Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 12. Feb. 2007 - L 7 SO 2173/06 NZB

published on 12/02/2007 00:00
Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 12. Feb. 2007 - L 7 SO 2173/06 NZB
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Tenor

1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. März 2006 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

3. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

 
1. Die gemäß § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.). Beide Voraussetzungen sind in Anbetracht des Beschwerdewerts und des Zeitraums, für den Leistungen geltend gemacht werden, nicht gegeben. Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin erhobene Anspruch auf den Mehrbedarf für werdende Mütter (§ 23 Abs. 1a des Bundessozialhilfegesetzes) im Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2004 (monatlich 59,40 Euro). Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat im angefochtenen Urteil vom 28. März 2006 die Berufung auch nicht zugelassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassungsgründe des § 144 Abs. Nrn. 1 und 2 SGG sind hier offensichtlich nicht gegeben; soweit es die Klägerin von grundsätzlicher Bedeutung hält, dass sie wegen der von ihr gerügten Verfahrensfehler ein Ablehnungsgesuch gegen den Kammervorsitzenden nicht mehr habe stellen können, handelt es sich nicht um eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG (vgl. hierzu Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 144 Rdnrn28 f.). Aus den im Folgenden darzulegenden Gründen vermag die Klägerin aber auch mit der in erster Linie erhobenen Rüge eines Mangels des gerichtlichen Verfahrens (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG), die sie auf einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlich (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ) abgesicherten Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) sowie den Grundsatz des fairen Verfahrens als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) stützt, hier nicht durchzudringen.
Die - anwaltlich nicht vertretene - Klägerin begründet ihrer Verfahrensrüge damit, dass das SG die Entscheidung des LSG hinsichtlich der am 14. März 2006 eingelegten Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfe (PKH) ablehnenden Beschluss vom 20. Februar 2006 (S 1 SO 4695/05 PKH-A) nicht abgewartet und einem deswegen am selben Tag (14. März 2006) gestellten Antrag auf Verlegung des bereits auf den 28. März 2006 anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben habe, sowie ferner damit, dass sie am Verhandlungstag „akut verhandlungsunfähig“ erkrankt gewesen sei, dies dem Gericht bereits Stunden vor Verhandlungsbeginn mitgeteilt, ärztliche Glaubhaftmachung angeboten und erneut Terminsverlegung beantragt habe, was vom SG wiederum abgelehnt worden sei. Ein am 28. März 2006 erneut gestellter Terminsverlegungsantrag ist indessen weder aus den Akten des SG (S 1 SO 1545/05) noch aus den beigezogenen Akten der ebenfalls auf den 28. März 2006 terminierten Klageverfahren S 1 SO 1661/05 und S 1 SO 2104/05 ersichtlich, sodass der betreffende Tatsachenvortrag der Klägerin nicht nachvollziehbar ist. Auch die anderen gerügten Verfahrensverstöße vermögen vorliegend die Zulassung der Berufung nicht zu begründen.
Zwar kann das Recht auf rechtliches Gehör verletzt sein, wenn das Sozialgericht - wie hier - über die Klage entscheidet, bevor die Ablehnung der PKH rechtskräftig ist (vgl. Bundesfinanzhof , Beschluss vom 25. November 2004 - VI B 2689/00 - BFH/NV 2005, 571; Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 5. Januar 1983 - I JBf 87/82 - SozVers 1983, 216; Bayer. LSG, Urteil vom 25. Juni 2004 - L 18 V 8/04 - und Beschluss vom 19. Oktober 2004 - L 17 B 258/04 u - ). Ein derartiger Verfahrensfehler führt indessen nicht stets zur Zulassung der Berufung; denn - anders als nach § 138 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 119 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung - wird bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im SGG nicht unwiderlegbar vermutet, dass die Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruht (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 547 der Zivilprozessordnung; ferner Bundessozialgericht , Beschluss vom 29. November 1988 - 7 BAr 52/87 - ; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 144 Rdnr. 35a). Die Verfahrensrüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs greift mithin grundsätzlich nur durch, wenn entscheidungserhebliches Vorbringen wegen dieses Verfahrensfehlers verhindert worden ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1988 a.a.O.; BFH, Beschluss vom 9. Juli 1996 - VII S 16/95 - BFH/NV 1997, 143); es muss dargetan oder jedenfalls sonst wie erkennbar sein, dass die Entscheidung auf der Gesetzesverletzung beruhen kann, wobei insoweit die Möglichkeit einer anderweitigen Entscheidung genügt (vgl. BSG, Urteil vom 5. März 2002 - B 2 U 27/01 R - ). Gesichtspunkte, die hier - in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht - eine andere Entscheidung des SG bei einem Abwarten des Ausgangs des PKH-Beschwerdeverfahrens hätten möglich erscheinen lassen, sind indes nicht ersichtlich.
