Landessozialgericht NRW Beschluss, 29. Aug. 2014 - L 2 AS 1169/14 NZB
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 28.04.2014 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
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Gründe:
2I. Zwischen den Beteiligten ist die Rechtsmäßigkeit der teilweisen Aufhebung einer Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und einer Erstattungsforderung von 281,60 Euro sowie von 398,40 Euro streitig. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28.04.2014 abgewiesen. Die Berufung wurde nicht zugelassen.
3Mit einem am 24.05.2014 an das Sozialgericht Münster gerichteten Schreiben, das dort am 26.05.2014 einging, hat die Klägerin gegen den am 03.05.2014 zugestellten Gerichtsbescheid Beschwerde eingelegt. Das gesamte Verfahren müsse neu aufgerollt werden. Das Schreiben wurde an das Landessozialgericht weitergeleitet. Mit einem weiteren Schreiben vom 04.06.2014 an das Landessozialgericht hat die Klägerin auf ihr Schreiben vom 24.05.2014 hingewiesen. Eine ausführliche Begründung werde sie an das Sozialgericht senden, da dort eine erneute Verhandlung stattfinden solle. Die Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass der Senat unter Berücksichtigung ihrer Ausführungen davon ausgehe, dass sie mit ihren Schreiben vorrangig einen Antrag auf mündliche Verhandlung beim Sozialgericht stellen wolle. Sie wurde hierzu um Stellungnahme gebeten und außerdem darauf hingewiesen, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nur bei Vorliegen besonderer Zulassungsgründe, die nicht erkennbar seien, Aussicht auf Erfolg habe und im Rahmen dieser Beschwerde keine inhaltliche Überprüfung der Entscheidung des Sozialgerichts erfolge. Auf das diesbezügliche Schreiben des Senats vom 02.07.2014 ist keine Reaktion der Klägerin erfolgt.
4II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist bereits unzulässig.
5Gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 28.04.2014 ist das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich gegeben, weil der Beschwerdewert nicht mehr als 750,- Euro beträgt. Neben diesem Rechtsmittel kann die Klägerin aber auch die mündliche Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragen. Die Beteiligten haben ein Wahlrecht zwischen Nichtzulassungsbeschwerde und Antrag auf mündliche Verhandlung. Werden beide Rechtsbehelfe gleichzeitig gestellt, hat der Antrag auf mündliche Verhandlung Vorrang (§ 105 Abs. 2 Satz 3 SGG). Die gleichzeitig eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist dann unzulässig, weil mit dem Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gilt (§ 105 Abs. 3 SGG), so dass kein Raum für die Zulassung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung bleibt (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.12.2010 - L 7 AS 65/10 NZB, juris RdNr. 2; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2008 - L 25 B 795/07 AS NZB, juris RdNr. 2; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 20.11.2013 - L 11 AS 599/13 NZB, juris RdNr. 7).
6Bei verständiger Würdigung der Schreiben der Klägerin vom 24.05.2014 und vom 04.06.2014 sind diese auch als Antrag auf mündliche Verhandlung auszulegen, so dass die gleichzeitig erhobene Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig ist.
7Für eine solche Auslegung spricht zunächst, dass die Klägerin ihr Schreiben vom 24.05.2014 unmittelbar an das Sozialgericht gesendet hat. In diesem Schreiben weist sie zudem darauf hin, dass das gesamte Verfahren neu aufgerollt werden solle. In dem weiteren Schreiben vom 04.06.2014 erklärt sie unter Verweis auf das frühere Schreiben ausdrücklich, dass sie eine erneute Verhandlung beim Sozialgericht Münster begehre. Hiermit macht sie deutlich, dass ihr Begehren, das Verfahren neu aufzurollen, als Antrag auf mündliche Verhandlung ausgelegt werden soll. Da die Klägerin eine vollständige Überprüfung des Gerichtsbescheides in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erstrebt, die sie nur mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung erreichen kann und da sie keine Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG benannt hat, ist davon auszugehen, dass sie vorrangig die mündliche Verhandlung beantragt.
8Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Gründe für die Zulassung der Berufung auch nicht ersichtlich sind.
9Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn
101. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
11Anhaltspunkte für eine Abweichung des Sozialgerichts von obergerichtlichen Entscheidungen (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder den Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG sind nicht ersichtlich.
12Auch die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegen nicht vor, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hierfür nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 144 RdNr. 28). Eine derartige Rechtsfrage ist hier nicht gegeben.
13Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.