Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. März 2013 - L 6 SB 4703/12

published on 21/03/2013 00:00
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. März 2013 - L 6 SB 4703/12
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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist Höhe und Eintritt des Grades der Behinderung (GdB) - mindestens 50 seit 16.11.2000 und mindestens 60 seit 01.01.2006 - streitig.
Die 1949 geborene Klägerin, die als Lehrerin im eigenen Ballettstudio arbeitet, beantragte am 31.08.2009 die Feststellung des GdB. Sie legte dabei eine Vielzahl von Arztbriefen vor.
So sind nach den Arztbriefen des Radiologen Dr. W. vom 25.05.1987, des Dr. Sch., Oberarzt an der R.-K. Bad K., vom 24.09.1987, des Prof. Dr. K., Ärztlicher Direktor an der Universitätsklinikum der A.-L.-Universität F., vom 10.03.1988, des Orthopäden Dr. R. vom 23.10.2006 und 22.07.2009 sowie des Radiologen Dr. F. vom 09.01.2009 Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin dokumentiert. Ferner beschrieben die Nervenärztin Dr. S. unter dem 31.08.1992 eine linksseitige Migräne und der Radiologe Dr. W. unter dem 10.09.1992 Zeichen einer Mastoiditis links sowie eine Sinusitis maxillaris. Ferner diagnostizierte Dr. G.-B., Oberärztin am Herz-Zentrum Bad K., in ihrem Arztbrief vom 18.06.1999 eine labile arterielle Hypertonie und wies der Kardiologe und Angiologe Dr. T. in seinem Befundbericht vom 08.02.2001 zusätzlich auf eine deutliche konzentrische Linksherzhypertrophie Mitralklappeninsuffizienz Grad I hin.
Seit Januar 2006 ist eine Hüftproblematik der Klägerin dokumentiert. So beschrieben der Radiologe Dr. P. unter dem 09.02.2006, die Orthopädin Dr. Sch. unter dem 06.06.2006 und Dr. R. unter dem 23.10.2006 eine Coxarthrose beidseits. Nach dem Operationsbericht des Orthopäden Dr. R. erfolgte am 24.11.2006 eine Implantation einer Totalendoprothese der rechten Hüfte. Im weiteren Verlauf stellte sich die Klägerin nach den Arztbriefen des Orthopäden und Rheumatologen Dr. B. vom 22.03.2007 und 22.04.2007, der Nuklearmedizinerin Dr. J. vom 29.03.2007, des Radiologen Dr. K. vom 16.04.2007, des Internisten Dr. W. vom 18.04.2007, des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 25.11.2008 sowie des Dr. R., Chefarzt der Orthopädischen Chirurgie des L.-K. F., vom 14.01.2009 im Wesentlichen wegen Belastungsschmerzen, eines diffus entzündlichen Reizzustandes, einer Atrophie und Bursitis Beschwerden in der rechten Hüfte bei leichtgradiger Coxarthrose links vor. Außerdem beschrieb die Nuklearmedizinerin Dr. J. in ihren Arztbriefen vom 29.08.2006 und 15.04.2009 eine grenzgradig latente Hyperthyreose ohne Nachweis eines Nebenschilddrüsenadenom-Rezidivs und berichtete Dr. T., Assistenzärztin an der Chirurgischen K. des K.ums Lahr, in ihrem Arztbrief vom 27.10.2006 über eine Adenomexstirpation linkes oberes Epithelkörperchen.
Dr. M. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2009 als Behinderungen eine Hüftgelenksendoprothese rechts und eine Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks mit einem Einzel-GdB von 30, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und eine Wirbelsäulenverformung mit einem Einzel-GdB von 20, einen Bluthochdruck mit einem Einzel-GdB von 20 sowie eine Migräne mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB mit 50. Mit Bescheid vom 30.09.2009 stellte der Beklagte den GdB mit 30 vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2005 und mit 50 seit 01.01.2006 fest. Er führte zur Begründung aus, die Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigungen sei mit dem festgestellten GdB angemessen bewertet.
Hiergegen legte die Klägerin am 30.10.2009 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Überprüfung habe ergeben, dass der angefochtene Bescheid keinen Anlass zu Beanstandungen gebe.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.05.2010 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Sie hat beantragt, den GdB mit 50 seit 16.11.2000 und mit 60 seit 01.01.2006 festzustellen. Es hätten bereits im November 2000 eine Betroffenheit in drei Wirbelsäulenabschnitten, ein schwer einstellbarer Blutdruck, eine mit Schielkomponente verbundene Migräne, eine Coxarthrose und Augenmuskelbeschwerden bestanden. Seit dem Jahr 2006 hätten sich die Erkrankungskomponenten verschlechtert.
