Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Mai 2007 - L 6 KR 4/06
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit einem GPS-System für Blinde und Sehbehinderte.
- 2
Der 1964 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger ist von Geburt an blind. Er ist selbstständig als Klavierstimmer tätig. Von der Beigeladenen, bei welcher er gesetzlich rentenversichert ist, ist er zur Ausübung seiner Tätigkeit mit einem Kraftfahrzeug versorgt worden, welches durch eine von der Hauptfürsorgestelle finanzierte Arbeitsassistenz gefahren wird. Seitens der Beklagten ist er mit einem Blindenhund und einem Langstock für Blinde versorgt.
- 3
Mit einem am 01. Dezember 2003 bei der Beklagten eingegangenem Schriftsatz beantragte der Kläger die Gewährung eines GPS-Systems für Blinde und Sehbehinderte, konkret das Modell "Trekker" der Firma P. Zur Begründung führte er aus, dass er damit in bester Zusammenarbeit mit seinem Führhund Wege, Straßen und Orte noch einfacher und bequemer finden und erreichen könne. Zugleich reichte er einen Kostenvoranschlag sowie eine Verordnung des Augenarztes Dr. B vom 27. November 2003 ein.
- 4
Mit Bescheid vom 27. Januar 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung ab. Zur Begründung führte sie aus, dass das beantragte System kein zugelassenes Heil- und Hilfsmittel darstelle. Die Kosten würden daher nicht übernommen.
- 5
Hiergegen erhob der Kläger am 10. Februar 2004 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei dem Navigationssystem sehr wohl um ein Körperersatzstück (Augen) handele. Es ermögliche Blinden die Orientierung in fremder Umgebung, ohne Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es sei verständlich, dass das Gerät noch nicht im Hilfsmittelkatalog verzeichnet sei, da es erst seit 2 Monaten auf dem Markt sei. Nachdem die Beklagte zunächst mit einem weiteren Schreiben vom 28. Juli 2004 ihren Standpunkt erklärte, dass die gesetzliche Krankenversicherung nur ein sogenannten Basisausgleich zur Verfügung zu stellen habe, bat der Kläger über seinen nunmehr eingeschalteten Prozessbevollmächtigten um Übersendung eines rechtsmittelfähigen Bescheides bis zum 08. September 2004. Daraufhin teilte die Beklagte mit, dass eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) dazu eingeholt werde, bevor ein rechtsmittelfähiger Bescheid ergehe. In einem Gutachten des MDK vom 03. September 2004 ist unter anderem ausgeführt worden, dass eine Orientierungsmöglichkeit für den Versicherten bereits durch den Blindenstock und durch den Blindenhund sichergestellt sei. Die Informationsbeschaffung werde mittels Vorlesegerät realisiert. Eine medizinische Indikation zur Versorgung mit dem GPS-System sei nicht gegeben.
- 6
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2004 den Widerspruch des Klägers ab. Zur Begründung wiederholte sie ihre Auffassung, dass sie nur einen Basisausgleich zu gewähren habe und dies bereits durch die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel realisiert worden sei. Das GPS-Navigationsgerät könne auch nicht den Blindenhund ersetzen.
- 7
Der Kläger hat am 07. Oktober 2004 Klage beim Sozialgericht (SG) Neubrandenburg erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er in Zusammenarbeit mit dem Blindenhund und der Nutzung des GPS-gestützten Leitsystems Wege, Straßen und Orte einfacher und problemloser erreichen könne. Er könne mithin seine Mobilität steigern und sich sowohl in der Stadt als auch in ländlichen Gebieten, wodurch die Umgebung von Pasewalk geprägt sei, besser zurecht finden. Es könnten auch Sehenswürdigkeiten programmiert werden. Er könne sich ohne Hilfe Dritter orientieren, oftmals passiere es, dass sich ein Passant nicht in der Nähe befinde bzw. sich nicht angesprochen fühle. Zur Stützung seines Vortrages hat der Kläger eine Produktinformation der Firma P sowie ein Angebot (Stand: Juli 2004) in Höhe von 3741,00 € zur Akte gereicht.
- 8
Der Kläger hat beantragt,
- 9
den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2004 aufzuheben.
- 10
Die Beklagte wird verurteilt, ihn mit einem GPS-gestützten Navigationssystem, Typ "Victor Trekker", zu versorgen.
- 11
Die Beklagte hat beantragt,
- 12
die Klage wird abgewiesen.
- 13
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen Bezug genommen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend hat sie ausgeführt, dass berufliche Bedürfnisse nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung zu decken seien. Soweit der Kläger im Wesentlichen private Nutzung begehre, würde durch das Gerät kein Grundbedürfnis mehr befriedigt werden. Auch ein sehender Mensch könne sich in fremder Umgebung nicht ohne Weiteres orientieren und müsse gegebenenfalls jemanden fragen. Er könnte sich ebenfalls mit einem vergleichbaren Gerät für Sehende versorgen, wobei es sich dann aber um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handeln würde.
