Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 11 R 4192/15

published on 21/02/2017 00:00
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 11 R 4192/15
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Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01.09.2015 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 11.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2015 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob beim Kläger aufgrund einer Tätigkeit bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Der am 31.10.1977 geborene Kläger ist als Rechtsanwalt tätig. Er war im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 10.06.2014 an der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) (H. & S. GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft - Handelsregister bei dem Amtsgericht F. - HRB ...) als Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 47,5 % beteiligt. Ein weiterer Rechtsanwalt hielt ebenfalls 47,5% der Anteile, ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die übrigen 5%. Der Gesellschaftsvertrag sah in § 7 vor, dass in der Gesellschafterversammlung nach Geschäftsanteilen abgestimmt werde und je 1 EUR Geschäftsanteil eine Stimme gewähre. Gesellschafter, die keine Rechtsanwälte seien, hätten kein Stimmrecht.
Der Kläger war ab 01.01.2013 bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) neben seiner anwaltlichen Tätigkeit als Prokurist tätig und erhielt hierfür monatlich pauschal 2.000 EUR. Ein schriftlicher Vertrag hierzu existiert nicht.
Im März 2013 übersandte der Kläger der Beklagten ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und wies darin darauf hin, dass er aus seiner Sicht als „Rechtsanwalt (Prokurist)“ selbstständig tätig sei. In einem anschließend übersandten Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung führte der Kläger aus, dass er als Prokurist voll weisungsbefugt sei und er typische rechtsanwaltliche Tätigkeiten ausübe. Die Leistungsabteilung der Beklagten bat deren Clearingstelle um Stellungnahme zum Sozialversicherungsverhältnis. Diese war der Auffassung, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Prokurist dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen sei. Mit Schreiben vom 20.09.2013 bat die Leistungsabteilung der Beklagten den Kläger, aufgrund weiterer notwendiger Ermittlungen zunächst einen Statusantrag bei der Clearingstelle oder der Einzugsstelle zu stellen.
Mit Schreiben vom 31.10.2013 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er einen solchen Antrag stellen wolle. Am 29.01.2014 übersandte er einen ausgefüllten Formblattantrag. Darin gab er unter anderem an, dass von der Vergütung iHv 2.000 EUR Lohnsteuer entrichtet werde und die Vergütung als Betriebsausgabe verbucht werde. Er war der Auffassung, dass bezüglich seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt eine Beschäftigung nicht vorliege.
Mit Schreiben vom 03.02.2014 hörte die Beklagte den Kläger zu einem beabsichtigten Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung an. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) nahm Stellung und teilte mit, dass es sich bei der Vergütung um eine Entschädigung für das mögliche Haftungsrisiko, jedoch nicht um ein Entgelt für geleistete Arbeit handle. Der Kläger sei als Rechtsanwalt tätig. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer in einer weiteren Rechtsanwalts-GmbH, sei er hier zusätzlich als Prokurist bestellt. Dabei handle es sich ebenfalls um selbstständige Tätigkeiten. Es liege auch ein unternehmerisches Risiko vor, da er am Gewinn, aber auch am Verlust der Gesellschaft beteiligt sei. Der Kläger unterliege gerade nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers.
Mit Bescheid vom 27.03.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als mitarbeitender Gesellschafter bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.01.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. In der Begründung führte die Beklagte aus, dass die Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter zu beurteilen sei.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren teilte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) mit, dass Kläger nunmehr zum Geschäftsführer bestellt sei. Die diesbezügliche Eintragung ins Handelsregister ist am 11.06.2014 erfolgt.
Mit Bescheid vom 11.09.2014 nahm die Beklagte den Bescheid vom 27.03.2014 für die Zeit ab 11.06.2014 zurück und stellte fest, dass der Kläger die Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) seit dem 11.06.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und deshalb ab diesem Tag in dieser Tätigkeit keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht abgeholfen worden sei. Die Feststellung, dass die Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter in der Zeit vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, bleibe bestehen.
10 
Hiergegen hat der Kläger am 04.02.2015 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.09.2015 abgewiesen und zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Umstand, dass die Beklagte bei der gleich gelagerten Situation bezüglich seines Partners in der zweiten gemeinsamen Gesellschaft zu einer selbständigen Tätigkeit als Prokurist gekommen sei, führe nicht zu einem Gleichbehandlungsanspruch im Unrecht. Solange der Kläger nicht zum Geschäftsführer bestellt gewesen sei, habe er keine Rechtsmacht besessen, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen.