Das Sozialgericht hat zunächst Dr. R. und Dr. W. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. R. hat unter dem 05.04.2011 die von ihm seit Februar 2009 gestellten Diagnosen dargelegt und den Zustand nach Totalendoprothese rechts mit deutlicher Muskelatrophie mit einem Einzel-GdB von 30 sowie die Skoliose der Wirbelsäule mit Bewegungseinschränkung und rezidivierenden segmentalen Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Dr. W. hat unter dem 07.04.2011 über die seit 2006 gestellten Diagnosen berichtet und die Coxarthrose beidseits mit Totalendoprothese rechts mit chronischer postoperativer Beschwerdesymptomatik mit einem Einzel-GdB von 40, die degenerative Veränderung der Wirbelsäule mit chronischen Beschwerden vor allem im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40, eine chronisch obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente mit einem Einzel-GdB von 20, die Schilddrüsenunterfunktion mit einem Einzel-GdB von 10, den Hypertonus mit einem Einzel-GdB von 20 sowie eine depressive Episode bei Persistenz mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet und dabei unter anderem die Arztbriefe des Dr. F. vom 30.10.2008, worin der Verdacht auf eine Lockerung im Intertrochantär-Bereich geäußert worden ist, des Dr. R. vom 26.11.2008, in dem persistierende belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der rechten Leiste beschrieben worden sind, und der Dr. J. vom 08.04.2010 mit Hinweis auf eine normalgroße, rechtsdiskret kleinknotig umgewandelte Schilddrüse mit wieder leichter Volumenreduktion, vorgelegt.
Sodann hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden Dr. Dr. Sch. vom 30.05.2011 eingeholt. Dem Sachverständigen hat die Klägerin berichtet, bis März 2011 Thermalbadbehandlungen durchgeführt sowie Fitnesstraining in einem Gerätepark gemacht zu haben. Wegen ihrer Wirbelsäulenprobleme habe sie gelegentlich Schlafprobleme. Die Übungen könne sie als Ballettlehrerin praktisch nicht mehr selbst demonstrieren. Nach 30 Minuten Spazierengehen habe sie Wirbelsäulen- und Hüftschmerzen. Ihr Gangbild sei bei freier Funktion des endoprothetisch versorgten rechten Hüftgelenks unauffällig gewesen. Trotz berichteten linksseitigen Innenrotationsschmerzes gelte das auch für das andere Hüftgelenk. Der neurologische Status sei unauffällig gewesen. Die Bemuskelung der Beine und die Fußsohlenbeschwielung sei seitengleich, so dass die Einschränkung der freien Wegstrecke nicht nachvollziehbar sei. Der Sachverständige hat den GdB für das Wirbelsäulensyndrom mit geringgradigen funktionellen Auswirkungen mit Veränderungen in drei Abschnitten mit einem Einzel-GdB von 20 sowie das Hüftleiden mit Endoprothese rechts und Coxarthrose links mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet.
10 
Mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2012 hat das Sozialgericht die Klage nach vorangegangener Anhörung abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, bei der Klägerin bestünden seit Mai 1995 Wirbelsäulenschäden mit einem Einzel-GdB von 20, seit Januar 2001 eine deutliche konzentrische Linksherzhypertrophie mit einem Einzel-GdB von 20, seit Januar 2006 Hüftbeschwerden mit einer Hüftgelenksendoprothese rechts und einer Funktionsbeeinträchtigung der linken Hüfte mit einem Einzel-GdB von 30 und zusätzlich eine Migräne mit einem Einzel-GdB von 10. Es hat sich dabei auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vom 17.09.2009 und das Gutachten des Dr. Dr. Sch. vom 30.05.2011 gestützt. Es hat ferner ausgeführt, die von Dr. W. angegebene depressive Episode rechtfertige keinen Einzel-GdB, da hierzu keine Befunde angegeben worden seien und sich die Klägerin insoweit auch nicht in fachärztliche Behandlung begeben habe. Unter Zugrundelegung dieser Einzel-GdB-Werte betrage der Gesamt-GdB 30 vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2005 und 50 seit 01.01.2006.
11 
Die Klägerin hat gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 13.10.2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 12.11.2012 Berufung eingelegt. Sie hat ausgeführt, sie leide an einer chronifizierten obstruktiven Bronchitis mit allergischer Komponente, einer beidseitigen Coxarthrose und einer persistierend chronifizierten Depression. All dies habe aber schon vor dem Jahr 2001 vorgelegen.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2012 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 30. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 seit 16. November 2000 und mit mindestens 60 seit 1. Januar 2006 festzustellen,
hilfsweise den Rechtsstreit wegen weiterer Sachverhaltsermittlung nach § 159 Sozialgerichtsgesetz an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen,
hilfsweise über die chronifizierte obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente ein internistisch-lungenfachärztliches Gutachten von Amts wegen einzuholen,
hilfsweise über die Operations-Indikation der linken Hüfte ein orthopädisches Gutachten von Amts wegen einzuholen,
