Landessozialgericht NRW Urteil, 15. März 2016 - L 20 SO 545/11
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28.09.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die (endgültige) Übernahme der Kosten für den Besuch einer kostenpflichtigen privaten Förderschule in einem anderen Bundesland als Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für die Zeit vom 01.08.2008 bis zum 01.04.2012.
3Bei dem am 00.00.2000 geborenen, einkommens- und vermögenslosen Kläger bestehen eine unterdurchschnittliche intellektuelle Lern- und Leistungskompetenz mit Sprachentwicklungsstörung (Dyslalie, Stottersymptomatik), Koordinationsschwächen der komplex-motorischen Bewegungsabläufe, Minderwuchs, ein De-Toni-Debre-Fanconi-Syndrom mit Autismusspektrumstörung sowie eine Amblyopie des rechten Auges. Er lebt mit einem jüngeren Bruder im Haushalt seiner Eltern in C (Kreis I, Nordrhein-Westfalen). Bis 2007 besuchte er einen integrativen Kindergarten. Parallel dazu wurden regelmäßig verschiedene therapeutische Maßnahmen zur Entwicklungsförderung durchgeführt (insbesondere Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie).
4Im Vorfeld der Einschulung des Klägers setzten seine Eltern im Februar 2007 beim Beigeladenen ein Verfahren zur Ermittlung des sonderpädagogischen Förderbedarfes und die Entscheidung über den schulischen Förderort in Gang. Sie wünschten eine Förderung an der katholischen Regel-Grundschule H (C) im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts (GU) gemäß § 20 Schulgesetz NRW i.V.m. § 37 der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung NRW (AO-SF).
5Ein in diesem Verfahren eingeholtes AO-SF-Gutachten vom 30.04.2007 (Sonderschullehrer L/Grundschulrektor M) gelangte zu folgendem Ergebnis: "Bei K ist von erheblichen Beeinträchtigungen im Bereich der Sprachentwicklung, der grob- und feinmotorischen Koordination, der visuellen und auditiven Wahrnehmung, der Konzentration und Ausdauer sowie im Bereich der kognitiven Entwicklung auszugehen. Seine aktive und passive Sprachkompetenz ist eingeschränkt. Anweisungen und Erklärungen versteht er nur rudimentär und kann sie nicht in angemessenes planvolles Handeln umsetzen. Seine Aufmerksamkeits- und die Konzentrationsspanne sind nur kurz. Er ist extrem leicht abgelenkt und scheint auch in seiner Kognition sehr beeinträchtigt. In seiner emotionalen Reife zeigt er erhebliche Unsicherheit und Ängstlichkeit. Er ist erhöht ablenkbar, benötigt große, unmittelbare Nähe und Rückversicherung sowie beständige Motivation und Hilfestellung durch seine Erzieherinnen. Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigungen hat K m.E. Anspruch auf sonderpädagogische Förderung im Sinne einer Fördererschule für Lernen. Von Schulreife im Sinne der Regelschule ist nicht auszugehen. Die Förderung sollte, wie von den Eltern beantragt, im GU der Grundschule in H erfolgen. K ist gut in die Sozialstruktur seiner Gruppe integriert. Vor allem aber auch in die Gruppe der Kinder aus S, die im Sommer in die Grundschule H eingeschult wird und zu denen auch im Wohnumfeld intensive Sozialkontakte bestehen, die durch einen anderen Fördererort erheblich bedroht wären. K müsste in erheblichem Umfang zieldifferenziert unterrichtet werden und sollte in sehr umfassender Weise durch einen Förderschullehrer betreut werden."
6Der Beigeladene stellte daraufhin einen sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers im Bereich Lernen und als schulischen Förderort eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen fest (Bescheid vom 28.06.2007). Der Kläger sei auf Hilfe in den Bereichen Motorik, Wahrnehmung, Kognition (Denken, Erkennen, Erinnern) und Sprache angewiesen. Behinderungsbedingt sei der richtige schulische Förderort eine Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen, da eine solche Schulform organisatorisch und personell in der Lage sei, ihn in einer kleinen Lerngruppe bei differenzierten Lerninhalten und verringertem Lerntempo entsprechend seinen individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen zu fördern. Den Lern- und Leistungsanforderungen einer Regelschule sei er nicht gewachsen; er könne mit den Mitteln einer allgemeinbildenden Schule nicht hinreichend gefördert werden. Selbst eine Förderung im Rahmen des GU reiche nicht aus, um seinen sonderpädagogischen Förderbedarf, der an jeder Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen angemeldet werden könne, abzudecken. Der Kläger legte Widerspruch ein mit der Begründung, im Rahmen eines GU in einer Regelgrundschule (Grundschule H) könne er gut und angemessen gefördert werden.
7Im Einverständnis mit dem Beigeladenen besuchte der Kläger sodann ab dem 07.08.2007 zunächst die Grundschule H. Es stellte sich jedoch heraus, dass er dem Schulbesuch - auch im Rahmen des GU - auf Dauer nicht gewachsen sein würde (Stellungnahmen der Klassenlehrerin vom 18.09.2007 und 22.01.2008). Die Eltern ließen sich deshalb am 22.08.2007 bei der L-Schule, Bad B (Hessen), beraten. Dort wurde ihnen wegen der motorischen Defizite des Klägers empfohlen, die Feststellung des Förderorts auf eine Schule für Köperbehinderte zu erweitern. Zu den Einzelheiten dieses Beratungsgespräches wird auf den Gesprächsvermerk der Schule vom 21.09.2007 Bezug genommen (Blatt 86 f. der Verwaltungsvorgänge des Beklagten).
8Der Beigeladene teilte den Eltern unter dem 25.10.2007 mit, es bestünden keine Bedenken gegen eine Beschulung des Klägers an der L-Schule. Dem in dem Bescheid vom 28.06.2007 bereits festgestellten umfangreichen Förderbedarf auch im Bereich Motorik und körperliche Entwicklung könne dort ebenfalls Rechnung getragen werden. Um die Finanzierung müssten sich die Eltern jedoch selber kümmern.
9Die L-Schule ist eine staatlich anerkannte private Sonderschule mit heilpädagogischem Schulinternat und angeschlossenem therapeutischen Fachdienst. Die Schule unterrichtet nach den hessischen Lehrplänen/Richtlinien für die Grundschule, Hauptschule, Schule für Lernhilfe und Schule für praktisch Bildbare. Daneben ist sie auch Schule für Körperbehinderte, Sprachheilschule, Schule für Erziehungshilfe, Hörgeschädigte und Sehbehinderte. Träger ist der C-heim e.V. im Verbund der Diakonie. Pro Schulklasse werden zwischen acht und zehn Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Durch enge Kooperation mit einem therapeutischen Fachdienst wird die Versorgung mit physio-, ergo- und psychotherapeutischen Leistungen innerhalb des Schulbetriebes sichergestellt. Zu den Einzelheiten von Konzept und Angeboten der L-Schule wird auf deren zu den Akten gereichten Informationen Bezug genommen (Blatt 123 f. der Gerichtsakten). Die Schule ist etwa 32 km vom Wohnort des Klägers entfernt; die Fahrzeit mit dem PKW beträgt etwa 30 Minuten.
10Am 18.08.2008 nahmen die Eltern des Klägers den Widerspruch gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 zurück. An diesem Tag wurde der Kläger als Externschüler an der L-Schule aufgenommen. In der Folgezeit wurde er dort bis zum 01.04.2012 (Beginn der Osterferien) durchgehend mit sieben anderen Schülern in einer Klasse beschult. Die Kosten für den Schulbesuch beliefen sich auf monatlich 550 EUR (ohne Kosten für die Schulspeisung oder sonstige Verpflegung während der Schulzeit). Die Fahrtkosten des Klägers trug die Stadt C. Nach Anmeldung eines Zweitwohnsitzes in Hessen wechselte der Kläger nach den Osterferien 2012 auf die (öffentliche und damit kostenfreie) L-Schule in I (Hessen), eine Schule für praktisch Bildbare mit einer Abteilung für praktisch bildbare Körperbehinderte. Die dortige Klassengröße beträgt acht Schüler. Die Schule ist vom (Erst-)Wohnsitz des Klägers etwa 20 km entfernt bei einer Fahrtzeit von etwa 30 Minuten mit einem Kleinbus. Der Kläger, der diese Schule bis heute besucht, erhält dort neben dem Unterricht für ihn notwendige therapeutische Leistungen.
11Bereits am 12.12.2007 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der L-Schule. Bei ihm bestehe eine Mehrfachbehinderung, welche intensive pädagogische, medizinische und physiotherapeutische Therapie erforderlich mache. In Nordrhein-Westfalen existiere keine Förderschule, die der Komplexität seiner Behinderung gerecht werden könne. Dem Antrag war eine Kopie des AO-SF-Gutachtens vom 30.04.2007 beigefügt.
12Mit Bescheid vom 09.06.2008 lehnte der Beklagte die Übernahme von Schulkosten ab. Durch den Besuch der L-Schule entstünden unverhältnismäßige Mehrkosten (§ 9 Abs. 2 S. 3 SGB XII). Der Kläger könne bei seinem sonderpädagogischen Förderbedarf (Förderschwerpunkt Lernen) verschiedene Förderschulen im Kreis I (Nordrhein-Westfalen) besuchen. Jede dieser Schulen für Lernbehinderte könne eine angemessene Förderung sicher stellen. Ihr Besuch wäre für den Kläger kostenfrei.
13Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Vorrangig sei nicht ein Förderschwerpunkt Lernen; vielmehr gehe es um einen multiplen Förderbedarf in allen Bereichen seiner mehrfachen Behinderung. Es sei deshalb dringend erforderlich, ihm den Besuch der L-Schule zu ermöglichen.
14Während des Widerspruchsverfahrens beantragte der Kläger gerichtlichen Eilrechtsschutz. Mit Beschluss vom 04.08.2008 - S 19 SO 121/08 ER verpflichtete das Sozialgericht Detmold den Beklagten, die Kosten der Betreuung an der L-Schule für das Schuljahr 2008/2009 (vorläufig) zu übernehmen. In diesem Eilverfahren benannte der Beklagte mit Schriftsatz vom 04.08.2008 die M-schule in Q als geeignete Förderschulalternative. Diese habe den (vorrangigen) Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung; dabei erfolge eine Aufteilung der Schüler - je nach Leistungsfähigkeit - in die Bildungsgänge Grund-/Hauptschule, Lernen und geistige Entwicklung. Träger der M-schule ist der Beklagte. Die dortige Klassengröße beläuft sich auf sieben bis 13 Schüler; tatsächlich werden insbesondere in den Eingangsklassen nie mehr als zehn Schüler in einer Klasse unterrichtet, wobei in einzelnen Fächern zum Teil noch eine zusätzliche Binnendifferenzierung erfolgt. Die Betreuung erfolgt durch Sonderschullehrer und Fachlehrer. Eine Vermittlung von Lehrinhalten auch über die Methode der unterstützten Kommunikation ist bei Bedarf gewährleistet. Etwa zwei Drittel der Schüler - mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung - sind dem Bildungsgang geistige Entwicklung zugeordnet; darunter auch Kinder mit Sprachentwicklungs- bzw. Autismusspektrumstörungen. Es besteht die Möglichkeit zu Physiotherapie und Ergotherapie durch angestellte Therapeuten des Schulträgers. Auch Logopädie kann während der Schulzeit in Anspruch genommen werden. Die Schule ist etwa 55 km vom Wohnort des Klägers entfernt, die Fahrzeit mit dem PKW beträgt etwa 45 Minuten. Für den Schülertransport existiert ein Schülerspezialverkehr, der an den allgemeinen Vorgaben der Schülerfahrkostenverordnung Nordrhein-Westfalen ausgerichtet ist. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Schulkonzept der M-schule wird auf deren Informationsschrift zum vierzigjährigen Bestehen Bezug genommen (Anlage zu Blatt 450 der Gerichtsakten).
15Mit Bescheid vom 11.08.2008 erklärte sich der Beklagte unter Hinweis auf den Beschluss des Sozialgerichts im Eilverfahren bereit, die Kosten für die Beschulung des Klägers an der L-Schule ab dem 04.08.2008 für das Schuljahr 2008/2009 zu übernehmen. Zahlungen erfolgten in der Folgezeit unmittelbar an die L-Schule.
16Der Beklagte zog im weiteren Verlauf des Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahrens verschiedene medizinische und pädagogische Unterlagen bei (im Wesentlichen: schulärztliches Gutachten bzw. ärztliche Zeugnisse des Gesundheitsdienstes des Kreises I - Dr. Q - vom 31.01.2007, 08.03.2007 und 28.04.2008; Berichte der Uni-Klinik H vom 09.11.2007 und 10.03.2008, Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Abteilung Pädiatrie II, sowie Berichte des dortigen sozialpädiatrischen Zentrums - SPZ - vom 05.09.2007, 24.08.2006, 28.12.2006 und vom 07.02.2008). Auf diese Unterlagen wird Bezug genommen (Blatt 7 bis 15, 25 f. und 37 bis 39 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten; Blatt 119 der Gerichtsakten).
17Mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2008 (abgesandt an die Eltern des Klägers am 20.08.2008, der im Eilverfahren hinzugezogenen Klägerbevollmächtigten zugestellt am 25.08.2008) wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter den Widerspruch zurück. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 28.04.2008 bestehe mittlerweile ein mehrschichtiger behinderungsbedingter Förderbedarf. Es müsse deshalb zunächst der individuelle Hilfebedarf durch den Beigeladenen bewerten werten, um anschließend den Kläger einer adäquaten Förderschule im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zuweisen zu können, deren Besuch keine Mehrkosten verursache.
18Am 22.09.2008 (Montag) hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben. Er hat ergänzend vorgetragen, die im näheren Umkreis seines Wohnorts gelegenen nordrhein-westfälischen Förderschulen hätten jeweils nur einen Förderschwerpunkt. Dies werde seinem vielschichtigen Behinderungsbild nicht gerecht. Neben einer Lernbehinderung bestehe eine geistige und eine körperliche Behinderung. Eine sonderpädagogische Förderung allein im Bereich Lernen reiche nicht aus; er benötige vielmehr eine multimodale sonderpädagogische Förderung. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus dem amtsärztlichen Zeugnis vom 28.04.2008 und der Stellungnahme des SPZ vom 07.02.2008. Der Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 sei inzwischen durch dessen Schreiben vom 25.10.2007 ersetzt worden und damit überholt. Bereits jetzt stehe fest, dass der Förderbedarf des Klägers nicht auf den Förderschwerpunkt Lernen beschränkt sei; einer Neubewertung seines Hilfebedarfs bedürfe es dafür nicht. Um ihm eine seinen Einschränkungen angemessene Schulbildung nach § 54 SGB XII i.V.m. § 12 EinglhV zu ermöglichen, müsse er in einer Schule beschult werden, die sämtlichen Förderbedarfen entspreche. Die einzige für ihn erreichbare Schule, die diesen Anforderungen gerecht werde, sei die L-Schule. Dies werde durch die (vom Sozialgericht durchgeführten) medizinischen Ermittlungen bestätigt. Unverhältnismäßige Mehrkosten entstünden durch den Besuch der L-Schule nicht. Er sei dort zudem inzwischen gut integriert; ein nochmaliger Schulwechsel, bei dem er erheblichen emotionalen Schaden nehmen würde, sei ihm nicht zuzumuten. Die vom Beklagten als Alternative erwogenen Förderschulen in Nordrhein-Westfalen hätten entweder einen unzutreffenden bzw. nicht hinreichenden Förderschwerpunkt, oder sie seien für ihn nicht auf zumutbare Weise erreichbar. Der Kläger hat ergänzend Berichte der L-Schule vom 28.05.2009 und des SPZ der Uniklinik H vom 23.02.2010 über seine weitere schulische Entwicklung vorgelegt. Er hat weiter vorgetragen, wegen der zwischenzeitlichen ergänzenden Feststellung gleichrangiger Förderschwerpunkte im Bescheid des Staatlichen Schulamts für den T-Kreis und den Landkreis X (vormals Beigeladener zu 2) vom 21.07.2009 (dazu weiter unten) komme jedenfalls inzwischen eine Förderschule mit dem alleinigen/vorrangigen Förderschwerpunkt Lernen nicht (mehr) in Betracht. Nur an der L-Schule sei eine angemessene Beschulung möglich.
19Der Kläger hat beantragt,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.06.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2008 zu verurteilen, die Kosten des Besuchs der L-Schule Bad B ab dem Schuljahr 2008/2009 als Hilfe zur angemessenen Schulbildung nach den Bestimmungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB XII zu übernehmen.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Einer Beschulung des Klägers an der L-Schule stehe schon der Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 entgegen. Dieser lege in auch den Beklagten bindender Weise (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) den Förderschwerpunkt Lernen fest. Nach § 13 AO-SF entscheide die Schulaufsichtsbehörde bei Vorliegen mehrerer Förderschwerpunkte, in welchem Förderschwerpunkt der Schüler vorrangig unterrichtet werde. Hieran habe sich durch das Schreiben des Beigeladenen vom 25.10.2007 nichts geändert. Der Bescheid des Staatlichen Schulamts für den T-Kreis und den Landkreis X vom 21.07.2009 sei unwirksam. Im Übrigen habe der Kläger im Rahmen der Sozialhilfe lediglich Anspruch auf Herstellung angemessener und zumutbarer, nicht dagegen optimaler Lebensbedingungen (§§ 1, 2 Abs. 1 SGB XII). Er habe keine Umstände dafür vorgetragen, dass eine Beschulung an einer Förderschule in Westfalen-Lippe - etwa an der M-schule in Q - nicht im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV zumutbar sei. Letztlich gehe es um eine schulrechtliche Problematik, die auf dem Rücken des Sozialhilfeträgers ausgetragen werde. Entscheidend sei, dass in Nordrhein-Westfalen ein Schulsystem vorgehalten werde, in dem jedes (behinderte oder nicht behinderte) Kind seinen Fähigkeiten entsprechend beschult werden könne. Auf eine möglicherweise inzwischen eingetretene Unzumutbarkeit eines neuerlichen Schulwechsels (von der L-Schule auf eine nordrhein-westfälische Schule) könne sich der Kläger nicht berufen, weil er diese Situation vorsätzlich selbst herbei geführt habe.
