Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückzahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen.
Die Kläger sind Verbraucher.
Die Parteien schlossen am 16.03.2011 drei Darlehensverträge über Darlehensnennbeträge von insgesamt 350.000,00 €, die jeweils durch eine sofort vollstreckbare Buchgrundschuld über 190.000,00 €, einzutragen im Grundbuch vom … und durch eine sofort vollstreckbare Buchgrundschuld über 320.000,00 €, einzutragen im Grundbuch von Berchtesgaden, gesichert waren (Anlagen K 3, K 4, K 5). Nach Ziffer 9.2 konnte der Darlehensnehmer bei einer Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache das Darlehen mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten außerordentlich kündigen, wobei er in diesem Fall eine Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten hatte. In Ziffer 14 der Darlehensverträge ist jeweils eine Widerrufsinformation enthalten. Diese entspricht im Wortlaut dem Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge (Anlage 6 zu Art. 247 § 6 II BGB a.F.). Um den gesamten Vertragstext befindet sich ein Rahmen, um die Ziffern 12, 13 und 14 herum ein dickerer Rahmen. Ziffer 12 betrifft einen Hinweis zur Abtretbarkeit der Darlehensforderung und zur Übertragbarkeit des Vertragsverhältnisses, Ziffer 13 das Einverständnis in die Datenübermittlung bei Abtretung der Darlehensforderung und/oder Übertragung des Kreditrisikos und Ziffer 14 die Widerrufsinformation. Gegenüber dem außerhalb des dickeren Rahmens befindlichen Vertragstext ist die Schriftgröße erhöht. Die Überschriften innerhalb der Umrandung erscheinen im Fettdruck. Bei der Widerrufsinformation befinden sich mit Ankreuzkästchen versehene eingerückte Textpassagen. Auf die Anlagen K3, K4 und K5 wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen.
Weiter schlossen die Parteien am 09.01.2012 zwei Darlehensverträge über Darlehensnennbeträge von insgesamt 150.000,00 €, die jeweils durch Grundschulden über insgesamt 340.000,00 € am Objekt … und über insgesamt 320.000,00 € am Objekt … gesichert waren (Anlagen K 1, K 2). Gemäß Ziffer 9.2 konnte der Darlehensnehmer bei einer Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten außerordentlich kündigen, wobei er eine Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten hatte. Die Gestaltung der Ziffern 12, 13 und 14 entsprach derjenigen bei den Darlehensverträgen vom 16.03.2011 mit der Ausnahme, dass die Widerrufsinformation keine Ankreuzkästchen enthält.
Aufgrund des Verkaufs der finanzierten Immobilie (Objekt …) machten die Kläger von ihrem Recht auf außerordentliche Kündigung Gebrauch und kündigten das Darlehen zum 31.08.2013. Die Kläger konnten durch den Verkauf einen Erlös von 695.000,00 € erzielen.
Mit Schreiben vom 17.12.2013 (Anlage K 6) berechnete die Beklagte einen Rückzahlungsbetrag von gesamt 400.106,96 €, sich zusammensetzend aus einer Restschuld per 30.11.2013 von 366.043,26 € und einer Vorfälligkeitsentschädigung per 14.10.2013 von 34.063,70 €. Die Beklagte behielt die Vorfälligkeitsentschädigungen ein.
Der Abrechnung gingen zwei Schreiben der Beklagten vom 31.07.2013 und 23.08.2013 voraus (Anlagen K 7, K 8). Die Kläger wollten die Vorfälligkeitsentschädigung nicht akzeptieren, wie sie mit Schreiben vom 17.10.2013 erkennen ließen (Anlage K 9).
Mit Schreiben vom 18.05.2014 erklärten die Kläger den Widerruf der streitgegenständlichen Darlehensverträge und forderten die Beklagte zur Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigungen auf (Anlage K 10).