hilfsweise ein Gutachten bei Prof. Dr. St., P.-T.-Straße 13, ... W. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz einzuholen.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Er hat darauf hingewiesen, dass die jetzt geltend gemachten Leiden wie chronische Bronchitis und Depression im Antrag der Klägerin überhaupt nicht angegeben worden seien, was schwerwiegende Beeinträchtigungen nicht annehmen lasse. Ferner seien im Verwaltungsverfahren auch keinerlei diesbezüglichen Befunde vorgelegt worden. Erstmals habe Dr. W. in seiner im Klageverfahren abgegebenen sachverständigen Zeugenauskunft unter anderem eine chronische obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente bei Pollenallergie sowie eine depressive Episode seit Juli 2009 angegeben. Im Rahmen der Begutachtung durch Dr. Dr. Sch. habe die Klägerin weder über eine Bronchitis noch eine Depression berichtet. Im Übrigen trage die Klägerin die Beweislast, was umso mehr gelte, als erstmals im Jahr 2009 eine fast 10 Jahre rückwirkende Feststellung geltend gemacht worden sei, bei der sich die Sachaufklärung naturgemäß etwas schwieriger gestalte als bei einer zeitnahen Antragstellung. Hätten tatsächlich bereits im Jahr 2000 erhebliche Beschwerden vorgelegen, so hätte eine frühere Antragstellung nahegelegen.
17 
Der für den 27.02.2013 anberaumte Erörterungstermin ist aufgehoben worden, nachdem der klägerische Bevollmächtigte ausgeführt hat, es müssten schon „ganz gewichtige Gründe für eine solcher Terminierung vorliegen für eine Anreise aus dem südbadischen Raum“.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
20 
Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung dargelegt, dass der GdB der Klägerin seit dem 16.11.2000 nicht mit mehr als 30 und seit dem 01.01.2006 nicht mit mehr als 50 festzustellen ist.
21 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Beurteilung des GdB sind die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei sind bis zum 31.12.2008 die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ (AHP) und ist seit 01.01.2009 die an ihre Stelle getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden. Da sich in Bezug auf die vorliegend zu beurteilende Problematik die VG gegenüber den AHP nicht wesentlich geändert haben, stellt der Senat im Folgenden allein auf die VG ab.
22 
Soweit die Klägerin die rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft seit 16.11.2000 begehrt, B.eht das dafür erforderliche besondere Interesse (vergleiche dazu Urteil des Senats vom 21.02.2012 - L 6 SB 4007/12 - mit weiteren Nachweisen). Denn nach § 236a Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte, die - wie die Klägerin - vor dem 17.11.1950 geboren sind, Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie unter anderem am 16.11.2000 schwerbehindert waren.
23 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze beträgt der GdB seit 16.11.2000 nicht mehr als 30 und seit 01.01.2006 nicht mehr als 50.
24 
Für die Zeit vom 16.11.2000 bis zum 31.12.2005 waren die Behinderungen in den Funktionssystemen Rumpf, Herz-Kreislauf und Gehirn einschließlich Psyche zu berücksichtigen.
25 
Im Funktionssystem Rumpf beträgt jedenfalls seit 16.11.2000 der Einzel-GdB nicht mehr als 20. Nach den VG Teil B Nr. 18.9 beträgt bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40. Bei der Klägerin liegen weder mittelgradige noch schwere Auswirkungen in einem oder gar zwei Wirbelsäulenabschnitt/en vor. Der Senat stützt sich dabei auf die überzeugenden Ausführungen des Dr. Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 30.05.2011, wonach bei der Klägerin in allen Wirbelsäulenabschnitten nur geringgradige Bewegungseinschränkungen bei neurologisch unauffälligem Status vorliegen. Diese Darlegungen korrespondieren mit den in seinem Gutachten dargestellten Befunden und sind daher in sich schlüssig und nachvollziehbar. Mithin beträgt der für den Wirbelsäulenschaden festzulegende Einzel-GdB jedenfalls nicht mehr als 20. Der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die so bewertete Wirbelsäulensymptomatik in der Zeit vor der Begutachtung ausgeprägter gewesen ist. Den von der Klägerin umfangreich vorgelegten ärztlichen Unterlagen, insbesondere der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. R., lassen sich keine Funktionsbeeinträchtigungen entnehmen, die eine höhere Bewertung des GdB für die bis zum 16.11.2000 zurückreichende Zeit rechtfertigen könnten. Für die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung spricht auch, dass die Klägerin in der Vergangenheit ihren Beruf als Ballettlehrerin, der ihren eigenen Angaben zufolge mit der Demonstration der Übungen verbunden ist, erst zum Untersuchungszeitpunkt im Mai 2011 als eingeschränkt bezeichnet hat. Dies dokumentiert eindrucksvoll eine erhaltene Beweglichkeit der Wirbelsäule, die der Sachverständige zutreffend auf die Trainierung des Rumpfes, die der Klägerin in der Vergangenheit aber möglich war, zurückgeführt hat.
26 
Im Funktionssystem Herz-Kreislauf beträgt jedenfalls seit 16.11.2000 der Einzel-GdB nicht mehr als 20. Die Klägerin leidet nach den Arztbriefen der Dr. G.-B. vom 18.06.1999 und des Dr. T. vom 08.02.2001 an einer deutlichen konzentrischen Linksherzhypertrophie und Belastungshypertonie. Aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen ergibt sich weder eine nach den VG Teil B Nr. 9.1.1 einen GdB von mehr als 10 bedingende Leistungsbeeinträchtigung der Herzleistung bei mittelschwerer Belastung noch eine nach den VG Teil B Nr. 9.3 einen GdB von mehr als 10 bedingende Hypertonie in mittelschwerer Form mit Organbeteiligung.