Das SG hat bereits im PKH-Beschluss vom 20. Februar 2006 ausführlich und mit zutreffenden Gründen die Erfolgsaussicht der Klage für den Zeitraum vom 1. September bis 21. Dezember 2004 unter Hinweis auf den Kenntnisgrundsatz des § 5 BSHG und die insoweit vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und der sozialhilferechtlichen Literatur zur Auslegung entwickelten Maßstäbe sowie ferner deswegen verneint, weil das Einkommen der Klägerin im Dezember 2004 ihren sozialhilferechtlichen Bedarf (selbst unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für werdende Mütter) um mehr als 150,00 Euro überstiegen hatte; gegen die Bedarfsberechnung für Dezember 2004 hat diese im Übrigen nie Zweifel angemeldet. Sie hatte der Beklagten ihre fortgeschrittene Schwangerschaft (voraussichtlicher Entbindungstermin 20. März 2005) zudem erst am 22. Dezember 2004 angezeigt, sodass die Sozialhilfe vor diesem Zeitpunkt ohnehin nicht hätte einsetzen können. Denn - wie das SG bereits im Beschluss vom 20. Februar 2006 dargestellt hat - setzte die im BSHG geregelte Sozialhilfe nach der Rechtsprechung des BVerwG, welcher der Senat folgt, grundsätzlich einen gegenwärtigen Bedarf voraus (vgl. BVerwGE 90, 160, 162; 96, 152, 154 f.); eine Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder der Hilfe Dritter, die vor dem Zeitpunkt des § 5 BSHG stattgefunden hat, schließt daher einen Sozialhilfeanspruch aus (vgl. BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247).
Somit war die Rechtsverfolgung der Klägerin von vornherein aussichtslos. Auf diese Sachlage hätte sie sich aufgrund der vom SG zu Recht versagten PKH bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. März 2006 einstellen können, zumal im Beschluss alle wesentlichen Gründe für ihr erfolgloses Rechtsschutzbegehren dargelegt waren. Weder die Rüge der Gehörsverletzung noch des Grundsatzes der fairen Verfahrensführung vermag daher hier durchzugreifen. Dass der Kammervorsitzende dem - mit der noch ausstehenden Beschwerdeentscheidung des LSG begründeten - Terminsverlegungsantrag der Klägerin vom 14. März 2006 nicht entsprochen hat, ändert hieran vorliegend nichts. Denn der Gesichtspunkt der Vermeidung aussichtsloser Berufungen darf - schon mit Blick auf die in § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG normierte Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers - in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden (vgl. hierzu auch BSG, Beschluss vom 9. Juni 2004 - B 12 KR 16/02 B - ); es kann nicht Sinn des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens sein, eine Berufung zuzulassen, die sogleich wegen offensichtlicher Aussichtlosigkeit, und zwar sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG wieder zurückgewiesen werden könnte.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Mangels Anfechtbarkeit der vorliegenden Nichtzulassungsentscheidung (§ 177 SGG) wird das angefochtene Urteil des SG vom 28. März 2006 hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
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2. Aus den Gründen der obigen Entscheidung ist ferner das PKH-Gesuch der Klägerin für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ohne Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO). Auch insoweit ist der vorliegende Beschluss unanfechtbar (§ 177 SGG).
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published on 22/05/2013 00:00

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. September 2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auf 338,
published on 09/04/2009 00:00

Tenor Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Antragsverfahrens auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 6. Kammer - vom 25. September 2008 (Az. 6 A 978/07) wird
published on 21/03/2007 00:00

Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Dezember 2006 gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes zugelassen. Gründe   1
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Annotations

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.