Die Kläger tragen vor:
Die Gestaltung der Widerrufsbelehrungen sei nicht deutlich und hervorgehoben. Zwar befinde sich die Widerrufsbelehrung in einem fettgedruckten Rahmen, dieser umschließe aber auch die voranstehenden Vertragselemente zu den Ziffern 12 und 13. Dadurch werde die an sich in Ziffer 14 enthaltene isolierte Hervorhebung abgeschwächt. Ebensowenig hebe sich die Widerrufsbelehrung durch ihre Schriftgröße von dem davorstehenden Text ab. Nach der von der Beklagten gewählten drucktechnischen Gestaltung könne keine Rede davon sein, dass sich die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung in nicht zu übersehender Weise aus dem übrigen Text hervorhebe. Die Widerrufsbelehrung sei auch insoweit unzulässig, als dort Belehrungselemente vorhanden seien, die überhaupt nicht einschlägig seien, sondern nur im jeweiligen Einzelfall. Es genüge nicht, wenn im Ankreuzmodell alle möglichen Gestaltungshinweise abgeschrieben werden würden und der Verbraucher sich überlegen müsse, welche Gestaltungshinweise für seinen aktuellen Fall einschlägig seien.
Die Kläger beantragen,
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger den Betrag in Höhe von 34.063,70 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.05.2014 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 948,79 € zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor:
Die Widerrufsbelehrungen seien ausreichend drucktechnisch gegenüber dem sonstigen Vertragsinhalt hervorgehoben. Die Widerrufsbelehrung unterscheide sich optisch deutlich vom übrigen Vertragstext. Der Hinweis auf das Widerrufsrecht sei mit einer deutlichen dicken Umrahmung versehen, er sei in einer deutlich größeren Drucktype zum sonstigen Vertragstext abgedruckt, die Absetzung zum Klauseltext sei durch insgesamt drei in Fettdruck abgesetzten Unterschriften und mit besonders großen Abständen zwischen den einzelnen Nummern 12, 13 und 14 hervorgehoben. Keine Beeinträchtigung der Widerrufsbelehrung ergebe sich durch weitere Hinweise in den Nummern 12 und 13. Die Verpflichtung zur deutlichen Hervorhebung ergebe sich insoweit aus § 4 a I 4 BDSG und § 492 II, 503 i.V.m. Art. 247 § 9 I 2 EGBGB. Zudem sei das Widerrufsrecht verwirkt. Nach dem Abschluss der ersten Darlehensverträge seien nämlich noch weitere Darlehensverträge abgeschlossen worden, sämtliche Darlehensverträge seien einvernehmlich im Jahr 2013 aufgehoben worden. Damit sei für die Beklagte der Eindruck entstanden, dass die Kläger von bestandskräftigen Darlehensverträgen ausgegangen seien.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Kläger haben keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückgewähr von Vorfälligkeitsentschädigungen als Folge eines Widerrufs der streitgegenständlichen Darlehensverträge (§§ 495 I, II, 355 ff. BGB).
Nicht hindern würde einen Widerruf allerdings die außerordentliche Kündigung der Darlehensverträge zum 31.08.2013. Der BGH hat zum Versicherungsvertrag entschieden, dass die Kündigung eines Versicherungsvertrages einem späteren Widerruf jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn der Versicherungsnehmer über sein Widerrufsrecht nicht ausreichend belehrt wurde (BGH RuS 2013, 591). Hinsichtliches eines Darlehensvertrags kann nichts anderes gelten. Es wäre treuwidrig, die Vorfälligkeitsentschädigung nur deswegen behalten zu dürfen, weil die Kündigung vor dem Widerruf erklärt wurde, wenn der Widerruf möglich gewesen wäre.
Es liegt jedoch kein wirksamer, fristgerechter Widerruf gemäß §§ 495 I, 355 I 1 BGB vor.
Gemäß § 355 II 1 BGB beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage, wenn dem Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss eine den Anforderungen des § 360 I BGB entsprechende Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt wird. Gemäß § 495 II Nr. 1 BGB treten an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 II des EGBGB. Dabei findet nicht § 14 BGB-InfoV Anwendung, da diese Vorschrift nur bis zum 10.06.2010 gültig war. Stattdessen galt ab 30.07.2010 Art. 247 § 6 EGBGB in der Fassung vom 24.7.2010 bzw. vom 27.07.2011 mit Verweis auf Anlage 6 EGBGB in der Fassung vom 24.7.2010 bzw. vom 27.07.2011.