27 
Im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche beträgt jedenfalls seit 16.11.2000 der Einzel-GdB nicht mehr als 10. Nach den VG Teil B Nr. 2.3 beträgt bei einer echten Migräne je nach Häufigkeit und Dauer der Anfälle und Ausprägung der Begleiterscheinungen der GdB 0 bis 10 bei leichter Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) und der GdB 20 bis 40 bei mittelgradiger Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend). Dass es sich bei der im Arztbrief der Dr. S. vom 31.08.1992 dokumentierten linksseitigen Migräne der Klägerin um eine leichte Verlaufsform handelt, ergibt sich aus den darin enthaltenen Angaben, wonach die nicht mit Erbrechen oder Sehstörungen verbundenen nicht ganz typischen Migräneattacken bei der Klägerin selten, anfänglich zweimal monatlich und sodann einmal wöchentlich aufgetreten sind. Es handelt sich dabei zwar um häufigere Anfälle. Deren Begleiterscheinungen sind aber eher gering ausgeprägt. Im Übrigen hat die Klägerin in ihrem am 31.08.2009 gestellten Formularantrag eine Migräne nicht angegeben, was ebenfalls für einen relativ geringen Ausprägungsgrad dieser Erkrankung spricht. Eine höhere Bewertung dieses Einzel-GdB ergibt sich nicht aus der von Dr. W. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 07.04.2011 angegebenen depressiven Episode. Er hat weder sich hieraus ergebende Funktionseinschränkungen beschrieben noch Angaben zu deren Dauerhaftigkeit gemacht. Auch fehlt es an einer für die Berücksichtigung als Behinderung aber erforderlichen regelmäßigen fachpsychiatrischen Behandlung (ständige Senatsrechtsprechung, vergleiche zuletzt Urteil vom 13.12.2012 - L 6 SB 4192/12).
28 
Im Funktionssystem Atmung liegt kein Einzel-GdB vor. Zwar hat Dr. W. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 07.04.2011 auf eine chronische obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente hingewiesen. Er hat aber keine Angaben über etwaige hieraus resultierende dauerhafte Funktionseinschränkungen gemacht. Auch ist eine lungenfachärztliche Behandlung der Klägerin nicht dokumentiert. Eine nach den VG Teil B Nr. 8.2 einen GdB von mehr als 10 bedingende chronische Bronchitis in schwerer Form, also mit fast kontinuierlichem Husten und Auswurf sowie häufig akuten Schüben, ist mithin nicht nachgewiesen.
29 
Die weiteren sich aus den umfangreichen ärztlichen Unterlagen ergebenden Diagnosen wie grenzwertig latente Hypothyreose, Autoimmunthyreoiditis, Zeichen einer Mastoiditis links sowie Sinusitis maxillaris stellen keine dauerhaften einen Einzel-GdB rechtfertigende Behinderungen dar.
30 
Für die Zeit seit 01.01.2006 ist zusätzlich die erstmals ab diesem Zeitpunkt dokumentierte Behinderung im Funktionssystem Beine zu berücksichtigen.
31 
Im Funktionssystem Beine beträgt seit 01.01.2006 der Einzel-GdB nicht mehr als 30. Nach den VG Teil B Nr. 18.12 beträgt bei einer Hüftgelenks-Endoprothese in Abhängigkeit von der verbliebenen Bewegungseinschränkung und Belastbarkeit der GdB mindestens 20 und seit der Dritten Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 17.12.2010 nur noch mindestens 10. Nach den VG Teil B Nr. 18.14 beträgt bei einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig der GdB 10 bis 20 sowie beidseitig der GdB 20 bis 30, mittleren Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis zu 0-30-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig der GdB 30 und beidseitig der GdB 50. Bei der Klägerin liegt im Bereich der rechten Hüfte eine Totalendoprothese seit 24.11.2006 und im Bereich beider Hüftgelenke eine geringgradige Bewegungseinschränkung vor. Der Senat stützt sich dabei auf die von Dr. Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 30.05.2011 erhobenen Befunde, wonach bei der Klägerin im Bereich der Hüftgelenke ein Bewegungsmaß von 0/0/120 Grad rechts und 20/0/120 Grad links gegeben ist. Mithin beträgt der Einzel-GdB jedenfalls nicht mehr als 30 für den Bereich der unteren Extremitäten. Der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das so bewertete Hüftgelenksleiden in der Zeit vor der Begutachtung ausgeprägter gewesen ist. Den von der Klägerin umfangreich vorgelegten ärztlichen Unterlagen lassen sich keine Bewegungsmaße entnehmen, die eine höhere Bewertung des GdB für die bis zum 01.01.2006 zurückreichende Zeit rechtfertigen könnte.
32 