24Mit Beschlüssen vom 30.03.2009 und 10.01.2011 hat das Sozialgericht "den Kreis I - Schulamt" (vormals Beigeladener zu 1) sowie das Staatliche Schulamt für den T-Kreis und den Landkreis X zum Verfahren hinzugezogen. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
25Der Beigeladene (zu 1) hat zunächst seine Entscheidung - Beschulung des Klägers mit dem (vorrangigen) Förderschwerpunkt Lernen - weiterhin für zutreffend gehalten. Wegen der inzwischen in Hessen erfolgenden Beschulung könne er derzeit keine Entscheidung über eine Änderung des sonderpädagogischen Förderbedarfs oder des vorrangigen Förderschwerpunkts treffen. Er halte insbesondere die M-schule für den Kläger für geeignet.
26Das Staatliche Schulamt für den T-Kreis und den Landkreis X hat im Laufe des Klageverfahrens mit Bescheid vom 21.07.2009 seinen "Bescheid" vom 25.10.2007 dahingehend geändert, dass der Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt Lernen um die Förderschwerpunkte motorisch-körperliche Entwicklung (Körperbehinderte) und Sprache (Sprachheilschule) erweitert werde. Der nunmehr erweiterte sonderpädagogische Förderbedarf werde ab dem 24.08.2009 an der schon bisher besuchten L-Schule umgesetzt. Mit Schreiben vom 24.07.2009 teilte der Beigeladene (zu 1) daraufhin dem Kläger mit, nach den schulrechtlichen Vorschriften in Hessen sei es - anders als in Nordrhein-Westfalen - möglich, mehrere Förderschwerpunkte nebeneinander festzustellen; der entsprechenden Verfügung des Staatlichen Schulamtes in Hessen werde zugestimmt. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens gelangte das Staatliche Schulamt für den T-Kreis und den Landkreis X zu der Auffassung, dass es den Bescheid vom 21.07.2009 außerhalb seiner (örtlichen) Zuständigkeit und damit zu Unrecht erlassen habe. Nach vorheriger Anhörung hob es mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 17.02.2011 seinen Bescheid vom 21.07.2009 nach § 48 Hess. VwVfG auf; im Bescheid vom 21.07.2009 seien ohnehin keine neuen Förderschwerpunkte festgelegt worden, da sich der umfassende Förderbedarf des Klägers auf verschiedenen Gebieten schon aus dem Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 ergeben habe.
27Wegen des bevorstehenden Schuljahres 2009/2010 beantragte der Kläger am 16.06.2009 "zur Vermeidung eines weiteren Eilverfahrens" beim Beklagten eine Kostenzusage für das neue Schuljahr. Mit Schreiben vom 01.07.2009 (ohne Rechtsmittelbelehrung) lehnte der Beklagte dies ab. Auf neuerlichen Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz vom 10.07.2009 verpflichtete das Sozialgericht Detmold den Beklagten mit Beschluss vom 20.07.2010 - S 16 SO 112/09 ER, vorläufig die Kosten für den Besuch der L-Schule im 2009/2010 als Eingliederungshilfe zu übernehmen. Eine Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos (Beschluss des Senats vom 15.01.2010 - L 20 B 73/09 SO ER). Daraufhin erklärte sich der Beklagte mit Schreiben vom 24.02.2010 bereit, die Beschulungskosten - wie bisher vorläufig - auch für das Schuljahr 2009/2010 zu tragen.
28Für das Schuljahr 2010/2011 beantragte der Kläger am 14.06.2010 wiederum beim Beklagten die Kostenübernahme. Mit Schreiben vom 13.07.2010 an den Kläger und vom 12.01.2011 an den Träger der L-Schule erklärte sich der Beklagte zu einer vorläufigen Kostentragung bereit (ohne dass vorher ein gerichtliches Eilverfahren durchgeführt worden war). Für das Schuljahr 2011/2012 erteilte der Beklagte mit Schreiben vom 25.07.2011 (auf Antrag des Klägers vom 13.07.2011) eine vorläufige Kostenzusage vom 25.07.2011, jedoch (angesichts des voraussichtlichen Abschlusses des Klageverfahrens erster Instanz) befristet bis einschließlich September 2011. Im Anschluss daran trugen die Eltern des Klägers die Kosten für die Beschulung des Klägers an der L-Schule. Offene Forderungen des Schulträgers gegenüber dem Kläger bzw. seinen Eltern bestehen nicht.
29Das Sozialgericht hat Befund- und Behandlungsberichte bei der Kinderärztin Dr. Q, dem Orthopäden Dr. H, dem Augenarzt Dr. P und dem SPZ der Uniklinik H beigezogen.
30Dr. Q hat mit Bericht vom 19.04.2010 ausgeführt, der Kläger sei, seit er die L-Schule besuche, deutlich selbstsicherer und auch wieder lernmotiviert. Die Klassengröße und auch die spezielle Ausbildung der dortigen Pädagogen sowie die Beschulung anderer Kinder mit Behinderungen spiele eine sehr große Rolle, da der Kläger nun nicht immer der Letzte und Schlechteste sei. Er benötige aus kinderärztlicher Sicht zusätzliche Förderung durch Logopädie, Ergotherapie, heilpädagogische Förderung und Krankengymnastik sowie ein ihm vertrautes Klassenklima. Die Schule müsse in heilpädagogischer Umgebung auf seine manchmal wechselnden körperlichen Möglichkeiten bei kleiner Schülerzahl individuell eingehen können. Aufgrund seines Kleinwuchses und einer Nierenerkrankung sei der Kläger körperlich nicht altersentsprechend belastbar. Ein Transport mit dem Taxi sei der schnellste und einfachste Weg, ihn ohne Stress und Leistungsminderung zur Schule zu befördern.
31Das SPZ hat unter dem 09.04.2010 berichtet, der Kläger benötige wegen psychomotorischer Retardierung eine besondere Beschulung. Zum einen sei ein kleiner Klassenraum erforderlich. Zusätzlich müsse während des Schulbesuchs auch eine Sprachförderung sowie eine Förderung der (Fein-)Motorik erfolgen. Wegen des schon einmal stattgefundenen Schulwechsels werde sich dringend für einen Verbleib an der L-Schule ausgesprochen; dort könne der Kläger angemessen gefördert werden.
32Dr. H hat im Bericht vom 19.03.2010 aus orthopädischer Sicht keine Einschränkungen bei der Fahrtzeit im Schülerspezialverkehr gesehen.
33Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Befundberichte Bezug genommen (Dr. Q Blatt 114 bis 120, Dr. H Blatt 104, Dr. P Blatt 105 f.; SPZ Bl. 110 f. der Gerichtsakten).
34Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten des Neuropädiaters und Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Prof. Dr. X eingeholt. Auf die Beweisanordnung vom 21.07.2010 (Blatt 147 bis 149 der Gerichtsakten), das Gutachten vom 13.10.2010 (Blatt 159 bis 165 der Gerichtsakten) und die persönliche Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 28.09.2011 (Blatt 275 bis 279 der Gerichtsakten) wird Bezug genommen.
35Schließlich hat das Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2011 den Rektor der M-schule L N als Zeugen vernommen. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Blatt 279 bis 282 der Gerichtsakten).
36Mit Urteil vom 28.09.2011 (der Klägerbevollmächtigten zugestellt am 19.10.2011) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Beschulungskosten an der L-Schule als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII. Zwar könnten zu den in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 EinglhV genannten Maßnahmen auch Beschulungskosten gehören, wenn sie Voraussetzung für den Besuch einer Schule zur Gewährleistung einer angemessenen Schulbildung seien. Vorrangig sei die schulische Förderung jedoch eine dem öffentlichen Schulwesen zugewiesene Aufgabe; Eingliederungshilfe durch Übernahme von Schulkosten sei gegenüber dem landesgesetzlich geregelten Schulrecht jedenfalls dann nachrangig, wenn die Schulbehörde ihrer vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkomme. Stehe aber fest, dass eine angemessene Schulbildung im öffentlichen Schulsystem nicht zu erlangen sei, komme Eingliederungshilfe auch durch Übernahme der Kosten einer Privatschule in Betracht. Entsprechendes gelte, wenn - wie hier - der Besuch einer vom öffentlichen Schulträger vorgehaltenen Schule abgelehnt und eine sozialhilfeweise Kostentragung für den Schulbesuch in einem anderen Bundesland begehrt werde; insoweit resultierende Mehrkosten könnten nur dann übernommen werden, wenn eine angemessene Schulbildung an einer an sich "zuständigen" Schule nicht erreichbar sei. Im Anschluss an die Beweisaufnahme sei der Kläger auf den für ihn kostenfreien Besuch einer Förderschule in Nordrhein-Westfalen verweisbar. Das Gericht sei überzeugt, dass ihm jedenfalls die M-schule in Q eine angemessene Schulbildung bieten könne.