11 
Die Klägerbevollmächtigte hat gegen den ihr am 07.09.2015 zugestellten Gerichtsbescheid am 05.10.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Der Berichterstatter hat am 27.09.2016 die Sach- und Rechtslage mit dem Vertreter der Beklagten erörtert. Auf richterliche Hinweise im Termin hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2016 Stellung genommen.
12 
Der Kläger ist der Ansicht, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege. Der Umstand, dass er zunächst nicht Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei, liege ausschließlich in haftungsrechtlichen Gründen. Intern sei jedoch abgesprochen gewesen, dass beide Partner dieselbe Stellung innehaben sollten. Es sei daher in seiner Entscheidungsbefugnis völlig frei gewesen. Auch habe sein Partner als Geschäftsführer keine Berechtigung gehabt, ihm auch nur eine Weisung zu erteilen. Es habe zudem aufgrund einer Abrede die Möglichkeit bestanden, das Festgehalt in wirtschaftlich schlechten Zeiten zu kürzen.
13 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
14 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 01.09.2015 sowie den Bescheid vom 27.03.2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11.09.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015 aufzuheben und festzustellen, dass seine Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter bei der H. & S. GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft in der Zeit vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 im Rahmen eines nicht abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
17 
Sie ist ua der Auffassung, dass es unerheblich sei, dass der Kläger als mitarbeitender Gesellschafter seine Tätigkeit sowohl als Prokurist als auch als Rechtsanwalt ausübe. Unabhängig von der Ausgestaltung der Mitarbeit handle es sich bei einem mitarbeitenden Gesellschafter um ein Vertragsverhältnis im Innenverhältnis der GmbH, welchem der Gesellschaftsvertrag zu Grunde liege.
18 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig sowie bzgl. der Anfechtungsklage begründet.
20 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11.09.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015, mit dem festgestellt worden ist, dass der Kläger vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 in seiner Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt war und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
21 
Der Statusfeststellungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht den Status und die sich daraus ergebende Versicherungspflicht allgemein als „mitarbeitender Gesellschafter“ bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) beurteilt und festgestellt.
22 
Soweit die Beklagte in den Bescheiden explizit die Tätigkeit eines mitarbeitenden Gesellschafters beurteilt, handelt es sich insoweit nicht um eine konkrete Tätigkeit. Vielmehr wird damit nur beschrieben, dass ein Gesellschafter in der Gesellschaft mitarbeitet.
23 
Die Zuordnung eines Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, stets notwendig zum einen die konkrete Bezeichnung des Rechtsverhältnisses und zum anderen die Kennzeichnung der zu seiner Invollzugsetzung jeweils erforderlichen Umstände. Schon allein die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung ist unter diesen Umständen nur dann hinreichend bestimmt iS von § 33 Abs 1 SGB X, wenn sich im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände erschließt, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sie sich als Anknüpfungssachverhalt beziehen soll (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17-27, SozR 4-2400 § 7a Nr 2 Rn 12).
24 
Es obliegt demnach der Beklagten, einen Statusfeststellungsbescheid bezüglich einer konkreten Tätigkeit zu erlassen. Erfolgt dies nicht, ist der Bescheid nicht bestimmt genug iSv § 33 SGB X und daher rechtswidrig (Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 33 SGB X, Rn. 104). So liegt der Fall hier.
25 
Die Bestimmtheit lässt sich nach Ansicht des Senats im vorliegenden Einzelfall auch nicht über eine Auslegung des Bescheides herleiten. Aus dem Wortlaut der Bescheide und des Widerspruchsbescheides lässt sich nicht entnehmen, welche konkrete Tätigkeit beurteilt wird. Im Änderungsbescheid vom 11.09.2014 wird explizit die Tätigkeit als Geschäftsführer ab 11.06.2014 beurteilt. Dies spricht dafür, dass auch die Beklagte einen Unterschied zwischen der Verwaltungstätigkeit (Prokurist und später Geschäftsführer) und der Tätigkeit als Rechtsanwalt macht. Gleiches ergibt sich aus der Stellungnahme der Clearingabteilung an die Leistungsabteilung der Beklagten vom 19.09.2013 (Bl. 103 der Verwaltungsakte), die ebenfalls im hier maßgeblichen Verwaltungsverfahren vorlag. Denn dort wird ausgeführt, dass die Clearingabteilung grundsätzlich die Auffassung teile, wonach der Kläger in seiner Tätigkeit als Prokurist dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen sei. Diese Abgrenzung spiegelt sich jedoch in den maßgeblichen streitgegenständlichen Bescheiden nicht mehr wieder.