Aus alledem ergibt sich folgende Gesamt-GdB-Bewertung: Für die Zeit seit 16.11.2000 ergibt sich unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB nicht mehr als 20 für das Funktionssystem Rumpf, Einzel-GdB nicht mehr als 20 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf, Einzel-GdB nicht mehr als 10 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche) ein Gesamt-GdB von nicht mehr als 30. Für die Zeit seit 01.01.2006 ergibt sich nach Hinzutreten des Einzel-GdB von nicht mehr als 30 für das Funktionssystem Beine ein Gesamt-GdB von nicht mehr als 50. Dies ergibt sich für beide Zeiträume aus der teilweisen Überschneidung der Auswirkungen der Behinderungen auf orthopädischem, internistischem und nervenheilkundlichem Fachgebiet und dem Umstand, dass nach den VG Teil A Nr. 3 d ee Einzel-GdB-Werte von 10 grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbehinderung führen.
33 
Dem auf die Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts vom 11.10.2012, Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 30.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2010 und Verurteilung des Beklagten auf Feststellung des GdB mit mindestens 50 seit 16.11.2000 und mit mindestens 60 seit 01.01.2006 gerichteten Hauptantrag musste daher der Erfolg versagt bleiben.
34 
Auch war der Hilfsantrag, den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen, abzulehnen. Nach § 159 Abs. 1 SGG kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Zum einen hat das Sozialgericht in der Sache entschieden. Zum anderen hält der Senat eine weitere Beweisaufnahme nicht für notwendig.
35 
Deswegen waren die weiteren Hilfsanträge, von Amts wegen weitere Gutachten einzuholen, abzulehnen. Der Rechtsstreit war entscheidungsreif. Es war von Amts wegen weder über die chronifizierte obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente ein internistisch-lungenfachärztliches Gutachten noch über die Operations-Indikation der linken Hüfte ein orthopädisches Gutachten einzuholen. Da in Bezug auf die von Dr. W. aufgeführte chronische obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente keine hieraus resultierenden dauerhaften Funktionseinschränkungen und auch keine lungenfachärztliche Behandlung der Klägerin dokumentiert ist, hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, weitere Ermittlungen anzustellen, zumal die Klägerin noch im Antragsformular am 26.08.2009 und gegenüber Dr. Dr. Sch. am 23.05.2011 keine Angaben zu einer solchen Erkrankung gemacht hat und auch im weiteren Verlauf zwar diese Diagnose genannt, aber etwaige sich hieraus ergebende Leistungseinschränkungen in ihren Schriftsätzen vom 23.08.2011, 12.11.2012 und 19.03.2013 nicht geschildert hat. Auch hat die Klägerin die ihr vom Senat gegebene Möglichkeit, sich unter anderem hierzu im Rahmen des anberaumten Erörterungstermins zu äußern, nicht wahrgenommen und vielmehr unter Hinweis auf die Länge des Anfahrtsweges eine Aufhebung dieses Termins beantragt. Auch war auf orthopädischem Fachgebiet kein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Denn insbesondere in Bezug auf das linke Hüftgelenk liegt bereits das überzeugende Gutachten des Dr. Dr. Sch. vor. Die von der Klägerin vorgetragene Operations-Indikation lässt die von Dr. Dr. Sch. befundeten und für die GdB-Beurteilung maßgeblichen Bewegungsmaße keinesfalls als unschlüssig erscheinen.
36 
Auch der weitere Hilfsantrag, nach § 109 SGG ein Gutachten bei Prof. Dr. St., P.-T.-Straße 13, ... W. einzuholen, war abzulehnen. Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen solchen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Dies ist vorliegend der Fall. Die Einholung des beantragten Gutachtens hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Musste der Antragsteller erkennen, dass das Gericht von Amts wegen nicht weiter ermittelt, liegt grobe Nachlässigkeit vor, wenn der Antrag nicht in angemessener Frist, sondern erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung gestellt wird (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Auflage, § 109, Rz. 11; Hk-SGG/Roller, 3. Auflage, § 109, Rz. 13; BSG, Urteil vom 10.12.1958 - 4 RJ 143/58). So liegt der Fall hier. Der Senat hat mit seiner am 25.02.2013 erfolgten Ladung zur am 21.03.2013 stattfindenden mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben, dass er von Amts wegen keine weiteren Gutachten einholen werde. Der erst am 19.03.2013 eingegangene Antrag der Klägerin ist mithin verspätet. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, warum dies nicht auf grober Nachlässigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dessen Verhalten ihr zuzurechnen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Auflage, § 109, Rz. 11; Hk-SGG/Roller, 3. Auflage, § 109, Rz. 13), beruhen sollte.
37 
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
19 
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
20 
Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung dargelegt, dass der GdB der Klägerin seit dem 16.11.2000 nicht mit mehr als 30 und seit dem 01.01.2006 nicht mit mehr als 50 festzustellen ist.