37Für den Kläger sei nach den beigezogenen Befundberichten und dem insoweit übereinstimmenden Sachverständigengutachten des Prof. Dr. X sowie nach den Erkenntnissen aus den AO-SF-Verfahren ein multimodales Förderkonzept erforderlich. In der mündlichen Verhandlung habe der Sachverständige die Anforderungen an dieses Förderkonzept dahin präzisiert, dass eine konsequente logopädische sowie wegen der motorischen Einschränkungen eine Ergotherapie vonnöten sei. Ergotherapie sei zudem wegen der Störung aus dem Autismusspektrum notwendig. Eine Physiotherapie stehe hingegen nicht im Vordergrund. Zu einem therapeutischen Reiten habe der Sachverständige geäußert, dass ein solches zwar insbesondere mit Blick auf die Autismussymptomatik hilfreich wäre; werde es nicht bereitgestellt, sei jedoch nicht mit gesundheitlichen Nachteilen zu rechnen. Im Vordergrund stünden die logopädische Therapie (ein- bis zweimal wöchentlich) und die Ergotherapie. Überdies erfordere die Sprachentwicklungsstörung eine Vermittlung der Unterrichtsinhalte im Wege der unterstützten Kommunikation. Hinsichtlich der Autismusspektrumstörung müsse an der Schule eine kontinuierliche sonderpädagogische Betreuung gewährleistet sein. Der Sachverständige habe insoweit betont, dass eine ordnungsgemäß ausgebildete sonderpädagogische Förderkraft regelmäßig in der Lage sei, die mit autistischen Symptomen einhergehenden besonderen Anforderungen im Unterricht zu erfüllen; auf gerichtliche Nachfrage habe der Sachverständige dies auch für die konkrete Ausprägung der Autismusspektrumstörung beim Kläger ausdrücklich bejaht.
38Ein solches Förderkonzept zugrundelegend, sei zumindest die M-schule in Q geeignet, dem Kläger eine angemessene Schulbildung zu vermitteln. Dies stehe fest aufgrund der Erklärungen des Zeugen N, der als Rektor dieser Schule schlüssig und nachvollziehbar die dortigen Fördermöglichkeiten dargelegt habe. Der Sachverständige Prof. Dr. X habe die in seinem schriftlichen Gutachten zuvor geäußerten Bedenken hinsichtlich einer Geeignetheit der Förderschulen im wohnortnahen Bereich des Klägers in Nordrhein-Westfalen nicht auf die M-schule bezogen. Bei der Geeignetheit dieser Schule für eine angemesse Schulbildung des Klägers berücksichtige das Gericht auch die vom Sachverständigen formulierten Anforderungen an die konkrete Klassengröße. Zwar habe er im schriftlichen Gutachten ausgeführt, eine Klassengröße von acht Schülern sei "sicher das Maximum"; in der mündlichen Verhandlung habe er dies jedoch dahin präzisiert, dass es nicht als absolute Höchstgrenze zu verstehen sei. Wichtig sei vielmehr, insbesondere mit Blick auf die Autismussymptomatik, die Beherrschbarkeit des Klassenrahmens. Die vertretbare Klassengröße sei abhängig von der personellen Zusammensetzung der Klasse. Der Zeuge N habe die Klassengröße an der M-schule mit regelmäßig sieben bis zehn Schülern angegeben. Im letzten Schuljahr habe die Eingangsklasse eine Größe von sechs Schülern gehabt. Eine Klassengröße von zwölf oder 13 Schülern sei die Ausnahme und trete vorrangig in der Sekundarstufe auf; bei dieser Klassengröße finde zudem vielfach eine Gruppendifferenzierung statt.
39Im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. X halte das Gericht auch einen Wechsel des Klägers auf die M-schule für möglich und zumutbar.
40Mit Bescheid vom 13.10.2011 hat der Beigeladene unter Hinweis auf die im jetzigen Klageverfahren eingeholten Gutachten und Berichte einen Wechsel des Förderschwerpunktes festgestellt und einen Wechsel des Förderortes verfügt. Beim Kläger bestehe sonderpädagogischer Förderbedarf hinsichtlich seiner körperlichen und motorischen Entwicklung, seiner Lernentwicklung und seiner Sprachentwicklung. Sonderpädagogische Förderung sei zudem wegen seiner Störung aus dem Autismusspektrum nötig. Die Förderschwerpunkte lägen "im Bereich der körperlichen und motorischen Entwicklung (vorrangig) und im Bereich Lernen (§§ 7 und 5 Abs. 1 AO-SF)". Zum schulischen Förderort hat der Beigeladene "ab dem 07.11.2011 (nach den Herbstferien) eine Schule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung" bestimmt. Die nächstgelegene Schule, an der die beschriebene Förderung erfolgen könne, sei die M-schule. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
41Gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 28.09.2011 richtet sich die am 26.10.2011 eingelegte Berufung des Klägers. Er stellt ausdrücklich klar, keine Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII zu beanspruchen. Gegen das Urteil des Sozialgerichts wendet er Folgendes ein:
42Die Klassen an der M-schule seien insbesondere wegen einer zu erwartenden Verschlechterung der Autismussymptomatik zu groß. Der Sachverständige Prof. Dr. X habe sich zwar nicht auf eine genaue Klassengröße festlegen wollen; er habe jedoch deutlich gemacht, dass eine Größe von mehr als acht Schülern grundsätzlich nachteilig sei und ggf. einer angemessenen schulischen Förderung entgegenstehen könne. Zudem sei der Wechsel der Klassenzusammensetzung, der an der M-schule alle drei Jahre erfolge, ungünstig; denn ausweislich des Sachverständigen benötige er - der Kläger - unbedingt feste Bezugspersonen.
43Die M-schule biete für ihn im Schulalltag keine hinreichend festen Strukturen. Dass dort bereits sechs Schüler mit einer Autismusspektrumstörung unterrichtet würden, heiße nicht, dass auch er dort angemessen unterrichtet werden könne.
44Der Zeuge N habe nicht hinreichend sicher beurteilen können, ob er - der Kläger - an der M-schule angemessen hätte beschult werden können. Denn der Zeuge habe keinen hinreichenden Einblick in seinen tatsächlichen Förderbedarf gehabt.
45Das Sozialgericht habe außer Acht gelassen, dass sich alle Experten für einen Verbleib des Klägers an der L-Schule ausgesprochen hätten. Insbesondere habe es die Ausführungen des Sachverständigen falsch interpretiert. Selbst der Beigeladene spreche mit Blick auf die M-schule lediglich von der am ehesten geeigneten Schule.
46Im Anschluss an die Beweisaufnahme stehe vielmehr fest, dass ihm aus einem Schulwechsel erhebliche gesundheitliche Nachteile erwachsen würden. Schon die Änderung des Schulweges wäre ein großes Problem. Sofern Bezugspersonen Druck auf ihn ausüben müssten, um ihn zum Schulbesuch zu bewegen, werde er voraussichtlich dauerhaft aggressiv oder autoaggressiv reagieren.
47Keineswegs habe er genügend Ressourcen, einen Schulwechsel zu verkraften. Weder der Sachverständige noch irgendein Arzt hätten eine solche Einschätzung im Laufe des Verfahrens geäußert. Es würde sich, im Gegenteil, die Autismussymptomatik weiter verfestigen und ein Schulwechsel immer schwieriger. Das Sozialgericht habe insoweit verschiedene Angaben des Sachverständigen aus dem Zusammenhang gerissen und unzutreffend interpretiert.
48Auch der Beigeladene habe ihn bzw. seine Eltern stets darin bestärkt, dass die L-Schule wegen seiner Mehrfachbehinderung die für ihn geeignete Schule sei. Wenn der Beigeladene nunmehr (auch) die M-schule für geeignet halte, hätte er eine entsprechende Empfehlung früher aussprechen müssen.
49Das Sozialgericht habe sich schließlich allein an abstrakten Kriterien orientiert, ohne ausreichend auf die individuellen Förderbedürfnisse einzugehen. Insofern bedürfe es jedenfalls weiterer Ermittlungen.
50Der Kläger beantragt,
51das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28.09.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2008 zu verurteilen, die Kosten für den Besuch des Klägers der L-Schule in Bad B vom 01.08.2008 bis zum 01.04.2012 als Hilfe zur angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zu übernehmen.
52Der Beklagte beantragt,
53die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
54Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und nimmt auf sein bisheriges Vorbringen Bezug.
55Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend; das Sozialgericht habe aus den vorliegenden Informationen zu Recht den Schluss gezogen, dass der Förderbedarf des Klägers in vollem Umfang an der M-schule hätte gedeckt werden können.
56Der Senat hat die Beiladung des Kreises I dahingehend geändert, dass als Beigeladener das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Schulamt für den Kreis I, geführt wird (Beschluss vom 09.09.2013). Die Beiladung des (vormaligen) Beigeladenen zu 2 hat er nach Anhörung der Beteiligten aufgehoben (Beschluss vom 11.12.2015).
57Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. X eingeholt. Hierzu wird auf das Schreiben des Senats vom 24.06.2015 (Blatt 496 bis 498 der Gerichtsakten) sowie die schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen vom 10.11.2015 (Blatt 512 bis 515 der Gerichtsakten) Bezug genommen.
58Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogen Akten (Verwaltungsvorgänge des Beklagten, des Beigeladenen und des vormaligen Beigeladenen zu 2, Prozessakten des Sozialgerichts Detmold S 19 SO 121/08 ER und S 16 SO 112/09 ER). Der Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
59Entscheidungsgründe:
60A) Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet; seine Klage ist zulässig, aber unbegründet.
