vom 04.06.2014 - B 14 AS 30/13 R; vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R juris Rn 17) - wiederkehrend, langfristig und dauerhaft an. Durch die tägliche Methadonsubstitution unter ärztlicher Aufsicht - nur das ist im Rahmen allgemeiner Verbote nach dem BtmG straffrei und als spezifische Behandlung nach dem Leistungskatalog des SGB V von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung für besonders stark abhängigkeitskranke Versicherte anerkannt - sind diese täglichen Fahrten ebenso regelmäßig wie die zweiwöchentlichen Kliniktermine. Der Bedarf war angesichts der Art der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die Gegenstand der Behandlung waren (und weiterhin sind), ein dauernder und langfristiger.
22Nach Auffassung des Senats stellen die Fahrkosten ungeachtet des Umstandes, dass im Regelbedarf ein Anteil für Fahrkosten enthalten ist, auch einen besonderen Bedarf dar (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R juris Rn 18). Sie entspringen einer atypischen Bedarfslage, da die Fahrkosten für Arztbesuche in dieser Häufigkeit wesentlich über das hinausgehen, was für "normale" Empfänger von Grundsicherungsleistungen gilt (vgl BSG Urteile vom 04.06.2014 - B 14 AS 30/13 R; vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R juris Rn 17). Dies betrifft im Ausgangspunkt sowohl die Anzahl der Fahrten als auch die dadurch verursachten Kosten. Die Behandlungsstellen (Krisenhilfe und T.K.-Hospital) sind vom Wohnort (T. D.-Haus) nicht fußläufig erreichbar. Die Fahrten zur Methadon-Ambulanz und zur Klinik betreffen zudem erkennbar nicht die üblichen Fahrten im Alltag, sondern sind der speziellen Situation des Klägers geschuldet, der als Abhängigkeitskranker die Substitution engmaschig täglich durchführen und alle 14 Tage regelmäßig zur Behandlung der Hepatitis C- und HIV-Erkrankung das T. K.-Hospital in C. aufsuchen muss. Insofern handelt es sich hier um grundsätzlich zusätzliche Fahrten und Kosten.
23Der Bedarf ist zur Überzeugung des Gerichts auch unabweisbar. Unabweisbar sind zunächst die medizinischen Behandlungen in dem genannten Umfang, auf die der Kläger wegen seines durch die Auswirkungen der Dauererkrankungen bereits reduzierten gesundheitlichen Zustandes zwingend angewiesen ist. Unabweisbar ist ebenfalls die Benutzung des ÖPNV, da die Orte der Behandlung mit einer Entfernung von mehreren Kilometern für den Kläger nicht fußläufig erreichbar waren. Wenn auch nicht in der Höhe der ursprünglich geltend gemachten - bei Abrechnung von Einzelfahrten - (tatsächlichen) Kosten von 144,00 EUR, sondern nur in Höhe der Kosten des Sozialtickets (29,90 EUR) ist der Bedarf ebenfalls unabweisbar. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hält der Senat diese Kosten nicht für unerheblich, auf Einsparmöglichkeiten (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II) kann der Kläger nicht verwiesen werden (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R juris Rn 18).
24Im Regelbedarf sind zwar Ausgaben für den Verkehr (6,3 Prozent des Regelbedarfs, vgl. § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung des Regelbedarfs) berücksichtigt, denn in der Abteilung 7 der Verbrauchsausgaben für Mobilität ist ein Anteil der Fahrkosten für die alltägliche Mobilität am Wohnort bzw. Ort des gewöhnlichen Aufenthalts ("ohne Reisen") enthalten. Damit wird aber der Preis für das Sozialticket nicht abgedeckt. Es fehlt - ausgehend von der hier noch anwendbaren Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 (EVS 2008, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008, www.destatis.de) ein Betrag von 6,34 EUR (2011) bzw. 5,83 EUR (2012). Möglichkeiten einer Bedarfsdeckung durch Dritte sind hier nicht ersichtlich. Mitnahmemöglichkeiten etwa durch Familienangehörige scheiden aus; soweit Mitarbeiter des D.-Hauses dem Kläger nur gelegentlich einmal Fahrgelegenheiten geboten haben, war dies bei weitem nicht ausreichend. Einsparmöglichkeiten bestehen im engeren Sinne und bezogen auf den Preis der Einzelfahrten nur durch die Anschaffung eines Sozialtickets. Im Besitz einer solchen Monatskarte war der Kläger tatsächlich nicht. Reichen hypothetische Einsparmöglichkeiten schon grundsätzlich nicht aus (BSG Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 30/13 R juris Rn. 24), so handelt es sich bei der Anschaffung des Sozialtickets auch deshalb nicht um ein realistische, jedem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Leistungsbezieher einleuchtende Möglichkeit, weil der Erwerb der Monatskarte durch den Regelbedarfsanteil von vorneherein nicht gedeckt ist. Jedenfalls aus diesem Grund kann der Erwerb einer Monatskarte auch im Sozialtarif von einem Empfänger von Grundsicherungsleistungen typischerweise nicht erwartet werden. Die rechnerische Verschiebung seiner Mittel auf den gedeckten und aller ungedeckten Anteil der Monatskarte hält das Gericht schon im Ausgangspunkt für unzulässig, da es sich, wie festgestellt, bei den Fahrkosten um einen insgesamt ungedeckten besonderen Bedarf handelt. Sie bedeutete eine ständige ungewollte Unterdeckung, die letztlich dazu führte, dass die vorgesehenen sog Ansparbeträge aufgezehrt würden (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R juris Rn 20). Unerheblich wäre diese Unterdeckung von vorneherein nicht, denn nach Auffassung des Gerichts können Unterschreitungen nur im Bagatellbereich als unerheblich eingestuft werden (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R juris Rn 19 nicht nur unbedeutender wirtschaftlicher Umfang). Bei fehlenden allgemein gültigen materiellen Bagatellgrenzen (vgl. BSG Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 30/13 R juris Rn. 28; dazu auch Anmerkung zu diesem Urteil von Berlit, jurisPR-SozR 9/2015 Anm. 2) kommt die Ablehnung auch nur geringfügiger Fahrkosten nicht in Betracht. Der Verweis auf die Inanspruchnahme des Ansparbetrags für notwendige Anschaffungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II) ist hier im Ansatz auch deshalb unzulässig, weil dieser nur dazu dient, einmalige Bedarfe abzufangen (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R; iuris Rn 20).
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Anteil, mit dem der Kläger mit der Klage durchgedrungen ist, Rechnung.
26Der Senat hat die Revision zugelassen, da jedenfalls die Frage nach dem Mehrbedarf wegen entstehender Fahrtkosten angesichts hochfrequent notwendiger medizinischer Behandlungen noch nicht höchstrichterlich geklärt ist und grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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Annotations
(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder - 2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.
(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils
- 1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4, - 2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr, - 3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder - 4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder - 2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.
(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils
- 1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4, - 2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr, - 3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder - 4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.
(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind
- 1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend, - 2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt, - 3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden, - 4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird, - 5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde, - 6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie - 7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.
(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.
(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.
(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.
(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.
(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.