21 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Beurteilung des GdB sind die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei sind bis zum 31.12.2008 die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ (AHP) und ist seit 01.01.2009 die an ihre Stelle getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden. Da sich in Bezug auf die vorliegend zu beurteilende Problematik die VG gegenüber den AHP nicht wesentlich geändert haben, stellt der Senat im Folgenden allein auf die VG ab.
22 
Soweit die Klägerin die rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft seit 16.11.2000 begehrt, B.eht das dafür erforderliche besondere Interesse (vergleiche dazu Urteil des Senats vom 21.02.2012 - L 6 SB 4007/12 - mit weiteren Nachweisen). Denn nach § 236a Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte, die - wie die Klägerin - vor dem 17.11.1950 geboren sind, Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie unter anderem am 16.11.2000 schwerbehindert waren.
23 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze beträgt der GdB seit 16.11.2000 nicht mehr als 30 und seit 01.01.2006 nicht mehr als 50.
24 
Für die Zeit vom 16.11.2000 bis zum 31.12.2005 waren die Behinderungen in den Funktionssystemen Rumpf, Herz-Kreislauf und Gehirn einschließlich Psyche zu berücksichtigen.
25 
Im Funktionssystem Rumpf beträgt jedenfalls seit 16.11.2000 der Einzel-GdB nicht mehr als 20. Nach den VG Teil B Nr. 18.9 beträgt bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40. Bei der Klägerin liegen weder mittelgradige noch schwere Auswirkungen in einem oder gar zwei Wirbelsäulenabschnitt/en vor. Der Senat stützt sich dabei auf die überzeugenden Ausführungen des Dr. Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 30.05.2011, wonach bei der Klägerin in allen Wirbelsäulenabschnitten nur geringgradige Bewegungseinschränkungen bei neurologisch unauffälligem Status vorliegen. Diese Darlegungen korrespondieren mit den in seinem Gutachten dargestellten Befunden und sind daher in sich schlüssig und nachvollziehbar. Mithin beträgt der für den Wirbelsäulenschaden festzulegende Einzel-GdB jedenfalls nicht mehr als 20. Der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die so bewertete Wirbelsäulensymptomatik in der Zeit vor der Begutachtung ausgeprägter gewesen ist. Den von der Klägerin umfangreich vorgelegten ärztlichen Unterlagen, insbesondere der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. R., lassen sich keine Funktionsbeeinträchtigungen entnehmen, die eine höhere Bewertung des GdB für die bis zum 16.11.2000 zurückreichende Zeit rechtfertigen könnten. Für die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung spricht auch, dass die Klägerin in der Vergangenheit ihren Beruf als Ballettlehrerin, der ihren eigenen Angaben zufolge mit der Demonstration der Übungen verbunden ist, erst zum Untersuchungszeitpunkt im Mai 2011 als eingeschränkt bezeichnet hat. Dies dokumentiert eindrucksvoll eine erhaltene Beweglichkeit der Wirbelsäule, die der Sachverständige zutreffend auf die Trainierung des Rumpfes, die der Klägerin in der Vergangenheit aber möglich war, zurückgeführt hat.
26 
Im Funktionssystem Herz-Kreislauf beträgt jedenfalls seit 16.11.2000 der Einzel-GdB nicht mehr als 20. Die Klägerin leidet nach den Arztbriefen der Dr. G.-B. vom 18.06.1999 und des Dr. T. vom 08.02.2001 an einer deutlichen konzentrischen Linksherzhypertrophie und Belastungshypertonie. Aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen ergibt sich weder eine nach den VG Teil B Nr. 9.1.1 einen GdB von mehr als 10 bedingende Leistungsbeeinträchtigung der Herzleistung bei mittelschwerer Belastung noch eine nach den VG Teil B Nr. 9.3 einen GdB von mehr als 10 bedingende Hypertonie in mittelschwerer Form mit Organbeteiligung.
27 
Im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche beträgt jedenfalls seit 16.11.2000 der Einzel-GdB nicht mehr als 10. Nach den VG Teil B Nr. 2.3 beträgt bei einer echten Migräne je nach Häufigkeit und Dauer der Anfälle und Ausprägung der Begleiterscheinungen der GdB 0 bis 10 bei leichter Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) und der GdB 20 bis 40 bei mittelgradiger Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend). Dass es sich bei der im Arztbrief der Dr. S. vom 31.08.1992 dokumentierten linksseitigen Migräne der Klägerin um eine leichte Verlaufsform handelt, ergibt sich aus den darin enthaltenen Angaben, wonach die nicht mit Erbrechen oder Sehstörungen verbundenen nicht ganz typischen Migräneattacken bei der Klägerin selten, anfänglich zweimal monatlich und sodann einmal wöchentlich aufgetreten sind. Es handelt sich dabei zwar um häufigere Anfälle. Deren Begleiterscheinungen sind aber eher gering ausgeprägt. Im Übrigen hat die Klägerin in ihrem am 31.08.2009 gestellten Formularantrag eine Migräne nicht angegeben, was ebenfalls für einen relativ geringen Ausprägungsgrad dieser Erkrankung spricht. Eine höhere Bewertung dieses Einzel-GdB ergibt sich nicht aus der von Dr. W. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 07.04.2011 angegebenen depressiven Episode. Er hat weder sich hieraus ergebende Funktionseinschränkungen beschrieben noch Angaben zu deren Dauerhaftigkeit gemacht. Auch fehlt es an einer für die Berücksichtigung als Behinderung aber erforderlichen regelmäßigen fachpsychiatrischen Behandlung (ständige Senatsrechtsprechung, vergleiche zuletzt Urteil vom 13.12.2012 - L 6 SB 4192/12).