61I.1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 09.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2008 (§ 95 SGG). Der Beklagte hat es darin abgelehnt, Kosten für die Beschulung des Klägers an der L-Schule zu übernehmen. Da dies vollständig und ohne zeitliche Begrenzung verfügt wurde, ist bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Begehrens des Klägers (§ 123 SGG) in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom 01.08.2008 bis zum 01.04.2012 Streitgegenstand (vgl. - zur vollständigen Ablehnung von Arbeitslosengeld II - BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N. und im Übrigen LSG NRW, Urteil vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 34).
622. Eine weitergehende Beschränkung des streitgegenständlichen Zeitraumes ergibt sich (mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R Rn. 8 m.w.N.) nicht etwa daraus, dass der Kläger für die Zeit nach dem Schuljahr 2008/2009 Folgeanträge gestellt und der Beklagte diese beschieden hätte.
63Zwar hat sich der Kläger (mit Schreiben vom 15.06.2009, 14.06. bzw. 05.07.2010 und 13.07.2011) jeweils vor Beginn der Schuljahre 2009/2010, 2010/2011 und 2011/2012 nochmals wegen einer Zusage zur weiteren Kostenübernahme an den Beklagten gewandt. Aus Sicht eines objektiven Empfängers (§ 133 BGB; vgl. insoweit zur Auslegung von Verwaltungsakten etwa BSG, Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 2/09 R Rn. 14) handelt es sich dabei jedoch nicht um "echte" Folgeanträge, d.h. um solche, die auf eine abschließende Entscheidung des Beklagten für einen weiteren Leistungszeitraum gerichtet waren; vielmehr ging es dem Kläger darin lediglich um eine einvernehmliche (weitere) vorläufige Regelung. Hierfür spricht zum einen, dass im Juni 2009 das Klageverfahren vor dem Sozialgericht schon fast neun Monate anhängig gewesen ist, eine Klärung in der Hauptsache mithin bereits auf den Weg gebracht war. Hinzu kommt, dass die nach dem Beschluss des Sozialgerichts vom 04.08.2008 - S 19 SO 121/08 ER mit Bescheid des Beklagten vom 11.08.2008 getroffene vorläufige Regelung im Juni 2009 kurz vor dem Auslaufen stand, die weitere Kostentragung also zeitnah regelungsbedürftig war. Das auf eine weitere nur vorläufige Entscheidung des Beklagten gerichtete Ziel des Klägers ergibt sich zudem aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut seiner genannten Schreiben, die von einer Regelung zur Vermeidung eines weiteren Eilverfahrens sprechen. Im letzten Satz des Schreibens vom 15.06.2009 wird der Antrag auf Kostenübernahme sogar ausdrücklich auf die Zeit "bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dieser Angelegenheit" beschränkt. Im Schreiben vom 05.07.2010 ist ausdrücklich von einer nur vorläufigen Kostenübernahme die Rede. Stellen die genannten Schreiben des Klägers damit keine Anträge auf endgültige Bescheidung der Folgezeiträume (im Anschluss an das Schuljahr 2008/2009) dar, so kann auch namentlich das Ablehnungsschreiben des Beklagten vom 01.07.2009 aus Empfängersicht nicht als endgültige ablehnende Bescheidung einer Leistungsbewilligung für das Schuljahr 2009/2010 (§ 31 SGB X) gelesen werden. Die späteren Entscheidungen zur Kostenübernahme für die Schuljahre 2010/2011 und 2011/2012 (Schreiben vom 13.07.2010 und vom 12.07.2011) hat der Beklagte ohnehin sogar ausdrücklich unter einen Vorläufigkeitsvorbehalt gestellt.
64Auch für die Zeit nach September 2011 bestehen keine Anhaltspunkte für den Eintritt einer verfahrensrechtlich beachtlichen Zäsur (im Sinne der Rechtsprechung des BSG, a.a.O.). Denn seit Oktober 2011 haben die Eltern des Klägers die Beschulungskostenselbst getragen und keinen weiteren Antrag auf Kostentragung beim Beklagten mehr gestellt.
65II.1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG - unechte Leistungsklage -; dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9; Senatsurteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 38) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
662. Der Träger der L-Schule war nicht nach § 75 Abs. 2, 1. Var. SGG notwendig zum Verfahren hinzuzuziehen (vgl. dazu Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 54, 193 m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R Rn. 13). Denn bei ihm stehen Forderungen aus der Beschulung des Klägers nicht mehr offen. Auch eine Beiladung anderer Leistungsträger war nicht veranlasst (dazu noch später).
67III. Die Klage ist unbegründet. Denn der Bescheid vom 09.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2008 ist formell (dazu 1.) und materiell (dazu 2.) rechtmäßig; der Kläger ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
681.a) Der Beklagte hat vor Erlass des Widerspruchsbescheides sozial erfahrene Dritte beteiligt (§ 116 Abs. 2 SGB XII).
69b) Bei Erlass der angefochtenen Bescheide war er für hier allein in Rede stehende Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII sachlich und örtlich zuständig.
70aa) Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich aus § 97 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW. Ihm sind durch § 1 Abs. 1 AG-SGB XII NRW die Aufgaben eines überörtlichen Sozialhilfeträgers zugewiesen. Überörtliche Träger der Sozialhilfe haben in Nordrhein-Westfalen Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII u.a. für Personen zu erbringen, die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannt sind und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn es wegen der Behinderung oder des Leidens in Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist, die Hilfe in einer stationären oder teilstationären Einrichtung zu gewähren; dies gilt nur dann nicht, wenn die Hilfegewährung in der Einrichtung überwiegend aus anderen Gründen erforderlich ist (vgl. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW).
71Der Kläger, der das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, gehört zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis. Denn seine körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten wichen aufgrund einer Sprachentwicklungsstörung (Dyslalie, Stottersymptomatik) und einer unterdurchschnittlichen intellektuellen Lern- und Leistungskompetenz, Koordinationsschwächen der komplex-motorischen Bewegungsabläufe, eines Minderwuchses, eines De-Toni-Debre-Fanconi-Syndroms, einer Störung aus dem Autismusspektrum sowie einer Amblyopie des rechten Auges im streitigen Zeitraum von dem für sein Lebensalter typischen Zustand erheblich ab, so dass seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt war. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 13.10.2010 sowie - damit übereinstimmend - dem AO-SF-Gutachten vom 30.04.2007 und den verschiedenen Berichten des SPZ der Uni-Klinik H. Aufgrund der genannten Einschränkungen bestand zudem ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher Bedarf begründet stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 14).
72Bei der L-Schule handelt es sich auch um eine (teil-)stationäre Einrichtung. Nach § 13 Abs. 2 XII sind Einrichtungen im Sinne des SGB XII alle Institutionen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dienen. Die teil- bzw. vollstationäre Unterbringung erfordert im Gegensatz zur ambulanten Leistungserbringung einen Teil- oder Vollaufenthalt des Leistungsberechtigten und die geeignete Betreuung nach dem SGB XII, zusammengefasst in einer besonderen Organisationsform von personellen und sächlichen Mitteln. Teilstationär sind solche Einrichtungen, in denen die Leistungsempfänger nicht rund um die Uhr, sondern stundenweise betreut werden. Damit eine Institution auch im konkreten Einzelfall als Einrichtung fungiert, muss zudem eine nach dem individuellen Hilfebedarf des Leistungsberechtigten bestehende Einrichtungsbetreuungsbedürftigkeit bestehen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles; im Kern kommt es dabei darauf an, ob die Einrichtung die Gesamtverantwortung für die Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (vgl. zum Ganzen Senatsurteil vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 52; LSG NRW, Urteil vom 10.02.2011 - L 9 SO 11/08 Rn. 31 ff.; BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/94 Rn. 15 ff.; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, 5. Auflage 2014, § 13 Rn. 28 f.; Höfer/Krahmer in LPK-SGB XII, 10. Auflage 2015, § 13 Rn. 14-16; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 13 Rn. 11-14).
73Nach diesen Kriterien ist die L-Schule eine teilstationäre Einrichtung. Denn der Kläger hielt sich dort (mit Ausnahme der Ferienzeiten) regelmäßig an den Wochentagen von morgens bis nachmittags auf. Während seines Aufenthaltes erhielt er auf seinen Bedarf zugeschnittene Leistungen. Diese erschöpften sich nicht in einer bloßen Beschulung; erbracht wurde vielmehr eine Art "Komplexleistung", welche neben der schulischen Förderung auch weitere Angebote, wie etwa therapeutische Leistungen (u.a. Ergotherapie) und das Mittagessen, umfasste. Die Leistungen wurden zudem aus einer Hand erbracht; dies ist insbesondere aus dem Schulkonzept der L-Schule zu entnehmen. Die Schule hat damit für die Zeit des Aufenthalts des Klägers auch die Gesamtverantwortung für dessen Lebensführung übernommen. Diese Beurteilung steht nicht in Widerspruch zum Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R (Rn. 12). Zwar hat das Bundessozialgericht dort Zweifel geäußert, ob eine Schule (anders als etwa eine einer Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung sein könne. Im vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall ging es jedoch im Wesentlichen allein um die Beschulung des dortigen Klägers, nicht hingegen - wie hier - zusätzlich um während des Schultages durchgeführte besondere therapeutische Maßnahmen.
74Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten ist schließlich auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger nicht allein wegen seiner Behinderung in die L-Schule aufgenommen worden wäre (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1a AV-SGB XII NRW). Denn das Angebot der Schule war speziell auf den Unterstützungsbedarf behinderter Schülerinnen und Schüler zugeschnitten. Dies ist nicht nur aus dem allgemeinen Betreuungskonzept der Schule ersichtlich, sondern zeigt sich auch darin, dass für den Kläger - wie für die übrigen Schüler - in den Schulalltag integrierte, besondere Förderangebote (z.B. Ergotherapie) zur Verfügung gestellt wurden.
75bb) Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten folgt aus § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII, nicht hingegen aus § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII. Denn die zuletzt genannte Regelung bezieht sich allein auf vollstationäre Leistungen und ist nicht - auch nicht analog - auf die Erbringung teilstationärer Leistungen anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2015 - B 8 SO 7/14 R Rn. 15 ff. m.w.N.; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Auflage 2015, § 98 Rn. 30; Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 31; anders noch Senatsurteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 51).
76Nach § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII kommt es für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auf den tatsächlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten an. Zwar bestimmt sich der Aufenthaltsort in der Regel danach, wo die Leistung unter physischer Anwesenheit des Berechtigten in Anspruch genommen wird (vgl. z.B. Hohm a.a.O., Rn. 13). Obwohl sich die L-Schule (als Ort der vom Kläger in Anspruch genommenen Leistung) in Hessen befindet, führt dies gleichwohl nicht etwa zu einer örtlichen Zuständigkeit eines hessischen Sozialhilfeträgers. Denn im Einzelfall können der "tatsächliche Aufenthalt" im Rechtssinne und der Ort der physischen Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistung durchaus auseinanderfallen; in die Bestimmung des tatsächlichen Aufenthalts fließen - etwa bei regelmäßigem Aufenthalt an verschiedenen Orten - auch wertende Gesichtspunkte, wie etwa der familiäre Lebensmittelpunkt, mit ein (vgl. dazu etwa Schoch in LPK-SGB XII, 10. Auflage 2015, § 98 Rn. 14; Hohm a.a.O., Rn. 14 f.). Danach bildet für den Kläger die Stadt C den Ort seines "tatsächlichen Aufenthaltes" im Rechtssinne; denn hier lebte er als minderjähriges Kind im streitigen Zeitraum außerhalb der Schule mit seinen Eltern und seinem Bruder in familiärer Gemeinschaft zusammen (hierfür mag auch sprechen, dass das Gesetz in § 98 Abs. 1 S. 3 SGB XII das Fortbestehen einer bereits begründeten örtlichen Zuständigkeit vorsieht, wenn ein Ortswechsel nur zur Inanspruchnahme ambulanter oder teilstationärer Leistungen erfolgt; vgl. dazu Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 98 Rn. 16 ff.). Der Kreis I, in dem die Stadt C liegt, gehört nach § 1 Abs. 1 der Hauptsatzung des Beklagten zu dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich.
77Da die gesamte Familie im streitigen Zeitraum ihren einzigen Wohnsitz in C hatte, kann sich an der Zuständigkeit des Beklagten durch die - erst spätere - Begründung eines Zweitwohnsitzes in Hessen von vornherein nichts ändern.
78cc) Unbeschadet der vorstehenden Ausführungen bestünde eine sachliche und örtliche Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis gegenüber dem Kläger jedenfalls nach § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX (vgl. insoweit zu zwei vergleichbaren Fallgestaltungen Senatsurteile vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 39 ff. und vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 40 ff.). War der Beklagte jedoch nach den Regelungen des Zwölften Kapitels des SGB XII und den hierzu ergangenen landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen bereits originär sachlich und örtlich zuständig, so war eine Beiladung eines anderen Sozialhilfeträgers, der bei einer Anwendbarkeit von § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX letztzuständig sein könnte, von vornherein nicht veranlasst (zumal - dazu im Folgenden - ein Leistungsanspruch des Klägers ohnehin nicht besteht).
792. Auch in der Sache ist die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden. Denn es existiert keine Anspruchsgrundlage, aufgrund derer der Kläger eine endgültige Übernahme seiner Beschulungskosten an der L-Schule verlangen könnte.
80a) Ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe besteht nicht. Denn die Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhV (als Regelung der für den Kläger aus der Gesamtheit der Eingliederungshilfeleistungen einzig in Erwägung zu ziehende Leistungsform) liegen nicht vor.
81Zwar ist der Anwendungsbereich dieser Vorschriften nicht etwa bereits deshalb verschlossen, weil es nicht nur um eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern um die Schulbildung des Klägers als solche geht (vgl. dazu - auch mit Blick auf BSG, Urteil vom 24.06.2009 - B 8 SO 22/10 Rn. 15 - ausführlich Senatsurteile vom 15.05.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 48 ff., vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 49 ff. und vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 53). Außerdem gehört der Kläger auch zu dem nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII anspruchsberechtigten Personenkreis (s.o.).
82Einem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Hilfe für eine angemessene Schulbildung (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhV) steht jedoch entgegen, dass er im streitigen Zeitraum an einer öffentlichen Schule in Nordrhein-Westfalen hätte beschult werden können, ohne dass er dazu Sozialhilfeleistungen bedurft hätte. Denn die M-schule in Q hätte eine geeignete und dem Kläger zumutbare Beschulung durchführen können.
83aa) Die M-schule wäre nicht etwa schon deshalb ungeeignet gewesen, weil sie nur Schüler mit dem vorrangigen Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung hätte beschulen können, nicht aber solche mit dem vorrangigen Förderschwerpunkt Lernen als dem Förderschwerpunkt, der im Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 zu Beginn des streitigen Zeitraumes (nach Rücknahme des Widerspruchs am 18.08.2008 bestandskräftig) festgestellt war.
84(1) Denn der für den Kläger tatsächlich zutreffende vorrangige Förderschwerpunkt war (was zwischen den Beteiligten mittlerweile nicht mehr umstritten ist) von Anfang an der Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Dieser vorrangige Schwerpunkt ist jedenfalls seit dem 07.11.2011 auch schulamtlich festgestellt (Bescheid des Beigeladenen vom 13.10.2011). Eine vergleichbare Änderung war im Übrigen schon mit Bescheid des Staatlichen Schulamts für den T-Kreis und den Landkreis X vom 21.07.2009 erfolgt, dem der Beigeladene mit Schreiben vom 24.07.2009 auch bereits zugestimmt hatte.
85(2) Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04 Rn. 11; Senatsurteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 55 m.w.N.) die Träger der Sozialhilfe bei der Eingliederungshilfe an schulrechtlich verbindliche Entscheidungen des Schulamtes gebunden, so etwa an die Bestimmung des Förderortes.
86Insofern können allerdings besondere Umstände Ausnahmen erfordern. Dies zeigt gerade der Fall des Klägers. Hier war der Beklagte keineswegs gehindert, bei der Benennung einer alternativen Beschulungsmöglichkeit vom formal durch den Beigeladenen bestimmten Förderort (eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen) abzuweichen. Denn im Fall des Klägers kann allein die formale Feststellung des (vorrangigen) Förderschwerpunktes Lernen den maßgeblichen Lebenssachverhalt zur Frage des zutreffenden Förderortes zwischen den Beteiligten unter Einschluss des Beigeladenen und des vormaligen Beigeladenen zu 2 nicht hinreichend erfassen. Für eine sachgerechte Beurteilung sind vielmehr hypothetische Verläufe zu berücksichtigen.
87Dies ist schon deshalb geboten, weil Beschulungsalternativen innerhalb Nordrhein-Westfalens nach einem Förderschwerpunkt Lernen den Bedürfnissen des Klägers ersichtlich nicht entsprochen hätten. Dabei konnte es zu einer (dem nordrhein-westfälischen Schulrecht entsprechenden) zeitnahen, bedürfnisgerechten Änderung dieses Förderschwerpunktes - dessen Festlegung durch Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 sich schon alsbald und auch für den Kläger offensichtlich als unzutreffend erwiesen hatte - nur deshalb nicht kommen, weil sich der Kläger durch den Besuch der L-Schule in Hessen bewusst aus dem Fokus des Beigeladenen entfernt hatte; der Beigeladene hatte dadurch weder Veranlassung noch Möglichkeit, eine berichtigte, an den objektiven Bedürfnissen des Klägers ausgerichtete Bestimmung des vorrangigen Förderschwerpunktes vorzunehmen. Denn die L-Schule konnte - neben dem eigentlich einschlägigen Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung - zugleich den mit Bescheid vom 28.06.2007 festgelegten Förderschwerpunkt Lernen abdecken. Dies beruhte auf den Besonderheiten des hessischen Schulrechts, das - anders als das nordrhein-westfälische - die gleichrangige Feststellung mehrerer Förderschwerpunkte gestattet. Dementsprechend konnte der Beigeladene den Eltern des Klägers mit Schreiben vom 25.10.2007 auch mitteilen, gegen den Besuch dieser Schule bestünden keine Bedenken, wenn sie sich auch um die Finanzierung des Schulbesuchs selbst zu kümmern hätten.