- 14
Das SG hat den zuständigen Rentenversicherungsträger durch Beschluss vom 04. Januar 2005 beigeladen. Schließlich hat es die Klage durch Urteil vom 24. November 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dass das begehrte Navigationssystem nicht bereits deshalb nicht zu gewähren sei, weil es nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sei, dies stelle nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung lediglich eine unverbindliche Auslegungshilfe dar, zudem sei auch das Hilfsmittel "Blindenhund" nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt. Das begehrte Navigationssystem stelle auch keinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar, da es sich um eine Spezialanfertigung für Behinderte handele. Es sei jedoch nicht erforderlich, um die Behinderung auszugleichen. Die Krankenkasse schulde nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts das Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums, ohne dass hier ein vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu gewährleisten sei. Es sei auf denjenigen Bewegungsradius abzustellen, den ein körperlich Gesunder regelmäßig zu Fuß zurücklege. Der Kläger sei mit den vorhandenen Hilfsmitteln Langstock und Blindenhund in der Lage, derartige Stellen – wie z. B. Einzelhandelsgeschäfte, niedergelassene Ärzte, Post usw. – auch ohne das streitige Navigationssystem aufzusuchen. Der Kläger trage selbst vor, dass er seinen Aktionsradius erweitern möchte und sich in unbekannter Umgebung orientieren möchte. Damit strebe er letztlich die Erweiterung seines Radius über den Nahbereich hinaus an, das heißt, es würde der von der Krankenkasse allein abzusichernde Basisausgleich überschritten. Auch sehende Menschen müssten sich in fremder Umgebung mit entsprechenden Hilfsmitteln z. B. Stadtplänen, Landkarten oder in digitaler Form (Navigationssysteme) orientieren bzw. gegebenenfalls Passanten nach dem Weg fragen. Des Weiteren bestehe kein Anspruch gegenüber der Beigeladenen, da die berufliche Integration durch die gewährte Kraftfahrzeughilfe nebst Arbeitsassistenz voll umfänglich gewährleistet sei.
- 15
Der Kläger hat gegen das am 12. Januar 2006 zugestellte Urteil am 27. Januar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung wendet er gegen die erstinstanzliche Entscheidung ein, dass der Begriff der Erforderlichkeit im Sinne des § 33 SGB V zu eng ausgelegt werde. Der fußläufige Freiraum eines Blinden sei auch unter Nutzung von Blindenhund und Langstock beschränkter als bei einem Gesunden. Schon ein Umzug des Arztes, ein neues Geschäft oder – was im örtlichen Bereich des Klägers üblich sei – der Bau neuer Straßen oder Verlegung des Straßenverlaufs – könnte sich der Kläger nur unter Zuhilfenahme Dritter erschließen.
- 16
Der Kläger beantragt,
- 17
das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem GPS-gestützten Navigationssystem vom Typ "Victor Trekker" zu versorgen.
- 18
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 20
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe.
- 21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen, deren Inhalt der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
- 22
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. November 2005 ist zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
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Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Versorgung mit dem GPS-gestützten Navigationssystem vom Typ "Victor Trekker". Versicherte haben gemäß § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Diese Anspruchsvoraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
- 25
Dabei geht der Senat – wie bereits das SG – davon aus, dass die Versorgung nicht bereits deswegen ausgeschlossen ist, weil es sich bei dem Gerät um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Dies ist für handelsübliche GPS-Navigationssysteme, wie sie inzwischen, insbesondere in Kraftfahrzeugen weit verbreitet sind, ohne Weiteres anzunehmen. Es ist hier aufgrund der vorliegenden Herstellerinformation gleichwohl davon auszugehen, dass das Gerät technisch erheblich für den Gebrauch durch Blinde gegenüber anderen tragbaren GPS-Geräten verändert ist, wie z. B. durch die vorgesehene kleine Tastatur für die Brailleeingabe. Im Übrigen zeichnet sich das Gerät durch Nutzung einer erheblich angepassten Software aus, welche den speziellen Bedürfnissen Blinder Rechnung trägt, so dass insgesamt betrachtet der Hilfsmittelcharakter nicht abzusprechen ist. Dies dokumentiert sich zudem auch in den Anschaffungskosten, welche deutlich über den Preisen für "normale" GPS-Geräte liegen (vergleiche ähnliche Auffassung des Senates zu einem Bildtelefon als Hilfsmittel, Urteil vom 07. Dezember 2006, L 7 KR 40/05).
- 26
Des Weiteren ist auch unschädlich, dass GPS-Geräte nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der auch der hiesige Senat folgt, stellt das Hilfsmittelverzeichnis für die Gerichte nur eine unverbindliche Auslegungshilfe des § 33 SGB V dar.
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(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie
- 1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder - 2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.
(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.
(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.
(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.
(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.
(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.
(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:
- 1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, - 2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
- 1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, - 2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen, - 3.
Abführmittel, - 4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.
(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.
(5) (weggefallen)
(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie
- 1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder - 2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.
(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.
(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.
(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.
(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.
(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.