28 
Im Funktionssystem Atmung liegt kein Einzel-GdB vor. Zwar hat Dr. W. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 07.04.2011 auf eine chronische obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente hingewiesen. Er hat aber keine Angaben über etwaige hieraus resultierende dauerhafte Funktionseinschränkungen gemacht. Auch ist eine lungenfachärztliche Behandlung der Klägerin nicht dokumentiert. Eine nach den VG Teil B Nr. 8.2 einen GdB von mehr als 10 bedingende chronische Bronchitis in schwerer Form, also mit fast kontinuierlichem Husten und Auswurf sowie häufig akuten Schüben, ist mithin nicht nachgewiesen.
29 
Die weiteren sich aus den umfangreichen ärztlichen Unterlagen ergebenden Diagnosen wie grenzwertig latente Hypothyreose, Autoimmunthyreoiditis, Zeichen einer Mastoiditis links sowie Sinusitis maxillaris stellen keine dauerhaften einen Einzel-GdB rechtfertigende Behinderungen dar.
30 
Für die Zeit seit 01.01.2006 ist zusätzlich die erstmals ab diesem Zeitpunkt dokumentierte Behinderung im Funktionssystem Beine zu berücksichtigen.
31 
Im Funktionssystem Beine beträgt seit 01.01.2006 der Einzel-GdB nicht mehr als 30. Nach den VG Teil B Nr. 18.12 beträgt bei einer Hüftgelenks-Endoprothese in Abhängigkeit von der verbliebenen Bewegungseinschränkung und Belastbarkeit der GdB mindestens 20 und seit der Dritten Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 17.12.2010 nur noch mindestens 10. Nach den VG Teil B Nr. 18.14 beträgt bei einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig der GdB 10 bis 20 sowie beidseitig der GdB 20 bis 30, mittleren Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis zu 0-30-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig der GdB 30 und beidseitig der GdB 50. Bei der Klägerin liegt im Bereich der rechten Hüfte eine Totalendoprothese seit 24.11.2006 und im Bereich beider Hüftgelenke eine geringgradige Bewegungseinschränkung vor. Der Senat stützt sich dabei auf die von Dr. Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 30.05.2011 erhobenen Befunde, wonach bei der Klägerin im Bereich der Hüftgelenke ein Bewegungsmaß von 0/0/120 Grad rechts und 20/0/120 Grad links gegeben ist. Mithin beträgt der Einzel-GdB jedenfalls nicht mehr als 30 für den Bereich der unteren Extremitäten. Der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das so bewertete Hüftgelenksleiden in der Zeit vor der Begutachtung ausgeprägter gewesen ist. Den von der Klägerin umfangreich vorgelegten ärztlichen Unterlagen lassen sich keine Bewegungsmaße entnehmen, die eine höhere Bewertung des GdB für die bis zum 01.01.2006 zurückreichende Zeit rechtfertigen könnte.
32 
Aus alledem ergibt sich folgende Gesamt-GdB-Bewertung: Für die Zeit seit 16.11.2000 ergibt sich unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB nicht mehr als 20 für das Funktionssystem Rumpf, Einzel-GdB nicht mehr als 20 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf, Einzel-GdB nicht mehr als 10 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche) ein Gesamt-GdB von nicht mehr als 30. Für die Zeit seit 01.01.2006 ergibt sich nach Hinzutreten des Einzel-GdB von nicht mehr als 30 für das Funktionssystem Beine ein Gesamt-GdB von nicht mehr als 50. Dies ergibt sich für beide Zeiträume aus der teilweisen Überschneidung der Auswirkungen der Behinderungen auf orthopädischem, internistischem und nervenheilkundlichem Fachgebiet und dem Umstand, dass nach den VG Teil A Nr. 3 d ee Einzel-GdB-Werte von 10 grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbehinderung führen.
33 
Dem auf die Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts vom 11.10.2012, Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 30.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2010 und Verurteilung des Beklagten auf Feststellung des GdB mit mindestens 50 seit 16.11.2000 und mit mindestens 60 seit 01.01.2006 gerichteten Hauptantrag musste daher der Erfolg versagt bleiben.
34 
Auch war der Hilfsantrag, den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen, abzulehnen. Nach § 159 Abs. 1 SGG kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Zum einen hat das Sozialgericht in der Sache entschieden. Zum anderen hält der Senat eine weitere Beweisaufnahme nicht für notwendig.
35 