26 
Der Senat kann offen lassen, ob hier zur Beurteilung eine einheitliche Tätigkeit als Rechtsanwalt steht, oder der Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 tatsächlich zwei voneinander unabhängige Tätigkeiten für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) ausgeübt hat. Auf die bzgl. der ersten Variante bislang von der Beklagten nicht ermittelten und nicht in die Gesamtabwägung eingestellten Umstände der Vergütung für die gesamte anwaltliche Tätigkeit und die Weisungsfreiheit gem § 59f Abs 4 S 2 BRAO hat der Berichterstatter bereits im Erörterungstermin vom 27.09.2016 hingewiesen. Nach Ansicht des Senats gibt es jedoch auch für die zweite Variante gute Argumente. Zum einen war der Kläger als Rechtsanwalt tätig. Zum anderen war er zum Prokuristen bestellt und als solcher nahm er auch Aufgaben wahr. Ein schriftlicher Vertrag existiert nicht. Für die Tätigkeit als Prokurist erhielt der Kläger eine monatlich gleich bleibende Vergütung iHv 2.000 EUR, welche als Betriebsausgabe verbucht und für die Lohnsteuer entrichtet worden ist. Dies entnimmt der Senat sowohl den Angaben im Statusfeststellungen wie auch den Ausführungen der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) im Anhörungsverfahren. Beide Tätigkeiten könnten unabhängig voneinander zu beurteilen sein, denn es ist grundsätzlich möglich, dass ein Mitarbeiter für denselben Auftraggeber/Arbeitgeber sowohl abhängig beschäftigt als auch selbstständig tätig wird (BSG 31.10.2012, B 12 R 1/11 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 16, Rn 17). Dies gilt jedenfalls nach Auffassung des Senats in den Fällen, in denen inhaltlich klar voneinander abgrenzbare Tätigkeiten vorliegen. Die vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätze für das einheitliche Beschäftigungsverhältnis (BSG 27.06.2012, B 12 KR 28/10 R, SozR 4-2400 § 8 Nr 5, Rn 23; Senatsurteil vom 18.10.2016, L 11 R 3254/14) greifen dann nicht.
27 
Da der streitgegenständliche Bescheid schon mangels Bestimmtheit rechtswidrig ist, war er aufzuheben. Für eine Feststellung durch den Senat im Wege der erhobenen Feststellungsklage ist in dieser Einzelfallkonstellation kein Raum. Vielmehr bedarf es gegebenenfalls zunächst neuer Verwaltungsentscheidungen.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Statusbescheid vollständig aufgehoben wurde. Die Feststellungsklage tritt dabei hier in den Hintergrund.
29 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

Gründe

 
19 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig sowie bzgl. der Anfechtungsklage begründet.
20 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11.09.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015, mit dem festgestellt worden ist, dass der Kläger vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 in seiner Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt war und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
21 
Der Statusfeststellungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht den Status und die sich daraus ergebende Versicherungspflicht allgemein als „mitarbeitender Gesellschafter“ bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) beurteilt und festgestellt.
22 
Soweit die Beklagte in den Bescheiden explizit die Tätigkeit eines mitarbeitenden Gesellschafters beurteilt, handelt es sich insoweit nicht um eine konkrete Tätigkeit. Vielmehr wird damit nur beschrieben, dass ein Gesellschafter in der Gesellschaft mitarbeitet.
23 
Die Zuordnung eines Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, stets notwendig zum einen die konkrete Bezeichnung des Rechtsverhältnisses und zum anderen die Kennzeichnung der zu seiner Invollzugsetzung jeweils erforderlichen Umstände. Schon allein die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung ist unter diesen Umständen nur dann hinreichend bestimmt iS von § 33 Abs 1 SGB X, wenn sich im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände erschließt, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sie sich als Anknüpfungssachverhalt beziehen soll (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17-27, SozR 4-2400 § 7a Nr 2 Rn 12).