Im Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge gemäß Anlage 6 zu Art. 247 § 6 II EGBGB a.F. ist nicht die Rede von einer Widerrufsbelehrung, sondern von einer Widerrufsinformation. Nach § 495 II Nr. 1 BGB ist auch keine Widerrufsbelehrung gefordert, sondern Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 II des EGBGB. Daher wird in § 495 II BGB nicht auf § 360 BGB verwiesen, weil dort die Widerrufsbelehrung geregelt wird und bei Darlehen Pflichtangaben an deren Stelle treten.
Nach Art. 247 § 6 II Sätze 1 und 2 EGBGB a.F. müssen im Darlehensvertrag bei Bestehen eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB Angaben zur Frist und zu anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten; der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist anzugeben. Gemäß Art. 247 § 6 II 3 BGB a.F. genügt, wenn der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthält, die dem Muster in Anlage 6 entspricht, diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2.
Die Voraussetzungen von Art. 247 § 6 II 3 EGBGB a.F. sind vorliegend erfüllt. Erstens entsprechen die Vertragsklauseln in den fünf streitgegenständlichen Darlehensverträgen wortwörtlich dem Muster in Anlage 6 zu Art. 247 § 6 II EGBGB a.F.. Zweitens sind die Vertragsklauseln in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form in die Darlehensverträge eingefügt.
Maßgebend für eine ausreichend hervorgehobene und deutliche Gestaltung der Widerrufsinformation ist, ob der Zweck des Widerrufsrechts erreicht werden kann. Die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers ist gegenstandsbezogen situativ zu ermitteln (vgl. Micklitz in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, Vorbemerkung zu §§ 13, 14, Rn. 101).
Auch wenn Verbraucher in der Praxis von ihrem Recht nur selten Gebrauch machen, gehört das Widerrufsrecht zu den zentralen Schutzinstrumenten des Gesetzes. Dem Verbraucher wird eine Überlegungsfrist eingeräumt, die es ihm vor allem ermöglichen soll, das eingegangene Kreditengagement zu prüfen und nach günstigeren Angeboten Ausschau zu halten. Der Verbraucherdarlehensvertrag zeichnet sich häufig durch komplexe Vertragsbestimmungen, eine längerfristige Bindung des Verbrauchers und eine für den Betroffenen erhebliche wirtschaftliche Bedeutung aus, welche zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oftmals unterschätzt wird. Der Kompensation der dadurch ausgelösten Störung der Vertragsparität dient das Widerrufsrecht (Schürnbrand in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 495 Rn. 1 m.w.N.).
Festzuhalten ist folgendes:
Einerseits handelt es sich bei einem Darlehensvertrag um einen komplexen, mehrere Punkte umfassenden Vertragstext. Die Widerrufsinformation muss sich herausheben, um die Schutzfunktion zuverlässig gewähren zu können. Die Möglichkeit zum Widerruf darf nicht untergehen.
Andererseits kann von einem mündigen Verbraucher erwartet werden, dass er sich bedächtig, aufmerksam, in Ruhe und nicht nur flüchtig sein Vertragsexemplar durchliest. Denn Vermögen und Einkommen des Verbrauchers sind bei einem Darlehen gravierend tangiert. Der Verbraucher trifft eine Verfügung über eine höhere Summe für einen längeren Zeitraum. Es handelt sich bei alledem um ein komplexes und nicht alltägliches Geschäft. Deshalb ist ein erhöhtes Maß an Vorsicht zu erwarten.
Es ist aus diesen Gründen nicht erforderlich, dass die Widerrufsinformation herausstechend und überdeutlich in den Vertrag einfließt. Die Anforderungen sind nicht zu überspannen.