88Hätte der Kläger hingegen eine öffentliche, für ihn kostenfreie Förderschule in Nordrhein-Westfalen besucht, wäre es (auch dort) alsbald zu einer Feststellung des bedürfnisgerechten Förderschwerpunkts gekommen. Denn schon aus dem Beratungsgespräch seiner Eltern am 27.08.2007 mit Mitarbeitern der L-Schule hatte sich ergeben, dass der wesentliche und damit vorrangige Förderbedarf des Klägers nicht im Bereich Lernen, sondern im Bereich der körperlichen und motorischen Entwicklung lag. Dies war zugleich der Beklagten bewusst; sie hat schon in ihrer Antragserwiderung im ersten Eilverfahren vor dem Sozialgericht (S 19 SO 121/08) unter dem 04.08.2008 die M-schule (mit dem vorrangigen Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung) als geeignete Beschulungsalternative benannt.
89Hat damit der Kläger letztlich durch eigenes Verhalten (Rücknahme des Widerspruchs gegen den Bescheid des Beigeladenen mit Feststellung des Förderschwerpunkts Lernen, Einschulung an der L-Schule in Hessen) selbst die Tatsachen geschaffen, die eine rechtzeitige schulamtliche Feststellung des eigentlich einschlägigen Förderschwerpunktes vereitelt haben, so kann ihm die unzutreffende Feststellung des Förderschwerpunktes Lernen im vorliegenden Verfahren nicht (durch Abstellen auf die bestandskräftige Feststellung des Förderschwerpunkts Lernen) zum Vorteil gereichen.
90bb) Eine Übernahme der Kosten für den Besuch der L-Schule durch den Kläger als Eingliederungshilfe zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung käme deshalb nur dann in Betracht, wenn ihm der Besuch einer anderen (nordrhein-westfälischen und damit für ihn kostenfreien öffentlichen) Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen nicht möglich bzw. nicht zumutbar gewesen wäre (vgl. zu insoweit vergleichbaren Fällen bereits die Senatsurteile vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 52 und vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 51).
91Der Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der (Un-)Möglichkeit bzw. (Un-)Zumutbarkeit des Besuchs einer öffentlichen Schule ergibt sich dabei vor allem aus der Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Sozialhilfeleistung die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88; Senatsurteile vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 53 und vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 52). Ferner ist (wie der Senat ebenfalls bereits mehrfach ausgeführt hat; vgl. Urteile vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 57, vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 60 ff., vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 61 ff. sowie Beschluss vom 17.05.2010 - L 20 B 168/08 SO ER Rn. 61 f. m.w.N.) zu berücksichtigen, dass mit Blick auf das Merkmal der angemessenen Schulbildung in § 12 Nr. 2 EinglhV unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes in § 2 Abs. 1 SGB XII nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Die schulische Förderung von Kindern ist nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R Rn. 15). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, jedenfalls soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 41. EL VI/15, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 16). Erst wenn feststeht, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 Rn. 31 zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08 Rn. 59).
92Davon ausgehend stellt die M-schule im hier streitigen Zeitraum eine für den Kläger zumutbare Beschulungsalternative dar.
93Für diese Beurteilung ist (vgl. hierzu die Senatsurteile vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 59, vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 64 und vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 65) mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII ("angemessene Schulbildung") und § 12 Nr. 2 EinglhV ("üblicherweise erreichbare Bildung") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt - dazu im Folgenden unter (1) -. Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht - dazu unter (2) -. Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. auch Scheider in Schellhorn//Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 53 Rn. 71 ff.; Voelzke a.a.O. Rn. 44a m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
94(1) Beim für den Kläger anzustrebenden konkreten Bildungsziel folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. X in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.11.2015. Danach ist davon auszugehen, dass bei dem Kläger - insbesondere mit Blick auf seine Störung aus dem Autismusspektrum - der Erwerb alltagspraktischer Fertigkeiten und das Erlernen sozialer Kompetenz im Vordergrund standen. Nicht erreichbar war demgegenüber ein formaler Bildungsabschluss an der Förder-, geschweige denn an einer Regelschule. Anzustreben war jedoch das Erlernen der elementaren Kulturtechniken (Rechnen, Lesen, Schreiben) in möglichst weitgehendem Umfang, abhängig von den - im Einzelnen nicht vorhersehbaren - erreichbaren Lernfortschritten des Klägers. Der Sachverständige leitet diese Bildungsziele erkennbar und nachvollziehbar aus allen verfügbaren Informationen her, insbesondere unter Einbeziehung des noch 2010 (dem Jahr der Untersuchung des Klägers durch den Sachverständigen) bestehenden Unterstützungsbedarfs. Seine Beurteilung korreliert im Übrigen mit den tatsächlichen Abläufen, namentlich der deutlichen Überforderung des Klägers an der Regelgrundschule H und seiner späteren Entwicklung. Der Kläger hat denn auch gegen die Einschätzung des Bildungszieles durch den Sachverständigen keine Einwände vorgebracht.
95(2) Der Kläger hätte dieses Bildungsziel durch Besuch der M-schule ab August 2008 erfolgversprechend und damit auf zumutbare Weise verfolgen können.
96(a) Dabei ist wegen des komplexen Behinderungsbildes - insoweit unstreitig - beim Kläger von der Notwendigkeit eines multimodalen Förderkonzeptes auszugehen; dies hatte im Wesentlichen an den körperlichen und motorischen sowie den sprachlichen Defiziten sowie an der Autismusspektrumstörung des Klägers anzusetzen. Ergotherapeutische und logopädische Maßnahmen waren in das Konzept einzubeziehen. Hingegen waren physiotherapeutische Maßnahmen und andere Angebote - wie etwa therapeutisches Reiten -nicht zwingend erforderlich.
97Dass diese einzelnen Förderbereiche bei einem Besuch der M-schule angemessen und ausreichend hätten bearbeitet werden können, hat das Sozialgericht unter eingehender Auswertung des schriftlichen Gutachtens und der mündlichen Anhörung des Sachverständigen sowie der Zeugenaussage des Rektors der M-schule überzeugend ausgeführt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen im angefochtenen Urteil nach eigener Prüfung an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
98(b) Aus den von dem Sozialgericht beigezogenen Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers bzw. den Behandlungsberichten des SPZ der Uni-Klinik H ergibt sich keine andere Beurteilung. Weitergehende Anforderungen hinsichtlich einer sachgerechten Beschulung des Klägers werden dort nicht beschrieben. Die Befundberichte sind insoweit (soweit sie hierzu überhaupt Angaben enthalten) unspezifisch und pauschal formuliert. Die Berichte des SPZ befürworten zwar einen Verbleib des Klägers an der L-Schule, weil dieser dort gut bzw. sogar optimal gefördert werden könne. Letzteres ist - wiewohl von keiner Seite bestritten - letztlich jedoch nicht entscheidend; Beurteilungsmaßstab ist vielmehr, ob mit Blick auf das individuelle Bildungsziel des Klägers eine angemessene Beschulung auch an der Liboriussschule (ebenso wie an der L-Schule) möglich und damit zumutbar gewesen wäre.
99(c) Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgetragenen Einwände rechtfertigen keine andere Einschätzung.
100(aa) Der Einwand, das Sozialgericht habe übersehen, dass sich alle Fachleute für die L-Schule ausgesprochen hätten, ist angesichts des anzulegenden Prüfungsmaßstabs nicht von Bedeutung (s.o.).
101(bb) Die Behauptung, der Rektor der M-schule habe die Sachlage nicht zutreffend beurteilen können, weil er das eigentliche Behinderungsbild nicht gekannt habe, geht ins Leere. Er ist schon sachlich unzutreffend; der Zeuge hat vielmehr zu Beginn seiner Vernehmung mitgeteilt, er habe vorab vom Gutachten des Prof. Dr. X Kenntnis genommen. Ohnehin kommt es darauf nicht an. Denn der Schulleiter musste die konkreten Fördermöglichkeiten seiner Schule darlegen; die sodann anhand seiner Angaben zu treffende Beurteilung, ob diese Möglichkeiten für eine angemessene Beschulung des Klägers ausgereicht hätten, oblag allein dem Sozialgericht. Dieses hat die Angaben des Schulleiters zutreffend ausgewertet.
102(cc) Der Einwand, ein Besuch der M-schule wäre wegen der dortigen Klassengrößen nicht zumutbar gewesen, ist jedenfalls im Anschluss an die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 10.11.2015 widerlegt. Durch diese Stellungnahme ist klargestellt, dass die Benennung konkreter Grenzwerte für Klassengrößen im Förderschulbereich (insbesondere für Kinder mit einer Autismusspektrumstörung) nicht möglich ist. Kleine Klassen sind, dem Sachverständigen folgend, zwar sicherlich ebenso wünschenswert wie klare und feste Strukturen, an denen sich das Kind orientieren kann; gleichwohl können konkrete Schülerzahlen im Sinne einer Obergrenze nicht angegeben werden. Diese Angaben des Sachverständigen decken sich im Übrigen mit sachverständigen Einschätzungen, die dem Senat aus anderen Verfahren mit vergleichbarer Fragestellung bekannt sind; der Senat hat deshalb keine Zweifel, dass die Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. X dem Stand der Wissenschaft entsprechen und zutreffend sind.