24 
Es obliegt demnach der Beklagten, einen Statusfeststellungsbescheid bezüglich einer konkreten Tätigkeit zu erlassen. Erfolgt dies nicht, ist der Bescheid nicht bestimmt genug iSv § 33 SGB X und daher rechtswidrig (Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 33 SGB X, Rn. 104). So liegt der Fall hier.
25 
Die Bestimmtheit lässt sich nach Ansicht des Senats im vorliegenden Einzelfall auch nicht über eine Auslegung des Bescheides herleiten. Aus dem Wortlaut der Bescheide und des Widerspruchsbescheides lässt sich nicht entnehmen, welche konkrete Tätigkeit beurteilt wird. Im Änderungsbescheid vom 11.09.2014 wird explizit die Tätigkeit als Geschäftsführer ab 11.06.2014 beurteilt. Dies spricht dafür, dass auch die Beklagte einen Unterschied zwischen der Verwaltungstätigkeit (Prokurist und später Geschäftsführer) und der Tätigkeit als Rechtsanwalt macht. Gleiches ergibt sich aus der Stellungnahme der Clearingabteilung an die Leistungsabteilung der Beklagten vom 19.09.2013 (Bl. 103 der Verwaltungsakte), die ebenfalls im hier maßgeblichen Verwaltungsverfahren vorlag. Denn dort wird ausgeführt, dass die Clearingabteilung grundsätzlich die Auffassung teile, wonach der Kläger in seiner Tätigkeit als Prokurist dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen sei. Diese Abgrenzung spiegelt sich jedoch in den maßgeblichen streitgegenständlichen Bescheiden nicht mehr wieder.
26 
Der Senat kann offen lassen, ob hier zur Beurteilung eine einheitliche Tätigkeit als Rechtsanwalt steht, oder der Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 tatsächlich zwei voneinander unabhängige Tätigkeiten für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) ausgeübt hat. Auf die bzgl. der ersten Variante bislang von der Beklagten nicht ermittelten und nicht in die Gesamtabwägung eingestellten Umstände der Vergütung für die gesamte anwaltliche Tätigkeit und die Weisungsfreiheit gem § 59f Abs 4 S 2 BRAO hat der Berichterstatter bereits im Erörterungstermin vom 27.09.2016 hingewiesen. Nach Ansicht des Senats gibt es jedoch auch für die zweite Variante gute Argumente. Zum einen war der Kläger als Rechtsanwalt tätig. Zum anderen war er zum Prokuristen bestellt und als solcher nahm er auch Aufgaben wahr. Ein schriftlicher Vertrag existiert nicht. Für die Tätigkeit als Prokurist erhielt der Kläger eine monatlich gleich bleibende Vergütung iHv 2.000 EUR, welche als Betriebsausgabe verbucht und für die Lohnsteuer entrichtet worden ist. Dies entnimmt der Senat sowohl den Angaben im Statusfeststellungen wie auch den Ausführungen der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) im Anhörungsverfahren. Beide Tätigkeiten könnten unabhängig voneinander zu beurteilen sein, denn es ist grundsätzlich möglich, dass ein Mitarbeiter für denselben Auftraggeber/Arbeitgeber sowohl abhängig beschäftigt als auch selbstständig tätig wird (BSG 31.10.2012, B 12 R 1/11 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 16, Rn 17). Dies gilt jedenfalls nach Auffassung des Senats in den Fällen, in denen inhaltlich klar voneinander abgrenzbare Tätigkeiten vorliegen. Die vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätze für das einheitliche Beschäftigungsverhältnis (BSG 27.06.2012, B 12 KR 28/10 R, SozR 4-2400 § 8 Nr 5, Rn 23; Senatsurteil vom 18.10.2016, L 11 R 3254/14) greifen dann nicht.
27 
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29 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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published on 31/10/2012 00:00

Tenor Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 wird aufgehoben. Die Sache wird
published on 27/06/2012 00:00

Tenor Auf die Revision der Beigeladenen zu 3. wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein- Westfalen vom 9. September 2010 aufgehoben, soweit es die Rentenversicherungspflicht der Beigeladen
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Annotations

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.