Deswegen waren die weiteren Hilfsanträge, von Amts wegen weitere Gutachten einzuholen, abzulehnen. Der Rechtsstreit war entscheidungsreif. Es war von Amts wegen weder über die chronifizierte obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente ein internistisch-lungenfachärztliches Gutachten noch über die Operations-Indikation der linken Hüfte ein orthopädisches Gutachten einzuholen. Da in Bezug auf die von Dr. W. aufgeführte chronische obstruktive Bronchitis mit allergischer Komponente keine hieraus resultierenden dauerhaften Funktionseinschränkungen und auch keine lungenfachärztliche Behandlung der Klägerin dokumentiert ist, hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, weitere Ermittlungen anzustellen, zumal die Klägerin noch im Antragsformular am 26.08.2009 und gegenüber Dr. Dr. Sch. am 23.05.2011 keine Angaben zu einer solchen Erkrankung gemacht hat und auch im weiteren Verlauf zwar diese Diagnose genannt, aber etwaige sich hieraus ergebende Leistungseinschränkungen in ihren Schriftsätzen vom 23.08.2011, 12.11.2012 und 19.03.2013 nicht geschildert hat. Auch hat die Klägerin die ihr vom Senat gegebene Möglichkeit, sich unter anderem hierzu im Rahmen des anberaumten Erörterungstermins zu äußern, nicht wahrgenommen und vielmehr unter Hinweis auf die Länge des Anfahrtsweges eine Aufhebung dieses Termins beantragt. Auch war auf orthopädischem Fachgebiet kein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Denn insbesondere in Bezug auf das linke Hüftgelenk liegt bereits das überzeugende Gutachten des Dr. Dr. Sch. vor. Die von der Klägerin vorgetragene Operations-Indikation lässt die von Dr. Dr. Sch. befundeten und für die GdB-Beurteilung maßgeblichen Bewegungsmaße keinesfalls als unschlüssig erscheinen.
36 
Auch der weitere Hilfsantrag, nach § 109 SGG ein Gutachten bei Prof. Dr. St., P.-T.-Straße 13, ... W. einzuholen, war abzulehnen. Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen solchen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Dies ist vorliegend der Fall. Die Einholung des beantragten Gutachtens hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Musste der Antragsteller erkennen, dass das Gericht von Amts wegen nicht weiter ermittelt, liegt grobe Nachlässigkeit vor, wenn der Antrag nicht in angemessener Frist, sondern erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung gestellt wird (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Auflage, § 109, Rz. 11; Hk-SGG/Roller, 3. Auflage, § 109, Rz. 13; BSG, Urteil vom 10.12.1958 - 4 RJ 143/58). So liegt der Fall hier. Der Senat hat mit seiner am 25.02.2013 erfolgten Ladung zur am 21.03.2013 stattfindenden mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben, dass er von Amts wegen keine weiteren Gutachten einholen werde. Der erst am 19.03.2013 eingegangene Antrag der Klägerin ist mithin verspätet. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, warum dies nicht auf grober Nachlässigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dessen Verhalten ihr zuzurechnen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Auflage, § 109, Rz. 11; Hk-SGG/Roller, 3. Auflage, § 109, Rz. 13), beruhen sollte.
37 
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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published on 15/01/2015 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen.2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 60. 2 Der Kläger stellte am 29. Januar 201
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Annotations

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.

(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch

a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung,
b)
eine Kriegsgefangenschaft,
c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit,
d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist,
e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen,
f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.

(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.

(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.

(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.

(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.

(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.

(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.

(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch

a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung,
b)
eine Kriegsgefangenschaft,
c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit,
d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist,
e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen,
f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.

(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.

(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.

(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.

(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.

(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.

(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.