103Können aber fixe Obergrenzen für eine zumutbare Klassengröße nicht benannt werden, ist auch in Anbetracht der konkreten Umstände des vorliegenden Falles nicht festzustellen, dass die Klassengrößen an der M-schule für den Kläger unzumutbar wären. Sind die Unterschiede zwischen der L-Schule (acht Schüler) und der M-schule (zehn Schüler) gering, so erscheint angesichts der Ausführungen des Sachverständigen nicht begründbar, dass eine Klassengröße mit acht Schülern zumutbar, mit zehn Schülern jedoch nicht mehr zumutbar sei. Dabei berücksichtigt der Senat zudem, dass an der M-schule in bestimmten Fächern innerhalb einer Klasse beim Unterricht weiter zwischen verschiedenen Schülergruppen differenziert wird. Ein signifikanter Unterschied zwischen M-schule und L-Schule ist deshalb nicht einmal erkennbar.
104(dd) Gegen eine Zumutbarkeit des Besuchs der M-schule für den Kläger spricht auch nicht, dass dort alle drei Jahre das Lehrpersonal einer Klasse wechselt. Denn ein solcher Wechsel erfolgt nach den (unwidersprochenen) Ausführungen des Sachverständigen an Förderschulen in Hessen (namentlich der L-Schule) in gleicher Weise. Ohnehin lässt sich eine Veränderung in der Klassenzusammensetzung oder beim Lehrpersonal (etwa durch Umzug von Schülern, Ruhestand, Elternschaft oder Krankheit von Lehrpersonal) auch unabhängig von einem dreijährigen Turnus von vornherein nicht ausschließen.
105(ee) Eine Wahrnehmung begleitender therapeutischer Angebote während des Schulalltags (insbesondere Logopädie, Ergotherapie und ggf. Physiotherapie) wäre für den Kläger an der M-schule ebenso möglich gewesen wie an der L-Schule. Der Senat entnimmt dies den beigezogenen schriftlichen Angaben der Schulleitung; dem Schulkonzept zufolge besteht die Möglichkeit, innerhalb der M-schule Physiotherapie und Ergotherapie nach ärztlicher Verordnung zu erhalten. Dies entspricht dem Bedarf des Klägers, dem nach den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin vom 09.09.2013 von der Kinderärztin Dr. Q durchgehend Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie verordnet wurden. Davon wurden allein Ergo- und Physiotherapie in der L-Schule durchgeführt, während Logopädie außerhalb der Schulzeit in einer Praxis in C wahrgenommen wurde; unbeschadet dessen hätte an der M-schule ohnehin die Möglichkeit zu Logopädie auch während der Schulzeit bestanden.
106(ff) Soweit beim Kläger 15 Minuten längere Schulwege angefallen wären, hätte dies ebenfalls den Besuch der M-schule nicht unzumutbar gemacht. Zwar erscheint ein solcher Unterschied nicht von vornherein als unerheblich. Er wäre aber im Anschluss an den Sachverständigen Prof. Dr. X durchaus zumutbar. Dieser hat - auf ausdrückliche Nachfrage des Sozialgerichts sowie auf Nachfrage des Senats nochmals in der ergänzenden Stellungnahme vom 10.11.2015 - die Fahrtzeit nicht als wesentlich limitiert angesehen. Entscheidend sei vielmehr mit Blick auf die Autismusspektrumstörung des Klägers, dass der Transport regelhaft gestaltet sei und nicht zu viele Wechsel stattfänden. Anhaltspunkte gegen eine Gewährleistung eines solchen regelhaften und zuverlässigen Schultransports im Rahmen des (an der M-schule eingerichteten und an den Vorgaben der Schülerfahrkostenverordnung Nordrhein-Westfalen orientierten) Schülerspezialverkehrs sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
107(gg) Hätte der Kläger nach allem im streitigen Zeitraum die M-schule zumutbar besuchen können, so kann er sich schließlich nicht darauf berufen, ihm sei, nachdem er nun einmal an der L-Schule eingeschult worden sei, jedenfalls ein nachträglicher Wechsel auf die M-schule nicht mehr zuzumuten gewesen.
108Der Senat hat bereits entschieden (vgl. Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 70), dass auch negative Auswirkungen auf den Entwicklungsprozess einen nachträglichen Schulwechsel nicht grundsätzlich ausschließen; ein Leistungsberechtigter darf vielmehr gegenüber dem beklagten Sozialhilfeträger keinen Vorteil daraus ziehen, dass er eine kostenverursachende Schulbildung trotz einer die Kostenübernahme ablehnenden, angefochtenen Entscheidung des Sozialhilfeträgers dennoch aufgenommen und dadurch vollendete Tatsachen geschaffen hat. Dies gilt im Falle des Klägers auch mit Blick darauf, dass er eine Kostentragung unter Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig hatte erwirken können. Denn insofern musste ihm bewusst sein, dass der Beklagte im Falle einer abweichenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren dennoch die Kosten nicht endgültig übernimmt (nichts anderes ergibt sich insoweit aus den Senatsurteilen vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 und vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12, jeweils Rn. 86).
109Unbeschadet dessen hat der Kläger ohnehin (wenn auch möglicherweise aus wirtschaftlicher Notwendigkeit nach Einstellung der vorläufigen Leistungen durch den Beklagten im September 2011) im April 2012 sogar tatsächlich die Schule gewechselt und besucht seither die L-Schule in I. Zwar gingen mit diesem Wechsel nach seinem Vorbringen Probleme und Reibungsverluste einher. Dass aber ein vergleichbarer Wechsel an die M-schule im Vergleich dazu zu unzumutbaren Entwicklungsrückschritten oder sonstigen irreversiblen Nachteilen geführt hätte, erscheint angesichts des tatsächlich durchgeführten Schulwechsels nicht plausibel.
110b) Scheidet eine Übernahme der Beschulungskosten als Eingliederungshilfe aus, so sind zugleich andere Anspruchsgrundlagen nicht ersichtlich.
111aa) Einen Anspruch (gegen den örtlichen Träger der Sozialhilfe) auf Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII aufgrund abweichender Festlegung des Regelsatzes gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) bzw. nach § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 18) macht der Kläger ausdrücklich nicht geltend. Die Anspruchsvoraussetzungen lägen ohnehin nicht vor. Denn auch hier würde es sich nicht um einen unabweisbaren Bedarf handeln, da die M-schule als zumutbare, für den Kläger kostenfreie Beschulungsalternative zur Verfügung gestanden hätte (vgl. für einen vergleichbaren Fall BSG a.a.O.). Aus diesem Grund war auch eine (vorsorgliche) Beiladung des örtlichen Sozialhilfeträgers nicht veranlasst.
112bb) Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII kommt ebenfalls erkennbar nicht in Betracht; auch dieser Träger war deshalb nicht zum Verfahren hinzuzuziehen. Zwar dürfte der frühkindliche Autismus des Klägers eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein, welche grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen kann. Die Leistungszuständigkeit zwischen Sozial- und Jugendhilfeträger ist jedoch nach § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII abzugrenzen; danach ist der Sozialhilfeträger zuständig, wenn - wie hier - (auch) eine wesentliche geistige Behinderung vorliegt (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Senatsurteil vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Denn eine wesentliche geistige Behinderung besteht u.a. dann, wenn ihretwegen eine erfolgreiche Teilnahme am Grundschulunterricht - als Basis für jegliche weitere Schullaufbahn und damit einer Teilhabe an der Gesellschaft - nicht möglich ist. Dies ist etwa der Fall, wenn Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können (vgl. zum Ganzen Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 2 EinglhV Rn. 4-6 und Wahrendorf, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 53 Rn. 25). Dass dies beim Kläger der Fall war, lässt sich den verschiedenen vorliegenden Stellungnahmen zu einer sinnvollen Beschulung des Klägers, insbesondere dem AO-SF-Gutachten vom 30.0.2007, entnehmen.
113B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil er keinen eigenen Antrag gestellt hat (vgl. dazu Senatsurteile vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 und vom 08.06.2015 - L 20 SO 473/12; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 3b).
114C) Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.
(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.
(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.
Ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Ständiger Vertreter ist insbesondere eine Person, die für ein Unternehmen nachhaltig
- 1.
Verträge abschließt oder vermittelt oder Aufträge einholt oder - 2.
einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt.
Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
Amtsträger ist, wer nach deutschem Recht
- 1.
Beamter oder Richter (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuchs) ist, - 2.
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder - 3.
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen öffentlichen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sozial erfahrene Dritte zu hören, insbesondere aus Vereinigungen, die Bedürftige betreuen, oder aus Vereinigungen von Sozialleistungsempfängern.
(2) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass des Verwaltungsaktes über einen Widerspruch gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder gegen die Festsetzung ihrer Art und Höhe Dritte, wie sie in Absatz 1 bezeichnet sind, beratend zu beteiligen.
(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.
(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.
(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für
- 1.
(weggefallen) - 2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66, - 3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69, - 4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.
(5) (weggefallen)
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.
(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.
(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.
(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.
(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.
(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.
(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.
(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.
(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.
(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.
(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.
Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.
(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.
(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.
(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch
- 1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder - 2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.
(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).
(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.
(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:
- 1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede, - 2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.
(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.
(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat
- 1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder - 2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.