Vorliegend sind die Widerrufsinformationen ausreichend hervorgehoben. Der Rahmen ist, verglichen mit dem Rahmen um den sonstigen Vertragstext, fettgedruckt. Die Ziffern 12, 13, 14 sind vom sonstigen Vertragstext durch einen fetten Querstrich abgetrennt. Die Schriftgröße ist im Vergleich zum sonstigen Vertragstext sichtbar erhöht. Die Überschriften sind allesamt fettgedruckt. Es muss daher auffallen, dass der Textabschnitt unter den Ziffern 12, 13 und 14 von hervorgehobener Bedeutung ist. Da die Anforderungen bei alledem nicht zu überspannen sind, wäre eine weitere Hervorhebung (z.B. durch eine gesonderte Seite oder eine andere Farbe) zwar eine Erleichterung, die aber nicht erforderlich ist.
Im Hinblick auf die Aufnahme auch der Ziffern 12 und 13 ist die Widerrufsinformation in genügend deutlich gestalteter Form erteilt worden. Soweit die Ziffern 12 und 13 an der Hervorhebung teilhaben, ist zunächst festzuhalten, dass dies gesetzlich gefordert wird (Art. 247 § 9 I 2 EGBGB a.F. für Ziffer 12; § 4 a I 4 BDSG für Ziffer 13). Ein Rangverhältnis unter den Hinweisen, die in Ziffern 12, 13 und 14 aufgeführt sind, besteht nicht. Der Gesetzgeber hat all diesen Hinweisen solche Bedeutung beigemessen, dass eine besondere Hervorhebung gesetzlich als notwendig erachtet wird. Die einzelnen Ziffern sind durch Nummerierung, einen größeren Freiraum und den Fettdruck der Überschriften ausreichend voneinander abgegrenzt. Eine weitere Abgrenzung, beispielsweise durch Querstriche oder durch eigene Umrahmungen, würde die Anforderungen überspannen, da einem durchschnittlichen Verbraucher zugetraut werden kann, die einzelnen Punkte problemlos voneinander zu trennen. Im Übrigen sind sowohl Ziffern 12 und 13 (Abtretbarkeit) und Ziffer 14 (Widerruf) für den Verbraucher von hohem Interesse. So ist es für den Verbraucher von großer Bedeutung, näheres über die Abtretbarkeit der Darlehensforderung und die Übertragbarkeit des Vertragsverhältnisses zu erfahren. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass er nach den entsprechenden Hinweisen in den Ziffern 12 und 13 nicht aufhört zu lesen, sondern auch die im Anschluss erteilte Widerrufsinformation studiert. Daher kann bezweifelt werden, dass die deutliche Abgrenzung der Ziffern 12, 13 und 14 eine Erleichterung für den Verbraucher mit sich brächte.
Eine deutliche Gestaltung ist auch nicht deswegen zu verneinen, weil das „Ankreuzmoden“ in den drei Darlehensverträgen vom 16.03.2011 gewählt worden ist. Zunächst ist festzuhalten, dass der Text nach den Ankreuzkästchen genau dem Wortlaut von Anlage 6 zu Art. 247 § 6 II EGBGB a.F. entspricht. Weiter ist die Funktion eines Ankreuzkästchens einem durchschnittlichen Verbraucher aus vielen anderen Geschäftsfeldern geläufig. Es handelt sich auch nicht um eine neu eingeführtes Gestaltungsmodell, sondern das Ankreuzmodell findet seit vielen Jahren Verwendung. Auch können die Ankreuzkästchen vorliegend nicht mit einem Aufzählungszeichen verwechselt werden, weil nach den Ankreuzkästchen jeweils ein Spiegelstrich folgt. Schließlich verwirrt es den Verbraucher nicht, wenn er aus mehreren Ankreuzkästchen wählen muss. Nur jemand, der völlig unerfahren in geschäftlichen Dingen ist, wäre insoweit möglicherweise überfordert. Ein solches Verbraucherleitbild ist aber gerade nicht zugrunde zu legen (siehe oben).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Pflichtangaben erteilt worden sind. Die Widerrufsfrist hat daher zu laufen begonnen. Da die Widerrufsfrist vor Erklärung des Widerrufs abgelaufen ist, ist das Widerrufsrecht erloschen. Mithin bestehen keine Rückzahlungsansprüche. Auf eine Verwirkung des Widerrufsrechts kommt es nicht an.
Nebenentscheidungen:
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 ZPO.